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Im März 2019 stimmten sowohl National- als auch Ständerat dem Vorschlag der Regierung zu, die Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» Volk und Ständen zur Ablehnung zu empfehlen. Die Entscheide fielen deutlich: im Erstrat mit 140 zu 56 Stimmen, im Zweitrat mit 30 zu 13 Stimmen bei 1 Enthaltung. Ebenso folgte das Parlament dem Bundesrat in der Aufstockung des Fonds de Roulement um zusätzliche CHF 250 Mio. für zehn Jahre ab 2020, hierzu allerdings knapper im National- und klarer im Ständerat (mit 124 zu 73 Stimmen ohne Enthaltungen bzw. 36 zu 5 Stimmen bei 2 Enthaltungen). Die Aufstockung findet nur statt, falls die Initiative entweder zurückgezogen oder abgelehnt wird; sie stellt also einen indirekten Gegenvorschlag dar. Damit würde preisgünstiger Wohnraum auch bei einer Ablehnung der Volksinitiative zusätzlich gefördert, basierend auf dem bereits bestehenden Art. 108 BV.
Die vorberatende Kommission des Nationalrates, die WAK-NR, hatte sich im Dezember 2018 noch gegen eine Aufstockung des Fonds de Roulement ausgesprochen. Die Kommissionssprecher, die jeweils dem deutsch- beziehungsweise französischsprachigen Hauseigentümerverband angehören (Hans Egloff (svp, ZH; HEV Schweiz) und Olivier Feller (fdp, VD; FRI)), argumentierten, dass die bestehenden Regelungen der Kommissionsmehrheit genügten. «Die Versorgung mit Wohnraum [sei] primär der Privatwirtschaft zu überlassen», meinte dann auch zum Beispiel Bruno Walliser (svp, ZH). Auf der Gegenseite standen unter anderem Michael Töngi (gp, LU) vom Mieterinnen- und Mieterverband Schweiz (MV) und somit Mitinitiant der Initiative zusammen mit der SP. Ob den zahlreichen Voten von Mitgliedern der SP und der Grünen für die Initiative fühlte sich Ada Marra (sp, VD) stark an einen «lutte des classes» erinnert. Die Mehrheitsmeinung zum schliesslich gefassten Beschluss dürfte Leo Müller (cvp, LU) am besten auf den Punkt gebracht haben: «Die Mängel der Initiative werden [...] durch den indirekten Gegenvorschlag behoben.» Auch in der Vernehmlassung hätten sich 24 Kantone sowie der Gemeinde- und Städteverband zwar gegen die Initiative aber für den Gegenvorschlag ausgesprochen, resümierte er weiter. Die Beiträge aus dem Fonds de Roulement seien zudem keine Subventionen, sondern verzinste Darlehen, die dem Bund unter dem Strich gar eine Rendite einbrächten, betonten sowohl Martin Landolt (bdp, GL) als auch Markus Ritter (cvp, SG) .
Die Initiative gelangt am 9. Februar 2020 zur Volksabstimmung.

Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» (BRG 18.035)
Dossier: Gebäudeprogramm; Reduktion des Energieverbrauchs ab 2000

Mittels parlamentarischer Initiative forderte Olivier Feller (fdp, VD), seines Zeichens Generalsekretär der Fédération romande immobilière, die gesetzliche Festlegung von Kriterien zur Bestimmung missbräuchlicher Mietzinse. Insbesondere bei Altbauten führe die Berechnung der Rendite, wonach sich der zulässige Ertrag aus den ursprünglichen Erwerbskosten plus den nachträglich getätigten, wertvermehrenden Investitionen ergibt, gemäss aktueller Rechtsprechung zu unrealistischen Werten. Der Waadtländer Nationalrat verwies ferner auf einen Bundesgerichtsentscheid aus dem Jahr 1986, gemäss welchem die Rendite der ursprünglich investierten Eigenmittel nicht mehr als 0.5 Prozentpunkte über den massgeblichen Hypothekarzinssätzen zu liegen kommen dürfe. Der Initiant machte geltend, dass diese zu gegebener Zeit 5.5 Prozent betragen hätten, während der aktuelle Referenzzinssatz nur bei 1.5 Prozent liege und diese Regelung deswegen nicht mehr zeitgemäss sei. Künftig soll die Eigenkapitalrendite als übersetzt gelten, wenn sie den geltenden hypothekarischen Referenzzinssatz um mehr als 2 Prozentpunkte übersteigt. Dieser Regelung nicht unterstellt werden sollen hingegen Immobilien, die 20 Jahre oder älter sind oder bei denen die Höhe der Investitionskosten aus anderen Gründen nicht bekannt ist. Bei solchen Bauten sollen Mietzinse als missbräuchlich gelten, wenn sie nicht im Rahmen der orts- und quartierüblichen Mieten liegen.
Die RK-NR teilte die Ansicht des Initianten und gab dem Anliegen im Juli 2018 mit 13 zu 8 Stimmen bei 2 Enthaltungen Folge. An derselben Sitzung befürwortete sie drei weitere parlamentarische Initiativen, welche die Vermieterseite in dieser Sache zu stärken beabsichtigten (17.493, 17.514, 17.515). Mieterverbandspräsident Carlo Sommaruga (cvp, GE) und Urheber zweier weiterer parlamentarischen Initiativen (17.459, 17.502), die gleichentags behandelt und denen nicht Folge gegeben wurden, äusserte gegenüber den Medien die Referendumsdrohung für den Fall, dass die Anliegen der Vermieterseite tatsächlich durchkommen würden.

Festlegung des übersetzen Ertrages im Mietrecht (Pa.Iv. 17.491)
Dossier: Mietzinse: Bestimmung der Missbräuchlichkeit und Anfechtung

Als Reaktion auf diverse bürgerliche Vorstösse, die gemäss dem Schweizerischen Mieterinnen und Mieterverband (SMV) die Rechte der Mieterinnen und Mieter bei Annahme massiv einschränken würden – namentlich die parlamentarischen Initiativen Egloff (svp, ZH; Pa.Iv. 15.455, Pa.Iv. 16.451, Pa.Iv. 17.493), Fässler (cvp, AI; Pa.Iv. 17.492), Feller (fdp, VD; Pa.Iv. 16.459, Pa.Iv. 17.491), Nantermod (fdp, VS; Pa.Iv. 17.514, Pa.Iv. 17.515) und Vogler (csp, OW; Pa.Iv. 16.458) –, lancierte der Verband Anfangs 2018 eine Online-Petition «Nein zu Wuchermieten». An einer Medienkonferenz wies der SMV auf die verheerenden Folgen dieser Initiativen hin und verdeutlichte, dass der Verband bereit sei, das Referendum zu ergreifen, sollten die Initiativen angenommen werden. Innert sechs Wochen unterschrieben beinahe 20'000 Personen das Anliegen, das Mitte März als offener Brief der RK-SR überreicht wurde. Die ständerätliche Rechtskommission zeigte sich davon nicht abschliessend beeindruckt und gab im selben Jahr den parlamentarischen Initiativen Egloff (Pa.Iv. 16.451, Pa.Iv. 17.493), Feller (Pa.Iv. 16.459) und Vogler (Pa.Iv. 16.458) Folge. Sie wich jedoch bei den Anliegen Feller (Pa.Iv. 17.491) und Nantermod (Pa.Iv. 17.514, 17.515) vom positiven Entscheid ihrer Schwesterkommission ab, beschloss keine Folge zu geben und lancierte im Gegenzug eine ausgewogenere Kommissionsmotion (Mo. 18.4104).

Für die parlamentarische Initiative Egloff (Pa.Iv. 15.455), der bereits im Vorjahr Folge gegeben worden war, bewilligte der Nationalrat im Frühjahr 2019 eine Fristverlängerung, damit deren Umsetzung gegebenenfalls in Einklang mit der damals noch hängigen Motion der RK-SR erfolgen könne. Nicht beraten wurde die parlamentarische Initiative Fässler (Pa.Iv. 17.492), die ebenfalls eine Neuregelung zu den missbräuchlichen Mietzinsen beabsichtigte. Sie war im Juli 2018 vom Urheber zurückgezogen worden.

Online-Petition "Nein zu Wuchermieten"

Im Juni 2017 gab das BWO bekannt, dass der Referenzzinssatz um 0.25 Prozentpunkte auf 1.5 Prozent gesenkt werde. Letztmals war der Referenzzinssatz im Juni 2015 angepasst worden. Damit erreichte die Messgrösse ihren niedrigsten Stand seit Beginn ihrer Existenz im Jahr 2008 (3.5%). Sofern der Mietzins bereits bei der letzten Senkung angepasst worden war, ergibt sich daraus für die Mietenden ein Senkungsanspruch des Mietzinses im Umfang von bis zu 2.91 Prozent. Ein Anspruch auf Senkung des Mietzinses besteht jedoch nur dann, wenn der Vermieter oder die Vermieterin mit dem Mietzins einen übersetzten Ertrag erzielt. Die Vermieterschaft kann gestiegene Unterhalts- und Betriebskosten sowie 40 Prozent der seit der letzten Mietzinsanpassung erfolgten Teuerung vom Senkungsanspruch abziehen.
Im März desselben Jahres berichtete die Luzerner Zeitung über eine Studie der Raiffeisen-Bank, die von einer steigenden Entwicklung bei den Mietpreisen ausging und folgerte, dass die Mietzinse gemäss der Entwicklung des Referenzzinssatzes im Vergleich zum Ist-Zustand rund 40 Prozent tiefer liegen müssten. Dieser Schluss sei «völlig aus der Luft gegriffen», befand Ansgar Gmür, Direktor des Hauseigentümerverbandes. Die Steigerung der Mietzinse sei begründbar und unter anderem darauf zurückzuführen, dass die Baukosten aufgrund strengerer Bauvorschriften stark gestiegen seien. Auf Seiten des Mieterinnen- und Mieterverbandes sah sich Generalsekretär Michael Töngi indes durch die Befunde der Studie in der Forderung nach einem griffigeren Mietrecht bestärkt.

Referenzzinssatz sinkt 2017 auf 1.5%
Dossier: Entwicklung des Referenzzinssatzes

Ende Januar 2017 gab der Bundesrat bekannt, dass er die Volksinitiative des Mieterverbandes «Mehr bezahlbare Wohnungen» abzulehnen gedenke. Bereits in seiner Ansprache zur Wohnungspolitik im Jahr 2013 hatte der Bundesrat die Ansicht vertreten, dass der Staat möglichst wenig in die Wohnraumversorgung eingreifen solle, und diese Ansicht vertrat er nach wie vor. Dennoch anerkannte die Regierung den gemeinnützigen Wohnungsbau als «marktergänzendes Segment zum Schliessen von Angebotslücken». Trotz der sich entspannenden Marktlage gäbe es in gewissen Regionen Bevölkerungsgruppen, die mit starken Schwierigkeiten zu kämpfen hätten, eine angemessene und zahlbare Wohnung zu finden. Aus diesem Grund beantragte der Bundesrat eine Aufstockung des Fonds de Roulement für die Darlehensgewährung an gemeinnützige Wohnbauträger und gab diesen Entwurf in die Vernehmlassung. Der Fonds de Roulement ist mit Darlehen des Bundes dotiert und dient dem Zwecke, gemeinnützigen Bauträgern zinsgünstige Darlehen für die Erstellung, Erneuerung oder den Erwerb von preisgünstigen Liegenschaften zu gewähren.
Bereits nach Bekanntgabe der bundesrätlichen Stellungnahme zeigte sich der Mieterverband (SMV) enttäuscht von der ablehnenden Haltung des Bundesrates und bezeichnete die geplante Aufstockung des Rahmenkredites als nicht ausreichend. Ferner monierte der Verband, dass diese Massnahme nicht garantieren würde, dass Genossenschaften tatsächlich gefördert würden, da die Mittel mit dem jährlichen Budget beschlossen würden und in diesem Rahmen Kredite bereits mehrfach gekürzt worden seien. Auf der anderen Seite gab sich auch der Hauseigentümerverband (HEV) nicht vollends zufrieden. Zwar begrüsste er die Ablehnung der Initiative durch den Bundesrat, konnte die Aufstockung des Fonds aufgrund des aktuell höchsten Leerwohnungsbestandes seit 1999 jedoch nicht nachvollziehen. Der HEV äusserte die Befürchtung, damit kreiere der Bundesrat ein Überangebot an Wohnraum, was gemäss Verband einen Preiszerfall zur Folge hätte.

Von den 58 im Rahmen der Vernehmlassung eingegangenen inhaltlichen Stellungnahmen beurteilten 47 Vernehmlassungsteilnehmende – darunter die VDK, alle stellungnehmenden Kantone, die SP, die Grünen, die CVP und die BDP, der Schweizerische Gemeindeverband und der Städteverband sowie die Gewerkschaften – die Aufstockung des Fonds als positiv, während die restlichen 11 Akteure diese ablehnten – namentlich neben dem HEV die Parteien der FDP und SVP sowie die Wirtschaftsverbände und Verbände im Immobiliensektor. Unter den befürwortenden Stellungnahmen stand ein gutes Drittel – darunter neben dem SMV auch die Kantone Basel-Stadt und Neuenburg, die Parteien der SP und der Grünen sowie vier Stellung nehmende Städte und Orte – gar für eine höhere Aufstockung ein. Die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete und der Kanton Wallis knüpften ihre Unterstützung zur Aufstockung des Fonds an die Bedingung, dass auch Massnahmen ergriffen werden, um die Wohnsituation in Berggebieten zu verbessern.
Einige Vernehmlasser kritisierten ferner den bundesrätlichen Vorschlag, die Aufstockung des Fonds an die Ablehnung oder den Rückzug der Volksinitiative zu knüpfen. Das Gros der Stellungnahmen unterstützte jedoch die Ablehnung der Volksinitiative. Während einige Vernehmlassungsteilnehmende diesbezüglich bewusst auf einen Positionsbezug verzichteten, sprachen sich die SP und der Gewerkschaftsbund bereits in ihren Antworten explizit für die Unterstützung des Volksbegehrens aus.

Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» (BRG 18.035)
Dossier: Gebäudeprogramm; Reduktion des Energieverbrauchs ab 2000

Bereits einige Monate vor Ablauf der Sammelfrist reichte der Schweizerische Mieterinnen- und Mieterverband (SMV) im Oktober 2016 seine Volksinitiative "Mehr bezahlbare Wohnungen" mit 105'273 Unterschriften bei der Bundeskanzlei ein. Davon waren 104'800 Unterschriften gültig, worauf die Bundeskanzlei Mitte November das Zustandekommen der Initiative bekannt gab. Ein zentrales Anliegen der Initiative betrifft die Einführung einer gemeinnützigen Wohnungsquote von 10% auf alle neu gebauten Wohnungen. Gemäss Berechnungen des SMV beläuft sich der Anteil gemeinnütziger Wohnungen an allen neu gebauten Objekten aktuell auf 5,3%.

Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» (BRG 18.035)
Dossier: Gebäudeprogramm; Reduktion des Energieverbrauchs ab 2000

Mitte Mai 2016 fällte das Bundesgericht ein wegweisendes Urteil betreffend die Anfechtung von Anfangsmietzinsen. Demgemäss müssen Mieterinnen und Mieter keinen Nachweis erbringen, dass sie sich erst nach langer, intensiver und erfolgloser Suche nach Wohnalternativen zum Vertragsabschluss gezwungen sahen, wenn sich die Wohnungsnot anhand objektiver Kriterien belegen lässt. Im betreffenden Fall hatten zwei Männer 2013 gemeinsam mit dem Mieterverband Zürich die vertraglich vereinbarte Miete von 3'900 CHF für eine 3,5-Zimmerwohnung in der Stadt Zürich innert 30 Tagen nach Abschluss des Mietvertrages gemäss Art. 270 Obligationenrecht beim Obergericht Zürich angefochten. Dieses wies die Klage aufgrund Fehlens eines Nachweises von Wohnungsnot ab. Anders urteilte nun das Bundesgericht: Bei einer damaligen Leerwohnungsziffer von 0,11% in der Stadt und 0,61% im Kanton Zürich sei Wohnungsknappheit klar gegeben. Ferner verschaffe die „Knappheit des Angebots [...] den Anbietern auf dem Wohnungsmarkt eine Stellung, die derjenigen marktmächtiger Unternehmen nahekommt", was missbräuchliche Mietzinse begünstige. Während sich der Mieterverband Zürich mit dem Urteil zufrieden zeigte, beklagte der Hauseigentümerverband (HEV) die dadurch entstehende Rechtsunsicherheit für die Vermieter. Keine 30 Tage nach Bekanntgabe des Urteils reichte HEV-Präsident und Nationalrat Hans Egloff (svp, ZH) eine parlamentarische Initiative ein, welche die Hürden zur Anfechtung des Anfangsmietzinses erhöhen will.

Wegweisendes Bundesgerichtsurteil betreffend Anfechtung von Anfangsmietzinsen (2016)
Dossier: Mietzinse: Bestimmung der Missbräuchlichkeit und Anfechtung

Bevor sich das Parlament 2016 überhaupt zur geplanten Mietrechtsrevision äussern konnte, diskutierte die NZZ im Jahr 2015 in mehreren Artikeln ausführlich die in der Vorlage vorgesehene und im Vorjahr bereits in der Vernehmlassung kontrovers diskutierte Bestimmung zur Einführung einer Formularpflicht, die den Vermieter dazu verpflichten würde, der neuen Mieterpartei den bisherigen Mietzins offenzulegen. Dabei nahm die NZZ sowohl mit Gastbeiträgen als auch mit eigenen redaktionellen Beiträgen klar und wiederholt die Position der Vermieterseite ein und stellte sich somit vehement gegen die Einführung einer solchen Pflicht. Dabei wurde auch eine vom Hauseigentümerverband in Auftrag gegebene Studie zweier Ökonomen der Universität Basel zitiert, die bei Einführung der Formularpflicht mit zunehmender Wohnungsknappheit rechnet, da die Mietpreise unter dem Marktniveau zu liegen kämen. Drastische Auswirkungen würde die Formularpflicht in Zusammenhang mit einer bereits bestehenden Regelung entfalten: Die Neumieterschaft hat das Recht, den Anfangsmietzins bei erheblicher Differenz zum vorher bestandenen Mietzins anzufechten. Somit gelangt der Vermieter in die aufwändige Pflicht, den gestiegenen Mietzins anhand der „Orts- und Quartierüblichkeit" zu begründen. Der Schweizerische Mieterverband kritisierte die Studie umgehend, wie die NZZ berichtete. Die Ökonomen würden keine empirischen Beweise vorbringen und die Erfahrung zeige, dass die Mieter für moderate Erhöhungen der Mietzinse gegenüber dem Vormietzins durchaus Verständnis zeigen können. Die Formularpflicht diene lediglich der Vorbeugung von Missbrauchsfällen.

Mietrechtsrevision scheitert erneut (BRG 15.044)
Dossier: Gescheiterte Mietrechtsrevisionen
Dossier: Mietzinse: Bestimmung der Missbräuchlichkeit und Anfechtung

Nach erfolgreicher Vorprüfung im August 2015 konnte der Mieterverband mit der Unterschriftensammlung zu seiner Volksinitiative "Mehr bezahlbare Wohnungen" beginnen. Das Anliegen fordert unter anderem, dass im gesamtschweizerischen Schnitt jede zehnte neu gebaute Wohnung im Eigentum von Trägern des gemeinnützigen Wohnungsbaus sein soll. Um dies zu erreichen, sollen Kantonen und Gemeinden ein Vorkaufsrecht auf geeignete Grundstücke erhalten. Unter den 12 Urheberinnen und Urhebern, die mit einer absoluten Mehrheit der stimmberechtigten Mitglieder des Initiativkomitees ermächtigt sind, das Volksanliegen zurückzuziehen, befinden sich (in der so aufgeführten Reihenfolge) mit Marina Carobbio Guscetti (sp, TI), Balthassar Glättli (gp, NR), Carlo Sommaruga (sp, GE), Louis Schelbert (gp, LU), Christian Levrat (sp, FR), Jacqueline Badran (sp, ZH) und Mathias Reynard (sp, VS) einige links-grüne Bundesparlamentarier.

Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» (BRG 18.035)
Dossier: Gebäudeprogramm; Reduktion des Energieverbrauchs ab 2000

Der Durchschnittszinssatz der inländischen Hypothekarforderungen sank am 31. März 2015 von 1,89% auf 1,86%. Dieser Rückgang bewirkte, kaufmännisch auf ein Viertelprozent gerundet, eine Absenkung des Referenzzinssatzes von 2% auf 1,75%, was die Mieterschaft im Grunde zur Geltendmachung des Anspruchs auf Mietzinssenkung in der Höhe von 2,91% berechtigt. Dieser "historische Tiefstand" des seit September 2008 bestehenden und vierteljährlich neu errechneten Referenzzinssatzes wurde in den Medien breit diskutiert. Der Mieterverband (SMV) gelangte sogleich mit der Forderung an die Vermieterseite, die Mietzinse auf den nächstmöglichen Termin anzupassen. Ferner veröffentlichte der SMV auf seiner Homepage ein Merkblatt und einen Musterbrief zum Erstellen eines Senkungsbegehrens. Gemäss Verband hätte bisher nur eine von fünf Mietparteien ihren Anspruch auf Mietzinssenkung durchgesetzt. Der Hauseigentümerverband (HEV) riet seinerseits der Vermieterseite, die aktuelle Kostensituation unter Berücksichtigung der Teuerung und der gestiegenen Unterhalts- und Betriebskosten genau zu prüfen. Nur wenn ein übersetzter Ertrag resultiere, müsse dem Senkungsbegehren – wo vorhanden – stattgegeben werden. Nicht zuletzt entbrannte als Folge der Anpassung des Referenzzinssatzes erneut die Diskussion, ob die Senkung des Referenzzinssatzes eine automatische Anpassung der Mieten zur Folge haben müsste. Gemäss HEV – und dies entspricht der offiziellen Interpretation der Bundesbehörden – beinhalte die Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen (VMWG) keine automatische Mietzinssenkung bei Herabsetzung des Referenzzinssatzes. Obwohl Art. 13 der VMWG vorsieht, dass bei Hypothekarzinssenkungen "die Mietzinse entsprechend herabzusetzen oder die Einsparungen mit inzwischen eingetretenen Kostensteigerungen zu verrechnen" sind, müsse der Vermieter nicht von sich aus tätig werden. Der auf einem privatrechtlichen Vertrag beruhende Mietzins bleibe bestehen, ausser eine der beiden Vertragsparteien verlange eine ihr zustehende Anpassung des Mietzinses. Für eine automatische Anpassung des Referenzzinssatzes, wie sie der Mieterverband forderte, hatte sich im Vorjahr auch die CVP in ihrem 2014 veröffentlichten Positionspapier zur Wohnpolitik ausgesprochen, jedoch nicht ohne diesen Entscheid im Folgejahr bereits wieder zu revidieren. Man hätte erkannt, wie komplex die Sache sei, so Martin Candinas gegenüber dem Tages-Anzeiger. Es könne nicht sein, dass sich nur die Senkung des Referenzzinssatzes automatisch auf die Mieten auswirke; ebenso müssten auch Kostensteigerungen automatisch in die Mietzinse einfliessen. Ferner sei er von verschiedenen Hauseigentümern sowie vom HEV-Präsidenten Hans Egloff überzeugt worden, dass ein solcher Automatismus einen hohen administrativen Aufwand für die Vermieterseite mit sich bringen würde.

Referenzzinssatz sinkt 2015 auf 1.75%
Dossier: Entwicklung des Referenzzinssatzes

Im April 2015 äusserte sich der Mieterinnen- und Mieterverband (SMV) kritisch zur 2013 eingesetzten Arbeitsgruppe «Wohnungspolitischer Dialog». Anstatt mehrheitsfähige Lösungen in Form von griffigen Massnahmen gegen die Wohnungsknappheit und steigende Mietzinse zu beschliessen, habe die Arbeitsgruppe nur Empfehlungen zuhanden der Kantone und Städte erlassen, gab SMV-Generalsekretär Michael Töngi der NZZ zu Protokoll. Darüber hinaus warf er dem Bundesrat vor, auf Zeit zu spielen, während er auf Verbesserungen auf dem Wohnungsmarkt hoffe. Um eine Kursänderung in der Wohnungspolitik herbeizuführen, sei der Verband daran, eine Volksinitiative zu lancieren.

Arbeitsgruppe „Wohnungspolitischer Dialog“

Auf Empfehlung der Arbeitsgruppe "Wohnungspolitischer Dialog" und in Einklang mit seiner Aussprache zum Thema Personenfreizügigkeit und Wohnungsmarkt im Frühjahr 2013 wollte der Bundesrat die Transparenz auf dem Mietwohnungsmarkt erhöhen. Im Mai schickte er eine Vorlage in die Vernehmlassung, welche die Offenlegungspflicht forderte, bzw. den Vermieter künftig verpflichtet, mittels Formular die neue Mieterpartei vor Vertragsabschluss über den Mietzins des Vormieters zu informieren. Als weitere Massnahme zur Verhinderung starker Mietzinserhöhungen sieht die Vorlage das Verbot von Mietzinserhöhungen aufgrund wertvermehrender oder energetischer Verbesserungen innerhalb des ersten Mietjahres vor, für den Fall, dass vorgesehene Erhöhungen dem Mieter nicht bereits vor Vertragsabschluss kommuniziert wurden. Ferner enthält der Vernehmlassungsentwurf eine administrative Entlastung für die Vermieterseite, indem bei Mietzinserhöhungen und Anpassungen von Akontobeträgen für Nebenkosten nicht mehr länger eine eigenhändige Unterschrift nötig ist und mit einer Faksimile-Unterschrift unterzeichnet werden kann. Mit Freiburg, Genf, Neuenburg, Nidwalden, Waadt, Zug und Zürich kennen bereits sieben Kantone die Offenlegungspflicht. Laut Aussagen des Bundesamts für Wohnungswesen (BWO) finden 90% aller Anfechtungen von Neumieten in diesen sieben Kantonen statt. Während die Vermieterorganisationen sowie FDP und SVP gegen die Massnahme opponierten - sie vermuteten einen grossen zusätzlichen administrativen Aufwand und fürchteten Rechtsfolgen bei unkorrekter Verwendung des Formulars - stiess sie insbesondere bei den linken Parteien, aber auch bei CVP, EVP und BDP, sowie beim Mieterverband auf Zustimmung. Letzterer forderte im September bei der Lancierung seiner landesweiten Kampagne "Zahlbare Mieten für alle" in Bern Unterstützung für diese Massnahme. Im Oktober beschloss die Regierung, trotz kontroversen Stellungnahmen an der Offenlegungspflicht festzuhalten, und gab dem zuständigen Departement die Erarbeitung einer entsprechenden Änderung des Mietrechts in Auftrag. Die anderen Änderungen wurden in der Vernehmlassung weniger kontrovers diskutiert.

Mietrechtsrevision scheitert erneut (BRG 15.044)
Dossier: Gescheiterte Mietrechtsrevisionen
Dossier: Mietzinse: Bestimmung der Missbräuchlichkeit und Anfechtung

Auch der Mieterverband (MV) sammelte im Berichtsjahr Vorschläge zur Formulierung möglicher Volksbegehren. Mitte November gab der MV bekannt, die bundesrätlichen Massnahmen würden, obwohl deren Stossrichtung richtig sei, aus seiner Sicht nicht ausreichen. An seiner Delegiertenversammlung bestärkte der Verband grundsätzlich das Vorhaben zur Lancierung zweier Volksinitiativen, mit denen zum einen innerhalb der nächsten 20 Jahre 100'000 zusätzliche gemeinnützige Wohnungen bereitgestellt und zum anderen der Mieterschutz gegen missbräuchliche Mietzinsen verstärkt werden sollen. Letzteres soll anhand einer strengen Formularpflicht bei Mieterwechsel vollzogen werden.

Vorhaben zur Lancierung zweier Volksinitiativen

Im Mai gab die Regierung an ihrer Medienkonferenz zu „Personenfreizügigkeit und Wohnungsmarkt“ bekannt, dass sie ihren marktwirtschaftlichen Kurs in der Wohnungspolitik weiterverfolgen werde. Laut Bundesrat Schneider-Ammann (fdp) reagiere der Wohnungsmarkt mit dem Bau von zusätzlichen Wohneinheiten angemessen auf die bestehenden Engpässe. Sollte der Wohnungsbau dennoch ein Überangebot an Wohnfläche zur Folge haben, würden die Preise entsprechend fallen. In den anstehenden Volksabstimmungen zur Begrenzung der Zuwanderung sah der Wirtschaftsminister keinen Grund zur Korrektur seiner Politik, obwohl diese unter dem Schlagwort „Dichtestress“ ebendiese Problematik thematisieren würden. Gleichwohl anerkannte der Bundesrat den aktuellen Mangel an erschwinglichen Wohnungen in Städten und Agglomerationen. Die zusätzliche Förderung von preisgünstigem Wohnraum solle im Gespräch mit Kantonen, Gemeinden und Städten geprüft werden. Im Sinne einer Justierung seiner aktuellen Politik sollen durch mögliche Anpassungen des Raumplanungsgesetzes weitere Fördermassnahmen zum günstigen Wohnungsbau eruiert werden. Weiter soll zur Verhinderung einer Preisspirale mit einer Mietrechtsrevision unter anderem ein Obligatorium zur Mietzins-Bekanntgabe des Vormieters geschaffen werden. Während der Hauseigentümerverband (HEV) den Beschluss auf Verzicht eines Eingriffes in die Mietzinsgestaltung explizit begrüsste, kritisierten SP, Grüne und der Schweizerische Mieterinnen- und Mieterverband (SMV) die Massnahmen als zu wenig griffig und kaum förderlich zur Steigerung der Akzeptanz der Personenfreizügigkeit.

marktwirtschaftlichen Kurs in der Wohnungspolitik weiterverfolgen

Im Januar des Berichtsjahrs forderten SP und Grüne in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Mieterinnen- und Mieterverband (MV) den Ausbau von Mieter- und Kündigungsschutz sowie die verstärkte Förderung des preisgünstigen Wohnungsbaus. Parteipräsident Levrat liess verlauten, die SP werde die Ausdehnung der Personenfreizügigkeit auf Kroatien nicht unterstützen, wenn die Wirtschaft und bürgerliche Parteien in diesem Bereich keine Zugeständnisse machen würden.

Ausbau von Mieter- und Kündigungsschutz

Im September präsentierte der Schweizerische Mieterverband (SMV) seine Forderungen nach flankierenden Massnahmen im Wohnungswesen. Im Kampf gegen die steigenden Mietpreise in den Städten, welche der SMV nebst weiteren Faktoren der Zuwanderung aus dem EU-Raum zuschreibt, soll unter anderem der Kündigungsschutz verstärkt und Mietzinserhöhungen bei Neuvermietungen auf maximal 5% beschränkt werden. Der SMV liess verlauten, dass er seine Unterstützung der Personenfreizügigkeit an die Bedingung der flankierenden Massnahmen zu knüpfen gedenke. Mit dieser Aussage erhoffte sich der Verband mehr Gehör für ein Anliegen, welches bis zu dem Zeitpunkt kaum mehrheitsfähig war.

Forderungen nach flankierenden Massnahmen im Wohnungswesen

Ende Oktober beschloss der Bundesrat eine Änderung der Verordnung zum Mietrecht. Neu soll der Referenzzinssatz durch kaufmännische Rundung auf den nächsten Viertelprozentwert des Durchschnittszinssatzes für inländische Hypothekarforderungen angepasst werden. Damit löst die neue Regelung die seit 2008 geltende, und von der breiten Öffentlichkeit als kompliziert und bürokratisch wahrgenommene Methode ab, die erst eine Mietzinsanpassung vorsah, wenn sich der Durchschnittszinssatz um mindestens 0,25 Prozentpunkte (oder ein Mehrfaches davon) vom erstmalig gemessenen Wert im Jahr 2008 von 3,43 Prozent wegbewegte. Diese Regelung war ursprünglich als Zwischenlösung bis zur Verabschiedung der Mietrechtsrevision gedacht gewesen. Angesichts des Scheiterns der Revision im Jahr 2010 forderte der Schweizerische Mieterverband im Berichtsjahr eine Anpassung, da sich die geltende Rundungsregel aufgrund des seit der Einführung im 2008 stark gesunkenen Zinsniveaus für die Mieter nachteilig auswirke. Die Neuregelung trat per 1.12.11 in Kraft und führte sogleich zu einer ersten Zinssenkung im 2011 von 2,75 auf 2,5 Prozent.

Referenzzinssatz

Die Mieterverbände aus der Deutsch- und der Westschweiz sowie aus dem Tessin schlossen sich im Berichtsjahr zu einer Dachorganisation zusammen, die den bisherigen Schweizerischen Mieterverband ablöst. Dessen bisherige Präsidentin Anita Thanei (sp, ZH) trat als Präsidentin zurück, blieb aber im Vorstand des neuen Dachverbands, dem Martina Carobbio (sp, TI) vorsteht.

Mieterverbände

Im Berichtsjahr ging eine Vorlage zur Änderung des Mietrechts an den Ständerat. Das Geschäft bezweckte primär die Abkopplung der Mietzinse von den Hypothekarzinsen. Neu sollten die Mietzinse an den Landesindex der Konsumentenpreise angepasst werden. Dies würde nicht nur zu einem moderateren Anstieg der Mieten führen, sondern die Entwicklung für den Mieter wie auch für den Vermieter transparenter machen und somit missbräuchlichen Mietzinsen vorbeugen. Der Nationalrat, welcher die Vorlage als Erstrat hätte behandeln sollen, war im Vorjahr auf Anraten seiner Kommission nicht auf die Revision eingetreten. Ausschlaggebend für diesen Entscheid war die vom Bundesrat nachträglich eingebrachte Änderung, welche vorsah, die Mietzinsanpassung nicht an die volle Teuerung zu koppeln, wie dies der von den Sozialpartnern ausgehandelte Kompromiss vorsah, sondern nur an den Landesindex unter Ausschluss der Wohn- und Energiekosten, was einer Teuerungsüberwälzung von ca. 90 Prozent gleich käme. In der ständerätlichen Kommission plädierte eine Mehrheit auf Eintreten. Sie begründete ihren Entscheid mit der Notwendigkeit einer Mietrechtsrevision und war deswegen nicht bereit, bereits „von vornherein die Flinte ins Korn“ zu werfen. Jedoch präsentierte sie auch ihrerseits einen abgeänderten Entwurf. Um den Vermietern, welche sich nach dem vorgeschlagenen Spezialindex vom Revisionsentwurf distanziert hatten, bei den Zinserhöhungen mehr Spielraum zu gewähren, sollte ihnen erlaubt werden, die Miete alle fünf Jahre auch an das Marktniveau anpassen zu können. Der Deutschschweizer Mieterverband liess verlauten, dass eine solche Regelung inakzeptabel wäre, da die Mieter so auf einen Schlag massiven Mietzinserhöhungen ausgesetzt würden. Im Gegensatz zum Nationalrat trat der Ständerat nach kurzer Diskussion und mit einer starken Zweidrittelmehrheit auf die Vorlage ein. Die Diskussion um den Umfang der Teuerungsüberwälzung schlug in der Beratung die höchsten Wellen. Die Kommission empfahl ihrem Rat mit knapper Mehrheit, den bundesrätlichen Spezialindex zu übernehmen. Eine starke bürgerliche Kommissionsminderheit trat für eine hundertprozentige Überwälzung ein. Der Ständerat folgte der Kommissionsmehrheit schliesslich knapp mit 18 zu 14 Stimmen. Ein anderes Hindernis hingegen sahen die linken Vertreter der Romandie. Sie stiessen sich insbesondere an der vorgeschlagenen Ermittlung von missbräuchlichen Mietzinsen. Das geltende Recht, welches Mietzinse als missbräuchlich bezeichnet, wenn der Vermieter einen übersetzten Ertrag aus dem Mietverhältnis zieht, sollte durch ein sogenanntes Vergleichsmietemodell ersetzt werden. Konkret würde Missbrauch dann festgestellt, wenn der Mietzins eines Wohnraumes oberhalb einer vorgegebenen Bandbreite von Mietpreisen vergleichbarer Objekte liegen würde. Die Westschweizer Ständeräte befürchteten, dass dies eine inflationäre Preisspirale nach sich ziehen könnte. Unter Widerstand von Vertretern der Vermieter- und der welschen Mieterseite wurde das Geschäft mit 21 zu 12 Stimmen angenommen und ging erneut an den Nationalrat. Vertreter des Deutschschweizer Mietverbandes unterstützten die Vorlage nach wie vor; sie erachteten die bestehende Koppelung der Miet- an die Hypothekarzinse als fahrlässig. Die Rechtskommission des Nationalrats sprach sich im Folgenden für die vom Hauseigentümerverband verlangte 100 prozentige Anrechnung der Teuerung aus und schuf eine weitere Differenz zum Ständerat, indem sie dem Nationalrat vorschlug, eine zusätzliche Mietzinsanpassung an den Marktpreis abzulehnen. In diesem Sinne empfahl sie ihrem Rat, auf die Vorlage mit dem ursprünglich ausgehandelten Kompromiss einzutreten. Mit einer äusserst knappen Mehrheit von 88 zu 86 Stimmen beschloss der Nationalrat bei 10 Enthaltungen und somit zum zweiten Mal, nicht auf die Vorlage einzutreten. Er beerdigte damit die Gesetzesrevision, welche mit einem historischen sozialpartnerschaftlichen Kompromiss vielversprechend begonnen hatte. Gegen die Vorlage opponierten erfolgreich eine geschlossene SVP und eine grosse Mehrheit der SP.

Mietrechtsrevision scheitert (BRG 08.081)
Dossier: Gescheiterte Mietrechtsrevisionen
Dossier: Mietzinse: Bestimmung der Missbräuchlichkeit und Anfechtung

Der Bundesrat gab den Vorentwurf für eine Teilrevision des Mietrechts in die Vernehmlassung. Ziel der Vorlage ist es, die Abhängigkeit der Entwicklung der Mietzinsen von derjenigen der Hypothekarzinsen aufzuheben. Neu wäre als Berechnungsgrundlage für zulässige Mietzinssteigerungen der Teuerungsindex der Konsumentenpreise massgebend. Dieses System erlaubt es insbesondere den Mietern, die zu erwartende Entwicklung der Mietkosten genauer abzuschätzen als dies beim sich oft erratisch bewegenden Hypothekarzins der Fall ist. Das Modell entsprach einer Vereinbarung von Mieter- und Hauseigentümerverbänden, die Ende 2007 unter Federführung des Bundesamtes für Wohnungswesen zustande gekommen war. Die Übereinkunft sah vor, dass die Teuerung vollständig berücksichtigt wird. Dies stiess aber bei den welschen Mieterverbänden und später auch bei den deutschschweizerischen Organisationen und der SP auf Kritik: Da die Mietkostensteigerung im Teuerungsindex enthalten ist, dürfe nur 80% der Teuerung angerechnet werden. Anderenfalls würde bei sonst stabilen Preisen ein genereller Mietkostenanstieg allein eine weitere individuelle Erhöhung der Miete rechtfertigen. Die Hauseigentümer verteidigten die 100%-Anrechnung mit dem Argument, dass sie mit dem Einverständnis zum Verbot einer Mietzinserhöhung bei einem Eigentümerwechsel bereits ein Opfer gebracht hätten. In der Vernehmlassung sprachen sich der Hauseigentümerverband, die Interessenorganisationen der Mieter und alle Parteien mit Ausnahme der SVP und der GP grundsätzlich für den Systemwechsel aus. Die GP hätte eine reine Kostenmiete vorgezogen und die SVP sprach sich prinzipiell gegen staatliche Eingriffe in den Mietmarkt aus. Im Herbst beauftragte der Bundesrat das EVD mit der Ausarbeitung eines definitiven Entwurfs für die Revision des Mietrechts.

Mietrechtsrevision scheitert (BRG 08.081)
Dossier: Gescheiterte Mietrechtsrevisionen
Dossier: Mietzinse: Bestimmung der Missbräuchlichkeit und Anfechtung

Da der Ständerat in der Wintersession weiterhin auf seinen Positionen bei den verbleibenden Differenzen beharrte, wurde eine Einigungskonferenz nötig. Hier einigten sich die Räte, dass bei einer Handänderung der Mietzins künftig im Rahmen der Vergleichsmiete bis zu zehn Prozent erhöht werden dürfte (der Ständerat hatte sich für 20 Prozent ausgesprochen, die grosse Kammer wollte Mietzinserhöhungen hingegen nicht einfach durch Besitzerwechsel begründen lassen). Ferner würden, wie vom Ständerat gewünscht, Unternehmen mit einem Jahresumsatz von über CHF 2,5 Mio. oder mindestens 20 Beschäftigten vom Schutz vor missbräuchlichen Mietzinsen ausgenommen. Schliesslich sollen nur die neuen Mietverhältnisse dem neuen Recht unterstehen, nicht jedoch die alten. Der Nationalrat nahm die Vorschläge der Einigungskonferenz mit 88:61 Stimmen bei 10 Enthaltungen an. In der Schlussabstimmung wurde der indirekte Gegenvorschlag zur Mieterinitiative mit 98:71 Stimmen (Nationalrat) respektive 36:5 Stimmen (Ständerat) angenommen; dagegen sprachen sich die Grünen, die SP und vereinzelte Vertreter der SVP aus. Wenige Tage nach der Schlussabstimmung beschloss der Schweizerische Mieterinnen- und Mieterverband einstimmig, das Referendum zu ergreifen, da das neue Mietgesetz gegenüber dem gültigen Recht eine Verschlechterung darstelle.

Volksinitiative „Ja zu fairen Mieten“ und Teilrevision des Mietrechts (99.076)
Dossier: Gescheiterte Mietrechtsrevisionen
Dossier: Mietzinse: Bestimmung der Missbräuchlichkeit und Anfechtung

Während des Differenzbereinigungsverfahrens zur Teilrevision des Mietrechts schwenkte die Rechtskommission des Nationalrats auf ein neues Konzept, den „accord romand“, um. Dieser Kompromiss zwischen Mieter- und Vermieterkreisen aus der Romandie orientierte sich im Wesentlichen an den Regeln des Status quo, koppelt die Mietzinse jedoch statt an den Hypothekarzins neu an den Landesindex der Konsumentenpreise. Während der Schweizerische Mieterverband den Rückzug seiner Initiative in Aussicht stellte, falls das Parlament den accord übernehmen sollte, lehnten ihn die Deutschschweizer Hauseigentümer strikte ab. In der Frühlingssession folgte der Nationalrat einem Ordnungsantrag des Präsidenten des Zürcher Hauseigentümerverbandes Hegetschweiler (fdp, ZH) und strich die Mietrechtsrevision vom Sessionsprogramm, da das mit Stichentscheid der Kommissionspräsidentin beschlossene Konzept noch nicht behandlungsreif sei; Kommissionspräsidentin Thanei (sp, ZH) unterlag mit ihrem Antrag, das Geschäft auf die dritte Sessionswoche zu verschieben. Mit Unterstützung der Mehrheit der CVP und eines Teils der FDP hiess der Rat mit 93:74 Stimmen jedoch einen weiteren Ordnungsantrag der Zürcherin gut, die Volksabstimmung über die Initiative "Ja zu fairen Mieten" auszusetzen, bis die Bundesversammlung über den indirekten Gegenvorschlag endgültig beschlossen habe. Mit 102:60 (Nationalrat) respektive 35:4 Stimmen (Ständerat) empfahl das Parlament die Volksinitiative „Ja zu fairen Mieten“ zur Ablehnung.

Volksinitiative „Ja zu fairen Mieten“ und Teilrevision des Mietrechts (99.076)
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Nachdem der Nationalrat im vergangenen Jahr dem indirekten Gegenvorschlag des Bundesrates zur Volksinitiative „Ja zu fairen Mieten“ gefolgt war, schuf der Ständerat im Berichtsjahr mehrere Differenzen. Er beschloss insbesondere, dass sich Mieterhöhungen jährlich nach dem Landesindex der Konsumentenpreise (LIK) und zusätzlich alle fünf Jahre auch noch nach den ortsüblichen Mieten richten dürfen. Daraufhin drohte der Schweizerische Mieterinnen- und Mieterverband mit dem Referendum.

Das neue Modell war von der vorberatenden Kommission vorgeschlagen worden. Es sah auch vor, dass die Überwälzung der Teuerung zu 100% erfolgen soll statt nur zu 80%, wie von Bundesrat und Nationalrat beschlossen. Diese absolute Missbrauchsgrenze, basierend auf einem Vergleich, solle immer gelten, sowohl bei der Anfangsmiete als auch bei Handänderungen und Mietzinserhöhungen. Neu sollten auch Geschäftsräume diesen Regelungen unterliegen. Der Präsident des Hauseigentümerverbandes Dettling (fdp, SZ) präsentierte dazu eine Alternative. Diese sah vor, dass die Mietzinse nach einer Schonfrist von zwei Jahren jährlich um 4% erhöht werden könnten, um Anreize für Investitionen in Wohnräume zu schaffen. Eintreten wurde ohne Gegenstimme beschlossen. In der Detailberatung entschied der Ständerat mit 19:18 Stimmen, zwar auch Geschäftsräumlichkeiten, aber nur von örtlich gebundenen Kleinbetrieben gegen missbräuchliche Mietzinse zu schützen. In die Vergleichsmiete sollen auch von Genossenschaften und Gemeinwesen vermietete Wohnungen einfliessen, da sie einen wichtigen Anteil am Marktangebot ausmachen. In Bezug auf die Mietzinsaufschläge setzte sich der Antrag der Kommissionsmehrheit (100% Anpassung an Teuerung plus alle fünf Jahre Anpassung an Vergleichsmieten) sowohl gegenüber dem Vorschlag des Bundesrates (nur 80% Überwälzung der Teuerung) als auch gegenüber dem Minderheitenantrag Dettling (jährlich 4%ige Erhöhung nach zwei Jahren) durch. Falls die Teuerung allerdings während mehr als zwei aufeinanderfolgenden Jahren 5% überschreite, sollte die Indexierung an den Konsumentenpreisindex wegfallen. In der Gesamtabstimmung verabschiedete der Ständerat die Revision des Mietrechts mit 22:12 Stimmen und lehnte die Volksinitiative „Ja zu fairen Mieten“ mit 32:5 Stimmen ab.

Volksinitiative „Ja zu fairen Mieten“ und Teilrevision des Mietrechts (99.076)
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Als der Bundesrat im vergangenen Herbst seine Botschaft zur Teilrevision des Mietrechts im Obligationenrecht und zur Volksinitiative «Ja zu fairen Mieten» verabschiedet hatte, herrschte an der Zinsfront noch Ruhe. Das Zinsniveau und speziell die Hypothekarzinsen sind aber im Berichtsjahr wieder angestiegen, was zu Mieterhöhungen führte. Im Mai forderte deshalb der Mieterinnen- und Mieterverband (MV) vom Bundesrat Sofortmassnahmen im Mietrecht. Die gesetzlich festgelegten Überwälzungssätze sollten mit einem dringlichen Bundesbeschluss halbiert werden. Der Bundesrat wollte diesem Anliegen aber nicht entsprechen. Eine kurzfristige Änderung der Überwälzungsansätze hätte seiner Meinung nach die parlamentarische Debatte zur Mietrechtsrevision unterlaufen.
Gleichzeitig nahm der Hauseigentümerverband (SHEV) seinen Kampf gegen die Mieterinitiative auf. An einer Delegiertenversammlung im Juni forderte SHEV-Präsident Dettling, der Bundesrat müsse die Initiative ohne Gegenvorschlag zur Abstimmung bringen. Alt Nationalrat Jaeger (ldu, SG) setzte sich für eine schrittweise Liberalisierung des Mietmarktes ein.

Volksinitiative „Ja zu fairen Mieten“ und Teilrevision des Mietrechts (99.076)
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Im September stellte der Bundesrat seinen Gegenvorschlag zur 1997 eingereichten Volksinitiative «Ja zu fairen Mieten» des Schweizerischen Mieterverbandes vor. Die Initiative will für Mietzinsanpassungen einen über fünf Jahre geglätteten Hypothekarzinssatz zugrunde legen. Der Gegenvorschlag möchte die Bindung der Mietpreise an die Hypothekarzinsen gänzlich aufheben und zu einer Indexmiete übergehen. Die Mieten sollten demnach an den Landesindex der Konsumentenpreise gekoppelt werden, der geringeren Schwankungen unterworfen ist. Dadurch könnte auch die Politisierung der Hypothekarzinssätze rückgängig gemacht werden, die die Geldpolitik behindern würde. Der Mieterverband wies den Gegenvorschlag bereits bei dessen Ankündigung Ende Mai zurück und hielt an seiner Initiative fest. Sein Hauptargument war eine in der Initiative enthaltene Verbesserung des Kündigungsschutzes, die im bundesrätlichen Gegenvorschlag unberücksichtigt bleibt. Der Hauseigentümerverband wies sowohl die Initiative wie auch den bundesrätlichen Gegenvorschlag zurück. Ihm schwebt die Einführung einer echten Marktmiete vor; die Mietpreise sollen sich in Zukunft allein nach dem Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage richten.

Volksinitiative „Ja zu fairen Mieten“ und Teilrevision des Mietrechts (99.076)
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