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Mitte 2015 entbrannte ein Streit zwischen den Gewerkschaften Unia und Syna einerseits und dem Schweizerischen Baumeisterverband (SBV) andererseits. Streitpunkt war die Verlängerung des Landesmantelvertrags (LMV), wie der Gesamtarbeitsvertrag (GAV) im Bauhauptgewerbe genannt wird, welcher Ende Jahr auslief. Das Phänomen ist nicht neu; schon in vergangenen Jahren gerieten sich die Sozialpartner in der Baubranche zum Zeitpunkt der Erneuerung des LMV jeweils heftig in die Haare (etwa 2011 und 2007). Die Gewerkschaften forderten eine Neuverhandlung des bestehenden Vertrags, während der Baumeisterverband auf einer unveränderten Weiterführung des Vertrags bestand. Letzteres war den Gewerkschaften nicht genug, weil sie sich insbesondere um die Sicherung der Frührente ab 60 – dem üblichen Pensionsalter für Arbeitnehmer auf dem Bau – Sorgen machten. Mit dem bestehenden Vertrag drohten demnächst Rentenkürzungen, wenn die geburtenstarke Babyboomer-Generation das Pensionsalter erreiche, weshalb die Gewerkschaften höhere Rentenbeiträge, insbesondere von Seiten der Arbeitgeber, forderten. Weitere Forderungen waren verbesserte Kontrollen gegen Lohndumping und eine neue Regelung für Schlechtwettertage, an denen die meisten Bauunfälle passieren.
Der Baumeisterverband weigerte sich jedoch, mit den Gewerkschaften zu verhandeln, solange die Unia ihre Fachstelle Risikoanalyse betreibt. Im Auftrag von Baufirmen prüft diese Fachstelle Subunternehmen auf deren Risiko, Lohndumping zu betreiben. Aus Sicht des Baumeisterverbands verstösst die Unia damit gegen die Sozialpartnerschaft, da solche Überprüfungen nicht nur vonseiten der Arbeitnehmervertretung, sondern gemeinsam mit Vertretern der Arbeitgeber durchgeführt werden müssten. Eine Schliessung dieser Fachstelle stand für die Unia wiederum nicht zur Diskussion. In der Zwischenzeit griff der Baumeisterverband zu einem ungewöhnlichen Mittel, um die Gewerkschaften zu einer Einigung zu bewegen: 26'000 Bauarbeiter – gemäss Verbandspräsident 40 Prozent der Betroffenen – bezeugten mit ihrer Unterschrift, dass sie sich eine unveränderte Weiterführung des bestehenden LMV wünschen. Die Unia ihrerseits zeigte sich von diesem – aus rechtlicher Sicht belanglosen – Verhalten unbeeindruckt und organisierte Mitte November landesweit Streiks, die jeweils einen Tag dauerten und an denen sich einige tausend Bauarbeiter beteiligten. In Zürich, Bellinzona, Genf, Neuenburg und Delsberg kam es auch zu Demonstrationen.
Auch wenn sich der Baumeisterverband in der Folge darüber beklagte, die Gewerkschaften hätten die vertragliche Friedenspflicht verletzt, gewannen die Gewerkschaften mit den Streiks das Kräftemessen der Sozialpartner. Denn einen Monat später, kurz vor Ablauf des bestehenden Vertrags, einigte man sich auf einen neuen LMV für die nächsten drei Jahre, der das Kernanliegen der Gewerkschaften enthielt: Die Rentenbeiträge wurden um zwei Prozentpunkte erhöht, wovon drei Viertel die Arbeitgeber übernahmen. Damit sollte das bisherige Rentenniveau der Frühpensionierten gesichert sein. Auch wurde das Ausbezahlen von Löhnen in bar verboten, eine Massnahme, die die Kontrolle von Lohndumping etwas vereinfachen sollte. Der Baumeisterverband hingegen konnte sein Anliegen – die Schliessung der Fachstelle Risikoanalyse der Unia – nicht durchsetzen.

Streit zwischen Gewerkschaften und dem Schweizerischen Baumeisterverband

Wie nach den Positionsbezügen im Vorjahr zu erwarten war, gestaltete sich die Weiterführung des Gesamtarbeitsvertrags (Landesmantelvertrag, LMV) im Bauhauptgewerbe, das über 100'000 Beschäftigte (davon rund 80'000 Festangestellte) zählt, als äusserst schwierig. Im Mai beschlossen die Bauunternehmer, den seit Anfang 2006 geltenden LMV auf Ende September 2007 zu künden. Die Arbeitgeber beschuldigten die Gewerkschaften Unia und Syna, bei der Frage der Flexibilisierung der Arbeitszeiten zwecks der Kompensation von ausgefallenen Arbeitsstunden infolge von schlechtem Wetter und Ähnlichem nicht kompromissbereit zu sein. Auf den 1. Oktober trat die Kündigung des LMV durch die Bauunternehmer in Kraft, wobei die Arbeitgeber zugesichert hatten, sich während der vertragslosen Zeit an die Bestimmungen des alten LMV halten zu wollen. Die Gewerkschaft Unia hatte Ende September mit einer grossen Demonstration (rund 15'000 Teilnehmende) in Zürich gegen die Vertragsauflösung protestiert, und die Bauarbeiter hatten sich gemäss Angaben der Gewerkschaften in Abstimmungen auf den Bauplätzen zu rund 85% für Kampfmassnahmen ausgesprochen.

Mitte Oktober begannen die Unia und die Syna ihre kurzen Streiks auf den NEAT-Baustellen und in den Städten Genf, Bern und Neuenburg. Anfangs November legten sie für einen Tag mehr als 200 Baustellen in und um Zürich sowie in Basel lahm. Sozusagen als Begleitaktion drohte der Schweizerische Gewerkschaftsbund, dass er bei Nichtzustandekommen eines GAV die Ausweitung der Personenfreizügigkeit auf Rumänien und Bulgarien bekämpfen werde. Nachdem die Gewerkschaften die Vorsteherin des EVD, Doris Leuthard, um Vermittlung ersucht hatten, stellte sich auf deren Wunsch hin der pensionierte Seco-Spitzenbeamte Jean-Luc Nordmann als Mediator zur Verfügung. Die Gewerkschaften sistierten während der Vermittlung alle weiteren geplanten Kampfaktionen. Mitte Dezember einigten sich die Verhandlungsdelegationen der Sozialpartner auf einen Kompromiss, der allerdings im Januar 2008 noch von den Delegiertenversammlungen ratifiziert werden muss.

Landesmantelvertrag Streiks

Die Zahl der Grossdemonstrationen mit 1'000 und mehr Beteiligten nahm gegenüber dem Vorjahr von 21 auf 32 zu. Verantwortlich dafür war die grössere Zahl von Kundgebungen, bei denen in der Schweiz lebende Ausländer gegen die Unterdrückung in ihren Herkunftsstaaten protestierten. Insgesamt wurden davon zwölf (1997: vier) durchgeführt: neun von Kosovo-Albanern, zwei von Kurden aus der Türkei und eine von Tamilen. Zweithäufigstes Demonstrationsthema waren die Proteste von kantonalen Angestellten gegen eine Verschlechterung ihrer Anstellungsbedingungen im Zusammenhang mit Sparmassnahmen. Von den insgesamt sieben derartigen Kundgebungen, welche zum Teil auch von Streiks begleitet waren, fanden fünf in der französischsprachigen Schweiz statt. Dreimal gingen Schüler und Studierende in grosser Zahl auf die Strasse, um gegen Sparmassnahmen im Bildungsbereich zu manifestieren. Eher ungewöhnlich waren die beiden Grosskundgebungen von Personen aus der Wissenschaft, welche für eine Ablehnung der Genschutzinitiative warben. Die grösste Anzahl von Demonstrationen mit 1'000 und mehr Beteiligten wurden in Bern und Genf durchgeführt (je acht); in Lausanne waren es vier und in Zürich drei. Die Albaner aus dem Kosovo waren verantwortlich für die beiden grössten Demonstrationen mit 20'000 resp. 15'000 Teilnehmenden; beide fanden in Bern statt. Die beiden nächstgrössten (je 12'000) wurden vom Staatspersonal des Kantons Waadt in Lausanne organisiert.

In der folgenden Zusammenstellung sind die Kundgebungen der Gewerkschaften zum 1. Mai, welche in den Grossstädten jeweils einige Tausend Beteiligte aufweisen, nicht erfasst. Demonstrationen mit 1'000 und mehr Teilnehmenden:
Bern: Strassentransportgewerbe gegen LSVA (7'000), Kosovo-Albaner (20'000), Behinderte für Verfassungsartikel (8'000), Kosovo-Albaner (15'000), Kosovo-Albaner (3'000), Kosovo-Albaner (2'000), Kurden (1'500), Kosovo-Albaner (2'000);
Genf: Kosovo-Albaner (3'000), Kosovo-Albaner (5'500), Wissenschafter gegen Gen-Initiative (1'500), gegen WTO (4'000), gegen WTO (1'000), Tamilen (4'000), Staatsangestellte gegen Sparmassnahmen (2'500), Staatsangestellte gegen Sparmassnahmen (1'500);
Lausanne: Kurden (3'000), Staatsangestellte gegen Sparmassnahmen (12'000), Staatsangestellte gegen Sparmassnahmen (12'000), Staatsangestellte gegen Sparmassnahmen (1'200);
Zürich: Kosovo-Albaner (8'000), Gewerkschafter SMUV für Arbeitszeitverkürzung (2'000), Wissenschafter gegen Gen-Initiative (2'500);
Basel: Angestellte aus Mannheim/DE gegen Stellenabbau bei Roche (1'000), Kosovo-Albaner (3'000);
Sion: Schüler gegen neues Schulgesetz (3'000), Bauern gegen WTO (2'500);
Aarau: Staatsangestellte gegen Sparmassnahmen (5'000);
Bellinzona: Staatsangestellte gegen Sparmassnahmen (1'000);
Biel: Gewerkschafter SMUV für GAV (3'500);
Neuenburg: Studierende (2'500);
Solothurn: Mittelschüler gegen Einführung von Schulgeldern (1'400).

Statistik Grossdemonstrationen 1998
Dossier: Grossdemonstrationen in der Schweiz