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Im Streit um nationale Jubiläen, die Bedeutung von mittelalterlichen Schlachten und das Geschichtsverständnis der Schweiz ging ein sich zum sechs-hundertsten Mal jährendes, für die moderne Schweiz wichtiges Ereignis etwas unter: die Eroberung des Aargaus im Frühling 1415. Mit der Eroberung habsburgischer Stammlande in der damaligen Grafschaft Baden und im Freiamt wurden erstmals in der Geschichte der Eidgenossenschaft Gemeine Herrschaften errichtet, was gemäss der historischen Forschung aufgrund der gemeinsamen Aufgabe für die Alten Orte den Beginn einer langsamen Staatenbildung markiert. Unter dem Motto "Die Eidgenossen kommen!" wurde im Kanton Aargau im Rahmen einer Reihe von Ausstellungen, kulturellen Veranstaltungen, Tagungen und sogar sportlichen Anlässen das ganze Jahr über der Bedeutung von 1415 gedacht.

Eroberung des Kantons Aargau

Zum Schluss der Frühjahrssession lehnte der Nationalrat stillschweigend ein Postulat Müller-Altermatt (cvp, SO) ab, das vom Bundesrat eine Liste mit Ereignissen verlangt hätte, deren gedacht werden sollte. Gleichzeitig hätte der Bundesrat beurteilen sollen, ob Gedenkfeiern in ausreichender Weise abgehalten würden. Der Postulant begründete seinen Vorstoss damit, dass die Schweiz von Mythen lebe, die dem Grundverständnis der modernen Schweiz allerdings nur bedingt gerecht würden. Insbesondere müssten Ereignisse gefeiert werden, welche zur Erlangung bürgerlicher Freiheiten führten, wie etwa die Petition of Rights (London, 1628), die Erklärung der Menschenrechte während der französischen Revolution oder die Europäische Menschenrechtskonvention von 1948. Der Bundesrat hatte den Vorstoss zur Ablehnung beantragt, weil er Jubiläen erstens nur sehr zurückhaltend unterstütze und zweitens die wissenschaftliche Aufarbeitung und Interpretation von Geschichte nicht Aufgabe des Staates sein könne.

Jubiläen

Mit den zahlreichen, 2015 anstehenden historischen Jubiläen – die Schlacht am Morgarten (1315), die Eroberung des Aargau (1415), Marignano (1515) und der Wiener Kongress (1715) – wurde die Geschichte der Schweiz mit einiger Wucht Gegenstand politischer Debatten. Kontrovers wurde die Bedeutung dieser Ereignisse für die Entstehung der modernen Schweiz diskutiert. Auf nationalkonservativer Seite, vor allem vertreten durch Exponenten der SVP und sekundiert durch die BaZ und die Weltwoche, wurde auch in eigens dafür organisierten (Wahl-)Veranstaltungen die mythische Bedeutung der historischen Ereignisse betont. Morgarten, Marignano und der Wiener Kongress seien die Wurzeln von Schweizer Neutralität und Unabhängigkeit, die es deshalb auch heute noch zu bewahren gelte. Einer Entmystifizierung redete hingegen die Linke das Wort, die den Ursprung des Bundesstaates mit 1848 gleichsetzt und – wenn schon historisch gefeiert werden solle – moderneren Ereignissen wie etwa dem siebzigsten Jahrestag des Endes des 2. Weltkrieges gedenken wollte. Auch Historiker mischten sich in die Debatte ein, wobei die moderne Geschichtswissenschaft gegenüber der Bedeutung von Einzelereignissen sowie deren Überlieferung eher skeptisch ist. Objektiv-historisch betrachtet dürften die Jubiläums-Ereignisse – insbesondere die beiden Schlachten – wohl nicht die geschichtlichen Wendepunkte der Eidgenossenschaft darstellen. Sie können jedoch als zentrale Elemente der Erinnerungskultur und der nationalen Identität betrachtet werden.
Im Rahmen einer durch eine Interpellation Stöckli (sp, BE) angeregte ständerätlichen Debatte zum Thema schaltete sich auch Bundesrat Alain Berset in die Diskussion ein. Er störte sich an der Art und Weise der Debatte, die, statt befruchtend zu wirken, eher zu einer unnötigen Spaltung in zwei sich konkurrierende Schweizen führe. Der Kulturminister gab zu bedenken, dass alle Erzählungen zu einer grossen gemeinsamen Geschichte gehörten. Man müsse sich aber stets bewusst sein, dass sich ein Geschichtsbild entwickle und dessen Interpretation Veränderungen unterworfen sei. Er rief deshalb zu mehr Zurückhaltung und Bescheidenheit auf.
Auch wenn die SVP die Jubiläen in ihren Wahlkampf einbaute und versuchte, ihr Narrativ des Abwehrkampfes eines kleinen Landes gegen fremde Übermächte zu instrumentalisieren, und auch wenn sich einzelne Historiker – allen voran Thomas Maissen – gegen diese Deutung auflehnten – eine wirklich breite öffentliche Debatte entwickelte sich kaum. Der Streit zwischen Mythos und Wahrheit blieb auf Elitenebene. Das öffentliche Interesse am Thema verflachte dagegen relativ schnell.

Geschichtsbild

Mitte August wurde in Villmergen (AG) mit einem Freilichttheater und einem Festakt das 300-Jahr-Gedenken an den Zweiten Villmergerkrieg abgehalten. Bei der Schlacht von Villmergen schlugen die protestantischen Berner die katholischen Innerschweizer Truppen vernichtend. Die Folgen waren nicht nur territoriale Veränderungen, sondern auch die Schaffung eines paritätischen Schiedsgerichts für konfessionelle Streitfragen. Festrednerin Bundesrätin Leuthard betonte, dass der in Aarau unterzeichnete vierte Landfrieden vom 11. August 1712 ein Grundstein für die Schweizer Kultur des Dialogs sei, und aufgezeigt habe, dass Mehrheitsentscheide minderheitsfähig sein müssten.

Gedenken an den Zweiten Villmergerkrieg

Da die Feierlichkeiten zum Gedenken an die Schlacht bei Sempach in den letzten Jahren immer wieder durch Aufmärsche von Rechts- und teilweise auch Linksextremisten gestört wurden, was zu immensen Sicherheitskosten geführt hatte, beschloss die Luzerner Regierung für das 625-jährige Jubiläum von 2011 ein neues Konzept. Anders als auf dem Rütli wurden Extremisten allerdings nicht mit einem Zulassungssystem ferngehalten. Der Kanton Luzern richtete vielmehr ein grosses, allen zugängliches Mittelalter-Volksfest aus, verzichtete jedoch auf den Umzug auf das Schlachtgelände.

Feier der Schlacht von Sempach

Aufgrund der vorjährigen Störungen durch Rechtsradikale plante die Luzerner Regierung im Berichtsjahr anstelle eines Umzugs zum Gedenken an die Schlacht von Sempach die Durchführung eines Gottesdienstes. Die SVP Luzern sammelte daraufhin Unterschriften für eine Petition, die ein Beibehalten der bisherigen Feierlichkeiten forderte. Diese wurde auch von Bundesrat Maurer unterschrieben, was einigen Wirbel verursachte. Maurer wurde vorgeworfen, sich in kantonale Belange einzumischen und Rechtsextremismus zu unterstützen. Dieser rechtfertigte seine Unterschrift mit dem Hinweis, dass die Petition lediglich eine würdevolle Feier, also eine Feier ohne politischen Extremismus fordere. Die Luzerner Regierung schlug ein Konzept vor, das anstelle von Schlachtfolklore zukünftig ein Volksfest vorsieht, mit dem der Dialog gefördert und die zunehmende Politisierung des Anlasses verhindert werden soll.

Feier der Schlacht von Sempach

Die Luzerner Behörden sahen vorerst noch keinen Anlass, das Konzept für die Feier der Schlacht von Sempach zu ändern. Diese wurde auch dieses Jahr wieder von Rechtsradikalen für einen Grossaufmarsch benutzt. Ihren rund 250 Personen standen, von der Polizei abgetrennt, rund 100 dagegen protestierende Jungsozialisten gegenüber. Die eigentliche Feier fand witterungsbedingt in einer Kirche und ohne die Rechtsradikalen statt; letztere marschierten anschliessend allein zum Schlachtgelände. Nach der Kundgebung kündigte die Luzerner Kantonsregierung die Ausarbeitung eines neuen Konzepts für die Durchführung dieses Anlasses an.

Feier der Schlacht von Sempach

Nachdem die Rechtsextremen vom Rütli verdrängt worden waren, suchten sie sich andere Orte für ihre historisch untermauerten Auftritte - unter anderem auch die Feier zur Schlacht von 1386 in Sempach (LU). Die Luzerner Behörden sahen keinen Anlass, etwas gegen die Beteiligung der PNOS (Partei National Orientierter Schweizer) und anderer Rechtsextremisten an der Sempacher Feier zu unternehmen. Diese hätten sich in den Vorjahren stets anständig benommen und ihr Kranzlegungsritual mit der sich an der faschistischen Frontenbewegung der 30er Jahre orientierenden Symbolik erst nach der offiziellen Feier durchgeführt.

Feier der Schlacht von Sempach

Die von einer privaten Vereinigung veranstaltete Bundesfeier auf dem Rütli erfreute sich auch dieses Jahr grosser Aufmerksamkeit bei den Medien. Nach den störenden Auftritten von Rechtsextremen in den Jahren 2004 und 2005 sorgten die Veranstalter wie bereits im Vorjahr mit strengen Sicherheitsmassnahmen dafür, dass nur vorangemeldete Gäste Zugang fanden. Die Rechtsradikalen wurden nicht zugelassen; rund 300 von ihnen folgten einem Aufruf der PNOS und versammelten sich eine Woche später am selben Ort. Im Zentrum der 1. August-Feier auf dem Rütli standen im Berichtsjahr die Frauen. Die mitveranstaltenden Frauenorganisationen hatten Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey (sp) und Nationalratspräsidentin Christine Egerszegi-Obrist (fdp, AG) als Hauptrednerinnen eingeladen. Die Kantone der Innerschweiz waren weder von der Idee einer von der SP-Bundespräsidentin angeführten Frauenfeier am 1. August noch vom zu erwartenden Sicherheitsaufwand angetan und stellten phasenweise die Durchführung des diesjährigen Anlasses in Frage. Der Disput hatte auch wahlkampfspezifische Aspekte und wurde von den Medien während Monaten in breitester Form abgehandelt. Die SP gebärdete sich als Hüterin des schweizerischen Patriotismus und die SVP fand auf einmal diese Bundesfeier auf dem Rütli (in den Worten ihres Präsidenten Maurer „… nur eine Wiese mit Kuhdreck“) nicht mehr so wichtig. Die Finanzierung des Sicherungsaufwands übernahmen, nach einigem Hin und Her und der Zusage eines Beitrags von privaten Sponsoren, die Stadt und der Kanton Luzern sowie Uri. Die Veranstaltung wurde ohne Störungen durchgeführt. Diese Feier und ihre Umstände wurden auch im Parlament zu einem Thema. Der Bundesrat bestätigte in seiner Antwort auf eine Interpellation Inderkum (cvp, UR) seine Haltung, dass sich der Bund nicht finanziell an dieser Veranstaltung auf dem Rütli beteiligen werde. Grundsätzlich lehne die Landesregierung die Durchführung einer zentralen nationalen Bundesfeier, egal ob auf dem Rütli oder anderswo, ab, da dies nicht dem föderalistischen Charakter der Schweiz entsprechen würde.

Bundesfeier auf dem Rütli

Nach den rechtsradikalen Störmanövern 2005 an der Bundesfeier auf dem Rütli ergriffen die Behörden und die Organisatoren dieses Jahr strenge Sicherheitsmassnahmen. Mit einem Ticketsystem versuchten sie, den Zugang zu limitieren und unliebsame Elemente fern zu halten. Zusammen mit den polizeilichen Kontrollen der Anfahrts- und Anmarschwege funktionierte dies gut. Organisierte Rechtsextreme waren auf dem Festgelände nicht anzutreffen, und die Ansprachen konnten ungestört gehalten werden. Im Gegensatz zu früheren Jahren trat auch kein Bundesrat als Redner auf. Der eingeladene Bundespräsident Leuenberger hatte im Einverständnis mit dem Gesamtbundesrat auf eine Teilnahme verzichtet; er wollte damit auch zum Ausdruck bringen, dass in der Schweiz keine zentrale 1.-August-Feier stattfindet, sondern allen lokalen Anlässen die selbe Bedeutung zukommt.

Bundesfeier auf dem Rütli

Seit den neunziger Jahren finden sich jeweils auch einige Hundert Rechtsradikale an der Bundesfeier auf dem Rütli am Vierwaldstättersee ein. Dieser Festakt wird von einem privaten, mehrheitlich aus Innerschweizer Politikerinnen und Politikern zusammengesetzten Komitee organisiert. Dabei störten die Rechtsextremen mehrmals mit Protestrufen die Ansprachen von Bundesräten. Zudem machten sie mit dem abgewandelten Hitlergruss (so genannter Kühnen-Gruss mit drei statt fünf ausgestreckten Fingern), mit den Frontisten-Fahnen aus den dreissiger Jahren und mit Sprechchören auf sich aufmerksam. In diesem Jahr fielen die Störaktionen der rund 700 mehrheitlich jugendlichen Skinheads und anderer Personen aus dem rechtsradikalen Umfeld gegen die Ansprache von Bundespräsident Schmid besonders laut aus. Als Reaktion darauf mehrten sich die Rufe nach organisatorischen oder polizeilichen Vorkehrungen für künftige 1. August-Feiern auf dem Rütli.

Bundesfeier auf dem Rütli

Am 12. September, dem Jahrestag der Annahme der Bundesverfassung von 1848 durch das Volk, orientierte Bundesrätin Dreifuss über den Stand der Vorbereitungsarbeiten zum Bundesjubiläum. Als Höhepunkt des Jubiläumsjahres ist ein Fest der Jugend in Bern geplant, das als nationale Klammer der zahlreichen kantonalen Gedenkveranstaltungen wirken soll. Mit zwei Grossausstellungen im Bundeshaus und im Landesmuseum sowie der Eröffnung der Zweigstelle des Landesmuseums in Prangins (VD) organisiert der Bund drei weitere Gedenkanlässe.

Auswahl der Projekte zum Jubiläum des Bundesstaats

Die unabhängige Fachgruppe für die Auswahl der Projekte zum Jubiläum des Bundesstaats im Jahr 1998 entschied sich im März für die Unterstützung von 35 der eingegangenen 86 Vorschläge. Für die Verwirklichung der hauptsächlich im historischen und kulturellen Bereich liegenden Projekte stellt der Bund 9 Mio Fr. zur Verfügung.

Auswahl der Projekte zum Jubiläum des Bundesstaats

Ende November bestimmte der Bundesrat neun verwaltungsexterne Personen unter der Leitung der Bellinzoneser Anwältin Francesca Gemnetti als Expertengremium für die Gestaltung des Bundesjubiläums. Der definitive Entscheid über die Auswahl der Projekte liegt beim EDI.

Expertengremium für die Gestaltung des Bundesjubiläums

Der Nationalrat stimmte anlässlich der Differenzbereinigung in der Herbstsession auf Antrag seiner Kommission und ohne Diskussion der vom Ständerat gefundenen offenen Formulierung des Ingresses zu und nahm die Bundesbeschlüsse zum 150. Geburtstag des Schweizerischen Bundesstaates und dessen Finanzierung in der Schlussabstimmung mit grosser Mehrheit an. Die Kantonskammer ihrerseits folgte ihm darin in der Herbstsession.

Jubiläums 150 Jahre Schweizerischer Bundesstaat - 200 Jahre Helvetische Republik

Der Ständerat ging in der Herbstsession auf die Vorlage ein. Auch hier forderte die Lega dei Ticinesi durch ihren Repräsentanten Morniroli, nicht auf das Geschäft einzutreten. Dieser Ansicht konnte sich freilich keiner der weiteren Redner anschliessen. Uneinig waren sich diese dagegen, ob die Helvetik als Festanlass in die Bundesfeierlichkeiten mit einzubeziehen sei. Die Kommission hatte mit Stichentscheid ihres Präsidenten, Carlo Schmid (cvp, AI), vorgeschlagen, sich auf die Gründung des Bundesstaates zu beschränken und statt der Erwähnung der Helvetischen Republik in Artikel 1 des Ingresses - wie es der Nationalrat beschlossen hatte - allgemein der Entstehungsgeschichte und Weiterentwicklung des schweizerischen Gemeinwesens zu gedenken. Für diese Lösung setzten sich in der Debatte insbesondere die Redner und Rednerinnen aus der Innerschweiz ein, welche wie Schallberger (cvp, NW) darauf hinwiesen, dass die Helvetik diesen Ständen vor allem die Leiden der französischen Okkupation gebracht habe. Die Vertreter des Freisinns und der SP sahen in dem Jahr 1798 hingegen vor allem die soziale und politische Befreiung vom Obrigkeits- und Untertanenstaat des Ancien Régime. Nur Büttiker (fdp, SO) ging allerdings soweit, von Bundesrätin Dreifuss die ausdrückliche Wiederaufnahme der Helvetik in die Bundesvorlage zu forden.

Jubiläums 150 Jahre Schweizerischer Bundesstaat - 200 Jahre Helvetische Republik

In der Detailberatung wurde, nachdem der Antrag Mornirolis (lega, TI) auf Nichteintreten deutlich abgelehnt worden war, die Formulierung der Kommission angenommen, nach welcher die Helvetik nicht mehr explizit in die Bundesfeierlichkeiten aufgenommen wird. In der Gesamtabstimmung passierte der rechtliche Teil der Bundesbeschlüsse - Teil A - glatt, mit nur einer Gegenstimme. Teil B über die Finanzierung des Jubiläums erbrachte keine weiteren Diskussionen. Allen Veränderungen, die der Nationalrat hier angefügt hatte, wurde zugestimmt.

Jubiläums 150 Jahre Schweizerischer Bundesstaat - 200 Jahre Helvetische Republik

Im Zusammenhang mit den Bundesfeierlichkeiten von 1998 hatte sich der Nationalrat mit einem Postulat von Gross (sp, ZH) zu befassen, das finanzielle Hilfen zur Förderung von Forschungsarbeiten und Quelleneditionen verlangte, durch welche die geschichtlichen Ereignisse zwischen 1798 und 1848 der Bevölkerung näher gebracht werden könnten. Mit dem Einverständnis des Bundesrats wurde das Postulat überwiesen.

Förderung von Forschungsarbeiten und Quelleneditionen

Als erste Kammer behandelte der Nationalrat Botschaft und Beschlussentwürfe des Bundesrats. Nachdem der von Maspoli(lega, TI) im Namen der Fraktion von SD und Lega vorgebrachte Antrag auf Nichteintreten mit deutlicher Mehrheit abgelehnt worden war, gab in der Detailberatung über Teil A des Bundesbeschlusses, die eigentliche Rechtsvorlage also, zunächst die Frage, welche Anlässe 1998 zu feiern seien, zu Diskussionen Anlass. Die Kommissionsmehrheit hatte sich - mit ausdrücklicher Zustimmung von Bundesrätin Dreifuss - darauf geeinigt, das Datum von 1798 aus dem Titel des Bundesbeschlusses zu streichen und es nurmehr nachgeordnet im Ingress zu erwähnen. Eine von Schmied (svp, BE) vertretene Kommissionsminderheit beantragte, auch die Friedensschlüsse von Münster und Osnabrück aus dem Jahr 1648 als Festanlass aufzunehmen. Die LdU/EVP-Fraktion dagegen wollte die Vorlage des Bundesrats unverändert belassen. Explizite Unterstützung erhielt der Beschluss der Kommissionsmehrheit von den Fraktionen der LP, der CVP und der FDP. Die Fraktion von SD und Lega schloss sich dem Minderheitsantrag von Schmied (svp, BE) an, wobei ihr Sprecher Maspoli (lega, TI) mit dem Referendum drohte, sollte die Vorlage der Kommissionsmehrheit angenommen werden. Mit Zweidrittelmehrheit beschloss der Rat im Sinne der Mehrheit seiner Kommission. Keinen Erfolg hatte ein Antrag Steinemanns (fp, SG), der die Kompetenz, über die Ausgestaltung der Projekte zu entscheiden, dem Parlament anstelle des EDI zugestehen wollte. Teil A der Gesamtvorlage wurde von der Kammer mit 118 gegen 12 Stimmen, bei zwei Enthaltungen, angenommen.

Jubiläums 150 Jahre Schweizerischer Bundesstaat - 200 Jahre Helvetische Republik

Bei Teil B, der Finanzierung der Bundesjubiläen, beantragte die Mehrheit der Kommission, den Kredit für die Errichtung von anderthalb Hilfskräftestellen für die Koordination der Festivitäten zu streichen. Trotz des Plädoyers von Bundesrätin Dreifuss, welche sich erfolglos für die im Vergleich zu den 700-Jahr-Feiern bescheidenen bundesrätlichen Forderungen einsetzte, folgte der Rat seiner Kommission. In der Gesamtabstimmung wurde der Entwurf ebenso deutlich wie Teil A der Bundesvorlage angenommen.

Jubiläums 150 Jahre Schweizerischer Bundesstaat - 200 Jahre Helvetische Republik

Der 8. Mai, als Jahrestag des Kriegsendes, wurde insbesondere in den Deutschschweizer Grenzkantonen mit Gedenkanlässen oder offiziellen Feierstunden begangen. Missfallen, diesmals auf bürgerlicher Seite, erregte eine Gedenkrede von Bundesrätin Dreifuss in Thun, in welcher sie Teile der damaligen bürgerlichen Eliten, deren Haltung auch im Bundesrat jener Zeit stark vertreten gewesen sei, des Anpassertums gegenüber dem Nationalsozialismus bezichtigte. Die europäischen Dimensionen des Kriegsendes wurden durch die Reisen von Bundespräsident Villiger und Bundesrat Delamuraz zu den Gedenkfeierlichkeiten in Paris bzw. Moskau sowie das Dankesschreiben der Landesregierung an die vier allierten Siegermächte unterstrichen.

Jahrestag des Kriegsendes europäischen Dimensionen des Kriegsendes

Trotz mehrerer Vorstösse aus unterschiedlichen politischen Lagern (Bonny, fdp, BE; Hollenstein, gp, SG; Leemann, sp, ZH; Stamm, cvp, LU; Zisyadis, pda, VD), in denen der Bundesrat zu einem grösseren Engagement hinsichtlich des Gedenkens an das Ende des Zweiten Weltkriegs am 8. Mai 1945 aufgefordert worden war, wollte sich die Landesregierung zunächst auf eine Ansprache in den elektronischen Medien beschränken. Gemäss Bundespräsident Villiger sah der Bundesrat keine Veranlassung, selber Feierlichkeiten zu organisieren, da die Schweiz weder Kriegspartei noch Siegermacht gewesen sei. Erst ein von Judith Stamm (cvp, LU) und Gross (sp, ZH) gemeinsam vorgebrachter und von 120 Mitgliedern des Nationalrats unterzeichneter Vorstoss, worin eine eintägige Sondersession des Parlaments gefordert wurde, veranlasste den Bundesrat zu einem Kurswechsel, indem er das Angebot annahm, an der von der Christlich-jüdischen Arbeitsgemeinschaft für Sonntag, den 7. Mai organisierten, von den Landeskirchen und dem Schweizerischen-Israelitischen Gemeindebund mitgetragenen überkonfessionellen Feier im Berner Münster teilzunehmen. Parlament und Regierung - mit Ausnahme von Bundesrätin Dreifuss, welche die Regierung an der Glarner Landsgemeinde vertrat - versammelten sich ausserdem gleichentags zu einer Gedenkstunde im Bundeshaus.

Sondersession des Parlaments

Rund um diese Feiern kam es auf verschiedenen Seiten zu Verstimmungen. Einerseits protestierten Regierung und Parlamentarier des Tessin dagegen, dass zu der von der parlamentarischen Koordinationskonferenz erarbeiteten Gedächtnisfeier im Bundeshaus keine italienischsprachigen Redner eingeladen worden seien. Vor allem aber empörte sich die Linke über die rein bürgerliche Rednerliste. Der Parteivorstand der SP entschloss sich, der offiziellen Feier zwar beizuwohnen, parallel dazu aber eine eigene Gedenkveranstaltung mit Historikern und Zeitzeugen zu organisieren. Die beiden Abgeordneten der äusseren Linken dagegen boykottierten den offiziellen Festanlass. Der Gedenkgottesdienst im Berner Münster wurde von einer stummen Mahnwache der Asylkoordination Schweiz begleitet, die zu einer ehrlichen Auseinandersetzung mit der schweizerischen Flüchtlingspolitik aufrief.

Sondersession des Parlaments

Die Gedenkveranstaltung im Bundeshaus war geprägt von der Entschuldigung Bundespräsident Villigers für die Rückweisung der jüdischen Verfolgten des Naziregimes an der Schweizer Grenze. Das Überleben der Schweiz sei nur durch eine punktuelle Zusammenarbeit mit dem potentiellen Feind möglich gewesen, führte Villiger aus, der namentlich auf die auf eine Anregung der Schweizer Behörden zurückgehende Einführung des Judenstempels hinwies. Dennoch, so Villiger, stehe es ausser Zweifel, dass die Schweiz mit ihrer Politik gegenüber den verfolgten Juden Schuld auf sich geladen habe. Der Bundesrat bedaure dies zutiefst und entschuldige sich dafür, im Wissen darum, dass solches Versagen letztlich unentschuldbar sei.

Sondersession des Parlaments

Steffen (sd, ZH) wollte von Bundesrätin Dreifuss in einer parlamentarischen Anfrage wissen, ob des Westfälischen Friedens von 1648 aus integrationspolitischen Gründen nicht gedacht werde bzw. welche Gründe zum Ausschluss dieses Datums geführt hätten. Die Vorsteherin des EDI beantwortete die erste Frage mit einem klaren Nein. Die Ereignisse von 1648 beträfen die Alte Eidgenossenschaft und nicht den modernen Bundesstaat, der im Zentrum der Feiern von 1998 stehe. Der Bundesrat, so Dreifuss, habe das thematisch ohnehin schon reich befrachtete Jubiläum nicht noch mit einem zusätzlichen Thema und einer weiteren Geschichtsepoche belasten wollen.

Westfälischen Friedens