Wie unmittelbar nach dem Parlamentsbeschluss von Ende 1986 angekündigt, wurde gegen die Vorlage «Bahn 2000» das Referendum ergriffen. Die Opposition richtete sich nicht gegen eine Angebotsverbesserung bei der Bahn an sich, sondern gegen die Neubaustrecken und den mit ihnen verbundenen Kulturlandverlust. Die Gegnerschaft war geografisch auf das von der geplanten Neubaustrecke Mattstetten–Olten betroffene Gebiet des bernischen Oberaargaus und des Kantons Solothurn konzentriert. Entsprechend fiel denn auch das Sammelergebnis aus: Von den gut 80'000 Unterschriften kamen über 50'000 aus dem Kanton Bern und weitere 18'000 aus dem Kanton Solothurn.
In der Kampagne vor der Abstimmung erhielten die Gegner nur wenig zusätzliche Unterstützung. Von den Parteien sprachen sich auf nationaler Ebene einzig die äussere Rechte (NA, OFP und EDU) und die Auto-Partei gegen die «Bahn 2000» aus, wobei sich lediglich die letztere aktiv dagegen einsetzte. In den Kantonen Bern und Solothurn gaben zudem die SVP bzw. die FDP und die CVP die Nein-Parole aus. Ähnlich schwach fiel die Unterstützung durch Interessenorganisationen aus: Nur gerade die dem Strassentransportgewerbe nahestehende "Aktionsgemeinschaft Strassenverkehr" propagierte die Ablehnung, Vertreter des TCS und des ACS äusserten sich hingegen eher positiv. Auch der Schweizerische Gewerbeverband sprach sich – trotz Otto Fischers Warnungen vor einem Finanzdebakel und einer Mehrbelastung der Steuerzahler – knapp zugunsten von «Bahn 2000» aus.
Die Organisationen des Umweltschutzes befanden sich in einem gewissen Dilemma: Zum einen befürworteten sie die Vorlage als Beitrag zur Attraktivitätssteigerung des öffentlichen Verkehrs, zum andern stellten sie jedoch die grundsätzliche Frage, ob damit wirklich ein Umsteigeeffekt erzielt werden könne oder ob nicht vielmehr der Tendenz zu einer weiteren Zunahme der Mobilität mit ihren negativen Auswirkungen auf die Umwelt Vorschub geleistet werde. Der VCS und der Naturschutzbund stimmten dem Konzept «Bahn 2000» trotz dieser Bedenken zu, andere Organisationen wie zum Beispiel der WWF und die SGU verzichteten auf eine Parole. An der bezahlten Werbung in den Medien war auffallend, dass die Quantität der Ja-Propaganda diejenige der Gegner um ein Mehrfaches übertraf und dass dabei vor allem versucht wurde, die Automoblisten anzusprechen.
Bahn 2000. Abstimmung vom 6. Dezember 1987
Beteiligung: 47.7%
Ja: 1'140'857 (56.7%)
Nein: 860'893 (43.3%)
Parolen:
– Ja: FDP*, CVP*, SP, SVP*, GPS, LP*, LDU, EVP, POCH*, PDA; SGB, CNG, Vorort, SGV, SBV; SGU, VCS.
– Nein: NA, AP.
*abweichende Kantonalsektionen
In der Volksabstimmung vom 6. Dezember wurde das Konzept «Bahn 2000» mit einer Mehrheit von 57 Prozent gutgeheissen. Neben Schwyz und Appenzell Innerrhoden lehnten die von den Neubaustrecken betroffenen Kantone Solothurn, Bern und Freiburg die Vorlage ab. Sehr positiv fiel das Ergebnis demgegenüber in den verkehrsungünstig gelegenen Kantonen der Jurakette und der Ostschweiz sowie im Tessin aus. In einer repräsentativen Nachbefragung zeigte sich, dass die Verbesserung des Verkehrsangebotes bei den Befürwortern eine grosse Rolle gespielt hatte. Ein noch wichtigeres Motiv war allerdings der Schutz der Umwelt und dabei insbesondere die von der «Bahn 2000» erhoffte Verlagerung auf den öffentlichen Verkehr. Bei den von den Gegnern genannten Gründen hielten sich die Einwände gegen den Landverschleiss und gegen die hohen Kosten die Waage.
Mit der Zustimmung des Souveräns zur «Bahn 2000» trat auch der vom Parlament 1986 gutgeheissene Bundesbeschluss zur Realisierung des Konzepts in Kraft. Die SBB werden darin ermächtigt, Verpflichtungen im Umfang von CHF 5.4 Mia für Infrastrukturvorhaben einzugehen.
Bahn 2000 (BRG 85.074)
Dossier: Bahn 2000