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Jahresrückblick 2023: Verbände

Zu den bedeutsamsten Ereignissen des Jahres 2023 gehörten für viele Verbände die eidgenössischen Wahlen. Wohl am meisten Präsenz hatten dabei Economiesuisse, Arbeitgeber-, Gewerbe- und Bauernverband, die erhebliche Mittel in ihre gemeinsame Wahlkampagne «Perspektive Schweiz» investierten, welche zu einem (land)wirtschaftsfreundlich zusammengesetzten Parlament beitragen sollte. Dabei wurde insbesondere von links-grüner Seite, aber auch in Medienkommentaren und von vereinzelten Bürgerlichen darauf verwiesen, dass der SBV und die grossen Wirtschaftsverbände namentlich in den Themen Freihandel und Subventionen grundlegend andere Interessen hätten, die mit der Zusammenarbeit nur notdürftig zugedeckt und früher oder später aufbrechen würden. In den Medien wurde denn auch unterschiedlich eingeschätzt, inwieweit der Rechtsruck im Nationalrat tatsächlich im Sinn der grossen Wirtschaftsverbände sei, da er vor allem durch Gewinne der SVP zustandekam, die in europa- und migrationspolitischer Hinsicht oft andere Positionen vertritt als etwa Economiesuisse. Einig war sich die Presse indessen, dass der Bauernverband gestärkt aus den Wahlen hervorging. Vor allem im Zusammenhang mit den Wahlen konnte dieser gegenüber den Vorjahren auch seine Medienpräsenz deutlich steigern (siehe Abbildung 2 der APS-Zeitungsanalyse).

Mit Vorwürfen sah sich im Wahlkampf der Gewerkschaftsbund (SGB) konfrontiert, weil er den Organisationsaufwand für eine grosse Kaufkraftdemonstration kurz vor den Wahlen nicht als Wahlkampfkosten gemäss der neuen Transparenzgesetzgebung zur Politikfinanzierung deklariert hatte. Der SGB legte sein Budget für die Demonstration daraufhin rasch offen, stellte sich aber auf den Standpunkt, es habe sich nicht um eine Wahlkampfveranstaltung gehandelt. Scharfe Kritik handelte sich sodann die Kampagnenorganisation Campax ein, als sie im Wahlkampf einen Aufkleber verbreitete, auf dem die SVP und die FDP mehr oder weniger explizit als «Nazis» bezeichnet wurden. Campax änderte das Sujet daraufhin ab, doch der Vorfall führte zu erneuten bürgerlichen Forderungen, die Regeln für politische Kampagnenaktivitäten von staatlich unterstützten NGOs zu verschärfen.

Mehrere Verbände mussten sich im Berichtsjahr mit bedeutenden internen Konflikten auseinandersetzen. Im Schweizer Tierschutz (STS) eskalierten Diskussionen um Spesenabrechnungen und Führungsstil zu einem heftigen Machtkampf zwischen der Präsidentin und einem Teil der übrigen Vorstandsmitglieder. Stärker politisch aufgeladen war ein Machtkampf zwischen konservativen und progressiven Kräften in der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft (SGG), in dessen Zug der Vorstand alle Neueintritte bis 2024 sistierte, um einen befürchteten «Putsch» an der Mitgliederversammlung zu verhindern. Auch beim Konsumentenforum entbrannte ein Konflikt mit stark politischer Note, indem ein Vereinsmitglied der Verbandsspitze vorwarf, auf Kosten der Konsumentinnen- und Konsumenten-Interessen eine Kaperung der Organisation, insbesondere durch Wirtschaftsverbände, zu orchestrieren. Beim Hauseigentümerverband (HEV) war dessen Nein-Kampagne zum Klimagesetz Auslöser für interne Auseinandersetzungen und zahlreiche, teilweise prominente Verbandsaustritte. Zu einer Zerreissprobe kam es sodann bei der Frauen-Dachorganisation Alliance F, als deren Spitze sich im März im Parlament zugunsten der BVG-Reform einsetzte. Als Reaktion sistierten die SP Frauen zunächst ihre Verbandsmitgliedschaft und prüften unter anderem den Aufbau einer neuen, linken Frauen-Dachorganisation. Schliesslich entschieden sie jedoch, unter bestimmten Bedingungen vorerst doch bei Alliance F zu bleiben.

Beim Gewerbeverband (SGV) fielen Auseinandersetzungen um die politische Ausrichtung des Verbands derweil mit einem Personalgeschäft zusammen, das dem Verband deutlich mehr mediale Aufmerksamkeit bescherte als in den Vorjahren (siehe Abbildung 2): Als Nachfolger des langjährigen Verbandsdirektors Hans-Ulrich Bigler wurde zunächst Henrique Schneider gewählt, aufgrund einer Plagiatsaffäre wurde Schneiders Wahl jedoch noch vor dessen Amtsantritt widerrufen. So wählte der SGV mit Urs Furrer letztlich einen Verbandsdirektor, von dem die Medien einen moderateren Kurs erwarteten als von Bigler und Schneider. Reibungsloser ging die Neubesetzung von Spitzenposten in einer Reihe anderer Verbände über die Bühne, so beim Arbeitgeberverband, bei der Syna, beim VPOD, beim Versicherungsverband, bei Curafutura, bei der Bankiervereinigung, bei Avenir Suisse und bei Auto Schweiz.

Grössere strukturelle Veränderungen gab es in der Schweizer Verbandslandschaft 2023 kaum. Mit «Cinéconomie» wurde eine neue Allianz von Interessenorganisationen der Filmwirtschaft gegründet. Die Bankiervereinigung konnte die Rückkehr von Raiffeisen in den Verband verzeichnen, wohingegen der Krankenkassenverband Curafutura den Austritt der KPT hinnehmen musste.

Mediale Aufmerksamkeit für eigene inhaltliche Forderungen erzielte der Arbeitgeberverband mit einem Papier zum Fachkräftemangel, in dem er unter anderem längere und flexiblere Arbeitszeiten forderte, was starke Kritik von den Gewerkschaften provozierte. Der Mieterinnen- und Mieterverband forderte in der Diskussion um die steigenden Mieten insbesondere staatliche Mietzinskontrollen gegen missbräuchliche Mieten und deutlich mehr gemeinnützigen Wohnungsbau. Auch verschiedene Gruppierungen der Klimabewegung versuchten, Aufmerksamkeit für ihre Anliegen zu generieren, wobei sie wie in den Vorjahren wiederum zu teilweise umstrittenen Aktionsformen griffen.

Jahresrückblick 2023: Verbände
Dossier: Jahresrückblick 2023

Im November 2023 beschloss der Bundesrat, die Steuerbefreiung auf Elektrofahrzeuge per 1. Januar 2024 aufzuheben. Diese Änderung der Automobilverordnung war Teil des im Januar 2023 beschlossenen Bereinigungskonzepts für den Staatshaushalt. Elektrofahrzeuge waren seit der Einführung der Automobilsteuer im Jahr 1997 von der Steuer ausgenommen. Dadurch sollten marktwirtschaftliche Anreize für die Entwicklung und Förderung der Elektromobilität gesetzt werden. In den letzten Jahren wurde nun eine grosse Zunahme an Elektrofahrzeugen verzeichnet. Laut dem Bundesrat wurden im Jahr 2022 insgesamt über 45'000 Elektrofahrzeuge importiert. Es wird erwartet, dass sich dieser Marktanteil von rund 25 Prozent in den folgenden Jahren weiter vergrössern wird. Diese Zunahme der Fahrzeuge mit Alternativantrieb verursache jedoch auch einen bedeutsamen Steuerausfall. Für das Jahr 2022 wurde dieser auf CHF 78 Mio. geschätzt. Der Bundesrat war der Ansicht, dass die Elektromobilität keiner gesonderter Förderung mehr bedürfe und die Steuerbefreiung aufgehoben werden könne. Ab dem 1. Januar 2024 sollte für Elektrofahrzeuge der reguläre Steuersatz von 4 Prozent auf den Importpreis gelten. Der Bundesrat schätze die so entstehenden Mehreinnahmen auf bis zu CHF 150 Mio. pro Jahr. Die neu generierten Steuereinnahmen sollten dabei den allgemeinen Bundeshaushalt entlasten und in den NAF eingelegt werden.

In der Vernehmlassung zur geplanten Änderung der Automobilsteuer fielen die Stimmen grossmehrheitlich positiv aus. Unterstützung fand das bundesrätliche Vorhaben beispielsweise bei 18 Kantonen sowie bei den Grünen, der SP, der FDP und der Mitte. Ein Drittel der Vernehmlassungsteilnehmenden unterstützte den Entwurf zwar im Grunde, forderte jedoch, dass die Aufhebung der Steuer zu einem späteren Zeitpunkt oder schrittweise geschehen solle (u.a. GLP, sgv, economiesuisse, TCS, AGVS, strasseschweiz und die acht restlichen Kantone). Befürchtet wurde dabei unter anderem, dass der Anteil der Elektrofahrzeuge zum gegebenen Zeitpunkt noch zu gering sei, um den steuerlichen Anreiz sofort und vollständig aufzuheben. Darüber hinaus sahen diese Kritikerinnen und Kritiker mit der vorgeschlagenen Lösung die Planbarkeit für die Automobilbranche gefährdet. Nur einzelne Vernehmlassungsteilnehmende lehnten die mit dem Entwurf geforderte Aufhebung der Steuerbefreiung ab (SVP, Travail.suisse, AMAG, auto-schweiz. Swiss eMobility, suisse.ing, VFAS), wobei die Gründe dafür auseinandergingen. Während einige ebenfalls die sofortige Aufhebung der Anreizinstrumente und die damit einhergehende mangelnde Planbarkeit für die Automobilbranche bemängelten, lehnte etwa die SVP den Entwurf ab, weil sie die Gleichbehandlung von Fahrzeugen mit und ohne Elektromotor durch eine generelle Abschaffung der Automobilsteuer erreichen wollte.

Unter Verweis auf die mehrheitlich positiven Rückmeldungen in der Vernehmlassung hielt der Bundesrat an seinem Vorschlag fest und beschloss die Aufhebung der Steuerbefreiung per 1. Januar 2024, ohne weitere Anpassungen an seinem Vernehmlassungsentwurf vorzunehmen.

Änderung der Automobilsteuerverordnung

Ende August 2023 veröffentlichte die WAK-NR ihren Entwurf zur Änderung des ArG in Umsetzung einer parlamentarischen Initiative Dobler (fdp, SG) zur Streichung der Pflicht zur Arbeitszeiterfassung für Arbeitnehmende von Start-ups. Der Entwurf sah vor, dass Arbeitnehmende, die Anteile an Start-ups halten, in den ersten fünf Jahren nach Gründung des Start-ups nicht mehr verpflichtet sind, ihre Arbeitszeit zu erfassen. Damit sollte die Flexibilität der Start-ups verbessert werden. Hingegen sollten die entsprechenden Mitarbeitenden weiterhin den Gesundheitsschutzbestimmungen unterliegen. Die Kommission verzichtete darauf, den Begriff «Start-up» zu definieren, und sprach im Gesetzesentwurf lediglich von «seit weniger als fünf Jahren bestehenden Unternehmen». Zum Entwurf lagen zahlreiche Minderheitsanträge vor, unter anderem ein Minderheitsantrag Wermuth (sp, AG) auf Nichteintreten.

Zum Vorentwurf des Gesetzes hatte von November 2022 bis März 2023 eine Vernehmlassung stattgefunden, wobei 49 Stellungnahmen eingegangen waren. Während die Hälfte der Kantone, FDP, Mitte und GLP sowie die Arbeitgeberorganisationen die Flexibilisierung der Arbeitsbedingungen für Start-ups befürworteten – und ihnen der Entwurf teilweise gar zu wenig weit ging –, lehnten die anderen Kantone, die SP und die Arbeitnehmerorganisationen den Entwurf ab, da sie ihn als Schwächung des Arbeitnehmerschutzes erachteten. Einig waren sich die Kantone darin, dass verschiedene unklare Begriffe präzisiert werden sollten, da sie sonst zu Missbrauch führen könnten.
In der Folge hatte die WAK-NR die Verwaltung zwar damit beauftragt, die Begriffe «Start-up» und «Mindestbeteiligung» zu präzisieren, dann aber im August 2023 mit 14 zu 8 Stimmen entschieden, diese Präzisierungen nicht in den Entwurf aufzunehmen und ihn den Räten unverändert vorzulegen.

Libérer les employés de start-up détenant des participations de l'obligation de saisie du temps de travail (Iv.pa.16.442)
Dossier: Revision des Arbeitsgesetz (ArG)
Dossier: Arbeitszeitliberalisierung

Das Stimmrechtsalter 16 überzeuge nicht, kam die Mehrheit der SPK-NR in ihrem Bericht zur Vernehmlassung ihres Entwurfs für eine Einführung das aktiven Stimm- und Wahlrechts für 16-Jährige zum Schluss. Die Kommission beantragte deshalb mit 14 zu 11 Stimmen dem Nationalrat zum dritten Mal, die Idee zu sistieren. Schon im Mai 2020 hatte die SPK-NR beantragt, der parlamentarischen Initiative von Sibel Arslan (basta, BS) keine Folge zu geben. Sie wurde von der grossen Kammer in der Herbstsession 2020 aber genauso überstimmt wie in der Frühlingssession 2022 bei ihrem Antrag, die Initiative abzuschreiben. In der Folge musste die SPK-NR also einen Entwurf für eine Änderung des Artikels 137 BV ausarbeiten. Der bereits in der parlamentarischen Initiative gemachte Vorschlag, das aktive (nicht aber das passive) Stimm- und Wahlrecht auf 16 Jahre zu senken, vermochte aber erneut eine knappe Mehrheit der Kommission nicht zu überzeugen. Sie führte die Antworten der erwähnten Vernehmlassung als Argumente für diese negative Haltung ins Feld.

In der Tat widerspiegelte der Vernehmlassungsbericht die Unentschiedenheit in der Frage. Von 51 eingegangenen Stellungnahmen sprachen sich 27 für die Erweiterung der Stimmberechtigten um rund 130'000 Personen aus (die Stimmbevölkerung würde um rund 2.4 Prozent vergrössert), 21 lehnten sie ab und vier bezogen keine deutliche Position. Unter den Befürworterinnen und Befürwortern fanden sich sieben der 25 antwortenden Kantone – einzig der Kanton Zürich äusserte sich nicht zur Vorlage: Aargau, Bern, Basel-Stadt, Glarus, Jura, Graubünden und Solothurn. Auch die links-grünen Parteien (SP, die Grünen und Ensemble à Gauche) reihten sich ins Lager der Befürworterinnen und Befürworter ein. Bei den Verbänden äusserten sich der SGB und der SKV sowie alle 15 antwortenden Jugendorganisationen (Dachverband Offene Kinder- und Jugendarbeit Schweiz AFAJ, die Jugendsession, die Jugendparlamente aus Bern und Basel-Stadt, Jungwacht Blauring Jubla, Pfadibewegung Schweiz, das National Coalition Building Institute Suisse Schweiz NCBI, das Netzwerk Kinderrechte Schweiz, SAJV, Sexuelle Gesundheit Schweiz, UNICEF und Pro Juventute sowie die Jugendsektion der Mitte-Partei) dem Vorschlag gegenüber positiv. Zu den Gegnerinnen und Gegnern gehörten 15 Kantone (AG, AI, BL, LU, NE, NW, OW, SG, SH, SZ, TG, TI, VD, VS und ZG), die bürgerlichen Parteien (Mitte, FDP und SVP) sowie die Arbeitgeberverbände SGV und das Centre patronal (CP). Zudem äusserte sich eine Privatperson negativ. Neutrale Stellungnahmen gingen von den Kantonen Freiburg, Genf und Uri ein, die allerdings darauf hinwiesen, dass entsprechende Anliegen in ihren Kantonen gescheitert seien. Der Verein Schweizerischer Geschichtslehrerinnen und -lehrer (VSGS) schliesslich betonte, dass die Senkung des Wahl- und Stimmrechtsalters die politische Bildung festigen könnte, was einem Ziel der laufenden Reform des Gymnasiums entspreche.
Die Argumente in den Stellungnahmen waren nicht neu. Auf der Seite der Befürwortenden wurde ins Feld geführt, dass das Durchschnittsalter des Stimmkörpers gesenkt würde (das Medianalter liegt aktuell bei 57 Jahren), was ermögliche, das aktuelle und zukunftsweisende Entscheidungen auch von Jugendlichen mitgetragen werden könnten, was deren Legitimation stärke. Jugendliche interessierten sich für Politik, was sich durch die Senkung des Wahl- und Stimmrechtsalters weiter fördern lasse. Viele 16-jährige übernähmen Verantwortung im Berufsleben oder in Vereinen und dürften über ihr Einkommen, ihr Sexualleben und ihre Religionszugehörigkeit frei verfügen; entsprechend könnten sie auch politische Verantwortung übernehmen. Während die Auswirkungen dieser Änderung auf die Abstimmungsergebnisse in Anbetracht der Zahl 16-18-Jähriger gering bleiben dürften, sei die «demokratiepolitische Wirkung beträchtlich», so die entsprechende Zusammenfassung im Vernehmlassungsbericht.
Hauptargument der Gegnerinnen und Gegner war die Inkongruenz zwischen zivilrechtlicher Volljährigkeit und der Rechte von Bürgerinnen und Bürgern, die mit der Senkung des Wahl- und Stimmrechtsalters geschaffen würde. Jugendliche würden vor den Konsequenzen ihrer Handlungen geschützt, man würde ihnen aber das Recht geben, über gesellschaftliche Konsequenzen zu entscheiden. Es sei widersprüchlich, jemandem das Unterzeichnen von Verträgen zu verbieten, aber die demokratische Mitentscheidung zu erlauben. Kritisiert wurde zudem die vorgeschlagene Trennung zwischen aktivem und passivem Wahlrecht. Dies schaffe «Bürgerinnen und Bürger zweiter Klasse», zitierte der Bericht einige Stellungnahmen. Es sei wichtig, dass sich Jugendliche politisch interessierten, es bestünden aber bereits zahlreiche Möglichkeiten für politische Beteiligung (Familie, Schule, Jugendparlamente, Jungparteien). Es würde zudem zu Schwierigkeiten führen, wenn das Wahl- und Stimmrechtsalter bei nationalen und kantonalen Wahlen und Abstimmungen nicht gleich sei – etwa beim Versand des Stimmmaterials. Einige Gegnerinnen und Gegner äusserten zudem die Sorge, dass Jugendliche nicht die nötige Reife besässen, um politische Verantwortung zu übernehmen.
In zahlreichen Stellungnahmen wurde darüber hinaus darauf hingewiesen, dass mit Ausnahme des Kantons Glarus alle bisherigen Versuche, das Wahl- und Stimmrechtsalter auf kantonaler Ebene zu senken, gescheitert seien. Die Gegnerinnen und Gegner einer Senkung führten dies als Beleg ins Feld, dass die Zeit nicht reif sei für die Idee. Die Landsgemeinde im Kanton Glarus könne zudem nicht als positives Beispiel angeführt werden, weil sie ganz anders funktioniere als nationale Abstimmungen und Wahlen. Die Befürwortenden einer Senkung betonten hingegen, dass die Diskussion weitergehen müsse und die Ausweitung politischer Rechte in der Geschichte stets lange Zeit gedauert und mehrere Anläufe gebraucht habe. Zudem habe sich die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung noch nicht zu diesem Thema äussern können.

In ihrer Medienmitteilung sprach die SPK-NR von «insgesamt ablehnenden Ergebnisse[n]», die zeigten, dass die Initiative nicht weiterverfolgt werden solle. Es sei nicht «sinnvoll», zwei Kategorien von Stimmberechtigten zu schaffen, und «nicht opportun, zwischen dem bürgerlichen und dem zivilen Mündigkeitsalter zu unterscheiden». Weil eine Mehrheit der Kantone die Vorlage ablehne und auch eine Mehrheit der (kantonalen) Stimmberechtigten die Idee jeweils nicht gutgeheissen habe, empfehle die Mehrheit der SPK-NR die Vorlage zur Ablehnung und die Initiative zur Abschreibung. Den Befürworterinnen und Befürwortern empfahl sie als «besten Weg», eine Volksinitiative zu lancieren. Die starke Kommissionsminderheit betonte hingegen in der Medienmitteilung, dass die Vernehmlassungsantworten differenzierter betrachtet werden müssten und dass «die wichtige Frage der demokratischen Partizipation junger Bürgerinnen und Bürger» in einer nationalen Abstimmung diskutiert werden müsse. Der Nationalrat wird in der Sommersession 2023 über den Antrag der Kommission entscheiden.

In den Medien wurde der Antrag der Kommission als «Dämpfer» bezeichnet. Die Medien zitierten die SP und die Grünen, die mit Empörung reagierten, den Entscheid als «Affront à la volonté de la jeune génération» bezeichneten, wie Le Temps zitierte, und auf eine Korrektur im Nationalrat hofften.

Aktives Stimm- und Wahlrecht für 16-Jährige (Pa.Iv. 19.415)
Dossier: Stimmrechtsalter 16

Im April 2023 unterbreitete der Bundesrat dem Parlament eine Vorlage zur internationalen Kooperation bei Binnenschifffahrtsregeln mit dem sperrigen Titel «Botschaft zur Genehmigung des Strassburger Übereinkommens von 2012 über die Beschränkung der Haftung in der Binnenschifffahrt und zu den Änderungen des Seeschifffahrtsgesetzes und des Übereinkommens über Abfälle in der Rhein- und Binnenschifffahrt». Die Vorlage beinhaltete zwei Kernpunkte:
Erstens sollten mit der Genehmigung des Strassburger Übereinkommens – des sogenannten CLNI 2012 – und der Änderung des Seeschifffahrtsgesetzes die Haftungshöchstbeträge für Binnenreeder bei Schadensereignissen erhöht werden. Eine Anpassung sei nötig, um der Teuerung gerecht zu werden und um die Akzeptanz der Höchstbeträge sicherzustellen. Das vorangehende Strassburger Abkommen CLNI 1988, welches von der Schweiz im Mai 1997 ratifiziert worden und im Juli 2019 ausser Kraft getreten war, soll damit durch die Neuauflage ersetzt werden. CLNI 2012 definiert dabei ein einheitliches Haftungsbeschränkungsregime auf Binnengewässern und vereinheitlicht damit rechtliche Bestimmungen zur Binnenschifffahrt in Ländern wie Deutschland, Frankreich, den Niederlanden, Luxemburg und der Schweiz. Es trat im Anschluss an die Vorgängerversion im Juli 2019 in Kraft und soll zudem ermöglichen, dass weitere Staaten – wie beispielsweise Ungarn oder Serbien – dem Regime beitreten können. Im Zuge der Ratifizierung plante der Bundesrat, das Schweizer Seeschifffahrtsgesetz entsprechend anzupassen und dabei gleichzeitig eine Gesetzeslücke betreffend die Haftungsbestimmungen von Rettungspersonen zu schliessen. Die Vorlage stiess in der Vernehmlassung auf positive Resonanz. Der SGV verlangte jedoch, dass die Haftungsobergrenzen gemäss dem CLNI 2012 nur für den grenzüberschreitenden Binnenverkehr, nicht aber für den nationalen Schiffsverkehr gelten. Der Bundesrat erklärte in seiner Botschaft, dass CLNI 2012 zwar auf sämtliche Binnengewässer ausgeweitet werde, seine Anwendung auf den nationalen Verkehr – mit Ausnahme eines Teilbereichs des Rheins (Hauptbinnenwasserstrasse von internationaler Bedeutung) – aber mit einer Notifikation jederzeit ausgeschlossen werden kann. Auf Wunsch der Schweiz sei eine solche Ausnahmemöglichkeit für Binnenwasserstrassen ohne internationale Bedeutung ergänzt worden, erläuterte der Bundesrat weiter.
Zweitens sollen mit der Botschaft die Umweltvorschriften in der Binnenschifffahrt gestärkt werden, indem das sogenannte unkontrollierte Entgasen – das Ablassen von teils schädlichen Gasen, die sich in Tankern bilden – verboten und in den Anwendungsbereich des Übereinkommens über die Sammlung, Abgabe und Annahme von Abfällen in der Rhein- und Binnenschifffahrt – dem in der Schweiz im November 2009 in Kraft getretenen CDNI – aufgenommen wird. Das Abkommen zwischen den Ländern Deutschland, Belgien, Frankreich, den Niederlanden, Luxemburg und der Schweiz, welches bis anhin nur Bestimmungen zur Entsorgung flüssiger Abfälle beinhaltete, würde damit um die Bestimmung zu gasförmigen Abfällen ergänzt, sodass die Kosten für ein kontrolliertes und sachgemässes Entgasen gemäss dem Verursacherprinzip dem Befrachter auferlegt werden. In der Vernehmlassung wurde die Ratifikation der Erweiterung des CDNI in fünf von insgesamt sieben Stellungnahmen vorbehaltlos unterstützt. Kritik kam von der Vereinigung für Schifffahrt und Hafenwirtschaft, welche vorerst die Ratifizierung in anderen Vertragsstaaten abwarten wollte, sowie vom SGV, welcher steigende Kosten für die Schifffahrt befürchtete.

Übereinkommen über die Rhein- und Binnenschifffahrt (BRG 23.036)

Die Vereinigung Schweizer Automobil-Importeure (Auto-Schweiz) wählte im Mai 2022 den Berner Nationalrat und ehemaligen Parteipräsidenten der SVP Schweiz Albert Rösti zu ihrem neuen Präsidenten. Gegenkandidaturen gab es keine, Rösti wurde einstimmig für die dreijährige Amtszeit gewählt.
Rösti übernahm damit die Nachfolge von François Launaz, der den Verband seit 2014 geführt hatte und seinen Rücktritt mit dem Überschreiten des Pensionsalters begründete. Als Beispiel für «diverse politische Erfolge» in Launaz' Amtszeit nannte Auto-Schweiz die Annahme des Strassenfinanzierungsfonds NAF im Jahr 2017. Der NAF sei massgeblich durch die von Auto-Schweiz mitlancierte sogenannte «Milchkuh-Initiative» beeinflusst worden, auch wenn die Initiative selbst 2016 an der Urne abgelehnt worden war. Die politische Interessenvertretung war nach Einschätzung von Launaz mittlerweile generell die Hauptaufgabe des Verbands, der sich einst vor allem auf die technische Homologation neuer Fahrzeuge konzentriert hatte. Launaz hatte sich entsprechend erfreut über die Kandidatur des «versierten Polit-Profis» Rösti geäussert. Wo dieser in seinem neuen Amt die politischen Schwerpunkte setzen will, machte Rösti bereits vor seiner Wahl deutlich: Die Strassenfinanzierung müsse neu geregelt und die wichtigsten Hauptachsen auf den Autobahnen auf mindestens drei Spuren ausgebaut werden, denn das Schweizer Strassennetz sei «permanent überlastet». Angesichts des Trends hin zur Elektromobilität müsse zudem für die Versorgung mit genügend Strom und die nötige Ladeinfrastruktur gesorgt werden.

Präsidium von Auto-Schweiz

Die sechs grössten Arbeitgebendenorganisationen und Verbände der Logistikbranche schlossen sich im November 2021 zu einem neuen Dachverband mit der Bezeichnung «Zustellung Schweiz» zusammen. Als Ziel nannten sie eine Vereinheitlichung der Anstellungsbedingungen in der Branche und den Abschluss eines Gesamtarbeitsvertrags (GAV). Zu diesem Zweck begannen sie Verhandlungen mit der Gewerkschaft syndicom und dem Personalverband transfair. Bei einem erfolgreichen Verhandlungsabschluss wollten die Sozialpartner anschliessend beim Bundesrat die Allgemeinverbindlichkeit des GAV beantragen. Wie ein Vertreter von syndicom erklärte, bestehe ein Bedürfnis nach einem GAV sowohl auf Arbeitnehmenden- als auch auf Arbeitgebendenseite, weil der Logistikmarkt sehr dynamisch sei, auch internationale Konzerne in die Schweiz drängten und die Anstellungsbedingungen bisher sehr unterschiedlich seien.

Neuer Dachverband der Arbeitgebenden in der Logistikbranche

Die Gewerkschaft Unia legte im Oktober ihre Jahresrechnungen für die Jahre 2016 bis 2020 offen. Sie tat dies unter medialem Druck, nachdem erste Zahlen als Nebenprodukt eines Gerichtsurteils bekannt geworden waren und bereits auf ein beträchtliches Vermögen der Gewerkschaft hatten schliessen lassen. Tatsächlich wies die Unia Ende 2020 ein Nettovermögen von CHF 457 Mio. aus. Das Bruttovermögen vor Abzug der Hypothekarschulden und Abschreibungen betrug CHF 836 Mio. Die Aktivposten umfassten Immobilien im Wert von CHF 444 Mio. und Finanzanlagen im Umfang von CHF 329 Mio. Das Immobilienportfolio bestand aus 151 Liegenschaften und 2'861 Wohnungen. Würden die Immobilien nicht nach den Anschaffungskosten, sondern nach dem Marktwert eingestuft, läge das Vermögen gemäss Schätzungen des Blick sogar nochmals rund eine Viertelmilliarde Franken höher. Der Tages-Anzeiger ging angesichts dieser Grössenverhältnisse davon aus, dass die Unia «mit hoher Wahrscheinlichkeit die finanzkräftigste politische Organisation der Schweiz [ist] – potenter als alle Parteien, Wirtschaftsverbände und NGOs». Die offengelegten Zahlen gelten für den gesamten Unia-Konzern. Zu diesem gehören neben der als Verein organisierten eigentlichen Gewerkschaft Unia auch die Unia-Stiftung und sechs Aktiengesellschaften, darunter drei Immobilienfirmen. Zu ihrem Liegenschaftsbesitz erklärte die Unia, dass dieser historisch gewachsen sei, indem die Vorgängergewerkschaften GBI, SMUV und VHTL den grössten Teil ihres Vermögens in Liegenschaften investiert hätten. Ein Teil der Gebäude werde von der Unia selbst genutzt, so die beiden Hauptsitze in Bern und Zürich sowie über 100 Unia-Sekretariate im ganzen Land. Andere Immobilien würden vermietet, hauptsächlich als Wohnhäuser. Der Personalaufwand für die über 1'200 Mitarbeitenden der Unia belief sich im Jahr 2020 auf CHF 115 Mio. Dazu gehörten auch die Gehälter der sieben Geschäftsleitungsmitglieder von durchschnittlich CHF 150'930.

Die Zahlen wurden in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert. Abgesehen davon, dass manche Bürgerliche und Medien etwas schadenfreudig die Frage aufwarfen, ob die Unia noch glaubwürdig gegen Kapitalisten und Grosskonzerne auftreten könne, wenn sie doch selbst ein solcher sei, wurden die folgenden vier Kritikpunkte geäussert:

Erstens stelle sich die Frage, ob die Höhe der Jahresbeiträge für die Gewerkschaftsmitglieder zu rechtfertigen sei, wenn die Unia auf solch hohen Vermögenswerten sitze. Die Mitgliederbeiträge der Unia, die Arbeitnehmende aus den Wirtschaftssektoren Bau, Gewerbe, Industrie und private Dienstleistungen vertritt, sind einkommensabhängig; bei einem Monatslohn von 4'000 Franken betragen sie 40 Franken im Monat. Die Kritik ging dahin, dass die Vermögenserträge auch während des Aktien- und Immobilienbooms der letzten Jahre in die Gewerkschaftsbürokratie geflossen seien, statt damit die Mitgliederbeiträge zu senken. Kritisiert wurde in dem Zusammenhang auch, dass die Vermögenslage auch den 182'000 zahlenden Mitgliedern der Gewerkschaft bisher nicht bekannt gewesen sei, sondern nur den 129 Delegierten, die einmal pro Jahr die Konzernrechnung absegneten. Die Unia hielt dem entgegen, dass es sich beim Vermögen um das gemeinsame Vermögen der Mitglieder handle. Die Erträge daraus würden vollständig für die Finanzierung von Gewerkschaftsaktivitäten verwendet und trügen dazu bei, «den hohen Standard der Mitgliederdienstleistungen und die finanzielle Unabhängigkeit der Gewerkschaft zu sichern». Niemand ziehe daraus einen persönlichen Vorteil.

Zweitens sahen bürgerliche Kritikerinnen und Kritiker sowie manche Medien einen Widerspruch darin, dass die Linke stets mehr Transparenz in der Politikfinanzierung fordere, die Unia aber bisher selbst nicht transparent gewesen war. Dabei sei es aus demokratiepolitischen Gründen wichtig, die Vermögensverhältnisse von politisch gewichtigen Akteuren wie den Gewerkschaften oder Arbeitgeberverbänden zu kennen. Die Unia rechtfertigte die bisherige Geheimhaltung damit, dass das Vermögen gleichzeitig auch die Streikkasse der Unia sei; es würde die Verhandlungsposition der Unia bei Arbeitskonflikten schwächen, wenn die Gegenseite ihre Vermögensverhältnisse – und damit ihre Durchhaltefähigkeit in einem Streik – kenne. Unia-Chefin Vania Alleva forderte zudem, die Medien sollten mit Transparenzforderungen alle politischen Akteure mit gleichen Ellen messen; so sind die meisten Wirtschaftsverbände und anderen Gewerkschaften nicht transparenter als bisher die Unia, was ihre Finanzlage angeht. Zu den wenigen Gegenbeispielen zählt der Baumeisterverband (SBV), einer der Hauptkontrahenten der Unia in Arbeitsfragen: Dieser weist rund CHF 20 Mio. Eigenkapital aus.

Ein dritter Kritikpunkt knüpfte an eine bereits vorher laufende Debatte an und betraf die Tatsache, dass ein Teil der Unia-Einkünfte aus öffentlichen Geldern und gesetzlichen Pflichtabgaben stammt, nämlich aus dem Betrieb von Arbeitslosenkassen und aus den Entschädigungen für Vollzugskosten von allgemeinverbindlichen Gesamtarbeitsverträgen (GAV). Aus diesen beiden Bereichen zusammen nahm die Unia 2020 rund CHF 80 Mio. ein, während ihr die Mitgliederbeiträge CHF 58 Mio. einbrachten. Ob aber die Einnahmen aus dem Betrieb von Arbeitslosenkassen und der Kontrolle des GAV-Vollzugs für die Gewerkschaft einen Gewinn abwerfen oder lediglich den Aufwand für diese Aufgaben decken, lässt sich auch anhand der neu veröffentlichten Zahlen nicht feststellen. Bürgerliche Stimmen glauben, dass die Unia damit Gewinne erzielt und ihr Vermögen auch damit geäufnet habe. Die Unia beteuert jedoch, dass dies nicht zutreffe – das gehe aus Abrechnungen hervor, die beim zuständigen SECO hinterlegt seien. Die FDP.Liberale-Fraktion reichte in der Folge zwei Interpellationen zum Thema ein (Ip. 21.4121 und Ip. 21.4122), die vom Bundesrat Auskunft zu diesen Geldflüssen verlangten. Bereits vor dem Bekanntwerden der Zahlen zur Unia war zudem eine Kommissionsmotion der WAK-NR hängig gewesen, die eine Offenlegung der Abrechnungen über die Entschädigungen für die GAV-Kontrollen verlangte.

Ein vierter Kritikpunkt schliesslich kam von linker Seite: Es sei problematisch, dass die Unia bei der Vermietung ihrer Wohnungen nicht nur kostendeckende Mieten verlange, sondern sich bei der Festlegung der Mieten am Marktpreis orientiere – und deshalb in den letzten Jahren mit ihrem ansehnlichen Immobilienportfolio Gewinne auf Kosten von Mietenden gemacht habe. Die Unia verteidigte sich damit, dass die Mieten in ihren Liegenschaften gerade in den Ballungszentren mit besonders angespanntem Wohnungsmarkt unterhalb des Marktniveaus lägen und sie mit ihren Immobilien keine Renditenmaximierung betreibe; insgesamt lägen die Mieten in den Unia-Liegenschaften «laut einer unabhängigen Bewertung» rund 30 Prozent unter Marktniveau.

Vermögen der Unia

In der Volksabstimmung vom 7. März 2021 wurde das Bundesgesetz über elektronische Identifizierungsdienste (E-ID-Gesetz) mit 64.4 Prozent Nein-Stimmen schweizweit wuchtig abgelehnt. Kein Kanton stimmte dem Gesetz zu; den höchsten Ja-Anteil erzielte es im Tessin mit 44.2 Prozent. Am deutlichsten fiel die «Ohrfeige», wie die Presse das Resultat vielfach betitelte, im Kanton Basel-Stadt aus, wo sich nur 29.3 Prozent der Stimmberechtigten für die Vorlage aussprachen. Die Stimmbeteiligung lag schweizweit bei 51.3 Prozent.
Das ausgesprochen klare Nein bedurfte in den Medien denn auch nicht langer Interpretation: «Durchgefallen» lautete das Verdikt im St. Galler Tagblatt und im «Corriere del Ticino»; die Stimmbevölkerung habe die E-ID «versenkt», urteilten die Westschweizer Zeitungen «La Liberté», «L'Express» und «Le Nouvelliste». Wahlweise als «Schlappe», «Klatsche», «Abfuhr», «Bruchlandung» oder «Debakel» wurde das Resultat in verschiedenen Deutschschweizer Zeitungen bezeichnet. Im Hinblick auf die vorgesehene Lösung mit privaten E-ID-Anbieterinnen und -Anbietern erkannte die NZZ darin ein «Misstrauensvotum gegen die Banken, Versicherungen und bundeseigenen Unternehmen», die sich im Konsortium SwissSign zusammengeschlossen und auf die Herausgabe der E-ID vorbereitet hatten.
Einig waren sich das unterlegene Befürwortendenlager und die siegreiche Gegnerschaft darin, dass sich das Votum nicht gegen die Idee einer E-ID an sich richtete – von der Notwendigkeit einer solchen im digitalen Zeitalter zeigten sich alle überzeugt –, sondern gegen die Ausgestaltung mit privaten Anbieterinnen und Anbietern. «Das Misstrauen gegenüber einer nicht staatlichen Lösung reichte weit ins bürgerliche Lager, obwohl die offiziellen Parteidevisen jeweils eindeutig schienen», resümierte die Aargauer Zeitung. Der «Blick» fasste zusammen: «Alle wollen die E-ID – aber vom Staat!»
So kündigte die Contra-Seite bereits am Abstimmungssonntag an, im Parlament schnellstmöglich auf ein neues Projekt mit einer staatlichen E-ID hinarbeiten zu wollen. SP, Grüne und GLP wollten in der Folgewoche zwei entsprechende Vorstösse einreichen, liess die Zürcher SP-Nationalrätin Min Li Marti in der NZZ verlauten. Die für das gescheiterte Gesetz zuständige Bundesrätin Karin Keller-Sutter wollte ihrerseits dem Bundesrat ein Aussprachepapier vorlegen, um über das weitere Vorgehen zu entscheiden, wie sie gegenüber den Medien bekanntgab. Es sei nun wichtig, dass die Regierung und die Parteien die Unsicherheiten und Ängste der Bevölkerung ernst nehmen würden. Unterdessen bedeute das Abstimmungsresultat aber nicht, dass eine rein staatliche Lösung automatisch eine Mehrheit erzielen würde, gab sie zu Bedenken.


Abstimmung vom 7. März 2021

Beteiligung: 51.29%
Ja: 984'574 (35.6%)
Nein: 1'778'196 (64.4%)

Parolen:
– Ja: EVP (2*), FDP, KVP, Mitte (Junge Mitte: 2*), SVP (2*; JSVP: 1*); KdK, SGV, SSV, Economiesuisse, SAV, SGV, Baumeisterverband, Swissmem, SwissICT, SwissBanking, VöV
– Nein: EDU, GLP (6*; JGLP: 1*), GP (1*), PdA, Piratenpartei, SD, SP (1*); SGB, Travail.Suisse, VPOD, Syndicom, Schweizerischer Seniorenrat, Schweizerischer Verband für Seniorenfragen, Vereinigung aktiver Senioren- und Selbsthilfeorganisationen in der Schweiz (VASOS)
– Stimmfreigabe: Pro Senectute
* Anzahl abweichender Kantonalsektionen

E-ID-Gesetz
Dossier: Elektronische Identität

In der Sommersession 2020 stimmte der Ständerat als Erstrat dem Vorläuferstoffgesetz zu, mit dem der Zugang für Privatpersonen zu bestimmten chemischen Substanzen erschwert werden soll, die sich zur Herstellung von Sprengstoff eignen. Die vorberatende SiK-SR hatte im Frühling Vertretungen des Schweizerischen Drogistenverbandes, von PharmaSuisse und der Kantone angehört und war mehrheitlich zum Schluss gekommen, dass das Gesetz nur kleine Einschränkungen mit sich bringe, die sich für den Sicherheitsgewinn allemal lohnten. Eine Minderheit Salzmann (svp, BE) beantragte dem Rat indes Nichteintreten, weil damit alle Privatkäufer der einschlägigen Stoffe unter Generalverdacht gestellt und die Verkaufsstellen administrativ unnötig belastet würden. Kommissionssprecher Matthias Zopfi (gp, GL) argumentierte vor dem Ratsplenum dagegen für das Gesetz, weil ohnehin nur wenige Privatpersonen die als Vorläuferstoffe definierten Substanzen in den bewilligungspflichtigen Mengen und/oder Konzentrationen kauften. Zudem würden nicht nur terroristische, sondern auch andere Straftaten – beispielsweise die Sprengung von Bankomaten – erschwert und letztlich auch Unfälle mit selbst hergestellten Sprengstoffen verhindert. Mit 35 zu 8 Stimmen bei 2 Enthaltungen folgte die Kantonskammer ihrer Kommissionsmehrheit und trat auf die Vorlage ein. Als einzige Änderung beantragte die Kommission einstimmig, zusätzlich zu den drei vom Bundesrat vorgesehenen Kategorien des freien Zugangs, der Bewilligungspflicht und des Verbots als Zwischenstufe den Zugang über den Fachhandel einzufügen. Damit sollen hochkonzentrierte Stoffe in kleinen Mengen weiterhin ohne Bewilligung erworben werden können, allerdings nur im Fachhandel, d.h. insbesondere in Apotheken und Drogerien. Der Bundesrat unterstützte diese Anpassung, worauf sie der Ständerat stillschweigend guthiess. In der Gesamtabstimmung nahm er den Entwurf mit 34 zu 7 Stimmen bei 2 Enthaltungen an.

Bundesgesetz über Vorläuferstoffe für explosionsfähige Stoffe
Dossier: Strategie der Schweiz zur Terrorismusbekämpfung

Fin janvier 2020, la Fédération de l'industrie horlogère Suisse (FH) a publié les chiffres des exportations de l'horlogerie en 2019. Si la Suisse a vendu pour CHF 20.5 milliards à l'étranger (+2.6 %), la baisse des volumes de vente est venue ternir ce tableau. En effet, cela ne représente «que» 20.6 millions de montre, donc une baisse record de 13.1 pour cent. D'un côté, il s'agit d'un volume de vente inférieur à l'année 2009, pourtant marquée par la crise économique et financière. D'un autre côté, cela confirme le virage de l'industrie horlogère helvétique vers les montres de luxes.
Après la publication de ces chiffres, la crise du Covid-19 a continué d'aggraver la situation. La fermeture des sites de production en mars 2020 et l'arrêt de l'économie mondiale ont mis en difficulté le secteur de l'horlogerie. Les experts ont prédit une baisse de 25 pour cent des exportations en 2020. Les premiers chiffres du mois de mars ont confirmé ces prédictions avec une chute de 21.9 pour cent des ventes, ce qui représente une baisse de 43.1 pour cent en volume.
Finalement, la crise du Covid-19 a également empêché la tenue de Baselworld. Cette annulation a mis en lumière des conflits latents entre les acteurs de la branche.

Covid-19 – Horlogerie

Nachdem der Kompromiss der Sozialpartner zur Reform der beruflichen Vorsorge im Juli 2019 anfänglich mehrheitlich auf zurückhaltendes Wohlwollen gestossen war, wurde die Kritik an den Reformplänen schon bald darauf immer lauter. So berichtete etwa der Tages-Anzeiger im September darüber, dass «namhafte Pensionskassenverantwortliche» den neu zu schaffenden Rentenzuschlag kritisierten. Da niemand den Kompromiss der Sozialpartner torpedieren wolle, sei diese Kritik nur hinter vorgehaltener Hand zu vernehmen, berichtete der Tages-Anzeiger weiter.
Dies änderte sich aber mit der Zeit deutlich: Immer häufiger berichteten die Medien über immer neue Kritikerinnen und Kritiker: Angefangen mit dem Verband Scienceindustries und dem Verband der Chemie- und Pharmaindustrie kamen bald diverse Branchenverbände des Arbeitgeberverbands sowie der Versicherungsverband hinzu. Ende März 2020 berichtete die NZZ, dass sich in der Zwischenzeit zahlreiche gewichtige Branchen des Arbeitsgeberverbandes gegen das Modell der Sozialpartner ausgesprochen hätten, darunter Verbände aus Chemie und Pharma, Banken, Detailhandel, Bau, Versicherungen, Gastgewerbe, Informatik und Telekommunikation sowie der Hotellerie. Gewichtige befürwortende Mitglieder des Arbeitgeberverbands machte die Zeitung nur noch im Verband der Maschinenindustrie Swissmem aus. Der Arbeitgeberverband verwies jedoch auch auf die Unterstützung verschiedener Mitgliederverbände aus dem Gewerbe, wenn auch deren Dachverband zu den grössten Kritikern gehörte und einen eigenen Vorschlag präsentiert hatte.

Im Zentrum der Kritik stand der Rentenzuschlag, den Mitglieder der Übergangsgeneration erhalten sollten, weil ihr Umwandlungssatz reduziert würde, sie aber nicht mehr genügend Zeit hätten, um zusätzliches Altersguthaben anzusparen. Einerseits wurde kritisiert, dass hier mit dem Umlageverfahren ein systemfremdes Element ins BVG-System eingefügt werde. Andererseits sei es nicht nötig, allen Versicherten diesen Rentenzuschlag auszubezahlen: Sowohl Versicherte in Pensionskassen, die ihre technischen Parameter bereits angepasst hätten und deren Versicherte entsprechend nicht mit Renteneinbussen rechnen müssten, als auch Personen mit hohen Einkommen, die diesen Zuschlag nicht nötig hätten, sollten davon ausgenommen werden. Ebenfalls diskutiert, wenn auch deutlich weniger hitzig, wurde über die Höhe des Koordinationsabzugs, dessen Reduktion verschiedene Gruppierungen als zu gross erachteten. Umstritten war in den Medien aber auch die Frage der tatsächlichen Höhe der Ersatzquote, also des Anteils des vorherigen Einkommens, den man nach der Pensionierung erhält. Die Bundesverfassung sieht vor, dass 1. und 2. Säule zusammen «die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise» ermöglichen sollen (Art. 113a BV). Dies wird gemeinhin als 60 Prozent des letzten Einkommens verstanden. Nun erklärte das Beratungsunternehmen C-Alm in einer Studie, dass man bei der Schaffung des BVG in den 1980er Jahren angenommen habe, dass die Verzinsung der Altersguthaben etwa dem prozentualen Lohnwachstum entsprechen würde; seither habe die Verzinsung das Lohnwachstum aber durchschnittlich um 1.2 Prozent übertroffen. Und selbst zukünftig würde eine im Vergleich zum Lohnwachstum um 0.7 Prozent höhere Verzinsung erwartet. Damit liege die Ersatzquote für die berufliche Vorsorge bei 41 Prozent und damit ebenfalls deutlich höher als vorgesehen. Zusammen mit der AHV-Rente komme man damit deutlich über 60 Prozent. Zudem sei die Kaufkraft der Renten heute höher und sie würden für einen um 30 Prozent längeren Zeitraum ausbezahlt als früher.
Diese positive Einschätzung der Rentensituation teilte der Pensionierungs-Barometer 2019, eine Studie des VZ Vermögenszentrums, nicht. Die Studie zeigte, dass sich die durchschnittliche Rente der 1. und 2. Säule eines 65-Jährigen mit einem Einkommen über CHF 100'000 bis 2018 im Vergleich zu 2002 deutlich verringert habe: 2002 habe sie 62 Prozent seines Einkommens betragen, 2018 nur noch 55 Prozent – und liege damit unter dem gemäss Ersatzquote nötigen Anteil von 60 Prozent. Diese Werte dürften sich weiter verschlechtern, betonten die Studienautoren. Zwar sei der Absolutbetrag der Renten dank dem AHV-Teuerungsausgleich leicht gestiegen, berücksichtige man aber den Teuerungsausgleich bei den Löhnen, erhalte man ein «klares Minus». Zukünftig würden die Renten vermutlich so stark sinken, dass man auch absolut weniger Rente erhalte als früher. Damit habe auch die AHV für die Rentnerinnen und Rentner an Bedeutung gewonnen: 2002 sei sie für ein Drittel der Gesamtrente verantwortlich gewesen, 2019 für die Hälfte.

Bei den Befürwortenden konzentrierten sich die Medien vor allem auf den Arbeitgeberverband, der sich vehement für das Sozialpartnermodell einsetzte; allen voran der Präsident des SAV, Valentin Vogt, verteidigte den Vorschlag in verschiedenen Zeitungsinterviews. Der SAV wehrte sich unter anderem gegen die oben genannte Studie von C-Alm, die den «Sozialpartnerkompromiss schlecht[rede]». C-Alm hatte die Kosten des Sozialpartnermodells jährlich auf CHF 3.25 Mrd. berechnet, während die Kosten der Modelle von Asip (CHF 2.1 Mrd.) und dem Gewerbeverband (CHF 1.3 Mrd.) deutlich tiefer zu liegen kamen. Diese Zahlen seien falsch, zumal die Studienautoren sich an den Zahlen der Altersvorsorge 2020 orientiert hätten, bei der es mehr Betroffene der Übergangsgeneration gegeben hätte als beim Sozialpartnerkompromiss, betonte der Arbeitgeberverband. Obwohl C-Alm diese Anschuldigung zurückwies, musste es seine Kostenschätzung für das Sozialpartnermodell gemäss dem Tages-Anzeiger kurze Zeit später auf CHF 3.05 Mrd. und damit auf dieselbe Zahl, die der Bundesrat zuvor angegeben hatte, reduzieren. Der Arbeitgeberverband hingegen ging für sein Modell weiterhin von Kosten in der Höhe von CHF 2.7 Mrd. aus, genauso hoch wie er auch die Kosten beim Asip-Modell schätzte. Denn auch die Rückstellungen der Pensionskasse, mit denen die Asip den Rentenzuschlag finanzieren wollte, müssten als Kosten ausgewiesen werden, begründete er die Differenz zu den CHF 2.1 Mrd., welche C-Alm für das Asip-Modell ausgewiesen hatte. Auch den Vorwurf der Medien, einzelner Parteien und unter anderem auch von SGK-NR-Präsidentin Ruth Humbel (cvp, AG), wonach kaum noch Mitglieder des Verbands hinter dessen Vorschlag stünden, wies der Arbeitgeberverband vehement zurück; ausser vier Mitgliederverbänden stehe die grosse Mehrheit der 95 Verbände hinter der Lösung. Die Tatsache, dass neben dem SAV vor allem linke Parteien und Gewerkschaften das Sozialpartnermodell öffentlich lobten, wertete die NZZ als Hinweis darauf, dass der Arbeitgeberverband den «Gewerkschaften auf den Leim gekrochen» sei.

Anfang Februar waren sich schliesslich die Medien grösstenteils einig, dass der Vorschlag der Sozialpartner, den der Bundesrat in der Zwischenzeit in die Vernehmlassung geschickt hatte, im Parlament kaum noch Chancen auf Erfolg haben werde: Die SVP hatte sich schon von Anfang an dagegen ausgesprochen, zumal das gemäss Fraktionspräsident Aeschi (svp, ZG) der Anfang der Verschmelzung von AHV und zweiter Säule wäre. In der Zwischenzeit hatte auch die FDP-Fraktion beschlossen, die Umlagekomponente im BVG abzulehnen, weil sie systemfremd sei. Den «Todesstoss», wie es die Sonntagszeitung formulierte, versetzte dem Sozialpartnermodell schliesslich die CVP Mitte Februar, als sich ihre Bundeshausfraktion gegen das Umlageverfahren in der 2. Säule aussprach. Somit blieben einzig noch die GLP, die das Umlageverfahren zwar nicht unterstützte, sich aber zur Schaffung einer mehrheitsfähigen Reform einer entsprechenden Diskussion nicht verschliessen wollte, sowie die linken Parteien offen für den Sozialpartnervorschlag. Damit hatte dieser noch vor Ende der Vernehmlassung die Mehrheit im Parlament verloren.

In der Zwischenzeit hatten nach dem Gewerbeverband und der Asip verschiedene Gruppierungen neue Modelle präsentiert. So taten sich der Baumeisterverband, die Swiss Retail Federation sowie der Verband «Arbeitgeber Banken», also Verbände aus dem Hoch- und Tieflohnbereich, zur Allianz des «vernünftigen Mittelwegs» zusammen. Die dem Arbeitgeberverband angehörenden Verbände schlugen ein neues Modell vor, das einen Umwandlungssatz von 6 Prozent und einen Rentenzuschlag beinhaltete, der jedoch von den Pensionskassen durch ihre Rückstellungen beglichen werden sollte. Der Koordinationsabzug sollte weniger stark gesenkt werden und die Jungen sollten bei entsprechendem Lohn bereits ab einem Alter von 20 Jahren mit der Einzahlung in die Pensionskasse beginnen.
Anfang Febraur 2020 schlug auch die CVP eine alternative Finanzierung für den Rentenzuschlag vor, nämlich durch Reserven des Bundes oder durch ausserordentliche Gewinne der SNB. Letzterer Vorschlag fand einigen Anklang, zumal er zuvor bereits von verschiedenen Seiten angetönt worden war. Gleichzeitig würde er jedoch mit ähnlichen Forderungen für die AHV kollidieren (etwa mit den Initiativen des SGB für eine 13. AHV-Rente oder des Bunds der Steuerzahler) oder mit einer Motion von Alfred Heer (svp, ZH; Mo. 18.4327). Kritisch zeigte sich unter anderem Hans-Ulrich Bigler gegenüber diesem Vorschlag, da dieser die Unabhängigkeit der SNB in Frage stelle. Alex Kuprecht (svp, SZ) schlug hingegen vor, dass die SNB zumindest ihre durch die Negativzinsen entstandenen Gewinne auf die Altersguthaben zurückzahlen könne und sie dies am besten gleich selber vorschlagen solle.
Auch die bürgerlichen Jungparteien der BDP, CVP, EVP, FDP, GLP und SVP beteiligten sich mit einem eigenen Modell an der Ideensammlung. Demnach solle der Umwandlungssatz gesenkt und gleichzeitig an die Lebenserwartung und Renditeerwartungen geknüpft werden. Der Rentenzuschlag solle durch eine einmalige Erhöhung des Altersguthabens der Übergangsgeneration durch den Bund kompensiert werden. Das fixe Rentenalter solle abgeschafft und stattdessen entsprechend einer Motion der BDP an die Lebenserwartung gekoppelt werden. Der Koordinationsabzug solle gestrichen, das Pensionskasseneintrittsalter auf 18 Jahre gesenkt und die Altersgutschriften für alle Altersstufen vereinheitlicht werden.

Diese Modelle kritisierte wiederum der Arbeitgeberverband: Sie alle erfüllten die Anforderungen des Bundesrates, wonach es nicht zu Renteneinbussen kommen dürfe, nicht, sagte Martin Kaiser, Leiter Sozialpolitik beim Arbeitgeberverband. Einzig das Sozialpartnermodell stelle dies sicher. Die Kritik, wonach vom Rentenzuschlag auch Personen profitierten, die diesen aufgrund ihrer hohen Einkommen gar nicht nötig hätten, konterte er damit, dass nur Personen, die mindestens die Hälfte des Guthabens in Rentenform beziehen, diesen Zuschlag erhalten sollten – was implizit vor allem die weniger einkommensstarken Personen betreffe.

Reform der Beruflichen Vorsorge (BVG 21; BRG 20.089)
Dossier: Koordinationsabzug und Eintrittsschwelle BVG

Der Vorentwurf zur Änderung des Zivilgesetzbuches betreffend die Unternehmensnachfolge (zweite Etappe der Erbrechts-Revision) stiess in der Vernehmlassung auf breite Zustimmung, wie aus dem im Januar 2020 veröffentlichten Ergebnisbericht hervorging. Von den 55 eingegangenen Stellungnahmen fielen 45 positiv aus, 7 enthielten keinen expliziten Positionsbezug und 3 standen der Vorlage ablehnend gegenüber. Der Kanton Basel-Landschaft, die SVP und die Vereinigung der Privaten Aktiengesellschaften, die die Vorlage ablehnten, erachteten die bestehenden zivilrechtlichen Möglichkeiten als ausreichend. Sie kritisierten, dass die vorgeschlagenen Massnahmen allesamt zulasten der pflichtteilsgeschützten Miterbinnen und Miterben der Unternehmensnachfolgerin bzw. des Unternehmensnachfolgers gingen. Sie seien insgesamt zu einschneidend in die Eigentumsrechte der Erbinnen und Erben und könnten zu vermehrten Nachlassstreitigkeiten führen. Indessen begrüsste die grosse Mehrheit der Vernehmlassenden die vorgeschlagenen Massnahmen insbesondere im Hinblick auf Familienunternehmen und KMU sowie auf den Fortbestand der von diesen Unternehmen geschaffenen Arbeitsplätze. Sie könnten effektiv dazu beitragen, die aufgetretenen Probleme im Zusammenhang mit der Unternehmensnachfolge zu verringern, waren die meisten Teilnehmenden der Ansicht, darunter 18 Kantone, CVP, FDP, GLP und SP sowie zahlreiche Wirtschaftsverbände. Von den vier zentralen Massnahmen wurde einzig jene zum Anrechnungswert des Unternehmens in grösserem Ausmass kritisch beurteilt, weil diese Frage verhältnismässig komplex sei. Die Möglichkeit, ein Unternehmen als Ganzes einer einzigen Person zuzuweisen, jene für die Unternehmensnachfolgerin oder den Unternehmensnachfolger, einen Zahlungsaufschub von den Miterbinnen und Miterben zu erhalten, sowie das Recht der Miterbinnen und Miterben, die Übernahme eines Minderheitsanteils abzulehnen, wurden hingegen überwiegend befürwortet.

Erbrechts-Revision – Unternehmensnachfolge (BRG 22.049)
Dossier: Revision des Erbrechts (2016– )

Nach einem langen und emotionalen Abstimmungskampf nahm die Schweizer Stimmbevölkerung am 19. Mai 2019 die Übernahme der geänderten EU-Waffenrichtlinie mit 63.7 Prozent Ja-Stimmen deutlich an. Die Stimmbeteiligung lag bei 43.9 Prozent. Ausser im Tessin (45.5% Ja) überwog die Zustimmung in allen Kantonen. Am höchsten fiel sie in Basel-Stadt mit 75 Prozent Ja-Stimmen aus, gefolgt von den drei Westschweizer Kantonen Genf, Neuenburg und Waadt sowie dem Kanton Zürich mit jeweils über 70 Prozent. Gesamtschweizerisch zeigte sich ein klarer Stadt-Land- oder Zentrum-Peripherie-Graben, wobei die Zustimmung in den städtischen Zentren am höchsten und – nebst dem Tessin – in den ländlichen Regionen wie dem Berner Oberland, der Innerschweiz und den Bündner Südtälern am niedrigsten ausfiel.
Vertreterinnen und Vertreter der Befürworterseite werteten das Ergebnis in der Presse als positives Signal für die Beziehungen der Schweiz zur EU und blickten zuversichtlich in Richtung der anstehenden europapolitischen Entscheidungen über die Begrenzungsinitiative sowie über das institutionelle Rahmenabkommen mit der EU. Demgegenüber sah das unterlegene Nein-Lager im Resultat kein Ja zu Europa, sondern schöpfte daraus neuen Elan für den Kampf gegen die Personenfreizügigkeit und das Rahmenabkommen. «Solche angstgetriebenen Abstimmungsergebnisse wären künftig die Regel, falls der Bundesrat das Rahmenabkommen mit der EU unterschreibt», zitierte beispielsweise die Aargauer Zeitung eine Mitteilung der SVP. Die Gesellschaft für ein freiheitliches Waffenrecht ProTell, die an vorderster Front gegen die Änderungen im Waffenrecht gekämpft hatte, liess derweil verlauten, man werde die Umsetzung der EU-Waffenrichtlinie nun sehr genau überwachen und den Bundesrat an seinen Versprechungen messen, die er im Abstimmungskampf gemacht habe.
Der Ausgang der Abstimmung wurde sowohl von der Befürworter- als auch von der Gegnerseite zu einem grossen Teil der neuen Justizministerin Karin Keller-Sutter zugeschrieben. Sie habe mit ihrer Glaubwürdigkeit als ehemalige Polizeidirektorin eines Grenzkantons die Unentschlossenen überzeugt, lobte sie etwa der Waadtländer FDP-Nationalrat Laurent Wehrli in der «Tribune de Genève». Auch der Walliser SVP-Nationalrat und Interimspräsident von ProTell Jean-Luc Addor bezeichnete die Übernahme des EJPD durch Karin Keller-Sutter gegenüber der gleichen Zeitung als «Schlüsselmoment» in der Kampagne, weil die St. Gallerin – im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin und «historischen Waffengegnerin» Simonetta Sommaruga – im Dossier als glaubwürdig wahrgenommen worden sei. Die neue Bundesrätin bestand ihre Feuertaufe vor dem Stimmvolk offensichtlich mit Bravour.


Abstimmung vom 19. Mai 2019

Beteiligung: 43.9%
Ja: 1'501'880 (63.7%)
Nein: 854'274 (36.3%)

Parolen:
– Ja: BDP, CVP, EVP, FDP (Jungfreisinnige: 3*), GLP, GP, KVP, SP; KdK, Economiesuisse, SAV, SGV, SGB, Travail.Suisse, Gastrosuisse, Hotelleriesuisse, SBLV
– Nein: EDU, FP, SD, SVP; IGS, SOG, Schweizerischer Unteroffiziersverband, Jagd Schweiz, ProTell, SBV
* Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

Kurz nachdem das Referendum gegen die Übernahme der EU-Waffenrichtlinie offiziell zustande gekommen war, gab die Schweizerische Offiziersgesellschaft (SOG) – wohl nicht vollends beabsichtigt – sowohl für die Gegner- als auch für die Befürworterseite den Startschuss zum Abstimmungskampf. An der Präsidentenkonferenz Ende Januar 2019 sprachen sich über dreissig anwesende Sektionen einstimmig gegen die Verschärfung des Waffenrechts aus und bewilligten darüber hinaus einen finanziellen Beitrag an das Referendumskomitee. Darin Einsitz nehmen wollte die SOG jedoch nicht, wie im entsprechenden Positionspapier zu lesen war, in dem sie ihre Nein-Position damit begründete, dass die Übernahme der EU-Waffenrichtlinie das «liberale, dem Milizwesen verpflichtete Schweizer Waffenrecht» unnötig einschränke. Die Verschärfung treffe nicht den gefährlichen Handel mit illegalen Waffen, sondern die legalen Waffenbesitzerinnen und -besitzer und sei daher «keine nachhaltige Massnahme gegen die terroristische Bedrohung in der Schweiz». Die NZZ bezeichnete den Positionsbezug der SOG als wichtigen Erfolg für die Gegnerschaft des neuen Waffenrechts, insbesondere für die Schützenverbände, die im Referendumskomitee federführend waren. Bei Sicherheitspolitikerinnen und -Politikern der bürgerlichen Mitte kam die SOG damit jedoch schlecht an: Der Urner FDP-Ständerat Josef Dittli zeigte sich gegenüber der NZZ «enttäuscht» von den Offizieren, denen wohl «der Stellenwert von Schengen nicht bewusst» sei. Die Luzerner CVP-Nationalrätin Ida Glanzmann-Hunkeler bedauerte an gleicher Stelle, dass die Offiziere «ins Boot der SVP» stiegen und sich für deren Kampf gegen Schengen einspannen liessen. In den Tagen darauf traten einige SOG-Mitglieder um die beiden GLP-Politiker Pascal Vuichard (GL) und Roland Fischer (LU) aus dem Schatten und verkündeten öffentlich, mit dem Positionsbezug der SOG nicht einverstanden zu sein. Vuichard äusserte Bedenken, die SOG verspiele mit diesem Statement ihre Glaubwürdigkeit, da die Armee von den Änderungen gar nicht betroffen sei. Das von den GLP-Offizieren gegründete Ja-Komitee setzte eine «Lawine der Kritik» (Tribune de Genève) an der SOG in Gang und erhielt auch parteiübergreifend weiteren Zulauf – so beispielsweise von FDP-Ständerat und Oberst im Generalstab Josef Dittli. Der «Krach der Offiziere» (BaZ) gründete darin, dass für die Ja-Komiteeangehörigen ein gutes Verhältnis zu Europa für die Schweiz aus sicherheitspolitischer Sicht absolut notwendig sei, weshalb die Schengen/Dublin-Mitgliedschaft nicht gefährdet werden dürfe, zumal die Änderung des Waffenrechts «sehr umsichtig und pragmatisch» erfolge. Dass sich auch Armeechef Philippe Rebord hinter das neue Waffenrecht stellte, befeuerte die Debatte zusätzlich. SOG-Präsident Stefan Holenstein gab derweil gegenüber der Presse zu Protokoll, das Waffenrecht sei «kein Kernthema» der SOG und der Entscheid sei «keine Abstimmungsparole», sondern «eine Position als Ergebnis der internen Beratungen».

Mitte Februar lancierte Bundesrätin Karin Keller-Sutter anlässlich einer Medienkonferenz den Abstimmungskampf offiziell. Mit dem Slogan «Niemand wird entwaffnet» platzierte sie das Hauptargument des Bundesrates landesweit prominent in den Schlagzeilen: Die Änderungen am Waffenrecht seien nur geringfügig und die Schiesstradition in der Schweiz bleibe erhalten. Die Gesetzesänderung rechtfertige es somit nicht, die Schengen-Mitgliedschaft der Schweiz aufs Spiel zu setzen; die Kosten der Beendigung der Schengen-Zusammenarbeit seien schlicht zu hoch – und zwar sowohl in Form von zusätzlichen Staatsausgaben als auch in Form von Sicherheitsverlust. Das SIS werde von Schweizer Sicherheitsbehörden 300'000 Mal täglich abgefragt und habe während zehn Jahren im Schnitt zu einer Verhaftung täglich verholfen; «ohne Schengen wären wir bildlich gesprochen blind», würdigte der stellvertretende Fedpol-Direktor René Bühler den Beitrag des Schengener Abkommens an die Sicherheit der Schweiz. Hinzu kämen gemäss der Justizministerin volkswirtschaftliche Kosten von mehreren Milliarden Franken pro Jahr – einerseits im Tourismussektor, weil die Schweiz nicht mehr mit dem Schengen-Visum bereist werden könnte, andererseits im Asylbereich, da die Schweiz nach Wegfall des mit Schengen verknüpften Dublin-Abkommens Asylbewerberinnen und -bewerber nicht mehr abweisen könnte, wenn sie bereits in einem anderen Schengen-Staat Asyl beantragt haben. Wie die Gegnerschaft des neuen Waffenrechts darauf zu hoffen, dass dieser Fall nicht eintrete, sei riskant, denn der Ausschluss der Schweiz aus Schengen/Dublin erfolge bei Verweigerung der Rechtsübernahme automatisch, es sei denn, der Gemischte Ausschuss, in dem die 28 EU-Staaten und die Schweiz vertreten sind, einigte sich innerhalb von 90 Tagen einstimmig auf einen weiteren gemeinsamen Weg. Eine solche Einigung hielt Keller-Sutter jedoch für unwahrscheinlich, da sich die EU zurzeit nicht in «Kompromisslaune» (St. Galler Tagblatt) befinde. Das gegnerische Argument, die Verschärfung des Waffenrechts trage nichts zur Terrorismusbekämpfung bei, konterte die Bundesrätin damit, die Richtlinie beabsichtige in erster Linie, den illegalen Waffenhandel zu erschweren und die Bevölkerung vor Waffenmissbrauch zu schützen, sie sei aber «kein Pakt zur Terrorbekämpfung».

Mit ihren Erläuterungen an der Medienkonferenz erntete die Justizministerin wiederum heftige Kritik aus den Reihen des Referendumskomitees. So kreideten ihr die Gegner an, der Bundesrat habe eine Kehrtwende vollzogen, indem er die Waffenrichtlinie explizit nicht mehr in Zusammenhang mit Terrorismusbekämpfung bringe, sondern nur noch von der Bekämpfung illegalen Waffenhandels und Waffenmissbrauchs spreche. Weiter bezichtigten sie verschiedene Exponenten der Gegnerschaft mehr oder weniger direkt der Irreführung und der Falschinformation. Sie störten sich vor allem daran, dass rund 80 Prozent der im Schiesssport verwendeten Waffen neu verboten würden, und auf etwas Verbotenes bestehe kein Rechtsanspruch; daran ändere auch die vorgesehene Ausnahmebewilligung nichts. Zudem fürchteten sie sich vor zukünftigen weiteren Verschärfungen des Waffenrechts; da die EU-Richtlinie alle fünf Jahre überprüft werden solle, seien weitere Verschärfungen vorprogrammiert. Die Debatte um die Kosten des angeblich drohenden Schengen-Ausschlusses sei nur ein «Ablenkungsmanöver», zitierte die «Südostschweiz» den Walliser SVP-Nationalrat und ProTell-Interimspräsidenten Jean-Luc Addor; die EU habe überhaupt kein Interesse daran, die Abkommen zu kündigen, weil sie davon mindestens so viel profitiere wie die Schweiz und die Schweiz ja bereits ein effizientes Waffenrecht besitze. In Wahrheit sei die Reform ein «trojanisches Pferd», mit dem die EU in Zukunft alle halbautomatischen Waffen verbieten könne, so Addor gegenüber der «Tribune de Genève». Anders als der Bundesrat den Leuten weismachen wolle, seien die Änderungen für die Schützen überhaupt nicht zumutbar, stellte auch IGS-Präsident Luca Filippini in der Presse klar und betonte einmal mehr, die Annahme der Waffenrichtlinie wäre «das Ende des Schiessens als Volkssport», ja sogar «der Beginn vom Ende unseres Rechtsstaates».

So klar, wie es auf den ersten Blick den Anschein erwecken mag, waren die Fronten jedoch nicht. Wie bei den Offizieren äusserten sich auch bei den Schützen nach und nach kritische Stimmen zur Haltung des nationalen Verbandes. Während diverse kantonale Schützenverbände an ihren Versammlungen finanziell und ideologisch zum Kampf gegen das «Entwaffnungsdiktat» aus Brüssel, von dem sie sich existenziell bedroht sahen, rüsteten, beschloss etwa der Schaffhauser Kantonalschützenverband Stimmfreigabe, da die neuen Bestimmungen laut Präsident Pascal Herren «den Schiesssport nicht beeinträchtigen» würden. Auch der Präsident der Ausserrhoder Schützen, Bruno Preisig, gab in der Aargauer Zeitung zu Protokoll, er habe «kein Problem mit den neuen Regelungen», im Gegenteil: «Es wäre klüger gewesen, das Geld in die Nachwuchsförderung, statt in eine grosse Nein-Kampagne zu investieren.» Für ein Ja zum neuen Waffenrecht setzten sich hingegen geschlossen die grossen Wirtschaftsverbände Economiesuisse, Hotelleriesuisse und der Gewerbeverband sowie kantonale Handelskammern ein. Auf Druck der Tourismusbranche hatte sich der Gewerbeverband Ende Januar zur Ja-Parole durchgerungen, obwohl der von SVP-Nationalrat Jean-François Rime (FR) präsidierte Verband die Vorlage vor Jahresfrist noch als unverhältnismässig abgelehnt hatte, wie das St. Galler Tagblatt berichtete. Bedeutend für die Wirtschaft seien gemäss der NZZ vor allem die Folgen eines Neins: Die Verbände befürchteten zusätzliche Kosten für das Asylwesen und die innere Sicherheit, höhere Staukosten im grenzüberschreitenden Verkehr infolge wiedereingeführter Grenzkontrollen sowie einen Rückgang der Tourismus-Nachfrage aufgrund des wegfallenden Schengen-Visums. Anlässlich ihrer Delegiertenversammlung schloss sich Ende März schliesslich noch die SVP, die sich im Abstimmungskampf bisher zurückgehalten hatte, offiziell dem Nein-Lager an. Der Berner SVP-Nationalrat Werner Salzmann begründete die Zurückhaltung seiner Partei gegenüber der NZZ damit, dass man sich in einem Wahljahr befinde und somit «nicht beliebig Geld zur Verfügung [habe], um die Kampagnen von Verbänden zu unterstützen». Hinter vorgehaltener Hand sei man in Schützenkreisen jedoch sogar froh um die Zurückhaltung der SVP, so die NZZ weiter, da ein klares Verständnis des Referendums als Angriff auf Schengen/Dublin wohl eher der Befürworterseite zum Vorteil gereicht hätte. Alle anderen grösseren nationalen Parteien gaben indes die Ja-Parole aus.

Anfang April zeugten erste Umfrageergebnisse von einer bereits starken Meinungsbildung an den beiden politischen Polen. Insgesamt hatten 53 Prozent der Befragten angegeben, (eher) für die Verschärfung des Waffenrechts stimmen zu wollen, 46 Prozent (eher) dagegen. In den Anhängerschaften der beiden grossen Polparteien sprachen sich je über drei Viertel klar dafür (SP) bzw. klar dagegen (SVP) aus. Bei den Mitte-Parteien betrug die Zustimmung hingegen trotz Ja-Parolen nur gerade 50 (FDP) bzw. 47 Prozent (CVP). Die Abstimmung werde somit in der Mitte entschieden, so die Experteneinschätzung. Das überparteiliche Ja-Komitee interpretierte den äusserst knappen Vorsprung als «Weckruf» (Tages-Anzeiger), die Stimmbevölkerung noch klarer von der Wichtigkeit von Schengen/Dublin überzeugen zu müssen. Dies schien der Befürworterschaft zunehmend zu gelingen, konnte das Ja-Lager in den folgenden Umfragen doch entscheidend zulegen. Zwei Wochen vor dem Abstimmungstermin verbuchte es mit einer Zustimmung von rund 60 Prozent einen komfortablen Vorsprung. Die Sympathisantinnen und Sympathisanten aller grosser Parteien ausser der SVP stellten sich mit klarer Mehrheit hinter die Vorlage, Frauen stärker als Männer und städtische Gebiete stärker als ländliche Regionen. Der Verbleib der Schweiz im Schengen-Raum zeichnete sich hingegen klar als das schlagende Argument der Debatte ab.

Insgesamt bot der Abstimmungskampf über die lange Zeitdauer wenig Abwechslung, verlief aber zugleich äusserst emotional. Vor allem auf der Gegnerseite war eine grosse Wut spürbar, sowohl über die vermeintliche Entwaffnung der Schweizer Bürgerinnen und Bürger als auch über die Fremdbestimmung aus Brüssel. Das Antasten des Rechts auf eine private Waffe wurde als Angriff auf die Identität des Schweizervolkes gesehen. Dagegen bot Bundesrätin Karin Keller-Sutter den Gegnern wenig Angriffsfläche, argumentierte sachlich und vornehm zurückhaltend, wie der Tages-Anzeiger den Auftritt der Justizministerin in der SRF-«Arena» Mitte April beurteilte. Indem sich die Befürworterseite hauptsächlich auf das Schengen-Argument beschränkte, wurden allerdings von beiden Seiten die immergleichen Argumente bis zum Abstimmungstermin schon fast gebetsmühlenartig wiederholt.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

D’après l’USS, le travail temporaire en Suisse aurait quintuplé en 30 ans pour atteindre, en 2018, 2.6% du volume global du travail. Face à cette évolution, l’USS a dénoncé les risques liés au contrat temporaire: salaire réduit de 10 à 15%, pas de protection ni d’intégration dans l’entreprise, pressions à cause d’un contrat précaire. L'USS souhaite donc freiner la progression du travail temporaire précaire et réclame des conditions de travail identiques pour les travailleuses et travailleurs, indépendamment de leur statut. Elle invite la Confédération et les cantons à fixer des plafonds pour la part d’employées et d'employés temporaires exerçant dans le domaine des marchés publics. Swissstaffing, association patronale faîtière pour les prestataires des services de l'emploi, a réagi aux propos de l'USS. Pour elle, la hausse du travail temporaire n'a rien d'alarmant. Davantage d'employées et d'employés souhaitent de la flexibilité au travail. Ce type de travail permet aux entreprises de recourir aux compétences en fonction de leurs besoins. Elle rappelle qu'en 2017, 240'000 personnes sans-emploi ont pu réintégrer le marché du travail grâce à un emploi temporaire et qu'un intérimaire sur deux a obtenu un contrat de travail fixe à la suite d'un premier emploi temporaire.

Travail temporaire précaire

Le DEFR a récolté 205 avis lors de la procédure de consultation du projet de modification de la loi sur le service civil (LSC). Hormis les cantons de Vaud et de Bâle-Ville, qui ne se sont pas exprimés, l'ensemble des cantons s'accordaient pour réviser le droit du service civil. L'UDC, l'UDF, le PLR, le PDC, la CG MPS, la Conférence nationale des Associations militaires faîtières, l'USAM et la SSO estimaient nécessaire d'agir. Les partis précités et la plupart des cantons soutenaient les sept mesures présentées dans le projet – un minimum de 150 jours de service civil à accomplir, un délai d'attente d'un an entre le dépôt de la demande et l'admission pour les militaires incorporés, un facteur d'1.5 pour les officiers et sous-officiers, interdiction des affectations nécessitant des études de médecine humaine, dentaire ou vétérinaire, pas d'admission de militaires n'ayant plus de jours de service à accomplir, l'obligation d'accomplir une période d'affectation par année dès l'entrée en force de l'admission, l'obligation pour les requérants ayant déposé leur demande pendant l'école de recrue de terminer leur affectation longue au plus tard pendant l'année civile qui suit l'entrée en force de la décision d'admission. Selon eux, il faudrait aller encore plus loin.
La gauche de l'échiquier politique, le PEV, le Parti Bourgeois-Démocratique, trois cantons (GR, ZG, NW), plusieurs associations et la majorité des établissements d'affectation ont rejeté le projet. Selon ces acteurs, excepté les cantons, il ne serait pas nécessaire d'intervenir. D'après leurs arguments, la révision de la loi contredirait le droit international et la Constitution fédérale (violation du principe d'égalité, de l'interdiction de l'arbitraire et de proportionnalité), les effectifs de l'armée ne seraient pas menacés, les cantons et les communes supporteraient davantage de charges en cas de diminution du nombre de civilistes, etc.

Dans son message, le Conseil fédéral a ajouté une huitième mesure, demandée par une partie des acteurs consultés, à savoir l'interdiction des affectations à l'étranger. En raison des résultats contrastés, il n'a pas souhaité durcir davantage les conditions d'accès au service civil. Face à la critique d'un manque de vue d'ensemble du système de l'obligation de service, il a rappelé l'existence du rapport «Avenir de l'obligation de servir» et que la révision de la loi fédérale sur la protection de la population et sur la protection civile serait transmise au Parlement. Il a ordonné une analyse relative au renouvellement des effectifs de l'armée et de la protection civile. Selon les conclusions, il pourrait proposer d'autres modifications du système de l'obligation de servir. La mise en œuvre de la loi est prévue pour mai 2020.

Bundesrat will Zulassungen zum Zivildienst drastisch einschränken (BRG. 19.020)
Dossier: Bundesgesetz über den zivilen Ersatzdienst

Le Conseil des États a décidé de renvoyer en commission le projet de révision du droit de la société anonyme. Dans un premier temps, Ruedi Noser (plr, ZH) a estimé que l’objectif initial de modernisation du droit de la société anonyme n’était plus respecté par le projet soumis à la chambre. Il a notamment souligné le scepticisme des groupes d’intérêts des milieux économiques comme EconomieSuisse, Swissmem, Swissholdings ou encore Sciencesindustries. Sa proposition de non-entrée en matière a été adoptée par 23 voix contre 20. Puis, dans un deuxième temps, la chambre des cantons a validé la proposition d’Andrea Caroni (plr, AR) de renvoyer le projet à la commission des affaires juridiques du Conseil des États (CAJ-CE). Le sénateur Caroni souhaite qu'une révision par la commission permette d’alléger le fardeau administratif initialement prévu par le projet, et prenne en compte l’ordonnance sur les rémunérations abusives (ORAb) sans obliger les sociétés à modifier leurs statuts. L’objet retourne donc à la CAJ-CE par 29 voix contre 15.

Modernisation du droit de la société anonyme (MCF 16.077)
Dossier: Aktienrechtsrevision und die Abzocker-Initiative
Dossier: Volksinitiative «Für verantwortungsvolle Unternehmen»

Per 1. November 2018 wurde Markus Bänzinger zum neuzen Direktor der IHK gewählt. Bänzinger kandidierte 2015 als Nationalrat, ob er 2019 erneut antreten werde, wisse er aber laut einem Interview im St. Galler Tagblatt noch nicht. Zuvor hatte Kurt Weigelt das Amt des Direktors inne gehabt.

Bänzinger Direktor IHK

Viele Gewerbe- und Unternehmerverbände, darunter auch Economiesuisse, lehnten die Selbstbestimmungsinitiative ab. Economiesuisse argumentierte etwa, dass rund 600 Wirtschaftsabkommen der Schweiz – darunter beispielsweise bilaterale Verträge mit der EU oder Freihandelsabkommen – bei einer Annahme der Initiative gefährdet seien. Gestört fühlte man sich ob diesem Argumentarium in der Weltwoche: Glaube man den Aussagen des Verbandes, so steuere die Schweiz bei einer Annahme der Initiative auf eine «wirtschaftliche Apokalypse» zu. Auch die SVP kritisierte den Wirtschaftsverband scharf: Thomas Matter (svp, ZH) warf der Economiesuisse gar vor, sie wolle die direkte Demokratie abschaffen, wie das St. Galler Tagblatt berichtete. Heinz Karrer, Präsident der Organisation, tat daraufhin die Kritik Matters als Polemik ab. Die einzige Gefahr für «unser funktionierendes System», so Karrer ebenfalls im St. Galler Tagblatt, sei die Initiative selbst.
Dass die Argumente von Economiesuisse «Quatsch» seien, fand aber auch FDP-Nationalrat Thierry Burkhart (fdp, AG), wie der Sonntags-Blick berichtete. Economiesuisse verwende stets die gleichen Argumente, wonach die Schweiz auf eine wirtschaftliche Katastrophe zusteuere, würde nicht entsprechend abgestimmt. Diese Rhetorik sei nicht glaubwürdig und verfehle die Wirkung. Dennoch, so Burkhart weiter, sei es wichtig, dass die Initiative auch von der Wirtschaft bekämpft werde.
Kaum Unterstützung erhielt die Initiative ferner vom SGV, dessen Delegierte die Nein-Parole beschlossen. Der Gewerbeverband des Kantons St. Gallen wich freilich ab und gab die Ja-Parole heraus.

Economiesuisse/SGV zur Selbstbestimmungsinitiative

Im Oktober 2018 veröffentlichte das Fedpol den Ergebnisbericht zur Vernehmlassung über das Vorläuferstoffgesetz. Von den 52 Vernehmlassungsantworten fiel die überwiegende Mehrheit positiv aus. Rund 80 Prozent der Vernehmlasserinnen und Vernehmlasser begrüssten die bundesrätlichen Bestrebungen zur Verbesserung der inneren Sicherheit der Schweiz und zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus. Elf Teilnehmende, nämlich die SVP, die Kantone Nidwalden, Schwyz und Tessin sowie sieben Wirtschafts- und Industrieorganisationen, lehnten den Vorentwurf insgesamt ab. Sie kritisierten, das neue Gesetz generiere grossen zusätzlichen Aufwand und Datenschutzprobleme bei der Anwendung, verfehle aber aufgrund des eingeschränkten Anwendungsbereichs gleichzeitig das Ziel, die Sicherheit zu verbessern. Auch in den grundsätzlich zustimmenden Stellungnahmen wurden Vorbehalte betreffend den Datenschutz sowie die Zweck- und Verhältnismässigkeit der Regulierung geäussert. Insbesondere die Beschränkung der Regulierung auf den Umgang mit den betroffenen Stoffen im privaten Bereich – wohingegen der Umgang mit denselben Stoffen im professionellen Bereich nicht reguliert wird – mindere die Wirkung des Gesetzes deutlich. Ausserdem sei die auf wenige Chemikalien in bestimmter Qualität vorgesehene Beschränkung leicht umgehbar.

Bundesgesetz über Vorläuferstoffe für explosionsfähige Stoffe
Dossier: Strategie der Schweiz zur Terrorismusbekämpfung

Selbst Wochen nach der Verabschiedung der Botschaft zur Umsetzung der geänderten EU-Waffenrichtlinie durch den Bundesrat Anfang März 2018 ebbte die gesellschaftliche Debatte über die geplante Verschärfung des Schweizer Waffenrechts nicht ab. Mitte März schloss sich der schweizerische Büchsenmacher- und Waffenfachhändlerverband (SBV) medienwirksam der Front um den schweizerischen Schiesssportverband (SSV) an und liess durch seinen Präsidenten Daniel Wyss abermals verkünden, man werde das Referendum ergreifen, sollte die Gesetzesänderung wie vom Bundesrat vorgeschlagen vom Parlament gutgeheissen werden. Für den SBV habe die neue Regelung «eine riesige, existenzgefährdende Auswirkung», da sich der Aufwand für die Waffengeschäfte durch die auf sämtliche Transaktionen ausgedehnte Meldepflicht sowie die Markierungspflicht aller wesentlichen Waffenbestandteile schätzungsweise um eine Stunde pro Tag erhöhe; «und wir bekämpfen damit keinen einzigen Verbrecher», empörte sich Wyss gegenüber der Aargauer Zeitung. Der Schaden durch die Gesetzesänderung wäre so massiv, dass der SBV diesen höher gewichte als die Abkommen von Schengen und Dublin. Am besten wäre es jedoch, wenn das Parlament die Vorlage so abänderte, dass kein Referendum nötig wäre.

Gut zwei Wochen später drängten die Befürworter der Vorlage ins Rampenlicht, indem die SP zusammen mit dem Verband Schweizerischer Polizeibeamter (VSPB), der Verbindung der psychiatrisch-psychotherapeutisch tätigen Ärztinnen und Ärzte und den Evangelischen Frauen Schweiz vor den Medien die «Plattform für ein zukunftsfähiges Waffenrecht» präsentierte. Als gemeinsames Ziel nannten sie ein striktes Waffenrecht für eine sichere Schweiz; das schweizerische Waffenrecht solle dazu enger an die Vorgaben der EU-Richtlinie angepasst werden als dies der Bundesrat vorsah. Die SP hatte 14 Änderungsanträge vorbereitet, um den Entwurf des Bundesrates zu verschärfen, u.a. betreffend die Nachregistrierung und die Aufbewahrung von Waffen, die Marktpreise für Armeewaffen sowie die Möglichkeit für Kantone, ein psychologisches Gutachten zu verlangen, wenn die Gefahr von Selbst- oder Fremdgefährdung mit der Waffe besteht. Während sich die Ärztinnen und Ärzte in erster Linie zur Verhinderung von häuslicher Gewalt und Suiziden für eine Verschärfung des Waffenrechts einsetzten, war das Hauptanliegen der Polizeibeamten ein lückenloses, schweizweites Waffenregister, um vor einem Polizeieinsatz wissen zu können, ob mit Waffen zu rechnen ist. Die kantonalen Waffenregister seien unvollständig, da eine Registrierungspflicht erst seit 2008 bestehe, argumentierte VSPB-Generalsekretär Max Hofmann in der NZZ. Er wünschte sich deshalb die Nachregistrierung sämtlicher Waffen, nicht nur der halbautomatischen. Ausserdem betonte er im «Blick» die Unverzichtbarkeit des Schengener Informationssystems für die Polizeiarbeit.
Damit stellte sich der VSPB offen gegen der Polizei im Grunde wohlgesinnte Kreise wie die Schützen. Die Polizeibeamten liessen sich von der SP instrumentalisieren, kritisierten SVP-Nationalrat Werner Salzmann (svp, BE) und ProTell-Generalsekretär Robin Udry denn auch postwendend. Für Letzteren wäre die Nachregistrierung aller Schusswaffen gemäss NZZ «der Orwellsche Albtraum eines Überwachungsstaats». Hofmann entgegnete darauf, es gehe nicht um Ideologie, sondern um die Sache und der VSPB unterstütze auch nicht alle Visionen seiner Allianzpartner. Wenige Tage nach seinem Auftritt an der Medienkonferenz der «Plattform für ein zukunftsfähiges Waffenrecht» erntete Hofmann jedoch auch aus den eigenen Reihen Kritik. Erwin Rommel, Mitglied des Zentralvorstandes des VSPB, äusserte sich in der BaZ dahingehend, dass er vom Vorgehen der Geschäftsleitung nichts gewusst habe. Ein solcher Auftritt stehe Hofmann nicht an, da der Verband laut Statuten politisch neutral bleiben müsse. Ausserdem seien die Verbandsmitglieder nicht über ihre Meinung zur Waffenrechtsverschärfung befragt worden. Der interne Knatsch bei den Polizisten fand wohl ihren Höhepunkt, als sich die KKPKS vor der SiK-NR dezidiert gegen die Vorlage des Bundesrats aussprach. Die Gesetzesänderung bringe «viel Bürokratie bei wenig Nutzen», monierte sie in der Anhörung. Ob sie jedoch den zusätzlichen Aufwand in Kauf nähme, um das Schengen-Abkommen zu schützen, sei gemäss der NZZ unklar geblieben. Die SiK entschied in der Folge, zusätzlich auch noch die Polizeibeamten und die KKJPD zu einer schriftlichen Stellungnahme einzuladen. Derweil sah sich der VSPB zu einer Rechtfertigung gezwungen und stellte in einer Mitteilung klar, man fordere entgegen der Darstellung in den Medien keine striktere Umsetzung als die vom Bundesrat angedachte und unterstütze die weitergehenden Forderungen seitens der SP nicht.

Inzwischen herrschte aber auch aufseiten der Waffenlobby nicht nur Friede, Freude, Eierkuchen: «Immer mehr bürgerliche Waffenfreunde gehen auf Distanz zur neuen Führungscrew um den interimistischen ProTell-Präsidenten Jean-Luc Addor, die radikale Tendenzen zeigt», schrieb die Aargauer Zeitung Mitte April. Presseberichten zufolge sei selbst Ständerat Josef Dittli (fdp, UR), seines Zeichens – notabene neben Addor – Co-Präsident der «Parlamentarischen Gruppe für ein freiheitliches Waffenrecht», der radikale Kurs der ProTell-Führung nicht geheuer. Er unterstütze die Forderung von Addor und «gleichgesinnten Protagonisten» nach öffentlichem Waffentragen nicht. «Die Schweiz ist nicht der Wilde Westen!», zitierte ihn beispielsweise die Luzerner Zeitung. Auch SVP-Nationalrat und Wortführer der Waffenfreunde, Werner Salzmann, stecke diesbezüglich «im Dilemma», berichtete dieselbe Zeitung. Zu Wort meldete sich ebenfalls Alt-Nationalrat Willy Pfund (fdp, SO), seinerzeit Präsident von ProTell, der dieses Amt 2016 jedoch «im Zorn über den Kurs des Addor-Lagers» (Aargauer Zeitung) niedergelegt hatte. Er bezeichnete den Wunsch nach Waffentragen in der Öffentlichkeit als «unsinnige und gefährliche Forderung»: Die Öffentlichkeit reagiere heute sensibler auf solche Fragen als noch vor einigen Jahren, weshalb man damit letztlich das liberale Schweizer Waffenrecht gefährde. Die Aargauer Nationalrätin Silvia Flückiger-Bäni (svp, AG) war gar so erbost über die ProTell-Führung um Addor, dass sie nach 14-jähriger Mitgliedschaft kurzerhand den Austritt aus der Organisation gab. Einig waren sich die waffenfreundlichen Bürgerlichen und ProTell einzig darin, dass die EU-Waffenrichtlinie bekämpft werden müsse. Dies kam denn auch an der Generalversammlung von ProTell am 14. April zum Ausdruck: Nachdem die SiK-NR wenige Tage zuvor auf die Vorlage des Bundesrates zur Umsetzung der EU-Waffenrichtlinie eingetreten war, beschlossen die ProTell-Mitglieder vorsorglich einstimmig das Referendum. Zur Bekämpfung der Gesetzesvorlage werde man nächstens eine «sehr starke und einflussreiche» nationale Allianz gründen, gab ProTell-Generalsekretär Robin Udry in der Sonntagszeitung zu Protokoll.

Die SiK-NR schrieb in ihrer Medienmitteilung, sie sei mit 15 zu 9 Stimmen auf die Vorlage eingetreten, um einerseits das Schengen-Assoziierungsabkommen nicht zu gefährden und andererseits mit einer möglichst pragmatischen Umsetzung der EU-Waffenrichtlinie die Traditionen des schweizerischen Schiesswesens wahren zu können. Das Volk solle überdies die Möglichkeit haben, sich im Rahmen eines fakultativen Referendums zur Frage zu äussern. Die Minderheit habe indes keinen Revisionsbedarf im schweizerischen Waffenrecht geortet, keinen Nutzen für die Terrorbekämpfung gesehen und den hohen administrativen Umsetzungsaufwand gefürchtet. Einen Rückweisungs- und eine Sistierungsantrag hatte die Kommission abgelehnt. Neben der schon erwähnten KKPKS hatte die Kommission auch den SBV, ProTell, den SSV, die schweizerische Offiziersgesellschaft (SOG) und die Organisation «Stop Suicide» angehört, was die NZZ zur Bemerkung veranlasste, bei den Anhörungen seien fast nur Gegner der Vorlage zu Wort gekommen.

Während sich der SBV, ProTell, der SSV und die AUNS – sowie auch die GSoA als explizite Befürworterin der Waffenrechtsverschärfung – schon auf den «wohl unausweichlichen Referendumskampf» (BaZ) vorbereiteten, zeigte sich die SOG in dieser Sache wenig enthusiastisch. Ihr Präsident Stefan Holenstein geizte gegenüber der BaZ zwar nicht mit Kritik an der Vorlage und an deren Befürwortern, erachtete das Referendum jedoch nicht als zwingend. So attestierte er der CVP und der FDP eine «übertriebene Angst vor einer Kündigung des Schengen/Dublin-Abkommens» und stellte sich auf den Standpunkt, es gebe bei der Umsetzung der EU-Richtlinie durchaus noch ungenutzten Spielraum. Die Pflicht, entweder Mitglied in einem Schiessverein zu sein oder die Waffe regelmässig für das sportliche Schiessen zu nutzen, bezeichnete er als «unverhältnismässig und eine Bevormundung». Die Vorlage bekämpfe so nicht den gefährlichen Handel mit illegalen Waffen, sondern treffe legale Waffenbesitzer und indirekt, über das ausserdienstliche Schiesswesen, auch die Armee. Es sei indes möglich, das Gesetz freiheitlich auszugestalten und dem «eigenständigen Staats- und Milizwesen» der Schweiz anzupassen. An das Parlament richtete er deshalb die Forderung, auf «vorauseilenden Gehorsam gegenüber der EU» zu verzichten. Es bestehe kein Anlass, «panikartig von Schengen-Rauswurf» zu reden, sei das Abkommen doch in gegenseitigem Interesse. In dieser Hinsicht sei die von Bundesrat und Verwaltung proklamierte «Entweder-Oder-Strategie» nicht richtig. Für die SOG stehe das Referendum daher nicht im Vordergrund, sondern komme nur als Ultima Ratio in Frage.

Frischen Wind in die Debatte brachte Mitte Mai schliesslich das Bekanntwerden des genaueren Inhalts der tschechischen Klage beim EuGH betreffend die EU-Waffenrichtlinie. Die Tschechische Republik zweifelte eben nicht nur wie bisher angenommen an deren Rechtmässigkeit, sondern machte mit Hinblick auf die Schweizer Sonderregelung für Armeewaffen auch eine Verletzung des Diskriminierungsverbots geltend. Sollte der EuGH der Klägerin in diesem Punkt Recht geben, bedeutete dies wohl das Aus für die von der Schweiz ausgehandelte Ausnahmeklausel. Aufgrund der so veränderten Ausgangslage wollte die SVP die Sistierung der Vorlage in der Kommission noch einmal zum Thema machen. Die Presse berichtete zudem, das Fedpol verfolge das Verfahren mit, für eine Stellungnahme sei es jedoch noch zu früh.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

Le Conseil fédéral, au travers de son rapport, répond au postulat relatif aux intérêts des PME dans la mise en œuvre de la LPCo. D'après celui-ci, l'OFCL utilise pleinement, en faveur des PME, la marge de manœuvre présente au niveau de la mise en œuvre en terme d'interprétation des normes techniques. L'autorité fédérale a notamment développé des solutions techniques pour l'exécution des systèmes pour l'évaluation et la vérification de la constance des performances à moindre charges pour les PME. De plus, elle délivre différentes informations au secteur suisse de la construction, telles que les prescriptions techniques applicables, les moyens de recours disponibles ou les coordonnées des organes compétents. Des aides pratiques fournies par les milieux économiques et leurs associations contribuent également à la réduction des charges et des contraintes administratives pour les PME. Dans le cadre du projet pilote PME, l'OFCL collabore avec l'association faîtière de la filière bois, Lignum. Ils élaborent des solutions pratiques pour réduire les problèmes rencontrés par les PME lors de la mise en œuvre de la LPCo. Pour le Conseil fédéral, la collaboration avec les associations est un succès. Il s'engage à ce que l'exécution de la LPCo reste simple et pragmatique à l'avenir.

Mise en oeuvre de la loi sur les produits de constructions (LPCo)

Alors que le monde paysan se trouve en conflit avec le conseiller fédéral Schneider-Ammann concernant les accords de libre-échange que le ministre de l'économie veut conclure avec certains pays d'Asie du sud-est ainsi que – dans le cadre de l'AELE – avec les pays du MERCOSUR, des chiffres nouvellement publiés par l'Administration fédérale des douanes (AFD) montrent que les importations en denrées alimentaires ont pratiquement doublé en l'espace de 25 ans en Suisse. Celles-ci sont passées, par habitant, de 344 kilos en 1990 à 490 kilos en 2016, représentant une hausse totale annuelle de 1,8 millions de tonnes. Ont particulièrement augmenté les importations de produits finis (qui contribuent à 1/5 de l'augmentation) – tels que les pâtisseries et les pâtes –, de légumes (qui contribuent à 9% de l'augmentation) et plus particulièrement de pommes de terre (11 kilos de plus par personne par rapport à 1990) ainsi que de fruits (8%; 6% de fruits exotiques). Markus Ritter (pdc, SG), président de l'USP et conseiller national explique cette augmentation par l'orientation donnée à l'agriculture suisse dans les années 90, qui est désormais tournée vers une production plus écologique et donc moins productive en termes quantitatifs.
Dans les autres domaines, le café, le thé et les épices d'une part et le sucre ainsi que le cacao d'autre part contribuent chacun à une augmentation de 6%, tout comme les fruits et légumes préparés.
Mais l'augmentation la plus nette touche l'eau minérale, qui est responsable de 22% de l'augmentation en tonnes de l'importation de produits alimentaires (suivie par les boissons sucrées (12%)), alors même que les producteurs suisses auraient les capacités de répondre à la demande indigène en eau minérale selon l’Association suisse des sources d’eaux minérales et des producteurs de soft-drinks (SMS).

Les importations en denrées alimentaires ont pratiquement doublé en 25 ans

Lors de la procédure de consultation sur les modifications d'ordonnances dans le cadre de la mise en œuvre de l'art. 121a de la Constitution (Cst), les avis relatifs à la nouvelle obligation de communiquer les postes vacants ont été récoltés. A l'exception de l'UDC, tous les participants ont approuvé les modifications de l'Ordonnance sur le service de l'emploi (OSE). Les associations patronales ont toutefois pointé du doigt la charge administrative supplémentaire engendrée par la mesure. En effet, les petites et moyennes entreprises ne disposent pas forcément de personnel spécialisé, voire d'unité juridique, pour y faire face. Concernant la valeur seuil basée sur le taux de chômage à partir de laquelle l'obligation devient effective pour la branche professionnelle, trois cantons (JU, NE, TI), le PS, les syndicats, l'Union des villes suisses et les associations de travailleuses et travailleurs se sont prononcés en faveur de la proposition du Conseil fédéral fixée à 5%. Les associations patronales, neuf cantons (AI, BL, FR, GE, NW, OW, SZ, VS, ZG) et le PVL prônaient un seuil de 8%. S'agissant du délai de restriction de l'information relative aux emplois vacants, treize cantons (AG, BE, BL, BS, GE, GL, GR, NE, SG, SO, TI, UR, VS), le PRD, le PS, certains syndicats et associations de travailleuses et travailleurs ont plaidé pour le délai de cinq jours proposé par le Conseil fédéral. Le PVL et les associations patronales et professionnelles souhaitaient un délai de deux voire trois jours. Le canton de Schwyz a rejeté l'avance en terme d'information. De plus, quinze associations patronales ont préconisé une mise au concours immédiate en l'absence de dossiers de candidature pertinents. Les syndicats et le PS voudraient soumettre les employeuses et employeurs à un devoir de justification concernant l'évaluation d'un dossier comme non approprié. Les exceptions à l'obligation d'annonce des emplois vacants ont été accueillies favorablement. Toutefois, les employeuses et employeurs aimeraient étendre les règles d'exception. Pour les engagements de courte durée, ils ont soutenu la variante à quatorze jours. Du côté patronal, la variante plus généreuse (moins d'un mois) a été préférée. Finalement, les cantons ont salué le principe inscrit dans la Loi sur les étrangers (LEtr), selon lequel ils sont responsables des contrôles et des sanctions.

Application de l’obligation de communiquer les postes vacants
Dossier: Masseneinwanderungsinitiative