Nachdem sich 2021 eine Faktion von SolidaritéS abgespaltet und die neue Partei Résistons gegründet hatte, vertieften sich die Konflikte zwischen den Genfer Linksaussen-Parteien in den Jahren 2022 und 2023. Die in der Presse verhandelten Streitpunkte betrafen dabei keine politischen Inhalte, sondern ausschliesslich Fragen der Strategie und des Zusammenarbeitsstils.
Résistons war zunächst Teil der Wahlallianz Ensemble à Gauche (EàG) geblieben, zu welcher neben SolidaritéS auch die Partei der Arbeit (PdA) und DAL (Défense des aî-né-e-s, des locataires, de l’emploi et du social) gehörten. Allerdings wurde viel Geschirr zerschlagen, als im Februar 2022 die Vertreterinnen und Vertreter von Résistons an einer Sitzung des Vereins «Ensemble à Gauche – Grand Conseil» versuchten, diesen praktisch in eine ordentliche Partei umzuwandeln, indem er für Einzelmitglieder geöffnet würde. An jener Sitzung stellte Résistons die Mehrheit der Teilnehmenden und brachte überraschend eine entsprechende Statutenänderung ein, die gegen den Widerstand der drei anderen Allianzpartner auch angenommen wurde. Ursprünglich war der Verein bloss zur Abwicklung administrativer Belange, die sich aus der gemeinsamen Fraktion der vier EàG-Partner ergaben, gegründet worden, und EàG hatte ausschliesslich aus den vier Organisationen als Kollektivmitgliedern bestanden. Nach der faktischen Übernahme des Vereins trat Résistons als «EàG-Genève» auf. Dies führte zu weiterer Empörung bei SolidaritéS, PdA und DAL, die kritisierten, der Name der einst von ihnen gegründeten Wahlallianz werde damit von den Dissidentinnen und Dissidenten usurpiert. Sie trugen den «Namenskrieg» («guerre des noms», wie die Tribune de Genève schrieb) gar vor Gericht.
Hinzu kamen ein Streit um die korrekte Aufteilung der Fraktionsbeiträge, die die gemeinsame Fraktion im Grossen Rat erhalten hatte, und Vorwürfe, dass Résistons-Mitglieder gegenüber den anderen Partnern autoritär aufgetreten und verbale Gewalt angewandt hätten. SolidaritéS, PdA und DAL sahen schliesslich keine Basis für eine Zusammenarbeit mehr und beschlossen im Herbst 2022, für die kantonalen Wahlen 2023 zu dritt eine gemeinsame Liste mit dem Namen «Ensemble à Gauche: SolidaritéS, DAL, Parti du Travail» zu bilden, von welcher Résistons ausgeschlossen wurde. Résistons seinerseits bezeichnete die Beziehungen zu den drei ehemaligen Partnern in der Presse ebenfalls als stark beschädigt, plädierte aber aus wahltaktischen Gründen dennoch für eine gemeinsame Liste, da bei einer Aufspaltung auf zwei Listen das Quorum von 7 Prozent für einen Einzug ins Kantonsparlament unerreichbar bleiben dürfte und somit gar keine Linksaussen-Partei mehr im Parlament vertreten wäre. Weil SolidaritéS, PdA und DAL aber hart blieben, präsentierte Résistons schliesslich eine eigene Liste – unter der Bezeichnung «Ensemble à Gauche – Liste d’Union Populaire», was für erneuten scharfen Protest der drei Gründungsorganisationen von «Ensemble à Gauche» sorgte. Die PdA schloss zudem zwei ihrer prominenteren Mitglieder – alt Nationalrat Jean Spielmann und alt Grossrätin Salika Wenger – aus der Partei aus, weil diese sich auf die Wahlliste der Konkurrenz hatten setzen lassen. Nachdem ein Einigungsversuch in letzter Minute gescheitert war, zogen die beiden Listen im April 2023 schliesslich definitiv getrennt in die kantonalen Wahlen. Mit 3,55 Prozent für «EàG: Sol, DAL, PdT» und 3,08 Prozent für «EàG – LUP» verpassten erwartungsgemäss beide das Quorum von 7 Prozent deutlich.