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Bereits im Juni 2022 häuften sich die Meldungen, wonach die Krankenkassenverbände eine starke Erhöhung der Krankenkassenprämien für das Jahr 2023 erwarteten. In den letzten drei Jahren hatte der Anstieg der mittleren Prämie maximal 0.5 Prozent betragen, was die Medien als eine Art «Erholungspause» erachteten. Nun war jedoch von einem Anstieg bis zu 10 Prozent die Rede, Santésuisse schrieb von einer «dramatische[n] Kostenentwicklung». Bis Ende September verdichteten sich die Anzeichen auf einen Prämienschock, so dass die Medien die Mitteilung von Gesundheitsminister Berset zur tatsächlichen Erhöhung der mittleren Prämie schon fast mit Erleichterung aufnahmen: Die mittlere Prämie für das Jahr 2023 stieg gegenüber dem Vorjahr um 6.6 Prozent.
Das EDI begründete den Prämienschub hauptsächlich mit der Covid-19-Pandemie: Einerseits hätten 2020 und im ersten Halbjahr 2021 deutlich weniger ärztliche Behandlungen stattgefunden – diese würden seit dem zweiten Halbjahr 2021 nun nachgeholt. Neben diesem «Nachholeffekt» habe die Pandemie selbst aber auch hohe zusätzliche Kosten verursacht, Santésuisse sprach etwa von CHF 250 Mio. für Impfungen, CHF 300 Mio. für stationäre Aufenthalte – bis Ende 2022 wurden gut 60'000 Spitaleintritte mit oder wegen Covid-19 registriert – sowie Zusatzkosten in unbekannter Höhe durch Covid-19-bedingte Arztbesuche.

Die mittlere Prämie stieg in allen Kantonen an, wie üblich gab es jedoch beträchtliche Unterschiede. Am höchsten war der Prämienanstieg in den Kantonen Neuenburg (9.5%), Appenzell Innerrhoden (9.3%) und Tessin (9.2%), am niedrigsten in Basel-Stadt (3.9%), Genf (4.7%) und Glarus (4.8). Besonders erzürnt zeigten sich die Medien in Neuenburg und Tessin, die zusammen mit verschiedenen anderen französischsprachigen Kantonen eine bisher erfolglose Offensive für tiefere Krankenkassenprämien gestartet hatten. Unterschiede gab es erneut auch zwischen den Krankenversicherungen, wobei diese jedoch tiefer zu liegen kamen als in früheren Jahren. Die Medien spekulierten daher, ob die Zeit der Billigkassen nun vorbei sei. Nicht vorbei waren hingegen die Diskussionen zu den Prämienverbilligungen, welche durch den Prämienanstieg erneut Schwung erhielten.

Auch für die Zukunft erwartete das EDI weiterhin einen Anstieg der Gesundheitskosten, der – wie in den Jahren vor der Pandemie – wieder eher auf den «medizinisch-technischen Fortschritt», die steigende Anzahl Gesundheitsleistungen und die Alterung der Gesellschaft zurückzuführen sein werde. Daneben machten die Medien aber zahlreiche weitere Gründe für den Kostenanstieg aus, etwa die starke Gesundheitslobby, die zu passiven Kantone, die zu teuren Medikamente, die zu hohen Verwaltungskosten der Krankenkassen, die zu grosse Anzahl regionaler Spitäler, die zu hohen Löhne verschiedener Ärztinnen und Ärzte, aber auch die zu häufigen medizinischen Konsultationen der Versicherten.
Zwar nicht den Anstieg der Gesundheitskosten, wohl aber denjenigen der Prämien führten die Medien überdies auf den Reserveabbau des Vorjahrs zurück. Dank dem Abbau der Krankenkassenreserven war die mittlere Prämie 2022 erstmals seit Jahren leicht zurückgegangen – und dies obwohl die Gesundheitskosten gemäss einer Schätzung von Santésuisse 2021 um 6.4 Prozent gestiegen waren. Zwar war diese Entlastung inmitten der Pandemie damals breit befürwortet worden, nun fragten sich die Medien jedoch, ob die Reserven nicht besser für grössere Notfälle – wie eben im aktuellen Jahr – aufgespart worden wären. Zwar konnten die Prämien auch in diesem Jahr durch den Abbau von Reserven teilweise gesenkt werden, das EDI betonte jedoch, dass dies aufgrund der von 205 auf 155 Prozent gesunkenen Solvenzquote der Krankenkassen nur beschränkt möglich gewesen sei. Die tiefere Solvenzquote führte das Bundesamt auf Verluste an den Finanzmärkten, steigende Zinsen und höhere Kosten zurück.

Als problematisch wurde der Prämienanstieg insbesondere im Hinblick auf die Teuerung verstanden – zum «Strompreishammer» komme nun also auch noch der «Prämienschock», titelte etwa der Blick. Die Parlamentarierinnen und Parlamentarier nahmen die hohen Krankenkassenprämien denn auch in ihre ausserordentliche Session zum Thema «Kaufkraft» auf und behandelten verschiedene Vorstösse für einen höheren Bundesanteil an den Prämienverbilligungen oder für einen vollständigen Abzug von den Bundessteuern; sie wurden aber allesamt abgelehnt.

Krankenkassenprämien 2023
Dossier: Prämien- und Kostenentwicklung in der Krankenversicherung (seit 2010)

Ergänzend zu den Massnahmen des ersten Massnahmenpakets schlug der Bundesrat im September 2022 in seiner Botschaft zum zweiten Massnahmenpaket zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen sieben Gesetzesänderungen, erneut basierend auf dem Bericht einer Expertengruppe von 2017, vor. Mit dem Ziel, die Kostenentwicklung in der OKP und der Prämien einzudämmen, sollten etwa Netzwerke zur koordinierten Versorgung als eigene Leistungserbringer definiert werden und die Kriterien für Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit (WZW) differenziert geprüft werden können. Zwei Gesetzesänderungen betrafen neue Preismodelle mit Rabatten und Rückerstattungen zwischen den Zulassungsinhaberinnen der Arzneimittel und den Kostenträgerinnen und Behörden sowie die Ausnahme solcher Modelle aus dem Recht auf Zugang zu öffentlichen Dokumenten – üblicherweise verlangen die Zulassungsinhaberinnen Stillschweigen über die tatsächlichen Kosten und Rabatte. Schliesslich sollten auch Referenztarife für ausserkantonale Wahlbehandlungen festgelegt, eine Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsübermittlung geschaffen sowie die Leistungen der Apothekerinnen und Apotheker zulasten der OKP angepasst werden.

Bei der Vernehmlassung, an der sich 328 Stellungnehmende, darunter alle Kantone, die GDK, neun politische Parteien und zahlreiche Verbände oder Organisationen beteiligten, gab es gemäss Botschaft viele kritische Äusserungen, wonach das Paket «zu umfassend, zu wenig ausgereift und (politisch) nicht umsetzbar» sei. Insbesondere die Leistungserbringenden, Gemeinden und Städte sowie Wirtschaftsvertretenden lehnten es ab, Zustimmung fand es hingegen bei den Kantonen, Konsumenten- und Patientenorganisationen, Versicherungen und bei verschiedenen politischen Parteien. Der Bundesrat nahm aufgrund der Rückmeldungen Änderungen an einigen Regelungen vor und strich die Verpflichtung zu einer Erstberatungsstelle – unter anderem in Hinblick auf die Ablehnung der Managed Care-Vorlage von 2012. Zudem sollte ursprünglich das gesamte zweite Massnahmenpaket als indirekter Gegenvorschlag zur Kostenbremse-Initiative dienen, im Anschluss an die Vernehmlassung entschied sich der Bundesrat jedoch, das anfänglich im zweiten Massnahmenpaket enthaltene Kostenziel separat als indirekter Gegenvorschlag vorzulegen.

Die Aargauer Zeitung zeigte sich von der bundesrätlichen Botschaft wenig begeistert, insbesondere in Anbetracht des grossen von Santésuisse prognostizierten Prämienanstiegs für das Jahr 2023. Das Paket bringe «nichts Neues» und kaum Einsparungen – zudem bestehe die Gefahr, dass das Parlament die Massnahmen zusätzlich abschwäche.

Zweites Massnahmenpaket zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen (BRG 22.062)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)

Im Massnahmenpaket 1a zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen hatten Bundesrat und Parlament entschieden, die Tarifpartner zur Schaffung eines gemeinsamen ambulanten Tarifbüros zu verpflichten. Bereits im März 2021 hatten die Tarifpartner in einem Letter of Intent ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit in diesem Themenbereich festgehalten. Unter Leitung des Berner Regierungsrates Pierre Alain Schnegg (BE, svp) erarbeiteten Arbeitsgruppen bis Juni 2022 in zehn Sitzungen die zur Schaffung der als Aktiengesellschaft geplanten «Orga­nisation für ambulante Arzttarife AG» (OAAT) notwendigen Dokumente. In der Folge sollten diese Dokumente von den beteiligten Verbänden ratifiziert werden, so dass Mitte November 2022 die Gründung erfolgen könnte.
Zu den zu ratifizierenden Dokumenten gehörten neben Statuten und Aktionärsbindungsvertrag auch eine «Zusatzvereinbarung Doppelte Parität», mit der die Verantwortlichen von TARDOC und der ambulanten Pauschalen die «Grundlagen zum Tarif für die Verrechnung ärztlicher Leistungen» durch das jeweils andere Tarifprojekt akzeptierten. Damit sollte der Streit zwischen FMH, Curafutura und der Medizinaltarif-Kommission UVG MTK respektive H+ und Santésuisse bezüglich des zukünftigen Abrechnungssystems für ambulante Leistungen beigelegt werden, wie es auch der Bundesrat und die SGK-NR gefordert hatten. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Bundesrat keines der beiden Tarifprojekte bewilligt. Anschliessend machten sich die Arbeitsgruppen an die Ausarbeitung «gemeinsamer übergeordneter Tarifierungsgrundsätze», mit denen das «Zusammenspiel [...] zwischen ambulanten Pauschalen und TARDOC» festgelegt werden sollte, wie FMH erklärte.

Gemeinsames ambulantes Tarifbüro
Dossier: Tarifstrukturen im Gesundheitswesen

Ende 2021 legten die Tarifpartner H+ und Santésuisse dem Bundesrat ihre Tarifstruktur für ambulante Pauschalen zur Prüfung vor. Die neue Tarifstruktur decke im Gegensatz zu TARMED, die auf Einzelleistungstarifen beruht, «im ambulanten Spitalbereich eine Mehrheit der Leistungen mit Pauschalen» ab. Damit wollten die Tarifpartner dem Entscheid des Parlaments vom Juni 2021 nachkommen, das mit Annahme des Massnahmenpakets 1a zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen den Einsatz von Pauschalen auch im ambulanten Bereich so weit wie möglich vorschreibt. H+ und Santésuisse hatten die Pauschalen der neuen Tarifstruktur im Rahmen ihrer Tariforganisation «solutions tarifaires suisses sa» basierend auf reellen Kosten- und Leistungsdaten der Leistungserbringenden entwickelt, noch nicht darin enthalten waren jedoch die Einzelleistungstarife für nicht pauschalisierbare Leistungen. An der Entwicklung mitgewirkt hatte auch der Verband der Chirurginnen und Chirurgen, FMCH. Dieser beteiligte sich jedoch nicht an der Einreichung der Tarifstruktur, da diese nicht «für alle Ärztinnen und Ärzte, die ambulant behandeln, sinnvoll, wirtschaftlich und anwendbar» sei, wie der Verband gegenüber den Medien verlauten liess.
Mit ihrem Vorschlag standen H+ und Santésuisse bis zu einem gewissen Grad in Konkurrenz mit dem Projekt TARDOC, das FMH und Curafutura entwickelt hatten, der Bundesrat bisher aber noch nicht genehmigt hatte. Man könne damit «einige der von der Genehmigungsbehörde konstatierten Mängel des TARDOC [...] beheben», betonten die Einreichenden, während FMH vor allem die konzeptionellen Unterschiede zwischen den zwei Modellen hervorhob und die neuen Pauschalen generell als «anschlussfähig an den TARDOC» erachtete. Da TARDOC auf Einzelleistungstarifen statt Pauschalen beruhte, hatte die Ärzteschaft, darunter auch FMCH und FMH bereits zuvor erklärt, dass die neuen ambulanten Pauschalen als Ergänzung zu TARDOC verstanden werden sollen. Nach Einreichung der neuen Struktur zeigte sich FMH mit dieser jedoch nicht einverstanden: Die Struktur sei zu wenig ausgereift, beruhe ausschliesslich auf Spitaldaten und sei überdies nicht kostenneutral, wurde kritisiert.

Neue Tarifstruktur für ambulante Behandlungen
Dossier: Tarifstrukturen im Gesundheitswesen

im Juni 2021 gab der Bundesrat das Ergebnis seiner Prüfung der neuen Tarifstruktur TARDOC bekannt: Diese sei in ihrer aktuellen Form nicht genehmigungsfähig, weil sie «gewichtige materielle Mängel aufweist und eine kostenneutrale Einführung nicht sichergestellt ist». Unerfüllt blieben die Anforderungen im Bereich der Kostenneutralität sowie insbesondere bezüglich Wirtschaftlichkeit und Billigkeit der Tarifstruktur, wie der Bundesrat erklärte. Überdies zeigte er sich aber auch mit der Vereinfachung der Tarifstruktur, ihrer Anpassung an aktuelle Gegebenheiten und ihrer Transparenz nicht zufrieden, insbesondere nachdem er diese Punkte in seinem Prüfbericht von November 2020 bereits hervorgehoben habe. Schliesslich störte sich der Bundesrat daran, dass weder Santésuisse noch der Spitalverband (H+) den Tarifvertrag unterzeichnet hätten. Daher forderte er die Tarifpartner zu einer gemeinsamen Überarbeitung auf.
Die beteiligten Tarifpartner zeigten sich mit diesem Entscheid des Bundesrats nicht einverstanden, in einer Medienmitteilung nannten sie ihn «unverständlich und nicht nachvollziehbar». Die aktuelle Version von TARDOC erfülle die gesetzlich vorgeschriebenen Kriterien, betonten sie. Gar von einer «Art Todesstoss für die Tarifautonomie» sprach alt-Ständerat Joachim Eder, Präsident des Tarifbüros ats-tms. Schliesslich sei TARMED nicht mehr zeitgemäss, wodurch die medizinischen Leistungen unsachgemäss vergütet würden. Man werde prüfen, «inwieweit die Forderungen nach Anpassungen des TARDOC überhaupt sachgerecht und umsetzbar sind».
Ende Dezember 2021 reichten die betroffenen Tarifpartner eine von ihnen als «finale Version des TARDOC» bezeichnete Überarbeitung zur Genehmigung ein. Man habe dabei wie gefordert die Kostenneutralität verlängert, den Tarif vereinfacht und die Transparenz erhöht, erklärten sie in einer Medienmitteilung. Sie wiesen überdies auf die fehlenden Alternativen bezüglich einer Tarifrevision hin und hofften entsprechend auf eine Inkraftsetzung von TARDOC per 1. Januar 2023.

Tarifstruktur TARDOC
Dossier: Tarifstrukturen im Gesundheitswesen

L'Union syndicale Suisse (USS), alarmée quant à la situation de détresse de nombreuses personnes dû à la crise du Covid-19, critique l'action du Conseil fédéral et des autorités cantonales dans leur réponse à la crise. Elle exige que les futures mesures sanitaires soient assorties d'un plan de soutien économique aux branches touchées. De plus, pour relancer le pouvoir d'achat de la population, elle propose de «redistribuer les recettes excédentaires des primes maladie à hauteur de CHF 4 à 5 milliards, soit un chèque de CHF 500 par personne assurée». Santésuisse, l'association faîtière des caisses, qualifie cette demande «d'irresponsable», arguant que les caisses doivent disposer de réserves suffisantes pour contenir la hausse des primes en raison de la crise. Si l'USS souhaite voir sa demande se concrétiser, elle devra disposer d'une base légale pour le faire.

Syndicats exigent un plan de soutien

Im Juni 2020 eröffnete der Bundesrat eine Vernehmlassung zur Präzisierung des Spitalkostenbeitrags der Patientinnen und Patienten. Dort schlug er vor, die bestehende Regelung in der KVV, wonach die Patientinnen und Patienten einen Beitrag in der Höhe von CHF 15 pro Tag an die Spitalkosten bezahlen müssen, dahingehend zu präzisieren, dass diese Beiträge neu weder für den Austrittstag noch für Urlaubstage anfallen sollen. Dadurch würden bei den Krankenversicherungen Mehrkosten in der Höhe von CHF 22 Mio. jährlich anfallen.
An der Vernehmlassung, die bis Oktober 2020 dauerte, nahmen 38 Stellungnehmende teil, darunter 23 Kantone, die GDK, die SP und die Grünen, der SSV, Curafutura und Santésuisse, der SGB sowie FMH, Spitex und die Stiftung Konsumentenschutz aller drei Sprachregionen (SKS, FRC, acsi). Der Grossteil der Befragten, darunter 20 Kantone, die links-grünen Parteien und die Gewerkschaft, aber auch die Leistungserbringenden sprachen sich vorbehaltlos für die Vorlage aus. Einen Vorbehalt brachten hingegen die Konsumentenverbände an: Sie verlangten eine Rückerstattung der ab Anfang 2012 unrechtmässig erhobenen Beträge für den Austrittstag, teilweise auch für den Eintrittstag. Die Versicherungen hingegen forderten, dass die Urlaubstage und teilweise die Austrittstage gleich definiert werden wie in der Tarifstruktur.

Spitalkostenbeitrag: Bundesrat regelt zu bezahlende Tage

Im Durchschnitt stieg die mittlere Prämie der Krankenkassen-Grundversicherung 2020 nur um 0.2 Prozent. Dies stellte den zweitniedrigsten Anstieg seit der Einführung des KVG 1996 dar – auch wenn die Werte aufgrund der Änderung der Berechnungsmethode 2018 nicht direkt mit den Vorjahren vergleichbar sind. Dieser vergleichsweise tiefe Wert wäre an sich eine gute Nachricht, jedoch war man sich in Medien und Politik einig: Um auch zukünftig einen tiefen Prämienanstieg zu verzeichnen, brauche es weitere Massnahmen. Man dürfe jetzt keinesfalls nachlassen, erklärte auch Gesundheitsminister Berset. Es brauche immer wieder neue Massnahmen zur Dämpfung der Kosten, zumal ein gewisses Wachstum aufgrund der Alterung der Gesellschaft und des medizinisch-technischen Fortschritts unausweichlich sei. Dieses Ergebnis zeige aber, dass sich das Kostenwachstum eindämmen lasse. Als Mitgrund für diese Eindämmung erwähnte er explizit den Tarmed-Eingriff sowie die regelmässigen Preisreduktionen bei Medikamenten des Bundesrates seit 2012, mit denen CHF 500 Mio. respektive CHF 1 Mrd. hätten eingespart werden können.
Getrübt wurde die Freude durch die Tatsache, dass sich der Prämienanstieg zwischen Krankenversicherungen, Franchisen, Versicherungsmodellen und zwischen den Kantonen stark unterschied. So sank die mittlere Prämie zwar in zehn Kantonen, in acht Kantonen stieg sie aber gar um mehr als 1 Prozent an. Besonders kritisch war die regionale Verteilung dieser Unterschiede: Während die Prämien in der Deutschschweiz durchschnittlich um 0.15 Prozent anstiegen, nahmen sie in der Romandie um 0.5 Prozent und im Tessin um 2.5 Prozent zu. Den höchsten Anstieg verzeichnete der Kanton Neuenburg mit 2.9 Prozent. «Les Romands perdants», betonte Le Temps in der Folge. Entsprechend schlecht war auch die Stimmung in der Romandie, insbesondere im Kanton Genf, der zusammen mit dem Kanton Basel-Stadt die höchsten Prämien aufweist. Der Genfer Staatsrat Mauro Poggia (GE, mcg) verwies darauf, dass die Reserven der Krankenversicherungen stark angestiegen seien und 2018 mit CHF 9.4 Mrd. rund CHF 4.6 Mrd. höher gewesen seien als gesetzlich vorgeschrieben. Mit diesem Geld hätte man den Prämienanstieg vollständig verhindern können, betonte er. Als «Skandal» bezeichnete auch Jean-Paul Derouette, Präsident der Sektion Romande des Schweizerischen Verbands der Versicherten (Assuas) den Anstieg, zumal die Romands für die kleinen Deutschschweizer Kantone zahlen müssten. Damit verwies er auf den Vorwurf, dass die Krankenversicherungen die überschüssigen Reserven einzelner Kantone zum Ausgleich fehlender Reserven in anderen Kantonen nutzten, wie es der Kanton Genf bereits in einer Standesinitiative angeprangert hatte (Kt.Iv. 17.306). Dem widersprach Santésuisse, die betonte, der Prämienanstieg in den entsprechenden Kantonen sei auf steigende Gesundheitskosten zurückzuführen; so seien zum Beispiel die Gesundheitskosten in Neuenburg zwischen 2017 und 2018 um 4.6 Prozent gewachsen.
Doch nicht nur die ungleiche Verteilung der Prämienanstiege führte zu Kritik. «On paiera cela en 2021», vermutete Mauro Poggia zudem und warf dem Gesundheitsminister vor, die Prämien vor den eidgenössischen Wahlen 2019 absichtlich nicht stärker zu erhöhen – zumal die Krankenkassen gemäss Sorgenbarometer im Jahr 2019 die grösste Sorge der Bevölkerung gewesen seien (in der Tat belegten sie jedoch den zweiten Platz). Auch Nationalrat Samuel Bendahan (ps, VD) stellte in seinem Blog in «Le Temps» einen Zusammenhang zwischen dem geringen Prämienanstieg und den Wahlen fest. Die Tribune de Genève errechnete zudem mit den für die Änderung der Berechnungsart korrigierten Zahlen des BAG, dass in der Tat im Wahlherbst 2007 zum einzigen Mal überhaupt ein Prämienrückgang verzeichnet worden war. Nur in zwei von sechs Fällen seit 1997 hätten die Prämien vor den nationalen Wahlen den langjährigen Durchschnitt übertroffen.

Krankenkassenprämien 2020
Dossier: Prämien- und Kostenentwicklung in der Krankenversicherung (seit 2010)

Die SGK-NR befürwortete zwar eine Einschränkung der Vermittlerprovisionen in der OKP, wie sie die ständerätliche Schwesterkommission vorgeschlagen hatte, beantragte aber mit 16 zu 8 Stimmen, diese nicht nur auf die OKP zu beschränken, sondern auch die Krankenzusatzversicherungen miteinzubeziehen. Da sich Grund- und Zusatzversicherung in der Praxis nicht trennen liessen, blieben ansonsten Umgehungsmöglichkeiten bestehen. Eine Ausdehnung auf die Zusatzversicherungen sei von den Krankenversichererverbänden, darunter auch Curafutura und Santésuisse, ausdrücklich gefordert worden, betonte Bea Heim (sp, SO) im Rahmen der Nationalratsdebatte in der Frühjahrssession 2019.
Dieser Mehrheitsmeinung standen zwei Anträge entgegen: Eine Minderheit Nantermod (fdp, VS) befürwortete zwar eine Einschränkung der Vermittlerprovisionen in der OKP, lehnte aber eine Regulierung bei den Krankenzusatzversicherungen ab. Da Gewinne dort erlaubt seien und diese in einem Marktumfeld agierten, würde eine Regulierung der Provisionen bei diesen zu weit gehen. Im Rat ergänzte Minderheitssprecher Nantermod seine Position noch um ein weiteres Argument: Wenn der Nationalrat die Motion abändere, müsse der Ständerat in der nächsten Runde entscheiden, ob er diese Änderung annehmen oder das ganze Projekt ablehnen wolle, erklärte Nantermod. Dies sei zu gefährlich, weshalb man die Motion in ihrer ursprünglichen Form annehmen solle. Eine Ablehnung der Motion in beiden Formen befürwortete Thomas Aeschi (svp, ZG). Mit 103 zu 78 Stimmen (bei 1 Enthaltung) respektive 152 zu 30 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) entschied sich der Rat gegen den Minderheitsantrag Nantermod respektive den Antrag Aeschi und für den Mehrheitsantrag der Kommission. Abgeändert gelangte die Motion somit zurück an den Ständerat.

Krankenkassen. Verbindliche Regelung der Vermittlerprovisionen, Sanktionen und Qualitätssicherung

Im Februar 2018 waren für einmal positive Neuigkeiten von der Prämienfront zu vernehmen: Für das Jahr 2017 hatte das Monitoring des BAG einen Rückgang der Leistungen im Bereich «Spital stationär» um 2.8 Prozent pro Person festgestellt. Erste Abklärungen bei den Spitälern und Spitalverbänden trübten die Freude jedoch bereits wieder. Vieles deutete darauf hin, dass diese Reduktion nicht einer Abnahme der Fallzahlen geschuldet, sondern auf das neue Spitalgesetz zurückzuführen war, das nun Wirkung zeigte: Seit Anfang 2017 mussten die Kantone mindestens 55 Prozent der stationären Spitalkosten übernehmen. Dadurch verringerte sich zwar der Anteil der von den Krankenkassen übernommenen und damit für die Prämien relevanten Kosten, stattdessen stiegen aber die von den Steuerzahlenden übernommenen Gesundheitskosten an. Trotzdem erwarteten die Medien aber auch fürs Jahr 2019 steigende Prämien, da das Mengenwachstum im ambulanten Bereich, der vollständig von der OKP übernommen wird, die «Einsparungen gleich wieder wegfresse» – wie es die Aargauer Zeitung formulierte.
Bereits im April 2018 folgte ein weiterer Dämpfer: Das BFS informierte, dass die Gesundheitsausgaben 2016 erstmals CHF 80 Mrd. überstiegen und sich diese daher seit Einführung des KVG 1996 verdoppelt hätten. Die Gesundheitskosten machten somit 12.2 Prozent des BIP oder 803 Franken pro Person im Monat aus. Jahreskosten von über CHF 10'000 pro Kopf prognostizierte die Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich weiterhin für die kommenden Jahre. In Übereinstimmung damit zeigte eine Umfrage von Tamedia im Juni 2018, dass die Gesundheitskosten für 70 Prozent der Befragten zu den grössten Sorgen überhaupt gehörten.
Teilweise Entwarnung gab es jedoch im September 2018: Hatte der Krankenkassenverband Santésuisse ein Jahr zuvor noch vor einem starken Prämienanstieg 2019 gewarnt, stiegen die Prämien im Vergleich zum Vorjahr nur vergleichsweise schwach an. Neu gab das BAG nicht mehr die durchschnittliche Prämie bei einer Grundfranchise von CHF 300 mit Unfalldeckung an – mit dieser Messmethode läge der Prämienanstieg bei 2.7 Prozent und damit deutlich unter den durchschnittlichen 4.6 Prozent seit Einführung des KVG –, sondern wies stattdessen die durchschnittliche Prämienerhöhung pro Person über alle Alterskategorien hinweg aus. Diese betrug fürs Jahr 2019 1.2 Prozent und lag damit ebenfalls deutlich unter dem entsprechenden, für alle bisherigen Prämienrunden, berechneten Wert von 3.9 Prozent. Aufgrund einer Entlastung der Versicherer beim Risikoausgleich für junge Erwachsene (19- bis 25-Jährige) sanken deren Prämien durchschnittlich sogar um 15.6 Prozent oder CHF 50 pro Person, während für Erwachsene und Kinder im Jahr 2019 jeweils 2.4 Prozent mehr an Prämien anfielen. Grosse Unterschiede gab es wiederum auch zwischen den Regionen: Während der Anstieg in den meisten Kantonen zwischen 0.5 und 2 Prozent lag und die Prämien in den Kantonen Uri und Appenzell Innerrhoden durchschnittlich sogar leicht sanken, stiegen sie insbesondere in der Romandie und im Tessin stark, teilweise über 3 Prozent, an.
Zurückgeführt wurde der insgesamt unterdurchschnittlich starke Kosten- und Prämienanstieg neben der Umsetzung des Spitalgesetzes auch auf die Änderungen bei Tarmed. Unklar blieb jedoch, wie stark die neuen Tarife des Tarmed die Gesundheitskosten bisher wirklich reduzieren konnten und wie sich dieser Einfluss weiter entwickeln würde.

Krankenkassenprämien 2019
Dossier: Prämien- und Kostenentwicklung in der Krankenversicherung (seit 2010)

An der Vernehmlassung zum ersten Massnahmenpaket zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen zwischen September und Dezember 2018 beteiligten sich 150 Einheiten und Organisationen, darunter alle Kantone, die sieben grossen nationalen Parteien, der Städte- und der Gemeindeverband, Dachverbände der Wirtschaft, Konsumenten-, Patienten-, Leistungserbringenden- sowie Versichererverbände. Entsprechend breit war trotz Lobes für die Bemühungen des Bundesrates zur Kostensenkung auch die Kritik an dem neuen Projekt. Insbesondere wurde vor Wechselwirkungen mit anderen Revisionen, vor Finanzierungs- oder Versorgungsproblemen sowie vor einer verstärkten Bürokratisierung oder staatlichen Steuerung gewarnt, wie das BAG in seinem Ergebnisbericht erklärte.

Erstes Massnahmenpaket zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen (BRG 19.046)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)

Im März 2018 reichte der St. Galler Kantonsrat eine Standesinitiative ein, die ein Verbot von Provisionszahlungen für Wechsel der Grundversicherung zum Ziel hatte. Krankenkassen gäben gemäss einer Studie Hunderte von Millionen Schweizerfranken pro Jahr an Provisionen für OKP-Abschlüsse aus, begründete der Kantonsrat seinen Vorstoss. Diese Kosten müssten die Versicherten durch die Prämien tragen. Da viele Krankenkassen die Branchenlösung von Santésuisse, welche die Provisionen auf CHF 50 pro OKP-Abschluss beschränkt, nicht unterzeichnet hätten oder sich nicht daran hielten, sei ein Verbot nötig.
Im Oktober 2018 beantragte die SGK-SR mit 11 zu 1 Stimmen, der Initiative keine Folge zu geben. Obwohl die Kommission den Handlungsbedarf anerkannte, ging ihr ein gänzliches Verbot zu weit. Stattdessen bevorzugte sie eine allgemeinverbindliche Selbstregulierung der Branche mit wirksamen Sanktionen und reichte in der Folge eine entsprechende Motion (Mo. 18.4091) ein.
In der Wintersession 2018 behandelte der Ständerat die Standesinitiative zusammen mit der Motion der SGK-SR und einer Motion von Prisca Birrer-Heimo (sp, LU; Mo. 17.3956), die zukünftig «unverhältnismässige» Ausgaben für Vermittlungsprovisionen verhindern wollte. Wie von der Kommission empfohlen gab der Ständerat der Standesinitiative keine Folge, da sie ihm zu weit ging. Stattdessen sprach sich der Rat für die in der Kommissionsmotion enthaltene Selbstregulierungslösung aus.

Keine Prämiengelder für Vermittlungsprovisionen (St.Iv. 18.305)

Im April 2018 urteilte das Bundesgericht in der Frage, ob der Bundesrat 2014 dazu berechtigt gewesen war, den Tarmed nach politischen Gesichtspunkten zu ändern. Der Bundesrat hatte bei der ersten Tarmed-Änderung entschieden, den Haus- und Kinderärzten mehr und den Spezialärzten im Tarmed weniger Geld für ihre Leistungen zuzusprechen. Dies erachtete die Privatklinik St. Anna in Luzern als widerrechtlich und verrechnete ihre Kosten weiterhin nach den alten, höheren Tarmed-Tarifen. Das eingesetzte Schiedsgericht, das nötig geworden war, weil eine Krankenversicherung diese höheren Tarife nicht akzeptiert hatte, gab der Klinik recht, woraufhin die Versicherung den Fall vors Bundesgericht weiterzog. Da in der Zwischenzeit auf Anraten des Spitalverbands H+ verschiedene Spitäler ihre Rechnungen unter Vorbehalt ausgestellt hatten, erwarteten sowohl Krankenversicherungen als auch Spitäler den Entscheid mit grossem Interesse.
Das Bundesgericht befand im April 2018, dass das KVG keine klaren Vorgaben dazu mache, welche Anpassungen der Bundesrat machen dürfe und wie er dabei vorgehen müsse. Folglich komme ihm diesbezüglich ein grosser Ermessensspielraum zu; er könne daher auch lineare Kürzungen sowie politisch motivierte Kürzungen wie die Förderung der Hausarztmedizin vornehmen. Die Krankenkassen zeigten sich erleichtert über das Urteil, das gemäss Santésuisse nun für Rechtssicherheit sorge. Der Berufsverband der Ärztinnen und Ärzte FMH zeigte sich erstaunt über den Entscheid und insbesondere darüber, dass es dem Bundesrat möglich sein soll, politische Aspekte zu berücksichtigen, während sich die Tarifpartner beim Tarmed strikt an den Wortlaut des KVG halten müssten. Die Medien urteilten, dass dieser Entscheid den Einfluss des Bundesrates stärke; Gewinner seien die Prämienzahlenden, lobte Santésuisse den Entscheid.

Revision des TARMED
Dossier: Tarifstrukturen im Gesundheitswesen

Im Nachgang zur Änderung des Tarmed, die am 1. Januar 2018 in Kraft trat, zeigten sich verschiedene Gruppierungen von ambulanten Ärztinnen und Ärzten – zum Beispiel Gynäkologen und Orthopäden – unzufrieden, da ihre ambulanten Tarife reduziert worden waren. In Genf entschieden sich die Handchirurgen gar, ab dem 1. Januar für fairere Abgeltungen ihrer Arbeit zu streiken, und führten vorerst keine nicht dringlichen Operationen mehr durch. Zum Beispiel solle eine Karpaltunneloperation neu statt CHF 177 noch CHF 105 – und somit weniger als ein Haarschnitt, wie Stéphane Kämpfen, Präsident der Gruppe der Handchirurgen betonte – kosten. Dadurch würden sie mit solchen Operationen Verluste erzielen, argumentierten die Chirurgen; zudem seien solche Tarife schon fast eine Beleidigung ihrer Arbeit. Der Streik dauerte bis zum 1. März 2018: Nach langen Verhandlungen standen die Genfer Handchirurgen kurz vor einer Einigung mit Santésuisse für eine neue nationale Vergütung von fünf Behandlungen, so dass das Tarmed in diesen Bereichen nicht zur Anwendung gelangen würde. Da das KVG den Kantonen die Möglichkeit gebe, mit den Tarifpartnern – den Ärztinnen, Ärzten und Krankenversicherungen – entsprechende eigene Übereinkommen zu treffen, könne der Bundesrat diese Änderung nicht verhindern, betonte die Tribune de Genève.

Revision des TARMED
Dossier: Tarifstrukturen im Gesundheitswesen

Wie bereits im Vorjahr hörte man auch im Jahr 2017 viele Stimmen, die sich ob dem Prämienanstieg fürs Jahr 2018 besorgt zeigten. Unter anderem prognostizierte die Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich im Juni 2017 einen Anstieg der Gesundheitskosten auf über CHF 10'000 pro Person und Jahr. Nach der Ankündigung eines Eingriffs des Bundesrats bei Tarmed verbesserten sich im August 2017 jedoch die Prognosen. Durch die Änderungen im Tarmed könne man CHF 470 Mio. pro Jahr einsparen, erklärte Gesundheitsminister Berset. Da Letzterer zudem die Krankenversicherer anhielt, diese Einsparungen bereits in den Prämien fürs Jahr 2018 zu berücksichtigen, ging man davon aus, dass diese um 1.5 Prozent weniger stark steigen würden als ohne den Eingriff. Der Krankenkassenverband Curafutura rechnete entsprechend mit einem Prämienanstieg zwischen 2.5 und 3.5 Prozent anstelle von 4 bis 5 Prozent. Anders sah dies der Krankenkassenverband Santésuisse. In einem Brief an den Gesamtbundesrat nannte er das Vorgehen des BAG «gefährlich»; es sei unklar, ob es wirklich zu Einsparungen in dieser Höhe kommen würde. Denn beim ersten Tarmed-Eingriff des Bundesrats 2014 hätten die Leistungserbringer die Kürzungen durch Mengenausweitung oder Verrechnung auf andere Positionen kompensiert. Zudem gebe es keine gesetzliche Grundlage dafür, allfällige zukünftige Kosteneinsparungen bei der Prämienberechnung zu berücksichtigen. Insgesamt befürchtete Santésuisse, dass die Prämien 2018 zu niedrig festgelegt würden und es so 2019 zu einem starken Prämienanstieg kommen würde. Dann müssten einige Versicherte aufgrund der Neueinteilung der Prämienregionen sowie wegen tieferer Rabatte bei der höchsten Franchise mit einem Prämienanstieg von bis zu 20 Prozent rechnen.
Kurz vor Bekanntgabe der Prämien für das nächste Jahr präsentierte Santésuisse überdies die Kosten der OKP. Diese betrugen fürs Jahr 2016 CHF 31.7 Mrd. und waren um 3.8 Prozent angestiegen, was wie im Vorjahr vor allem auf das Kostenwachstum im spitalambulanten Bereich (8%) und bei den Medikamentenpreisen zurückzuführen war.
Ende September verkündete Bundesrat Berset schliesslich, dass die Prämien für die Grundfranchise von CHF 300 mit Unfalldeckung durchschnittlich um 4 Prozent und damit unterdurchschnittlich (4.6%) stark steigen würden. Grosse Unterschiede zeigten sich insbesondere zwischen den Sprachregionen: In der Romandie stiegen die Prämien deutlich stärker als in der Deutschschweiz, die höchsten Zunahmen waren denn auch in französisch- oder zweisprachigen Kantonen festzustellen (Waadt: 6.4%, Wallis: 5.9%, Genf: 5.4%, Neuenburg: 5.4%). Deutliche Worte fand diesbezüglich vor allem der Waadtländer Gesundheitsdirektor Pierre-Yves Maillard (VD, sp), der die Schuld am Anstieg der Gesundheitskosten bei der Bundespolitik sah. Insbesondere die neue Spitalfinanzierung mit Einführung von Fallpauschalen und freier Spitalwahl, aber auch die Aufhebung des Zulassungsstopps hätten katastrophale Auswirkungen auf die Gesundheitskosten gehabt.
Neben den regionalen Unterschieden sorgten vor allem auch die steigenden Kosten für Familien für Schlagzeilen. So wuchsen die Prämien für Kinder erneut besonders stark – um durchschnittlich 5 Prozent –, diejenigen für junge Erwachsene um 4.4 Prozent.

Krankenkassenprämien 2018
Dossier: Prämien- und Kostenentwicklung in der Krankenversicherung (seit 2010)

Seit der sogenannten «Kasachstan-Affäre» waren einige Monate vergangen und im Parlament schien das Thema Lobbying im Jahr 2017 – mit Ausnahme einer parlamentarischen Initiative Berberat (sp, NE) mit der Forderung nach transparenterem Lobbying, die von den Räten wie eine heisse Kartoffel hin- und hergeschoben wurde – an Priorität verloren zu haben. Dies sah in der gesellschaftlichen Debatte allerdings etwas anders aus.

Im Frühling sorgte eine Idee von Pierre-Yves Maillard (VD, sp) und Mauro Poggia (GE, mcg) für Schlagzeilen. Die beiden Regierungs- und ehemaligen Nationalräte wollten mit einer Volksinitiative dafür sorgen, dass Parlamentsmitglieder nicht mehr im Verwaltungsrat einer Krankenkasse sitzen oder anderweitig mit einer solchen verbunden sein dürfen. Damit sollten die steigenden Krankenkassenprämien gebremst werden. Die Idee stiess bei betroffenen Parlamentsmitgliedern auf Gegenwehr: Konrad Graber (cvp, LU), Verwaltungsrat der CSS, und Heinz Brand (svp, GR), Präsident des Krankenkassen-Dachverbandes Santésuisse, hielten die Idee für nicht zielführend. Es handle sich um eine «Verunglimpfung der Krankenkassen», gaben sie der Luzerner Zeitung zu Protokoll. Die Unterschriftensammlung für das Begehren wurde im Oktober 2017 gestartet.

Mitte März legte die Staatengruppe gegen die Korruption (Greco), bei der die Schweiz seit 2006 Mitglied ist, einen Bericht vor, der mehrere Schwachstellen im Schweizer Lobbyismussystem aufzeigte und Empfehlungen abgab. Unter anderem sollten Parlamentsmitglieder verpflichtet werden, bei Ratsverhandlungen Interessenkonflikte aktiv offenzulegen. Das Register der Interessenbindungen reiche nicht aus. Zudem müssten finanzielle Interessen von Parlamentarierinnen und Parlamentariern transparent gemacht werden. Dies ist in der Schweiz nach wie vor freiwillig. Die Organisation Lobbywatch veröffentlichte eine Liste, mit der aufgezeigt wurde, dass lediglich 37 Parlamentsmitglieder die Einkünfte aus ihren Mandaten vollständig deklarierten.

Eine Analyse von Forschern der Universitäten Lausanne und Genf um André Mach wurde Mitte Mai von der Sonntags-Zeitung breit aufgemacht. Erstens zeigten die Daten, dass sich die relevanten Interessenbindungen von Parlamentsmitgliedern zwischen 1992 und 2015 mehr als verdoppelt hatten, zwischen 2007 – seit dann müssen auf der Basis des 2002 revidierten Parlamentsgesetzes alle Interessenbindungen obligatorisch angegeben werden – und 2015 haben sie um 20 Prozent zugenommen. Für die Analyse gilt eine Verbindung dann als relevant, wenn ein Mandat einem Sachgebiet zugeordnet werden kann, zu dem das Parlamentsmitglied einen Bezug hat, etwa weil es in einer entsprechenden Kommission sitzt. Zugenommen haben laut der Studie insbesondere Verbindungen zu Interessenverbänden, welche die Parlamentarierinnen und Parlamentarier für Sitzungen, die laut Sonntags-Zeitung auch in Sitzungszimmern im Bundeshaus selber stattfanden, mit «vielen Tausend Franken pro Jahr» entschädigten – der Sonntags-Blick sprach von CHF 20'000 für vier Sitzungen, die Parlamentsmitglieder etwa von der Groupe Mutuel erhalten haben sollen. Der Austausch von Expertenwissen sei zwar für Milizparlamentarier wichtig, allerdings sei nicht klar, weshalb dies entlohnt werden müsse, fragte die Sonntags-Zeitung rhetorisch. Die Zunahme der Bindungen könne freilich durchaus auch als Zeichen für mehr Transparenz gelesen werden, befanden die Forscher. Früher habe Interessenvertretung eher informell und im vorparlamentarischen Prozess stattgefunden. Heute sei die Einflussnahme während des parlamentarischen Prozesses wohl auch aufgrund des grösseren Parteienwettbewerbs wichtiger und werde hier auch etwas transparenter.
Eine Analyse der NZZ, die auf den gleichen Daten des «Observatoriums der Schweizer Eliten (Obelis)» beruhte, brachte ein weiteres Argument für ein zunehmend professionalisiertes Lobbying ins Spiel. Die Zeitung zeigte auf, dass sich die Wirtschaft in den letzten 60 Jahren stark von der Politik entflechtet habe. Vor 60 Jahren habe jedes vierte Parlamentsmitglied ein Spitzenamt in der Wirtschaft belegt, was heute nicht mehr so sei. Die Überlegung liegt nahe, dass das damalige unmittelbare Lobbying durch eine stärker mittelbares und organisierteres abgelöst wurde.

Auf Antrag von Thomas Minder (parteilos, SH) wurde in der Sommersession 2017 von den Parlamentsdiensten eine «Lobbyistenzählung» durchgeführt, wie dies der «Blick» betitelte. Zugang zum Parlament erhält, wer einen der beiden Dauerzutrittsausweise (Badges) besitzt, die jedes Parlamentsmitglied vergeben darf, oder wer einen Tagesausweis erhält, der ebenfalls von Parlamentsmitgliedern ausgestellt werden kann. Während der 11 Tage der Sommersession wurden 127 Lobbyierende mit Dauerzutritt und 386 mit Tagesausweis gezählt. Während die einen die Zahl als «an der oberen Grenze» beurteilten (Pirmin Bischof; cvp, SZ), fanden Lobbyistenkreise die rund 50 Personen pro Tag angemessen (z.B. Andreas Hugi; CEO eines Beratungsbüros). Zu reden gab aber die hohe Zahl an Tageskarten. Damit würden die Transparenzregeln unterlaufen, befürchtete Didier Berberat in der Zeitung Le Temps.

Dass Interessengruppen gezielt auf Kommissionsmitglieder zugehen, zeigte eine Mitte Juli 2017 veröffentlichte Untersuchung des Sonntags-Blick zur Gesundheitspolitik. Allerdings – so das Sonntagsblatt – seien es nicht so sehr die Krankenkassen, sondern die Ärzte, Spitäler und Patientenorganisationen sowie die Pharmaindustrie, die viele Mandate vergeben hätten. «Die Genossen mit den Ärzten, die Liberalen mit der Pharma, die CVP mit allen» fasste der Sonntagsblick den Befund zusammen, «wer mit wem im Krankenbett» stecke.

Lobbying aus gesellschaftlicher Perspektive (2017)
Dossier: Lobbyismus im Bundeshaus

Im August 2017 gab der Bundesrat bekannt, dass er von seiner subsidiären Kompetenz Gebrauch machen und die Einzelleistungstarifstruktur Tarmed anpassen werde. Dies war nach 2014 zum zweiten Mal nötig geworden, weil sich Leistungserbringer und Versicherer nicht auf einen gemeinsamen Tarif hatten einigen können und somit für das Jahr 2018 keine Tarifstruktur mehr vorgelegen hätte. Die Änderungen der Verordnung zum Tarmed sahen vor, die „Vergütungen der verschiedenen Leistungen in angemessene Relation zu stellen“. Dazu sollten einerseits die Leistungsvergütungen bestimmter Tarifpositionen geändert werden. Zum Beispiel soll für alle Leistungen ein einheitlicher Dignitätsfaktor bestimmt werden. Die Weiterbildungsdauer der Fachärzte soll folglich nicht mehr in die Tarife einfliessen, so dass alle ärztlichen Leistungen einheitlich abgerechnet werden. Andererseits werden die Abrechnungsregeln einzelner Tarifpositionen geändert, was unter anderem zu mehr Abrechnungstransparenz und reduzierten Beträgen bei der Verrechnung von Leistungen in Abwesenheit der Patientinnen und Patienten führen soll. Zudem werden die Tarife derjenigen Leistungen gesenkt, deren Dauer durch technische oder medizinische Fortschritte reduziert worden ist. Einzelne dieser Massnahmen hatte der Bundesrat entsprechend den Rückmeldungen aus der Vernehmlassung angepasst, so dass er nun mit jährlichen Einsparungen von CHF 470 Mio. (anstelle der ursprünglich erwarteten CHF 700 Mio.) rechnete. Diese Korrekturen betrafen vor allem die vulnerabelsten Patienten, also Kinder, Betagte und psychisch Kranke, deren Grundkonsultation unter anderem weiterhin länger dauern darf als bei den übrigen Patienten.

Die betroffenen Akteure reagierten unterschiedlich auf die Revision. Der Kassenverband Curafutura lobte die Revision und erwartete deutliche Einsparungen bei den Prämien; Santésuisse hingegen bezweifelte, dass die durch die Revision möglichen finanziellen Reduktionen tatsächlich die von Bundesrat Berset angegebene Höhe erreichen würden. Negative Reaktionen kamen vor allem von den Leistungserbringern: Der Ärzteverband FMH sorgte sich aufgrund der Revision wie bereits in der Vernehmlassung vor möglichen Verschiebungen vom ambulanten in den stationären Bereich. Für die Ärzte bedeute dies zudem eine Reduktion ihrer Vergütungen um durchschnittlich 10 Prozent, vereinzelt könne es gar zu Reduktionen bis 30 Prozent kommen. Dies veranlasste die Presse zu Spekulationen, ob die Revision den Anreiz der Ärzteschaft gesteigert habe, ihre eigene Tarifrevision Tarco voranzutreiben. Deren Erarbeitung hatte sich zuvor als schwierig erwiesen, weil höhere Ansätze bei den einen Ärzten aufgrund der nötigen Kostenneutralität zu finanziellen Einbussen für andere Ärzte führen würden. Der Spitalverband H+ betonte schliesslich, dass die Anpassung des Tarmed die Situation der Spitäler weiter verschlechtern werde. Aufgrund dieser unterschiedlichen Rückmeldungen waren sich die Medien nicht einig, ob die Revision eine gute oder schlechte Nachricht für die Patienten sei. Zwar setze der Bundesrat damit ein Zeichen gegen die ständig wachsenden Prämien, jedoch seien Einsparungen von einer halben Milliarde pro Jahr bei jährlichen Gesundheitskosten von etwa CHF 70 Mrd. eher ein Tropfen auf den heissen Stein.

Revision des TARMED
Dossier: Tarifstrukturen im Gesundheitswesen

Im September und November 2017 entschied das Bundesverwaltungsgericht, dass Mittel und Gegenstände, die für die Pflege gebraucht werden, nicht mehr separat von den Krankenkassen bezahlt werden, da diese zu den Pflegekosten gehören. Zuvor hatten die Krankenversicherung CSS und Tarifsuisse, eine Tochtergesellschaft von Santésuisse, gegen einen Regierungsratsbeschluss des Kantons Basel-Stadt zur Verlängerung des bis 2014 gültigen Tarifvertrags im Bereich MiGeL um ein Jahr geklagt.
Das Gericht unterschied zwischen Mitteln und Gegenständen, die durch professionelles Personal, und solche, die durch die Patientinnen und Patienten selbst angewendet werden. Die Krankenkassen übernehmen zukünftig also nur noch die Kosten von Mitteln und Gegenständen Letzterer. Da die Kosten der MiGeL zum Beispiel in Pflegeheimen neu bereits in den fixen Vergütungen für die Pflegekosten enthalten sind, erhalten die Heime keine zusätzliche Entschädigung mehr dafür. Das Departement Gesundheit und Soziales des Kantons Aargau sprach in seiner Medienmitteilung von Ertragsausfällen für die Pflegeheime von CHF 4 Mio. und von unbekannt hohen Ausfällen für die Spitexbetriebe. In der Folge erklärte zum Beispiel die CSS, dass sie ab 1. Januar 2018 keine MiGeL-Produkte mehr vergüten werde. Erste Krankenversicherungen hätten gemäss Medienmitteilung des Kantons Aargau zudem mit Rückforderungen für die Jahre 2015 bis 2017 begonnen.

Urteil Bundesverwaltungsgericht betreffend MiGeL
Dossier: Änderungsvorschläge zur Mittel- und Gegenständeliste (MiGeL)

Die Schweiz verfügt über eine der höchsten Dichten an praktizierenden Ärztinnen und Ärzten in der OECD. Zur Beschränkung der Ärztezahl hatte das Parlament 2000 eine zeitlich begrenzte Bedürfnisklausel eingeführt und diese bis 2011 dreimal verlängert. Aufgrund der grossen Zahl an Praxiseröffnungen nach dem Auslaufen der Bedürfnisklausel schränkte das Parlament die Zulassung von Leistungserbringenden 2013 in einem dringlichen Bundesgesetz erneut ein. Nachdem der Nationalrat einen Vorschlag zur langfristigen Steuerung des ambulanten Bereichs in der Schlussabstimmung abgelehnt hatte, musste die Zulassungsbeschränkung 2016 erneut verlängert werden. Gleichzeitig beauftragte das Parlament den Bundesrat, einen neuen Vorschlag zur Zulassung der Leistungserbringenden in die Vernehmlassung zu schicken. Diesen Vorschlag basierte der Bundesrat auf den Bericht zur Erfüllung eines Postulats der SGK-SR.
Der Bundesrat schlägt dabei Massnahmen auf drei Interventionsebenen vor. Eine erste Ebene dient der Sicherung der Qualifikation der Leistungserbringenden; dabei sollen Anforderungen an Aus- und Weiterbildung, an das Erlangen von Diplomen sowie an die Anerkennung ausländischer Diplome formuliert werden. Auf einer zweiten Ebene sollen die Anforderungen an die Leistungserbringenden durch ein formales Zulassungsverfahren mit allfälliger Wartefrist von zwei Jahren, durch einen Nachweis der Qualität der Leistungserbringung sowie durch die Knüpfung der Tätigkeit zu Lasten der OKP an Auflagen erhöht werden. Die Versicherer sollen eine Organisation schaffen, welche über die Zulassungsgesuche entscheidet. Die dritte Interventionsebene beschreibt Massnahmen, die es den Kantonen erlauben, das Versorgungsangebot nach Bedarf zu regeln. Dazu gehören Höchstzahlen an zu Lasten der OKP im ambulanten Sektor tätigen Ärztinnen und Ärzten sowie Zulassungseinschränkungen in Bereichen mit massivem Kostenanstieg.

An der Vernehmlassung, die vom 5. Juli 2017 bis zum 25. Oktober 2017 stattfand, beteiligten sich 91 Organisationen. Mehrheitlich einig war man sich über die Notwendigkeit der Zulassungssteuerung, die einzelnen Massnahmen der Vorlage stiessen jedoch auf unterschiedlich grossen Anklang. Klar für die Vorlage sprachen sich die SP, die GDK und CLASS, alle Kantone (ausser AG, GR, JU, LU und TG), die Konsumentenverbände, der Patientenverband DVSP sowie die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Berggebiete (SAB) aus. Die SVP und FDP, die meisten Dachverbände der Wirtschaft, die Versichererverbände, die Konferenz der kantonalen Ärztegesellschaften (KKA) und die meisten kantonalen und regionalen Ärztegesellschaften lehnten die Vorlage deutlich ab. Gespalten zeigten sich die Verbände der Leistungserbringenden: Einige befürworteten den bundesrätlichen Vorschlag, die meisten sprachen sich allerdings dagegen aus oder kritisierten ihn zumindest stark.
Viel Kritik gab es für den Vorschlag, die Zulassungssteuerung den Versicherern zu übertragen. Dies wurde als erster Schritt zur Aufhebung des Vertragszwangs gewertet. Stattdessen solle die Zulassung von den Kantonen gesteuert werden, argumentierten zahlreiche Akteure. Mehrfach wurde zudem eine Verschärfung der Zulassungskriterien gefordert. Unter anderem sollen Ärztinnen und Ärzte mindestens drei Jahre an schweizerischen Bildungsstätten gearbeitet haben müssen und über ausreichende Sprachkenntnisse verfügen, bevor sie zur Tätigkeit zu Lasten der OKP zugelassen werden. CVP, FDP und SVP schlugen zudem vor, die Zulassungsbeschränkungen mittelfristig mit einer einheitlichen Leistungsfinanzierung zu verknüpfen.

KVG. Zulassung von Leistungserbringern (BRG 18.047)
Dossier: Zulassungsbeschränkung für Ärztinnen und Ärzte (seit 1998)

Die Forderungen aus dem Postulat Eder (fdp, ZG) Transparenz für Patienten über die Qualität im Spitalbereich wurden im Wesentlichen mit der Neubildung einer elektronischen Informationsplattform erfüllt, weswegen das Postulat 2016 abgeschrieben werden konnte. Santésuisse und das Konsumentenforum hatten im November 2015 informiert, dass die Plattform «Spitalfinder» ins Leben gerufen worden sei. Dort können verschiedene Kriterien für die Qualitätsentwicklung in Spitälern eingesehen werden.

Transparenz für Patienten über die Qualität im Spitalbereich

Anfang September 2014 endete die Vernehmlassungsfrist zum Bundesgesetz über das Zentrum für Qualität in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung. Das neue Bundesgesetz soll die Grundlagen für die Errichtung eines nationalen Zentrums für Qualität schaffen, welches in Zukunft die Aufgabe haben soll, schweizweite Qualitätsprogramme zu lancieren, Leistungen auf ihren Nutzen zu überprüfen und so insbesondere die Qualität der medizinischen Leistungen und die Sicherheit der Patientinnen und Patienten zu erhöhen. Der Bundesrat reagierte damit auf diverse überwiesene parlamentarische Vorstösse, welche einerseits auf eine Verbesserung der Qualitätssicherung in der OKP, andererseits auf eine systematischere Bewertung von Gesundheitstechnologien abzielten.

Der Ergebnisbericht zur Vernehmlassung lag im Mai 2015 vor. 152 Vernehmlasser hatten zuvor ihre Stellungnahmen eingereicht. Kaum erstaunen dürfte, dass Einigkeit über die Zielsetzung einer hohen Qualität in der Krankenversicherung herrschte. Ebenso wurde begrüsst, dass sich der Bund verstärkt engagiere, eine Führungsrolle übernehme sowie eine aktive Rolle im Bereich Qualitätssicherung ausübe. Über die Massnahmen zur Zielerreichung und den Weg dorthin gingen die Meinungen jedoch auseinander. Die zentrale Neuerung, die Schaffung eines Zentrums für Qualität, war umstritten, wie aus dem Vernehmlassungsbericht hervorging. Zwar waren institutionelle Akteure, beispielsweise die GDK, offen für ein solches Zentrum, wichtige Akteure aus dem Gesundheitswesen lehnten eine neue Verwaltungsstelle jedoch ab. Der Spitalverband H+, die Versicherer (santésuisse) oder auch die Ärzteschaft (FMH) zeigten sich skeptisch, sie befürchteten die Schaffung eines bürokratischen Apparats. Von zahlreichen Stellungnehmenden wurden Anpassungen angeregt, so zum Beispiel, bestehende Organisationen in das Zentrum zu integrieren.
Die grundsätzliche Kritik von gewichtigen Akteuren führte jedoch dazu, dass die Regierung entschied, auf ein solches angedachtes Qualitätszentrum zu verzichten. Stattdessen sollte fortan ein „Netzwerk Qualität“ eingesetzt werden, welches Koordinationsaufgaben zwischen bestehenden Akteuren übernehmen soll. Daneben wird auch eine ausserparlamentarische Qualitätskommission eingesetzt. Insbesondere die Anliegen der Patientinnen und Patienten, vertreten durch die Stiftung Patientensicherheit Schweiz, sollen berücksichtigt werden. Die Stiftung soll eine tragende Rolle einnehmen und weiterhin nationale Pilotprogramme betreuen.
Für die Umsetzung des Netzwerks bedarf es einer Änderung des KVG. Die Ausgaben für die Realisierung dieser Projekte im Bereich Qualität wurden auf rund CHF 30 Mio. beziffert und sollen durch die Prämien gedeckt werden (CHF 3.50 pro Person und Jahr; total ca. CHF 22 Mio.). Weitere CHF 10 Mio. sollen über Bundesmittel finanziert werden. Bis Ende 2015 wollte die Regierung einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorlegen.

KVG. Stärkung von Qualität und Wirtschaftlichkeit (BRG 15.083)
Dossier: Qualität und Transparenz in der Gesundheitsversorgung

Der Krankenversichererverband Santésuisse veröffentlichte im April eine in seinem Auftrag von der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften angefertigte Studie zur Kostenentwicklung im Gesundheitswesen. Die Kostensteigerung sei nicht primär, wie oft angenommen, durch steigende Preise bei Medikamenten und Leistungserbringern bedingt, sondern vielmehr durch eine Zunahme des Konsums von Gesundheitsleistungen, insbesondere bei Ärzten, Medikamenten und ambulanten Spitalleistungen. Die Konsummenge sei auch der entscheidende Faktor bei den Kostendifferenzen zwischen den Kantonen, so die Studie.

Kostenentwicklung im Gesundheitswesen

Im November des Vorjahres hatte das Eidg. Versicherungsgericht entschieden, dass die Kantone aufgrund des seit 1996 in Kraft stehenden KVG ab 2001 in den öffentlichen und öffentlich-subventionierten Spitälern auch bei einer privaten oder halbprivaten Hospitalisierung den hälftigen Sockelbeitrag an die Betriebskosten bezahlen müssen, was eine finanzielle Mehrbelastung von rund 700 Mio Fr. pro Jahr bedeutet hätte, welche die Kantone ohne Steuererhöhungen als nicht verkraftbar erachteten. hier Sie wandten sich deshalb mit der Bitte ans Bundesparlament, den Kostenschub erträglicher zu machen. Die SGK des Ständerates bemühte sich daraufhin gemeinsam mit den Kantonen und Santésuisse (ehemals KSK) um eine Lösung, die sowohl der an sich klaren Rechtslage, welche die Kantone in den letzten sechs Jahren nicht hatten wahrhaben wollen, als auch deren finanziellen Möglichkeiten Rechnung trägt. Zur Diskussion standen eine vorgezogene Änderung der Spitalfinanzierungsbestimmungen im KVG, wie sie die zweite Teilrevision ohnehin vorsieht, oder eine Übergangslösung mit einem dringlichen Bundesgesetz.

Auf Antrag der SGK, welche ihre Vorschläge in die Form einer ausformulierten parlamentarischen Initiative gekleidet hatte, stimmte der Ständerat einem dringlichen Bundesbeschluss zu, welcher die Kantonsbeteiligung schrittweise einführt, dabei aber auf die Abgeltung der effektiven Kosten verzichtet und stattdessen von den Tarifen der allgemeinen Spitalabteilungen ausgeht, womit die Mehrbelastung der Kantone um 200 Mio Fr. pro Jahr reduziert wird. 2002 werden 60% des geschuldeten Betrages von den Kantonen übernommen, 2003 80% und 2004 100%, was zu jährlichen Mehrkosten für die Kantone von 300, 400 und schliesslich 500 Mio Fr. führt. Im Nationalrat versuchte eine knappe Kommissionsmehrheit unter den Abgeordneten Gutzwiller (fdp, ZH), Verwaltungsrat der grössten Privatspital-Betreiberin der Schweiz (Hirslanden), und Zäch (cvp, AG), Direktionspräsident des privaten Paraplegikerzentrums Nottwil (LU), zu erreichen, dass die Kantone ihre Beiträge auch an die privaten Spitäler, die auf der kantonalen Spitalliste stehen, entrichten müssen. Mit 101 zu 64 Stimmen schloss sich im Plenum aber eine Mehrheit der CVP und der FDP dem Antrag der SP an, die Frage der Privatspitäler erst im Rahmen der 2. KVG-Revision anzugehen. Auf Wunsch der Bundeskanzlei, die geltend machte, dass es noch nie ein sowohl dringliches als auch (für das Jahr 2002) rückwirkendes Bundesgesetz gegeben habe, beantragte die Kommission, auf die Dringlichkeit zu verzichten. Das Plenum liess sich aber von einem positiven Gutachten des Bundesamtes für Justiz sowie vom Argument überzeugen, die Angelegenheit sei in erster Linie durch die uneinsichtige Haltung der Kantone verschleppt worden, weshalb jetzt unbedingter Handlungsbedarf bestehe. Mit 128 zu 1 Stimmen wurde die Dringlichkeit bejaht und später mit 157 zu 7 Stimmen bestätigt. In der Schlussabstimmung wurde die Vorlage von beiden Kammern einstimmig verabschiedet. Mit dem Argument, der EVG-Entscheid sei bereits für 2002 vollumfänglich anzuwenden, reichte die Krankenkasse Assura das Referendum gegen den dringlichen Bundesbeschluss ein.

privaten oder halbprivaten Hospitalisierung Kantone Kantonsbeteiligung schrittweise dringliches rückwirkendes Bundesgesetz

Ausgehend von einem Bericht über das Malaise im Pflegebereich, das sich unter anderem in einem ausgetrockneten Arbeitsmarkt ausdrückt, verlangte die CVP einerseits eine bessere soziale und finanzielle Anerkennung der Pflegeberufe, andererseits eine Neuregelung der Finanzierung der Pflegeheime. Im Hintergrund stand eine im Juli erlassene Verordnungsänderung, wonach die Pflegeheime die effektiven Pflegekosten transparenter ausweisen müssen. Bis anhin wurden zum Teil auch eigentliche Pflegeleistungen dem Bereich Hotellerie zugeordnet und den Pflegebedürftigen direkt verrechnet. Mit der konsequenten Ausscheidung der tatsächlichen Pflegekosten rechnen die Versicherer, auf mehrere Jahre verteilt, mit Mehrkosten von rund 1,2 Mia Franken, was zu einem Prämienschub von gegen 10% führen könnte. Ständerat und CVP-Präsident Stähelin (TG) verlangte deshalb den umgehenden Übergang von der dualistischen zur monistischen Spital- und Heimfinanzierung, wonach die Versicherer sämtliche tarifvertraglichen Leistungen für die Krankenpflege berappen müssten. Die freiwerdenden Mittel, mit denen die Kantone heute Spital- und Heimleistungen subventionieren, sollten in gleicher Höhe an die Krankenkassen überwiesen werden mit dem gezielten Auftrag, die Kinderprämien massiv zu verbilligen resp. ganz aufzuheben und die Langzeitpflege im Alter zu finanzieren. Falls die Mittel nicht genügend sollten, sah Stähelin nur noch einen Ausweg: die Einführung einer Zusatzprämie ab dem 50. Altersjahr. Diese sollte für alle Schichten tragbar sein und dürfte 10 Fr. pro Monat nicht übersteigen. Diese Idee nahm Santésuisse auf. Sie regte an, Leute ab 50 sollten verpflichtet werden, zusätzlich zur obligatorischen Krankenversicherung eine Pflegeversicherung abzuschliessen, um die künftige Lastenverteilung zwischen den Generationen wieder etwas zu entspannen. Der Anteil der Ausgaben für eigentliche Pflegeleistungen (Spitex und Pflegeheime) sei vor allem für die Altersgruppe 75+ bedeutsam. (Eine Studie der ETH zeigte, dass die Überalterung der Bevölkerung die Prämien bis ins Jahr 2035 um jährlich 0,5% verteuern wird .) Mit einer monatlichen Durchschnittsprämie von knapp 50 Franken ab Alter 50 könnten die Seniorinnen und Senioren die anfallenden Kosten weitgehend selber finanzieren. Anlässlich der jährlichen Pressekonferenz zur Prämienentwicklung zeigte sich Bundesrätin Dreifuss sehr besorgt ob dem Vorschlag von Santésuisse, der ihrer Ansicht nach darauf abzielt, die mühsam aufgebaute Solidarität zu untergraben und das Land zwischen Jungen und Älteren aufzuspalten.

CVP Forderungen für den Pflegebereich

Der Ständerat hatte seine Mittlerrolle zwischen Kassen und Kantonen von der Bedingung abhängig gemacht, dass sich diese vorgängig seiner Beschlüsse über die noch offenen Kosten für das Jahr 2001 einigten. Mitte März kamen die Sanitätsdirektorenkonferenz und Santésuisse in Verhandlungen überein, dass die Kantone den Krankenversicherern für 2001 Nachzahlungen von 250 Mio Fr. leisten. Es stellte sich allerdings die Frage, wem diese Summe zugute kommen sollte. In seiner Antwort auf eine Interpellation Joder (svp, BE) im Nationalrat vertrat der Bundesrat die Ansicht, diese Gelder seien vollumfänglich den Zusatzversicherten, welche bisher ihren Aufenthalt in den halbprivaten und privaten Abteilungen allein via Prämien bezahlten, zurückzuerstatten. Mit der Kontrolle der korrekten Umsetzung wurde das Bundesamt für Privatversicherungen beauftragt.

Nachzahlungen