In der Frühjahrssession beschäftigte sich die Kleine Kammer mit den beiden verbliebenen Differenzen im Bundesgesetz über die Buchpreisbindung, welches das auf Papier gedruckte und gebundene, nicht aber das elektronische Buch erfasst. Strittig war erstens die jeweils im Ingress eines Gesetzes erwähnte Verfassungsgrundlage. Der Nationalrat hatte die Ansicht vertreten, dass das vorliegende Gesetz nicht nur struktur- sondern auch kulturpolitisch zu begründen wäre. Entsprechend sollte daher neben Art. 103 BV auch Art. 69, Abs. 2 BV Erwähnung finden. Der Ständerat hingegen hatte sich ursprünglich lediglich auf die strukturpolitische Aufgaben des Bundes berufen. In der Differenzbereinigung empfahl seine WAK Festhalten. Aber ein Antrag Seydoux (cvp, JU), in der Frage dem Nationalrat zu folgen, vermochte sich mit 21 zu 14 Stimmen durchzusetzen. Umstrittener war die zweite Differenz über den Geltungsbereich des Gesetzes bzw. die davon erfassten Absatzkanäle. Dabei ging es konkret um die Frage, ob über das Internet gehandelte Bücher von der Buchpreisbindung explizit auszunehmen seien. Die Mehrheit der WAK-SR wollte an der umfassenden Ausnahme des für den Privatgebrauch bestimmten Online-Büchermarkts festhalten. Die Kommissionsminderheit sah dadurch den inländischen, über die Buchhandlungen laufenden und bei Inkraftsetzung des Gesetzes in jedem Fall an die Buchpreise gebundenen Buchhandel gegenüber dem ausländischen und inländischen Online-Bücherversandhandel benachteiligt. Deshalb schlug sie vor, nur für den Eigengebrauch eingeführte Bücher, unbesehen von ihrer Handelsform, von der Buchpreisbindung auszunehmen. Nach einer für Ständeratsverhältnisse leidenschaftlich geführten (Grundsatz-)Debatte endete die Abstimmung in einem Patt (je 21 Stimmen). Mit Stichentscheid des Ratspräsidenten stellte sich der Rat schliesslich gegen die Ausnahme des Onlinehandels von der Buchpreisbindung. Knappe Schlussabstimmungen in beiden Räten widerspiegelten die verbreitete Skepsis gegenüber der gesamten Vorlage, wobei sich Westschweizer Abgeordnete tendenziell eher für das Gesetz aussprachen. Im Nationalrat stimmten BDP (eine Enthaltung), Grüne und Linke einstimmig dafür, die FDP-Fraktion geschlossen, die SVP überwiegend, die CVP mit rund einem Drittel ihrer Abgeordneten dagegen.

Bereits vor der Schlussabstimmung war klar, dass die Jungfreisinnigen, unterstützt von ihrer Mutterpartei, der Jungen SVP, einzelnen SVP-, CVP- und GLP- Exponenten, dem Konsumentenforum, dem Schweizerischen Gewerbeverband und einzelnen Branchenvertretern (z.B. die Migros-Tochter Ex Libris, aber auch kleinere Buchhändler) das Referendum ergreifen würden. Dieses kam mit 60'124 gültigen Unterschriften im Juli des Berichtsjahrs zustande. Die Abstimmung wird im März 2012 stattfinden.

Parlamentarische Initiative zur Regulierung der Bücherpreise (Pa.Iv. 04.430)
Dossier: Aufhebung der Buchpreisbindung