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Wie so viele andere Kulturschaffende auch, sahen sich die Musikschaffenden durch das vom Bund verordnete Veranstaltungsverbot in ihrer Existenz bedroht, da mit jeder einzelnen Konzertabsage ein beachtlicher Teil ihrer Haupteinnahmequelle verloren ging. Zwar hatte der Bundesrat im Rahmen der Covid-Verordnung dem Kulturbereich finanzielle Unterstützung zugesprochen, jedoch bezweifelte man beispielsweise bei Sonart, dem Verband der Schweizer Musikschaffenden, dass damit alle Gagenausfälle kompensiert werden können, wie die Aargauer Zeitung berichtete. Aus diesem Grund ergriffen die Sängerinnen Corin Curschellas und Nadja Zela die Initiative und riefen Radio SRF über die sozialen Medien dazu auf, während der Corona-Krise vermehrt auf Schweizer Musik zu setzen. Da für jeden über den Äther verbreiteten Song eine Urheberrechtsgebühr bei der Verwaltungsgesellschaft Suisa abgegolten werde, könne man so den Musikerinnen und Musikern zumindest helfen, ihre Ausfälle zu minimieren. Tatsächlich zeigten sich sowohl die SRF als auch die CH Media Radios während der Pandemie solidarisch mit den Musikschaffenden und wollten jeweils den Sendeanteil der Schweizer Musik am Gesamtprogramm erhöhen. Wie die Aargauer Zeitung schliesslich Ende Juni berichtete, hätten beide Medienhäuser zwischenzeitlich die Schweizer Musik am Radio beachtlich in den Vordergrund gerückt: Bei SRF 3 habe man im März über 35 Prozent, im April rund 50 Prozent Schweizer Künstlerinnen und Künstler gespielt. Bei Radio Virus habe man ab Ende März bis Mitte Juni gar konsequent auf Schweizer Musik gesetzt; seither sei der Schweizer Anteil zwar wieder zurückgefahren worden, jedoch wolle man sich zukünftig bei rund 60 Prozent einpendeln. Auch bei den CH Media Sendern (Radio Argovia, Radio 24, Radio FM1, Radio Pilatus, Radio Melody und Virgin Radio) habe man mehr auf Schweizer Musik gesetzt, wobei man sich hierbei primär auf punktuelle Aktionen wie die in Kooperation mit dem SRF entstandene «Alles wird gut»-Aktion, die auch am Fernseher ausgestrahlt wurde, konzentrierte. Andreas Ryser, Präsident des Dachverbands der unabhängigen Labels (Indie-Suisse), zeigte sich ebenfalls in der Aargauer Zeitung äusserst erfreut über das Ergebnis. Tatsächlich habe man den einzelnen Musikschaffenden mit dem Engagement etwas unter die Arme greifen können. Von grosser Bedeutung sei hierbei, dass man nicht nur auf die grossen Hits gesetzt, sondern ein breites Spektrum an Künstlerinnen und Künstlern abgedeckt habe, so dass auch weniger etablierte davon profitieren konnten. Lediglich die Wochenzeitung zeigte sich über den neuen Schweizer Fokus wenig erfreut. Es sei zwar schön und gut, wenn man Kulturschaffende unterstützen wolle, jedoch verkomme mit diesem übersteigerten «Heimatschutz» die Krise lediglich noch zu einem «Biotop für übersteigerten Patriotismus», wohingegen der Grundgedanke der Kultur eben gerade darin liege, Grenzen zu überschreiten und Horizonte zu erweitern.

Musik während Covid-19

Nach der Wintersession 2018 nahm sich die WBK-SR als Kommission des Zweitrates der Vorberatung des zu revidierenden Urheberrechtes an. Auch sie führte zunächst eine Anhörung diverser Unternehmen und Organisationen – mitunter des SNF, des SBVV, der SUISA und der IRF – durch, wobei sie die Schwerpunkte auf Open Access in der Wissenschaft, den Lichtbildschutz, Video-on-Demand sowie Replay-TV und die Vergütung für Hotels, Spitäler, Ferienwohnungen und Gefängnisse setzte. Anschliessend trat sie ohne Gegenstimme auf die Bundesratsvorlage ein.
Auch in der Detailberatung wurde die Vorlage – inklusive der beiden WIPO-Abkommen – geschlossen mit 12 Stimmen bei einer Enthaltung angenommen, wobei die Kommission dennoch vereinzelte Abweichungen zum Beschluss des Nationalrates vorschlug. Diese bezogen sich in erster Linie auf die Vergütungspflicht bei Filmmusik hinsichtlich der Video-on-Demand-Regelung und auf die Vergütung von journalistischen Werken auf Kommunikationsplattformen im Internet. Für die Filmmusik schlug die Kommission vor, diese von der Vergütungspflicht auszunehmen, und stützte somit das bisherige Verfahren, in welchem Verwertungsgesellschaften im Auftrag von Musikschaffenden direkt mit den Video-on-Demand-Plattformen verhandelten. Mit dem Bundesratsentwurf fielen lediglich Mehrkosten und ein geringerer Ertrag für die Künstlerinnen und Künstler an, so die Begründung. Hinsichtlich journalistischer Werke forderte die Kommission eine Vergütungsabgabe seitens der Kommunikationsplattformen zu Gunsten der Urheberinnen und Urheber dieser Werke. Des Weiteren solle den Medienverlagen – gegenüber kommerziellen Anbietern elektronischer Dienste – während 10 Jahren ein ausschliessliches Recht zur Zugänglichmachung ihrer Medienprodukte zugesprochen werden.
Der Nationalratsbeschluss zur Werkverwendung in Privaträumen von Hotels, Ferienwohnungen, Spitälern und Gefängnissen wurde per Stichentscheid des Präsidenten unterstützt, wobei die Minderheit monierte, dass es sich hierbei lediglich um branchenspezifische Massnahmen handle und sie die Gleichbehandlung aller Branchen beibehalten möchte. Eine weitere Minderheit wollte zudem das Zweitveröffentlichungsrecht im OR regeln, wofür eine Mehrheit jedoch keinen Handlungsbedarf sah, da die Selbstregulierung in der Schweiz ohne gesetzliche Grundlage bereits gut funktioniere.
Der allererste Diskussionspunkt galt bei der Detailberatung aber den gemeinnützigen Bibliotheken: Die Kommission beantragte die gesetzliche Festschreibung des Verzichtes auf die Vergütungspflicht bei Entgelten öffentlicher oder öffentlich zugänglicher Bibliotheken, Bildungseinrichtungen, Museen oder Sammlungen und Archiven. Damit möchte sie die erst im Dezember 2018 von der Eidgenössischen Schiedskommission (ESchK) genehmigten Tarife für die Jahre 2019–2021 rückgängig machen.

Ausgestaltung des Urheberrechts im digitalen Zeitalter (BRG 17.069)
Dossier: Revision des Urheberrechts

Auch wenn Bibliotheken in der heutigen Zeit über ein vielfältiges Angebot verfügen, ist die Ausleihe gedruckter Bücher noch immer die zentrale Dienstleistung, die von den vorwiegend öffentlich finanzierten Institutionen erbracht wird. Die bisweilen gängige Vergütungspraxis in der Schweiz ist, dass Vergütungsabgaben lediglich auf Mietobjekte, nicht aber auf Ausleihen erhoben werden. In der Folge können Bibliotheken nur dann zur Zahlung einer Urhebergebühr verpflichtet werden, wenn sie selbst bei den Benutzerinnen und Benutzern eine Benutzungsgebühr erheben. Anders verhält es sich mit Pauschalen wie Jahresgebühren, auf die ebenfalls keine Urhebergebühren entfallen. In der Schweiz hat sich gezeigt, dass nur noch rund 300 Bibliotheken die Einzelvergütung praktizieren, während in den vergangenen Jahren 50 Bibliotheken auf die Pauschalvergütung umgestiegen sind, was verhältnismässig einem grossen Anteil entspricht.
Die Verwertungsgesellschaft ProLitteris monierte, dass sich für sie aufgrund dieser Entwicklung im Zeitraum von 2013 bis 2016 rund CHF 140'000 Mindereinnahmen ergeben hätten, und erhob daher die Forderung, den geltenden Tarif auf die kostenlose Ausleihe auszuweiten. Da sich die Bibliotheksverbände gegen diese Tarifausweitung zur Wehr setzten und sich in den bilateralen Verhandlungen keine Einigung einstellte, gelangte ProLitteris mit ihrem Anliegen an die Eidgenössische Schiedskommission für die Verwertung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten (ESchK). Die Kommission entschied schliesslich am 10. Dezember 2018 – insbesondere für die Verbände überraschend – zu Gunsten von ProLitteris und sprach sich entsprechend für die Ausweitung des Gemeinsamen Tarifs 5 (GT 5) auf kostenlose Ausleihen aus. Somit sollen Ausleihen der Bibliotheken ab 2019 mit 9 Prozent des von Nutzerinnen und Nutzern gezahlten Entgeltes belastet werden, wobei eine gestaffelte Einführung des neuen Tarifs in drei Schritten von 2019 bis 2021 angedacht ist. Für Pauschaleinnahmen wurde eine Halbierung der Vergütung vorgesehen und die öffentlich-rechtliche Einschreibegebühr der Hochschulen wurde als Ausnahme erfasst und entspricht in der Folge nicht dem «Entgelt» im Sinne des Tarifs. Die einzelnen Institutionen unterstehen unabhängig von der Vergütungspraxis – Pauschalzahlungen oder Einzelbeträge – dem neuen Tarif und müssen der Verwertungsgesellschaft jährlich bis Ende März die korrekten und vollständigen Angaben zu jeglichen Einnahmen durch die Bibliotheksnutzung angeben. ProLitteris zeigte sich über diesen Entscheid sehr erfreut und betonte, dass es bei diesem Verfahren um eine Rechtsfrage gehe, die einer Ungleichbehandlung entgegenwirken könne.
Der schriftlich begründete Entscheid der Schiedskommission wird für die nächsten Monate erwartet und kann angefochten sowie gegebenenfalls dem BVGer zur Entscheidung vorgelegt werden. Unabhängig davon beschloss der Nationalrat ebenfalls im Dezember 2018 einstimmig die Urheberrechtsrevision, die explizit kein Verleihrecht vorsieht.
Im Unterschied zu ProLitteris zeigte sich Hans Ulrich Locher, Geschäftsführer von Bibliosuisse, alles andere als erfreut über den Kommissionsentscheid und tat seinen Unmut in einem Gastkommentar in der NZZ kund. Er kritisierte insbesondere die neu zu bezahlenden 9 Prozent: Worauf genau diese denn erhoben werden sollen, fragte er. Bei der Vermietung sei dies klar über die Mieterträge vorzunehmen; der Entscheid der Kommission aber, in den restlichen Fällen die Einnahmen aus Mitgliederbeiträgen und Jahresgebühren dem neuen Tarif zugrunde zu legen, stehe «völlig quer in der politischen Landschaft» und habe «faktisch absurde Konsequenzen». So würden erstens Bibliotheken ohne Jahresgebühren und Ausleihen oder Nutzung vor Ort nicht erfasst, was jeglicher rechtlicher Gleichbehandlung widerspreche. Unter dem Strich würden insbesondere notleidende und von Privatmitteln abhängige Bibliotheken zur Kasse gebeten. Zweitens gebe es bei der Nutzung selbst keinerlei Änderungen, die Anlass für eine Tarifanpassung geben würden, zumal sich die bisherige Variante seit Jahrzehnten bewährt habe. Drittens habe sich bereits bei der Vernehmlassung zur URG-Revision gezeigt, dass eine Bibliothekstantieme als generelle Nutzungsgebühr weder bei den Parteien und Kantonen noch bei den Verbänden Rückhalt erhalten würde. Der Entscheid der Schiedskommission trage diesem Umstand nicht Rechnung und es stelle sich nun die Frage, ob die vom Bundesrat gewählte Instanz ihre Kognitionsbefugnisse überschritten habe – was freilich vom BVGer zu beantworten sei, da der Entscheid wahrscheinlich angefochten werde. Es sei nun aber am Parlament, im Rahmen der laufenden Urheberrechtsrevision das bewährte System der kostenlosen Ausleihe unter Schutz zu stellen – insbesondere, da der Entscheid der Schiedskommission gezeigt habe, dass man diesen Grundsatz nicht als selbstverständlich erachten sollte.

ESchK GT5 (Tarife für 2019–2021)

Im November 2017 unterbreitete der Bundesrat beiden Räten seine Botschaft zur Modernisierung des Urheberrechts sowie zur Genehmigung zweier Abkommen der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO). Zugleich beantragte er die parlamentarischen Vorstösse Po. 10.3263, Po. 12.3326, Po. 12.3173, Mo. 14.3293 und Po. 14.4150 zur Abschreibung.

Die letztmalige Änderung des Schweizer Urheberrechts war mit der 2008 in Kraft getretenen Teilrevision angegangen worden und hatte sich aus der Notwendigkeit der Anpassung an die neuen digitalen und rechtlichen Rahmenbedingungen ergeben. Seither haben sich diese Rahmenbedingungen aber wiederum weitgehend geändert, weshalb eine neuerliche punktuelle Anpassung der Rechtsgrundlage erforderlich wurde. Die Vorlage beinhaltete eine Reihe von Massnahmen, die das Urheberrecht zugleich modernisieren als auch dessen Schutzfunktion festigen sollen. Im Fokus stand die viel diskutierte Frage nach der Internetpiraterie und deren effizienter Bekämpfung. Besonders für diesen Bereich erhoffte man sich mit den vorgeschlagenen Massnahmen mitunter den Bedenken des US-Handelsbeauftragten Rechnung zu tragen: Dieser hatte 2016, auf Verlangen der US-Urheberrechtsindustrie, die Schweiz zum ersten Mal auf die «Watch-List» der Länder gesetzt, die gemäss den USA ein Defizit beim Schutz von Immaterialgüterrechten aufweisen. Diese Zuweisung bringe zwar keine unmittelbaren rechtlichen, politischen oder wirtschaftlichen Folgen mit sich, sei aber hinsichtlich der zwischenstaatlichen Beziehungen belastend, führte der Bundesrat in seiner Botschaft aus. Entsprechend wurde vorgeschlagen, dass – insbesondere auch um die Konsumentinnen und Konsumenten nicht zu kriminalisieren – zur effizienten Bekämpfung der Internetpiraterie bei den Hosting-Providern angesetzt werden soll. Die im Frühjahr 2017 gefundene Kompromisslösung der AGUR12 II fand folglich ihren Weg in die Vorlage: Schweizer Anbieter von Internetdienstleistungen sollen keine Piraterieplattformen beherbergen und entsprechend rechtswidrige Inhalte sofort von ihren Servern entfernen. Da die anvisierte Selbstregulierung gerade bei den Piraterieplattformen nur schlecht greife, sollen Hosting-Provider, die Urheberrechtsverletzungen begünstigen, verpflichtet werden, dafür Sorge zu tragen, dass einmal entfernte rechtswidrige Inhalte auch entfernt bleiben («Stay-down»). Dieses Vorgehen soll mitunter zu einer Aufwandsreduktion bei den Rechtsinhaberinnen und Rechtsinhabern führen. Zusätzlich soll die Zulässigkeit einer Datenbearbeitung zur strafrechtlichen Verfolgung ausdrücklich im Gesetz festgehalten werden, wohingegen von Netzsperren und dem Versand von Aufklärungshinweisen abgesehen wurde.

Um mit den neusten technischen und rechtlichen Entwicklungen Schritt zu halten, wurden in der Vorlage auch entsprechende Massnahmen zur Regulierung dieser Bereiche angeführt. Für die Nutzerinnen und Nutzer sowie Konsumentinnen und Konsumenten wurden das Verzeichnisprivileg, die vergütungsfreie Wissenschaftsschranke und eine Nutzungsregelung verwaister Werke aufgenommen. Mit dem Verzeichnisprivileg wird die Ausgestaltung der Online-Verzeichnisse der Bestände von beispielsweise öffentlichen Bibliotheken oder Museen geregelt, damit diese ihren Vermittlungsauftrag zeitgemäss und den technischen Entwicklungen angepasst wahrnehmen können. Mit der Wissenschaftsschranke soll sichergestellt werden, dass Urheberinnen und Urheber das für das Text- und Data-Mining relevante Kopieren nicht zum Nachteil der Forschung verbieten dürfen. Die Nutzungsregelung von verwaisten Werken soll korrigierend auf die Nachteile einwirken, die sich aus den relativ langen Schutzfristen des bestehenden Urheberrechts ergeben. Um das Missverhältnis zwischen der zunehmenden Online-Nutzung und den Vergütungen der Werke von Kulturschaffenden zu korrigieren, wurde zu deren Gunsten die Erhöhung der Schutzfrist für verwandte Schutzrechte von 50 auf 70 Jahre in die Vorlage aufgenommen. Des Weiteren soll der Schutz von Fotografien ohne individuellen Charakter – beispielsweise Fotografien, die das Zeitgeschehen dokumentieren – sichergestellt werden und die Video-on-Demand-Vergütung, mit der die ausschliesslichen Rechte für Personen mit Urheber- und/oder Interpretationsansprüchen komplementiert werden, festgehalten werden.

Mit den beiden zur Ratifikation aufgenommenen WIPO-Abkommen soll garantiert werden, dass auch im internationalen Verhältnis ein Standard gewährleistet werden kann, der in der Schweiz bereits gesetzlich verankert ist. Mit dem Vertrag von Peking sollen analog zu den Musikerinnen und Musikern auch die Rechte von Schauspielerinnen und Schauspielern gesichert werden. Im Unterschied zu Erstgenannten können Letztere im internationalen Verhältnis keinen Schutzanspruch bei unerlaubter Verwendung ihrer Darstellungen geltend machen. Der Vertrag von Marrakesch soll zur Verbesserung der Chancengleichheit von sehenden und sehbehinderten Personen beitragen, indem der Zugang zu urheberrechtlich geschützten Werken für Letztgenannte erleichtert werden soll.

Die Überzeugung des Bundesrates, mit dem eingereichten Entwurf eine gute und solide Kompromisslösung gefunden zu haben, die möglichst alle Anliegen berücksichtigt, wurde indes von den Medien nicht wirklich geteilt. Die satirisch anmutende Aussage der NZZ «[w]enn niemand richtig zufrieden ist, dann hat man einen guten Kompromiss», scheint den Grundtenor bei den Kunst- und Kulturschaffenden sowie -produzierenden wesentlich besser einzufangen. So werden in der NZZ auch Zweifel daran kundgetan, dass die Vorlage in der aktuell kompromissorientierten Form die parlamentarischen Verhandlungen unbeschwert überstehen könnte. Die Stiftung für Konsumentenschutz erachte die Vorlage nicht gerade als einen «grossen Wurf», zeige sich aber immerhin zufrieden damit, dass zumindest eine Verschlechterung abgewendet werden konnte, wie die NZZ berichtete. Ebenfalls zu Worte kam Suisseculture, der Dachverband der Kulturschaffenden. Dieser merkte zwar an, dass nicht all seine Forderungen im Kompromisspaket berücksichtigt worden seien, zeigte sich aber dennoch bereit, sich an den Kompromiss zu halten, wenn die anderen Beteiligten dies auch tun würden – es sei jedoch noch Widerstand seitens einzelner Berufsgruppen zu erwarten. Wesentlich frustrierter fiel die Resonanz bei den Film- und Musikproduzenten aus: Diese zeigten sich mit der Vorlage gänzlich unzufrieden und monierten insbesondere die fehlenden Netzsperren für ausländische Anbieter und das Versäumnis, eine Möglichkeit der Kriminalisierung von privaten Downloads einzuführen. Lorenz Haas vom Verband für Musiklabels (IFPI) wolle es daher noch offen lassen, ob sein Verband entsprechende Lobbyingbestrebungen im Parlament angehen werde. Wie die «Schweiz am Wochenende» berichtete, wären gerade diese beiden Versäumnisse nach Haas «das adäquate Mittel» gewesen, um die Urheberschaft im Musikbereich effizient zu schützen. Entsprechend könne er auch das Argument von Bundesrätin Sommaruga, dass dieser Entscheid im Parlament nicht mehrheitsfähig gewesen wäre, nicht nachvollziehen; zumal gerade dieses besagte Parlament sich kurz zuvor für das Geldspielgesetz, mit welchem die Sperrung von ausländischen Angeboten von Online-Glücksspiel anvisiert worden war, ausgesprochen hatte. Es stelle sich folglich die Frage, ob den Schweizer Politikerinnen und Politikern die Casinos wichtiger seien, als die Schweizer Musik und Kultur. Ob die Forderung der Netzsperre es wieder in die Vorlage schaffen könnte, hänge laut dem Tages-Anzeiger derweilen von Teilen der SP, FDP und CVP ab und davon, ob sie sich gewillt zeigten, am gleichen Strick zu ziehen, zumal sich die SKS und der Gewerbeverband bereits dagegen ausgesprochen hatten.

Ausgestaltung des Urheberrechts im digitalen Zeitalter (BRG 17.069)
Dossier: Revision des Urheberrechts

Der Bericht des Bundesrates in Erfüllung eines Postulats Luginbühl (bdp, BE) ergab, dass die Schweiz zu einem der wenigen europäischen Ländern zählt, die kein Folgerecht kennen, bzw. wo Künstlerinnen und Künstler bei Weiterverkauf ihrer Werke nicht am Erlös beteiligt werden. Trotzdem kommt der Bundesrat zum Schluss, dass die Einführung des Folgerechtes, wie in einer 2013 gestarteten Kampagne der Künstlerverbände Visarte und Swissculture gefordert, nicht zielführend sei. Erfahrungen aus der EU zeigten, dass nur wenige Personen – erfolgreiche Kunstschaffende und deren Erben – von einer solchen Regelung profitieren würden. Wenn die Erlöse alternativ in einen Kultur- und Sozialfonds eingezahlt würden, könnte immerhin ein breiterer Kreis von Künstlerinnen und Künstlern davon profitieren, allerdings würden die geschätzten Einnahmen aus dem Folgerecht in der Schweiz (CHF 2 Mio.) nur einen unbedeutend kleinen Teil der gesamten Kulturförderung (CHF 2,7 Mrd.) ausmachen. Ferner könnten negative Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit eines Kunsthandelsplatzes oder Verlagerungskosten nicht ausgeschlossen werden. Nicht zuletzt, so der Bundesrat, verfügten die zwei grössten Kunsthandelsplätze, China und die USA, ebenfalls über kein Folgerecht und auch Bestrebungen einzelner Staaten auf internationaler Ebene seien kürzlich am Widerstand anderer Staaten gescheitert. In der Schweiz seien die Kunsthandelsverbände gegen die Einführung eines solchen Rechtes, wie der Bundesrat mit Verweis auf die eingegangenen Stellungnahmen vom Schweizer Kunstverein (SKV) und vom Verband Kunstmarkt Schweiz (VKMS) beteuerte.

Einführung des Folgerechtes

Während sich die Musikmärkte im Ausland in den letzten Jahren stabilisiert hatten oder sich gar auf dem Weg der Erholung befanden, ging der Umsatzrückgang in der Schweiz ungebremst weiter. Seit dem Rekord-Verkaufsjahr 2000 verkleinerte sich der Schweizer Absatzmarkt für Tonträger und digitale Musik bis im Jahr 2012 um 64%, was im Vergleich zum globalen Markt, der in derselben Zeitspanne 42,3% Umsatzeinbussen in Kauf nehmen musste, beträchtlich ist. Lorenz Haas, Geschäftsführer des Branchenverbands für Musiklabels (IFPI) ortete den Hauptgrund im fehlenden juristischen Vorgehen gegen illegales Herunterladen von Musik. Haas hoffte auf die von Bundesrätin Sommaruga eingesetzte Arbeitsgruppe für das Urheberrecht (Agur12), welche bis zum Ende des Berichtsjahres mögliche Anpassungen für ein angemessenes Urheberrecht im digitalen Zeitalter präsentieren wollte. Weitere Erklärungen für die fortwährende Abnahme der Musikverkäufe sah Haas im Händlersterben sowie in der aufgrund des starken Frankens zunehmenden Bedeutung von Parallelimporten. Im Gegenzug vertrat das IFPI die Ansicht, dass teilweise kostenpflichtige Streaming-Dienste wie Spotify, Simfy oder die im Vorjahr auf den Markt gekommene Xbox Music von Microsoft keine Konkurrenz für den legalen Absatzmarkt von Tonträgern und digitalen Angeboten bedeuteten. Vielmehr bestehe das Potential, dass sich solche Kanäle zu einem wichtigen Absatzmarkt für ein junges Klientel entwickeln. Laut Aussage von Spotify hätten sogar 20% der illegalen Downloader zu Streaming-Diensten gewechselt. Der Gesamtumsatz des Schweizer Musikmarktes belief sich 2012 auf CHF 104,8 Mio. Dabei umfasste der durch den Absatz von Tonträgern generierte Umsatz beinahe zwei Drittel des gesamten Verkaufserlöses (CHF 67 Mio.). Während der Verkauf physischer Tonträger im Vergleich zu 2011 um 28% zurückging, vergrösserte sich der digitale Absatzmarkt im 2012 um 23%. Der durch Streaming erzielte Umsatz betrug im Vorjahr nur etwas über 3% des gesamten digitalen Absatzmarktes (CHF 37,8 Mio.). Erste Zahlen für 2013 zeigen hingegen einen deutlichen Anstieg des Marktanteils von Streaming-Diensten am digitalen Musikvertrieb.

Umsatzrückgang in der Schweiz

Als erstes Land nach Frankreich erliess die Pro Litteris auf den 1. Januar 2000 einen Tarif für die Verbreitung von Texten im Internet resp. auf CD-ROM. In einer Interpellation beklagte sich Nationalrat Laubacher (cvp, LU), damit würde die Wirtschaft über Gebühr belastet. In seiner Antwort vertrat der Bundesrat die Auffassung, die Tätigkeit der Pro Litteris sei gleichermassen im Interesse von Urhebern und Nutzern. Die neuen Verwendungen dürften nur mit der ausdrücklichen Erlaubnis der Rechtsinhaber vorgenommen werden. Für die Nutzer wäre es aber sehr schwierig und umständlich, alle Berechtigten ausfindig zu machen und mit ihnen Lizenzverträge abzuschliessen. Der Tarif der Pro Litteris sei damit nichts anderes als eine Offerte an diejenigen Nutzer, die das Werkrepertoire der Verwertungsgesellschaft in Anspruch nehmen wollen. Anders als bei den Photokopien sei nur die tatsächliche Nutzung gebührenpflichtig. Zu den Querelen um die Pro Litteris im Bereich der Photokopien siehe hier.

Tarif für die Verbreitung von Texten im Internet resp. auf CD-ROM und die darauffolgende Interpellation (Ip. 00.3352)

Im Spätsommer schlossen sich die fünf schweizerischen Verwertungsgesellschaften (Pro Litteris, SSA, Suisa, Suissimage und Swissperform) zusammen, um mit einer gemeinsamen Plakatkampagne die breite Öffentlichkeit für die Probleme rund um die Durchsetzung des Urheberrechts im Zeitalter der digitalen Medien zu sensibilisieren. Hintergrund dieser Aktion war der Umstand, dass das Urheberrecht teilrevidiert werden soll. Der Grund für diese Revision sind neue internationale Verträge, welche die Weltorganisation für geistiges Eigentum 1996 verabschiedet hat, und in denen die Folgen neuerer technischer Entwicklungen für die Durchsetzung der Urheberrechte berücksichtigt werden. Da die Schweiz diesem Abkommen, das in Kraft tritt, wenn es 30 Länder unterschrieben haben, beitreten möchte, muss sie ihr Urheberrechtsgesetz anpassen. Die Verwertungsgesellschaften befürchten, dass bei dieser Revision alte Forderungen des mächtigen Dachverbandes der Urheberrechtsnutzer berücksichtigt werden könnten. Es geht insbesondere um den so genannten «Produzentenartikel», durch den angestellte und im Vertragsverhältnis arbeitende Urheber ihre Rechte an die Produzenten verlieren könnten.

Plakatkampagne der fünf schweizerischen Verwertungsgesellschaften

Höhere Wogen schlug die Botschaft des Bundesrates für ein totalrevidiertes Bundesgesetz über das Urheberrecht. Obgleich der eher autorenfreundliche Entwurf der Expertenkommission in der Vernehmlassung grundsätzlich nicht schlecht aufgenommen worden war – einzig die FDP verhielt sich deutlich ablehnend –, hatte der Bundesrat die Verwaltung angewiesen, noch einmal über die Bücher zu gehen. Der neue Gesetzesvorschlag, der erwarteterweise auch Computerprogramme dem Urheberrecht unterstellt, während für die Halbleiter-Topographien («Chips») ein separater Gesetzesentwurf ausgearbeitet wurde, entschied nun in den beiden neuralgischsten Punkten – Massennutzung und rechtliche Stellung des Arbeitnehmers – deutlich zugunsten der Werknutzer und der Produzenten und gegen die Urheber.

Es war deshalb nicht verwunderlich, dass die FDP sogleich nach Veröffentlichung der Botschaft ihre Genugtuung über den neuen Gesetzesentwurf kundtat. Die Arbeitsgemeinschaft der Urheber (AGU) zeigte sich hingegen empört über den Entwurf des Bundesrates. Der Entscheid, die Massennutzung zum privaten Gebrauch weiterhin gebührenfrei zu halten – also keine Abgaben für Kopiergeräte oder Leerkassetten einzuführen, wie dies die meisten europäischen Länder bereits getan haben –, und die arbeitgeberfreundliche Korrektur bei der Rechtszuordnung an Werken, die im Arbeitsvertrag oder unter der Verantwortung eines Produzenten geschaffen werden, wurde von der AGU als Affront empfunden. In den folgenden Wochen und Monaten gelangten Kulturschaffende aller Sparten immer wieder an die Öffentlichkeit. Im November stiegen sie dann gemeinsam auf die Barrikaden: In einer vielbeachteten Pressekonferenz griffen die Vertreter der 18 in der AGU zusammengeschlossenen Organisationen die Haltung des Bundesrates mit harten Worten an – von «reinem Zynismus» und von einer «kalten Enteignung der Urheber» war da die Rede – und sie drohten mit dem Referendum, falls das Parlament das Gesetz in der vorliegenden Form verabschieden sollte.

Totalrevision des Urheberrechtsgesetzes (84.064)