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Akteure

  • Bürgerlich-Demokratische Partei (BDP)
  • Germann, Hannes (svp/udc, SH) SR/CE
  • Blocher, Christoph

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Ende November erschien das NZZ-Parlamentarierrating 2016 und bildete das erste Jahr nach den Wahlen 2015 ab. Der Rechtsrutsch der Wahlen zeichnete sich im Rating deutlich ab. Der Median der Positionen aller Parlamentarierinnen und Parlamentarier, die aufgrund paarweiser Vergleiche des Abstimmungsverhaltens während der vier vergangenen Sessionen errechnet werden, rückte auf der Skala von -10 (absolut links) bis + 10 (absolut rechts) von 0.8 (2015) auf 1.7. Gleich drei SVP-Fraktionsmitglieder nahmen die rechte Extremposition (10) ein: Marcel Dettling (SZ), Erich Hess (BE) und, wie bereits 2015, Pirmin Schwander (SZ). Lisa Mazzone (gp, GE) positionierte sich mit einem Wert von -9.6 am linken Extrempol.
Vom Rechtsrutsch habe – gemessen an der Anzahl gewonnener Abstimmungen im Rat – vor allem die FDP, kaum aber die SVP profitiert, so die Studie. Bei den Parteien zeigten sich insgesamt nur leichte Verschiebungen. So hatte sich die SVP noch einmal nach rechts verschoben und nahm insgesamt den Wert 8.0 ein (2015: 7.7.). Jean-Pierre Grin (VD) besetzte mit 6.3 die moderateste Position in der Volkspartei. Damit war er dennoch ziemlich weit vom am meisten rechts stehenden FDP-Fraktionsmitglied entfernt: Bruno Pezzatti (ZG) erreichte einen Wert von 3.4. Den linken Rand der FDP, die sich im Vergleich zu 2015 nicht verändert hatte und fraktionsübergreifend konstant bei 2.2 blieb, nahm erneut Christa Markwalder mit 1.4 ein. Damit war die Bernerin leicht linker positioniert als Daniel Fässler (AI), der mit 1.9 den rechten Rand der CVP besetzte. Den Gegenpol bei den Christlichdemokraten nahm Barbara Schmid-Federer (ZH) mit -0.9 ein. Auch die CVP blieb im Vergleich zu 2015 konstant bei 0.6. Innerhalb des Spektrums der CVP-EVP-Fraktion fand sich die BDP (0.9: Hans Grunder, BE bis -0.5: Rosmarie Quadranti, ZH), die leicht nach links gerutscht war (0.2). Deutlich am linken Rand der CVP-Fraktion positionierte sich die EVP mit Maja Ingold (ZH, -2.8) und Marianne Streiff-Feller (BE, -3.1). Einen Linksrutsch verzeichnete auch die GLP, die sich bei -2.7 positionierte und sich wie schon 2015 sehr geschlossen zeigte. Nur gerade 0.5 Skalenpunkte trennten Kathrin Bertschy (BE, -2.8) von Martin Bäumle (ZH, -2.3). Etwas geschlossener als 2015 zeigte sich auch die SP, die fraktionsübergreifend bei -8.3 zu liegen kam. Chantal Galladé (ZH, -6.6) fuhr dabei den sozialliberalsten Kurs. Gleich drei Fraktionsmitglieder positionierten sich beim linken Extremwert der SP, bei -9.1: Bea Heim (SO), Susanne Leutenegger Oberholzer (BL) und Silvia Schenker (BS). Die Grünen schliesslich positionierten sich insgesamt bei -9.0 und die Fraktionsmitglieder überlappten sich stark mit der SP: Daniel Brélaz (VD, -7.9) zeigte sich dabei sogar noch etwas rechter als die gesamte SP.
Die Forschungsstelle Sotomo, welche das Rating durchführte, wertete auch 2016 den Ständerat aus. Erneut zeigte sich eine geringere Polarisierung als in der grossen Kammer. Zwar lagen auch in der kleinen Kammer die Extremwerte weit auseinander, Lilian Maury Pasquier (sp, GE, -9.5) und Peter Föhn (svp, SZ, 9.8) fanden sich aber ziemlich alleine auf weiter Flur. Alle anderen Ständeratsmitglieder befanden sich zwischen -6.2 (Christian Levrat, sp, FR) und 7.3 (Hannes Germann, svp, SH).

Nationalratsrating

BDP-Parteipräsident Martin Landolt erzeugte mit seiner Etikettierung der SVP-Politik als braune Politik einigen medialen Wirbel. Er stelle „erschreckende Parallelen zu den 30er-Jahren“ fest, die sich in der Sprache, der Rhetorik und den Inseraten der SVP zeigten. Landolt wörtlich: „Bis zu welchem Punkt muss eine Politik noch brauner werden, bis alle merken, dass sie stinkt?“ Der Glarner Parteipräsident echauffierte sich vor allem über verschiedene Vorstösse der SVP – etwa die Idee, die Antirassismusstrafnorm wieder abzuschaffen – die von den Medien verharmlost würden. Auch das Stillschweigen sei eine erschreckende Parallele zu den 1930er-Jahren. Er habe Angst, dass die SVP die Schweiz in eine totale Isolation gegenüber Europa führe, so Landolt in einem Interview mit dem Tages Anzeiger. Er forderte deshalb, der extremistischen SVP dürfe kein Bundesratssitz zugesprochen werden. An der Delegiertenversammlung Mitte Oktober in Liestal doppelte der Glarner Nationalrat nach und kritisierte eine Rede Christoph Blochers, bei der sich dieser nationalsozialistischer Rhetorik bedient habe.

BDP braune Politik

Auch 2014 war die direkte Demokratie Auslöserin für Gedanken und Polemik zur nationalen Kohäsion. Allen voran das Ja zur Masseneinwanderungsinitiative sorgte für zahlreiche Reaktionen. So wurde etwa der sich bei der Abstimmung zeigende Sprachgraben kurz nach dem Urnengang vom ehemaligen SVP-Bundesrat Christoph Blocher mit einem „schwächeren Bewusstsein der Welschen für die Schweiz“ erklärt. Diese in einem Interview mit der BaZ gemachte Aussage sorgte auf beiden Seiten der Saane für teilweise harsche Reaktionen. Künstlerisch wurde die Aussage vom Maison du dessin de presse in Morge verarbeitet, wo eine Ausstellung mit dem Titel „Les Romands sont-ils Suisses?“ mit verschiedenen Karikaturen zum Thema stattfand. Blocher hatte bereits Anfang Januar – wie bereits vor der EWR-Abstimmung 1992 – Niklaus von Flüe bemüht, der gemahnt haben soll, den Zaun nicht zu weit zu machen. Die sich auf der Verliererseite breit machende Konsternation verschaffte sich in einigen Unmutsbekundungen Luft. So demonstrierten Anfang März auf Aufruf eines Bündnisses von verschiedenen Parteien, Gewerkschaften und Ausländerorganisationen rund 12'000 Personen auf dem Bundesplatz für eine offene und solidarische Schweiz. Mehrere Organisationen – ähnlich wie noch 1992 nach dem EWR-Nein – wurden ins Leben gerufen, so etwa die Aktion Libero, die sich unter anderem für den Erhalt der bilateralen Verträge einsetzen will. Mitte Oktober riefen über 100 Persönlichkeiten, darunter etwa auch die alt-Bundesräte Pascal Couchepin (fdp, VS) und Micheline Calmy-Rey (sp, GE) zu einem Überdenken der negativen Einstellung zur europäischen Integration der Schweiz auf. Die Weltoffenheit der Schweiz und die guten wirtschaftlichen Beziehungen zur EU waren zudem häufiger Gegenstand der behördlichen 1.-August-Reden. Ausnahme bildete Bundesrat Maurer, der Carl Spittelers „Standpunkt“ als Appell für die Eigenständigkeit und Neutralität der Schweiz zitierte. Beklagt wurde im Berichtjahr auch hie und da ein Wandel von der Konkordanz zur „Diskordanz“: Die noch 2011 mit der Stärkung der „neuen“ Mitte einhergehende Hoffnung auf ein Ende der Polarisierung habe sich zerschlagen, die Regierungsparteien seien nicht mehr an Kompromissen interessiert und die Stimmbevölkerung – aufgehetzt von Brandstiftern – habe auf Fundamentalopposition geschaltet. Die Schweizer Politik müsse wieder zu mehr Verständigung zurückkehren. Bei einer im August veröffentlichten GfS-Umfrage bei rund 1000 Befragten unterstützten 75% die Forderung nach mehr Kompromissbereitschaft, um das politische System zu stärken und zu deblockieren. Für Diskussionen sorgten die Vorwürfe der Parteipräsidenten der SP und der BDP: Martin Landolt (bdp, GL) wie auch Christian Levrat (sp, FR) warfen der SVP „faschistoide Tendenzen“ vor. Levrat begründete dies damit, dass die Volkspartei die Institutionen verleumde, Völker- und Menschenrechte angreife und das Asylrecht abschaffen wolle. Auch der Parteipräsident der BDP, Martin Landolt, attackierte die SVP und warf ihr eine die menschliche Würde missachtende und heuchlerische Politik vor. Er frage sich, bis zu welchem Punkt eine Politik „noch brauner werden“ müsse, „bis alle merken, dass sie stinkt“. Die als „provozierender Elektroschock“ (Levrat) gedachten Vorwürfe stiessen auch bei Rechtsextremismus-Experten auf Kritik. Während CVP-Präsident Darbellay eine gewisse Radikalisierung der SVP nicht abstreiten, dafür aber keine Vergleiche mit dem Faschismus anstellen wollte, kritisierte der Parteipräsident der FDP, Philipp Müller (AG), die Debatte als „daneben“. Nicht zu den Vorwürfen äussern wollte sich SVP-Parteipräsident Toni Brunner (SG). In den Medien wurden die Vorwürfe unterschiedlich kommentiert. Während die NZZ etwa darauf hinwies, dass die politischen Debatten in der Regel sachlich blieben, wurden die Parteichefs im Blick als Politclowns betitelt. Die Ablehnung der teilweise als Schicksalsabstimmungen bezeichneten drei Initiativen, die im November zur Abstimmung gelangten – Ecopop-Initiative, Abschaffung der Pauschalbesteuerung und Goldinitiative – schien zumindest vorübergehend die Diskussionen um den nationalen Zusammenhalt etwas zu beruhigen.

Verlust des politischen und gesellschaftlichen nationalen Zusammenhalts

Dass der Nachfolger Schmids nicht aus der mit Eveline Widmer-Schlumpf bereits in der Regierung vertretenen kleinen BDP kommen würde, war klar. An sich sprach für die Vertreter von SP, FDP und CVP nichts dagegen, die SVP als stärkste Partei wieder in den Bundesrat aufzunehmen. Noch bevor Schmid seinen Rücktritt bekannt gab, machte sich allerdings der SVP-Präsident Brunner (SG) bereits für eine Kandidatur von alt Bundesrat Christoph Blocher stark. Nur dieser sei fähig, das VBS wieder in „Ordnung“ zu bringen. Der Plan der SVP-Parteileitung, Blocher als einzigen Kandidaten zu nominieren, stiess aber in der dafür zuständigen SVP-Fraktion auf Widerstand. Diese sprach sich zwar für eine Rückkehr in die Regierung aus, lehnte es aber knapp ab, sich auf Blocher als einzigen Kandidaten festzulegen. Die Medien waren sich einig, dass Blocher im Parlament keine echten Wahlchancen hatte und bezeichneten die SVP-Nationalräte Amstutz (BE), Baader (BL), Maurer (ZH) und Zuppiger (ZH) als aussichtsreichste Kandidaten. Obwohl FDP, CVP und SP mehrfach erklärt hatten, dass ihre Parlamentarier Blocher nicht wählen würden, nominierte ihn der Vorstand der SVP des Kantons Zürich mit 47 zu 1 Stimme zuhanden der Fraktion als Kandidat. Die Delegiertenversammlung der Zürcher SVP bestätigte diesen Beschluss mit einem weniger deutlichen Stimmenverhältnis (264 zu 45). Weitere von ihren Kantonalparteien an die Fraktion gemeldete Kandidaten waren die Nationalräte Amstutz und Aebi (beide BE), Schwander (SZ), Hurter (SH) und Baader (BL), Ständerat Germann (SH) und Regierungsrat Mermoud (VD); zudem nominierten die SVP-Frauen die Zürcher Regierungsrätin Fuhrer und die SVP-Bezirkspartei Hinwil (ZH) Nationalrat Zuppiger (ZH). Der Bauernverbandspräsident und Nationalrat Hansjörg Walter (TG), der dem gemässigten Flügel der SVP angehört, war ebenfalls im Gespräch gewesen, wurde aber von seiner Kantonalpartei nicht als Kandidat ins Rennen geschickt.

Der Fraktionsvorstand der SVP empfahl ein Zweierticket mit Blocher, ohne einen zweiten Namen zu nennen. Die Fraktion selbst hielt sich an diesen Vorschlag und stellte neben Blocher den Zürcher Nationalrat Ueli Maurer auf, der bis Ende Februar Parteipräsident gewesen war. Im Vorfeld der Wahlen zeigte sich, dass nicht nur die Linke, sondern auch wichtige Exponenten der CVP und zudem einige Freisinnige sich ebenso wenig für Maurer erwärmen konnten wie für Blocher. SVP-Präsident Brunner rief ihnen – und auch den eigenen Parteiangehörigen – kurz vor der Wahl noch einmal in Erinnerung, dass gemäss den neuen SVP-Statuten jeder automatisch aus der Partei ausgeschlossen würde, der als nicht offizieller Kandidat die Wahl zum Bundesrat annehmen würde.

Bundesratsersatzwahlen 2008 – Nachfolge von Samuel Schmid
Dossier: Bundesratswahlen seit 2008

Im Berichtsjahr kam es zu einer Ersatzwahl für den Bundesrat. Der Vorsteher des VBS, Samuel Schmid, erklärte am 12. November seinen Rücktritt auf den 31. Dezember nach acht Jahren Regierungstätigkeit. Er gab für diesen Entscheid „persönliche, gesundheitliche, aber auch politische Gründe“ an. Seine Amtsmüdigkeit stand in direktem Zusammenhang mit der Kritik an seiner Departementsführung, die sich im Berichtsjahr wesentlich verstärkt hatte. Anlässe zu diesen Vorwürfen boten verschiedene Vorkommnisse in der Armee, namentlich Unfälle mit tödlichem Ausgang, und die Umstände der im Vorjahr erfolgten Wahl des Armeechefs Roland Nef. Besonders intensiv wurde Schmid von seiner früheren Partei, der SVP, während des ganzen Jahres aufs Korn genommen. Diese Angriffe hatte es im Zusammenhang mit der von der SVP grundsätzlich bekämpften Armeereform schon immer gegeben, sie hatten sich aber nach der gescheiterten Wiederwahl ihres Bundesrats Christoph Blocher im Dezember 2007 intensiviert. Nationalrat Bortoluzzi (svp, ZH) hatte Schmid gleich zu Jahresbeginn angedroht, dass er weg müsse, wenn es ihm nicht rasch gelinge, „die Armee zu stärken“. Sekundiert wurden diese Angriffe und Nadelstiche von der armeekritischen Linken, welche gemeinsam mit der SVP einmal mehr das Rüstungsprogramm im Nationalrat zu Fall brachte, und von der vor allem an den personellen Aspekten der Politik interessierten Sonntagspresse. Die Attacken waren im Sommer nach dem Übertritt Schmids in die von der SVP abgespaltene Bürgerlich-Demokratische Partei (BDP) noch heftiger geworden. Im Zusammenhang mit der Affäre Nef häuften sich im Juli in einigen Medien die Aufforderungen an Schmid, von seinem Amt zurückzutreten; diese Forderung wurde auch von der GP und der SVP übernommen und von ihnen in der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats erfolglos beantragt.

Bundesratsersatzwahlen 2008 – Nachfolge von Samuel Schmid
Dossier: Bundesratswahlen seit 2008

Die Gründung der BDP im Frühsommer stellte eine Reaktion von dissidenten SVP-Mitgliedern, namentlich aus den Kantonen Bern und Graubünden, auf den Ausschluss der mit Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf solidarischen bündnerischen SVP aus der nationalen Partei dar. Zuvor hatte die SVP Widmer-Schlumpf, die 2007 Christoph Blocher aus der Landesregierung verdrängt hatte, ultimativ, aber vergeblich aufgefordert, entweder aus dem Bundesrat oder aus der SVP auszutreten. Als Protest dagegen folgten am 11. April rund 10'000 Personen einem Aufruf diverser Frauenorganisationen und manifestierten an einer Kundgebung auf dem Bundesplatz in Bern ihre Unterstützung für Bundesrätin Widmer-Schlumpf.

Kundgebung für BDP-Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf (2008)