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Bundespräsident und Wirtschaftsminister Guy Parmelin lud Mitte Juni 2021 zu einem «runden Tisch zum Mietrecht». Da die letzten Versuche einer Mietrechtsrevision allesamt gescheitert waren und die Positionen im Parlament diesbezüglich als verfahren galten, wollte Parmelin mit dieser Aktion den tatsächlichen Handlungsbedarf in diesem Bereich eruieren und damit einen ersten Schritt in Richtung einer Kompromisslösung zwischen den betroffenen Akteuren tätigen. Er tat dies, indem er Vertreterinnen und Vertreter der wichtigsten Interessengruppen – darunter der HEV und der SMV – an einem Tisch zusammenbrachte. Eine vom BWO in Auftrag gegebene und durch gfs.bern durchgeführte, kurz zuvor veröffentlichte Studie diente dabei als Gesprächsgrundlage. Diese zeigte, dass die Interessengruppen von Mieter- und Vermieterschaft mit der Mietrechtssituation mehrheitlich unzufrieden waren. Wenig überraschend empfand die Vermieterschaft den Schutz der Mieterinnen und Mieter, beispielsweise vor missbräuchlichen Mietzinsen, als zu stark und die Mieterschaft als nicht ausreichend. Die meisten anderen befragten Organisationen sowie die breite Bevölkerung beurteilten das aktuelle Mietrecht hingegen grossmehrheitlich positiv und wünschten sich höchstens punktuelle Änderungen, so die Schlussfolgerung der Autorinnen und Autoren der Studie. Die Frage nach dem Revisionsbedarf des Mietrechts sei jedoch für die breite Bevölkerung schwierig zu beantworten gewesen. Die Autorinnen und Autoren schlossen daraus, dass der Problemdruck in der Bevölkerung tief sei.

Die Gespräche fanden am 21. Juni 2021 in Bern statt. In den anschliessenden Interviews liessen die Teilnehmenden nüchtern durchblicken, dass auch dieses Gespräch zu keinem Durchbruch geführt habe. Beide Seiten hätten aber zumindest ihre Forderungen und Positionen darlegen können. Der Bundesrat liess in einer Medienmitteilung verlauten, er würde die Ergebnisse des runden Tisches in einem nächsten Schritt analysieren, bevor er über das weitere Vorgehen entscheidet. Der SMV äusserte sich in seinem Communiqué kämpferisch: Der runde Tisch zum Mietrecht sei zwar «gut und recht», doch die Ergebnisse der dabei als Gesprächsgrundlage dienenden Studie seien verfälscht, «da die Mieterinnen und Mieter zum Mietrecht befragt wurden, welches die wenigsten kennen, anstatt zu den realen Schwierigkeiten, die sie im Alltag im Zusammenhang mit dem Wohnen und Mieten haben». Deshalb brauche es nun klare Verbesserungen beim Mietrecht für einen grösseren Schutz der Mieterinnen und Mieter. Der HEV äusserte sich gegenteilig: Die Ergebnisse der Studie zeigten klar, dass kein Handlungsbedarf vorhanden sei. Entsprechend solle nun auch keine Mietrechtsrevision lanciert werden, denn das würde sich kontraproduktiv auswirken. «Damit würde die grosse allgemeine Zufriedenheit der Betroffenen mit dem geltenden Mietrecht gefährdet», so der HEV.

Mietrecht: Runder Tisch mit Bundespräsident Guy Parmelin
Dossier: Gescheiterte Mietrechtsrevisionen
Dossier: Mietzinse: Bestimmung der Missbräuchlichkeit und Anfechtung

Im Juni 2021 veröffentlichte das Bundesgericht ein laut dem Tages-Anzeiger «folgenreiches Urteil» zum Nachteil von Mieterinnen und Mietern. Das Urteil betrifft Fälle, in denen die Vermieterschaft bei einem Mieterwechsel den Mietzins deutlich erhöht. Seit einem Bundesgerichtsentscheid im Jahr 2013 liegt die Beweispflicht für die Rechtmässigkeit von Mietzinserhöhungen in Streitfällen um die Rechtlichkeit von Erhöhungen um 10 Prozent grundsätzlich bei der Vermieterschaft. Das neue Urteil erleichtert nun deren Beweisführung: Neu reicht bereits ein Privatgutachten oder eine inoffizielle Statistik, um die Vermutung einer missbrächlichen Mietzinserhöhung umzustossen. Auch ein langes Vormieterverhältnis von mindestens 15 bis 20 Jahren könne reichen, um eine starke Mietzinserhöhung zu rechtfertigen. Bei einer erfolgreichen entsprechenden Beweisführung durch die Vermieterschaft verlagert sich anschliessend die Beweispflicht – also die Pflicht, die Unrechtmässigkeit der Mietzinserhöhung zu beweisen – auf die Mieterschaft. Gemäss dem Tages-Anzeiger ist für diese die Beweisführung jedoch ungleich schwieriger.

Laut dem Tages-Anzeiger begrüsste Monika Sommer, die stellvertretende Direktorin des Hauseigentümerverbands, den Entscheid, denn damit habe das Bundesgericht die «bisherige gesetzeswidrige Rechtsprechung ein wenig kor­rigiert». In der gleichen Zeitung liess sich auch Rebecca Joly, stellvertreten­de Generalsekretärin des Mie­terverbands Schweiz, zitieren. Sie bedauere das Urteil, denn nun seien die Mieterinnen und Mieter in dieser Sache klar benachteiligt. Auch der Tages-Anzeiger drückte sich in einem Kommentar kritisch gegenüber dem Entscheid des BGer aus, denn das Urteil habe das Potential, die chronische Wohnungsnot in grösseren Städten noch zu verschärfen.

Urteil des Bundesgerichtes bezüglich Mietzinserhöhungen
Dossier: Mietzinse: Bestimmung der Missbräuchlichkeit und Anfechtung

Während des Differenzbereinigungsverfahrens zur Teilrevision des Mietrechts schwenkte die Rechtskommission des Nationalrats auf ein neues Konzept, den „accord romand“, um. Dieser Kompromiss zwischen Mieter- und Vermieterkreisen aus der Romandie orientierte sich im Wesentlichen an den Regeln des Status quo, koppelt die Mietzinse jedoch statt an den Hypothekarzins neu an den Landesindex der Konsumentenpreise. Während der Schweizerische Mieterverband den Rückzug seiner Initiative in Aussicht stellte, falls das Parlament den accord übernehmen sollte, lehnten ihn die Deutschschweizer Hauseigentümer strikte ab. In der Frühlingssession folgte der Nationalrat einem Ordnungsantrag des Präsidenten des Zürcher Hauseigentümerverbandes Hegetschweiler (fdp, ZH) und strich die Mietrechtsrevision vom Sessionsprogramm, da das mit Stichentscheid der Kommissionspräsidentin beschlossene Konzept noch nicht behandlungsreif sei; Kommissionspräsidentin Thanei (sp, ZH) unterlag mit ihrem Antrag, das Geschäft auf die dritte Sessionswoche zu verschieben. Mit Unterstützung der Mehrheit der CVP und eines Teils der FDP hiess der Rat mit 93:74 Stimmen jedoch einen weiteren Ordnungsantrag der Zürcherin gut, die Volksabstimmung über die Initiative "Ja zu fairen Mieten" auszusetzen, bis die Bundesversammlung über den indirekten Gegenvorschlag endgültig beschlossen habe. Mit 102:60 (Nationalrat) respektive 35:4 Stimmen (Ständerat) empfahl das Parlament die Volksinitiative „Ja zu fairen Mieten“ zur Ablehnung.

Volksinitiative „Ja zu fairen Mieten“ und Teilrevision des Mietrechts (99.076)
Dossier: Gescheiterte Mietrechtsrevisionen
Dossier: Mietzinse: Bestimmung der Missbräuchlichkeit und Anfechtung

Als der Bundesrat im vergangenen Herbst seine Botschaft zur Teilrevision des Mietrechts im Obligationenrecht und zur Volksinitiative «Ja zu fairen Mieten» verabschiedet hatte, herrschte an der Zinsfront noch Ruhe. Das Zinsniveau und speziell die Hypothekarzinsen sind aber im Berichtsjahr wieder angestiegen, was zu Mieterhöhungen führte. Im Mai forderte deshalb der Mieterinnen- und Mieterverband (MV) vom Bundesrat Sofortmassnahmen im Mietrecht. Die gesetzlich festgelegten Überwälzungssätze sollten mit einem dringlichen Bundesbeschluss halbiert werden. Der Bundesrat wollte diesem Anliegen aber nicht entsprechen. Eine kurzfristige Änderung der Überwälzungsansätze hätte seiner Meinung nach die parlamentarische Debatte zur Mietrechtsrevision unterlaufen.
Gleichzeitig nahm der Hauseigentümerverband (SHEV) seinen Kampf gegen die Mieterinitiative auf. An einer Delegiertenversammlung im Juni forderte SHEV-Präsident Dettling, der Bundesrat müsse die Initiative ohne Gegenvorschlag zur Abstimmung bringen. Alt Nationalrat Jaeger (ldu, SG) setzte sich für eine schrittweise Liberalisierung des Mietmarktes ein.

Volksinitiative „Ja zu fairen Mieten“ und Teilrevision des Mietrechts (99.076)
Dossier: Gescheiterte Mietrechtsrevisionen
Dossier: Mietzinse: Bestimmung der Missbräuchlichkeit und Anfechtung

Im September stellte der Bundesrat seinen Gegenvorschlag zur 1997 eingereichten Volksinitiative «Ja zu fairen Mieten» des Schweizerischen Mieterverbandes vor. Die Initiative will für Mietzinsanpassungen einen über fünf Jahre geglätteten Hypothekarzinssatz zugrunde legen. Der Gegenvorschlag möchte die Bindung der Mietpreise an die Hypothekarzinsen gänzlich aufheben und zu einer Indexmiete übergehen. Die Mieten sollten demnach an den Landesindex der Konsumentenpreise gekoppelt werden, der geringeren Schwankungen unterworfen ist. Dadurch könnte auch die Politisierung der Hypothekarzinssätze rückgängig gemacht werden, die die Geldpolitik behindern würde. Der Mieterverband wies den Gegenvorschlag bereits bei dessen Ankündigung Ende Mai zurück und hielt an seiner Initiative fest. Sein Hauptargument war eine in der Initiative enthaltene Verbesserung des Kündigungsschutzes, die im bundesrätlichen Gegenvorschlag unberücksichtigt bleibt. Der Hauseigentümerverband wies sowohl die Initiative wie auch den bundesrätlichen Gegenvorschlag zurück. Ihm schwebt die Einführung einer echten Marktmiete vor; die Mietpreise sollen sich in Zukunft allein nach dem Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage richten.

Volksinitiative „Ja zu fairen Mieten“ und Teilrevision des Mietrechts (99.076)
Dossier: Gescheiterte Mietrechtsrevisionen
Dossier: Mietzinse: Bestimmung der Missbräuchlichkeit und Anfechtung

Der Bundesrat lehnte anfangs September die Volksinitiative des Mieterinnen- und Mieterverbandes „Ja zu fairen Mieten“ ab und beauftragte das Bundesamt für Wohnungswesen, der Initiative einen Gegenvorschlag auf Gesetzesstufe gegenüberzustellen. Die Initiative sieht eine Anpassung der Mietpreise an den durchschnittlichen Hypothekarzinssatz der letzten fünf Jahre vor. Gemäss bundesrätlichen Vorgaben soll der Entwurf des Gegenvorschlages zwei von den Vertragspartnern wählbare Modelle der Mietzinsbildung enthalten: eine Indexmiete, bei welcher die Regeln für die Gestaltung des Mietzinses im Obligationenrecht vereinfacht und die Mietzinsen künftig an den Landesindex der Konsumentenpreise gebunden werden, sowie eine vom Hypothekarzinsniveau unabhängige Kostenmiete, welche Mietzinsanpassungen auch weiterhin ermöglicht, wenn die Vermieterschaft teuerungsbedingte Änderungen der Betriebs- und Unterhaltskosten ausweisen kann. Hypothekarzinsänderungen sollten als Anpassungsgrund indes ausgeschlossen werden, weil dies in der Vergangenheit für Unruhe und Instabilität bei der Mietzinsentwicklung gesorgt habe. Während weder die Index- noch die Kostenmiete beim Hauseigentümerverband auf Gegenliebe stiess, begrüsste der Mieterverband den bundesrätlichen Vorschlag, die Hypothekarzins-Schwankungen nicht mehr direkt auf den Mietzins zu übertragen.

Volksinitiative „Ja zu fairen Mieten“ und Teilrevision des Mietrechts (99.076)
Dossier: Gescheiterte Mietrechtsrevisionen
Dossier: Mietzinse: Bestimmung der Missbräuchlichkeit und Anfechtung

Ende April lancierte der Schweizerische Mieterinnen- und Mieterverband seine im letzten Jahr angekündigte Volksinitiative «Ja zu fairen Mieten». Damit will er auf Vorstösse des Hauseigentümerverbandes reagieren, welche die Preisgabe des heutigen Mieterschutzes, den Wechsel zur Marktmiete und mit der Volksinitiative «Wohneigentum für alle» weitere Steuerprivilegien fordern. Die Initianten betonten, Investoren nicht abschrecken zu wollen und das Recht auf eine angemessene, faire Rendite für die langfristigen Kapitalanleger in Wohnliegenschaften anzuerkennen. Ihr Ziel sei es, Mieterinnen und Mieter vor Spekulation und Missbräuchen zu schützen, wie z.B. Kündigungen für Luxusrenovationen oder Preissprünge durch Mieterwechsel. Konkret verlangt die Initiative eine Änderung von Artikel 34septies der Bundesverfassung und einen neuen Artikel 24, welche die automatische Weitergabe von Hypothekarzinssenkungen an die Mieterschaft enthalten. Neu wäre anstelle des aktuellen Hypothekarzinssatzes ein über fünf Jahre geglätteter Durchschnittszinssatz als Berechnungsgrundlage für die Mieten massgebend. Darüber hinaus zielt die Initiative auf einen wesentlich verstärkten Kündigungs- und Preisschutz ab: Neu sollen Mieterinnen und Mieter nicht bloss „missbräuchliche“, sondern alle „ungerechtfertigten“ Kündigungen anfechten können. Im Streitfall muss der Vermieter beweisen, dass die Kündigung aus einem schützenswerten Interesse erfolgte und verhältnismässig ist. Mietzinsanpassungen wären nur noch aufgrund der ausgewiesenen Kostenentwicklung, allfälliger Mehrleistungen oder zur Kaufkraftsicherung des risikotragenden Kapitals zulässig. Eine Anpassung an die ortsüblichen Mieten wäre dagegen während der Dauer eines Mietverhältnisses nicht mehr möglich und auch mit dem Hinweis auf eine ungenügende Rendite könnte eine Mietzinserhöhung nicht begründet werden. Laut einem im August gefällten Bundesgerichtsurteil ist es zulässig, bei Hypothekarzinssenkungen den bisherigen Mietzins beizubehalten, wenn er quartier- oder ortsüblich ist. Der Mieterverband kritisierte den Entscheid als weiteren Schritt Richtung Marktmiete. Der Hauseigentümerverband verurteilte die Initiative als „volkswirtschaftlich schädlich“ und widersprach der Behauptung, dass sie dem Vermieter eine angemessene Rendite garantiere. Die Initiative gefährde künftige Investitionen im Wohnungsbau.

Einer parlamentarischen Initiative Thanei (sp, ZH) (96.407), die in die gleiche Richtung wie die Volksinitiative zielte und u.a. ebenfalls einen geglätteten Durchschnittszinssatz forderte, wurde in der Wintersession vom Nationalrat mit 113 zu 62 Stimmen keine Folge gegeben.

Volksinitiative „Ja zu fairen Mieten“ und Teilrevision des Mietrechts (99.076)
Dossier: Gescheiterte Mietrechtsrevisionen
Dossier: Mietzinse: Bestimmung der Missbräuchlichkeit und Anfechtung

Wohnungsmieten dürfen künftig voll und nicht nur zu 80% dem Teuerungsindex angepasst werden. Eine entsprechende Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen (VMWG) änderte der Bundesrat auf den 1. August. Damit wurde die Regelung für Wohnungsmieten an diejenige für Geschäftsräume angeglichen. Der Mieterverband kritisierte diese Neuerung als „unsoziales Geschenk an die Hauseigentümer“. Eine weitere Lockerung des Mietrechts lehnte der Bundesrat vorerst ab: So verzichtete er nach heftigem Protest des Mieterverbandes darauf, Anpassungen des Mietzinses an die ortsüblichen Preise oder wegen ungenügender Rendite auch ohne einen entsprechenden ausdrücklichen Vorbehalt zuzulassen. Der Schweizerische Hauseigentümerverband kritisierte, dass die „Mini-Revision“ zu wenig weit gehe.

Änderung der Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen (VMWG) 1996

Als Reaktion auf ein Bundesgerichtsurteil, wonach eine Miete trotz Senkung des Hypothekarzinssatzes nicht herabgesetzt werden muss, sowie auf die Liberalisierungsversuche von Nationalrat und Bundesrat, die gemäss dem Schweizerischen Mieterinnen- und Mieterverband „das Mietrecht aushöhlen“, kündigte dieser Ende November an, eine Volksinitiative „Ja zu fairen Mieten“ zu lancieren. Die Initiative verlangt eine automatische Weitergabe von Hypothekarzinssenkungen an die Mieterschaft, einen Mietzinsschutz bei Handänderungen und einen verbesserten Schutz gegen ungerechtfertigte Kündigungen. Neu soll für die Mieten ein sogenannter geglätteter Hypothekarzinssatz massgeblich sein, der dem Hypothekarzinsdurchschnitt der letzten fünf Jahre entspricht. Damit würden sprunghafte Mietzinserhöhungen verhindert, und der Wohnungsmarkt würde weniger abhängig von den fluktuierenden Kapitalmärkten. Der Mieterverband begründete sein Begehren damit, dass er dem Spekulantentum mit Mietwohnungen, der Preistreiberei bei Handänderungen und Luxussanierungen einen Riegel schieben wolle. Der Schweizerische Hauseigentümerverband warf den Initianten vor, sie wollten die Kostenmiete weiter zementieren und die letzten Marktelemente im Mietrecht beseitigen.

Volksinitiative „Ja zu fairen Mieten“ und Teilrevision des Mietrechts (99.076)
Dossier: Gescheiterte Mietrechtsrevisionen
Dossier: Mietzinse: Bestimmung der Missbräuchlichkeit und Anfechtung

Besonders besorgt zeigte sich der Schweizerische Mieterverband über die häufigen Schwankungen der Hypothekarzinse, bei deren Sinken die Mieter jeweils nur zu einem kleineren Teil profitieren. Er richtete deshalb Vorschläge an verschiedene Stellen für eine Entschärfung der Situation: Der Bundesrat wurde zu einer Änderung der Verordnung zum Bundesbeschluss über Missbräuche im Mietwesen eingeladen, derzufolge die mit einem Anstieg der Hypothekarzinsen begründeten Mietzinserhebungen als missbräuchlich gelten sollen, wenn frühere Hypozinssenkungen nicht an die Mieter weitergegeben worden waren. Die Hauseigentümerverbände wurden zu gemeinsamen Verhandlungen für paritätische Abkommen auf nationaler und regionaler Ebene aufgefordert, welche keine Mietzinsänderungen zulassen, wenn sich der Hypozinssatz zwischen 4 und 6 Prozent bewegt. Die Banken sollen die Refinanzierungsbasis für das Hypothekargeschäft so ändern, dass ein grösserer Teil der längerfristigen Gelder eine Stabilisierung des Hypozinses erlaubt, und die Pensionskassen sollten mindestens 30% ihrer Anlagen in Hypotheken für den preisgünstigen Wohnungsbau tätigen. An die Adresse der Kartellkommission schliesslich war der Vorschlag gerichtet, die Auswirkungen der Wettbewerbsbeschränkungen der Banken bei der Festsetzung der Hypothekarzinse abzuklären. Der Hauseigentümerverband lehnte den Vorschlag des Mieterverbands zur Stabilisierung der Mietzinse ab.

Änderung der Verordnung zum Bundesbeschluss über Missbräuche im Mietwesen

Der Bundesrat unterbreitete den eidgenössischen Räten die Volksinitiative «für Mieterschutz» mit dem Antrag auf Ablehnung und stellte diesem Begehren einen direkten Gegenvorschlag auf Verfassungsebene und einen indirekten auf Gesetzesebene entgegen. In seiner Botschaft begründete er die ablehnende Haltung insbesondere damit, dass die Initiative Begriffe verwende, die allzu auslegungsbedürftig seien, und machte weiter geltend, dass sie in ein laufendes Gesetzgebungsverfahren eingreife, das bis zur Abstimmung eingestellt werden müsste. Der Bundesrat schlug daher vor, auf Verfassungsebene den Geltungsbereich der Missbrauchsgesetzgebung auf die ganze Schweiz auszudehnen und den Kündigungsschutz auf Gesetzesebene durch Schaffung eines entsprechenden Bundesgesetzes sowie durch die Revision der Mietvertragsbestimmungen im OR zu verbessern; die Revisionen auf Verfassungs- und Gesetzesstufe sollen dabei gleichzeitig vorgenommen werden, da sie 1987 den befristeten Bundesbeschluss über Massnahmen gegen Missbräuche im Mietwesen abzulösen hätten. Der bundesrätliche Vorschlag unterscheidet sich von der Mieterschutz-Initiative namentlich in zwei Punkten: Er hält erstens an der sogenannten Marktmiete, wie sie sich durch Angebot und Nachfrage auf dem freien Markt entwickle, fest, während die Initiative den Grundsatz der Kostenmiete einführen will; danach sollte dem Vermieter eine angemessene Verzinsung des investierten Kapitals zugestanden werden. Der Bundesrat verzichtete in seinem Vorschlag zweitens auf die von den Initianten geforderte Aufhebung von sogenannten ungerechtfertigten Kündigungen. Bei seinen Beratungen folgte der Ständerat dem bundesrätlichen Antrag und lehnte die Initiative gegen die Stimmen der Sozialdemokraten ab. Weiter beschloss die kleine Kammer – gegen den Bundesrat – die Gesetzesrevisionen in Mietrecht bis zur Abstimmung über Initiative und Gegenvorschlag zu sistieren. Ausdruck der hauseigentümerfreundlichen Haltung des Ständerates war auch die zusätzliche Verankerung des Grundsatzes der Vertragsfreiheit im Gegenvorschlag. Während der Hauseigentümerverband seine Opposition auch noch gegen diesen abgeschwächten Gegenentwurf anmeldete, da er die Vermieter einseitig belaste, sahen die Mieterverbände vorerst von einem Rückzug ihrer Initiative ab.

Revision des Miet- und Pachtrechts für den Mieterschutz (BRG 85.015)
Dossier: Mietzinse: Bestimmung der Missbräuchlichkeit und Anfechtung

In Übereinstimmung mit Bundesrat und Nationalrat beschloss die Kleine Kammer eine Verlängerung der Missbrauchsgesetzgebung im Mietwesen um weitere fünf Jahre. In den leicht verschärften Bestimmungen wird den Mietern neu das Recht zugesprochen, bei einer wesentlichen Änderung der Berechnungsgrundlage ihren Mietzins als missbräuchlich anzufechten. Am Tag des Inkrafttretens des neuen Beschlusses (7. Juli) war allerdings noch nicht klar, ob die im Frühjahr erfolgte Hypothekarzinssenkung bereits darunter falle. Im Gegensatz zur Meinung des Hauseigentümerverbandes und eines Teils der Schlichtungsstellen vertrat das Bundesamt für Wohnungswesen die Ansicht, eine rückwirkende Anwendung des Erlasses sei möglich.

Bundesbeschluss vom 30. Juni 1972 über Massnahmen gegen Missbräuche im Mietwesen
Dossier: Mietzinse: Bestimmung der Missbräuchlichkeit und Anfechtung

Initiative und Gegenvorschlag kamen am 25. September zur Abstimmung. Die Stimmbeteiligung betrug 51.7 Prozent. Die meisten bürgerlichen Parteien, die Arbeitgeberverbände und der Schweizerische Hauseigentümerverband hatten sich im Abstimmungskampf für den Gegenvorschlag entschieden. Sämtliche Linksparteien und die Nationale Aktion, Mieterschutzorganisationen, der Schweizerische Gewerkschaftsbund und der Pächterverband unterstützten das Volksbegehren. Ein doppeltes Nein empfahlen die Liberaldemokraten, die Republikaner und die Westschweizer Hauseigentümer. Die Gegner staatlicher Eingriffe in den Wohnungsmarkt versuchten die Initiative als Angriff auf die soziale Marktwirtschaft und das Privateigentum zu entlarven. Sie warnten vor einer weiteren Bürokratisierung des Mietwesens, die den Verwaltungsapparat aufblähen, die Privatinitiative lahmlegen und das bestehende Überangebot an Wohnungen in eine allgemeine Wohnungsnot verwandeln würde. Demgegenüber betonten die Befürworter der Initiative die schwache Position der Mieter im sog. freien Wohnungsmarkt. Nachdem die Vermieter jahrelang den bestehenden Wohnungsmangel bei der Auswahl der Mieter und der Preisgestaltung zu ihren Gunsten ausgenützt hätten, seien sie nun nicht bereit, Mietzinsen und Vermietungspraxis der veränderten Situation anzupassen.
Die Abstimmung endete mit einer Überraschung. Zwar wurde die Initiative «für einen wirksamen Mieterschutz» wie erwartet verworfen (42.2% Ja). Annehmende Mehrheiten gab es nur in den drei Westschweizer Kantonen Genf, Neuenburg und Waadt sowie im Kanton Basel-Stadt. Abgelehnt wurde aber auch der von den Gegnern der Initiative kaum bestrittene Gegenvorschlag der Bundesversammlung (41.2% Ja). Während einige Kommentatoren im Resultat eine deutliche Absage an jegliche Art von Staatsintervention im Wohnungswesen erblickten, machten andere mit Recht darauf aufmerksam, dass sich im doppelten Nein weniger der Wille zur Zementierung des gegenwärtigen Zustandes als die Eigenheit des Abstimmungsverfahrens widerspiegle. Weil der gültige Abstimmungsmodus ein Ja zur Initiative und zum Gegenvorschlag verbietet, wurden die Befürworter einer Neuerung auf die beiden Vorlagen aufgesplittert. Obwohl sich über 80 Prozent der Stimmbürger gegen den Status quo ausgesprochen haben, bleibt in Sachen Mieterschutz auf eidgenössischer Ebene vorläufig alles beim alten.

Volksbegehren «für einen wirksamen Mieterschutz» (76.063)
Dossier: Mietzinse: Bestimmung der Missbräuchlichkeit und Anfechtung

Im Zusammenhang mit der Angespanntheit des Wohnungsmarktes blieb die Gestaltung des Mietwesens ein Gegenstand politischer Auseinandersetzung. Namentlich in den grösseren Agglomerationen unseres Landes konnte eine zunehmende Sensibilisierung für Mieterfragen beobachtet werden. So erstaunte es weiter kaum, dass die 1972 durch Mieterverbände lancierte Volksinitiative für einen wirksamen Mieterschutz mit 142'000 gültigen, vorwiegend aus der Westschweiz stammenden Unterschriften bei der Bundeskanzlei eingereicht wurde. Dem Volksbegehren sagte der Hauseigentümerverband in der Folge den schärfsten Kampf an. Der Mieterverband Zürich unterbreitete dem Bundesrat eine Eingabe, in der um eine rasche Verbesserung der Rechtsstellung des Mieters ersucht wurde. Mit einer als Postulat entgegengenommenen Motion forderte der Sozialdemokrat Muheim (sp, LU) die Regierung auf, eine Totalrevision der Gesetzesbestimmungen über die Miete im OR einzuleiten. Eine Motion seines St. Galler Kollegen Hans Schmid (sp, SG), welche für die Einfrierung der Mietzinse eintrat, wurde dagegen von der Volkskammer abgelehnt. Auch 1973 konnte der weit überwiegende Teil der Einsprachen im Mietwesen durch die im Vorjahr eingeführten paritätischen Schlichtungsstellen erledigt werden, was die Mietgerichte weiter entlastete. Doch liess das Vertrauen der Mieter in diese Schlichtungsstellen noch sehr zu wünschen übrig, da die Furcht vor Repressalien verbreitet war. Für die im neuen Verfassungsartikel 34 septies als Alternative zu einem generellen Mieterschutz vorgesehene Allgemeinverbindlicherklärung von Rahmenmietverträgen unterbreitete das EVD einen Gesetzesentwurf zur Vernehmlassung. Danach sollen Rahmenmietverträge dann allgemeinverbindlich erklärt werden, wenn sie auf die Mehrheit der Mietverhältnisse im örtlichen und sachlichen Geltungsbereich Anwendung finden.

Volksbegehren «für einen wirksamen Mieterschutz» (76.063)
Dossier: Mietzinse: Bestimmung der Missbräuchlichkeit und Anfechtung

Die neue Regelung spielte sich rasch ein. An die 90 Prozent aller Fälle konnten durch die paritätische Schlichtungsstelle erledigt werden. Trotzdem zeigte sich in militanteren Mieterkreisen Unzufriedenheit mit der getroffenen Bundeslösung. Das Mouvement populaire suisse des familles, das bereits im Vorjahr mit einem Volksbegehren gedroht hatte, lancierte zusammen mit zwei anderen Mieterverbänden im Herbst eine neue Mieterinitiative (VI. 76.063). Diese verlangt einen Schutz vor ungerechtfertigten Kündigungen sowie die Bewilligungspflicht für Mietzinserhöhungen. Vereinzelte Kantonalparteien unterstützten das Volksbegehren, während sich der Hauseigentümerverband gegen eine Wiedereinführung der Mietzinskontrolle vehement zur Wehr setzte. Um die gleichfalls in Art 34 septies enthaltene Bundeskompetenz zur Allgemeinverbindlicherklärung von Rahmenmietverträgen und sonstigen gemeinsamem Vorkehren von Vermieter- und Mieterverbänden zu konkretisieren, legte das EVD im September erste Vorschläge für ein Bundesgesetz vor, die einer Expertenkommission unterbreitet wurden. Mit dem neuen Gesetz soll ein entscheidender Schritt zur institutionalisierten Partnerschaft zwischen Mietern und Vermietern getan werden.

Bundesbeschluss vom 30. Juni 1972 über Massnahmen gegen Missbräuche im Mietwesen
Dossier: Mietzinse: Bestimmung der Missbräuchlichkeit und Anfechtung

Am 5. März fand die Volksabstimmung über den Artikel 34 septies statt, der eine definitive Verfassungsgrundlage für Schutzbestimmungen im Mietwesen schuf. Der Artikel überträgt dem Bund einerseits die Befugnis zur Allgemeinverbindlicherklärung von Mietverträgen und anderseits eine Verpflichtung zum Erlass von Massnahmen zum Schutze der Mieter. Die Parolen der Parteien und Verbände lauteten mit zwei Ausnahmen zustimmend: nur der Gewerbeverband und der Hauseigentümerverband beschlossen die Stimmfreigabe. Dementsprechend hoch war die Zahl der Annehmenden (1'057'322 Ja : 180'795 Nein), aber überraschend tief, auch in sogenannten Notgebieten, die Stimmbeteiligung (Schweiz 35.7%, Waadt 24.4%, Genf 24.3%). Auch hier folgte wenige Wochen danach der Entwurf des Bundesrates zu einem Ausführungsbeschluss; wegen der Dringlichkeit wurde die Vernehmlassungsfrist sehr kurz bemessen. Schon in der Sommersession befassten sich beide Kammern mit dem Erlass. In der Eintretensdebatte wurde die Vorlage allgemein begrüsst. In der Detailberatung ergaben sich jedoch harte Auseinandersetzungen, die sich in erster Linie um die Indexierung der Mietzinse, um die Kriterien des Missbrauchs und um eine vorgesehene Rückwirkungsklausel drehten. Im Nationalrat schlug die Kommissionsmehrheit Kündigungsbeschränkungen vor, die über die 1970 ins Obligationenrecht aufgenommenen Bestimmungen hinausgingen. Das Gros der bürgerlichen Vertreter einschliesslich der äussersten Rechten lehnte sie aber ab, wobei die welschen Repräsentanten der FDP und der CVP indes mit jenen der SP, des LdU und der PdA stimmten. Der Ständerat versuchte die vorgesehene Anfechtungsfrist beim Abschluss von Mietverträgen von 30 auf zehn Tage zu reduzieren, drang aber damit nicht durch. Bei der Bereinigung der Differenzen wirkte sich der starke Zeitdruck aus, unter welchem die Kammern standen. Ein grosser Teil der Abgeordneten der SP und des LdU enthielt sich bei der Schlussabstimmung der Stimme, da sie eine Verschärfung des Kündigungsschutzes vermissten und die Umschreibung der Missbräuche als zu large empfanden.
Jedenfalls war ohne grundsätzliche Abänderungen die mittlere Lösung des Bundesrates durchgedrungen. Der Beschluss trat unverzüglich für eine fünfjährige Dauer in Kraft. Er ist nur in Gemeinden anwendbar, in denen eine Wohnungsnot oder ein Mangel an Geschäftsräumen besteht. Ein besonderer Erlass bezeichnete diese Gemeinden – über 700 von insgesamt 3'100 – die sich vornehmlich in Agglomerationsräumen befinden. Nach dem Beschluss liegt Wohnungsnot dann vor, wenn in einer Gemeinde das Angebot an Wohnraum im Verhältnis zur Nachfrage ungenügend ist. Als missbräuchlich gelten Mietzinse, die zur Erzielung eines unangemessenen Ertrages festgelegt werden oder auf einem offensichtlich übersetzten Kaufpreis beruhen. Zulässig sind dagegen Mietzinse, wenn sie sich im Rahmen der orts- und quartierüblichen Ansätze oder bei neueren Bauten im Rahmen einer die Anlagekosten deckenden Bruttorendite halten, ebenso wenn sie nur der Kaufkraftsicherung des risikotragenden Kapitals dienen. Die Behandlung von Beschwerden hat zunächst durch paritätische Schlichtungsstellen zu erfolgen; erst wenn eine Verständigung gescheitert ist, kann eine Klage an den Zivilrichter erhoben werden.


Abstimmung vom 5. März 1972 Verfassungsartikel 34 septies über die Allgemeinverbindlicherklärung von Mietverträgen und Massnahmen zum Schutze der Mieter

Beteiligung: 35.71%
Ja: 1'057'322 (85.4%) / Stände: 22
Nein: 180'795 (14.6%) / Stände: 0

Parolen:
- Ja: CVP, EVP, FDP, LdU, LPS, PdA, REP, SD, SPS, SVP, eco, SAV, SBV, SGB, TravS, VSA
- Nein: SGV

Bundesbeschluss vom 30. Juni 1972 über Massnahmen gegen Missbräuche im Mietwesen
Dossier: Mietzinse: Bestimmung der Missbräuchlichkeit und Anfechtung