Die Bemühungen um eine Totalrevision der Bundesverfassung erfuhren eine Belebung durch die Publikation eines neuen Verfassungsentwurfs. Dessen Autoren, die keiner Partei angehörenden Staatsrechtslehrer J. P. Müller (Bern) und A. Kölz (Zürich), versuchten der Kritik am Expertenentwurf von 1977 Rechnung zu tragen, zugleich aber mit der Hervorhebung der Umweltproblematik einen besonderen Akzent zu setzen. Sie schränkten die Kompetenzen des Bundes wieder auf die im Verfassungstext aufgezählten Bereiche ein und verankerten Eigentumsgarantie und Wirtschaftsfreiheit stärker, als es die Kommission Furgler getan hatte. Anderseits legten sie vermehrtes Gewicht auf Transparenz und Volksrechte.

Der Entwurf fand auf bürgerlicher wie auf sozialdemokratischer Seite Anerkennung; aus beiden Richtungen kam freilich auch Skepsis und Kritik. Lebhafter war das Interesse in Kreisen des Umweltschutzes. Eine Gruppe um den ökologisch engagierten Zürcher Anwalt Felix Matter trat mit der Idee hervor, auf der Grundlage des Entwurfs Kölz/Müller eine Volksinitiative für die Totalrevision zu lancieren. Eine Vereinigung für Verfassungsreform (VVR) wurde gegründet, der sich vor allem Jugend- und Frauenorganisationen wie auch der Schweizerische Konsumentenbund anschlossen. Der VVR traten u.a. die Jungparteien von CVP, SVP, EVP und LdU, die Schweiz. Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbände, die Schweiz. Gesellschaft für Umweltschutz, der Schweiz. Verband für Frauenrechte und der Schweiz. Katholische Frauenbund bei. In den Vorstand wurden u.a. F. Matter (Präsident), die NR L. Robert (-, BE), M. Weber (ldu, ZH), P. Günter (ldu, BE) und R. Seiler (cvp, ZH) sowie H. Tschäni gewählt. Die Bewegung griff freilich nur langsam um sich und erntete namentlich in der lateinischen Schweiz wenig Echo. So wurde von der Bildung eines Initiativkomitees noch abgesehen.

Verfassungsentwurf von Kölz und Müller und Vereinigung für Verfassungsreform (VVR)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 1/2: Vorgeschichte (1966 bis 1996)