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In den Kantonen Freiburg, Basel-Stadt, Luzern, Graubünden und Zürich gingen die Arbeiten an den Totalrevisionen der Verfassungen weiter. In Graubünden wurde die Arbeit mit der Volksabstimmung vom 18. Mai abgeschlossen. Der Souverän stimmte im Verhältnis zwei zu eins zu. In Freiburg wurde im Frühjahr die erste von drei Lesungen abgeschlossen und anschliessend eine Vernehmlassung durchgeführt. Im November und Dezember hielt der Verfassungsrat die zweite Lesung ab. In Basel-Stadt präsentierte die Redaktionskommission des Verfassungsrats nach rund dreijähriger Arbeit einen Vorentwurf, in welchem die Resultate der Diskussionen und Beschlüsse in den Kommissionen und im Rat strukturiert zusammengefasst wurden. Dieser wurde ab Mai in einer ersten Lesung beraten und anschliessend in eine breite Vernehmlassung gegeben. In Zürich, wo man ähnlich vorgeht wie in Basel, lag der Rohentwurf im Februar vor, und die erste Lesung begann im Mai. Anschliessend wurde ebenfalls eine breite Vernehmlassung durchgeführt.

Graubünden Freiburg Basel-Stadt Zürich
Dossier: Revisionen der Kantonsverfassungen

Die im Vorjahr von einigen in ökologischen und sozialen Interessenorganisationen tätigen Aktivisten lancierte Volksinitiative für eine Totalrevision der Bundesverfassung kam erwartungsgemäss nicht zustande. Es war den Initianten nicht gelungen, von ihren Organisationen Unterstützung für die Unterschriftensammlung zu erhalten.

Volksinitiative für eine Totalrevision der Bundesverfassung

In den Kantonen Freiburg, Basel-Stadt, Luzern, Graubünden und Zürich gingen die Arbeiten an den Totalrevisionen der Verfassungen weiter. In Freiburg war in dem im Jahr 2000 eingesetzten Verfassungsrat insbesondere der Beschluss umstritten, das bisherige strikt befolgte Prinzip der Sprachterritorien etwas aufzuweichen und entlang der Sprachgrenzen auch gemischtsprachige Gemeinden zuzulassen. Im weiteren stimmte der Verfassungsrat dem Ausländerstimmrecht auf Gemeindeebene zu. In Basel-Stadt verzichtete der Verfassungsrat, welcher seit anfangs 2000 am Werk ist, darauf, die bisher gültige Bestimmung, wonach eine Wiedervereinigung mit Basel-Land anzustreben sei, in den Entwurf für die neue Kantonsverfassung aufzunehmen. Anders als Freiburg, Basel, Zürich und die Waadt geht der Kanton Luzern bei seiner Totalrevision der Verfassung vor. Hier soll nicht ein gewählter Verfassungsrat, sondern eine von der Regierung ernannte und je zur Hälfte aus Vertretern der Politik und des „Volks“ zusammengesetzte 20köpfige Kommission einen Entwurf ausarbeiten. Diese Verfassungskommission nahm im Berichtsjahr ihre Tätigkeit auf. Die Regierung des Kantons Graubünden legte anfangs Jahr dem Parlament ihren Entwurf für eine neue Verfassung vor. Dieser basiert auf dem Vorentwurf einer Verfassungskommission, welcher im Jahr 2000 in die Vernehmlassung gegeben worden war. Als besonders umstritten erwies sich hier das Wahlsystem für das Parlament. Die Verfassungskommission hatte ein Proporzsystem vorgeschlagen, die Regierung wollte ein Mischsystem einführen (Majorz mit zusätzlichem Proporz in grösseren Wahlkreisen).Die Variante Mischsystem sieht nach dem Vorbild der Wahl für den deutschen Bundestag vor, dass ein Teil des Parlaments in Einermajorzkreisen gewählt wird und ein Teil in diese überlagernden grösseren Proporzwahlkreisen. Das Parlament seinerseits entschied sich für Festhalten am bisherigen Majorzsystem, beschloss aber, dem Volk im Jahr 2003 die neue Verfassung in zwei Varianten (Beibehaltung des Majorz resp. Mischsystem) vorzulegen.

Freiburg Basel-Stadt Luzern Graubünden

Die Bundesversammlung genehmigte eine Reihe von Revisionen von Kantonsverfassungen, darunter auch die Totalrevision derjenigen des Kantons St. Gallen.

Die Bundesversammlung genehmigte eine Reihe von Revisionen von Kantonsverfassungen, darunter auch die Totalrevision derjenigen des Kantons St
Dossier: Revisionen der Kantonsverfassungen

In der Waadt schloss der Verfassungsrat seine dreijährige Arbeit ab und legte die neue Kantonsverfassung, welche unter anderem das kommunale Ausländerstimmrecht obligatorisch einführt, dem Volk zur Entscheidung vor. Trotz Widerstands der Rechten (LP, SVP und Arbeitgeber) und nur halbherziger Unterstützung durch die FDP hiessen die Stimmberechtigten die neue Grundordnung am 22. September mit einer Mehrheit von 56% gut. Nachdem im Kanton Schaffhausen die Totalrevision der Verfassung im Vorjahr in der Volksabstimmung gescheitert war, legte das Parlament eine Neuauflage vor. Diese erhöhte die Ausgabenlimite für das obligatorische Finanzreferendum weniger stark und strich die im Abstimmungskampf heftig umstrittene Abschaffung des obligatorischen Gesetzesreferendums. Als Variante wurde dem Volk aber eine Lösung vorgeschlagen, welche Gesetze, die vom Parlament mit deutlicher Mehrheit (80%) verabschiedet worden sind, nur noch dem fakultative Referendum unterstellt. Die Schaffhauser Stimmberechtigten hiessen am 22. September die neue Verfassung deutlich gut und stimmten mit knappem Mehr (50,2%) auch der Variante mit der teilweisen Abschaffung des obligatorischen Gesetzesreferendums zu.

Waadt Schaffhausen
Dossier: Revisionen der Kantonsverfassungen

Im März lancierte ein aus in ökologischen und sozialen Interessenorganisationen tätigen Aktivisten gebildetes Komitee eine Volksinitiative für eine Totalrevision der Bundesverfassung. Würde diese Initiative zustande kommen und vom Volk angenommen werden, käme es zu einer Neuwahl der Bundesversammlung, welche dann eine neue Verfassung ausarbeiten und dem Volk zur Abstimmung vorlegen müsste.

Volksinitiative für eine Totalrevision der Bundesverfassung

Das nationale Parlament hiess diskussionslos sämtliche Anträge des Bundesrates auf Genehmigung von revidierten Kantonsverfassungen gut. Darunter befand sich auch die totalrevidierte Neuenburger Kantonsverfassung. Gegen Jahresende beantragte der Bundesrat die Ratifizierung der neuen St. Galler Kantonsverfassung.

Das nationale Parlament hiess diskussionslos sämtliche Anträge des Bundesrates auf Genehmigung von revidierten Kantonsverfassungen gut
Dossier: Revisionen der Kantonsverfassungen

In zwei Kantonen hatte das Volk über neue, totalrevidierte Verfassungen zu entscheiden. In St. Gallen stimmte es mit einem Ja-Anteil von 72% zu, in Schaffhausen lehnte es hingegen die neue Grundordnung ab. Der Widerstand gegen die von allen grossen Parteien unterstützte Vorlage richtete sich vor allem gegen die Straffung der Volksrechte (Abschaffung des obligatorischen Gesetzesreferendums, Erhöhung der Finanzkompetenzen des Parlaments). Mit diesem negativen Entscheid war die Verfassungsrevision allerdings nicht abgeschlossen: Das Parlament machte sich an die Beratung eines zweiten Entwurfs.

totalrevidierte Verfassungen St. Gallen Schaffhausen
Dossier: Revisionen der Kantonsverfassungen

Das Parlament nahm diskussionslos die letzten technischen und redaktionellen Änderungen von Gesetzen vor, um diese formal an die neue, auf den 1. Januar 2000 in Kraft gesetzte Bundesverfassung anzupassen. Mit dem Einverständnis des Bundesrates überwies der Ständerat eine Empfehlung Büttiker (fdp, SO), die neue Verfassung mit Hilfe eines Inhaltsverzeichnisses und eines Sachstichwortregisters benutzerfreundlicher zu gestalten. Die zum Totalrevisionsvorhaben gehörende Justizreform konnte, wenn auch in weniger ambitiöser Form als ursprünglich geplant, mit der Annahme in der Volksabstimmung vom 12. März ebenfalls abgeschlossen werden.

Totalrevision der Bundesverfassung: Verfahren und Verfahrensfragen (BRG 96.061)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Am 24. September hiessen die Neuenburger Stimmberechtigten ihre totalrevidierte Kantonsverfassung gut. Die anfangs der achtziger Jahre eingeläutete Bewegung für eine Reform der Kantonsverfassungen wurde damit im zehnten Kanton abgeschlossen. Neuenburg war zugleich der erste welsche Kanton, der sich in dieser Periode eine neue Grundordnung gegeben hat. Als wesentliche materielle Neuerungen in Neuenburg sind die Einführung des kantonalen Ausländerstimmrechts (es bestand bereits auf kommunaler Ebene), die Abschaffung des obligatorischen Finanzreferendums (bisher für Ausgaben von 3 Mio Fr. oder mehr) und die Einführung der Volksmotion nach dem Vorbild des Kantons Solothurn zu erwähnen. Mit der neuen Verfassung können die Gemeinden zudem eine Neuenburger Spezialität, die Wahl der Gemeindeexekutiven durch das Gemeindeparlament, durch eine Volkswahl ersetzen. In Freiburg wurde am 12. März ein 130 Personen zählender Verfassungsrat gewählt. Dabei entsprachen die parteipolitischen Kräfteverhältnisse in etwa denjenigen des Grossen Rates; immerhin rund ein Sechstel der Sitze ging an Parteilose. Im Kanton Zürich wählten am 18. Juni die Bürgerinnen und Bürger bei einer Beteiligung von nur gerade 22% einen Verfassungsrat. In St. Gallen verabschiedete das Parlament die neue Verfassung; in Schaffhausen befasste sich der Grosse Rat in erster Lesung mit den Vorschlägen der Verfassungskommission.

Neuenburger totalrevidierte Kantonsverfassung Freiburg Zürich St. Gallen Schaffhausen
Dossier: Revisionen der Kantonsverfassungen

Das nationale Parlament hiess Teilrevisionen der Verfassungen der Kantone Zürich, Basel-Stadt, Basel-Land, Schaffhausen, Aargau, Thurgau, Wallis, Genf und Jura gut. Dabei wurde, dies eine Seltenheit, im Fall der Genfer Verfassung auch materiell zu einer Neuerung Stellung genommen: Der Aargauer Ständerat Reimann (svp) gab seinem Erstaunen darüber Ausdruck, dass sich der Kanton Genf den Verfassungsauftrag gegeben hat, mit seinen Staatsbetrieben auf dem liberalisierten Telekommunikationsmarkt aktiv zu werden. In der Herbstsession wurden auch Verfassungsteilrevisionen der Kantone Nidwalden, Basel-Land, Thurgau und Genf sanktioniert.

Teilrevisionen der Verfassungen der Kantone
Dossier: Revisionen der Kantonsverfassungen

Im August legte der Bundesrat dem Parlament eine Botschaft mit einer Serie von technischen und redaktionellen Änderungen von Gesetzen und eingereichten Volksinitiativen vor, um diese formal an die neue Bundesverfassung anzupassen. Da es sich dabei nicht um materielle Neuerungen handelt, werden sie hier nicht einzeln aufgeführt. Das Parlament verabschiedete sie diskussionslos bei bloss einigen Gegenstimmen resp. Enthaltungen im Nationalrat, vor allem aus den Reihen der Freiheits-Partei. Der Bundesrat setzte die neue Bundesverfassung auf den 1. Januar 2000 in Kraft.

Totalrevision der Bundesverfassung: Verfahren und Verfahrensfragen (BRG 96.061)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Von den beiden im ursprünglichen Totalrevisionsvorhaben enthaltenen Reformpaketen Justizreform und Volksrechte konnte beim ersten die parlamentarische Behandlung abgeschlossen werden, während das zweite aufgegeben wurde.

Totalrevision der Bundesverfassung: Verfahren und Verfahrensfragen (BRG 96.061)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Die unmittelbar nach der Volksabstimmung durchgeführte Repräsentativbefragung Vox zeigte, dass die neue Verfassung von den Sympathisanten der SP am besten unterstützt worden war, und dass sie auch bei den Anhängern der FDP und der CVP sehr klare Mehrheiten fand. Deutliche Nein-Mehrheiten ergaben sich dagegen bei den Sympathisanten der SVP und bei Personen, die sich auf einer Links/Rechts-Skala als weit rechts stehend einordnen. Die zum Teil unwahren Behauptungen in der Propaganda der Kritiker der neuen Verfassung hatten bei den Nein-Stimmenden offenbar ihre Wirkung entfaltet: In einer offenen Frage nach den Gründen für den Entscheid wurde von den Gegnern am häufigsten die Angst vor einer Auflösung der schweizerischen Staatsbürgerschaft und am zweithäufigsten die Angst vor dem Verlust der Unabhängigkeit der Schweiz angegeben.

Totalrevision der Bundesverfassung: Verfahren und Verfahrensfragen (BRG 96.061)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Am 18. April fand die Volksabstimmung über die neue, totalrevidierte Verfassung statt. Mit Ausnahme von links- und rechtsextremen Kleinparteien (PdA, FP, SD) sprachen sich alle nationalen Parteien und auch alle massgeblichen Interessenverbände für die neue Verfassung aus. Unter den Regierungsparteien fiel der Entscheid bei der SVP am knappsten aus: die von den Zürcher Nationalräten Hans Fehr und Schlüer angeführte Opposition unterlag an der Delegiertenversammlung mit 185:92 Stimmen. Für die rechtsbürgerlichen Kritiker ging die Reform über eine Nachführung hinaus. Sie sei vielmehr Ausdruck eines unakzeptablen, von der politischen Mitte und der Linken geprägten Politikverständnisses. Die Sektion Zürich der SVP und in ihrem Gefolge auch diejenigen von Kantonen, wo die SVP erst in den letzten Jahren gegründet worden ist (unter anderem BS, LU, SO, SG), gaben die Nein-Parole aus. Bei der SP, deren Fraktion die neue Verfassung anlässlich der parlamentarischen Verhandlungen ebenfalls heftig kritisiert hatte, entschied sich der Parteivorstand mit 34:3 Stimmen für die Ja-Parole. Die von Nationalrat Rennwald (JU) formulierte Kritik bemängelte das Fehlen von linken Politikinhalten, also gerade das Gegenteil von dem, was der Verfassung von SVP-Seite vorgeworfen wurde.

In der Kampagne schlugen die Wellen nicht sehr hoch. Auf Befürworterseite fiel vor allem der grosse Einsatz des aus dem Amt scheidenden Justizministers Koller auf. Im redaktionellen Teil der Presse war die Stimmung durchwegs positiv, hingegen waren praktisch keine Inserate für die neue Verfassung auszumachen. Die nicht zuletzt in Leserbriefen sehr aktiven Gegner behaupteten, dass sich die Schweiz mit der Verfassung internationalem Recht unterstellen würde (weil darin der auch bisher geltende Vorrang des Völkerrechts nun explizit erwähnt ist), sie zu einem Ausbau des Sozialstaats führe und sich überhaupt die alte Verfassung bewährt habe. In den Inseraten sprachen sie vor allem davon, dass die neue Verfassung eine «Liquidation der Schweiz» einleiten würde; zudem stellten sie darin auch eine ganze Reihe von schlicht falschen Behauptungen auf (z.B. dass in der neuen Verfassung die Begriffe «Schweizerische» und «Eidgenössische» gestrichen worden seien). Neben den erwähnten SVP-Kantonalsektionen, der FP und den SD beteiligten sich auch weit rechtsaussenstehende Organisationen wie der VPM (mit der ihm nahestehenden Zeitschrift «Zeit-Fragen») und «Pro Libertate» an der Kampagne. Dieses über das übliche Mass von Abstimmungspropaganda hinausgehende Verdrehen von Tatsachen durch die Gegner rief in der letzten Woche vor der Abstimmung den Bundesrat mit einer Gegendarstellung auf den Plan.

Volk und Kantone hiessen die totalrevidierte Bundesverfassung am 18. April mit einer relativ knappen Mehrheit von 59.2 Prozent und bei 12 2/2 gegen 8 4/2 Ständestimmen gut. Die Beteiligung fiel mit 35.9 Prozent recht mager aus; besonders niedrig war sie in der Romandie, wo nur gerade 21.6 Prozent von ihrem Stimmrecht Gebrauch machten. Mitverantwortlich dafür war sicher auch der Beschluss des Bundesrates, diese Vorlage in Anbetracht ihrer besonderen Bedeutung allein, d.h. nicht im Multipack mit anderen, für die Stimmbürgerinnen und -bürger attraktiveren Vorlagen zu präsentieren. Am meisten Ja-Stimmen gab es in der französischen Schweiz (mit Ausnahme des Wallis) und im Tessin. Ähnlich deutlich fiel die Zustimmung auch in den Grossstädten der Deutschschweiz aus. Gegen die totalrevidierte Verfassung sprachen sich die kleinen Kantone der Innerschweiz (ohne Zug), die Ostschweiz (ohne Graubünden) sowie der Aargau und das Wallis aus.


Bundesbeschluss über die Neue Bundesverfassung
Abstimmung vom 18. April 1999

Beteiligung: 35.9%
Ja: 969'310 (59.2%) / 12 2/2 Stände
Nein: 669'158 (40.8%) / 8 4/2 Stände

Parolen:
– Ja: SP, FDP, CVP, SVP (8*), LP, LdU, EVP, EDU (1*); SGB, CNG, Vorort, SGV, SBV.
– Nein: FP, SD, PdA; Centre patronal.
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Totalrevision der Bundesverfassung: Verfahren und Verfahrensfragen (BRG 96.061)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Als Zweitrat genehmigte auch der Nationalrat die am 14. Dezember 1997 vom Volk angenommene totalrevidierte Verfassung des Kantons Tessin. Die Bundesversammlung hiess im Berichtsjahr ferner die teilrevidierten Verfassungen der Kantone Luzern, Nidwalden, Glarus, Basel-Land, Schaffhausen, Appenzell Ausserrhoden, Graubünden und Aargau und später auch noch diejenigen von Zürich, Obwalden, Solothurn, Waadt und Genf gut.

totalrevidierten Verfassung des Kantons Tessin
Dossier: Revisionen der Kantonsverfassungen

Das Parlament begann die Beratung der Verfassungstotalrevision in einer einwöchigen Sondersession im Januar. Die Verhandlungen beschränkten sich auf den Teil A (Verfassungsnachführung) und wurden parallel geführt, wobei der Ständerat Erstrat für die Detailberatungen eines ersten Teils (bis Art. 126), und der Nationalrat für den zweiten Teil war. Die Differenzbereinigung zog sich dann bis in die Wintersession, wo die totalrevidierte Bundesverfassung mit der Schlussabstimmung am 18. Dezember verabschiedet wurde. Die Behandlung der als Teile B und C ebenfalls zum Totalrevisionsprojekt gehörenden Vorlagen «Volksrechte» und «Justizreform» gerieten demgegenüber in zeitlichen Verzug. Die Justizreform steckte zu Jahresende noch in der Differenzbereinigung zwischen den beiden Räten. Die Plenumsberatungen zur Reform der Volksrechte konnten hingegen im Berichtsjahr noch nicht begonnen werden. In diesem Bericht wird die Entwicklung dieser beiden Reformpakete im jeweiligen Sachzusammenhang dargestellt.

Totalrevision der Bundesverfassung: Verfahren und Verfahrensfragen (BRG 96.061)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Damit konnte die neue Verfassung wie geplant noch im Jubiläumsjahr zum 150jährigen Bestehen des Bundesstaates vom Parlament verabschiedet werden. In der Schlussabstimmung votierte der Nationalrat mit 134:14 Stimmen bei 31 Enthaltungen und der Ständerat einstimmig für die Reform. Die Opposition im Nationalrat kam sowohl von links als auch von rechts. Die 14 Neinstimmen stammten von drei (welschen) Sozialdemokraten, der Freiheitspartei, der Mehrheit der Schweizer Demokraten (ohne Ruf, BE) und vier Vertretern der SVP. Gut vertreten waren die SP und die SVP auch bei den Enthaltungen (14 resp. 11). Die CVP und die GP stellten sich einhellig hinter das Projekt, während beim Freisinn fünf und bei den Liberalen eine Enthaltung zu verzeichnen waren.

Totalrevision der Bundesverfassung: Verfahren und Verfahrensfragen (BRG 96.061)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Nachdem in der zweiten Runde der Differenzbereinigung noch rund ein Dutzend Streitpunkte übriggeblieben waren, präsentierte die aus beiden Ratskammern paritätisch zusammengesetzte Einigungskonferenz in der Dezembersession ihre Vorschläge, welche von beiden Räten akzeptiert wurden. Die SP-Vertreter machten einen letzten Versuch, ihre in der parlamentarischen Auseinandersetzung unterlegenen Vorschläge doch noch in die Verfassung einzubringen. Sie schlugen vor, zwei ihrer Forderungen (aktivere Wirtschaftspolitik des Staates und dabei Einsatz für eine «gerechte Einkommens- und Vermögensverteilung» bzw. zwingende Verwirklichung der Sozialziele) dem Volk als Alternativfragen vorzulegen. Beide Ratskammern lehnten es jedoch ab, dieses speziell für die Verfassungsrevision geschaffene Instrument der Alternativabstimmung anzuwenden.

Totalrevision der Bundesverfassung: Verfahren und Verfahrensfragen (BRG 96.061)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Der Bundesrat beantragte dem Parlament die Genehmigung der am 14. Dezember 1997 vom Volk angenommenen totalrevidierten Verfassung des Kantons Tessin, was der Ständerat noch im Berichtsjahr vollzog. Die Bundesversammlung stimmte zudem den Verfassungsänderungen in den Kantonen Luzern, Obwalden, Schaffhausen, Waadt und Zug sowie den vom Bundesrat im Berichtsjahr neu vorgelegten teilrevidierten Verfassungen von Appenzell Ausserrhoden, Graubünden und Uri zu.

totalrevidierten Verfassung des Kantons Tessin
Dossier: Revisionen der Kantonsverfassungen

Im Ganzen gesehen hielt sich das Parlament an das Konzept der Nachführung und verzichtete weitgehend auf materielle Neuerungen. Dies trug dazu bei, dass das öffentliche Interesse an den Parlamentsberatungen eher gering war. Obwohl dieses Konzept auch den Medienschaffenden bekannt war, konnten doch viele unter ihnen ihre Enttäuschung nicht verbergen, dass die Gelegenheit nicht benutzt wurde, um ihrer Ansicht nach notwendige Reformen zu beschliessen. Um eine breitere Öffentlichkeit auf die Verfassungsreform aufmerksam zu machen, lancierte Bundesrat Koller anfangs Juni eine rund eine halbe Million Franken kostende Werbeaktion mit Plakaten.

Totalrevision der Bundesverfassung: Verfahren und Verfahrensfragen (BRG 96.061)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Nach Beendigung der Detailberatung erklärten sich im Nationalrat die Sozialdemokraten unzufrieden. Nachdem sie mit ihren zahlreichen materiellen Abänderungsanträgen praktisch durchwegs gescheitert waren (eine Ausnahme war die Aufnahme des neuen Kinderartikels, allerdings nicht in der von der SP vorgeschlagenen Formulierung) gaben sie bekannt, dass sie den Verfassungsentwurf in der vorliegenden Form ablehnen würden. Die Gesamtabstimmung fiel bei einer Annahme mit 49:40 Stimmen bei 47 Enthaltungen denn auch sehr mager aus. Neben den Sozialdemokraten hatten sich auch die meisten SVP-Vertreter der Stimme enthalten oder die Vorlage abgelehnt. Zurückgeführt wurde dieses eher konfuse Ergebnis auf eine taktische Stimmabgabe, mit der die Linke markieren wollte, dass für sie die vom Nationalrat beschlossene Version das absolute Minimum darstelle und sie vom Ständerat in der Differenzbereinigung ein weitgehendes Entgegenkommen erwarte. Im Ständerat erfolgte die Zustimmung in der Gesamtabstimmung oppositionslos.

Totalrevision der Bundesverfassung: Verfahren und Verfahrensfragen (BRG 96.061)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Im Ständerat war Eintreten auf die nachgeführte Verfassung unbestritten. Der Kommissionssprecher Rhinow (fdp, BL) machte in seinem Eröffnungsvotum darauf aufmerksam, dass es darum gehe, zum ersten Mal seit 150 Jahren die Verfassung vollständig neu zu redigieren. Bei der Totalrevision von 1874 seien zwar wichtige materielle Neuerungen eingeführt, der Aufbau des Textes und dessen Formulierung aber aus der Fassung von 1848 weitgehend unverändert übernommen worden. In seinem Votum zur Eintretensdebatte rief Bundesrat Koller noch einmal den Parlamentsbeschluss von 1987 in Erinnerung, sich auf eine Nachführung der Verfassung zu beschränken. Es gehe nicht darum, «den Staat neu zu erfinden», seine Fundamente (liberaler Rechtsstaat, direkte Demokratie, Föderalismus und soziale Marktwirtschaft) seien nach wie vor tragfähig. Allerdings gelte es, die Verfassung, welche seit 1874 nicht weniger als 140 mal teilrevidiert worden sei, wieder in eine klare Struktur und eine lesbare Sprache zu bringen. Die Anpassung an den heutigen Sprachgebrauch erwies sich allerdings für die französisch- resp. italienischsprachige Version als nicht unproblematisch. Während der deutsche Text bewusst geschlechtsneutral gehalten war, sah man in den vorberatenden Kommissionen für die beiden anderen Sprachen davon ab, da dies nach Aussage des Redaktionskommissionsmitglieds Cavadini (lp, NE) mit den Gesetzen dieser Sprachen nicht vereinbar wäre oder zumindest zu als unschön empfundenen Wendungen und Wortkonstruktionen führen würde. Die Kommissionen schlugen vor, in diesen Sprachen mit einer Fussnote am Anfang darauf zu verweisen, dass bei den männlichen Formulierungen die Frauen immer mitgemeint sind. Auf Druck namentlich von französischsprachigen Parlamentarierinnen nahm die französischsprachige Redaktionskommission dann im Laufe der Plenumsberatungen entsprechende Änderungen vor und schuf mit Doppel- resp. Funktionsbezeichnungen (z.B. présidence anstelle von le président), aber ohne Rückgriff auf Wortschöpfungen, einen Text, der zur Zufriedenheit der Kritikerinnen ausfiel.

Totalrevision der Bundesverfassung: Verfahren und Verfahrensfragen (BRG 96.061)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Im Nationalrat war bereits der Grundsatz der Verfassungsrevision umstritten. Die Fraktion der Freiheitspartei beantragte Nichteintreten, da die Revision überflüssig sei und zudem im Entwurf viel zuviel Gewicht auf staatliche Regulierung und Sozialrechte gelegt und das Prinzip der Selbstveranwortlichkeit und Wirtschaftsfreiheit vernachlässigt werde. Dieser auch von den Schweizer Demokraten – diese bemängelten zudem noch, dass dieses Projekt nichts anderes als eine Unterwerfung unter die Normen der EU sei – unterstützte Antrag unterlag mit 153:10 Stimmen. Genau das Gegenteil kritisierte ein Teil (rund ein Drittel) der SP-Fraktion am vorliegenden Entwurf. Rechsteiner (sp, SG) forderte die Rückweisung an die Kommission mit dem Auftrag, die Sozialrechte und die Interventionsmöglichkeiten des Staates in die Wirtschaftspolitik auszubauen und den Willen zur Integration der Schweiz in die EU und die UNO explizit in die Verfassung aufzunehmen. Ähnliches, wenn auch etwas abstrakter und zudem angereichert mit dem Vorschlag, den Föderalismus neu zu konzipieren (und dabei insbesondere auch die Zahl der Kantone zu verringern) forderte Rennwald (sp, JU) in seinem Rückweisungsantrag an den Bundesrat. Nachdem Rechsteiner seinen Antrag zugunsten desjenigen von Rennwald zurückgezogen hatte, unterlag auch dieser deutlich mit 140:14 Stimmen.

Totalrevision der Bundesverfassung: Verfahren und Verfahrensfragen (BRG 96.061)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)