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  • Economiesuisse (Vorort)
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  • Anderer Verband im Energiebereich
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Die Niederlage in der Abstimmung über die Unternehmenssteuerreform III (USR III) brachte die kampagnenführenden Wirtschaftsverbände, insbesondere Economiesuisse, politisch unter Druck. Im Interview mit dem «Blick» eine Woche nach der Abstimmung distanzierte sich FDP-Parteipräsidentin Petra Gössi, deren Partei sich neben dem SGV und Economiesuisse zuvorderst an der Ja-Kampagne zur USR-III-Abstimmung beteiligt hatte, deutlich von den Wirtschaftsverbänden. Einzelne Wirtschaftsverbände hätten in der Bevölkerung kein gutes Ansehen mehr, schlimmer sei aber, dass die Verbände zwar «reichlich Geld», aber das Gespür verloren hätten, «von wo der politische Wind weht». Das fehlende politische Gespür verortete Gössi im Versagen von Economiesuisse, ein Bindeglied zwischen Politik und Wirtschaft zu sein und auch Missstände in der Wirtschaft aufzeigen zu können. «Warum verdient zum Beispiel ein Manager Abermillionen, wenn das Unternehmen gleichzeitig Verluste einfährt?», fragte Gössi rhetorisch und antwortete gleich selbst, dass dies «kein Mensch» verstehe. Auch zeigte sie sich enttäuscht, dass ihre Partei in der Abstimmungskampagne zu wenig zu Wort gekommen sei. «Eine Kampagne wie bei der Unternehmenssteuerreform III wird es mit der FDP nicht mehr geben», schlussfolgerte Gössi. In Zukunft sehe sie keinen anderen Weg, als dass in Abstimmungskampagnen die Parteien wieder die Führung übernehmen müssten. In der «Schweiz am Sonntag» griff auch Ulrich Giezendanner (svp, AG) die Führung von Economiesuisse an. Er beanstandete, dass der Wirtschaftsverband im Parlament an Bedeutung verliere und dessen Präsident Heinz Karrer und die Direktorin Monika Rühl öffentlich zu wenig präsent seien, um das Vertrauen der Bevölkerung gewinnen zu können. Giezendanner forderte die Absetzung der Economiesuisse-Führung, musste sich aber im Gegenzug den Vorwurf gefallen lassen, dass er sich als SVP-Politiker eine europapolitisch kritischere Verbandsspitze wünsche und ihm ein Wechsel im Führungsstab in dieser Hinsicht gelegen käme. Giezendanner forderte jedoch auch, dass die Kampagnenführung vom Dachverband getrennt werden solle – eine Idee, die der ehemalige Direktor von Avenir Suisse, Gerhard Schwarz, nach der USR-III-Abstimmung in der NZZ aufgeworfen hatte. Bis im Jahr 2000 habe es neben Economiesuisse, dem Arbeitgeberverband und dem SGV noch die «Wirtschaftsförderung» als Kampagnenorganisation der Wirtschaftsverbände gegeben. Würden das Lobbying und die Kampagnenführung eines Wirtschaftsverbandes nicht getrennt, könnten sie sich gegenseitig beschädigen, so Schwarz, weil Lobbying persönliche Kontakte und grosse Detailgenauigkeit in politischen Geschäften erfordere, die Kampagne hingegen Massenkommunikation sei und meist Vereinfachungen verlange. In der «Nordwestschweiz» verwies der Mediensprecher von Economiesuisse darauf, dass man im Verband eine Aufteilung von Lobbying und Kampagnenführung nach der verlorenen Abzocker-Initiative ernsthaft geprüft habe und damals zum Schluss gekommen sei, die beiden Bereiche nur intern zu trennen. Bei der Analyse der USR III werde dies aber erneut Thema sein. Monika Rühl und Heinz Karrer verwiesen nach der Abstimmung darauf, dass man die Kampagne noch sorgfältig analysieren müsse. Sicher wolle man bei zukünftigen Kampagnen vermehrt die persönliche Betroffenheit bei den Stimmbürgern aufzeigen, so wie dies den Gegnern der USR III gelungen sei, so Rühl in der Luzerner Zeitung. Aber auch das Economiesuisse-Projekt «Wirtschaft und Gesellschaft», mit welchem Economiesuisse seit zwei Jahren versucht, den Dialog zur Bevölkerung herzustellen, müsse fortgeführt werden. Heinz Karrer gab in der Basler Zeitung zu bedenken, dass Auftritte von Persönlichkeiten wie alt Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf und der ehemalige Solothurner FDP-Regierungsrat Christian Wanner ebenfalls das Abstimmungsresultat beeinflusst haben dürften und die Niederlage nicht alleine auf Fehler in der Kampagnenführung zurückzuführen sei. Ein Rücktritt seinerseits sei derzeit kein Thema.

Wirtschaftsverbände USR III

Die Diskussionen um das Milizsystem hielten auch 2015 an. Laut einer Studie von Avenir Suisse hat in den letzten Jahren das zivilbürgerliche Engagement stark abgenommen und zwar nicht nur in Vereinen, sondern auch in der Politik. Da diese immer komplexer und anspruchsvoller werde, finde man auf nationaler Ebene praktisch keine Milizpolitikerinnen und -politiker mehr; auf kantonaler Ebene nehme die Professionalisierung ebenfalls zu: Mehr als die Hälfte der kantonalen Politikerinnen und Politiker würden mehr als 10 Stunden pro Woche für die politische Arbeit aufwenden. Am meisten mit dem abnehmenden Engagement zu kämpfen habe die kommunale Ebene, wo vor allem in den Kleinstgemeinden kaum noch politischer Wettbewerb herrsche. Der Think-Tank schlug als Gegenmassnahme einen obligatorischen, allgemeinen Bürgerdienst vor – laut der Zeitung Le Temps scheine allerdings sogar Avenir Suisse «peu convaincu» vom eigenen Vorschlag zu sein: Auf Rückfrage der Zeitung habe nämlich sogar der Direktor von Avenir Suisse, Gerhard Schwarz, zugegeben, dass das Hauptproblem, nämlich die Erosion von Werten wie Bürgersinn oder Solidarität, auch mit einem Bürgerdienst wohl kaum zu lösen sei.
Weiter angeheizt wurde die Diskussion um den «Mythos» Milizparlament bzw. die Frage, ob sich politische Arbeit überhaupt noch in Teilzeitpensen bewältigen lasse (Tages-Anzeiger), durch den Rücktritt von Alec von Graffenried (gp, BE) aus dem Nationalrat. Als Grund für die Niederlegung seines Mandats gab der Berner Politiker an, das politische Amt, seinen Beruf, seine Verbandstätigkeit und Zeit mit seiner Familie nicht mehr unter einen Hut zu bringen.
Im Juli versuchte schliesslich auch Economiesuisse eine Lanze für das Milizparlament zu brechen. Es gebe leider immer weniger Unternehmer in Bundesbern, die aber als solche wichtige ökonomische Inputs liefern könnten. Der Verband appellierte deshalb an Unternehmen, das mittlere und obere Kader bei der politischen Arbeit zu unterstützen. Das Milizsystem als Pfeiler des Erfolgs der Schweiz könne so wieder gestärkt werden, gab etwa Heinz Karrer der Tribune de Genève zu Protokoll.

Diskussionen um das Milizsystem
Dossier: Milizparlament in der Krise?