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  • Verband Schweizerischer Assistenz- und Oberärztinnen und-ärzte (VSAO)
  • Berufsverband der Haus- und Kinderärztinnen Schweiz (mfe)

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Gut sechs Jahre, nachdem das Postulat Humbel (cvp, AG) für die Entlastung der Krankenversicherung von ungerechtfertigten Kosten angenommen worden war, legte der Bundesrat seinen Bericht vor. Konkret ging es um die Frage, welche Kosten der OKP durch Arztbesuche aufgrund von Arztzeugnissen, welche die Arbeitgebenden nach kürzester Zeit verlangten, entstehen.
Der Bundesrat erachtete es als schwierig, die Kostenfolgen durch entsprechende Zeugnisse abzuschätzen. Das Ausstellen eines Zeugnisses sei nur ein Nebenaspekt der Behandlung und werde folglich in der Rechnungsstellung nicht als Kostenpunkt vermerkt. Zudem werde nirgends zwischen notwendigen, sinnvollen und nicht notwendigen, nicht sinnvollen Behandlungen unterschieden. Bei einer Umfrage durch das BAG schätzte Santésuisse die entsprechenden vermeidbaren Kosten auf CHF 200 Mio. pro Jahr (0.6% der OKP-Bruttokosten), Curafutura und der Haus- und Kinderärzteverband MFE konnten keine entsprechenden Schätzungen abgeben. Dieselbe Umfrage ergab, dass die meisten Arbeitgebenden nach drei Tagen ein Arbeitszeugnis verlangten, üblich seien aber auch Regelungen zwischen einem und fünf Tagen. Santésuisse schätzte denn auch das Einsparpotenzial einer Regelung, gemäss der Arbeitgebende erst nach fünf Tagen ein Arbeitszeugnis verlangen könnten, auf CHF 100 Mio. pro Jahr. Dieser Betrag lasse sich jedoch aufgrund der Franchisen nicht 1:1 auf die OKP übetragen, gab der Verband zu bedenken. Heute bestehe weder im OR noch im Arbeitsgesetz eine Regelung zum Arztzeugnis, wurde im Bericht weiter ausgeführt; stattdessen werde dies jeweils im Arbeitsvertrag oder im Gesamtarbeitsvertrag geregelt.
Diskutiert wurden auch verschiedene Möglichkeiten zur Änderung der bisherigen Regelung: Eine Kostenübernahme durch die Versicherten kritisierte MFE mit der Befürchtung, dass Arbeitnehmende damit seltener oder später zum Arzt gingen, wodurch sich das Ansteckungsrisiko für andere Personen erhöhe oder sich die Krankheit verschlimmere, was eine lange Arbeitsunfähigkeit nach sich ziehen könnte. Eine Übernahme der Zeugniskosten durch die Arbeitgebenden lehnten SAV und SGV ab und auch eine Aufteilung der Kosten, bei der die Patientinnen und Patienten für den Arztbesuch, die Arbeitgebenden für das Arztzeugnis aufkommen würden, bezeichnete der SAV als «weder denkbar noch angemessen», während der SGV auf Kostenfolgen von mehreren Tausend Franken pro Jahr für die Unternehmen verwies. Eine Festsetzung der Zeugnispflicht auf den vierten Tag lehnte der SAV wiederum ab, weil er einerseits ungerechtfertigte Absenzen befürchtete und ein zu einem früheren Zeitpunkt erstelltes Arztzeugnis oft für die Kostenübernahme der Taggeldversicherung nötig sei. Den Vorschlag von MFE, diese Frage neu im OR zu regeln, lehnte wiederum der Bundesrat aus formellen Gründen ab: Eine entsprechende Regelung sei untypisch für das OR, ihre Aufnahme brauche daher wichtige Gründe. Man solle entsprechend nicht das Gesetz, sondern die Vertragspraxis ändern. Zusammenfassend erklärte der Bundesrat, dass eine Übernahme der Kosten von Akteuren ausserhalb der OKP zu wenig Kosteneinsparungen, aber zu zahlreichen Folgeproblemen führen würde, und empfahl daher mangels Alternativen, dass die OKP die Kosten auch zukünftig übernehmen solle.

Einholen von Arbeitsunfähigkeitszeugnissen (Po. 13.3224)

Im Oktober 2020 wurde der Ergebnisbericht zur Vernehmlassung des indirekten Gegenvorschlags zur Organspende-Initiative, welche vom 13. September bis zum 13. Dezember 2019 gedauert hatte, veröffentlicht. Insgesamt hatten 81 Akteurinnen und Akteure Stellung genommen, wobei sich mit 53 von ihnen ein Grossteil der Vernehmlassungsteilnehmenden vollumfänglich oder grundsätzlich zustimmend zum Gegenvorschlag aussprachen. Zu ihnen gehörten 21 Kantone, die beiden Parteien GLP und GPS sowie dreissig Organisationen, darunter auch Swisstransplant, eine Unterstützerin der Volksinitiative. Explizit abgelehnt wurde die Vorlage von 16 Vernehmlassungsteilnehmenden. Als Gründe für die ablehnende Haltung wurden die Befürwortung der Volksinitiative (JU), des Erklärungsmodells (LU, CVP, EVP, CBCES, EKS, MERH_UZH, NEK) oder der parlamentarischen Initiative Nantermod (fdp, VS; pa.Iv. 18.443; FDP), aber auch die zu enge Zustimmungslösung (ÄPOL) und der Wunsch nach Beibehaltung der aktuell gültigen erweiterten Zustimmungslösung (HGS) aufgeführt. Weitere Argumente gegen den indirekten Gegenvorschlag liessen sich auf ethische Bedenken (SH, HLI, MIGUNIBE, SPO) oder auf die Forderung zurückführen, dass die Vorlage Teil eines Gesamtprojekts zur Einwilligung in der Gesundheits- und Humanforschung sein sollte (Privatim). Weder eine zustimmende noch eine ablehnende Haltung nahmen aus diversen Gründen zehn Vernehmlassungsteilnehmende ein (BL, TG, iEH2, SPS, BDP, SVP, GDK, insieme, SBK und SGG). Der SAV, santésuissse und der SSV verzichteten auf eine Stellungnahme.

Positiv aufgenommen wurde von der Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden die geplante Einbindung der Angehörigen. In diesem Zusammenhang kam denn auch mehrfach die Forderung auf, dass eine Organentnahme nur zulässig sein soll, wenn die Angehörigen erreicht werden können. Auch die gesetzliche Verankerung eines Registers wurde grösstenteils befürwortet, wobei verschiedene Änderungsvorschläge eingingen. Einer von ihnen bestand darin, dass neben der Dokumentation des Widerspruchs auch eine Zustimmung festgehalten werden können sollte. Von verschiedenen Seiten wurde zudem der Wunsch geäussert, dass der Stiftung Swisstransplant die Registerführung zukommen soll, weil sie bereits über ein Register verfüge. Ferner wurde der Information der Bevölkerung über das Widerspruchsmodell ein hoher Stellenwert beigemessen.

Organspende-Initiative und indirekter Gegenvorschlag (BRG 20.090)
Dossier: Transplantation von Organen, Geweben und Zellen

Im Mai 2020 legte der Bundesrat dem Parlament die Änderung des KVG bezüglich der Vergütung des Pflegematerials vor. Ziel der Vorlage war es, in Übereinstimmung mit einer Motion der SGK-NR (Mo. 18.3710) eine einheitliche Vergütung für Pflegematerial, das von der betroffenen Person selbst oder von Laien angewendet wird, und von Pflegematerial, das von Pflegefachpersonen angewendet wird, einzuführen. 2017 hatte das Bundesverwaltungsgericht die Position des Bundesrates bestätigt, wonach gemäss dem bestehenden Gesetz die von Pflegefachpersonen verwendeten Materialien Bestandteil der Pflegeleistung seien und nicht separat verrechnet werden dürften. Die von den Versicherten selbst angewendeten Materialien seien hingegen separat von der OKP zu übernehmen.
Neu sollen die Materialien in drei Kategorien gegliedert werden: Die Kategorie A enthält einfache Verbrauchsmaterialien mit direktem Bezug zu den Pflegeleistungen (z.B. Handschuhe) sowie Material und Gegenstände zum Mehrfachgebrauch für verschiedene Patientinnen und Patienten (z.B. Blutdruckmessgeräte), diese sollen auch zukünftig gemäss den Regeln der Pflegefinanzierung von OKP, Versicherten und Kantonen bezahlt werden. Zur Kategorie B gehören Mittel und Gegenstände für die Untersuchung oder Behandlung einer Krankheit gemäss MiGeL (z.B. Verbandmaterial), diese werden neu unabhängig von der anwendenden Person durch die OKP finanziert. Auch die Materialien der Kategorie C, Mittel und Gegenstände, die nicht von der versicherten Person selbst oder durch eine nichtberuflich mitwirkende Person verwendet werden können (z.B. Heimventilation), werden von der OKP übernommen.
Die Vorlage soll eine Entlastung für Gemeinden und Kantone in der Höhe von jährlich CHF 65 Mio. mit sich bringen und stattdessen die Gesamtkosten der OKP um 0.2 Prozent erhöhen. Da die Höhe des Bundesbeitrags an die Prämienverbilligung 7.5 Prozent der OKP-Bruttokosten beträgt, steigt auch der entsprechende Bundesbeitrag um CHF 4.9 Mio.

Zwischen Dezember 2019 und Februar 2020 fand die Vernehmlassung zur Vergütung des Pflegematerials statt. Dabei gingen 126 Stellungnahmen ein. Die Kantone und mit ihnen die GDK sowie die Leistungserbringenden sprachen sich für die Änderung aus. Auch die CVP, EVP, FDP, GLP und SP zeigten sich mehrheitlich zufrieden, äusserten jedoch teilweise Vorbehalte, insbesondere bezüglich der Kostenverlagerung zur OKP. Die SVP lehnte die Vorlage ab, da sie dadurch eine Mengenausweitung ohne qualitative Verbesserung der Pflegeleistungen befürchtete. Auch die Versichererverbände lehnten die Vorlage ab, da sie die höheren Kosten fürchteten.

In der Herbstsession 2020 behandelte der Nationalrat die Vorlage. Hatte sich die SVP im Rahmen der Vernehmlassung als einzige Partei noch gegen die KVG-Änderung ausgesprochen, stimmte auch sie der Gesetzesänderung nun zu: Einstimmig mit 189 zu 0 Stimmen nahm der Nationalrat die Vorlage an.

Änderung des KVG bezüglich Vergütung des Pflegematerials (BRG 20.046)
Dossier: Änderungsvorschläge zur Mittel- und Gegenständeliste (MiGeL)

Les services hospitaliers faisant face à une augmentation soutenue de cas de maladies due au Covid-19, le Conseil fédéral a décidé de suspendre les prescriptions légales sur le temps de travail et de repos de la loi sur le travail (LTr) les concernant. L'Union syndicale suisse (USS), le Syndicat des services publics (SSP), l'Association suisse des médecins assistants et chefs de clinique (asmac), l'Association suisse des infirmiers et infirmières (ASI), Travail.Suisse et Syna – déplorant la décision unilatérale et sans consultation du Conseil fédéral – ont lancé une pétition en ligne pour que le Conseil fédéral revienne sur sa décision. Une rencontre avec les milieux hospitaliers et les partenaires sociaux a été prévue pour assurer la protection du personnel médical. La conseillère nationale Manuela Weichelt-Picard (verts, ZG) a déposé une initiative parlementaire (20.416) pour mettre fin à la suspension des dispositions sur le temps de travail et de repos.

Extension des horaires pour le personnel hospitalier luttant contre le coronavirus

Dans le cadre du projet de libéralisation du temps de travail, la CER-CE a auditionné les organisations du monde du travail (Ortra), les milieux patronaux et médicaux. Elle a décidé de suspendre son examen, afin d'analyser si la flexibilisation du temps de travail dans certaines branches pourrait se faire par le biais de l'Ordonnance 2 relative à la loi sur le travail (LTr), plutôt que par une révision de la loi. Cette solution permettrait d'intégrer les partenaires sociaux en faveur d'une flexibilité au processus et de répondre aux besoins spécifiques des branches concernées. Le projet ne figurera donc pas au programme de la session de printemps.

Flexibilité partielle dans la loi sur le travail (Iv.pa. 16.414)
Dossier: Revision des Arbeitsgesetz (ArG)
Dossier: Arbeitszeitliberalisierung

An der Vernehmlassung zum ersten Massnahmenpaket zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen zwischen September und Dezember 2018 beteiligten sich 150 Einheiten und Organisationen, darunter alle Kantone, die sieben grossen nationalen Parteien, der Städte- und der Gemeindeverband, Dachverbände der Wirtschaft, Konsumenten-, Patienten-, Leistungserbringenden- sowie Versichererverbände. Entsprechend breit war trotz Lobes für die Bemühungen des Bundesrates zur Kostensenkung auch die Kritik an dem neuen Projekt. Insbesondere wurde vor Wechselwirkungen mit anderen Revisionen, vor Finanzierungs- oder Versorgungsproblemen sowie vor einer verstärkten Bürokratisierung oder staatlichen Steuerung gewarnt, wie das BAG in seinem Ergebnisbericht erklärte.

Erstes Massnahmenpaket zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen (BRG 19.046)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)

Anfang Februar 2018 veröffentlichte das Fedpol den Ergebnisbericht der Vernehmlassung zur Übernahme der geänderten EU-Waffenrichtlinie. Nebst den zahlenmässig sehr gut vertretenen Schützen- und Waffenkreisen – darunter der schweizerische Schiesssportverband (SSV), der schweizerische Büchsenmacher- und Waffenfachhändlerverband (SBV), ProTell, Legalwaffen Schweiz (LEWAS) und Jagd Schweiz – befanden sich auch alle Kantone, sieben nationale und drei kantonale Parteien, die KKJPD und die RK MZF, Economiesuisse, der schweizerische Gewerbeverband (SGV), der schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) und der schweizerische Städteverband unter den insgesamt 2205 Vernehmlassungsteilnehmenden. Davon sprachen sich der SSV und jene 2055 Stellungnehmenden, die sich dessen Stellungnahme angeschlossen hatten – darunter insbesondere Jagd Schweiz und die Aktion «Finger weg vom Schweizer Waffenrecht!», aber auch eine Vielzahl von Schützenvereinen und Privatpersonen – sowie der SBV, ProTell, LEWAS, die AUNS, die Gruppe Giardino, das Centre Patronal, der SGV, Swiss Olympic und zahlreiche weitere Schützen-, Waffensammler- und militärnahe Organisationen dezidiert gegen die geplante Änderung des Waffengesetzes aus. Einen grundsätzlich ablehnenden Standpunkt vertraten zudem auch die SVP Schweiz, ihre Sektionen Neuenburg, Jura und Valais Romand sowie die Kantone Nidwalden und Schwyz. Neun Kantone gaben zu verstehen, dass sie zwar die Ziele der EU-Waffenrichtlinie unterstützten, die vorgesehenen Änderungen am Waffengesetz aber ablehnten, da sie keinen genügenden Beitrag zur Bekämpfung von Waffenmissbrauch leisteten. Demgegenüber erklärte sich die Mehrheit der Kantone mit den Neuerungen grundsätzlich einverstanden. Insgesamt positiv beurteilt wurde der Entwurf auch von der BDP, der GLP, der FDP, der SP und den Grünen – wobei die letzteren beiden ausdrücklich bedauerten, dass er keine weitergehenden Massnahmen umfasste. Ebenso überwiegend befürwortend äusserten sich u.a. die KKJPD, die RK MZF, Economiesuisse, der Städteverband, die FER, der SGB, die GSoA, Terre des Hommes Schweiz, der schweizerische Friedensrat, die Frauen für den Frieden Schweiz, die Evangelischen Frauen Schweiz, die Haus- und Kinderärzte Schweiz und die schweizerische Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie. Unter den zustimmenden Stellungnahmen ausdrücklich positiv hervorgehoben wurden das Ziel, den Waffenmissbrauch zu bekämpfen bzw. den Zugang zu halbautomatischen Waffen einzuschränken, sowie die Vorteile der Schengen-Assoziierung für die Schweiz. Ansonsten äusserte sich die Zustimmung zur Vorlage hauptsächlich durch die Abwesenheit von Kritik.

An Letzterer wurde jedoch nicht gespart. Anlass dazu boten neben den einzelnen Bestimmungen des Waffengesetzes und deren konkreter Ausgestaltung vor allem die Stossrichtung der Revision im Allgemeinen. In der Schweiz, wo das Recht auf Waffenbesitz ein Aspekt der Unabhängigkeit und Souveränität des Staates sei, manifestiere sich im liberalen Waffenrecht der gegenseitige Respekt zwischen Staat und Bürgern, weshalb Verschärfungen nicht angebracht seien, argumentierten etwa ProTell, der SSV die RK MZF, die SVP sowie fünf Kantone (AI, AR, GL, SG, OW). Des Weiteren wurden die Entwaffnung der Bürger und schwere (Ruf-)Schäden für das Schweizer Schiesswesen befürchtet. Problematisch am Vorhaben sei ausserdem, dass darin Regelungen vorgesehen seien, die in der jüngeren Vergangenheit vom Volk abgelehnt worden waren. So komme die Registrierungspflicht für rechtmässig erworbene, aber neu verbotene halbautomatische Feuerwaffen einer Nachregistrierung gleich und der für den Erwerb einer solchen Waffe künftig erforderliche Nachweis einer Mitgliedschaft in einem Schiessverein bzw. alternativ des regelmässigen Gebrauchs der Waffe für das sportliche Schiessen erinnere zu stark an eine Bedürfnisklausel. Beide Massnahmen waren 2011 bei der Volksabstimmung über die Initiative gegen Waffengewalt abgelehnt worden – ein Umstand, den ausser Schützen- und Waffenkreisen auch die SVP und vier Kantone (AR, GE, SZ, TI) betonten. Von verschiedenen Seiten wurde zudem die fehlende Verhältnismässigkeit der Vorlage bemängelt. Während Angehörige der Waffenlobby ausführten, dass mit dem Entwurf eher die legalen Waffenbesitzer bestraft als Terroranschläge verhindert würden, äusserten sich zahlreiche Kantone und die CVP dahingehend, dass trotz erheblichen bürokratischen Mehraufwandes kaum ein Sicherheitsgewinn resultiere. Entgegen der Ankündigung des Bundesrates befanden der SSV, der SBV und ProTell den Umsetzungsvorschlag nicht für «pragmatisch» und die CVP sowie die grosse Mehrheit der Kantone bezweifelten, dass der Bundesrat den Handlungsspielraum bei der Umsetzung vollständig ausgeschöpft habe. Schützenkreise wiesen überdies auf eine hängige Klage am EuGH hin, in der die Tschechische Republik die Rechtmässigkeit der neuen EU-Waffenrichtlinie angefochten hatte, weil die Terrorabwehr den Einzelstaaten obliege und gar nicht in die Zuständigkeit der EU falle. Die Schweiz solle diesem Urteil nicht vorgreifen und das Waffenrecht nicht vorschnell anpassen.

Inhaltlich sei der Entwurf hinsichtlich zentraler Begrifflichkeiten – beispielsweise der Definitionen von «Faustfeuerwaffe» und «Handfeuerwaffe» – zu wenig präzise und überlasse zu viele Klärungen dem Verordnungsgeber, was Rechtsunsicherheit mit sich bringe. In diesem Zusammenhang forderten der SSV, der SBV, ProTell, LEWAS, der Städteverband sowie neun Kantone den Bundesrat auf zu definieren, was «Regelmässigkeit des sportlichen Schiessens» bedeute. Die Notwendigkeit einer solchen Präzisierung zeigte sich bereits in den unterschiedlichen Vorstellungen des Begriffs, welche die Vernehmlassungsantworten offenbarten: Hielten der SBV und ProTell einmal in fünf Jahren für eine angemessene Regelmässigkeit, sahen die Kantone Neuenburg, Tessin, Waadt und Wallis eine ausreichende Regelmässigkeit ab einer zweimaligen Nutzung pro Jahr gegeben. Ganz konkrete Kritik betraf darüber hinaus die vorgesehene Unterscheidung von Waffenkategorien anhand der Magazinkapazität. Diese sei kein Indikator für die Gefährlichkeit einer Waffe und die Regelung daher nicht nachvollziehbar; stattdessen wäre eine Unterscheidung anhand des Kalibers, des Munitions-Typs und einer allfälligen Serienfeuer-Möglichkeit zu diesem Zweck dienlicher. Da Magazine zum Teil waffentypübergreifend eingesetzt und separate Magazine bewilligungsfrei erworben werden könnten, sei die Regelung leicht zu umgehen und Missbrauch schwer zu verhindern, stellten mehrere Kantone fest. Die Skepsis der Waffenlobby sowie des Kantons Schwyz weckte zudem die Pflicht für Waffensammler, den Zweck der Sammlung offenzulegen. Der Mensch sei seit jeher ein Sammler, wie es ProTell ausdrückte, und viele Sammlungen dienten keinem besonderen Zweck ausser der Freude am Objekt selbst, weshalb eine solche Bestimmung verfehlt sei. Die Kritik am Entwurf beschränkte sich jedoch nicht darauf, dass er zu viele Einschränkungen vorsehe; an einigen Stellen wurde auch bemängelt, dass die Regelungen zu wenig weit gingen. So schlugen beispielsweise die SP, die GLP und fünf Kantone (NE, TI, VD, VS, GE) vor, es sei auch von Eigentümern von Ordonnanzwaffen ein Nachweis zu verlangen, dass sie die Waffe regelmässig für den Schiesssport verwendeten.

Auch lehnten nicht alle Kritiker der Waffenrechtsanpassung ebenso die Genehmigung des Notenaustausches mit der EU ab. Der Notenaustausch ist im Grunde genommen das Verfahren zur Übernahme eines weiterentwickelten Rechtsakts, der dem Schengen-Besitzstand angehört. Nachdem die EU der Schweiz am 31. Mai 2017 die neue Waffenrichtlinie als Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstandes notifiziert hatte, versicherte der Bundesrat in seiner Antwortnote vom 16. Juni 2017 der EU, dass die Schweiz die Richtlinie – vorbehaltlich der parlamentarischen Genehmigung – innerhalb einer Frist von zwei Jahren übernehmen und umsetzen werde. Die SVP, der SSV und LEWAS waren der Meinung, die Schweiz könne der EU mitteilen, die Waffenrichtlinie zu übernehmen – wozu sie als Vertragsstaat von Schengen/Dublin verpflichtet ist –, ohne dafür die Schweizer Rechtslage anpassen zu müssen. Sie hielten das Schweizer Waffenrecht für den Anforderungen der EU-Richtlinie dem Sinn nach entsprechend und sahen darum keinen Bedarf für eine Änderung des Schweizer Waffenrechts, auch wenn der Notenaustausch genehmigt würde. In die gleiche Richtung äusserte sich auch die CVP, welche die Frage stellte, ob das geltende Waffengesetz keine ausreichende Grundlage darstelle, um die Ziele der EU-Waffenrichtlinie weitgehend zu erfüllen. ProTell und der Kanton Schwyz lehnten indes auch die Genehmigung des Notenaustausches ab und forderten weitere Verhandlungen mit der EU.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

Im April 2017 beriet die SGK-NR einen Vorentwurf zur Umsetzung der parlamentarischen Initiative Borer (svp, SO) (übernommen von Brand (svp, GR)) zur Stärkung der Selbstverantwortung im KVG, gemäss welchem eine Wahlfranchise während dreier Jahre nicht gewechselt werden kann. Dadurch sollen kurzfristige Wechsel zur Grundfranchise bei bekannten anstehenden medizinischen Eingriffen verhindert und die Administrationskosten gesenkt werden. Ein Krankenkassenwechsel der Versicherer wäre unter Beibehaltung der Franchise weiterhin möglich. Die Kommission stimmte dem Vorentwurf mit 17 zu 6 Stimmen zu, eine Minderheit lehnte ihn ab, da dadurch Personen mit chronischen Erkrankungen schlechtergestellt würden. Zudem könnten den Versicherten so durch gesundheitliche oder finanzielle Schwierigkeiten grosse Probleme entstehen.
Im September 2017 schickte die SGK-NR den Vorentwurf in die Vernehmlassung. Dort stiess er bei der SVP, BDP und CVP, sechs Kantonen (AI, BL, NW, SG, UR, ZG), dem Gewerbeverband sowie einzelnen Leistungserbringern und Versicherern auf Zustimmung. Die FDP und GLP sowie vier Kantone (AG, GR, JU, ZH) stimmten zwar mehrheitlich zu, brachten aber auch Vorbehalte an. Die Befürworter lobten, dass die Vorlage die Eigenverantwortung der Versicherten sowie die Solidarität zwischen Gesunden und Kranken stärke und zur Kostensenkung beitrage. Sie brachten jedoch verschiedene Verbesserungsvorschläge ein: die Beibehaltung von einjährigen Wahlfranchisen mit Option auf mehrjährige Verträge; eine zwei- anstatt dreijährige Mindestdauer der Franchisen; eine jährliche Möglichkeit, in höhere Franchisen zu wechseln sowie eine vorgängige Analyse der Auswirkungen eines solchen Systemwechsels. Trotz ihrer Zustimmung äusserten sie Zweifel, ob durch diese Änderung wirklich ein Effekt der Kostendämpfung beobachtet werden könne. Womöglich würden dadurch mehr Personen die Grundfranchise wählen und sich in der Folge weniger kostenbewusst verhalten. Allenfalls würden die Versicherten dadurch auch mehr Sozialhilfe oder Prämienverbilligungen benötigen, wodurch die Kosten für die Kantone stiegen.
Elf Kantone (AR, BE, FR, GE, GL, NE, OW, SO, TG, TI, VD), die SP, die Grünen sowie zahlreiche Wirtschaftsverbände, Leistungserbringer, Versicherer, Konsumentenvertreter und andere Interessierte lehnten den Entwurf ab. Entweder bezweifelten sie die positive Wirkung der Vorlage auf die Selbstverantwortung der Versicherten, auf die Kosten oder auf den Aufwand für die Versicherer oder sie kritisierten die Einschränkungen der Wahlfreiheit der Versicherten und deren bereits sehr hohe Selbstbeteiligung.
Im April 2018 entschied die SGK-NR mit 11 zu 7 Stimmen bei 2 Enthaltungen, die Vorlage mit einer kleinen Änderung zu überweisen.

Pa. Iv. für eine dreijährige Vertragsdauer für alle besonderen Versicherungsformen (Franchisen, eingeschränkte Wahl usw.; Pa.Iv. 15.468)
Dossier: Krankenversicherung: Vorstösse zu Wahlfranchisen

Im Februar 2015 legte der Bundesrat seine Botschaft für eine Teilrevision des Krankenpflegeversicherungsgesetzes betreffend der Steuerung des ambulanten Bereichs vor. Ziel ist eine dauerhafte Lösung des Problems des Überangebotes von spezialisierten Ärztinnen und Ärzten in gewissen Regionen. Damit soll einerseits die Qualität der Gesundheitsversorgung gewährleistet, andererseits der Kostenanstieg in der obligatorischen Krankenversicherung abgeschwächt werden. Die per Ende Juni 2016 auslaufende temporäre Zulassungsbeschränkung für ambulante Leistungserbringer wird dadurch abgelöst. Herausstechendes Merkmal der Vorlage ist, dass sie die Verantwortung gänzlich in die Hände der Kantone legt: Diese erhalten die Möglichkeit zur Einschränkung der Zulassungen, sind dazu jedoch nicht verpflichtet. Als „so föderalistisch wie möglich" bezeichnete Bundesrat Berset den Vorschlag, mit dem auch der scharfen Kritik Rechnung getragen wurde, welche die Kantone in der Vernehmlassung gegenüber dem ursprünglichen Entwurf geäussert hatten. Die dort vorgesehenen Interventionsmöglichkeiten des Bundesrates bei den Tarifen sahen sie als Eingriff in die auf diesem Gebiet herrschende Kantonsautonomie. Die Vorlage soll nicht bloss der Verhinderung von Überversorgung mit medizinischen Leistungen dienen: Bereits heute verfügen viele Kantone über Fördermassnahmen zur Ansiedelung von Ärztinnen und Ärzten in Gemeinden, in denen eine Unterversorgung herrscht. Diese Massnahmen sollen durch die Revision eine rechtliche Grundlage erhalten. Beide Interventionsarten sollen die Kantone nicht alleine beschliessen können. Sie sind zur Konsultation einer aus Vertretungen der betroffenen Kreise zusammengesetzten Kommission verpflichtet, welche Versicherte, Leistungserbringerinnen und Krankenversicherer umfasst. Weil sowohl die Vertragsfreiheit als auch eine Beschneidung der freien Arztwahl bisher immer am Widerstand des Parlaments oder der Stimmbevölkerung gescheitert waren, erachtete der Bundesrat seinen Vorschlag als beste Lösung – sie sei somit mehrheitsfähig. Nichtsdestotrotz formierte sich bereits Widerstand auf bürgerlicher Seite, wo die Aufhebung der Vertragspflicht bevorzugt würde, und bei den Ärztinnen und Ärzten, welche einen Ärztemangel und einen erschwerten Berufseinstieg befürchteten.

Das Parlament versenkt in der Schlussabstimmung eine definitive Lösung im Rahmen des KVG für die Regelung der Zulassung von Ärztinnen und Ärzten. (BRG 15.020)
Dossier: Zulassungsbeschränkung für Ärztinnen und Ärzte (seit 1998)

Am 18. Mai 2014 wurde der Bundesbeschluss über die medizinische Grundversorgung, der direkte Gegenentwurf zur zurückgezogenen Volksinitiative „Ja zur Hausarztmedizin“, zur Abstimmung gebracht. Mit einem Ja-Stimmenanteil von 88% und sämtlichen zustimmenden Ständen war der Entscheid deutlich.
Die Vorlage war bereits im Vorfeld unbestritten, wodurch sich kein echter Abstimmungskampf ergab. Da sich das Parlament auf diesen Gegenvorschlag geeinigt hatte und die Initianten ihre Hausarzt-Initiative infolgedessen zurückzogen, war auch kein grösserer Widerstand zu erwarten. Im Gegenteil: einträchtig wurde verkündet, es gebe keinen Grund, den Gegenvorschlag abzulehnen. Ende Februar traten Gesundheitsminister Berset und der Präsident der Gesundheitsdirektorenkonferenz (GDK), Carlo Conti, vor die Medien und erörterten die Vorlage. Dabei unterstrich der Magistrat die Bedeutung einer qualitativ hochstehenden, medizinischen Grundversorgung in allen Regionen der Schweiz. Conti erkannte im Rückzug der Initiative eine Verpflichtung für die Politik und verwies auf den für die Behörden wichtigen Masterplan Hausarztmedizin. Auch er erachtete den Ausbau der Grundversorgung angesichts der demografischen Alterung als besonders bedeutend. Der Masterplan Hausarztmedizin war 2012 lanciert worden und wurde vom Eidgenössischen Department des Innern (EDI), von der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektoren (GDK), der Universitätskonferenz, dem Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) sowie den Ärzteverbänden und dem Initiativkomitee getragen. In ihm sind konkrete Massnahmen zur Förderung der Hausarztmedizin verankert, deren Umsetzungen bereits eingeleitet sind. Der Masterplan sichert den Hausärzten zusätzliche Einnahmen von CHF 200 Mio.

Trotz guter Vorzeichen – in einer ersten, vom Sonntags-Blick durchgeführten Umfrage gaben 48% der Befragten an, den Gegenvorschlag annehmen zu wollen, nur 19% waren dagegen – versammelten sich Anfang April rund 300 Ärztinnen und Ärzte in Aarau zu einer Kundgebung. Sie wollten auf den mangelnden Nachwuchs im Hausarztbereich aufmerksam machen und gleichzeitig für die bevorstehende Abstimmung werben. In den Trendumfragen der SRG wurden dem Anliegen ebenfalls gute Vorzeichen attestiert. In der ersten Welle waren 66% der Befragten dafür, in der zweiten Welle waren es gar 71%.

Immer wieder gegen den Verfassungsartikel äusserte sich indes der Zürcher SVP-Nationalrat Toni Bortoluzzi. Er kritisierte, dass der vorgeschlagene Artikel falsche Signale aussende: Es sei nicht Sache des Bundes, eine bestimmte Berufsgruppe attraktiv zu machen. Gleichwohl wurde von der Volkspartei selber vorerst keine Gegenkampagne geführt. Erst am 8. Mai, also nur zehn Tage vor der Abstimmung setzte sich ein Gegnerkomitee zusammen, in dem Bortoluzzi federführend war. Das Komitee warnte vor dem „entscheidenden Schritt zur Verstaatlichung des Gesundheitswesens“. Dem Komitee schlossen sich einige SVP-Politiker und etwa 20 Ärzte an. Tatsächlich hatte die SVP als einzige Partei die Nein-Parole ausgegeben. Wichtigstes Argument blieb, dass es keines Verfassungsartikels bedürfe, um die Grundversorgung sicherzustellen. Aus Kreisen des Gegnerkomitees wurde gar vor einer „Mogelpackung“ gewarnt: Man befürchte, dass die freie Arztwahl und der direkte Zugang zum Hausarzt nicht mehr gewährleistet seien.

Dieses Aufbäumen konnte den deutlichen Abstimmungserfolg jedoch nicht schmälern. Die zustimmenden 88% (Stimmbeteiligung: 55,8%) waren ein deutliches Zeichen. Entsprechend zufrieden zeigten sich die Befürworter. Der Volksentscheid hatte allerdings unerwartete Folgen: Andere Leistungserbringer, wie beispielsweise die Spitäler, meldeten nun auch entsprechende Begehrlichkeiten an und forderten eine Gleichbehandlung aller Ärzte. Der Spitalverband H+ teilte in einer Medienorientierung mit, dass die ambulanten und stationären Dienstleistungen der Spitäler ebenfalls zu den „tragenden Säulen der ärztlichen Grundversorgung“ gehörten. Ebenso könnten andere Berufsgruppen, wie Apotheker oder Physiotherapeuten solche Forderungen stellen. Entsprechend besorgt zeigte sich der Präsident des Pro-Komitees, Peter Tschudi, dem diese „Trittbrettfahrer“ ein Dorn im Auge waren. Seiner Auffassung nach sind die Spitäler keineswegs als Teil der Grundversorgung zu verstehen.


Abstimmung vom 18. Mai 2014

Beteiligung: 55,85%
Ja: 2 480 870 (88,1%)
Nein: 336 196 (11,9%)

Parolen:
– Ja: SP, CVP, FDP (2*), GPS (1*), BDP, GLP (*2), EVP; Travail.Suisse, FMH, H+, Berufsverband der Haus- und Kinderärztinnen Schweiz, SGB.
– Nein: SVP (8*).
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Die Vox-Analyse im Nachgang der Abstimmung führte zu Tage, dass die Hausarztvorlage recht deutlich im Schatten der anderen, an diesem Tag behandelten Vorlagen (Gripen, Pädophilie und Mindestlohn), stand. So wusste ein Drittel der Befragten nicht, worum es bei dieser Vorlage gegangen war. Wichtigste Motive der Ja-Stimmenden waren die Förderung der Hausärzte und die Sicherstellung der medizinischen Grundversorgung. Es wurde jedoch auch ein grosses Regierungsvertrauen festgestellt: 92% der Befragten, die dem Bundesrat grundsätzlich vertrauen, hatten hier Ja gestimmt. Als wichtigstes Nein-Argument wurde die „last-minute-Kritik“ des Gegenkomitees ermittelt, nämlich eine Ablehnung der Verstaatlichung. Dass das gegenwärtige System funktioniere und dass Hausärzte nicht bevorzugt werden sollen waren weitere, häufig genannte Gründe der Gegner.

Gegenentwurf „Ja zur Hausarztmedizin“

Der VSAO beschloss daraufhin, seinen Widerstand gegen den Ärztestopp auf die Kantone zu konzentrieren. Dort wurden trotz grundsätzlicher Zustimmung rasch Stimmen laut, welche die ganze Übung als „Rohkrepierer“ bezeichneten. Zwischen der Ankündigung und der Verabschiedung der Verordnung seien über zwei Monate verstrichen, welche die Jungärztinnen und Jungärzte ausgiebig zur Einreichung von vorsorglichen Praxisbewilligungen genutzt hätten. In den Monaten Mai und Juni registrierten die Kantonsbehörden rund dreimal so viele Gesuche wie in einem „normalen“ Jahr (ca. 1200 gegenüber rund 400). Zudem wurde kritisiert, die Massnahme visiere auch Berufskategorien an (beispielsweise freiberuflich Pflegende), bei denen schon heute Personalmangel herrsche. Auf Initiative der Ostschweizer Vertreter beschlossen die kantonalen Sanitätsdirektoren, den Zulassungsstopp einheitlich umzusetzen, um keinem „Praxistourismus“ Vorschub zu leisten; ausgeschlossen blieben alle nichtärztlichen Berufe. Die kantonalen Höchstzahlen wurden auf Wunsch einiger Kantone Ende Jahr noch etwas nach oben korrigiert. Der Verband der Zürcher Spezialärzte und -ärztinnen reichte beim Bundesgericht eine staatsrechtliche Beschwerde gegen den Zulassungsstopp ein.

1.Teilrevision des KVG (BRG 98.058)
Dossier: Zulassungsbeschränkung für Ärztinnen und Ärzte (seit 1998)
Dossier: 1. Teilrevision des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG; 1998-2002)
Dossier: Prämienverbilligung

Der Verband der Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte (VSAO) meldete umgehend heftigsten Widerstand gegen die geplante Massnahme an. Ab Mitte Mai wurden die Kantonsbehörden und Santésuisse geradezu mit Gesuchen von Schweizer Jungärztinnen und Jungärzten um die vorsorgliche Erteilung einer Praxisbewilligung und einer Zahlstellennummer überhäuft. Ende Juni demonstrierten rund 3000 Medizinerinnen und Mediziner mit Warnstreiks und Protestmärschen gegen die Absichten des Bundesrates. Der VSAO bezweifelte den kostendämpfenden Effekt und warf dem BSV vor, mit falschen Zahlen zu operieren. Unter dem Eindruck dieser Proteste distanzierte sich die FMH von ihrer früheren Zustimmung. Sie warnte vor einem Stau bei den Weiterbildungsstellen im Spital – mit dem Effekt eines längerfristigen Ärztemangels. Santésuisse benutzte die Polemik, um erneut eine Aufhebung des Kontrahierungszwangs zu verlangen. SVP und FDP warfen Bundesrätin Dreifuss vor, in blindem Aktivismus zu machen, um darüber hinweg zu täuschen, dass ihr Departement die Kostenentwicklung nicht im Griff habe. Einzig die CVP und die SP akzeptierten einen Zulassungsstopp als Übergangslösung.

1.Teilrevision des KVG (BRG 98.058)
Dossier: Zulassungsbeschränkung für Ärztinnen und Ärzte (seit 1998)
Dossier: 1. Teilrevision des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG; 1998-2002)
Dossier: Prämienverbilligung

Auf Antrag der SGK des Nationalrates, welche dem Anliegen mit 15 zu 2 Stimmen deutlich zugestimmt hatte, wurde eine parlamentarische Initiative Suter (fdp, BE), welche menschenwürdige Arbeitsbedingungen für Assistenzärzte forderte, diskussionslos angenommen. Suter verlangte insbesondere, dass Assistenzärzte und -ärztinnen dem Arbeitsgesetz unterstellt werden, um so in den Genuss der gesetzlich vorgesehenen Arbeits- und Ruhezeitvorschriften zu gelangen. Der im letzten Jahr voll ausgebrochene Streit zwischen der Zürcher Assistenzärztinnen und -ärzten und der kantonalen Gesundheitsdirektion fand ein Ende durch die Einführung des ersten schweizerischen Gesamtarbeitsvertrags in diesem Bereich, welcher den Jungärzten und -ärztinnen eine maximale wöchentliche Arbeitszeit von 55 Stunden zugesteht. Der Verband Schweizerischer Assistenz- und Oberärzte erachtete das Übereinkommen zwar als ersten wichtigen Schritt, wich aber nicht von seiner Forderung ab, gesamtschweizerisch ihre Arbeitszeit auf maximal 50 Stunden zu reduzieren.

Assistenzärzte Arbeitsgesetz