Am 18. Februar gelangte die Volksinitiative «zur Wahrung der Volksrechte und der Sicherheit beim Bau und Betrieb von Atomanlagen», kurz Atom- oder Atomschutzinitiative genannt, zur Abstimmung. Obwohl die Initiative kein Verbot für Atomanlagen forderte, hätte der von ihr postulierte Abstimmungsmodus in Anbetracht der negativen Haltung der Bevölkerung in bestimmten Regionen gegenüber der Atomenergie doch wohl eine Verunmöglichung der Inbetriebnahme weiterer Kernkraftwerke bedeutet. Bei dieser Ausgangslage erstaunt es nicht, dass sich einer der heftigsten und aufwendigsten Abstimmungskämpfe der letzten Jahre entwickelte. Die Kontrahenten waren in der Wahl ihrer Mittel oft nicht zimperlich und auch der Bundesrat musste sich vorwerfen lassen, dass er mit seinen Abstimmungserläuterungen wenig zur objektiven Meinungsbildung beigetragen habe. Zur Kritik und zu staatsrechtlichen Bedenken gab insbesondere der massive finanzielle Einsatz der sich im Besitz der Öffentlichkeit befindlichen Elektrizitätsgesellschaften Anlass. Die Landesregierung und die ebenfalls kritisierten Kantonsregierungen sahen jedoch das Funktionieren der Demokratie durch die propagandistische und finanzielle Beteiligung staatlicher Stellen am Abstimmungskampf nicht beeinträchtigt. Die SPS und die links von ihr stehenden Parteien, der Landesring, die NA und die Genfer Vigilants sowie die Organisationen des Umweltschutzes sprachen sich für das Volksbegehren aus. In den Reihen der Sozialdemokraten erregte zwar das eifrige Eintreten von Bundesrat Ritschard gegen die Initiative einigen Unwillen, zu einer Zerreissprobe oder einem ernsthaften Infragestellen der Regierungsbeteiligung kam es aber nicht. Gegen die Atomschutzinitiative nahmen FDP, CVP, SVP, die Liberalen, die Evangelische Volkspartei und die Republikaner, ferner der Gewerbeverband, der Vorort und die Bankiervereinigung Stellung. Die beiden grossen Gewerkschaftsverbände hatten auf die Herausgabe einer Parole verzichtet. Die Stimmbürger lehnten die Initiative bei einer Stimmbeteiligung von rund 50 Prozent mit 920'480 Ja zu 965'927 Nein bei 9 zu 14 Standesstimmen relativ knapp ab. Von den Kantonen hatten die beiden Basel, die Westschweiz ohne das Wallis sowie Graubünden, Tessin und Uri angenommen. Wie eine unmittelbar nach dem Urnengang durchgeführte Meinungsforschung ergab, scheint das ablehnende Volksmehr allerdings auf recht eigenartige Weise zustande gekommen zu sein, meinten doch rund 15 Prozent der befragten Nein-Stimmenden, sie hätten ein Votum gegen den Bau von Atomkraftwerken (und nicht gegen die Atomschutzinitiative) abgegeben.


Abstimmung vom 18. Februar 1979

Beteiligung: 49.58%
Ja: 920'480 (48.8%) / Stände: 8 2/2
Nein: 965'927 (51.2%) / Stände: 12 4/2

Parolen:
– Ja: EVP (1*), LdU, PdA, POCH, SD (1*), SPS (3*), VSA
– Nein: CVP (2*), FDP (2*), LPS, REP (2*), SVP (2*), eco, SAV, SBV, SGV
– Stimmfreigabe: SGB, TravS
*In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Volksinitiative «zur Wahrung der Volksrechte und der Sicherheit beim Bau und Betrieb von Atomanlagen» vom 18. Februar 1979 (BRG 77.054)
Dossier: Volksinitiativen und Referenden zu Atomkraftwerken