Suche zurücksetzen

Inhalte

  • Sport
  • Ärztinnen, Ärzte und Pflegepersonal

Akteure

  • Curafutura – die innovativen Krankenversicherer

Prozesse

5 Resultate
Als PDF speichern Weitere Informationen zur Suche finden Sie hier

Im Mittelpunkt der Revision des KVG bezüglich der Zulassung von Leistungserbringenden in der Herbstsession 2019 durch den Nationalrat stand ein Rückkommensantrag der SGK-NR, der von ihrer ständerätlichen Schwesterkommission gutgeheissen worden war. Sowohl Nationalrat als auch Ständerat hatten in der ersten Behandlungsrunde den bundesrätlichen Vorschlag zur Schaffung von Auflagen für die Leistungserbringenden in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit und die Qualität durch die Aufsichtsbehörde gutgeheissen. Damit habe man gemäss Kommissionssprecherin Ruth Humbel (cvp, AG) jedoch Koordinationsprobleme mit der Vorlage «Steigerung von Qualität und Wirtschaftlichkeit» und Zuständigkeitskonflikte zwischen Kantonen und Tarifpartnern geschaffen. Gemäss letzterer Vorlage sei der Bund für die Regulierung der Krankenversicherungen und die Tarifpartner für die Durchführung von Qualitätskontrollen zuständig. Statt den Kantonen mit der Zulassungsvorlage nun ebenfalls noch Kontrollaufgaben und somit eine zusätzliche Aufsichts- und Sanktionierungskompetenz zu geben, sollten sie ausschliesslich für die gesundheitspolitische Zulassung von Ärztinnen und Ärzten sowie für deren Zulassung zur OKP zuständig sein, während die Wirtschaftlichkeits- und Kosteneffizienzprüfung durch die Tarifpartner erfolgen solle. Dagegen wehrte sich eine Minderheit Heim (sp, SO) heftig. Barbara Gysi (sp, NR) betonte für die SP-Fraktion, dass diese Änderung aufgrund eines Rechtsgutachtens und des Lobbyings von Curafutura eingereicht worden sei. «Dieses Rückkommen ist nichts anderes als der Versuch, einen Teil der Macht – die Sanktionsmöglichkeiten, den Einfluss und die Steuerungsmöglichkeiten – bei den Kantonen wieder zu streichen und ihn den Versicherungen zuzuschieben», kritisierte sie. Dies wecke die Gefahr, dass die Versicherungen die Qualität der Gesundheitsversorgung ihrem Kostendenken unterordneten. Wenn die Kantone zudem neu über die Zulassung der Leistungserbringenden entscheiden könnten, gemäss Verfassung für die Gesundheitsversorgung verantwortlich seien und diese zukünftig aufgrund von EFAS auch mitfinanzieren müssten, sollten sie auch die Umsetzung der Qualitätsvorgaben beaufsichtigen können. Zudem habe die Verwaltung den Koordinationsbedarf zwischen den zwei Vorlagen überprüft und in Abklärung mit dem Bundesamt für Justiz kleinere Ergänzungen vorgeschlagen. Auch Bundesrat Berset erachtete diese vorgeschlagenen kleineren Korrekturen als ausreichend, um die entsprechenden Koordinationsprobleme zu beheben. Dennoch sprach sich der Rat – bei 27 nicht teilnehmenden Personen – mit 122 zu 49 Stimmen für die Änderung aus. Die ablehnenden Stimmen stammten von der SP- und Grünen-Fraktion sowie von Roger Golay vom MCG und Marianne Streiff-Feller und Nik Gugger von der EVP.
Auch die weiteren Punkte der Reform wurden hitzig diskutiert. Bei der Frage, ob die Kantone Zulassungsbeschränkungen einführen müssen oder können, sprachen sich ausser der FDP-Fraktion und Angelo Barrile (sp, ZH) und vereinzelten Enthaltungen alle Ratsmitglieder für eine entsprechende Pflicht für die Kantone aus (146 zu 30 Stimmen bei 4 Enthaltungen). Bei der freiwilligen Möglichkeit auf Vertragsfreiheit, die der Nationalrat eingeführt, der Ständerat aber deutlich abgelehnt hatte, folgte die grosse Kammer mit 135 zu 41 Stimmen (bei 6 Enthaltungen) ihrer Kommissionsmehrheit und lenkte gegenüber dem Ständerat ein. Eine Mehrheit der FDP-Liberalen-Fraktion und eine Minderheit der SVP-Fraktion hatte hier auf Festhalten plädiert. Nicht einlenken wollte der Nationalrat hingegen beim Beschwerderecht für die Versicherungen und die Versicherungsverbände bezüglich der Ärztehöchstzahlen; dieses bestätigte er mit 131 zu 52 Stimmen gegen den Widerstand von SP- und Grünen-Fraktion sowie von Roger Golay. Mit 123 zu 53 Stimmen hielt die grosse Kammer schliesslich auch trotz kritischer Stimmen des Gesundheitsministers und von linker Ratsseite an der Verbindung dieser Zulassungsvorlage mit EFAS fest. Die Verbindung diene dazu, dass «Efas die Räte und das Referendum erfolgreich übersteht», erklärte Kommissionssprecherin Humbel.

KVG. Zulassung von Leistungserbringern (BRG 18.047)
Dossier: Zulassungsbeschränkung für Ärztinnen und Ärzte (seit 1998)

Zu dem am 20. Mai 2019 in Vernehmlassung gegebenen Vorentwurf der SGK-NR zum indirekten Gegenvorschlag der Pflegeinitiative gingen bis zum 14. August 2019 insgesamt 152 Stellungnahmen ein. Während die Vorlage von weiten Kreisen grundsätzlich befürwortet wurde, nahmen drei Kantone (SZ, ZG und ZH), die SVP, Economiesuisse, Santésuisse und die Helsana eine ablehnende Haltung ein, die sie unter anderem mit dem Föderalismus oder im Falle von Santésuisse mit einem fehlenden gesetzgeberischen Handlungsbedarf begründeten.
Bezüglich der einzelnen Massnahmen, die von der Kommission vorgeschlagen worden waren, zeigte sich, dass insbesondere die Beiträge der Kantone zu den Ausbildungsleistungen der Spitäler, Pflegeheime und Spitexorganisationen im Allgemeinen sehr gut aufgenommen wurden – dies unter anderem von der GDK, 18 Kantonen, von allen Parteien (ausser der SVP), dem SGV, dem Centre Patronal, aber auch von den Gewerkschaftsdachverbänden, den Leistungserbringenden, Berufsverbänden und Bildungseinrichtungen sowie von Curafutura und drei der Santésuisse angehörigen Versicherern.
Nicht unterstützt wurden von der GDK und 14 Kantonen indes Beiträge für Auszubildende in der Krankenpflege an einer HF oder FH. Dabei stellte für sie vor allem die Verpflichtung der Kantone ein Problem dar; einer Kann-Formulierung würden sie jedoch zustimmen. Mit Ausnahme der FDP.Liberalen und der SVP befürworteten neben allen Parteien auch die Gewerkschaften, alle Leistungserbringende, Berufsverbände und Bildungsinstitutionen die Ausbildungsbeiträge. Gespalten zeigten sich die Versicherer.
Ebenfalls umstritten war die Begrenzung der Gültigkeitsdauer des Gesetzes auf acht Jahre. Während die GDK, 17 Kantone wie auch vier Parteien, die Gewerkschaften, der SGV und eine Mehrheit der Leistungserbringenden sich dagegen aussprachen, weil sie eine zeitliche Limitierung nicht für wirksam hielten, resp. der Ansicht waren, dass das Problem des Fachkräftemangels innerhalb dieses Zeitrahmens nicht gelöst werden könne, unterstützten diejenigen Versicherer, die dem Gegenvorschlag positiv gegenüberstanden, eine solche Begrenzung.
Die Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer sprach sich für eine gesetzliche Verankerung von bestimmten Leistungen, welche die Pflegefachpersonen selbstständig durchführen dürfen, aus. Es wurden allerdings einige Änderungsvorschläge angebracht. So war es der GDK und 17 Kantonen wichtig, dass Pflegefachkräfte nicht nur in der Lage seien, die pflegerische Grundversorgung in eigener Verantwortung durchzuführen, sondern diese für limitierte Zeiträume selbst auch delegieren zu können. Curafutura, Swica und Visana befürworteten die Einräumung der neuen Kompetenzen, forderten aber eine Vereinbarung der Modalitäten zwischen den Versicherern und den Pflegeverbänden. Die FDP.Die Liberalen, die GLP und der SGV wollten, dass ein Zulassungsvertrag mit einem oder mehreren Versicherern abgeschlossen werden müsse. Gutgeheissen wurde die Kompetenzerweiterung im Bereich der Grundpflege von der FMH, für den Bereich der psychiatrischen Grundpflege hingegen sprach sie sich dagegen aus.
Für die beiden Dachverbände der Versicherer, Curafutura und Santésuisse, hatten Leistungsaufträge, die verbindliche Regelungen über die zu erbringenden Ausbildungsleistungen enthalten, im KVG keinen Platz. Bei den Kantonen war die Mehrzahl der Auffassung, dass sie selbst über diese Regelung verfügen können sollten. Leistungserbringende und Berufsverbände wünschten sich eine Verknüpfung solcher Leistungsaufträge mit den von den Kantonen erteilten Betriebsbewilligungen.
Was die Einführung der Vertragsfreiheit von Pflegefachleuten betrifft, so stiess diese bei den meisten Kantonen, den Gewerkschaften, Leistungserbringenden, Berufsverbänden wie auch bei Curafutura und der Visana nicht auf offene Ohren. Wenn es hingegen nach Santésuisse ginge, müssten, falls die Kompetenzen der Pflegefachfrauen und -männern erweitert würden, der Vertragszwang gelockert oder eine Einzelvereinbarung zwischen den Versicherern und den Pflegevertretern getroffen werden.
Die Pflicht, einen Gesamtarbeitsvertrag abzuschliessen, fand abgesehen von den Gewerkschaften, linksgrünen Parteien und Bildungsinstitutionen keine Unterstützung.

Für eine starke Pflege (Pflegeinitiative). Volksinitiative und indirekter Gegenvorschlag (BRG 18.079 & Pa.Iv. 19.401)
Dossier: Die Pflegeinitiative und ihre Umsetzung

Der Spitalverband H+ verlasse die Tarmed-Tarifverhandlungen und damit die Tariforganisation ats-tms AG per Ende Jahr, berichtete die Aargauer Zeitung im September 2018. Der Spitalverband, die Versicherungen, die Ärzteschaft sowie auch Bundesrat Berset hatten bereits seit Längerem versucht, das Tarmed zu revidieren, jedoch ohne Erfolg. Eine Einigung sei nicht möglich, da die Verhandlungspartner an unterschiedlichen Stricken zögen: Die Versicherungen wollten die Kosten fairer verteilen, während die Spitäler an den Ärztelöhnen festhielten, erklärte die Aargauer Zeitung. Gemäss der H+-Direktorin Dorit Djelid sei es dem Spitalverband bisher weder gelungen, sich mit den Versicherern auf einen Tarif zu einigen, noch einen Konsens mit den übrigen Partnern zu finden, mit denen «grosse Dissense» bei tarifpolitischen Kernthemen bestünden. H+ habe sich deshalb dazu entschieden, nicht mehr an den «stockenden und zum Teil blockierten» Verhandlungen teilzunehmen. Der Krankenversichererverband Curafutura fühle sich dadurch vor den Kopf gestossen, so die Zeitung weiter: Eigentlich seien die Verhandlungen weit fortgeschritten und man habe «den Spatz in der Hand», doch wolle der Spitalverband «die Taube auf dem Dach». Die verbleibenden Verhandlungspartner werden den Tarif jedoch fertig verhandeln.

Spitalverband verlässt Tariforganisation

Im September 2018 veröffentlichte der Bundesrat seinen Bericht in Erfüllung des Postulats Darbellay (cvp, VS) zu den Kriterien für die Repräsentativität bei der Unterzeichnung von Tarifverträgen. Die Frage nach der Repräsentativität sei nur für die gesamtschweizerisch einheitlichen Tarifstrukturen relevant, befand der Bundesrat im Bericht und beschränkte seine Analyse folglich auf die Einzelleistungstarifstrukturen sowie auf die Strukturen für die pauschale Vergütung der stationären Behandlung. Das Kriterium der Repräsentativität sei gesetzlich nicht verankert, ergebe sich aber aus der Einheitlichkeit der Tarifstruktur, erklärte der Bundesrat. Der Abschluss eines Tarifvertrags bedürfe grundsätzlich keiner Mindestkriterien, er solle sich aber auf einen breiten Konsens stützen. Die Revision einer Tarifstruktur müsse jedoch in einem Tarifvertrag erfolgen, der von allen «massgeblichen Tarifpartnern» unterzeichnet werden müsse. Die Frage, ob eine Mehrheit der Tarifpartner zustimmen müsse oder ob es ausreichend sei, wenn die übrigen Tarifpartner zumindest angehört würden, werde überdies in den Gutachten von Dr. iur. Markus Moser, eingeholt durch das BAG, und Prof. Dr. Bernhard Rütsche, beauftragt von Curafutura, uneinheitlich beantwortet. Folglich entschied der Bundesrat, zukünftig das Kriterium der Repräsentativität dadurch in Betracht zu ziehen, dass er von einer Minderheit der Tarifpartner vorgelegte Verträge prüfe und bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen die Tarifstruktur per Verordnung als gesamtschweizerisch einheitlich festlege.
Nach Vorliegen des Berichts stimmte der Nationalrat der vom Bundesrat beantragten Abschreibung des Postulats in der Sommersession 2019 stillschweigend zu.

Kriterien für die Repräsentativität bei der Unterzeichnung von Tarifverträgen

Im August 2017 gab der Bundesrat bekannt, dass er von seiner subsidiären Kompetenz Gebrauch machen und die Einzelleistungstarifstruktur Tarmed anpassen werde. Dies war nach 2014 zum zweiten Mal nötig geworden, weil sich Leistungserbringer und Versicherer nicht auf einen gemeinsamen Tarif hatten einigen können und somit für das Jahr 2018 keine Tarifstruktur mehr vorgelegen hätte. Die Änderungen der Verordnung zum Tarmed sahen vor, die „Vergütungen der verschiedenen Leistungen in angemessene Relation zu stellen“. Dazu sollten einerseits die Leistungsvergütungen bestimmter Tarifpositionen geändert werden. Zum Beispiel soll für alle Leistungen ein einheitlicher Dignitätsfaktor bestimmt werden. Die Weiterbildungsdauer der Fachärzte soll folglich nicht mehr in die Tarife einfliessen, so dass alle ärztlichen Leistungen einheitlich abgerechnet werden. Andererseits werden die Abrechnungsregeln einzelner Tarifpositionen geändert, was unter anderem zu mehr Abrechnungstransparenz und reduzierten Beträgen bei der Verrechnung von Leistungen in Abwesenheit der Patientinnen und Patienten führen soll. Zudem werden die Tarife derjenigen Leistungen gesenkt, deren Dauer durch technische oder medizinische Fortschritte reduziert worden ist. Einzelne dieser Massnahmen hatte der Bundesrat entsprechend den Rückmeldungen aus der Vernehmlassung angepasst, so dass er nun mit jährlichen Einsparungen von CHF 470 Mio. (anstelle der ursprünglich erwarteten CHF 700 Mio.) rechnete. Diese Korrekturen betrafen vor allem die vulnerabelsten Patienten, also Kinder, Betagte und psychisch Kranke, deren Grundkonsultation unter anderem weiterhin länger dauern darf als bei den übrigen Patienten.

Die betroffenen Akteure reagierten unterschiedlich auf die Revision. Der Kassenverband Curafutura lobte die Revision und erwartete deutliche Einsparungen bei den Prämien; Santésuisse hingegen bezweifelte, dass die durch die Revision möglichen finanziellen Reduktionen tatsächlich die von Bundesrat Berset angegebene Höhe erreichen würden. Negative Reaktionen kamen vor allem von den Leistungserbringern: Der Ärzteverband FMH sorgte sich aufgrund der Revision wie bereits in der Vernehmlassung vor möglichen Verschiebungen vom ambulanten in den stationären Bereich. Für die Ärzte bedeute dies zudem eine Reduktion ihrer Vergütungen um durchschnittlich 10 Prozent, vereinzelt könne es gar zu Reduktionen bis 30 Prozent kommen. Dies veranlasste die Presse zu Spekulationen, ob die Revision den Anreiz der Ärzteschaft gesteigert habe, ihre eigene Tarifrevision Tarco voranzutreiben. Deren Erarbeitung hatte sich zuvor als schwierig erwiesen, weil höhere Ansätze bei den einen Ärzten aufgrund der nötigen Kostenneutralität zu finanziellen Einbussen für andere Ärzte führen würden. Der Spitalverband H+ betonte schliesslich, dass die Anpassung des Tarmed die Situation der Spitäler weiter verschlechtern werde. Aufgrund dieser unterschiedlichen Rückmeldungen waren sich die Medien nicht einig, ob die Revision eine gute oder schlechte Nachricht für die Patienten sei. Zwar setze der Bundesrat damit ein Zeichen gegen die ständig wachsenden Prämien, jedoch seien Einsparungen von einer halben Milliarde pro Jahr bei jährlichen Gesundheitskosten von etwa CHF 70 Mrd. eher ein Tropfen auf den heissen Stein.

Revision des TARMED
Dossier: Tarifstrukturen im Gesundheitswesen