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  • Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV)

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  • Christlichnationaler Gewerkschaftsbund der Schweiz (CNG; Vorgänger travail.suisse)

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Nach mehrmaliger Verschiebung leitete der Bundesrat Anfang Februar dem Parlament seine Botschaft zur 11. AHV-Revision zu. Die Vorlage stützte sich auf das 1998 einer Vernehmlassung unterzogene erste Projekt, auf die Zwischenentscheide des Bundesrates von Ende März 1999 sowie auf eine neue Gesamtschau zur Weiterentwicklung der Sozialversicherungen bis zum Jahr 2025. Im Zentrum der Revision stehen die finanzielle Konsolidierung sowie die Anpassung an neue gesellschaftliche Realitäten. Durch Sparmassnahmen und Mehreinnahmen soll die AHV/IV-Rechnung um rund CHF 1,2 Mrd. pro Jahr entlastet werden. Als Zusatzfinanzierung möchte der Bundesrat die Mehrwertsteuer ab 2003 um 1,5 Prozentpunkte erhöhen (1% für die IV, 0,5% für die AHV). Wenn die Reserven des AHV-Ausgleichsfonds unter die Schwelle von 70% einer Jahresausgabe sinken, soll zur Ergänzung des bereits 1999 eingeführten „Demographieprozents“ ein weiterer halber Prozentpunkt zu Gunsten der AHV erhoben werden. Weitere Mehreinnahmen ergeben sich durch die Heraufsetzung des Beitragssatzes der Selbstständigerwerbenden und durch die Aufhebung des Freibetrags für erwerbstätige Rentnerinnen und Rentner. Einsparungen entfallen auf die Erhöhung des gesetzlichen Rentenalters der Frauen von 64 auf 65 Jahre, die schrittweisen Einschränkung des Anspruchs auf eine Witwenrente sowie auf den von zwei auf drei Jahre verlangsamten Teuerungsausgleich auf den Renten. Die rund CHF 400 Mio., die sich aus den Einsparungen durch das höhere Frauenrentenalter ergeben, werden für die Finanzierung eines sozial verträglich ausgestalteten flexiblen Altersrücktritts verwendet. Bis zuletzt hatte sich Bundesrätin Dreifuss für CHF 600 Mio. eingesetzt. Einige Wochen später vertrat der Bundesrat in seiner Botschaft zur Verwendung der überschüssigen Goldreserven der Nationalbank die Meinung, dass ein Teil davon zur sozialen Abfederung der 11. AHV-Revision im Bereich Rentenalter und Witwenrente eingesetzt werden könnte. Einen entsprechenden Antrag stellte er aber nicht, da es in einem ersten Schritt darum gehe, den legalen Rahmen für die Solidaritätsstiftung zu schaffen.

Die Vorschläge fanden in keinem parteipolitischen oder sozialpartnerschaftlichen Lager Zustimmung. Arbeitgeber- und Gewerbeverband lehnten sowohl die Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes als auch Zusatzleistungen für tiefere Einkommen beim flexiblen Altersrücktritt ab. Die FDP erklärte, sie würde der Flexibilisierung nur zustimmen, wenn diese kostenneutral ausgestaltet werde, während sich die SVP grundsätzlich dagegen stemmte. Gleich wie die FDP verlangte auch die CVP eine Gesamtschau sämtlicher Sozialversicherungen; nur wenn diese vorliege, sei sie überhaupt bereit, auf die Vorlage einzutreten. Ganz anders reagierte die SP. Sie sprach von einem schwer wiegenden Sozialabbau, der vor allem die Frauen treffe. Der SGB bezeichnete die Vorlage als unausgewogen; sie bringe nur den Ärmsten und den Reichsten etwas, den Normalverdienenden aber wenig bis nichts. Der CNG erachtete die Vorlage als generelle Demontage der AHV und drohte offen mit dem Referendum.

11. AHV-Revision (BRG 00.014)
Dossier: 11. AHV-Revision (1991-2004; 2005-2010)
Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter

Kurz vor Weihnachten stellte das EDI den zweiten Bericht der interdepartementalen Arbeitsgruppe Finanzierung der Sozialversicherung (IDA-FiSo-2) der Öffentlichkeit vor. Nachdem der erste Bericht die finanziellen Folgen der Weiterführung des geltenden Leistungssystems in den Jahren 2010 und 2025 dargestellt hatte, wurden mit dem zweiten Bericht die möglichen Aus-, Um- oder Abbauszenarien im Leistungsbereich dargestellt. IDA-FiSo-1 war im Vorjahr zum Schluss gelangt, dass im Jahre 2010 15,3 Mia. Fr. mehr nötig sind, um die heutigen Sozialleistungen inklusive Mutterschaftsversicherung zu finanzieren. Der Bundesrat hatte IDA-FiSo-2 daraufhin den Auftrag erteilt, anhand von drei Szenarien darzustellen, was getan werden müsste, um den Mehrbedarf auf 9 Mia. Fr. zu beschränken, welche Massnahmen die Fortführung des Status quo fordert und welche die Erhöhung der Ausgaben auf 18 Mia. Fr. Der IDA-FiSo-2-Bericht zeigte den Gestaltungsraum innerhalb der einzelnen Sozialversicherungszweige auf sowie die Auswirkungen für das ganze System, die Versicherten und die Wirtschaft. Bei allen Varianten wurde mit einem finanziellen Mehrbedarf gerechnet.

Sowohl die bürgerlichen Parteien und die Arbeitgeber auf der einen, als auch die SP und die Gewerkschaften auf der anderen Seite sahen sich von den Schlussfolgerungen des Berichtes in ihren Ansichten bestätigt. Die FDP fand, dass jetzt weder ein Ausbau noch die Schliessung von Lücken im sozialen Netz möglich sei. Sie forderte den Bundesrat auf, für die mittel- und langfristigen Aspekte der Finanzierung der Sozialwerke zu einem Gespräch am runden Tisch einzuladen. Die SVP verlangte ein Sanierungspaket, das auf der Leistungsseite zwingende Korrekturen vornehme. Die Arbeitgeber vertraten die Auffassung, dass nur das Szenario "gezielter Abbau" wirtschaftsverträglich sei, und dass im jetzigen Zeitpunkt die Einführung einer Mutterschaftsversicherung nicht zur Diskussion stehen könne. Gegen jeglichen Ausbau war auch der Schweizerische Gewerbeverband; er verlangte unter anderem ein einheitliches Rentenalter von mindestens 65 Jahren, eine Kürzung der Bezugsdauer bei der Arbeitslosenversicherung sowie Kostendämpfungen im Gesundheitswesen.

Ganz andere Schlüsse zogen SP und Gewerkschaften aus dem Bericht. Für die Sozialdemokraten zeigte dieser, dass kein Bedarf für Leistungsabbauszenarien im Sozialversicherungsbereich bestehe und auch ein Moratorium wirtschaftspolitisch nicht zu rechtfertigen sei. Aus dem Bericht sei zudem ersichtlich, dass die Politik in der Ausgestaltung der sozialen Schweiz der nächsten Jahrzehnte einen sehr grossen Spielraum habe. Für den Christlichnationalen Gewerkschaftsbund (CNG) stellte der Bericht eine gute Ausgangslage dar, um die Auseinandersetzungen über die künftige Ausgestaltung der Sozialwerke zu versachlichen. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) hingegen bezeichnete den Bericht als mangelhaft. Er liste unzählige Abbauvorschläge auf und beschränke sich dabei auf die Bezifferung der möglichen Einsparungen. Dabei hätten die Experten vergessen, die Folgen für die Betroffenen darzulegen. SP und SGB verlangten die rasche Realisierung der Mutterschaftsversicherung und der Ruhestandsrente.

Einmal mehr zwischen den Fronten versuchte sich die CVP zu positionieren. Die Partei sprach sich sowohl gegen den Abbau als auch gegen den Ausbau, sondern für den Umbau der Sozialversicherungen auf dem Niveau der heutigen Sozialleistungsquote sowie für eine Mutterschaftsversicherung aus. Sie kritisierte aber, die Arbeitsgruppe sei von zu optimistischen Arbeitslosenquoten (maximal 3,5%) ausgegangen. Sparpotential ortete sie in mehr Eigenverantwortung und in der Missbrauchsbekämpfung.

Drei-Säulen-Bericht/IDA FiSo

Um den Vorwurf abzuwenden, mit dem Referendum auch die Errungenschaften der 10. AHV-Revision zu gefährden, lancierten CNG und SGB mit Unterstützung der SP eine Volksinitiative "für die 10. AHV-Revision ohne Erhöhung des Rentenalters" ("Auffanginitiative"), mit welcher die Betreuungsgutschriften, das Rentensplitting und die vorteilhaftere Rentenformel gerettet werden sollen. Nach den Vorstellungen der Initianten könnte das Parlament nach Annahme der Initiative umgehend in einer Sondersession die unbestrittenen Neuerungen der 10. AHV-Revision wieder aufnehmen und in Kraft setzen.

Eidgenössische Volksinitiative "für die 10. AHV-Revision ohne Erhöhung des Rentenalters" (BRG 97.008)
Dossier: 10. Revision der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV; 1980-1998)
Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter

Wegen der progressiven Anhebung des Rentenalters der Frauen ergriffen der Christlich-nationale Gewerkschaftsbund (CNG) und der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) gegen die 10. AHV-Revision das Referendum, wobei Ende Jahr bereits feststand, dass dieses mit weit über 100'000 Unterschriften zustande kommen wird. Die mit dem SGB eng verbundene SP zeigte sich in dieser Angelegenheit gespalten. Die Geschäftsleitung unter Präsident Bodenmann stellte sich hinter das Referendum, der Parteivorstand hingegen wollte die positiven Aspekte der Revision - Rentensplitting, Erziehungs- und Betreuungsgutschriften - nicht gefährden und sprach sich dagegen aus. Die Partei beschloss schliesslich, der SP-Basis diesen schwierigen Entscheid anfangs 1995 in einer Urabstimmung zu unterbreiten, der ersten seit 1921, als sich die Genossinnen und Genossen für oder gegen einen Beitritt zur 3. Internationalen zu entscheiden hatten.

10. AHV-Revision (BRG 90.021)
Dossier: 10. Revision der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV; 1980-1998)
Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter

Um einen neuen Ausbau der ausgesprochen populären Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) – und in ihrem Gefolge auch der Invalidenversicherung (IV) – erhob sich ein wahrer Wettlauf unter den verschiedenen politischen Gruppen. Der Christlichnationale Gewerkschaftsbund lancierte im Januar 1966 eine Initiative zur Revision von Art. 34 quater BV, die einerseits die jährliche Anpassung der AHV- und IV-Renten an die Teuerung sowie an die Entwicklung des Volkseinkommens postulierte und als Ausgangspunkt gleich eine Erhöhung der Renten um einen Drittel vorsah, anderseits die Arbeitgeber zur Einrichtung paritätischer Zusatzversicherungen mit Freizügigkeitsgarantie verpflichten wollte; das Begehren wurde im August mit 169'399 Unterschriften eingereicht.
Wenn dieser Vorstoss mit seiner Forderung nach einer Indexrente, ja nach einer sogenannten dynamischen Rente – bei der über den Teuerungsausgleich hinaus eine Anpassung an die Zunahme des Sozialprodukts gewährt wird –, sowie mit seiner Annäherung an das System der Volkspension nach nordischem Muster den Akzent auf eine Strukturreform legte, so konzentrierte sich der Schweizerische Gewerkschaftsbund im Februar mit einem Schreiben an den Bundesrat auf den unmittelbaren Teuerungsausgleich unter Zurückstellung aller übrigen Gesichtspunkte; die Sozialdemokratische Partei der Schweiz sekundierte und präzisierte kurz darauf dieses Postulat in einer eigenen Eingabe, in der sie eine 10-prozentige Rentenerhöhung auf Anfang 1967 vorschlug.
Rentenindexierung und Volkspensionsprinzip stiessen in der Partei wie im Gewerkschaftsbund auf Kritik; dabei wurde geltend gemacht, dass ein starres Indexsystem Realwerterhöhungen erschweren könne und eine Volkspension ein Vielfaches an Beiträgen erfordern würde. Beide Organisationen unterbreiteten aber dem Bundesrat am Jahresende auch einen Vorschlag für eine weitergreifende Revision, den sie von einer gemeinsamen Kommission hatten ausarbeiten lassen; dieser ging einerseits auf eine Erhöhung der AHV-Renten um rund 40 Prozent und auf eine Reduktion der gesetzlichen Überprüfungsfrist für die Rentenanpassung von fünf auf drei Jahre aus, anderseits auf eine Heraufsetzung der Beiträge der Versicherten wie der Arbeitgeber um 25 Prozent und auf eine mindestens im gleichen Verhältnis stehende Erhöhung der staatlichen Zuwendungen.
In ähnlicher Richtung bewegten sich die Postulate der Vereinigung schweizerischer Angestelltenverbände; diese wünschte den Teuerungsausgleich bei den Renten sogar schon für 1966, behielt sich aber die Prüfung weitergehender Verbesserungen noch vor.
Dagegen verlangte ein Komitee «Gesichertes Alter», dem Exponenten verschiedener Parteien und Arbeitnehmerverbände angehören, neben einer 13. Monatsrente für 1966 einen automatischen Teuerungsausgleich bei AHV-Renten und -Ergänzungsleistungen für die Zukunft.
Für eine Weiterentwicklung der AHV sprach sich schliesslich der schweizerische freisinnig-demokratische Parteitag aus; in seinen Thesen wurde ausser einer 10-prozentigen Rentenerhöhung auf Anfang 1967 und einer Verkürzung der Überprüfungsfrist auf drei Jahre insbesondere die Förderung des Baues von Alters- und Invalidenwohnungen durch niedrig verzinsliche Darlehen aus dem Ausgleichsfonds der AHV postuliert.
Der Zentralverband der Arbeitgeberorganisationen und die Schweizerische Handelskammer lehnten dagegen jede Rentenerhöhung, die über den Rahmen der bereits verfügbaren Mittel hinausginge, ab.

Vorschläge aus dem Jahr 1966 für einen Teuerungsausgleich bei der AHV

Der Christlichnationale Gewerkschaftsbund lancierte im Januar 1966 eine Initiative zur Revision von Art. 34 quater BV, die einerseits die jährliche Anpassung der AHV- und IV-Renten an die Teuerung sowie an die Entwicklung des Volkseinkommens postulierte und als Ausgangspunkt gleich eine Erhöhung der Renten um einen Drittel vorsah, anderseits die Arbeitgeber zur Einrichtung paritätischer Zusatzversicherungen mit Freizügigkeitsgarantie verpflichten wollte; das Begehren wurde im August mit 169'399 Unterschriften eingereicht.
Dieser Vorstoss legte mit seiner Forderung nach einer Indexrente, ja nach einer sogenannten dynamischen Rente – bei der über den Teuerungsausgleich hinaus eine Anpassung an die Zunahme des Sozialprodukts gewährt wird –, sowie mit seiner Annäherung an das System der Volkspension nach nordischem Muster den Akzent auf eine Strukturreform.

Initiative des CNG für eine Anpassung der AHV- und IV-Renten an die Teuerung