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Neben dem obligatorischen Referendum zur Zusatzfinanzierung der AHV durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer, kündigten verschiedene Gruppierungen, allen voran die Westschweizer Gewerkschaften, ihr Interesse an der Ergreifung eines fakultativen Referendums zur Reform der Altersvorsorge 2020 an. So seien mit der Erhöhung des Frauenrentenalters und der Senkung des Umwandlungssatzes zwei Änderungen enthalten, die man nicht akzeptieren könne. Nach kurzer Zeit wurde jedoch deutlich, dass die Westschweizer Gewerkschaften nicht auf eine breite Unterstützung hoffen konnten und das Referendum mehrheitlich alleine würden stemmen müssen. Unterstützt wurden sie lediglich von vereinzelten linken Organisationen, zum Beispiel von der Genfer SP-Kantonalsektion. Gegen Ende der Unterschriftensammlung engagierten sich auch die Zeitschriften K-Tipp und Saldo. Als Grund dafür gaben sie an, dass sie verhindern wollten, dass auf dem Stimmzettel ausschliesslich von der AHV die Rede sei und dadurch das vollständige Ausmass der Revision unterschätzt würde. Zwar kritisierten auch weitere linke Kreise die Vorlage, allen voran die Gewerkschaften, dennoch sprachen sich die Delegierten der Unia, von VPOD, des SGB sowie von Travai.Suisse knapp für die Reform aus. Dabei wurden die unterschiedlichen Positionen der Linken in der Deutsch- und Westschweiz deutlich. Um diese verschiedenen Positionen zu vereinen, beschloss die SP eine Urabstimmung durchzuführen, bei der sich 90 Prozent der teilnehmenden SP-Mitglieder für die Reform aussprachen. Ungeachtet dieser Urabstimmung beschlossen die Juso kurze Zeit später die Nein-Parole und unterstützten das linke Referendumskomitee.

Gespalten zeigten sich wie bereits im Parlament auch die Bürgerlichen. FDP und SVP sowie breite Wirtschaftskreise inklusive Economiesuisse, dem Gewerbeverband und dem Arbeitgeberverband sprachen sich gegen die Reform aus, setzten dem linken Referendumskomitee jedoch kein bürgerliches Pendant entgegen. Unter dem Namen „Generationenallianz” bewarben sie aber gemeinsam die Ablehnung der Reform. Die anderen bürgerlichen Parteien, allen voran die CVP und BDP, warben für die Annahme der Vorlage. Unterstützt wurden sie von zahlreichen Westschweizer Verbänden, unter anderem vom Westschweizer Wirtschaftsverband Centre Patronal. Im Laufe der Kampagne sprachen sich unter anderem auch der Bauernverband, Eveline Widmer-Schlumpf als neue Präsidentin der Pro Senectute, Pro Senectute selbst sowie weitere Seniorenverbände für die Reform aus. Gespalten zeigten sich die Versicherungen: Während Helvetia und Axa Winterthur, der Pensionskassenverband Asip sowie der Verwaltungsratspräsident des AHV-Fonds die Reform befürworteten, hielten sich die anderen Versicherer bedeckt.

Da die Berichterstattung zur Vorlage nach dem Showdown im Parlament im März 2017 bis zum Abstimmungstermin im September 2017 nie wirklich abriss, beleuchteten die Medien jedes Detail der Vorlage und insbesondere des Abstimmungskampfes. So wurde ausführlich über die Positionen der verschiedenen Parteien, Verbände, Vereine und Interessengruppen, aber auch über einzelne Abweichler innerhalb der verschiedenen Akteursgruppen berichtet. Diskutiert wurden die Gefahr für die Reform durch das erforderliche Ständemehr sowie die Konsequenzen für die Reform, falls nur eine der beiden Vorlagen angenommen würde. Ausführlich beschrieben wurden die Aktivitäten der Jungparteien, die trotz geringem Budget mit viel Engagement versuchten, die jüngeren Stimmbürger zu mobilisieren und zu überzeugen. So engagierte sich zum Beispiel die Junge CVP mit einer eigenen Pro-Kampagne im Internet und mit Standaktionen, während die Jungfreisinnigen mit Aktionstagen, Plakaten und Videos für ein Nein warben. Zudem erhielten die Befürworter mit Ruth Dreifuss, Walter Andreas Müller und Beni Thurnheer prominente Unterstützung. Dieses Engagement ausserhalb des bezahlten Raums wurde auch durch eine Auswertung der Inseratekampagne durch Année Politique Suisse verdeutlicht. Diese ergab, dass Anzahl und Reichweite der Inserate zur Altersvorsorge entgegen der betont grossen Relevanz der Vorlage nur durchschnittlich gross waren, was die Komitees mit ihren knappen Budgets erklärten.

Ebenfalls sehr engagiert zeigte sich Bundesrat Berset, der nicht müde wurde, die Wichtigkeit der Reform zu betonen. Dieses starke Engagement vor allem auch in Zusammenhang mit seinen Warnungen vor den drastischen Folgen eines Neins brachten ihm jedoch viel Kritik ein. Hinzu kam eine breite Kritik am Abstimmungsbüchlein, das ausschliesslich die Referendumsführer, also die Westschweizer Gewerkschaften, zu Wort kommen liess, nicht aber die bürgerlichen Gegner der Vorlage. Grund dafür war, dass bei obligatorischen Referenden Minderheitenpositionen keine eigenen Seiten erhalten und bei fakultativen Referenden nur die Referendumskomitees. Darüber hinaus war vor allem inhaltliche Kritik am Abstimmungsbüchlein zu vernehmen, so seien die Darstellungen des Bundesrates fehlerhaft und unvollständig. Doch nicht nur zur Informationspolitik des Bundesrates, auch bezüglich der Argumentationen beider Lager wurden im Laufe der Kampagne vermehrt kritische Stimmen laut. Kritisiert wurde, dass beide Seiten nicht mit offenen Karten spielten und wichtige Argumente gezielt verschwiegen.

Inhaltlich drehte sich die Berichterstattung vor allem um die Frage, ob die AHV schneller in ernsthafte finanzielle Probleme gerate, wenn man die Reform annehme oder wenn man sie ablehne. Beide Seiten gaben zu, dass in Zukunft weitere Reformen nötig sein werden, uneinig war man sich jedoch darüber, bei welchem Abstimmungsergebnis dies dringender der Fall sei. Auch bezüglich den Gewinnern und Verlierern der Reform war man sich uneins. Sowohl Befürworter als auch Gegner betonten, dass alleine ihre Position die Situation der Jungen und der Frauen verbessern würde.

Aufgrund der knappen, ungewöhnlichen Ausgangslage mit Spaltungen innerhalb der linken und bürgerlichen Parteien war schliesslich unklar, welches Lager tendenziell in Führung lag. Wirklich Licht ins Dunkel konnten auch die Vorumfragen nicht bringen. Manchmal ergaben sie einen Vorsprung der Befürworter, manchmal der Gegner, aber grösstenteils machten sie relativ knappe Zwischenresultate zwischen den beiden Lagern aus. Entsprechend knapp gingen die Abstimmungen schliesslich auch aus. Mit 2357 Stimmen mehr bei 50.0 Prozent und 11 5/2 Standesstimmen lehnte das Stimmvolk die Mehrwertsteuererhöhung ab. Leicht deutlicher fiel die Entscheidung zur Reform der Altersvorsorge 2020 aus, die mit 52.7 Prozent abgelehnt wurde. Nach über zweijähriger Ausarbeitung der Reform wird das Parlament somit bei der Revision der Altersvorsorge von vorne beginnen müssen.


Abstimmung vom 24. September 2017

Zusatzfinanzierung der AHV durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer:
Beteiligung: 46.8%
Ja: 1`254`675 (50,0%) / Stände: 9 1/2
Nein: 1`257`032 (50,0%) / Stände: 11 5/2

Parolen:
-Ja: SP, Grüne, CVP, GLP, EVP, BDP, EDU
-Nein: SVP, FDP


Reform der Altersvorsorge 2020:
Beteiligung: 46,7%
Ja: 1`186`079 (47,3%)
Nein: 1`320`830 (52,7%)

Parolen:
-Ja: SP, Grüne, CVP, GLP, EVP, BDP
-Nein: SVP, FDP, EDU, PdA

Reform «Altervorsorge 2020» (BRG 14.088)
Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter
Dossier: Erhöhung des Rentenalters
Dossier: Koordinationsabzug und Eintrittsschwelle BVG

Im November 2011 gab der Bundesrat bekannt, den Mindestzinssatz in der obligatorischen beruflichen Vorsorge für das Jahr 2012 von 2 Prozent auf 1.5 Prozent zu senken. Dieser Wert sei auf die negative Entwicklung der Aktienmärkte sowie auf die rekordtiefen Zinssätze für Bundesobligationen zurückzuführen. Der Schweizerische Versicherungsverband (SVV) habe einen Zinssatz von 1 Prozent, die BVG-Kommission mehrheitlich einen von 1.5 Prozent und die Gewerkschaften einen von 2 Prozent empfohlen, teilte der Bundesrat mit.

BVG-Mindestzinssatz 2012
Dossier: Entwicklung des BVG-Mindestzinssatzes (seit 2003)

Die Gewerkschaften protestierten umgehend gegen das Winterthur-Modell. Damit trage die Versicherungsgesellschaft kein Risiko mehr, sondern schöpfe nur noch allfällige Gewinne ab. Sämtliche Kosten und das Risiko würden dagegen auf die Versicherten abgewälzt. Sie rechneten vor, dass die Senkung des Umwandlungssatzes im überobligatorischen Bereich für die Frauen zu lebenslänglichen Renteneinbussen von 24% und für die Männer von 19% führen würden. Arbeitgeberverband und Gewerbeverband signalisierten hingegen Sympathien für das neue Modell, welches den Realitäten Rechnung trage. Aber auch unter den bürgerlichen Parlamentarierinnen und Parlamentariern der für das BVG verantwortlichen Kommissionen (SGK) regte sich Unmut über das undurchsichtige Vorgehen der Versicherer, und es wurde die Vermutung geäussert, die Versicherungsgesellschaften wollten noch rasch vor Inkraftsetzung der 1. BVG-Revision deren Bestimmungen zu Transparenz und paritätischer Mitwirkung unterlaufen. Kritik wurde auch an der raschen Genehmigung durch BSV und BPV laut. Nachdem die SGK des Nationalrats an ihrer Juli-Sitzung die beiden involvierten Bundesämter mit einem umfassenden Fragenkatalog eingedeckt hatte, befasste sich die SGK des Ständerates in ihrer Augustsitzung mit dem Ansinnen der Versicherungsgesellschaften. Sie befand zwar, dass der in der 1. BVG-Revision festgeschriebene Umwandlungssatz von 6,8% zu hoch sei, wollte den „Schock in der Öffentlichkeit“, der die Gefahr einer Rezession erhöhe, indessen vermeiden, weshalb sie das Bundesamt für Justiz beauftragte, eine Sistierung der Genehmigung zu überprüfen; im September befand sie dann aber, die Genehmigung sei rechtens gewesen, und sie stellte ihre Opposition ein. Die SGK-NR reichte dagegen mit 15 gegen 9 Stimmen ein Postulat ein (Po. 03.3437), das den Bundesrat auffordert, auf die Genehmigung des Modells der Winterthur zurückzukommen.

Massnahmen zur Sanierung von Pensionskassen in Unterdeckung
Dossier: BVG-Mindestzinssatz
Dossier: 1. Revision des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG; 1990-2005)

Mit der in Expertenkreisen nicht ganz unerwarteten, aber – da weder mit der Eidg. BVG-Kommission noch mit den Sozialpartnern abgesprochen – doch als überstürzt empfundenen Ankündigung, wegen der anhaltend schlechten Börsenlage den Mindestzinssatz auf den BVG-Guthaben noch im laufenden Jahr von 4% auf voraussichtlich 3% senken zu wollen, entfachte der Bundesrat am 3. Juli einen Sturm der Entrüstung. Die Empörung wurde noch heftiger als bekannt wurde, dass der Entscheid nach einer direkten Intervention der Rentenanstalt bei den Bundesräten Villiger und Metzler erfolgt war, während das für die autonomen Pensionskassen zuständige EDI dafür plädiert hatte, einen allfälligen Entscheid erst vorzunehmen, wenn die vom BSV in Erhebung begriffenen Zahlen und Daten über die Vermögens-, Ertrags- und Reservenlage aller Pensionskassen und Sammelstiftungen bekannt und die Experten der Eidg. BVG-Kommission konsultiert seien. Im Parlament verlangten die SGK beider Kammern und die WAK des Nationalrates vom Bundesrat die Bereitstellung der für einen Entscheid unerlässlichen Grundlagen sowie die Konsultation der BVG-Kommission und des Parlaments. Die Fraktionen der SP und der GP forderten die umgehende Einberufung einer Sondersession. Ende August fand auf dem Bundesplatz in Bern eine von den Gewerkschaften organisierte Kundgebung statt, an der über 12'000 Teilnehmende gegen den „Rentenklau“ protestierten. Der Vorwurf des Rentenraubs wurde dadurch bestärkt, dass sich die grossen Sammelstiftungen (insbesondere die Allfinanzfirmen) beharrlich weigerten offen zu legen, wohin die grossen Börsengewinne der späten 80er und der ersten Hälfte der 90-er Jahre geflossen sind oder die Informationen nur tröpfchenweise lieferten. Zudem wurde kritisiert, dass es der Bundesrat in all den Boomjahren nie für nötig erachtet habe, den Mindestzinssatz zu erhöhen, dass er nun aber, nach zwei mageren Börsenjahren schon bereit sei, rasch und massiv zugunsten der Privatversicherer einzugreifen.

Massnahmen zur Sanierung von Pensionskassen in Unterdeckung
Dossier: BVG-Mindestzinssatz
Dossier: 1. Revision des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG; 1990-2005)

Fachleute bemängelten, auch mit dieser Revision werde die Transparenz für die Versicherten noch zu wenig ausgebaut. Der Pensionskassenverband kritisierte die Begrenzung des versicherbaren Einkommens. Auf den überobligatorischen Bereich der Pensionskassen entfallen über CHF 30 Mrd., CHF 5 Mrd. mehr als die ganze AHV beansprucht. Dies veranlasste Nationalrat und CNG-Präsident Fasel (csp, FR) zu verlangen, der überobligatorische Teil der 2. Säule („Goldgrube für Gutverdienende“ und „Tummelplatz für Steueroptimierer“) müsse redimensioniert werden und die freiwerdenden Gelder über die Mehrwertsteuer zugunsten der AHV abgeschöpft werden. Mit einem Abbau des überobligatorischen Teils um 10% könnte die Ruhestandsrente 62 in der AHV problemlos finanziert werden.

1. BVG-Revision (BRG 00.027)
Dossier: Koordinationsabzug und Eintrittsschwelle BVG
Dossier: 1. Revision des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG; 1990-2005)

1997 hatte ein Bericht der Gewerkschaft Bau und Industrie neben der AHV auch im Bereich der Pensionskassen rund 68'000 ”vergessene Konten” im Umfang von über 400 Mio. Fr. ausgemacht, auf welche vor allem ausländischen Arbeitskräfte Anspruch haben, die nicht bis zu ihrer Pensionierung in der Schweiz arbeiteten. Um dieses Problem zu lösen, beantragte der Bundesrat dem Parlament eine Änderung des Freizügigkeitsgesetzes in dem Sinn, dass eine zentrale Meldestelle geschaffen werden soll. Ihr werden die Vorsorgeeinrichtungen jene Personen melden, die sich im Rentenalter befinden und ihre Pensionskassenguthaben noch nicht abgerufen haben. Zusammen mit der Zentralen Ausgleichskasse der AHV wird die Meldestelle versuchen, die Adresse der Berechtigten zu eruieren. Sie wird zudem ein Register jener Versicherten führen, zu denen die Vorsorgeeinrichtungen keinen Kontakt mehr haben. Auf Anfrage kann sie so auch jüngeren Versicherten (ausländischen wie schweizerischen Abeitnehmern) mitteilen, welche Kasse möglicherweise für sie ein Konto unterhält. Beide Kammern nahmen die Vorlage praktisch diskussionslos an.

Schaffung einer Meldestelle für vergessene Konten (BRG 98.062)
Dossier: 1. Revision des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG; 1990-2005)