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Wie bereits bei der Behandlung im Parlament angedroht, wurde im Januar von der Jungen SVP mit Unterstützung bürgerlicher Politikerinnen sowie der Präsidenten von Arbeitgeber- und Gewerbeverband das Referendum gegen die vom Parlament im Vorjahr verabschiedete Mutterschaftsversicherung ergriffen. Hauptargument der Gegnerinnen und Gegner der Vorlage war, mit den Beschlüssen des Parlaments sei ein neuer Sozialversicherungszweig „auf Pump“ eingeführt worden, der mit dem Verzicht auf eine vorgängige Mehrwertsteuerabstimmung am Volk „vorbeigemogelt“ werden solle und erst noch nach dem Gieskannenprinzip funktioniere. Prominent im Referendumskomitee vertreten waren die Nationalrätinnen Egerszegi (fdp, AG), Fehr (svp, ZH), Florio (lp, VD) sowie deren Vorgängerin Sandoz. Praktisch gleichzeitig konstituierte sich ein bürgerliches Pro-Komitee, dem auf FDP-Seite – neben der Zürcherin Nabholz – mehrheitlich Parlamentarierinnen aus der Romandie angehörten. Aus der CVP engagierten sich vor allem Dormann (LU) und Zapfl (ZH). Die SVP war hier lediglich mit Gadient (GR) vertreten; immerhin erhielt sie Unterstützung von der ehemaligen SVP-Generalsekretärin Welti.

Bundesgesetz über die Mutterschaftsversicherung (MSVG; BRG 97.055)
Dossier: Schaffung einer Mutterschaftsversicherung (1989-2004)

Ebenfalls im Sinn eines Pilotprojektes einigten sich die Sozialpartner des Bauhauptgewerbes zusammen mit dem BWA auf ein Alters-Teilzeitmodell. Über 60jährige Arbeitnehmer sollen bis zum ordentlichen Pensionierungsalter nur noch durchschnittlich 50 Prozent arbeiten müssen. Sie erhalten dafür 90 Prozent des letzten AHV-pflichtigen Grundlohnes. Zwei Drittel des Lohnes übernimmt der Arbeitgeber, ein Drittel die ALV. Als Gegenleistung müssen die Arbeitgeber für je zwei Altersteilzeitarbeitende zwei Lehrstellen schaffen oder für je vier einen Stellenlosen einstellen. Während der zweijährigen Pilotphase kann rund ein Viertel aller über 60jährigen Beschäftigten im Bauhauptgewerbe von diesem Modell profitieren.

Bauhauptgewerbes Alters-Teilzeitmodell

Nach über zwei Jahren vertragslosen Zustandes verabschiedeten die Sozialpartner im Gastgewerbe einen neuen, auf sechs Monate kündbaren Gesamtarbeitsvertrag (GAV). Die ausgehandelten Arbeitsbedingungen gingen tendenziell eher hinter den zuletzt geltenden GAV zurück. Wesentlich ist die Flexibilisierung der Arbeitszeiten. In kleinen Unternehmen (bis vier Angestellte) beträgt die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit 41 Stunden, in grösseren 45 Stunden; saisonale Abweichungen nach oben sollen durch vermehrte Ferien abgegolten werden.

Gastgewerbe (1995-1998)
Dossier: GAVs und kollektive Arbeitsstretikgeiten 1990-2000

Typisch für die Entwicklung der letzten Jahre, wo starre GAV zunehmend durch flexible Rahmenübereinkommen ersetzt werden, gestalteten sich die Bemühungen in der graphischen Branche. Den Ende April 1999 auslaufenden GAV zu erneuern, erwies sich als ziemlich schwierig. Während die Gewerkschaften einen neuen GAV mit verbindlichen Vorgaben verlangten, waren die Arbeitgeber nur zum Abschluss einer flexiblen Rahmenvereinbarung bereit. Ihnen schwebte als Vorbild eines neuen Vertrages das Abkommen in der Maschinenindustrie vor. Erste Gespräche verliefen denn auch ziemlich ergebnislos.

Druckereien und Grafische Branche (1994-1998)
Dossier: GAVs und kollektive Arbeitsstretikgeiten 1990-2000

Der bereits seit Jahren schwelende Streit zwischen den Assistenzärzten und -ärztinnen einerseits, den kantonalen Gesundheitsbehörden andererseits um die Arbeits- und Präsenzzeiten, eskalierte im Berichtsjahr. Vor allem im Kanton Zürich zeigte sich die betroffene Ärzteschaft nicht weiter bereit, die aus ihrer Sicht unzumutbaren Arbeitszeiten von teilweise über 60 Stunden pro Woche weiterhin zu akzeptieren. Nachdem die Assistenzärzte gedroht hatten, die administrativen Aufgaben, die rund 50% ihres Einsatzes ausmachen, nicht mehr zu übernehmen, wurde eine erste Einigung erzielt, wonach eine Überschreitung der Höchstarbeitszeit von 55 Wochenstunden kompensiert werden soll. Da sie an die gemachten Zusagen nicht glaubten, verlangten die von ihrem Landesverband unterstützten Zürcher Jungärzte, dem Arbeitsgesetz unterstellt zu werden, welches die geltende Arbeitszeit auf generell 42 Stunden limitiert.
In der Wintersession reichte Nationalrat Suter (fdp, BE) eine Parlamentarische Initiative mit dem Ziel ein, die Assistenzärzte den Bestimmungen des Arbeitsgesetzes zu unterstellen.

Assistenzärzten und -ärztinnen Arbeitszeiten

Nachdem Arbeitgeberdirektor Hasler im Sommer hatte verlauten lassen, nach den sieben “mageren Jahren” würden angesichts des Wirtschaftsaufschwungs Reallohnerhöhungen wieder drin liegen, verlangten die Arbeitnehmerverbände generelle Lohnerhöhungen um 1,5%, für besonders wachstumsintensive Branchen sogar um 2-3%. Eine breit gestreute Anhebung der Löhne lehnten die Arbeitgeber aber ab; sie wollten diese vielmehr von den Branchen, dem Geschäftsgang der einzelnen Betriebe und von den individuellen Leistungen der Lohnempfänger abhängig machen.

Allgemeine Lohnverhandlungen (1993-1999)
Dossier: GAVs und kollektive Arbeitsstretikgeiten 1990-2000

Der SMUV bot den Arbeitgebern der Metall- und Maschinenindustrie für den neu auszuhandelnden Gesamtarbeitsvertrag einen Tausch an: Flexiblerer Einsatz der Arbeitskräfte gegen eine Verkürzung der Arbeitszeit um 10% ohne Lohnabbau. Er präsentierte dazu ein Jahres-Arbeitszeit-Modell. Nationalrat und Volkswirtschafter Strahm (sp, BE) bezeichnete eine Arbeitszeitverkürzung bei gleichbleibendem Lohn als wirtschaftlich durchaus tragbar. Das neue Modell verbessere die Arbeits- und Kapitalproduktivität, da flexiblere Arbeitszeiten eine längere Nutzung der Maschinen ermöglichten. Dies bringe enorme Gewinne, weil die Kapitalkosten pro Arbeitsstunde und Stück gesenkt würden. Der Vorschlag sei in sich selber finanziert und eine enorme Chance für die Flexibilisierung der Arbeitszeiten in der Industrie. Die Arbeitgeberseite lehnte generelle Arbeitszeitverkürzungen kategorisch ab und bezweifelte den vom SMUV vorgerechneten Produktivitätsgewinn. Das neue Modell würde die Arbeit verteuern und viele Mitgliederfirmen schwer in ihrer Konkurrenzfähigkeit treffen. Erste Gespräche zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaft fanden im Dezember statt.

Metall- und Maschinenindustrie Jahres-Arbeitszeit-Modell

Am 19. Juli jährte sich der Abschluss des legendären "Friedensabkommens" in der Maschinenindustrie zum 60. Mal. Während noch zehn Jahre zuvor das Jubiläum an einer gemeinsamen Veranstaltung von politischen Behörden, Arbeitgebern, Gewerkschaften und Medien gefeiert worden war, wurde im Berichtsjahr - auf dem Hintergrund der Neuverhandlungen des Gesamtarbeitsvertrags in der Maschinen- und Metallindustrie - der pionierhaften Leistung separat und mit durchaus kämpferischen Tönen gedacht. Der SMUV erklärte, er halte zwar an der Sozialpartnerschaft fest, wolle aber wieder "streikfähig" werden. Ähnlich Äusserungen machte auch der Verband schweizerischer Angestelltenvereine der Maschinen- und Elektroindustrie (VSAM), der bei einer weiteren Aushöhlung der GAV durch die Arbeitgeber Kampfmassnahmen ebenfalls nicht mehr ausschloss. Der Direktor des Arbeitgeberverbandes der Schweizer Maschinenindustrie (ASM) erklärte seinerseits, man strebe weiterhin eine gute Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften an, wolle aber nicht um jeden Preis an einem Neuabschluss des GAV festhalten. Angesichts der Tatsache, dass die Produktivität in der Maschinenindustrie innert sechs Jahren um rund 20% zugenommen hat, was sich auch in einem Rückgang der Zahl der Beschäftigten von 400 000 auf 340 000 zeigte, forderte der SMUV eine zehnprozentige Arbeitsverkürzung ohne Lohnabbau.

"Friedensabkommens" in der Maschinenindustrie mit durchaus kämpferischen Tönen (1997)
Dossier: GAVs und kollektive Arbeitsstretikgeiten 1990-2000

Seit dem 1. Juli 1996 herrscht ein vertragsloser Zustand in Hotellerie und Gastgewerbe. Während einige Hoteliers und Restaurateure diesen Umstand dazu benutzten, mit Änderungskündigungen die Lohnschraube anzuziehen, Ferien zu streichen oder die Arbeitszeiten zu erhöhen, konnte die zuständige Gewerkschaft Union Helvetia den Arbeitgebern keine Konzessionen in bezug auf den 13. Monatslohn, der fünften Ferienwoche und der Bemessung der Mindestlöhne entlocken.

Gastgewerbe (1995-1998)
Dossier: GAVs und kollektive Arbeitsstretikgeiten 1990-2000

Nach monatelangen Verhandlungen zeichnete sich eine deutliche Annäherung der Standpunkte ab. Im September lag ein Vermittlungsvorschlag auf dem Tisch, der dem gesuchten Kompromiss sehr nahe kam. Der Vorstand des Schweizerischen Arbeitgeberverbandes akzeptierte Zeitzuschläge für regelmässige Nachtarbeit und verzichtete auf die bewilligungsfreie Ladenöffnung an sechs Sonntagen pro Jahr. In diesem Moment scherte der Gewerbeverband aus und und brach die Verhandlungen ab. Aus Solidarität sistierte auch der Abeitgeberverband die Gespräche. Der zweite Anlauf für die Revision des Arbeitsgesetzes schien damit gescheitert zu sein. Nach einigem Hin und Her signalisierten Gewerbe- und Arbeitgeberverband wieder Gesprächsbereitschaft, wobei allerdings der Gewerbeverband bereits mit dem Referendum drohte für den Fall, dass die definitive Fassung des Gesetzes nicht seinen Vorstellungen entspreche. An der abschliessenden Sitzung der Arbeitskommission wurde erwartungsgemäss keine Einigung erzielt.

Zweiter Anlauf, Parlamentarische Initiatitive SGK (BRG 97.447)
Dossier: Revision des Arbeitsgesetz (ArG)

Zu einem erfolgreichen Ende kamen die Verhandlungen zwischen den Journalisten und den Verlegern. Der neue GAV bringt eine leichte, teuerungsorientierte Erhöhung aller Mindestansätze. Der automatische Teuerungsausgleich findet nicht mehr statt, er wird durch jährliche Verhandlungen ersetzt. Die Festsetzung der wöchentlichen Arbeitszeit ist Sache der Unternehmungen. Den Tessiner Verlegern wurde die Kompetenz für Sonderregelungen eingeräumt, doch müssen diese den Rahmenbedingungen Rechnung tragen. Ebenfalls unterzeichnet wurde ein neuer GAV in der Uhrenindustrie, der bis ins Jahr 2001 den Arbeitsfrieden in dieser Branche erhalten soll. Er bringt eine Erhöhung der Ferienzeit und das Recht auf eine schrittweise Pensionierung (Reduzierung der Arbeitszeit bis zu 20% zwei Jahre vor Erreichen des Pensionsalters). Weitere Neuerungen sind die Erhöhung der Familienzulagen, ein unbezahlter Weiterbildungsurlaub mit Anrecht auf Weiterbeschäftigung sowie der explizite Schutz gegen sexuelle Belästigungen.

Journalisten (1995-1996)
Dossier: GAVs und kollektive Arbeitsstretikgeiten 1990-2000

Immer öfter werden die Lohnforderungen auch mit der Erhaltung von Arbeitsplätzen verquickt. In der Bauwirtschaft, wo seit 1992 rund 60 000 Arbeitsplätze gestrichen wurden, schlossen die Gewerkschaften und die Unternehmer ein "Bündnis für die Arbeit". Der Pakt anerkennt den Grundsatz, dass die Kaufkraft erhalten und damit die Deflationsgefahr gebannt werden soll. Die Gewerkschaften stimmten zu, keine über den Teuerungsausgleich hinausgehende Forderungen zu stellen. Dafür sieht die Übereinkunft vor, mittels Arbeitszeitverkürzungen und vorzeitigen Pensionierungen Arbeitsplätze zu sichern. Wirtschaftspolitisch verlangte die gemeinsame Arbeitnehmer- und Arbeitgeberplattform, dass die grossen Infrastrukturbauten rasch angegangen werden. In der chemischen Industrie verlangten die Gewerkschaften eine Lohnsteigerung von rund zwei Prozent, zeigten sich aber auch bereit, auf diesen Zuwachs zu verzichten, wenn mittels Arbeitszeitverkürzungen Stellen gesichert werden könnten. In drei Branchen der Metallverarbeitung einigten sich die Sozialpartner im Interesse der Arbeitsplatzerhaltung auf eine Lohn-Nullrunde; im Carosseriebereich wurde eine ähnliche Entscheidung getroffen.

Allgemeine Lohnverhandlungen (1993-1999)
Dossier: GAVs und kollektive Arbeitsstretikgeiten 1990-2000

In der Volksabstimmung vom 1. Dezember über die Revision des Arbeitsgesetzes sahen die Arbeitgeber eine Nagelprobe für die Bereitschaft der Schweizer Bürgerinnen und Bürger, sich an die neuen Gegebenheiten eines globalisierten Marktes anzupassen. Gross war denn auch die Enttäuschung, als die von Gewerkschaften, der politischen Linken und den Kirchen angeführte Opposition gegen eine Lockerung der Arbeitszeitbestimmungen eine deutliche Mehrheit hinter sich sammeln konnte.

Arbeitgeber zur Revision des Arbeitsgesetzes

Die auf den 30. Juni des Berichtsjahres erfolgte vorzeitige Kündigung des GAV im Gastgewerbe hatte für die Beschäftigten zum Teil einschneidende Folgen. Die Union Helvetia, welche mit diesem Schritt den 1992 vereinbarten, jedoch vielerorts nicht gewährten jährlichen Teuerungsausgleich durchsetzen wollte, musste sich den Vorwurf gefallen lassen, dem Gastgewerbepersonal damit einen Bärendienst erwiesen zu haben. Besonders strukturschwächere Gastronomiebetriebe nutzen den vertragslosen Zustand, um ihren Angestellten neue Verträge mit deutlich schlechteren Arbeitsbedingungen aufzuzwingen, obgleich der Schweizer Hotelier-verein und der Arbeitgeberverband Gastrosuisse ihre Mitglieder ermahnt hatten, die Situation nicht über Gebühr auszunutzen.

Gastgewerbe (1995-1998)
Dossier: GAVs und kollektive Arbeitsstretikgeiten 1990-2000

Arbeitgeberorganisationen und Gewerkschaften appellierten im August erneut an den Bundesrat, zumindest für die seit Jahren in der Schweiz arbeitenden Saisonniers aus Ex-Jugoslawien eine neue Lösung zu suchen. Bis eine definitive Regelung gefunden sei, müsste es den Kantonen freistehen, die Bewilligungen zu erneuern. Gleichzeitig hielten die Wirtschaftsverbände fest, dass sie weder gegen eine Vorzugsstellung von Personen aus dem EU/Efta-Raum noch gegen einen Stopp von Neurekrutierungen im ehemaligen Jugoslawien seien. Der Bundesrat zeigte sich aber entschlossen, seinen Entscheid durchzuziehen. In einem Zeitungsinterview erklärte der Vorsteher des EVD, der Bundesrat sei in dieser Frage schon genügend Kompromisse eingegangen. Wenn er jetzt nicht der Umsetzung des Drei-Kreise-Modells zum Durchbruch verhelfe, verliere er seine Glaubwürdigkeit. Dementsprechend wurden bei der Zuteilung der Kontingente für die Periode 1996/97 die ex-jugoslawischen Saisonniers definitiv von der Einreise ausgeschlossen. Betroffen waren rund 10 000 Arbeitnehmer aus dem früheren Jugoslawien.

Swisslex: EWR-konforme Ausländerpolitik mit einem «Drei Kreise-Modell»
Dossier: Folgeprogramm nach der Ablehnung des EWR-Abkommens (Swisslex)

Die "Swissfashion", der Arbeitgeberverband der Bekleidungsindustrie, kündigte auf Ende 1996 erstmals den seit 1946 bestehenden, immer wieder erneuerten GAV. Offensichtlicher Grund für die Kündigung war die Weigerung der Arbeitnehmervertreter, dem Gesuch der Tessiner Arbeitgeber um eine sofortige Vertragsverschlechterung zuzustimmen. Die Arbeitgeber hatten für alle Betriebe im Tessin den generellen Verzicht auf 50% des 13. Monatslohns, die Streichung von drei Tagen Ferien und keine Lohnanpassungen für 1997 verlangt.

Bekleidungsindustrie

Sechs Arbeitgeberorganisationen - Gewerbe, Bauern, Baumeister, Tourismusverband, Hoteliers und Wirte - wehrten sich zusammen mit Gewerkschaften und Angestelltenverbänden gegen den Entscheid des Bundesrates, Saisonniers aus Ex-Jugoslawien keine weiteren Bewilligungen mehr zu erteilen, es sei denn, sie hätten bereits acht aufeinanderfolgende Jahre beim gleichen Arbeitgeber gearbeitet. Als eine gemeinsame Eingabe an den Bundesrat nichts fruchtete, gaben sie das bereits erwähnte staatsrechtliche Gutachten in Auftrag, welches ihre Kritik am Entscheid des Bundesrates stützte. Eine klare gesetzliche Grundlage für den Ausschluss der Ex-Jugoslawen fehle. Der Entscheid schaffe zudem eine Reihe von Rechtsungleichheiten, die nicht mit Art. 4 der Bundesverfassung zu vereinen seien. So könne ein Saisonnier aus Ex-Jugoslawien frühestens nach acht Jahren eine Jahresbewilligung erhalten, Saisonniers aus anderen Staaten hingegen schon nach 36 Monaten. Zusätzlich werde bei den Ex-Jugoslawen verlangt, dass sie bereits einen Arbeitsvertrag für eine Ganzjahresstelle in der Tasche hätten und ihr Arbeitgeber nachweisen könne, dass sein Unternehmen wirtschaftlich gesund sei.

Saisonniers aus Ex-Jugoslawien

Die Absicht der Krankenkassen Helvetia und Visana, zur Senkung der allgemeinen Gesundheitskosten inskünftig einen Teil der Medikamente per Post und unter Ausschluss der Apotheken zu vertreiben, stiess beim Schweizerischen Apothekerverein (SAV) auf harsche Kritik. Der SAV verlangte ein gesamtschweizerisches Verbot derartiger Praktiken, da ein Medikamentenversandhandel fachlich unvertretbar, patientenfeindlich, gesetzeswidrig und unwirtschaftlich sei. Der SAV schlug stattdessen ein neues Abgeltungssystem vor, bei dem die Apotheker wirtschaftliche Anreize erhalten sollen, um Medikamentenkosten einzusparen.

Diskussionen zum Versand von Medikamente per Post (ab 1996)

Erneut Vertragskonflikte gab es im Bauhauptgewerbe. Die Gewerkschaften verlangten eine generelle Lohnerhöhung in der Grössenordnung von 2,5% sowie die im 1994 abgeschlossenen Landesmantelvertrag vorgesehenen zusätzlichen zwei Ferientage ab 1996. Der Schweizerische Baumeisterverband bot lediglich zwei Ferientage oder 0,8% Lohnerhöhung an. Nach drei Verhandlungsrunden war die Situation derart blockiert, dass die Gewerkschaften die Paritätische Schiedskommission anriefen, welche bestimmte, dass die Bauarbeiter ab 1996 1,4% mehr Lohn sowie zwei Ferientage zusätzlich erhalten.

Baugewerbe (1993-1999)
Dossier: GAVs und kollektive Arbeitsstretikgeiten 1990-2000

Für 1996 verlangten die Gewerkschaften Lohnerhöhungen von zwei bis drei Prozent. Sie argumentierten, die Reallöhne hätten in den letzten vier Jahren durchschnittlich um zwei Prozent abgenommen. Die wirtschaftliche Lage habe sich wieder verbessert, weshalb die Betriebe in der Lage seien, zumindest die von der Mehrwertsteuer verursachte Teuerung auszugleichen. Durch eine Erhöhung der Kaufkraft würde zudem die Konjunktur weiter angekurbelt. Die Arbeitgeber weigerten sich demgegenüber strikte, die Kompensation der mehrwertsteuerbedingten Teuerung als Arbeitgeberverpflichtung anzuerkennen. Zudem wollten sie Lohnerhöhungen nicht generell, sondern höchstens individuell gewähren. Als Zeichen für die vor allem auf Arbeitgeberseite generell verhärteten Fronten bei den Lohnabschlüssen wurde der Umstand gewertet, dass die Verhandlungen im Bankensektor erstmals scheiterten. Die Gewerkschaften wiesen das diesbezügliche Angebot der Arbeitgeber als völlig ungenügend zurück, worauf diese die Verhandlungen in die Betriebe verlegten und zu individuellen Lohnanpassungen übergingen.

Allgemeine Lohnverhandlungen (1993-1999)
Dossier: GAVs und kollektive Arbeitsstretikgeiten 1990-2000

Die Sozialpartner des Buchbindergewerbes beendeten den seit 1991 andauernden Konflikt um Frauenlöhne und einigten sich vor dem Berner Appellationsgericht darauf, dass die angefochtene GAV-Bestimmung verfassungswidrig sei. Die Parteien verpflichteten sich, ihre Mitglieder anzuhalten, keine Gesamt- und Einzelarbeitsverträge abzuschliessen, die für Frauen tiefere Mindestlöhne vorsehen als für Männer.

Buchbindergewerbes

Auch bei den Verhandlungen über die Erneuerung des Ende 1994 auslaufenden Landesmantelvertrages für das Bauhauptgewerbe, welcher die Arbeitsbedingungen von rund 120 000 Beschäftigten regelt und darüber hinaus Signalwirkung für verwandte Wirtschaftszweige hat, konnten sich Gewerkschaften und Arbeitgeber lange auf keinen Kompromiss einigen. Die Gewerkschaften verlangten eine Reallohnerhöhung von 2% und zwei zusätzliche Ferientage, welche der Schweizerische Baumeisterverband (SBV) nicht gewähren wollte. Auch der von den Gewerkschaften im Gegenzug angebotene Verzicht auf einen automatischen Teuerungsausgleich bis 3% konnte die Arbeitgeber vorerst nicht umstimmen. Ende November kam es dann aber zu einer Vereinbarung, welche in den wesentlichen Punkten den Vorstellungen der Gewerkschaften entsprach.

Baugewerbe (1993-1999)
Dossier: GAVs und kollektive Arbeitsstretikgeiten 1990-2000


Zu den härtesten Arbeitsvertragsverhandlungen des Berichtsjahres kam es im graphischen Gewerbe, wo der 1988 zwischen dem Schweizerischen Verband Graphischer Unternehmer (SVGU) einerseits und der Gewerkschaft Druck und Papier (GDP), der Schweizerischen Graphischen Gewerkschaft (SGG) und dem Schweizerischen Lithographenbund (SLB) abgeschlossene GAV Ende August auslief. Nachdem eine erste Verhandlungsrunde gescheitert war, sprachen sich die Gewerkschafter in einer Urabstimmung zu 95% (bei einer Stimmbeteiligung von rund 46%) für Kampfmassnahmen aus. Nach ersten Protestaktionen gegen die vom SVGU geplante Senkung der Schichtzulagen und der Mindestlöhne, welche durch eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten noch verschärft werden sollten, kam es am 3. November zu einem landesweiten 24-stündigen Warnstreik, der die graphischen Betriebe und insbesondere die Zeitungsverlage stark beeinträchtigte. Über 10 000 Druckerinnen und Drucker legten die Arbeit in dieser grössten Streikbewegung seit 1980 nieder.

Die Arbeitgeber, welche den Gewerkschaften diese Mobilisierungskraft offenbar nicht zugetraut hatten, boten diesen umgehend ein erweitertes Verhandlungsangebot an, welches Nachgeben bei den Schichtzulagen und den Mindestlöhnen, nicht aber bei den Arbeitszeiten signalisierte. Ende November erarbeitete eine Arbeitsgruppe der Sozialpartner einen Vertragstext, welcher in den Hauptpunkten den "nachgebesserten" Vorschlägen der Arbeitgeber entsprach. Bis zum Ende des Berichtsjahres konnte jedoch keine definitive Einigung erzielt werden.

Druckereien und Grafische Branche (1994-1998)
Dossier: GAVs und kollektive Arbeitsstretikgeiten 1990-2000