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Anfang 2023 trat Regine Sauter das Präsidium des Spitalverbands H+ an. Die Generalversammlung folgte einstimmig der Empfehlung der Findungskommission, deren Chef Sauter aufgrund ihres Netzwerks in Bundesbern und ihres Gewichts im Parlament als Idealbesetzung für den Verband erachtete. Wie schon ihre Vorgängerin Isabelle Moret ist Sauter FDP-Nationalrätin und Mitglied der SGK-N. Der Spitalverband, der nach eigenen Angaben 205 öffentliche und private Spitäler, Kliniken und Pflegeinstitutionen vertritt, behält mit ihr also einen direkten Draht in dieses zentrale gesundheitspolitische Gremium. Moret war aufgrund ihrer Wahl in die Waadtländer Kantonsregierung vom Verbandsvorsitz zurückgetreten.
Sauter setzte sich in ihrer Antrittsrede zum Ziel, H+ solle «die massgebende Stimme sein, wenn es darum geht, die Rahmenbedingungen der Spital-, Klinik- und Pflegelandschaft der Schweiz für die nächsten Jahrzehnte zu definieren». Ihr Verband habe «die Kompetenz und auch die Legitimation dazu.» In einem Interview mit der NZZ äusserte sie sich kurz darauf zu weiteren gesundheits- und spitalpolitischen Positionen. Sauter sprach sich darin etwa für Versorgungsnetzwerke mit einem Spital als Zentrum aus, in denen verschiedene Akteure von Hausarztpraxen oder Permanencen über die Spitex bis zur Langzeitpflege zusammenarbeiten. Solche Netzwerke könnten etwa das Problem überlaufener Notfallstationen oder – dank einem effizienteren Einsatz des Personals – auch den Fachkräftemangel in der Pflege entschärfen. Ein weiteres Instrument gegen den Personalmangel sah Sauter in der Ausbildungsoffensive als Folge der 2021 angenommenen Pflegeinitiative. Auch das Parlament könne einen Beitrag leisten, wenn es sich künftig beim Erlass gesetzlicher Vorgaben zurückhalte, die das Arzt- und Pflegepersonal mit weiteren administrativen Arbeiten belasten würden. Mit Bezug auf die Spitalstrukturen wollte Sauter zwar «nicht pauschal» von zu vielen Spitälern in der Schweiz sprechen, befürwortete aber eine überkantonale Spitalplanung und Straffungen, die «nicht nur tiefere Kosten, sondern auch bessere Behandlungsqualität bringen» könnten. Mit Blick auf die Spitalfinanzierung forderte die Freisinnige eine Ausgliederung aller Spitäler aus der öffentlichen Verwaltung, um mehr Kostentransparenz und einen Wettbewerb mit gleich langen Spiessen zu erreichen.

Wechsel im Präsidium des Spitalverbands H+

Ergänzend zu den Massnahmen des ersten Massnahmenpakets schlug der Bundesrat im September 2022 in seiner Botschaft zum zweiten Massnahmenpaket zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen sieben Gesetzesänderungen, erneut basierend auf dem Bericht einer Expertengruppe von 2017, vor. Mit dem Ziel, die Kostenentwicklung in der OKP und der Prämien einzudämmen, sollten etwa Netzwerke zur koordinierten Versorgung als eigene Leistungserbringer definiert werden und die Kriterien für Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit (WZW) differenziert geprüft werden können. Zwei Gesetzesänderungen betrafen neue Preismodelle mit Rabatten und Rückerstattungen zwischen den Zulassungsinhaberinnen der Arzneimittel und den Kostenträgerinnen und Behörden sowie die Ausnahme solcher Modelle aus dem Recht auf Zugang zu öffentlichen Dokumenten – üblicherweise verlangen die Zulassungsinhaberinnen Stillschweigen über die tatsächlichen Kosten und Rabatte. Schliesslich sollten auch Referenztarife für ausserkantonale Wahlbehandlungen festgelegt, eine Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsübermittlung geschaffen sowie die Leistungen der Apothekerinnen und Apotheker zulasten der OKP angepasst werden.

Bei der Vernehmlassung, an der sich 328 Stellungnehmende, darunter alle Kantone, die GDK, neun politische Parteien und zahlreiche Verbände oder Organisationen beteiligten, gab es gemäss Botschaft viele kritische Äusserungen, wonach das Paket «zu umfassend, zu wenig ausgereift und (politisch) nicht umsetzbar» sei. Insbesondere die Leistungserbringenden, Gemeinden und Städte sowie Wirtschaftsvertretenden lehnten es ab, Zustimmung fand es hingegen bei den Kantonen, Konsumenten- und Patientenorganisationen, Versicherungen und bei verschiedenen politischen Parteien. Der Bundesrat nahm aufgrund der Rückmeldungen Änderungen an einigen Regelungen vor und strich die Verpflichtung zu einer Erstberatungsstelle – unter anderem in Hinblick auf die Ablehnung der Managed Care-Vorlage von 2012. Zudem sollte ursprünglich das gesamte zweite Massnahmenpaket als indirekter Gegenvorschlag zur Kostenbremse-Initiative dienen, im Anschluss an die Vernehmlassung entschied sich der Bundesrat jedoch, das anfänglich im zweiten Massnahmenpaket enthaltene Kostenziel separat als indirekter Gegenvorschlag vorzulegen.

Die Aargauer Zeitung zeigte sich von der bundesrätlichen Botschaft wenig begeistert, insbesondere in Anbetracht des grossen von Santésuisse prognostizierten Prämienanstiegs für das Jahr 2023. Das Paket bringe «nichts Neues» und kaum Einsparungen – zudem bestehe die Gefahr, dass das Parlament die Massnahmen zusätzlich abschwäche.

Zweites Massnahmenpaket zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen (BRG 22.062)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)

Im Massnahmenpaket 1a zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen hatten Bundesrat und Parlament entschieden, die Tarifpartner zur Schaffung eines gemeinsamen ambulanten Tarifbüros zu verpflichten. Bereits im März 2021 hatten die Tarifpartner in einem Letter of Intent ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit in diesem Themenbereich festgehalten. Unter Leitung des Berner Regierungsrates Pierre Alain Schnegg (BE, svp) erarbeiteten Arbeitsgruppen bis Juni 2022 in zehn Sitzungen die zur Schaffung der als Aktiengesellschaft geplanten «Orga­nisation für ambulante Arzttarife AG» (OAAT) notwendigen Dokumente. In der Folge sollten diese Dokumente von den beteiligten Verbänden ratifiziert werden, so dass Mitte November 2022 die Gründung erfolgen könnte.
Zu den zu ratifizierenden Dokumenten gehörten neben Statuten und Aktionärsbindungsvertrag auch eine «Zusatzvereinbarung Doppelte Parität», mit der die Verantwortlichen von TARDOC und der ambulanten Pauschalen die «Grundlagen zum Tarif für die Verrechnung ärztlicher Leistungen» durch das jeweils andere Tarifprojekt akzeptierten. Damit sollte der Streit zwischen FMH, Curafutura und der Medizinaltarif-Kommission UVG MTK respektive H+ und Santésuisse bezüglich des zukünftigen Abrechnungssystems für ambulante Leistungen beigelegt werden, wie es auch der Bundesrat und die SGK-NR gefordert hatten. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Bundesrat keines der beiden Tarifprojekte bewilligt. Anschliessend machten sich die Arbeitsgruppen an die Ausarbeitung «gemeinsamer übergeordneter Tarifierungsgrundsätze», mit denen das «Zusammenspiel [...] zwischen ambulanten Pauschalen und TARDOC» festgelegt werden sollte, wie FMH erklärte.

Gemeinsames ambulantes Tarifbüro
Dossier: Tarifstrukturen im Gesundheitswesen

Jahresrückblick 2021: Verbände

2021 wurde die Verbandslandschaft in der Schweiz wie schon im Vorjahr wesentlich durch das Coronavirus und die Massnahmen zu dessen Bekämpfung geprägt. So versuchten die Dachverbände der Arbeitgebenden und der Gewerkschaften wie auch zahlreiche Branchenverbände wiederholt mit Positionsbezügen auf die Pandemiepolitik der Behörden Einfluss zu nehmen. Während in der Unterstützung für Hilfsgelder und Kurzarbeit im Grossen und Ganzen Einigkeit zwischen Gewerkschaften und Verbänden der Arbeitgebenden aus verschiedenen Branchen herrschte, traten bei anderen Massnahmen deutliche Interessengegensätze zutage. Besonders stark profilierte sich in der Öffentlichkeit GastroSuisse mit seinem Präsidenten Casimir Platzer, der sich im Frühjahr immer wieder mit markigen Worten gegen die Schliessung der Innenräume von Gastbetrieben und im Herbst gegen die Zertifikatspflicht in Restaurants äusserte. Diese Forderungen brachten Platzer nicht nur mit manchen Gegenstimmen aus den eigenen Reihen in Konflikt, sondern auch mit Economiesuisse und dem Schweizer Arbeitgeberverband (SAV): Die beiden Dachverbände befürworteten die Zertifikatspflicht, forderten aber vom Bundesrat verbindliche Aussagen darüber, ab welchen Impfquoten er welche Lockerungsschritte ausrufen werde. Der Gewerbeverband (SGV) gab wie der SAV und Economiesuisse bei beiden Abstimmungen über das Covid-19-Gesetz die Ja-Parole heraus, markierte aber ansonsten grössere Distanz zu den Massnahmen des Bundes.
Auch die Gewerkschafts-Dachverbände SGB und Travail.Suisse unterstützten die beiden Covid-Vorlagen. Darüber hinaus wiesen die Gewerkschaften immer wieder auf die zentrale Bedeutung der Kurzarbeit, des Erwerbsersatzes und der Unterstützungsgelder für betroffene Unternehmen hin, um die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Pandemie zu begrenzen. Mit der Argumentation, dass ein vorsichtiger Weg letztlich schneller aus der Krise führe, mahnten SGB und Travail.Suisse bei Diskussionen über Massnahmenlockerungen meist zu behutsamen Schritten. Zu ihren Hauptforderungen zählten im Weiteren die Umsetzung und Kontrolle von Schutzkonzepten am Arbeitsplatz sowie die Sicherstellung der Fürsorgepflicht der Arbeitgebenden auch im Homeoffice.

Eine strikte oder sogar absolute Beachtung individueller Freiheitsrechte und ein verhältnismässiges Vorgehen des Staats gehörten zu den Hauptforderungen mehrerer politischer Gruppierungen, die im Zuge der Proteste gegen die Covid-19-Massnahmen entstanden und in der öffentlichen Debatte teilweise starke Beachtung fanden. Zu den prominentesten dieser neuen Organisationen zählten die «Freunde der Verfassung», die im Herbst 2021 bereits über 12'000 Mitglieder zählten und die gleich bei mehreren Referenden und Initiativen eine bemerkenswerte Fähigkeit zum Sammeln von Unterschriften an den Tag legten. Weitere Organisationen, die sich zu Sprachrohren der Covid-Protestbewegung entwickelten, waren die an die jüngere Generation gerichtete Gruppierung «Mass-voll!», das «Aktionsbündnis Urkantone für eine vernünftige Corona-Politik» sowie die «Freiheitstrychler». Auch wenn es zwischen diesen Organisationen bisweilen Differenzen über Inhalte und Stil gab, waren sie in ihrer Opposition gegen das Covid-19-Gesetz und gegen dessen zweite Revision geeint; sie unterlagen indessen in beiden Volksabstimmungen klar.

Aber auch unabhängig von der Pandemie machten Verbände und Organisationen im Jahr 2021 von sich reden, so beispielsweise die Operation Libero, die sich gleich zu Beginn des Jahres mit einem medienwirksamen Crowdfunding erfolgreich aus einem Engpass bei der Finanzierung ihrer Fixkosten befreite, im Oktober mit Sanija Ameti eine profilierte neue Co-Präsidentin präsentierte und kurz darauf zusammen mit den Grünen eine Volksinitiative für eine engere Zusammenarbeit der Schweiz mit der EU ankündigte.

Eher gegen den eigenen Willen geriet im Herbst die Gewerkschaft Unia in die Schlagzeilen, weil der beträchtliche Umfang ihres Vermögens bekannt wurde. Die Unia musste sich in der Folge gegen verschiedene Kritikpunkte verteidigen. Die Diskussion befeuerte aber auch übergeordnete Debatten, die bereits davor am Laufen gewesen waren, namentlich jene um eine angemessene Transparenz in der Politikfinanzierung und jene um eine korrekte Abgeltung der Sozialpartner für ihre quasistaatlichen Aufgaben bei der Kontrolle der Einhaltung allgemeinverbindlicher Gesamtarbeitsverträge.

Auf der Seite der Arbeitgeber-Dachverbände bekannten sich Economiesuisse, der SGV und der SAV 2021 zum Ziel, in Zukunft eine stärkere und harmonischere Zusammenarbeit zugunsten der gemeinsamen Interessen zu pflegen. Das Bekenntnis ist als Neuanlauf zu werten, nachdem in den Vorjahren – etwa vor der Abstimmung zur Konzernverantwortungsinitiative Ende 2020 – beträchtliche Spannungen zwischen SGV und Economiesuisse zutage getreten waren und sich die Wirtschaftsverbände bei verschiedenen Volksabstimmungen nur mit Mühe oder gar nicht hatten durchsetzen können. Dasselbe war im Jahr 2021 namentlich bei den Abstimmungen über das Freihandelsabkommen mit Indonesien und das E-ID-Gesetz der Fall.

Auch andere Verbände engagierten sich mit wechselndem Erfolg in Abstimmungskämpfen. So konnte etwa der Bauernverband nach einer von ihm angeführten Kampagne, die zu einer aussergewöhnlich starken Mobilisierung der ländlichen Bevölkerung beitrug, im Juni die Ablehnung der Trinkwasserinitiative und der Pestizidinitiative feiern. Intern gespalten war bei der Parolenfassung zur Trinkwasserinitiative der Interessenverband der biologischen Landwirtschaft BioSuisse, eine Mehrheit seiner Delegierten entschied sich schliesslich für eine Nein-Empfehlung; die Pestizidinitiative wurde von BioSuisse hingegen unterstützt. Bei der Ablehnung des CO2-Gesetzes gehörten Verbände des Autogewerbes und der Erdölindustrie, der Hauseigentümerverband und GastroSuisse zu den Siegern. Die Gewerkschaften wiederum konnten mit der Ablehnung des E-ID-Gesetzes und der Annahme der vom Berufsverband der Pflegefachleute (SBK) lancierten Pflegeinitiative Erfolge feiern; dies ist umso bemerkenswerter, als davor noch nie in der Schweizer Abstimmungsgeschichte eine gewerkschaftlich initiierte Volksinitiative an der Urne angenommen worden war. Auf ähnlich erfolgreiche Kampagnen in der Zukunft hoffen nebst der Operation Libero mit der oben erwähnten Europainitiative auch GastroSuisse mit seiner im März angekündigten Volksinitiative für «gerechte Entschädigungen» in künftigen Pandemiefällen sowie die GSoA mit ihrer Volksinitiative «Stopp F-35», welche die vom Bund geplante Beschaffung von Kampfflugzeugen des Typs F-35 unterbinden soll und für die 2021 bereits die Unterschriftensammlung begann.

Der Anteil der Verbände an der Presseberichterstattung bewegte sich 2021 auf ähnlichem Niveau wie in den beiden Vorjahren (vgl. Abbildung 2 der APS-Zeitungsanalyse 2021 im Anhang). Im Jahresverlauf nahmen Verbände zwischen September und November am meisten Raum ein (vgl. Abbildung 1). Dies hatte zum einen mit der Berichterstattung zum Unia-Vermögen und zum SBK als Initiant der Pflegeinitiative zu tun. Noch mehr trug die Kategorie «Andere Verbände» bei, von denen neben der Operation Libero und GastroSuisse vor allem Gruppierungen der Klimabewegung – unter anderem mit Protestaktionen von Extinction Rebellion und einer Klage der Klimaseniorinnen – in der Presse von sich reden machten.

Jahresrückblick 2021: Verbände
Dossier: Jahresrückblick 2021

Ende 2021 legten die Tarifpartner H+ und Santésuisse dem Bundesrat ihre Tarifstruktur für ambulante Pauschalen zur Prüfung vor. Die neue Tarifstruktur decke im Gegensatz zu TARMED, die auf Einzelleistungstarifen beruht, «im ambulanten Spitalbereich eine Mehrheit der Leistungen mit Pauschalen» ab. Damit wollten die Tarifpartner dem Entscheid des Parlaments vom Juni 2021 nachkommen, das mit Annahme des Massnahmenpakets 1a zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen den Einsatz von Pauschalen auch im ambulanten Bereich so weit wie möglich vorschreibt. H+ und Santésuisse hatten die Pauschalen der neuen Tarifstruktur im Rahmen ihrer Tariforganisation «solutions tarifaires suisses sa» basierend auf reellen Kosten- und Leistungsdaten der Leistungserbringenden entwickelt, noch nicht darin enthalten waren jedoch die Einzelleistungstarife für nicht pauschalisierbare Leistungen. An der Entwicklung mitgewirkt hatte auch der Verband der Chirurginnen und Chirurgen, FMCH. Dieser beteiligte sich jedoch nicht an der Einreichung der Tarifstruktur, da diese nicht «für alle Ärztinnen und Ärzte, die ambulant behandeln, sinnvoll, wirtschaftlich und anwendbar» sei, wie der Verband gegenüber den Medien verlauten liess.
Mit ihrem Vorschlag standen H+ und Santésuisse bis zu einem gewissen Grad in Konkurrenz mit dem Projekt TARDOC, das FMH und Curafutura entwickelt hatten, der Bundesrat bisher aber noch nicht genehmigt hatte. Man könne damit «einige der von der Genehmigungsbehörde konstatierten Mängel des TARDOC [...] beheben», betonten die Einreichenden, während FMH vor allem die konzeptionellen Unterschiede zwischen den zwei Modellen hervorhob und die neuen Pauschalen generell als «anschlussfähig an den TARDOC» erachtete. Da TARDOC auf Einzelleistungstarifen statt Pauschalen beruhte, hatte die Ärzteschaft, darunter auch FMCH und FMH bereits zuvor erklärt, dass die neuen ambulanten Pauschalen als Ergänzung zu TARDOC verstanden werden sollen. Nach Einreichung der neuen Struktur zeigte sich FMH mit dieser jedoch nicht einverstanden: Die Struktur sei zu wenig ausgereift, beruhe ausschliesslich auf Spitaldaten und sei überdies nicht kostenneutral, wurde kritisiert.

Neue Tarifstruktur für ambulante Behandlungen
Dossier: Tarifstrukturen im Gesundheitswesen

In der Wintersession 2021 befasste sich der Ständerat mit vier Standesinitiativen der Kantone Schaffhausen, Aargau, Tessin und Basel-Stadt (Kt.Iv. 20.331; Kt.Iv. 21.304; Kt.Iv. 21.307; Kt.Iv. 21.312), die den Bund dazu auffordern wollten, für die während der ersten Covid-19-Welle entstandenen Ertragsausfälle der Spitäler aufzukommen. Peter Hegglin (mitte, ZG) erläuterte für die SGK-SR, dass es für eine «seriöse Beratung», inwiefern sich der Bund finanziell beteiligen soll, den Schlussbericht in Erfüllung des Postulates 20.3135, welcher auf Ende 2023 angekündigt sei, abzuwarten gelte. Daher habe die Kommission den Standesinitiativen keine Folge gegeben. Minderheitensprecher Hannes Germann (svp, SH) erwiderte, dass sich der Bund an den Kosten beteiligen solle, da er mit seinem Durchführungsverbot von nicht dringend angezeigten medizinischen Eingriffen und Therapien das Subsidiaritätsprinzip verletzt und in die kantonale Autonomie eingegriffen habe. Der dadurch entstandene Schaden belaufe sich gemäss Schätzungen des Dachverbands der Spitäler H+ Ende 2020 auf CHF 1.5 bis 1.8 Mrd. Auch Maya Graf (gp, BL) plädierte für Folgegeben und bezeichnete die Spitäler als «unsere wichtigsten Gesundheitsversorger». Mit 21 zu 19 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) gab das Stöckli den Kantonsbegehren knapp keine Folge.

Auch der Bund soll für die Spitäler zahlen (St.Iv. 20.331; St.Iv. 21.304; St.Iv. 21.307; St.Iv. 21.312)

Im Dezember 2021 genehmigte der Bundesrat die im März 2021 eingereichte neue Tarifstruktur für den stationären Bereich der Rehabilitation (ST Reha), hiess die aktualisierten Versionen von SwissDRG (für stationäre akutsomatische Spitalleistungen) und TARPSY (für Leistungen der Psychiatrie) gut und verlängerte die Gültigkeit der Tarifverträge zur Vergütung einer Krebstherapie (autologe CAR-T-Zelltherapie) bis Ende 2022.
Gleichentags genehmigte er auch vier Tarifverträge zur Festlegung des Taxpunktwertes für Leistungen der diagnostischen Neuropsychologie, wie sie die Tarifpartner (Schweizerische Vereinigung der Neuropsychologinnen und Neuropsychologen, Spitalverband H+, CSS, Einkaufsgemeinschaft HSK) ausgearbeitet hatten.

Geschichte der Swiss DRG
Dossier: Tarifstrukturen im Gesundheitswesen

im Juni 2021 gab der Bundesrat das Ergebnis seiner Prüfung der neuen Tarifstruktur TARDOC bekannt: Diese sei in ihrer aktuellen Form nicht genehmigungsfähig, weil sie «gewichtige materielle Mängel aufweist und eine kostenneutrale Einführung nicht sichergestellt ist». Unerfüllt blieben die Anforderungen im Bereich der Kostenneutralität sowie insbesondere bezüglich Wirtschaftlichkeit und Billigkeit der Tarifstruktur, wie der Bundesrat erklärte. Überdies zeigte er sich aber auch mit der Vereinfachung der Tarifstruktur, ihrer Anpassung an aktuelle Gegebenheiten und ihrer Transparenz nicht zufrieden, insbesondere nachdem er diese Punkte in seinem Prüfbericht von November 2020 bereits hervorgehoben habe. Schliesslich störte sich der Bundesrat daran, dass weder Santésuisse noch der Spitalverband (H+) den Tarifvertrag unterzeichnet hätten. Daher forderte er die Tarifpartner zu einer gemeinsamen Überarbeitung auf.
Die beteiligten Tarifpartner zeigten sich mit diesem Entscheid des Bundesrats nicht einverstanden, in einer Medienmitteilung nannten sie ihn «unverständlich und nicht nachvollziehbar». Die aktuelle Version von TARDOC erfülle die gesetzlich vorgeschriebenen Kriterien, betonten sie. Gar von einer «Art Todesstoss für die Tarifautonomie» sprach alt-Ständerat Joachim Eder, Präsident des Tarifbüros ats-tms. Schliesslich sei TARMED nicht mehr zeitgemäss, wodurch die medizinischen Leistungen unsachgemäss vergütet würden. Man werde prüfen, «inwieweit die Forderungen nach Anpassungen des TARDOC überhaupt sachgerecht und umsetzbar sind».
Ende Dezember 2021 reichten die betroffenen Tarifpartner eine von ihnen als «finale Version des TARDOC» bezeichnete Überarbeitung zur Genehmigung ein. Man habe dabei wie gefordert die Kostenneutralität verlängert, den Tarif vereinfacht und die Transparenz erhöht, erklärten sie in einer Medienmitteilung. Sie wiesen überdies auf die fehlenden Alternativen bezüglich einer Tarifrevision hin und hofften entsprechend auf eine Inkraftsetzung von TARDOC per 1. Januar 2023.

Tarifstruktur TARDOC
Dossier: Tarifstrukturen im Gesundheitswesen

Bei einer hohen Stimmbeteiligung von 59.6 Prozent hiess eine solide Mehrheit von 56.6 Prozent der Schweizer Stimmbevölkerung das Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Terrorismusbekämpfung (PMT) in der Referendumsabstimmung vom 13. Juni 2021 gut. Einzig der Kanton Basel-Stadt sprach sich mit einem Ja-Anteil von 45.1 Prozent mehrheitlich gegen das Gesetz aus. Hohe Zustimmung erfuhr die Vorlage derweil in der Romandie, insbesondere im Wallis (65.0%), in Freiburg (63.6%), in Neuenburg (62.0%) und im Jura (61.0%). In den Medien wurde gemutmasst, dass die Westschweiz aufgrund der Nähe zum von Terroranschlägen stark betroffenen Frankreich das Gesetz eher für notwendig gehalten habe, während in der freiheitsliebenden Deutschschweiz die staatlichen Grundrechtseingriffe kritischer beurteilt worden seien.
Die schweizweite Zustimmung blieb damit etwas hinter den von den vorhergehenden Umfragen geschürten Erwartungen zurück. Wie die Presse berichtete, habe es das Nein-Lager kurz vor dem Abstimmungstermin doch noch geschafft, seinen Bedenken bezüglich der Rechtsstaatlichkeit der Massnahmen verstärkt Gehör zu verschaffen. So zeigte sich die Waadtländer Grünen-Nationalrätin Léonore Porchet gegenüber «Le Temps» erfreut, dass man der zuständigen Bundesrätin Karin Keller-Sutter im Vorfeld der Abstimmung einige Klarstellungen zu umstrittenen Punkten im Gesetz abringen konnte, etwa die Bekräftigung, dass Aktivistinnen und Aktivisten sozialer Bewegungen nicht vom Gesetz betroffen sein werden. Nichtsdestotrotz kündigten die Grünen bereits am Abstimmungssonntag an, eine parlamentarische Initiative einreichen zu wollen, mit dem Ziel, die umstrittene, in ihren Augen zu unklar gefasste Terrorismusdefinition zu konkretisieren. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International betonten, nun die konkrete Anwendung des Gesetzes genau im Auge zu behalten und Menschenrechtsverletzungen gegebenenfalls anzuprangern. Die NZZ wertete das Ergebnis denn auch als «grossen Vertrauensbeweis gegenüber der Polizei»; immerhin habe die Bevölkerung ein Gesetz angenommen, das der Polizei in zentralen Punkten einen grossen Spielraum lasse. «Die Bürgerinnen und Bürger gehen offenkundig davon aus, dass von den Befugnissen menschenrechtskonform und verhältnismässig Gebrauch gemacht wird – und die Gerichte nötigenfalls korrigierend eingreifen», kommentierte die Zeitung. Die Befürwortendenseite zeigte sich indessen zufrieden mit dem Resultat. Die Schweiz könne damit eine Lücke in ihrer Terrorismusabwehr schliessen, erklärte Justizministerin Keller-Sutter gegenüber den Medien.
Noch nicht geschlagen geben wollte sich aus dem unterlegenen Lager die Piratenpartei. Sie hoffte, berichteten «L'Express» und «Le Nouvelliste», dass die Abstimmung wiederholt werden würde. So seien beim Bundesgericht rund 600 Beschwerden gegen die Abstimmung eingereicht worden, die monierten, das Bundesbüchlein sei nicht objektiv gewesen, habe keine klare Meinungsbildung ermöglicht, irreführende Informationen enthalten und wichtige rechtliche Konsequenzen des Gesetzes verschwiegen.


Abstimmung vom 13. Juni 2021

Beteiligung: 59.6%
Ja: 1'811'795 (56.6%)
Nein: 1'390'383 (43.4%)

Parolen:
– Ja: EVP, FDP (1*), KVP, Libertäre Partei, Mitte (Junge Mitte: 1*), Piratenpartei, SVP (2*; JSVP: 2*), BastA!, CSP OW, PCSI JU
– Nein: GLP, GP, PdA, SD, SP, Jungfreisinnige; VPOD, Amnesty International, Chaos Computer Club, Demokratische JuristInnen Schweiz (DJS), Digitale Gesellschaft, Ensemble à Gauche, GSoA, Greenpeace, Schweizerische Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbände (SAJV), Schweizerischer Friedensrat, Solidarité sans frontières, Verein «Freunde der Verfassung»
– Stimmfreigabe: EDU; SSV
* Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus (PMT; 19.032)
Dossier: Strategie der Schweiz zur Terrorismusbekämpfung
Dossier: PMT und damit umgesetzte Vorstösse
Dossier: Vorstösse und Massnahmen zur Bekämpfung islamistischer Radikalisierungstendenzen

Dans les urnes, l'initiative populaire «Pour une interdiction du financement des producteurs de matériel de guerre» a été rejetée par 57.5 pourcent de la population helvétique et par 17 5/2 cantons. L'initiative avait été lancée par le Groupe pour une Suisse sans armée (GSsA) et les Jeunes Verts. Le comité d'initiative a mis en avant l'argument éthique, et refusé l'argument économique citant en exemple des acteurs financiers ayant déjà renoncé aux investissements dans des entreprises d'armement. A l'inverse, le Conseil fédéral et le Parlement ont préconisé un rejet de l'initiative. Ils estimaient que l'initiative prétériterait la place économique et financière helvétique, et que l'interdiction de financement en vigueur était suffisante. Si les arguments étaient clairement entérinés, la campagne sur cette initiative populaire a été relativement éclipsée par la campagne sur l'initiative sur les multinationales responsables. Le débat n'a donc jamais occupé le haut de l'affiche. Au final, à 11 années d'écart, mais exactement à la même date, l'initiative populaire «Pour une interdiction du financement des producteurs de matériel de guerre» a connu le même sort que l'initiative populaire «Pour l'interdiction d'exporter du matériel de guerre», rejetée par 68.2 pourcent de la population helvétique en novembre 2009.

Pour être précis, cette initiative populaire visait l'interdiction à la Banque nationale suisse (BNS), aux fondations, ainsi qu'aux institutions de la prévoyance publique et de la prévoyance professionnelle d'investir dans des producteurs de matériel de guerre. D'abord, l'initiative définissait les producteurs de matériel de guerre comme toutes les entreprises dont plus de 5 pourcent de leur chiffre d'affaires annuel provient de la production de matériel de guerre. Ensuite, l'initiative englobait l'ensemble des activités financières telles que l'octroi d'un crédit, d'un prêt, d'une donation, ou l'acquisition de titres ou de parts de produits financiers.

Au Parlement, l'initiative n'a été soutenue que par le camp rose-vert qui a néanmoins plaidé en vain. Les arguments éthiques, de crédibilité de la Suisse et de transparence sur les placements des caisses de pension n'ont pas été entendus par la majorité du Parlement. Le PLR, l'UDC, le PDC, le PBD et les Vert'libéraux y ont opposé le risque d'affaiblissement économique, d'affaiblissement de la prévoyance professionnelle et l'autonomie de la BNS. La majorité des parlementaires, ainsi que le Conseil fédéral, a donc estimé que l'impact «minim» de l'initiative sur la paix dans le monde ne contrebalançait pas l'impact «réel» sur l'économie helvétique. Le Conseil national a refusé l'initiative populaire par 125 voix contre 72. Le Conseil des Etats l'a refusé par 32 voix contre 13.

Comme indiqué préalablement, la campagne sur l'initiative «Pour une interdiction du financement des producteurs de matériel de guerre» a peiné à s'imposer sur l'agenda politique helvétique. Cette difficulté est probablement à mettre à la charge de l'initiative sur les multinationales responsables et du Covid-19 qui ont monopolisé l'attention des médias helvétiques. Durant la campagne, seulement 2 pourcent des articles de presse ont traité de l'initiative. Du côté des annonces publicitaires, uniquement 158 annonces ont été comptabilisées dans la presse recensée par Année Politique Suisse. En comparaison avec l'ensemble des votations depuis 2013, le nombre d'annonces sur l'initiative populaire sur le financement de matériel de guerre est inférieur à la moyenne (environ 250 par votation), mais se situe exactement à la médiane. La forte majorité des annonces publicitaires est à mettre au crédit des opposants à l'initiative (128 annonces).

Dans l'ensemble, le soutien à l'initiative populaire s'est érodé au fil de la campagne. Alors que l'institut gfs.bern annonçait un soutien à 54 pourcent à la fin octobre, l'initiative a finalement été largement rejetée par 57.5 pourcent de la population helvétique. Les arguments éthiques, qui pesaient en début de campagne, ont été balayés par les arguments économiques promulgués par les opposant-e-s. Néanmoins, le GSsA a estimé que le débat sur l'initiative populaire avait permis une moralisation des investissements suisses. Il a cité en exemple les caisses de pensions publiques comme Publica, LaPoste, CFF, Zürich, Bâle-Campagne, les organismes privés comme Migros et Mobilière, et la SUVA qui ont rejoint l'Association suisse pour des investissements responsables (ASIR).

La thématique de l'exportation d'armements va continuer d'occuper l'agenda politique. En effet, une initiative populaire contre les exportations d'armes dans les pays en guerre civile (initiative correctrice) veut retirer au Conseil fédéral la décision d'exportation d'armes vers des pays en proie à une guerre civile. Le Conseil fédéral planche sur un contre-projet indirect.


Votation du 29 novembre 2020

Participation: 46.93%
Oui: 1'081'731 (42.55%) / Cantons: 3 1/2
Non: 1'460'755 (57.45%) / Cantons: 17 5/2

Consignes de vote:
- Oui: PS, Verts, PEV, USS, GSsA
- Non: PDC, UDC, PLR, PVL, PBD, UDF, EconomieSuisse, Union Patronale Suisse, USAM, ASIP, ASA

Initiative populaire « Pour une interdiction du financement des producteurs de matériel de guerre » (19.038)
Dossier: Volksinitiative. "Für ein Verbot der Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten"
Dossier: Volksinitiativen zur Regelung des Kriegsmaterialexports

L'automne 2020 fut plein de rebondissements pour le Groupe pour une Suisse sans armée (GSsA). Tout d'abord, il a été proche d'une victoire historique le 27 septembre, lors de la votation pour l'acquisition de nouveaux avions de combat, acceptée de justesse par 50.14 pour cent de la population. Pour rappel, le GSsA faisait partie du comité référendaire qui combattait cet objet avec les Verts et le PS. Ensuite, le mouvement a défendu son initiative contre le commerce de guerre, soumise à votation le 29 novembre. Si l'initiative n'a pas passé la rampe, rejetée par 57.45 pour cent de la population et 17 cantons, elle a néanmoins mis sur le devant de la scène une nouvelle génération d'activistes qui donnent un second souffle au mouvement antimilitariste fondé en 1982. Le GSsA semblait ces dernières années avoir perdu de sa capacité à mobiliser, par exemple lors du clair rejet de son initiative pour l'abrogation du service militaire obligatoire en 2013. Dans un article du 27 octobre 2020, le Tages-Anzeiger révélait pourtant que 500 nouveaux membres avaient rejoint l'organisation depuis la votation sur les avions de combat un mois auparavant. Le quotidien zurichois relevait également que le groupe avait gagné un certain respect de la sphère politique. Le conseiller aux États uranais Josef Dittli considère notamment que «le Groupe pour une Suisse sans armée est un enrichissement pour la politique suisse», lui qui est pourtant un défenseur de longue date de l'armée. Le climat n'a pourtant pas toujours été apaisé entre partisan.e.s et opposant.e.s de l'armée.
La première initiative du GSsA, qui visait à abolir l'armée, avait suscité de vifs débats. Josef Lang, l'un des membres fondateurs du mouvement, s'était fait apostrophé lors d'une assemblée de l'UDC par un homme qui lui avait rappelé: «A l'armée, nous avons appris à reconnaître l'ennemi et le détruire!» L'initiative avait été soutenue par 35.6 pour cent de la population, ce qui constituait une victoire pour le GSsA, alors que le conseiller fédéral Kaspar Villiger avait affirmé à l'époque qu'un score de 20 pour cent de oui serait déjà une «catastrophe».
De l'eau a coulé sous les ponts depuis. Durant ses 40 ans d'existence, le mouvement a lancé neuf initiatives et six référendums, seul ou accompagné par d'autres organisations ou partis. Son prochain combat est d'ores et déjà connu: il s'agit de l'initiative correctrice, qui vise à interdire les exportations d'armes vers les pays en proie à une guerre civile. Cette initiative a été lancée par une coalition dont fait partie le GSsA.

GSsA, votations sur les avions de combat et contre le matériel de guerre (27 septembre et 29 novembre 2020)
Dossier: Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA)

Im Oktober 2020 wurde der Ergebnisbericht zur Vernehmlassung des indirekten Gegenvorschlags zur Organspende-Initiative, welche vom 13. September bis zum 13. Dezember 2019 gedauert hatte, veröffentlicht. Insgesamt hatten 81 Akteurinnen und Akteure Stellung genommen, wobei sich mit 53 von ihnen ein Grossteil der Vernehmlassungsteilnehmenden vollumfänglich oder grundsätzlich zustimmend zum Gegenvorschlag aussprachen. Zu ihnen gehörten 21 Kantone, die beiden Parteien GLP und GPS sowie dreissig Organisationen, darunter auch Swisstransplant, eine Unterstützerin der Volksinitiative. Explizit abgelehnt wurde die Vorlage von 16 Vernehmlassungsteilnehmenden. Als Gründe für die ablehnende Haltung wurden die Befürwortung der Volksinitiative (JU), des Erklärungsmodells (LU, CVP, EVP, CBCES, EKS, MERH_UZH, NEK) oder der parlamentarischen Initiative Nantermod (fdp, VS; pa.Iv. 18.443; FDP), aber auch die zu enge Zustimmungslösung (ÄPOL) und der Wunsch nach Beibehaltung der aktuell gültigen erweiterten Zustimmungslösung (HGS) aufgeführt. Weitere Argumente gegen den indirekten Gegenvorschlag liessen sich auf ethische Bedenken (SH, HLI, MIGUNIBE, SPO) oder auf die Forderung zurückführen, dass die Vorlage Teil eines Gesamtprojekts zur Einwilligung in der Gesundheits- und Humanforschung sein sollte (Privatim). Weder eine zustimmende noch eine ablehnende Haltung nahmen aus diversen Gründen zehn Vernehmlassungsteilnehmende ein (BL, TG, iEH2, SPS, BDP, SVP, GDK, insieme, SBK und SGG). Der SAV, santésuissse und der SSV verzichteten auf eine Stellungnahme.

Positiv aufgenommen wurde von der Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden die geplante Einbindung der Angehörigen. In diesem Zusammenhang kam denn auch mehrfach die Forderung auf, dass eine Organentnahme nur zulässig sein soll, wenn die Angehörigen erreicht werden können. Auch die gesetzliche Verankerung eines Registers wurde grösstenteils befürwortet, wobei verschiedene Änderungsvorschläge eingingen. Einer von ihnen bestand darin, dass neben der Dokumentation des Widerspruchs auch eine Zustimmung festgehalten werden können sollte. Von verschiedenen Seiten wurde zudem der Wunsch geäussert, dass der Stiftung Swisstransplant die Registerführung zukommen soll, weil sie bereits über ein Register verfüge. Ferner wurde der Information der Bevölkerung über das Widerspruchsmodell ein hoher Stellenwert beigemessen.

Organspende-Initiative und indirekter Gegenvorschlag (BRG 20.090)
Dossier: Transplantation von Organen, Geweben und Zellen

Im Mai 2020 legte der Bundesrat dem Parlament die Änderung des KVG bezüglich der Vergütung des Pflegematerials vor. Ziel der Vorlage war es, in Übereinstimmung mit einer Motion der SGK-NR (Mo. 18.3710) eine einheitliche Vergütung für Pflegematerial, das von der betroffenen Person selbst oder von Laien angewendet wird, und von Pflegematerial, das von Pflegefachpersonen angewendet wird, einzuführen. 2017 hatte das Bundesverwaltungsgericht die Position des Bundesrates bestätigt, wonach gemäss dem bestehenden Gesetz die von Pflegefachpersonen verwendeten Materialien Bestandteil der Pflegeleistung seien und nicht separat verrechnet werden dürften. Die von den Versicherten selbst angewendeten Materialien seien hingegen separat von der OKP zu übernehmen.
Neu sollen die Materialien in drei Kategorien gegliedert werden: Die Kategorie A enthält einfache Verbrauchsmaterialien mit direktem Bezug zu den Pflegeleistungen (z.B. Handschuhe) sowie Material und Gegenstände zum Mehrfachgebrauch für verschiedene Patientinnen und Patienten (z.B. Blutdruckmessgeräte), diese sollen auch zukünftig gemäss den Regeln der Pflegefinanzierung von OKP, Versicherten und Kantonen bezahlt werden. Zur Kategorie B gehören Mittel und Gegenstände für die Untersuchung oder Behandlung einer Krankheit gemäss MiGeL (z.B. Verbandmaterial), diese werden neu unabhängig von der anwendenden Person durch die OKP finanziert. Auch die Materialien der Kategorie C, Mittel und Gegenstände, die nicht von der versicherten Person selbst oder durch eine nichtberuflich mitwirkende Person verwendet werden können (z.B. Heimventilation), werden von der OKP übernommen.
Die Vorlage soll eine Entlastung für Gemeinden und Kantone in der Höhe von jährlich CHF 65 Mio. mit sich bringen und stattdessen die Gesamtkosten der OKP um 0.2 Prozent erhöhen. Da die Höhe des Bundesbeitrags an die Prämienverbilligung 7.5 Prozent der OKP-Bruttokosten beträgt, steigt auch der entsprechende Bundesbeitrag um CHF 4.9 Mio.

Zwischen Dezember 2019 und Februar 2020 fand die Vernehmlassung zur Vergütung des Pflegematerials statt. Dabei gingen 126 Stellungnahmen ein. Die Kantone und mit ihnen die GDK sowie die Leistungserbringenden sprachen sich für die Änderung aus. Auch die CVP, EVP, FDP, GLP und SP zeigten sich mehrheitlich zufrieden, äusserten jedoch teilweise Vorbehalte, insbesondere bezüglich der Kostenverlagerung zur OKP. Die SVP lehnte die Vorlage ab, da sie dadurch eine Mengenausweitung ohne qualitative Verbesserung der Pflegeleistungen befürchtete. Auch die Versichererverbände lehnten die Vorlage ab, da sie die höheren Kosten fürchteten.

In der Herbstsession 2020 behandelte der Nationalrat die Vorlage. Hatte sich die SVP im Rahmen der Vernehmlassung als einzige Partei noch gegen die KVG-Änderung ausgesprochen, stimmte auch sie der Gesetzesänderung nun zu: Einstimmig mit 189 zu 0 Stimmen nahm der Nationalrat die Vorlage an.

Änderung des KVG bezüglich Vergütung des Pflegematerials (BRG 20.046)
Dossier: Änderungsvorschläge zur Mittel- und Gegenständeliste (MiGeL)

Zu Beginn der Corona-Pandemie berichteten die Medien über warnende Stimmen, wonach die Krankenkassenprämien 2021 durch die hohen Kosten im Jahr 2020 stark ansteigen könnten; Politikerinnen und Politiker aus dem linken sowie dem bürgerlichen Lager warnten im Blick vor einem regelrechten «Prämienschock». Gleichzeitig wiegelten die Medien selber jedoch grösstenteils ab: Da die Prämien nicht auf den Kosten des Vorjahrs, sondern aufgrund einer Schätzung der Ausgaben des jeweiligen Jahres berechnet würden, sei für das Jahr 2021 kein starker Prämienanstieg zu erwarten. Selbst wenn die Krankenversicherungen im Jahr 2020 mehr ausgeben müssten, als sie durch die Prämien eingenommen hätten, würden sich die Prämien des Folgejahres nicht direkt erhöhen: Für solche ausserordentlichen Grossereignisse hätten die Krankenversicherungen Reserven gebildet, die Anfang 2019 bei CHF 9.5 Mrd. lagen und damit doppelt so hoch waren, wie gesetzlich verlangt. Da die Reservesituation nicht für alle Krankenversicherungen gleich gut sei, gebe es zudem noch den Sicherungsfonds, der in solchen Fällen aushelfe, war den Medien weiter zu entnehmen. Schliesslich sei es noch nicht einmal sicher, dass die Kosten der Krankenversicherungen im Jahr 2020 höher ausfallen würden als erwartet. Zwar seien Therapien auf der Intensivstation – wie sie zur Behandlung von schweren Fällen von Covid-19 häufig sind – teuer, diese würden aber zu mehr als der Hälfte von den Kantonen übernommen. Die grossen Kosten der Pandemie im Gesundheitsbereich fielen denn auch nicht bei den Krankenkassen, sondern bei den Kantonen an, war man sich einig. Diese müssten die Massnahmen der Spitäler zur Pandemie bezahlen, während das bundesrätliche Verbot von nicht dringenden Behandlungen gleichzeitig ein Loch in die Kassen der Spitäler reisse. Dies habe zu der paradoxen Situation geführt, dass die Spitäler im Frühjahr 2020 einerseits unter Personalmangel litten, weil insbesondere im Pflegebereich zu wenig Fachkräfte vorhanden seien und viele davon zum Beispiel wegen eigener Infektion mit dem Corona-Virus ausfielen, und andererseits Kurzarbeit anmelden mussten, zumal Behandlungen in vielen Bereichen stark eingeschränkt waren und die Mitarbeitenden entsprechend nicht ausgelastet werden konnten. Letzteres habe denn auch zu teilweise sehr hohen Umsatzeinbussen für die Spitäler geführt.
Dennoch konnte nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Corona-Pandemie nicht doch noch auf die Krankenkassenprämien auswirken würde, insbesondere durch die Verlagerung von Eingriffen auf die Folgejahre. Entsprechend forderten die SP-Fraktion (Mo. 20.3202) sowie Katharina Prelicz-Huber (gp, ZH; Mo. 20.3313), dass die Krankenkassenprämien in den Jahren 2021 bis 2023 nicht erhöht werden dürfen. Stattdessen sollen die Kosten wenn nötig vollständig durch Bund und Kantone (SP-Fraktion) oder durch die Reserven und bei kleinen Kassen durch den Bund (Prelicz-Huber) finanziert werden. Ein allgemeines Verbot für einen Anstieg der Krankenkassenprämien-Gesamtsumme während der nächsten zehn Jahre forderte Lukas Reimann (svp, SG; Mo. 20.3434). Falls die Kosten der Leistungserbringenden das Total der Prämien übersteigen sollten, sollen diese angewiesen werden, ihre Ausgaben entsprechend zu reduzieren. Gar eine Reduktion der Prämien für einkommensschwache Personen um 50 Prozent während zwei Jahren forderte Valérie Piller Carrard (sp, FR; Mo. 20.3574). Bund und Kantone sollen via Prämienverbilligungen für die entsprechenden Kosten aufkommen, schlug sie vor. Auch eine Standesinitiative des Kantons Genf (Kt.Iv. 20.337) verlangte einen dreimonatigen Verzicht auf die Erhebung der Prämien sowie eine zweijährige Beibehaltung der Prämienhöhe. Finanziert werden solle dies durch eine 50-prozentige Reduktion der Reserven der Krankenversicherungen. Auf diese Reserven hatten aber auch andere ein Auge geworfen: So forderten gemäss Presse verschiedene Kantons- oder Spitalvertretende, dass sich die Krankenversicherungen mit ihren Reserven am finanziellen Schaden der Spitäler durch die Pandemie beteiligen. Die Reserven seien für die Deckung epidemiebedingter Kosten geschaffen worden, entsprechend sollten sie jetzt auch dafür eingesetzt werden, wurde argumentiert. Dagegen wehrten sich vor allem die Krankenkassen: Die Reserven gehörten den Versicherten, zudem schreibe das KVG unmissverständlich vor, dass sie ausschliesslich für Kosten für Diagnose und Heilung von Krankheiten ausgegeben werden dürften.

Im September 2020 hatte das Warten schliesslich ein Ende, das EDI gab in einer Medienmitteilung die Prämien für das Jahr 2021 bekannt. Die mittlere Prämie stieg für das Jahr 2021 um 0.5 Prozent, was im mittelfristigen Vergleich einen eher geringen Anstieg bedeutete – seit 2010 liegt der durchschnittliche Anstieg bei 3.1 Prozent. Bereits in den letzten zwei Jahren war der Anstieg jedoch deutlich unterdurchschnittlich gewesen. Auch die kantonalen Unterschiede waren deutlich geringer als in anderen Jahren, die kantonalen Prämienanstiege schwankten zwischen -1.6 und 2.1 Prozent. Die Reserven der Krankenkassen stiegen bis Ende 2020 auf mehr als CHF 11 Mrd. an.

Gesundheitskosten in der Corona-Pandemie & Krankenkassenprämien 2021
Dossier: Covid-19-Kosten im Gesundheitsbereich
Dossier: Prämien- und Kostenentwicklung in der Krankenversicherung (seit 2010)

En début de session d'été 2020, le Conseil national s'était rallié à la position du Conseil des Etats – en acceptant par 104 voix contre 86 – le délai de douze mois pour les militaires s'orientant vers le service civil, prévu dans le projet de révision de la loi sur le service civil (LSC). Les socialistes, les Verts, les Vert'libéraux et trois parlementaires du centre – soulignant la contribution du service civil lors de la crise du Covid-19 – restaient opposés à la mesure. Ainsi, s'agissant du paquet de mesures proposées par le Conseil fédéral, seule l'interdiction des affectations à l'étranger n'avait pas convaincu le Parlement.
Civiva, le GssA et les Verts – soutenus par le PS – avaient informé qu'ils lanceraient un référendum.
Lors du vote final, alors que le Conseil des Etats avait accepté la réforme de la LSC – par 33 voix contre 12, avec un soutien unanime du PDC –, le Conseil national l'a enterrée par 103 voix contre 90 et 5 abstentions. A la surprise générale, la majorité du Groupe du centre a rejoint le camp des opposants au durcissement des conditions d'accès au service civil. Interrogé dans les médias, le conseiller national Benjamin Roduit (pdc, VS) invite dorénavant le Conseil fédéral à présenter un projet renforçant l'armée et le service civil, au lieu de favoriser l'une de ces institutions au détriment de l'autre.

Bundesrat will Zulassungen zum Zivildienst drastisch einschränken (BRG. 19.020)
Dossier: Bundesgesetz über den zivilen Ersatzdienst

Le référendum contre l'acquisition de nouveaux avions de combat lancé par le GssA, les Verts et le PS a abouti – après une récolte de signatures suspendue en raison du Covid-19. Les référendaires ont déposé 65'913 paraphes, dont 65'685 valables. Mi-février, ils avaient déjà récolté plus de 53'000 signatures. Le peuple se prononcera alors le 27 septembre 2020 sur l'arrêté fédéral relatif à l'acquisition de nouveaux avions de combat.

Acquisition de nouveaux avions de combat (MCF 19.039)
Dossier: Air2030 – Schutz des Luftraumes
Dossier: Beschaffung neuer Kampfflugzeuge

Le DEFR a récolté 205 avis lors de la procédure de consultation du projet de modification de la loi sur le service civil (LSC). Hormis les cantons de Vaud et de Bâle-Ville, qui ne se sont pas exprimés, l'ensemble des cantons s'accordaient pour réviser le droit du service civil. L'UDC, l'UDF, le PLR, le PDC, la CG MPS, la Conférence nationale des Associations militaires faîtières, l'USAM et la SSO estimaient nécessaire d'agir. Les partis précités et la plupart des cantons soutenaient les sept mesures présentées dans le projet – un minimum de 150 jours de service civil à accomplir, un délai d'attente d'un an entre le dépôt de la demande et l'admission pour les militaires incorporés, un facteur d'1.5 pour les officiers et sous-officiers, interdiction des affectations nécessitant des études de médecine humaine, dentaire ou vétérinaire, pas d'admission de militaires n'ayant plus de jours de service à accomplir, l'obligation d'accomplir une période d'affectation par année dès l'entrée en force de l'admission, l'obligation pour les requérants ayant déposé leur demande pendant l'école de recrue de terminer leur affectation longue au plus tard pendant l'année civile qui suit l'entrée en force de la décision d'admission. Selon eux, il faudrait aller encore plus loin.
La gauche de l'échiquier politique, le PEV, le Parti Bourgeois-Démocratique, trois cantons (GR, ZG, NW), plusieurs associations et la majorité des établissements d'affectation ont rejeté le projet. Selon ces acteurs, excepté les cantons, il ne serait pas nécessaire d'intervenir. D'après leurs arguments, la révision de la loi contredirait le droit international et la Constitution fédérale (violation du principe d'égalité, de l'interdiction de l'arbitraire et de proportionnalité), les effectifs de l'armée ne seraient pas menacés, les cantons et les communes supporteraient davantage de charges en cas de diminution du nombre de civilistes, etc.

Dans son message, le Conseil fédéral a ajouté une huitième mesure, demandée par une partie des acteurs consultés, à savoir l'interdiction des affectations à l'étranger. En raison des résultats contrastés, il n'a pas souhaité durcir davantage les conditions d'accès au service civil. Face à la critique d'un manque de vue d'ensemble du système de l'obligation de service, il a rappelé l'existence du rapport «Avenir de l'obligation de servir» et que la révision de la loi fédérale sur la protection de la population et sur la protection civile serait transmise au Parlement. Il a ordonné une analyse relative au renouvellement des effectifs de l'armée et de la protection civile. Selon les conclusions, il pourrait proposer d'autres modifications du système de l'obligation de servir. La mise en œuvre de la loi est prévue pour mai 2020.

Bundesrat will Zulassungen zum Zivildienst drastisch einschränken (BRG. 19.020)
Dossier: Bundesgesetz über den zivilen Ersatzdienst

An der Vernehmlassung zum ersten Massnahmenpaket zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen zwischen September und Dezember 2018 beteiligten sich 150 Einheiten und Organisationen, darunter alle Kantone, die sieben grossen nationalen Parteien, der Städte- und der Gemeindeverband, Dachverbände der Wirtschaft, Konsumenten-, Patienten-, Leistungserbringenden- sowie Versichererverbände. Entsprechend breit war trotz Lobes für die Bemühungen des Bundesrates zur Kostensenkung auch die Kritik an dem neuen Projekt. Insbesondere wurde vor Wechselwirkungen mit anderen Revisionen, vor Finanzierungs- oder Versorgungsproblemen sowie vor einer verstärkten Bürokratisierung oder staatlichen Steuerung gewarnt, wie das BAG in seinem Ergebnisbericht erklärte.

Erstes Massnahmenpaket zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen (BRG 19.046)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)

Im November 2018 veröffentlichte der Bundesrat die Botschaft für eine Änderung des Erwerbsersatzgesetzes (EOG) zur Mutterschaftsentschädigung bei längerem Spitalaufenthalt des Neugeborenen, wie sie die Motion der SGK-SR vom August 2016 (Mo. 16.3631) gefordert hatte. Grund für die Revision des EOG sei eine Rechtslücke bei der Mutterschaftsentschädigung, da die Mütter bei über dreiwöchigem Spitalaufenthalt der Neugeborenen heute zwar die Mutterschaftsentschädigung aufschieben könnten, jedoch weder das EOG noch eine andere Versicherung bei Aufschub der Mutterschaftsentschädigung Leistungen vorsähen. Daher schlug der Bundesrat 56 zusätzliche Entschädigungstage (Wochentage, nicht Arbeitstage) sowie eine Verlängerung des Mutterschaftsurlaubs und des Schutzes vor Kündigung zur Unzeit vor, sofern Neugeborene mindestens drei Wochen im Spital verbleiben müssten und die Mütter nach dem Mutterschaftsurlaub ihre Erwerbstätigkeit wieder aufnähmen. Die Zusatzkosten von jährlich CHF 5.9 Mio. würden durch die aktuellen Einnahmen der EO gedeckt.

Bei der Vernehmlassung von März bis Juni 2018, an der sich alle 26 Kantone, fünf im eidgenössischen Parlament vertretene Parteien sowie zahlreiche Verbände beteiligten, traf der Vorschlag ausser bei der SVP und dem Gewerbeverband mehrheitlich auf Zustimmung. Die SVP argumentierte, dass die Erholung der Mutter und der Aufbau einer Bindung zum Kind – der Zweck des Mutterschaftsurlaubs – auch im Spital geschehen könnten. Der SGV hielt die Nachweispflicht für die Mütter, dass sie bereits vor der Geburt geplant hätten, nach dem Mutterschaftsurlaub wieder zu arbeiten, für unpraktikabel und forderte das Vorliegen eines gültigen Arbeitsvertrags. Auch SAV, SGB und Travail.Suisse erachteten diesen Nachweis als zu komplex und sprachen sich stattdessen für eine Überprüfung durch die Ausgleichskassen anhand der später entrichteten Beiträge aus, während die SP eine Ausdehnung der Entschädigung auf alle Frauen unabhängig ihrer Erwerbstätigkeit forderte. Darüber hinaus kritisierten SGB und Travail.Suisse, dass die Vorlage nicht alle Lücken im sozialen Netz bezüglich Mutterschaftsentschädigung schliesse.

Mutterschaftsentschädigung bei längerem Spitalaufenthalt des Neugeborenen (BRG 18.092)

Der Spitalverband H+ verlasse die Tarmed-Tarifverhandlungen und damit die Tariforganisation ats-tms AG per Ende Jahr, berichtete die Aargauer Zeitung im September 2018. Der Spitalverband, die Versicherungen, die Ärzteschaft sowie auch Bundesrat Berset hatten bereits seit Längerem versucht, das Tarmed zu revidieren, jedoch ohne Erfolg. Eine Einigung sei nicht möglich, da die Verhandlungspartner an unterschiedlichen Stricken zögen: Die Versicherungen wollten die Kosten fairer verteilen, während die Spitäler an den Ärztelöhnen festhielten, erklärte die Aargauer Zeitung. Gemäss der H+-Direktorin Dorit Djelid sei es dem Spitalverband bisher weder gelungen, sich mit den Versicherern auf einen Tarif zu einigen, noch einen Konsens mit den übrigen Partnern zu finden, mit denen «grosse Dissense» bei tarifpolitischen Kernthemen bestünden. H+ habe sich deshalb dazu entschieden, nicht mehr an den «stockenden und zum Teil blockierten» Verhandlungen teilzunehmen. Der Krankenversichererverband Curafutura fühle sich dadurch vor den Kopf gestossen, so die Zeitung weiter: Eigentlich seien die Verhandlungen weit fortgeschritten und man habe «den Spatz in der Hand», doch wolle der Spitalverband «die Taube auf dem Dach». Die verbleibenden Verhandlungspartner werden den Tarif jedoch fertig verhandeln.

Spitalverband verlässt Tariforganisation

Selbst Wochen nach der Verabschiedung der Botschaft zur Umsetzung der geänderten EU-Waffenrichtlinie durch den Bundesrat Anfang März 2018 ebbte die gesellschaftliche Debatte über die geplante Verschärfung des Schweizer Waffenrechts nicht ab. Mitte März schloss sich der schweizerische Büchsenmacher- und Waffenfachhändlerverband (SBV) medienwirksam der Front um den schweizerischen Schiesssportverband (SSV) an und liess durch seinen Präsidenten Daniel Wyss abermals verkünden, man werde das Referendum ergreifen, sollte die Gesetzesänderung wie vom Bundesrat vorgeschlagen vom Parlament gutgeheissen werden. Für den SBV habe die neue Regelung «eine riesige, existenzgefährdende Auswirkung», da sich der Aufwand für die Waffengeschäfte durch die auf sämtliche Transaktionen ausgedehnte Meldepflicht sowie die Markierungspflicht aller wesentlichen Waffenbestandteile schätzungsweise um eine Stunde pro Tag erhöhe; «und wir bekämpfen damit keinen einzigen Verbrecher», empörte sich Wyss gegenüber der Aargauer Zeitung. Der Schaden durch die Gesetzesänderung wäre so massiv, dass der SBV diesen höher gewichte als die Abkommen von Schengen und Dublin. Am besten wäre es jedoch, wenn das Parlament die Vorlage so abänderte, dass kein Referendum nötig wäre.

Gut zwei Wochen später drängten die Befürworter der Vorlage ins Rampenlicht, indem die SP zusammen mit dem Verband Schweizerischer Polizeibeamter (VSPB), der Verbindung der psychiatrisch-psychotherapeutisch tätigen Ärztinnen und Ärzte und den Evangelischen Frauen Schweiz vor den Medien die «Plattform für ein zukunftsfähiges Waffenrecht» präsentierte. Als gemeinsames Ziel nannten sie ein striktes Waffenrecht für eine sichere Schweiz; das schweizerische Waffenrecht solle dazu enger an die Vorgaben der EU-Richtlinie angepasst werden als dies der Bundesrat vorsah. Die SP hatte 14 Änderungsanträge vorbereitet, um den Entwurf des Bundesrates zu verschärfen, u.a. betreffend die Nachregistrierung und die Aufbewahrung von Waffen, die Marktpreise für Armeewaffen sowie die Möglichkeit für Kantone, ein psychologisches Gutachten zu verlangen, wenn die Gefahr von Selbst- oder Fremdgefährdung mit der Waffe besteht. Während sich die Ärztinnen und Ärzte in erster Linie zur Verhinderung von häuslicher Gewalt und Suiziden für eine Verschärfung des Waffenrechts einsetzten, war das Hauptanliegen der Polizeibeamten ein lückenloses, schweizweites Waffenregister, um vor einem Polizeieinsatz wissen zu können, ob mit Waffen zu rechnen ist. Die kantonalen Waffenregister seien unvollständig, da eine Registrierungspflicht erst seit 2008 bestehe, argumentierte VSPB-Generalsekretär Max Hofmann in der NZZ. Er wünschte sich deshalb die Nachregistrierung sämtlicher Waffen, nicht nur der halbautomatischen. Ausserdem betonte er im «Blick» die Unverzichtbarkeit des Schengener Informationssystems für die Polizeiarbeit.
Damit stellte sich der VSPB offen gegen der Polizei im Grunde wohlgesinnte Kreise wie die Schützen. Die Polizeibeamten liessen sich von der SP instrumentalisieren, kritisierten SVP-Nationalrat Werner Salzmann (svp, BE) und ProTell-Generalsekretär Robin Udry denn auch postwendend. Für Letzteren wäre die Nachregistrierung aller Schusswaffen gemäss NZZ «der Orwellsche Albtraum eines Überwachungsstaats». Hofmann entgegnete darauf, es gehe nicht um Ideologie, sondern um die Sache und der VSPB unterstütze auch nicht alle Visionen seiner Allianzpartner. Wenige Tage nach seinem Auftritt an der Medienkonferenz der «Plattform für ein zukunftsfähiges Waffenrecht» erntete Hofmann jedoch auch aus den eigenen Reihen Kritik. Erwin Rommel, Mitglied des Zentralvorstandes des VSPB, äusserte sich in der BaZ dahingehend, dass er vom Vorgehen der Geschäftsleitung nichts gewusst habe. Ein solcher Auftritt stehe Hofmann nicht an, da der Verband laut Statuten politisch neutral bleiben müsse. Ausserdem seien die Verbandsmitglieder nicht über ihre Meinung zur Waffenrechtsverschärfung befragt worden. Der interne Knatsch bei den Polizisten fand wohl ihren Höhepunkt, als sich die KKPKS vor der SiK-NR dezidiert gegen die Vorlage des Bundesrats aussprach. Die Gesetzesänderung bringe «viel Bürokratie bei wenig Nutzen», monierte sie in der Anhörung. Ob sie jedoch den zusätzlichen Aufwand in Kauf nähme, um das Schengen-Abkommen zu schützen, sei gemäss der NZZ unklar geblieben. Die SiK entschied in der Folge, zusätzlich auch noch die Polizeibeamten und die KKJPD zu einer schriftlichen Stellungnahme einzuladen. Derweil sah sich der VSPB zu einer Rechtfertigung gezwungen und stellte in einer Mitteilung klar, man fordere entgegen der Darstellung in den Medien keine striktere Umsetzung als die vom Bundesrat angedachte und unterstütze die weitergehenden Forderungen seitens der SP nicht.

Inzwischen herrschte aber auch aufseiten der Waffenlobby nicht nur Friede, Freude, Eierkuchen: «Immer mehr bürgerliche Waffenfreunde gehen auf Distanz zur neuen Führungscrew um den interimistischen ProTell-Präsidenten Jean-Luc Addor, die radikale Tendenzen zeigt», schrieb die Aargauer Zeitung Mitte April. Presseberichten zufolge sei selbst Ständerat Josef Dittli (fdp, UR), seines Zeichens – notabene neben Addor – Co-Präsident der «Parlamentarischen Gruppe für ein freiheitliches Waffenrecht», der radikale Kurs der ProTell-Führung nicht geheuer. Er unterstütze die Forderung von Addor und «gleichgesinnten Protagonisten» nach öffentlichem Waffentragen nicht. «Die Schweiz ist nicht der Wilde Westen!», zitierte ihn beispielsweise die Luzerner Zeitung. Auch SVP-Nationalrat und Wortführer der Waffenfreunde, Werner Salzmann, stecke diesbezüglich «im Dilemma», berichtete dieselbe Zeitung. Zu Wort meldete sich ebenfalls Alt-Nationalrat Willy Pfund (fdp, SO), seinerzeit Präsident von ProTell, der dieses Amt 2016 jedoch «im Zorn über den Kurs des Addor-Lagers» (Aargauer Zeitung) niedergelegt hatte. Er bezeichnete den Wunsch nach Waffentragen in der Öffentlichkeit als «unsinnige und gefährliche Forderung»: Die Öffentlichkeit reagiere heute sensibler auf solche Fragen als noch vor einigen Jahren, weshalb man damit letztlich das liberale Schweizer Waffenrecht gefährde. Die Aargauer Nationalrätin Silvia Flückiger-Bäni (svp, AG) war gar so erbost über die ProTell-Führung um Addor, dass sie nach 14-jähriger Mitgliedschaft kurzerhand den Austritt aus der Organisation gab. Einig waren sich die waffenfreundlichen Bürgerlichen und ProTell einzig darin, dass die EU-Waffenrichtlinie bekämpft werden müsse. Dies kam denn auch an der Generalversammlung von ProTell am 14. April zum Ausdruck: Nachdem die SiK-NR wenige Tage zuvor auf die Vorlage des Bundesrates zur Umsetzung der EU-Waffenrichtlinie eingetreten war, beschlossen die ProTell-Mitglieder vorsorglich einstimmig das Referendum. Zur Bekämpfung der Gesetzesvorlage werde man nächstens eine «sehr starke und einflussreiche» nationale Allianz gründen, gab ProTell-Generalsekretär Robin Udry in der Sonntagszeitung zu Protokoll.

Die SiK-NR schrieb in ihrer Medienmitteilung, sie sei mit 15 zu 9 Stimmen auf die Vorlage eingetreten, um einerseits das Schengen-Assoziierungsabkommen nicht zu gefährden und andererseits mit einer möglichst pragmatischen Umsetzung der EU-Waffenrichtlinie die Traditionen des schweizerischen Schiesswesens wahren zu können. Das Volk solle überdies die Möglichkeit haben, sich im Rahmen eines fakultativen Referendums zur Frage zu äussern. Die Minderheit habe indes keinen Revisionsbedarf im schweizerischen Waffenrecht geortet, keinen Nutzen für die Terrorbekämpfung gesehen und den hohen administrativen Umsetzungsaufwand gefürchtet. Einen Rückweisungs- und eine Sistierungsantrag hatte die Kommission abgelehnt. Neben der schon erwähnten KKPKS hatte die Kommission auch den SBV, ProTell, den SSV, die schweizerische Offiziersgesellschaft (SOG) und die Organisation «Stop Suicide» angehört, was die NZZ zur Bemerkung veranlasste, bei den Anhörungen seien fast nur Gegner der Vorlage zu Wort gekommen.

Während sich der SBV, ProTell, der SSV und die AUNS – sowie auch die GSoA als explizite Befürworterin der Waffenrechtsverschärfung – schon auf den «wohl unausweichlichen Referendumskampf» (BaZ) vorbereiteten, zeigte sich die SOG in dieser Sache wenig enthusiastisch. Ihr Präsident Stefan Holenstein geizte gegenüber der BaZ zwar nicht mit Kritik an der Vorlage und an deren Befürwortern, erachtete das Referendum jedoch nicht als zwingend. So attestierte er der CVP und der FDP eine «übertriebene Angst vor einer Kündigung des Schengen/Dublin-Abkommens» und stellte sich auf den Standpunkt, es gebe bei der Umsetzung der EU-Richtlinie durchaus noch ungenutzten Spielraum. Die Pflicht, entweder Mitglied in einem Schiessverein zu sein oder die Waffe regelmässig für das sportliche Schiessen zu nutzen, bezeichnete er als «unverhältnismässig und eine Bevormundung». Die Vorlage bekämpfe so nicht den gefährlichen Handel mit illegalen Waffen, sondern treffe legale Waffenbesitzer und indirekt, über das ausserdienstliche Schiesswesen, auch die Armee. Es sei indes möglich, das Gesetz freiheitlich auszugestalten und dem «eigenständigen Staats- und Milizwesen» der Schweiz anzupassen. An das Parlament richtete er deshalb die Forderung, auf «vorauseilenden Gehorsam gegenüber der EU» zu verzichten. Es bestehe kein Anlass, «panikartig von Schengen-Rauswurf» zu reden, sei das Abkommen doch in gegenseitigem Interesse. In dieser Hinsicht sei die von Bundesrat und Verwaltung proklamierte «Entweder-Oder-Strategie» nicht richtig. Für die SOG stehe das Referendum daher nicht im Vordergrund, sondern komme nur als Ultima Ratio in Frage.

Frischen Wind in die Debatte brachte Mitte Mai schliesslich das Bekanntwerden des genaueren Inhalts der tschechischen Klage beim EuGH betreffend die EU-Waffenrichtlinie. Die Tschechische Republik zweifelte eben nicht nur wie bisher angenommen an deren Rechtmässigkeit, sondern machte mit Hinblick auf die Schweizer Sonderregelung für Armeewaffen auch eine Verletzung des Diskriminierungsverbots geltend. Sollte der EuGH der Klägerin in diesem Punkt Recht geben, bedeutete dies wohl das Aus für die von der Schweiz ausgehandelte Ausnahmeklausel. Aufgrund der so veränderten Ausgangslage wollte die SVP die Sistierung der Vorlage in der Kommission noch einmal zum Thema machen. Die Presse berichtete zudem, das Fedpol verfolge das Verfahren mit, für eine Stellungnahme sei es jedoch noch zu früh.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

Im April 2018 urteilte das Bundesgericht in der Frage, ob der Bundesrat 2014 dazu berechtigt gewesen war, den Tarmed nach politischen Gesichtspunkten zu ändern. Der Bundesrat hatte bei der ersten Tarmed-Änderung entschieden, den Haus- und Kinderärzten mehr und den Spezialärzten im Tarmed weniger Geld für ihre Leistungen zuzusprechen. Dies erachtete die Privatklinik St. Anna in Luzern als widerrechtlich und verrechnete ihre Kosten weiterhin nach den alten, höheren Tarmed-Tarifen. Das eingesetzte Schiedsgericht, das nötig geworden war, weil eine Krankenversicherung diese höheren Tarife nicht akzeptiert hatte, gab der Klinik recht, woraufhin die Versicherung den Fall vors Bundesgericht weiterzog. Da in der Zwischenzeit auf Anraten des Spitalverbands H+ verschiedene Spitäler ihre Rechnungen unter Vorbehalt ausgestellt hatten, erwarteten sowohl Krankenversicherungen als auch Spitäler den Entscheid mit grossem Interesse.
Das Bundesgericht befand im April 2018, dass das KVG keine klaren Vorgaben dazu mache, welche Anpassungen der Bundesrat machen dürfe und wie er dabei vorgehen müsse. Folglich komme ihm diesbezüglich ein grosser Ermessensspielraum zu; er könne daher auch lineare Kürzungen sowie politisch motivierte Kürzungen wie die Förderung der Hausarztmedizin vornehmen. Die Krankenkassen zeigten sich erleichtert über das Urteil, das gemäss Santésuisse nun für Rechtssicherheit sorge. Der Berufsverband der Ärztinnen und Ärzte FMH zeigte sich erstaunt über den Entscheid und insbesondere darüber, dass es dem Bundesrat möglich sein soll, politische Aspekte zu berücksichtigen, während sich die Tarifpartner beim Tarmed strikt an den Wortlaut des KVG halten müssten. Die Medien urteilten, dass dieser Entscheid den Einfluss des Bundesrates stärke; Gewinner seien die Prämienzahlenden, lobte Santésuisse den Entscheid.

Revision des TARMED
Dossier: Tarifstrukturen im Gesundheitswesen

Anfang Februar 2018 veröffentlichte das Fedpol den Ergebnisbericht der Vernehmlassung zur Übernahme der geänderten EU-Waffenrichtlinie. Nebst den zahlenmässig sehr gut vertretenen Schützen- und Waffenkreisen – darunter der schweizerische Schiesssportverband (SSV), der schweizerische Büchsenmacher- und Waffenfachhändlerverband (SBV), ProTell, Legalwaffen Schweiz (LEWAS) und Jagd Schweiz – befanden sich auch alle Kantone, sieben nationale und drei kantonale Parteien, die KKJPD und die RK MZF, Economiesuisse, der schweizerische Gewerbeverband (SGV), der schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) und der schweizerische Städteverband unter den insgesamt 2205 Vernehmlassungsteilnehmenden. Davon sprachen sich der SSV und jene 2055 Stellungnehmenden, die sich dessen Stellungnahme angeschlossen hatten – darunter insbesondere Jagd Schweiz und die Aktion «Finger weg vom Schweizer Waffenrecht!», aber auch eine Vielzahl von Schützenvereinen und Privatpersonen – sowie der SBV, ProTell, LEWAS, die AUNS, die Gruppe Giardino, das Centre Patronal, der SGV, Swiss Olympic und zahlreiche weitere Schützen-, Waffensammler- und militärnahe Organisationen dezidiert gegen die geplante Änderung des Waffengesetzes aus. Einen grundsätzlich ablehnenden Standpunkt vertraten zudem auch die SVP Schweiz, ihre Sektionen Neuenburg, Jura und Valais Romand sowie die Kantone Nidwalden und Schwyz. Neun Kantone gaben zu verstehen, dass sie zwar die Ziele der EU-Waffenrichtlinie unterstützten, die vorgesehenen Änderungen am Waffengesetz aber ablehnten, da sie keinen genügenden Beitrag zur Bekämpfung von Waffenmissbrauch leisteten. Demgegenüber erklärte sich die Mehrheit der Kantone mit den Neuerungen grundsätzlich einverstanden. Insgesamt positiv beurteilt wurde der Entwurf auch von der BDP, der GLP, der FDP, der SP und den Grünen – wobei die letzteren beiden ausdrücklich bedauerten, dass er keine weitergehenden Massnahmen umfasste. Ebenso überwiegend befürwortend äusserten sich u.a. die KKJPD, die RK MZF, Economiesuisse, der Städteverband, die FER, der SGB, die GSoA, Terre des Hommes Schweiz, der schweizerische Friedensrat, die Frauen für den Frieden Schweiz, die Evangelischen Frauen Schweiz, die Haus- und Kinderärzte Schweiz und die schweizerische Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie. Unter den zustimmenden Stellungnahmen ausdrücklich positiv hervorgehoben wurden das Ziel, den Waffenmissbrauch zu bekämpfen bzw. den Zugang zu halbautomatischen Waffen einzuschränken, sowie die Vorteile der Schengen-Assoziierung für die Schweiz. Ansonsten äusserte sich die Zustimmung zur Vorlage hauptsächlich durch die Abwesenheit von Kritik.

An Letzterer wurde jedoch nicht gespart. Anlass dazu boten neben den einzelnen Bestimmungen des Waffengesetzes und deren konkreter Ausgestaltung vor allem die Stossrichtung der Revision im Allgemeinen. In der Schweiz, wo das Recht auf Waffenbesitz ein Aspekt der Unabhängigkeit und Souveränität des Staates sei, manifestiere sich im liberalen Waffenrecht der gegenseitige Respekt zwischen Staat und Bürgern, weshalb Verschärfungen nicht angebracht seien, argumentierten etwa ProTell, der SSV die RK MZF, die SVP sowie fünf Kantone (AI, AR, GL, SG, OW). Des Weiteren wurden die Entwaffnung der Bürger und schwere (Ruf-)Schäden für das Schweizer Schiesswesen befürchtet. Problematisch am Vorhaben sei ausserdem, dass darin Regelungen vorgesehen seien, die in der jüngeren Vergangenheit vom Volk abgelehnt worden waren. So komme die Registrierungspflicht für rechtmässig erworbene, aber neu verbotene halbautomatische Feuerwaffen einer Nachregistrierung gleich und der für den Erwerb einer solchen Waffe künftig erforderliche Nachweis einer Mitgliedschaft in einem Schiessverein bzw. alternativ des regelmässigen Gebrauchs der Waffe für das sportliche Schiessen erinnere zu stark an eine Bedürfnisklausel. Beide Massnahmen waren 2011 bei der Volksabstimmung über die Initiative gegen Waffengewalt abgelehnt worden – ein Umstand, den ausser Schützen- und Waffenkreisen auch die SVP und vier Kantone (AR, GE, SZ, TI) betonten. Von verschiedenen Seiten wurde zudem die fehlende Verhältnismässigkeit der Vorlage bemängelt. Während Angehörige der Waffenlobby ausführten, dass mit dem Entwurf eher die legalen Waffenbesitzer bestraft als Terroranschläge verhindert würden, äusserten sich zahlreiche Kantone und die CVP dahingehend, dass trotz erheblichen bürokratischen Mehraufwandes kaum ein Sicherheitsgewinn resultiere. Entgegen der Ankündigung des Bundesrates befanden der SSV, der SBV und ProTell den Umsetzungsvorschlag nicht für «pragmatisch» und die CVP sowie die grosse Mehrheit der Kantone bezweifelten, dass der Bundesrat den Handlungsspielraum bei der Umsetzung vollständig ausgeschöpft habe. Schützenkreise wiesen überdies auf eine hängige Klage am EuGH hin, in der die Tschechische Republik die Rechtmässigkeit der neuen EU-Waffenrichtlinie angefochten hatte, weil die Terrorabwehr den Einzelstaaten obliege und gar nicht in die Zuständigkeit der EU falle. Die Schweiz solle diesem Urteil nicht vorgreifen und das Waffenrecht nicht vorschnell anpassen.

Inhaltlich sei der Entwurf hinsichtlich zentraler Begrifflichkeiten – beispielsweise der Definitionen von «Faustfeuerwaffe» und «Handfeuerwaffe» – zu wenig präzise und überlasse zu viele Klärungen dem Verordnungsgeber, was Rechtsunsicherheit mit sich bringe. In diesem Zusammenhang forderten der SSV, der SBV, ProTell, LEWAS, der Städteverband sowie neun Kantone den Bundesrat auf zu definieren, was «Regelmässigkeit des sportlichen Schiessens» bedeute. Die Notwendigkeit einer solchen Präzisierung zeigte sich bereits in den unterschiedlichen Vorstellungen des Begriffs, welche die Vernehmlassungsantworten offenbarten: Hielten der SBV und ProTell einmal in fünf Jahren für eine angemessene Regelmässigkeit, sahen die Kantone Neuenburg, Tessin, Waadt und Wallis eine ausreichende Regelmässigkeit ab einer zweimaligen Nutzung pro Jahr gegeben. Ganz konkrete Kritik betraf darüber hinaus die vorgesehene Unterscheidung von Waffenkategorien anhand der Magazinkapazität. Diese sei kein Indikator für die Gefährlichkeit einer Waffe und die Regelung daher nicht nachvollziehbar; stattdessen wäre eine Unterscheidung anhand des Kalibers, des Munitions-Typs und einer allfälligen Serienfeuer-Möglichkeit zu diesem Zweck dienlicher. Da Magazine zum Teil waffentypübergreifend eingesetzt und separate Magazine bewilligungsfrei erworben werden könnten, sei die Regelung leicht zu umgehen und Missbrauch schwer zu verhindern, stellten mehrere Kantone fest. Die Skepsis der Waffenlobby sowie des Kantons Schwyz weckte zudem die Pflicht für Waffensammler, den Zweck der Sammlung offenzulegen. Der Mensch sei seit jeher ein Sammler, wie es ProTell ausdrückte, und viele Sammlungen dienten keinem besonderen Zweck ausser der Freude am Objekt selbst, weshalb eine solche Bestimmung verfehlt sei. Die Kritik am Entwurf beschränkte sich jedoch nicht darauf, dass er zu viele Einschränkungen vorsehe; an einigen Stellen wurde auch bemängelt, dass die Regelungen zu wenig weit gingen. So schlugen beispielsweise die SP, die GLP und fünf Kantone (NE, TI, VD, VS, GE) vor, es sei auch von Eigentümern von Ordonnanzwaffen ein Nachweis zu verlangen, dass sie die Waffe regelmässig für den Schiesssport verwendeten.

Auch lehnten nicht alle Kritiker der Waffenrechtsanpassung ebenso die Genehmigung des Notenaustausches mit der EU ab. Der Notenaustausch ist im Grunde genommen das Verfahren zur Übernahme eines weiterentwickelten Rechtsakts, der dem Schengen-Besitzstand angehört. Nachdem die EU der Schweiz am 31. Mai 2017 die neue Waffenrichtlinie als Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstandes notifiziert hatte, versicherte der Bundesrat in seiner Antwortnote vom 16. Juni 2017 der EU, dass die Schweiz die Richtlinie – vorbehaltlich der parlamentarischen Genehmigung – innerhalb einer Frist von zwei Jahren übernehmen und umsetzen werde. Die SVP, der SSV und LEWAS waren der Meinung, die Schweiz könne der EU mitteilen, die Waffenrichtlinie zu übernehmen – wozu sie als Vertragsstaat von Schengen/Dublin verpflichtet ist –, ohne dafür die Schweizer Rechtslage anpassen zu müssen. Sie hielten das Schweizer Waffenrecht für den Anforderungen der EU-Richtlinie dem Sinn nach entsprechend und sahen darum keinen Bedarf für eine Änderung des Schweizer Waffenrechts, auch wenn der Notenaustausch genehmigt würde. In die gleiche Richtung äusserte sich auch die CVP, welche die Frage stellte, ob das geltende Waffengesetz keine ausreichende Grundlage darstelle, um die Ziele der EU-Waffenrichtlinie weitgehend zu erfüllen. ProTell und der Kanton Schwyz lehnten indes auch die Genehmigung des Notenaustausches ab und forderten weitere Verhandlungen mit der EU.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

Im August 2017 gab der Bundesrat bekannt, dass er von seiner subsidiären Kompetenz Gebrauch machen und die Einzelleistungstarifstruktur Tarmed anpassen werde. Dies war nach 2014 zum zweiten Mal nötig geworden, weil sich Leistungserbringer und Versicherer nicht auf einen gemeinsamen Tarif hatten einigen können und somit für das Jahr 2018 keine Tarifstruktur mehr vorgelegen hätte. Die Änderungen der Verordnung zum Tarmed sahen vor, die „Vergütungen der verschiedenen Leistungen in angemessene Relation zu stellen“. Dazu sollten einerseits die Leistungsvergütungen bestimmter Tarifpositionen geändert werden. Zum Beispiel soll für alle Leistungen ein einheitlicher Dignitätsfaktor bestimmt werden. Die Weiterbildungsdauer der Fachärzte soll folglich nicht mehr in die Tarife einfliessen, so dass alle ärztlichen Leistungen einheitlich abgerechnet werden. Andererseits werden die Abrechnungsregeln einzelner Tarifpositionen geändert, was unter anderem zu mehr Abrechnungstransparenz und reduzierten Beträgen bei der Verrechnung von Leistungen in Abwesenheit der Patientinnen und Patienten führen soll. Zudem werden die Tarife derjenigen Leistungen gesenkt, deren Dauer durch technische oder medizinische Fortschritte reduziert worden ist. Einzelne dieser Massnahmen hatte der Bundesrat entsprechend den Rückmeldungen aus der Vernehmlassung angepasst, so dass er nun mit jährlichen Einsparungen von CHF 470 Mio. (anstelle der ursprünglich erwarteten CHF 700 Mio.) rechnete. Diese Korrekturen betrafen vor allem die vulnerabelsten Patienten, also Kinder, Betagte und psychisch Kranke, deren Grundkonsultation unter anderem weiterhin länger dauern darf als bei den übrigen Patienten.

Die betroffenen Akteure reagierten unterschiedlich auf die Revision. Der Kassenverband Curafutura lobte die Revision und erwartete deutliche Einsparungen bei den Prämien; Santésuisse hingegen bezweifelte, dass die durch die Revision möglichen finanziellen Reduktionen tatsächlich die von Bundesrat Berset angegebene Höhe erreichen würden. Negative Reaktionen kamen vor allem von den Leistungserbringern: Der Ärzteverband FMH sorgte sich aufgrund der Revision wie bereits in der Vernehmlassung vor möglichen Verschiebungen vom ambulanten in den stationären Bereich. Für die Ärzte bedeute dies zudem eine Reduktion ihrer Vergütungen um durchschnittlich 10 Prozent, vereinzelt könne es gar zu Reduktionen bis 30 Prozent kommen. Dies veranlasste die Presse zu Spekulationen, ob die Revision den Anreiz der Ärzteschaft gesteigert habe, ihre eigene Tarifrevision Tarco voranzutreiben. Deren Erarbeitung hatte sich zuvor als schwierig erwiesen, weil höhere Ansätze bei den einen Ärzten aufgrund der nötigen Kostenneutralität zu finanziellen Einbussen für andere Ärzte führen würden. Der Spitalverband H+ betonte schliesslich, dass die Anpassung des Tarmed die Situation der Spitäler weiter verschlechtern werde. Aufgrund dieser unterschiedlichen Rückmeldungen waren sich die Medien nicht einig, ob die Revision eine gute oder schlechte Nachricht für die Patienten sei. Zwar setze der Bundesrat damit ein Zeichen gegen die ständig wachsenden Prämien, jedoch seien Einsparungen von einer halben Milliarde pro Jahr bei jährlichen Gesundheitskosten von etwa CHF 70 Mrd. eher ein Tropfen auf den heissen Stein.

Revision des TARMED
Dossier: Tarifstrukturen im Gesundheitswesen

Mit einer parlamentarischen Initiative „Praxisorientierte Gestaltung der Übergangspflege“ wollte Ruth Humbel (cvp, AG) das KVG dergestalt anpassen, dass die Leistungen der Akut- und Übergangspflege vollumfänglich nach den Bestimmungen der Spitalfinanzierung abgerechnet werden können. Diese Leistungen fallen nach einem stationären Spitalaufenthalt an, wenn Patienten aus medizinischer Sicht zwar nicht mehr hospitalisierungsbedürftig sind, jedoch gleichzeitig noch nicht wieder fähig sind, den Alltag eigenständig zu bewältigen. Vor allem ältere Personen dürften nach Entlassung aus der stationären Behandlung noch Schwierigkeiten haben, weswegen eine Übergangspflege, die ebenfalls in einem stationären Umfeld stattfindet, hier ansetzen kann. Die Pflegekosten werden gegenwärtig nach den Regeln der Spitalfinanzierung aufgeteilt, die Hotelleriekosten müssen jedoch die Patienten selbst tragen. Die Übergangspflege erfülle so ihren Zweck nicht, so die Initiantin. Folge sei, dass die Patientinnen zu lange im Akutspital hospitalisiert oder dass sie zu früh entlassen werden. Dies sei aber auch nicht zielführend. Die gegenwärtig geltende Dauer der finanzierten Übergangspflege von 14 Tagen sei ferner zu kurz, wie auch der Spitalverband H+ bestätigte. Auch hier sollte eine Justierung vorgenommen werden.
Die SGK-NR des Nationalrates gab der Initiative im November 2015 mit 17 zu 3 stimmen und 2 Enthaltungen Folge. Sie war der Ansicht, dass die Leistungen der Akut- und Übergangspflege vollumfänglich getragen werden sollen. Die Schwesterkommission hiess das Anliegen aber nicht gut und gab der Initiative im Frühjahr 2016 keine Folge. Mit 9 zu 2 Stimmen und 2 Enthaltungen vertrat die Kommission die Haltung, dass zuerst die Evaluation der neuen Pflegefinanzierung abgewartet werden soll. Eine Änderung des KVG zum gegenwärtigen Zeitpunkt erachtete sie deswegen als verfrüht.
Somit wurde die Initiative Ende 2016 im Plenum der grossen Kammer traktandiert. Mit 11 zu 8 Stimmen und einer Enthaltung beantragte die SGK-NR erneut, dem Vorstoss Folge zu geben, eine Minderheit Herzog (svp, TG) stellte sich jedoch dagegen. Sie bezweifelte nicht, dass es grundsätzlich Handlungsbedarf gebe, sondern kritisierte, dass nicht genügend Fakten vorhanden seien. So sei beispielsweise die Evaluation der Neuordnung der Pflegefinanzierung abzuwarten, die in Arbeit sei und per Herbst 2017 erwartet werden könne. Die Kommissionsminderheit stellte sich damit auf den Standpunkt der SGK-SR. Anders äusserte sich die Initiantin selbst, die mit zwei Argumenten den Marschhalt abwenden wollte. Einerseits verwies sie auf die kurz zuvor verabschiedete Nachbesserung der Pflegefinanzierung zur Gewährleistung der Freizügigkeit, wobei die erwähnte Evaluation auch nicht abgewartet wurde. Und zweitens sei die Evaluation gar nicht wegweisend, weil sie nicht das aufzudecken vermöge, was erwartet werde: Das kleine Volumen von Übergangspflegeplätzen, gemessen am Total von Langzeitpflegeplätzen, reiche nicht aus, um schlüssige Resultate zu erhalten. Die Abstimmung fiel äusserst knapp aus: Mit nur einer Stimme Unterschied wurde die Initiative abgelehnt. Alle Fraktionen stimmten geschlossen, aufgrund diverser Absenzen reichte der Schulterschluss von FDP- und SVP-Fraktion aus, um die obsiegenden 94 Stimmen zu vereinen. Die Initiative war damit vom Tisch.

Praxisorientierte Gestaltung der Übergangspflege