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Ende 2021 legten die Tarifpartner H+ und Santésuisse dem Bundesrat ihre Tarifstruktur für ambulante Pauschalen zur Prüfung vor. Die neue Tarifstruktur decke im Gegensatz zu TARMED, die auf Einzelleistungstarifen beruht, «im ambulanten Spitalbereich eine Mehrheit der Leistungen mit Pauschalen» ab. Damit wollten die Tarifpartner dem Entscheid des Parlaments vom Juni 2021 nachkommen, das mit Annahme des Massnahmenpakets 1a zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen den Einsatz von Pauschalen auch im ambulanten Bereich so weit wie möglich vorschreibt. H+ und Santésuisse hatten die Pauschalen der neuen Tarifstruktur im Rahmen ihrer Tariforganisation «solutions tarifaires suisses sa» basierend auf reellen Kosten- und Leistungsdaten der Leistungserbringenden entwickelt, noch nicht darin enthalten waren jedoch die Einzelleistungstarife für nicht pauschalisierbare Leistungen. An der Entwicklung mitgewirkt hatte auch der Verband der Chirurginnen und Chirurgen, FMCH. Dieser beteiligte sich jedoch nicht an der Einreichung der Tarifstruktur, da diese nicht «für alle Ärztinnen und Ärzte, die ambulant behandeln, sinnvoll, wirtschaftlich und anwendbar» sei, wie der Verband gegenüber den Medien verlauten liess.
Mit ihrem Vorschlag standen H+ und Santésuisse bis zu einem gewissen Grad in Konkurrenz mit dem Projekt TARDOC, das FMH und Curafutura entwickelt hatten, der Bundesrat bisher aber noch nicht genehmigt hatte. Man könne damit «einige der von der Genehmigungsbehörde konstatierten Mängel des TARDOC [...] beheben», betonten die Einreichenden, während FMH vor allem die konzeptionellen Unterschiede zwischen den zwei Modellen hervorhob und die neuen Pauschalen generell als «anschlussfähig an den TARDOC» erachtete. Da TARDOC auf Einzelleistungstarifen statt Pauschalen beruhte, hatte die Ärzteschaft, darunter auch FMCH und FMH bereits zuvor erklärt, dass die neuen ambulanten Pauschalen als Ergänzung zu TARDOC verstanden werden sollen. Nach Einreichung der neuen Struktur zeigte sich FMH mit dieser jedoch nicht einverstanden: Die Struktur sei zu wenig ausgereift, beruhe ausschliesslich auf Spitaldaten und sei überdies nicht kostenneutral, wurde kritisiert.

Neue Tarifstruktur für ambulante Behandlungen
Dossier: Tarifstrukturen im Gesundheitswesen

In der Wintersession 2021 befasste sich der Ständerat mit vier Standesinitiativen der Kantone Schaffhausen, Aargau, Tessin und Basel-Stadt (Kt.Iv. 20.331; Kt.Iv. 21.304; Kt.Iv. 21.307; Kt.Iv. 21.312), die den Bund dazu auffordern wollten, für die während der ersten Covid-19-Welle entstandenen Ertragsausfälle der Spitäler aufzukommen. Peter Hegglin (mitte, ZG) erläuterte für die SGK-SR, dass es für eine «seriöse Beratung», inwiefern sich der Bund finanziell beteiligen soll, den Schlussbericht in Erfüllung des Postulates 20.3135, welcher auf Ende 2023 angekündigt sei, abzuwarten gelte. Daher habe die Kommission den Standesinitiativen keine Folge gegeben. Minderheitensprecher Hannes Germann (svp, SH) erwiderte, dass sich der Bund an den Kosten beteiligen solle, da er mit seinem Durchführungsverbot von nicht dringend angezeigten medizinischen Eingriffen und Therapien das Subsidiaritätsprinzip verletzt und in die kantonale Autonomie eingegriffen habe. Der dadurch entstandene Schaden belaufe sich gemäss Schätzungen des Dachverbands der Spitäler H+ Ende 2020 auf CHF 1.5 bis 1.8 Mrd. Auch Maya Graf (gp, BL) plädierte für Folgegeben und bezeichnete die Spitäler als «unsere wichtigsten Gesundheitsversorger». Mit 21 zu 19 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) gab das Stöckli den Kantonsbegehren knapp keine Folge.

Auch der Bund soll für die Spitäler zahlen (St.Iv. 20.331; St.Iv. 21.304; St.Iv. 21.307; St.Iv. 21.312)

Im Dezember 2021 genehmigte der Bundesrat die im März 2021 eingereichte neue Tarifstruktur für den stationären Bereich der Rehabilitation (ST Reha), hiess die aktualisierten Versionen von SwissDRG (für stationäre akutsomatische Spitalleistungen) und TARPSY (für Leistungen der Psychiatrie) gut und verlängerte die Gültigkeit der Tarifverträge zur Vergütung einer Krebstherapie (autologe CAR-T-Zelltherapie) bis Ende 2022.
Gleichentags genehmigte er auch vier Tarifverträge zur Festlegung des Taxpunktwertes für Leistungen der diagnostischen Neuropsychologie, wie sie die Tarifpartner (Schweizerische Vereinigung der Neuropsychologinnen und Neuropsychologen, Spitalverband H+, CSS, Einkaufsgemeinschaft HSK) ausgearbeitet hatten.

Geschichte der Swiss DRG
Dossier: Tarifstrukturen im Gesundheitswesen

im Juni 2021 gab der Bundesrat das Ergebnis seiner Prüfung der neuen Tarifstruktur TARDOC bekannt: Diese sei in ihrer aktuellen Form nicht genehmigungsfähig, weil sie «gewichtige materielle Mängel aufweist und eine kostenneutrale Einführung nicht sichergestellt ist». Unerfüllt blieben die Anforderungen im Bereich der Kostenneutralität sowie insbesondere bezüglich Wirtschaftlichkeit und Billigkeit der Tarifstruktur, wie der Bundesrat erklärte. Überdies zeigte er sich aber auch mit der Vereinfachung der Tarifstruktur, ihrer Anpassung an aktuelle Gegebenheiten und ihrer Transparenz nicht zufrieden, insbesondere nachdem er diese Punkte in seinem Prüfbericht von November 2020 bereits hervorgehoben habe. Schliesslich störte sich der Bundesrat daran, dass weder Santésuisse noch der Spitalverband (H+) den Tarifvertrag unterzeichnet hätten. Daher forderte er die Tarifpartner zu einer gemeinsamen Überarbeitung auf.
Die beteiligten Tarifpartner zeigten sich mit diesem Entscheid des Bundesrats nicht einverstanden, in einer Medienmitteilung nannten sie ihn «unverständlich und nicht nachvollziehbar». Die aktuelle Version von TARDOC erfülle die gesetzlich vorgeschriebenen Kriterien, betonten sie. Gar von einer «Art Todesstoss für die Tarifautonomie» sprach alt-Ständerat Joachim Eder, Präsident des Tarifbüros ats-tms. Schliesslich sei TARMED nicht mehr zeitgemäss, wodurch die medizinischen Leistungen unsachgemäss vergütet würden. Man werde prüfen, «inwieweit die Forderungen nach Anpassungen des TARDOC überhaupt sachgerecht und umsetzbar sind».
Ende Dezember 2021 reichten die betroffenen Tarifpartner eine von ihnen als «finale Version des TARDOC» bezeichnete Überarbeitung zur Genehmigung ein. Man habe dabei wie gefordert die Kostenneutralität verlängert, den Tarif vereinfacht und die Transparenz erhöht, erklärten sie in einer Medienmitteilung. Sie wiesen überdies auf die fehlenden Alternativen bezüglich einer Tarifrevision hin und hofften entsprechend auf eine Inkraftsetzung von TARDOC per 1. Januar 2023.

Tarifstruktur TARDOC
Dossier: Tarifstrukturen im Gesundheitswesen

Im Oktober 2020 wurde der Ergebnisbericht zur Vernehmlassung des indirekten Gegenvorschlags zur Organspende-Initiative, welche vom 13. September bis zum 13. Dezember 2019 gedauert hatte, veröffentlicht. Insgesamt hatten 81 Akteurinnen und Akteure Stellung genommen, wobei sich mit 53 von ihnen ein Grossteil der Vernehmlassungsteilnehmenden vollumfänglich oder grundsätzlich zustimmend zum Gegenvorschlag aussprachen. Zu ihnen gehörten 21 Kantone, die beiden Parteien GLP und GPS sowie dreissig Organisationen, darunter auch Swisstransplant, eine Unterstützerin der Volksinitiative. Explizit abgelehnt wurde die Vorlage von 16 Vernehmlassungsteilnehmenden. Als Gründe für die ablehnende Haltung wurden die Befürwortung der Volksinitiative (JU), des Erklärungsmodells (LU, CVP, EVP, CBCES, EKS, MERH_UZH, NEK) oder der parlamentarischen Initiative Nantermod (fdp, VS; pa.Iv. 18.443; FDP), aber auch die zu enge Zustimmungslösung (ÄPOL) und der Wunsch nach Beibehaltung der aktuell gültigen erweiterten Zustimmungslösung (HGS) aufgeführt. Weitere Argumente gegen den indirekten Gegenvorschlag liessen sich auf ethische Bedenken (SH, HLI, MIGUNIBE, SPO) oder auf die Forderung zurückführen, dass die Vorlage Teil eines Gesamtprojekts zur Einwilligung in der Gesundheits- und Humanforschung sein sollte (Privatim). Weder eine zustimmende noch eine ablehnende Haltung nahmen aus diversen Gründen zehn Vernehmlassungsteilnehmende ein (BL, TG, iEH2, SPS, BDP, SVP, GDK, insieme, SBK und SGG). Der SAV, santésuissse und der SSV verzichteten auf eine Stellungnahme.

Positiv aufgenommen wurde von der Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden die geplante Einbindung der Angehörigen. In diesem Zusammenhang kam denn auch mehrfach die Forderung auf, dass eine Organentnahme nur zulässig sein soll, wenn die Angehörigen erreicht werden können. Auch die gesetzliche Verankerung eines Registers wurde grösstenteils befürwortet, wobei verschiedene Änderungsvorschläge eingingen. Einer von ihnen bestand darin, dass neben der Dokumentation des Widerspruchs auch eine Zustimmung festgehalten werden können sollte. Von verschiedenen Seiten wurde zudem der Wunsch geäussert, dass der Stiftung Swisstransplant die Registerführung zukommen soll, weil sie bereits über ein Register verfüge. Ferner wurde der Information der Bevölkerung über das Widerspruchsmodell ein hoher Stellenwert beigemessen.

Organspende-Initiative und indirekter Gegenvorschlag (BRG 20.090)
Dossier: Transplantation von Organen, Geweben und Zellen

Zu Beginn der Corona-Pandemie berichteten die Medien über warnende Stimmen, wonach die Krankenkassenprämien 2021 durch die hohen Kosten im Jahr 2020 stark ansteigen könnten; Politikerinnen und Politiker aus dem linken sowie dem bürgerlichen Lager warnten im Blick vor einem regelrechten «Prämienschock». Gleichzeitig wiegelten die Medien selber jedoch grösstenteils ab: Da die Prämien nicht auf den Kosten des Vorjahrs, sondern aufgrund einer Schätzung der Ausgaben des jeweiligen Jahres berechnet würden, sei für das Jahr 2021 kein starker Prämienanstieg zu erwarten. Selbst wenn die Krankenversicherungen im Jahr 2020 mehr ausgeben müssten, als sie durch die Prämien eingenommen hätten, würden sich die Prämien des Folgejahres nicht direkt erhöhen: Für solche ausserordentlichen Grossereignisse hätten die Krankenversicherungen Reserven gebildet, die Anfang 2019 bei CHF 9.5 Mrd. lagen und damit doppelt so hoch waren, wie gesetzlich verlangt. Da die Reservesituation nicht für alle Krankenversicherungen gleich gut sei, gebe es zudem noch den Sicherungsfonds, der in solchen Fällen aushelfe, war den Medien weiter zu entnehmen. Schliesslich sei es noch nicht einmal sicher, dass die Kosten der Krankenversicherungen im Jahr 2020 höher ausfallen würden als erwartet. Zwar seien Therapien auf der Intensivstation – wie sie zur Behandlung von schweren Fällen von Covid-19 häufig sind – teuer, diese würden aber zu mehr als der Hälfte von den Kantonen übernommen. Die grossen Kosten der Pandemie im Gesundheitsbereich fielen denn auch nicht bei den Krankenkassen, sondern bei den Kantonen an, war man sich einig. Diese müssten die Massnahmen der Spitäler zur Pandemie bezahlen, während das bundesrätliche Verbot von nicht dringenden Behandlungen gleichzeitig ein Loch in die Kassen der Spitäler reisse. Dies habe zu der paradoxen Situation geführt, dass die Spitäler im Frühjahr 2020 einerseits unter Personalmangel litten, weil insbesondere im Pflegebereich zu wenig Fachkräfte vorhanden seien und viele davon zum Beispiel wegen eigener Infektion mit dem Corona-Virus ausfielen, und andererseits Kurzarbeit anmelden mussten, zumal Behandlungen in vielen Bereichen stark eingeschränkt waren und die Mitarbeitenden entsprechend nicht ausgelastet werden konnten. Letzteres habe denn auch zu teilweise sehr hohen Umsatzeinbussen für die Spitäler geführt.
Dennoch konnte nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Corona-Pandemie nicht doch noch auf die Krankenkassenprämien auswirken würde, insbesondere durch die Verlagerung von Eingriffen auf die Folgejahre. Entsprechend forderten die SP-Fraktion (Mo. 20.3202) sowie Katharina Prelicz-Huber (gp, ZH; Mo. 20.3313), dass die Krankenkassenprämien in den Jahren 2021 bis 2023 nicht erhöht werden dürfen. Stattdessen sollen die Kosten wenn nötig vollständig durch Bund und Kantone (SP-Fraktion) oder durch die Reserven und bei kleinen Kassen durch den Bund (Prelicz-Huber) finanziert werden. Ein allgemeines Verbot für einen Anstieg der Krankenkassenprämien-Gesamtsumme während der nächsten zehn Jahre forderte Lukas Reimann (svp, SG; Mo. 20.3434). Falls die Kosten der Leistungserbringenden das Total der Prämien übersteigen sollten, sollen diese angewiesen werden, ihre Ausgaben entsprechend zu reduzieren. Gar eine Reduktion der Prämien für einkommensschwache Personen um 50 Prozent während zwei Jahren forderte Valérie Piller Carrard (sp, FR; Mo. 20.3574). Bund und Kantone sollen via Prämienverbilligungen für die entsprechenden Kosten aufkommen, schlug sie vor. Auch eine Standesinitiative des Kantons Genf (Kt.Iv. 20.337) verlangte einen dreimonatigen Verzicht auf die Erhebung der Prämien sowie eine zweijährige Beibehaltung der Prämienhöhe. Finanziert werden solle dies durch eine 50-prozentige Reduktion der Reserven der Krankenversicherungen. Auf diese Reserven hatten aber auch andere ein Auge geworfen: So forderten gemäss Presse verschiedene Kantons- oder Spitalvertretende, dass sich die Krankenversicherungen mit ihren Reserven am finanziellen Schaden der Spitäler durch die Pandemie beteiligen. Die Reserven seien für die Deckung epidemiebedingter Kosten geschaffen worden, entsprechend sollten sie jetzt auch dafür eingesetzt werden, wurde argumentiert. Dagegen wehrten sich vor allem die Krankenkassen: Die Reserven gehörten den Versicherten, zudem schreibe das KVG unmissverständlich vor, dass sie ausschliesslich für Kosten für Diagnose und Heilung von Krankheiten ausgegeben werden dürften.

Im September 2020 hatte das Warten schliesslich ein Ende, das EDI gab in einer Medienmitteilung die Prämien für das Jahr 2021 bekannt. Die mittlere Prämie stieg für das Jahr 2021 um 0.5 Prozent, was im mittelfristigen Vergleich einen eher geringen Anstieg bedeutete – seit 2010 liegt der durchschnittliche Anstieg bei 3.1 Prozent. Bereits in den letzten zwei Jahren war der Anstieg jedoch deutlich unterdurchschnittlich gewesen. Auch die kantonalen Unterschiede waren deutlich geringer als in anderen Jahren, die kantonalen Prämienanstiege schwankten zwischen -1.6 und 2.1 Prozent. Die Reserven der Krankenkassen stiegen bis Ende 2020 auf mehr als CHF 11 Mrd. an.

Gesundheitskosten in der Corona-Pandemie & Krankenkassenprämien 2021
Dossier: Covid-19-Kosten im Gesundheitsbereich
Dossier: Prämien- und Kostenentwicklung in der Krankenversicherung (seit 2010)

An der Vernehmlassung zum ersten Massnahmenpaket zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen zwischen September und Dezember 2018 beteiligten sich 150 Einheiten und Organisationen, darunter alle Kantone, die sieben grossen nationalen Parteien, der Städte- und der Gemeindeverband, Dachverbände der Wirtschaft, Konsumenten-, Patienten-, Leistungserbringenden- sowie Versichererverbände. Entsprechend breit war trotz Lobes für die Bemühungen des Bundesrates zur Kostensenkung auch die Kritik an dem neuen Projekt. Insbesondere wurde vor Wechselwirkungen mit anderen Revisionen, vor Finanzierungs- oder Versorgungsproblemen sowie vor einer verstärkten Bürokratisierung oder staatlichen Steuerung gewarnt, wie das BAG in seinem Ergebnisbericht erklärte.

Erstes Massnahmenpaket zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen (BRG 19.046)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)

Im April 2018 urteilte das Bundesgericht in der Frage, ob der Bundesrat 2014 dazu berechtigt gewesen war, den Tarmed nach politischen Gesichtspunkten zu ändern. Der Bundesrat hatte bei der ersten Tarmed-Änderung entschieden, den Haus- und Kinderärzten mehr und den Spezialärzten im Tarmed weniger Geld für ihre Leistungen zuzusprechen. Dies erachtete die Privatklinik St. Anna in Luzern als widerrechtlich und verrechnete ihre Kosten weiterhin nach den alten, höheren Tarmed-Tarifen. Das eingesetzte Schiedsgericht, das nötig geworden war, weil eine Krankenversicherung diese höheren Tarife nicht akzeptiert hatte, gab der Klinik recht, woraufhin die Versicherung den Fall vors Bundesgericht weiterzog. Da in der Zwischenzeit auf Anraten des Spitalverbands H+ verschiedene Spitäler ihre Rechnungen unter Vorbehalt ausgestellt hatten, erwarteten sowohl Krankenversicherungen als auch Spitäler den Entscheid mit grossem Interesse.
Das Bundesgericht befand im April 2018, dass das KVG keine klaren Vorgaben dazu mache, welche Anpassungen der Bundesrat machen dürfe und wie er dabei vorgehen müsse. Folglich komme ihm diesbezüglich ein grosser Ermessensspielraum zu; er könne daher auch lineare Kürzungen sowie politisch motivierte Kürzungen wie die Förderung der Hausarztmedizin vornehmen. Die Krankenkassen zeigten sich erleichtert über das Urteil, das gemäss Santésuisse nun für Rechtssicherheit sorge. Der Berufsverband der Ärztinnen und Ärzte FMH zeigte sich erstaunt über den Entscheid und insbesondere darüber, dass es dem Bundesrat möglich sein soll, politische Aspekte zu berücksichtigen, während sich die Tarifpartner beim Tarmed strikt an den Wortlaut des KVG halten müssten. Die Medien urteilten, dass dieser Entscheid den Einfluss des Bundesrates stärke; Gewinner seien die Prämienzahlenden, lobte Santésuisse den Entscheid.

Revision des TARMED
Dossier: Tarifstrukturen im Gesundheitswesen

Im August 2017 gab der Bundesrat bekannt, dass er von seiner subsidiären Kompetenz Gebrauch machen und die Einzelleistungstarifstruktur Tarmed anpassen werde. Dies war nach 2014 zum zweiten Mal nötig geworden, weil sich Leistungserbringer und Versicherer nicht auf einen gemeinsamen Tarif hatten einigen können und somit für das Jahr 2018 keine Tarifstruktur mehr vorgelegen hätte. Die Änderungen der Verordnung zum Tarmed sahen vor, die „Vergütungen der verschiedenen Leistungen in angemessene Relation zu stellen“. Dazu sollten einerseits die Leistungsvergütungen bestimmter Tarifpositionen geändert werden. Zum Beispiel soll für alle Leistungen ein einheitlicher Dignitätsfaktor bestimmt werden. Die Weiterbildungsdauer der Fachärzte soll folglich nicht mehr in die Tarife einfliessen, so dass alle ärztlichen Leistungen einheitlich abgerechnet werden. Andererseits werden die Abrechnungsregeln einzelner Tarifpositionen geändert, was unter anderem zu mehr Abrechnungstransparenz und reduzierten Beträgen bei der Verrechnung von Leistungen in Abwesenheit der Patientinnen und Patienten führen soll. Zudem werden die Tarife derjenigen Leistungen gesenkt, deren Dauer durch technische oder medizinische Fortschritte reduziert worden ist. Einzelne dieser Massnahmen hatte der Bundesrat entsprechend den Rückmeldungen aus der Vernehmlassung angepasst, so dass er nun mit jährlichen Einsparungen von CHF 470 Mio. (anstelle der ursprünglich erwarteten CHF 700 Mio.) rechnete. Diese Korrekturen betrafen vor allem die vulnerabelsten Patienten, also Kinder, Betagte und psychisch Kranke, deren Grundkonsultation unter anderem weiterhin länger dauern darf als bei den übrigen Patienten.

Die betroffenen Akteure reagierten unterschiedlich auf die Revision. Der Kassenverband Curafutura lobte die Revision und erwartete deutliche Einsparungen bei den Prämien; Santésuisse hingegen bezweifelte, dass die durch die Revision möglichen finanziellen Reduktionen tatsächlich die von Bundesrat Berset angegebene Höhe erreichen würden. Negative Reaktionen kamen vor allem von den Leistungserbringern: Der Ärzteverband FMH sorgte sich aufgrund der Revision wie bereits in der Vernehmlassung vor möglichen Verschiebungen vom ambulanten in den stationären Bereich. Für die Ärzte bedeute dies zudem eine Reduktion ihrer Vergütungen um durchschnittlich 10 Prozent, vereinzelt könne es gar zu Reduktionen bis 30 Prozent kommen. Dies veranlasste die Presse zu Spekulationen, ob die Revision den Anreiz der Ärzteschaft gesteigert habe, ihre eigene Tarifrevision Tarco voranzutreiben. Deren Erarbeitung hatte sich zuvor als schwierig erwiesen, weil höhere Ansätze bei den einen Ärzten aufgrund der nötigen Kostenneutralität zu finanziellen Einbussen für andere Ärzte führen würden. Der Spitalverband H+ betonte schliesslich, dass die Anpassung des Tarmed die Situation der Spitäler weiter verschlechtern werde. Aufgrund dieser unterschiedlichen Rückmeldungen waren sich die Medien nicht einig, ob die Revision eine gute oder schlechte Nachricht für die Patienten sei. Zwar setze der Bundesrat damit ein Zeichen gegen die ständig wachsenden Prämien, jedoch seien Einsparungen von einer halben Milliarde pro Jahr bei jährlichen Gesundheitskosten von etwa CHF 70 Mrd. eher ein Tropfen auf den heissen Stein.

Revision des TARMED
Dossier: Tarifstrukturen im Gesundheitswesen

Mit einer parlamentarischen Initiative „Praxisorientierte Gestaltung der Übergangspflege“ wollte Ruth Humbel (cvp, AG) das KVG dergestalt anpassen, dass die Leistungen der Akut- und Übergangspflege vollumfänglich nach den Bestimmungen der Spitalfinanzierung abgerechnet werden können. Diese Leistungen fallen nach einem stationären Spitalaufenthalt an, wenn Patienten aus medizinischer Sicht zwar nicht mehr hospitalisierungsbedürftig sind, jedoch gleichzeitig noch nicht wieder fähig sind, den Alltag eigenständig zu bewältigen. Vor allem ältere Personen dürften nach Entlassung aus der stationären Behandlung noch Schwierigkeiten haben, weswegen eine Übergangspflege, die ebenfalls in einem stationären Umfeld stattfindet, hier ansetzen kann. Die Pflegekosten werden gegenwärtig nach den Regeln der Spitalfinanzierung aufgeteilt, die Hotelleriekosten müssen jedoch die Patienten selbst tragen. Die Übergangspflege erfülle so ihren Zweck nicht, so die Initiantin. Folge sei, dass die Patientinnen zu lange im Akutspital hospitalisiert oder dass sie zu früh entlassen werden. Dies sei aber auch nicht zielführend. Die gegenwärtig geltende Dauer der finanzierten Übergangspflege von 14 Tagen sei ferner zu kurz, wie auch der Spitalverband H+ bestätigte. Auch hier sollte eine Justierung vorgenommen werden.
Die SGK-NR des Nationalrates gab der Initiative im November 2015 mit 17 zu 3 stimmen und 2 Enthaltungen Folge. Sie war der Ansicht, dass die Leistungen der Akut- und Übergangspflege vollumfänglich getragen werden sollen. Die Schwesterkommission hiess das Anliegen aber nicht gut und gab der Initiative im Frühjahr 2016 keine Folge. Mit 9 zu 2 Stimmen und 2 Enthaltungen vertrat die Kommission die Haltung, dass zuerst die Evaluation der neuen Pflegefinanzierung abgewartet werden soll. Eine Änderung des KVG zum gegenwärtigen Zeitpunkt erachtete sie deswegen als verfrüht.
Somit wurde die Initiative Ende 2016 im Plenum der grossen Kammer traktandiert. Mit 11 zu 8 Stimmen und einer Enthaltung beantragte die SGK-NR erneut, dem Vorstoss Folge zu geben, eine Minderheit Herzog (svp, TG) stellte sich jedoch dagegen. Sie bezweifelte nicht, dass es grundsätzlich Handlungsbedarf gebe, sondern kritisierte, dass nicht genügend Fakten vorhanden seien. So sei beispielsweise die Evaluation der Neuordnung der Pflegefinanzierung abzuwarten, die in Arbeit sei und per Herbst 2017 erwartet werden könne. Die Kommissionsminderheit stellte sich damit auf den Standpunkt der SGK-SR. Anders äusserte sich die Initiantin selbst, die mit zwei Argumenten den Marschhalt abwenden wollte. Einerseits verwies sie auf die kurz zuvor verabschiedete Nachbesserung der Pflegefinanzierung zur Gewährleistung der Freizügigkeit, wobei die erwähnte Evaluation auch nicht abgewartet wurde. Und zweitens sei die Evaluation gar nicht wegweisend, weil sie nicht das aufzudecken vermöge, was erwartet werde: Das kleine Volumen von Übergangspflegeplätzen, gemessen am Total von Langzeitpflegeplätzen, reiche nicht aus, um schlüssige Resultate zu erhalten. Die Abstimmung fiel äusserst knapp aus: Mit nur einer Stimme Unterschied wurde die Initiative abgelehnt. Alle Fraktionen stimmten geschlossen, aufgrund diverser Absenzen reichte der Schulterschluss von FDP- und SVP-Fraktion aus, um die obsiegenden 94 Stimmen zu vereinen. Die Initiative war damit vom Tisch.

Praxisorientierte Gestaltung der Übergangspflege

Anfang September 2014 endete die Vernehmlassungsfrist zum Bundesgesetz über das Zentrum für Qualität in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung. Das neue Bundesgesetz soll die Grundlagen für die Errichtung eines nationalen Zentrums für Qualität schaffen, welches in Zukunft die Aufgabe haben soll, schweizweite Qualitätsprogramme zu lancieren, Leistungen auf ihren Nutzen zu überprüfen und so insbesondere die Qualität der medizinischen Leistungen und die Sicherheit der Patientinnen und Patienten zu erhöhen. Der Bundesrat reagierte damit auf diverse überwiesene parlamentarische Vorstösse, welche einerseits auf eine Verbesserung der Qualitätssicherung in der OKP, andererseits auf eine systematischere Bewertung von Gesundheitstechnologien abzielten.

Der Ergebnisbericht zur Vernehmlassung lag im Mai 2015 vor. 152 Vernehmlasser hatten zuvor ihre Stellungnahmen eingereicht. Kaum erstaunen dürfte, dass Einigkeit über die Zielsetzung einer hohen Qualität in der Krankenversicherung herrschte. Ebenso wurde begrüsst, dass sich der Bund verstärkt engagiere, eine Führungsrolle übernehme sowie eine aktive Rolle im Bereich Qualitätssicherung ausübe. Über die Massnahmen zur Zielerreichung und den Weg dorthin gingen die Meinungen jedoch auseinander. Die zentrale Neuerung, die Schaffung eines Zentrums für Qualität, war umstritten, wie aus dem Vernehmlassungsbericht hervorging. Zwar waren institutionelle Akteure, beispielsweise die GDK, offen für ein solches Zentrum, wichtige Akteure aus dem Gesundheitswesen lehnten eine neue Verwaltungsstelle jedoch ab. Der Spitalverband H+, die Versicherer (santésuisse) oder auch die Ärzteschaft (FMH) zeigten sich skeptisch, sie befürchteten die Schaffung eines bürokratischen Apparats. Von zahlreichen Stellungnehmenden wurden Anpassungen angeregt, so zum Beispiel, bestehende Organisationen in das Zentrum zu integrieren.
Die grundsätzliche Kritik von gewichtigen Akteuren führte jedoch dazu, dass die Regierung entschied, auf ein solches angedachtes Qualitätszentrum zu verzichten. Stattdessen sollte fortan ein „Netzwerk Qualität“ eingesetzt werden, welches Koordinationsaufgaben zwischen bestehenden Akteuren übernehmen soll. Daneben wird auch eine ausserparlamentarische Qualitätskommission eingesetzt. Insbesondere die Anliegen der Patientinnen und Patienten, vertreten durch die Stiftung Patientensicherheit Schweiz, sollen berücksichtigt werden. Die Stiftung soll eine tragende Rolle einnehmen und weiterhin nationale Pilotprogramme betreuen.
Für die Umsetzung des Netzwerks bedarf es einer Änderung des KVG. Die Ausgaben für die Realisierung dieser Projekte im Bereich Qualität wurden auf rund CHF 30 Mio. beziffert und sollen durch die Prämien gedeckt werden (CHF 3.50 pro Person und Jahr; total ca. CHF 22 Mio.). Weitere CHF 10 Mio. sollen über Bundesmittel finanziert werden. Bis Ende 2015 wollte die Regierung einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorlegen.

KVG. Stärkung von Qualität und Wirtschaftlichkeit (BRG 15.083)
Dossier: Qualität und Transparenz in der Gesundheitsversorgung