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Jahresrückblick 2022: Verbände

In der Schweizer Verbandslandschaft kam es im Jahr 2022 zu einigen Veränderungen. So löste sich etwa die Aktion für eine unabhängige Schweiz (AUNS), die mit dem EWR-Nein vor genau 30 Jahren ihren grössten Erfolg gefeiert hatte, auf Betreiben ihres Gründervaters Christoph Blocher auf und schloss sich mit zwei kleineren EU-kritischen Vereinen zur neuen Organisation «Pro Schweiz» zusammen. Angestrebt wird eine verbesserte Referendums- und Initiativfähigkeit, nachdem es um die AUNS zuletzt relativ ruhig geworden war. Mit der Neutralitätsinitiative beschloss «Pro Schweiz» an ihrer Gründungsversammlung denn auch gleich die Lancierung ihres ersten Initiativprojekts.

Auch bei den grossen Wirtschaftsverbänden gab es Neuerungen. Nachdem sich Economiesuisse, der Arbeitgeberverband (SAV) und der Gewerbeverband (SGV) schon 2021 zu einer engeren Zusammenarbeit bekannt hatten, schlossen sie im Sommer 2022 auch mit dem Bauernverband (SBV) eine «strategische Allianz». Die vier Allianzpartner wollen sowohl bei Abstimmungskämpfen als auch im Hinblick auf die eidgenössischen Wahlen 2023 vermehrt «gemeinsam für eine wirtschafts- und agrarfreundliche Politik kämpfen». Der Schritt wurde weitherum als Reaktion darauf gewertet, dass die Wirtschaftsverbände zuletzt zunehmend Schwierigkeiten bekundet hatten, bei Volksabstimmungen Mehrheiten für ihre Positionen zu erhalten. Auch 2022 mussten sie aus ihrer Sicht schmerzhafte Abstimmungsniederlagen einstecken, einerseits mit der Annahme der Initiative für ein Tabakwerbeverbot und des Filmgesetzes, andererseits mit der Ablehnung der Reformen der Stempelsteuer und der Verrechnungssteuer. Dass sie sich hingegen im September mit dem Ja zur AHV-21-Reform an der Urne knapp durchsetzen konnten, wurde teilweise als erste Frucht der neuen Allianz mit dem SBV interpretiert. Der SBV wiederum konnte sich über das deutliche Nein zur Massentierhaltungsinitiative freuen.

Eine besondere Entwicklung nahm im Jahresverlauf das Verhältnis zwischen den Krankenkassenverbänden Curafutura und Santésuisse, das meist angespannt gewesen war, seitdem sich Curafutura 2013 von Santésuisse abgespaltet hatte: Aufgrund zahlreicher inhaltlicher Differenzen, aber offenbar auch persönlicher Animositäten erreichte dieses Verhältnis im Frühling 2022 zunächst einen Tiefpunkt, und Gesundheitspolitikerinnen und -politiker aus dem gesamten politischen Spektrum äusserten erheblichen Unmut über die schwierige Zusammenarbeit mit den tief zerstrittenen Verbänden. Bis im Herbst entspannte sich das Verhältnis indessen deutlich, und beide Verbandsspitzen sprachen gar öffentlich von einer möglichen Wiedervereinigung.

Keine Fusion wird es bis auf Weiteres zwischen dem VPOD und dem Bundespersonalverband (PVB) geben. Nachdem die beiden Gewerkschaften einen solchen Schritt 2022 zunächst erwogen hatten, wurde diese Option vom PVB schliesslich verworfen. Der PVB will stattdessen eine Lösung aushandeln, bei der er als Kollektivmitglied dem VPOD beitreten könnte, womit seine unabhängige Rechtspersönlichkeit gewahrt bliebe und dennoch eine engere Verzahnung der beiden Gewerkschaften erreicht würde.
Die Syna sorgte einerseits mit internen Konflikten für Aufmerksamkeit und andererseits mit einem von ihr und der Unia intensiv geführten Kampf mit dem Baumeisterverband (SBV) um Anpassungen am Landesmantelvertrag im Bauhauptgewerbe. Die Gewerkschaften veranlassten in dessen Rahmen im Herbst eine landesweite Reihe von Arbeitsniederlegungen auf Baustellen.
An der Abstimmungsurne war die Bilanz auch für die Gewerkschaften gemischt: Während sie bei der Erhöhung des Frauenrentenalters im Rahmen der AHV-Reform und beim Medienpaket schmerzhafte Niederlagen einstecken mussten, standen sie bei den Abstimmungen zur Stempel- und zur Verrechnungssteuer sowie zum Filmgesetz auf der Siegerseite.

Schwierig verlief das Jahr für mehrere Organisationen, die in den letzten Jahren im Rahmen der Protestbewegung gegen die Covid-19-Massnahmen des Bundesrats entstanden waren. So wurden die «Freunde der Verfassung» von internen Konflikten und zwei Rücktrittswellen aus dem Vereinsvorstand erschüttert. Auch bei den Freiheitstrychlern entbrannte ein heftiger Konflikt zwischen zwei Führungspersonen, es kam zu Drohungen und Polizeieinsätzen. Der Verein «Mass-voll» wiederum musste gleich zu Beginn des Jahres eine grössere Abspaltung verkraften, als viele Mitglieder einen neuen Verein mit weniger politischer Ausrichtung gründeten. Insgesamt wurde es um diese Organisationen im Vergleich zum Vorjahr deutlich stiller, teils wohl wegen einer gewissen Lähmung durch diese internen Konflikte und teils wegen des Wegfalls der wichtigsten Triebfeder und Zielscheibe ihrer Proteste: Der Bundesrat hatte im Frühling 2022 die meisten Covid-Massnahmen aufgehoben. Dem Versuch eines Teils der Bewegung, unter dem Namen «Aufrecht Schweiz» bei verschiedenen kantonalen und kommunalen Parlaments- und Regierungswahlen politische Ämter zu erringen, war kein Erfolg beschieden. Die «Freunde der Verfassung» und «Mass-voll» konnten sich immerhin über die Ablehnung des Medienpakets im Februar freuen, zu dessen Gegnerinnen und Gegnern sie zählten.

Auch verschiedene Gruppierungen der Klimabewegung vermochten sich und ihre Forderungen nach griffigeren Klimaschutzmassnahmen ins mediale Scheinwerferlicht zu rücken. Um dies zu erreichen und der Dringlichkeit ihrer Anliegen Nachdruck zu verleihen, bedienten sie sich nebst Demonstrationen auch umstrittener und möglicherweise unerlaubter Aktionsformen. Dazu gehörten beispielsweise ein Aufruf zur Militärdienstverweigerung (Waadtländer Sektion von «Klimastreik Schweiz»), die Blockade von Verkehrsachsen («Renovate Switzerland») oder das Luftablassen aus Reifen von Geländewagen («The Tyre Extinguishers»). Kritikerinnen und Kritiker monierten, dass sich solche Gruppierungen radikalisiert hätten und damit den eigenen Anliegen einen Bärendienst erwiesen, weil sie die breite Öffentlichkeit gegen sich aufbrächten und diese mehr über die Aktionsformen als über die inhaltlichen Forderungen der Klimabewegung diskutiere.

Insgesamt waren die Verbände in den Medien etwa gleich oft Thema wie in den beiden Vorjahren. Erhöhte Aufmerksamkeit gab es im Februar für die doppelte Abstimmungsniederlage der Economiesuisse (Kategorie «Industrieverbände»), im Mai für die Bemühungen der Tourismusverbände um die Einstellung ukrainischer Flüchtlinge, im Frühling für die Konflikte bei den Covid-Protestorganisationen und für die F-35-Initiative der GSoA («ausserparteiliche Interessen») und schliesslich im Herbst für die Arbeitsniederlegungen auf den Baustellen und die Lohnforderungen der Gewerkschaften (siehe die APS-Zeitungsanalyse 2022 im Anhang).

Jahresrückblick 2022: Verbände
Dossier: Jahresrückblick 2022

An der Delegiertenversammlung des Bundespersonalverbandes (PVB) im November 2022 legte die Verbandsleitung dar, dass sie nach einjährigen Prüfarbeiten das Vorhaben einer Fusion mit dem rund viermal grösseren Verband des Personals öffentlicher Dienste (VPOD) nicht mehr weiterverfolgen möchte. Weil die Mitgliederbeiträge der beiden Verbände unterschiedlich hoch seien und eine Fusion für den PVB finanziell unvorteilhaft wäre, erachtete die Geschäftsleitung eine Fusion bei den Delegierten des PVB nicht als mehrheitsfähig.
Die Geschäftsleitung schlug den Delegierten vor, die Zusammenarbeit mit dem VPOD stattdessen auf andere Art zu verstärken: Sie wolle einen Beitritt des PVB zum VPOD als Kollektivmitglied vorbereiten. Mit dieser Variante würde der PVB ebenfalls Teil des VPOD, behielte aber seine unabhängige Rechtspersönlichkeit. Synergiegewinne und eine stärkere gewerkschaftliche Vertretung im Bereich des öffentlichen Personals liessen sich auch damit erreichen. Die Delegierten folgten diesem Vorschlag und beauftragten die Geschäftsleitung, ihnen im folgenden Jahr einen konkreten Entwurf für einen Vertrag mit dem VPOD für eine Kollektivmitgliedschaft vorzulegen.

Verhältnis zwischen VPOD und Bundespersonalverband

Der Schweizerische Verband des Personals öffentlicher Dienste (VPOD) erhielt im Juni 2022 eine neue Generalsekretärin. Die Delegiertenversammlung der Gewerkschaft wählte einstimmig Natascha Wey (sp, ZH). Als Generalsekretärin wird Wey operative Leiterin der Gewerkschaft, die 33'000 Mitglieder aus dem Service public zählt. Nötig geworden war die Wahl, weil der bisherige, seit 2008 amtierende Generalsekretär Stefan Giger in Pension ging. Präsidiert wird die Gewerkschaft weiterhin von Katharina Prelicz-Huber (gp, ZH), die seit 2010 im Amt ist.
Ihre Bewerbung als Generalsekretärin stellte die 40-jährige Wey unter das Motto «Raus aus der Defensive, rein in die Betriebe». Wie sie gegenüber dem Tages-Anzeiger erklärte, wolle sie sich für einen kämpferischen Kurs der Gewerkschaft einsetzen und bei Bedarf zu «mehr Protestaktionen und notfalls Streiks» greifen. Mit einem selbstbewussteren Auftreten hoffe sie auch den Mitgliederschwund des VPOD zu stoppen.
Wey hatte bereits seit 2015 als Zentralsekretärin beim VPOD gearbeitet, 2021 war sie zur stellvertretenden Generalsekretärin aufgestiegen. Schwerpunkte ihrer bisherigen Tätigkeit für den VPOD waren gemäss einer Medienmitteilung unter anderem die Belange des Wartungs- und Reinigungspersonals, eine bessere Organisation stark weiblich geprägter Branchen wie der Kinderbetreuung oder das Engagement für den Frauenstreik von 2019. Für die Gleichstellung hatte sich Wey 2016 bis 2020 auch als Co-Präsidentin der SP Frauen Schweiz eingesetzt. Ihr Mandat als Zürcher Gemeinderätin, das sie seit 2019 innegehabt hatte, gab Wey kurz nach ihrer Wahl zur VPOD-Generalsekretärin ab.

VPOD mit neuer Generalsekretärin

Der Bundespersonalverband (PVB) und der Schweizerische Verband des Personals öffentlicher Dienste (VPOD) begannen Ende 2021 mit der Vorbereitung eines Zusammenschlusses. Die Delegiertenversammlungen beider Gewerkschaften hatten davor jeweils einstimmig ihre zuständigen Gremien beauftragt, bis Ende 2023 die Entscheidungsgrundlagen für einen definitiven Beschluss über eine Fusion auszuarbeiten.
In einer gemeinsamen Medienmitteilung gaben die beiden Verbände an, dass sie schon seit vielen Jahren eng zusammenarbeiteten, in allgemeinen gewerkschaftspolitischen Fragen ähnliche Positionen verträten und ähnliche Strukturen unterhielten. Von einem Zusammenschluss erhofften sie sich eine Stärkung der Gewerkschaftsarbeit im Bereich des Service Public. Der VPOD vertritt rund 32'000 Mitglieder, die in der Verwaltung des Bundes, eines Kantons oder einer Gemeinde oder bei einem Unternehmen des Service Public angestellt sind. Der PVB ist mit gut 8’000 Mitgliedern der grösste Arbeitnehmendenverband im Bereich des Bundespersonals, der bundesnahen Betriebe und des ETH-Bereichs.

Verhältnis zwischen VPOD und Bundespersonalverband

Jahresrückblick 2020: Verbände

Verschiedene Branchenverbände befürchteten aufgrund der zur Eindämmung des Coronavirus verhängten Massnahmen drastische Folgen für die durch sie vertretenen Wirtschaftssektoren. Entsprechend forderten sie während des Lockdowns und danach bessere Kreditbedingungen oder Ausnahmeregelungen für ihre Branchen: Beispielsweise forderten die Verbände Hotelleriesuisse und Gastrosuisse vom Bundesrat einen Erlass der Covid-19-Kredite und eine rasche Wiedereröffnung der Restaurants und Bars; der Industrieverband Swissmem wollte, dass dringend benötigte Spezialistinnen und Spezialisten die verhängten Einreisesperren umgehen können. Unterstützt wurde die Forderung durch Economiesuisse. Beide Verbände erhofften sich zudem eine Abschaffung der Industriezölle, um Unternehmen finanziell zu entlasten.
Auch eine Forderung der Unia bezüglich des Lockdowns sorgte für Aufsehen. Weil gemäss der Gewerkschaft Arbeitnehmende in Industrie und Gewerbe während des Lockdowns nicht ausreichend geschützt waren – ein Banker könne etwa im Homeoffice arbeiten und dadurch die vom Bund empfohlenen Hygiene- und Abstandsregeln gut einhalten, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Industrie, im Detailhandel, im Gewerbe oder auf dem Bau müssten weiterhin ungeschützt ihren beruflichen Tätigkeiten nachgehen –, forderte Unia-Chefin Vania Alleva landesweit eine Schliessung von Baustellen und Betrieben, bis auch dort umsetzbare und greifende Schutzmassnahmen und -konzepte erarbeitet worden seien. Seitens der Tagespresse musste sich Alleva aufgrund der hohen Kosten, welche diese Massnahme für Industrie und Gewerbe mit sich gebracht hätte, teils scharfen Vorwürfen stellen.

Abseits von Corona ging das Verbandswesen seinen gewohnten Gang. So kam es beispielsweise zu Personalmutationen (nicht abschliessende Auflistung): Jacques Bourgeois trat Ende März nach fast zwei Jahrzehnten von seinem Amt als Direktor des Schweizerischen Bauernverbands (SBV) zurück und wurde von Martin Rufer abgelöst. Flavia Kleiner gab ihr Amt als Co-Präsidentin bei Operation Libero per 20. Juni ab, nachdem sie dieses seit der Gründung der Bewegung 2014 innegehabt hatte, zuletzt zusammen mit Laura Zimmermann. Ihre Nachfolge trat Stefan Manser-Egli an. Einen Wechsel gab es auch bei Economiesuisse, hier trat Christoph Mäder per 1. Oktober die Nachfolge des bis dahin amtierenden Economiesuisse-Präsidenten Heinz Karrer an. Karrer hatte zuvor zwölf Jahre im Vorstand des Wirtschaftsverbands geamtet, sieben davon als Präsident. Ebenfalls im Oktober wurde am Gewerbekongress in Freiburg der Tessiner Fabio Regazzi (cvp) als neuer Präsident des Schweizerischen Gewerbeverbandes (SGV) bestätigt, Diana Gutjahr (svp, TG) wurde in den Vorstand gewählt. Gemäss NZZ wäre die Wahl Gutjahrs anstelle Regazzis wünschenswert gewesen, denn sie, so analysierte die Zeitung, hätte unter anderem in Anbetracht der tiefen Frauenquote beim SGV frischen Wind in den Verband gebracht.

Ferner fanden 2020 mehrere Volksabstimmungen statt. Auch die Verbände nahmen zu den Anliegen Stellung und fassten Parolen.
Medienwirksam diskutiert wurde die von der AUNS zusammen mit der SVP lancierte Begrenzungsinitiative. Sowohl die grossen Wirtschaftsverbände – vertreten durch den SGV und Economiesuisse – als auch die Arbeitnehmerverbände – vertreten durch den Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB), Travail.Suisse sowie die Gewerkschaften Unia, Syna und VPOD – lehnten die Initiative ab. Ein besonders wichtiges Gegenargument war die Befürchtung einer Kündigung des Personenfreizügigkeitsabkommens mit der EU, die eine Annahme der Initiative womöglich zur Folge gehabt hätte.
Die grossen Schweizer Wirtschaftsdachverbände Economiesuisse, der Schweizerische Arbeitgeberverband (SAV), der SGV sowie der SBV fassten ferner gemeinsam die Nein-Parole zur ebenfalls viel diskutierten Konzernverantwortungsinitiative, über die im November abgestimmt wurde. Diese verlangte, dass Unternehmen rechtlich belangt werden können, sollten diese oder ihre Tochterfirmen im Ausland gegen geltende Menschenrechte und Umweltstandards verstossen. Die Wirtschaft, so hiess es seitens der Verbände, stehe ohne Wenn und Aber zu den Menschenrechten und Umweltstandards, doch, so die Argumentation, würde eine Annahme der Initiative Betroffenen im Ausland kaum helfen, zu Rechtsunsicherheit führen und dabei die Schweizer Wirtschaft unter Generalverdacht stellen. Der Gegenvorschlag, welcher bei Ablehnung der Initiative in Kraft treten würde und anstelle von rechtlichen Konsequenzen mehr Transparenz forderte, genoss von den Verbänden Unterstützung. Eine noch grössere Anzahl an Verbänden und insbesondere NGOs stand hingegen für die Initiative ein: Amnesty International, Greenpeace, Swissaid oder die Gesellschaft für bedrohte Völker gehörten zu den Trägerorganisationen der Konzernverantwortungsinitiative. Die Operation Libero, die Unia, der WWF, Terre des Femmes, der SGB und zahlreiche weitere Umweltschutz-, Menschenrechts- und Arbeitsrechtsorganisationen sicherten dem Anliegen ihre Unterstützung zu.

Auch historische Jubiläen konnten im Coronajahr begangen werden: Die Dachorganisation für lokale und regionale Behindertenorganisationen Pro Infirmis feierte ihr 100-jähriges Bestehen; Economiesuisse konnte diese Zahl gar noch überbieten: Seit 150 Jahren gibt es den Dachverband der Schweizer Wirtschaft, wenngleich nicht immer in gleicher Form wie heute.

Zu Jahresbeginn erreichte der Anteil der Zeitungsberichte zum Thema «Verbände» gemessen an allen anderen 2020 durch Année Politique Suisse erfassten Berichte seinen höchsten Wert und sank dann, mit einem erneuten leichten Anstieg im Sommer, bis Ende Jahr deutlich ab. Am stärksten in den Medienberichterstattungen vertreten waren die Industrieverbände sowie die Gewerkschaften und Arbeitnehmerverbände. Ebenfalls öfters Thema der medialen Berichterstattung waren die Gewerbeverbände, wenig vertreten waren hingegen die Landwirtschaft und die übrigen Arbeitgeberverbände.

Jahresrückblick 2020: Verbände
Dossier: Jahresrückblick 2020

Der SGB und der Arbeitnehmerdachverband Travail.Suisse und damit einhergehend auch die grossen Gewerkschaften Unia, Syna und VPOD fassten im Februar 2020 die Nein-Parole zur Begrenzungsinitiative, wie der SGB per Medienmitteilung kommunizierte.
Die Initiative wolle den Lohnschutz aufweichen, die Arbeitsbedingungen verschlechtern und die Schweiz isolieren, so die Hauptargumente der ablehnenden Arbeitnehmerverbände. VPOD-Präsidentin Katharina Prelicz-Huber (gp, ZH) betonte zudem, für migrantische Arbeitskräfte drohe sich bei einer Annahme der Initiative die arbeitsrechtliche Situation besonders zu verschlechtern, da deren Rechte mit der Initiative geschwächt und sie so leichter ausgebeutet werden könnten.
Die Gewerkschaften kündigten mit der Parolenfassung ebenfalls eine grossangelegte Gegenkampagne an, die sodann in den Medien thematisiert wurde. Wie die Initiativgegnerinnen und -gegner bekannt gaben, planten sie, eine Abstimmungszeitung in jeden Schweizer Haushalt verschicken zu wollen. Damit würden die Gewerkschaften auf ein «bevorzugtes Kampagneninstrument der SVP» setzen, konstatierte der Tages-Anzeiger und titelte: «Gewerkschaften greifen SVP mit deren eigenen Mitteln an».
Aufgrund der Corona-Pandemie wurde die ursprünglich für Mai vorgesehene Abstimmung auf September verschoben, weshalb auch die Kampagne unterbrochen wurde. Im Juni gab der SGB schliesslich bekannt, die Kampagne gegen die Begrenzungsinitiative fortzuführen.

Gewerkschaften sagen Nein zu Begrenzungsinitiative

Die vom Bundesamt für Statistik jährlich publizierten Mitgliederzahlen der Schweizer Gewerkschaften zeigten, dass auch 2012 der Rückgang organisierter Arbeitnehmender nicht gestoppt werden konnte: Insgesamt waren 738 388 Personen Teil einer Gewerkschaft, rund 1% weniger als noch im Jahr zuvor. Bei einer nationalen Beschäftigungsquote von 4 146 600 im letzten Quartal 2012 ergibt sich daraus ein Brutto-Organisationsgrad von rund 18%. Es gilt allerdings zu beachten, dass in den Mitglieder-Angaben der Gewerkschaften jeweils auch Personen im Ruhestand angegeben werden: Der tatsächliche Organisationsgrad dürfte also etwas tiefer liegen. Grösste Dachgewerkschaft blieb der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB), welcher fast die Hälfte aller Gewerkschaftsmitglieder unter sich vereinigte: Dem SGB gehören Organisationen wie die Unia, der Schweizerische Verband des Personals öffentlicher Dienste (VPOD) oder die Gewerkschaft des Verkehrspersonals (SEV) an. Die zweite Dachorganisation der schweizerischen Arbeitnehmenden, Travail.Suisse, vertrat 2012 22,3% der organisierten Beschäftigten.

Mitgliederbewegungen der Schweizer Gewerkschaften

Beim Verband des Personals Oeffentlicher Dienste (VPOD) kam es zum Wechsel an der Verbandsspitze. Katharina Prelicz-Huber (gp, ZH) löste Christine Goll (sp, ZH) ab.

Verband des Personals Oeffentlicher Dienste (VPOD)

In ein Dilemma gerieten sowohl der SGB als auch Travail Suisse bei der Abstimmung über die Volksinitiative für ein Verbot des Exports von Kriegsmaterial. An sich war ihnen die von der politischen Linken unterstützte Initiative der GSoA nicht unsympathisch. Sie mussten aber auch die Ängste vor einem Stellenabbau in den direkt betroffenen Betrieben und ihren Zulieferern berücksichtigen. Beide Dachverbände entschieden sich daher für eine Freigabe der Stimme. Von den Unterverbänden des SGB empfahl die Unia, bei der auch die Angestellten der Maschinenindustrie organisiert sind, ein Ja und der VPOD, dem Arbeiter der staatlichen Rüstungsbetriebe angehören, ein Nein.

Volksinitiative für ein Verbot des Exports von Kriegsmaterial

Die drei zum SGB gehörenden und zusammen rund 83 000 Mitglieder zählenden Gewerkschaften VPOD (öffentliches Personal), Comedia (Druckereiberufe) und Gewerkschaft Kommunikation (GeKo, Post und Telekommunikation) haben ihre im Vorjahr angekündigten Fusionspläne begraben. Als Hauptgrund gaben sie die zu grossen Unterschiede bei den Strukturen und Bedürfnissen an. Die Spitzen der Comedia und der GeKo einigten sich, die Möglichkeit einer Vereinigung ohne den VPOD abzuklären.

VPOD Comedia Gewerkschaft Kommunikation

Die drei zum SGB gehörende Gewerkschaften VPOD (öffentliches Personal), Comedia (Druckereiberufe) und Gewerkschaft Kommunikation (Post und Telekommunikation) gaben im Frühjahr Fusionspläne bekannt. Ihre Leitungen beschlossen, das Projekt eines gemeinsamen Verbandes mit gut 80 000 Mitgliedern zu konkretisieren und Ende 2009 ihre Kongresse darüber entscheiden zu lassen. Der gut 11 000 Mitglieder zählende Bundespersonalverband trat im Berichtsjahr dem SGB als Vollmitglied bei.

VPOD Comedia Gewerkschaft Kommunikation

Die GBI und der SMUV, welche sich im Oktober 2004 zusammen mit der kleinen Dienstleistungsgewerkschaft Unia zur neuen Gewerkschaft Unia zusammenschliessen werden, nominierten ihre amtierenden Präsidenten, Renzo Ambrosetti und Vasco Pedrina, als Co-Präsidenten der neuen Organisation. Die Delegierten des VPOD beschlossen an ihrem Jahreskongress in Montreux (VD), dass sie vorläufig keine Beitrittsverhandlungen mit der Unia aufnehmen wollen.

Mitgliederbewegungen der Schweizer Gewerkschaften

Die Umstrukturierungen beim Bundespersonal (Verselbständigung der Regiebetriebe, neues Personalrecht) und die damit verbundene Diskussion um dessen Rechte und Stellung begünstigten die Einsicht in die Notwendigkeit eines Zusammenschlusses der Verbände der Beschäftigten beim öffentlichen Dienst. Die Delegierten des Eisenbahnerverbandes (SEV) erklärten sich grundsätzlich mit einer Vereinigung mit dem Verband des Personals öffentlicher Dienste (VPOD) einverstanden. Als zeitliche Perspektive wurde eine Fusion in rund fünf Jahren angegeben. Obwohl einige Westschweizer Sektionen gegen die Vereinigung mit dem von ihnen als zu wenig kämpferisch kritisierten SEV protestierten, stimmten auch die Delegierten des VPOD der Ausarbeitung eines Fusionsprojekts klar zu. Dabei wurde angekündigt, dass man auch die Gewerkschaft Kommunikation des Post- und Telekommunikationspersonals für die neue Organisation gewinnen wolle.

Bereits fusioniert haben die im CNG organisierten Verbände des Bundespersonals. Am 29. November fand in Interlaken (BE) der Gründungskongress für die rund 20'000 Mitglieder zählende Gewerkschaft «transfair» statt, welche die ehemaligen Organisationen ChPTT, Christliche Gewerkschaft Verkehr-Militär-Zoll und den Verband des christlichen Bundespersonals umfasst.

Fusionen von Gewerkschaften 1999