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In der römisch-katholischen Kirche, besonders im Bistum Chur, wollten sich die Wogen nicht glätten lassen, die bei der 1988 erfolgten Ernennung von Wolfgang Haas zum Weihbischof mit Nachfolgerecht aufgebrandet waren. Bischof Vonderach stellte sich zwar unverdrossen hinter ihn und behauptete, die Ernennung Haas sei hauptsächlich durch die Schuld der Medien zu einem kontroversen Ereignis geworden, doch konnte dies die Akzeptanz von Weihbischof Haas an der Kirchenbasis kaum fördern.

Um die Rechtmässigkeit des Vorgehens Roms im Fall Haas entbrannte unterdessen ein ausgedehnter Juristenstreit, in dem die rechtlichen Bedenken gegenüber der Entscheidung des Vatikans schwer ins Gewicht fielen. Der Kanton Schwyz weigerte sich weiterhin, die Wahl Haas anzuerkennen und bat den Bundesrat, beim Heiligen Stuhl zu intervenieren und die Rücknahme des Nachfolgerechts zu erwirken. Öl aufs Feuer goss in dieser emotional aufgeheizten Stimmung der ebenfalls als sehr konservativ eingestufte päpstliche Nuntius in Bern, Mgr Rovida, welcher laut einer – später zwar dementierten – Indiskretion die Ansicht vertreten haben soll, dass der Papst in jedem Fall das Recht zur Ernennung eines Weihbischofs mit Nachfolgerecht habe, auch dort, wo ein Konkordat der Ortskirche die Mitsprache sichert, in der Schweiz also in den Bistümern Basel (mit Sitz in Solothurn) und St. Gallen. Obgleich der Nuntius auf seinen Äusserungen nicht behaftet werden konnte, schien dem Bundesrat die Angelegenheit doch als heikel genug, um die Direktion für Völkerrecht anzuweisen, die diesbezüglichen rechtlichen Fragen zu prüfen. Nachdem bereits das Domkapitel Basel den Nuntius hatte wissen lassen, die Ernennung eines Weihbischofs mit Nachfolgerecht würde klar als Konkordatsverletzung betrachtet, traf sich ein EDA-Mitarbeiter mit Mgr Rovida: Der Inhalt des Gesprächs wurde zwar nicht veröffentlicht, doch konnte angenommen werden, der Bundesrat habe dem Nuntius dieselbe Antwort erteilt wie das Basler Domkapitel.

Prominente Unterstützung erhielten die ob diesen Vorgängen und Äusserungen besorgten römisch-katholischen Kreise durch 163 zum Teil namhafte katholische Theologieprofessoren aus der BRD, Österreich, den Niederlanden und der Schweiz, die im Anschluss an weitere umstrittenen Bischofsweihen in Köln, Wien, Feldkirch und Salzburg gemeinsam eine papstkritische «Kölner Erklärung» publizierten. In dem Thesenpapier («Wider die Entmündigung – für eine offene Katholizität») warfen sie dem Papst Machtmissbrauch bei der Ernennung von Bischöfen und bedeutende Eingriffe in die Freiheit von Lehre und Forschung vor. Sie kritisierten die unzulässige Geltendmachung seiner lehramtlichen Kompetenz – damit sind die pointierten, «dogmatischen» Äusserungen Johannes Paul II. zur Geburtenregelung gemeint – und die Missachtung des Geistes der Öffnung, wie ihn das zweite Vatikanische Konzil gebracht hatte, was zu einer Gefährdung der Ökumene führe.

Kontroverse um Bischof Wolfgang Haas

Von kultur- wie von ordnungspolitischer Bedeutung ist auch die Tatsache einer inneren Erschütterung der Kirchen. Es sei hier nur andeutungsweise die Opposition gegen die päpstliche Enzyklika «Humanae vitae», die sich gegen eine allgemeine Geburtenregelung wendet, oder die Auflehnung junger protestantischer Theologen gegen traditionelle Formen und Gebräuche erwähnt. Demgegenüber bildet das vom Bundesrat auf tessinisches Begehren mit dem Vatikan getroffene Abkommen über eine Erhebung der apostolischen Administratur Lugano zum selbständigen Bistum eine bloss formale kirchenpolitische Neuerung, wobei das am 24. Juli unterzeichnete Abkommen noch der Ratifikation bedarf.

Römisch-katholische Landeskirche