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Im Nationalrat war bereits der Grundsatz der Verfassungsrevision umstritten. Die Fraktion der Freiheitspartei beantragte Nichteintreten, da die Revision überflüssig sei und zudem im Entwurf viel zuviel Gewicht auf staatliche Regulierung und Sozialrechte gelegt und das Prinzip der Selbstveranwortlichkeit und Wirtschaftsfreiheit vernachlässigt werde. Dieser auch von den Schweizer Demokraten – diese bemängelten zudem noch, dass dieses Projekt nichts anderes als eine Unterwerfung unter die Normen der EU sei – unterstützte Antrag unterlag mit 153:10 Stimmen. Genau das Gegenteil kritisierte ein Teil (rund ein Drittel) der SP-Fraktion am vorliegenden Entwurf. Rechsteiner (sp, SG) forderte die Rückweisung an die Kommission mit dem Auftrag, die Sozialrechte und die Interventionsmöglichkeiten des Staates in die Wirtschaftspolitik auszubauen und den Willen zur Integration der Schweiz in die EU und die UNO explizit in die Verfassung aufzunehmen. Ähnliches, wenn auch etwas abstrakter und zudem angereichert mit dem Vorschlag, den Föderalismus neu zu konzipieren (und dabei insbesondere auch die Zahl der Kantone zu verringern) forderte Rennwald (sp, JU) in seinem Rückweisungsantrag an den Bundesrat. Nachdem Rechsteiner seinen Antrag zugunsten desjenigen von Rennwald zurückgezogen hatte, unterlag auch dieser deutlich mit 140:14 Stimmen.

Totalrevision der Bundesverfassung: Verfahren und Verfahrensfragen (BRG 96.061)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Der Ständerat übernahm die Präambel der Bundesratsversion. Der Nationalrat erweiterte diese Präambel auf Antrag seiner Kommission um zwei Punkte. Er fügte die Erwähnung der Verantwortung gegenüber dem Schöpfer hinzu und übernahm die aus der Version Muschg der gescheiterten Verfassungstotalrevision von 1977 stammende Deklaration, «dass nur frei ist, wer seine Freiheit gebraucht, und dass die Stärke des Volkes sich misst am Wohl der Schwachen». Die von der Linken beantragte Streichung der Anrufung Gottes lehnte der Nationalrat jedoch mit 105:53 Stimmen ab. In der Differenzbereinigung sprach sich der Ständerat gegen diese beiden Ergänzungen aus, der Nationalrat hielt jedoch mit recht deutlicher Mehrheit gegen den Widerstand von Freisinnigen und SVP-Abgeordneten daran fest. Die Einigungskonferenz übernahm schliesslich die Version der grossen Kammer.

Zweckartikel, Selbstverantwortung und Chancengleichheit in der revidierten Bundesverfassung (BRG 96.091)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Beim Zweckartikel der Schweizerischen Eidgenossenschaft nahm der Nationalrat auf Antrag seiner Kommission und gegen den Widerstand des Bundesrats sowie der SVP-Fraktion und eines Teils der Freisinnigen auch noch den Passus auf, dass der Bund für eine möglichst grosse Chancengleichheit unter den Bürgerinnen und Bürgern sorgt. Der Ständerat lehnte diese Ergänzung mit denselben Argumenten ab wie der Bundesrat: es handle sich dabei um einen unklaren Begriff, der nicht zu den Staatszwecken gehören solle. Nachdem beide Räte in der Differenzbereinigung auf ihren Entscheiden beharrt hatten, setzte sich an der Einigungskonferenz die Version des Nationalrats durch.

Zweckartikel, Selbstverantwortung und Chancengleichheit in der revidierten Bundesverfassung (BRG 96.091)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Über die Parteigrenzen hinweg war man sich im Nationalrat einig, dass im Sinne der Subsidiarität staatlichen Handelns in der Verfassung auch an die Selbstverantwortung der Individuen gegenüber sich selbst und der Gesellschaft appelliert werden müsse. Der Nationalrat nahm auf Antrag seiner Kommission bei den Allgemeinen Bestimmungen einen neuen Artikel auf, der fordert, dass jede Person für sich selbst Verantwortung wahrnimmt und nach Kräften zur Bewältigung der Aufgaben in Gesellschaft und Staat beiträgt. Der Ständerat stimmte diesem Passus in der Differenzbereinigung zu, strich aber die vom Nationalrat im gleichen Zusammenhang beschlossene Formel, dass sich jede Person gemäss ihren Fähigkeiten und Neigungen entwickeln können soll. Diese schlankere Version wurde zum definitiven Verfassungstext.

Zweckartikel, Selbstverantwortung und Chancengleichheit in der revidierten Bundesverfassung (BRG 96.091)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Bei den Grundrechten gaben namentlich das Diskriminierungsverbot und das Streikrecht zu reden. Bei ersterem ging die Auseinandersetzung nicht um das Verbot der Diskriminierung an sich, sondern um die Frage, ob die Gruppen, welche namentlich nicht diskriminiert werden dürfen, einzeln exemplarisch zu nennen seien, und wenn ja, welche dazugehören würden. Der Ständerat entschied sich gegen eine Aufzählung. Die CVP und die Linke setzten sich im Nationalrat hingegen erfolgreich für eine – nicht abschliessende – Aufzählung ein, da damit auch ein Signal an die Bevölkerung zugunsten dieser Gruppen ausgesendet werde. Der Ständerat fügte sich in der Differenzbereinigung diesem Entscheid. Das Recht auf Streik und Aussperrung (mit der Einschränkung, dass sie Arbeitsbeziehungen betreffen und keine vertraglichen Friedenspflichten verletzen dürfen) wurde vom Ständerat mit dem Argument gestrichen, dass dieses Recht zwar durch die Rechtsprechung gewährleistet sei, ihm aber kein Grundrechtscharakter zukomme. Die vom Bundesrat vorgeschlagene Formel setzte sich im Nationalrat jedoch gegen einen namentlich von der SVP und einer Mehrheit der FDP getragenen Streichungsantrag mit 91:67 Stimmen durch. In der Differenzbereinigung gab der Ständerat insofern nach, als er zwar kein Grundrecht auf Streik anerkannte, aber diesen unter den erwähnten Bedingungen für zulässig erklärte.

Grundrechte und Sozialstaatlichkeit in der revidierten Bundesverfassung (BRG 96.091)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Bei den Grundrechten wichen die Räte in zwei Punkten von ihrer Devise ab, keine materiellen Neuerungen gegenüber der bestehenden Verfassung und der Rechtspraxis einzuführen. Nachdem sich Redner aus allen Parteien dafür eingesetzt hatten, nahm der Nationalrat auf Antrag seiner Kommission einen Artikel in die Verfassung auf, der den Bund verpflichtet, auf dem Gesetzesweg Massnahmen zur Beseitigung von Benachteiligungen von Behinderten zu treffen. Der Ständerat hatte einen entsprechenden Antrag Brändli (svp, GR) ursprünglich abgelehnt, lenkte dann aber ein. Der Nationalrat nahm zudem in erster Lesung einen von der SP geforderten speziellen Kinderartikel unter die Grundrechte auf. Danach sollen Kinder und Jugendliche Recht auf besonderen Schutz und Anspruch auf eine harmonische Entwicklung haben. Bundesrat Koller hatte vergeblich gegen den Anspruch auf harmonische Entwicklung argumentiert, dass damit ein einklagbares Grundrecht geschaffen werde, das gar nicht justiziabel sei. Der Ständerat reduzierte diesen Anspruch dann auf das Postulat der Förderung der Entwicklung der Kinder und Jugendlichen und konnte sich damit durchsetzen.

Grundrechte und Sozialstaatlichkeit in der revidierten Bundesverfassung (BRG 96.091)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Die Sozialziele, welche bisher in der Verfassung und in internationalen Verträgen verstreute Elemente in einem übersichtlichen Katalog zusammenfassen (Art. 41), gaben im Ständerat kaum zu Diskussionen Anlass. Im Nationalrat unterlag die SP mit ihrer Forderung, diese Sozialziele in einklagbare Sozialrechte umzuwandeln. Aber auch der als Reaktion darauf eingereichte Antrag Föhn (svp, SZ), die Sozialziele aus der Verfassung zu streichen, wurde deutlich verworfen.

Sozialziele in der revidierten Bundesverfassung (BRG 96.091)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Beim Paket «Volksrechte» waren zu Jahresende wichtige Entscheide, wie z.B. zur Erhöhung der Unterschriftenzahl, noch offen. Die beiden zuständigen Subkommissionen hatten beantragt, auf eine Erhöhung zu verzichten.

Reform der Volksrechte (BRG 96.091)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Der Ständerat trat auf diese Vorschläge ebenfalls ein. Er lehnte aber den Beschluss des Nationalrats ab, dass bei Varianten immer die alte Verfassungsbestimmung einer Neuerung gegenübergestellt werden muss. Kommissionssprecher Rhinow (fdp, BL) argumentierte damit, dass es sonst unmöglich wäre, dort wo Konsens über eine Innovation besteht, das Volk mit einer Variantenabstimmung über das gewünschte Ausmass dieser Innovation entscheiden zu lassen. Der Nationalrat übernahm diesen Beschluss diskussionslos.

Totalrevision der Bundesverfassung: Verfahren und Verfahrensfragen (BRG 96.061)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Die Bundesversammlung genehmigte die Verfassungsänderungen in den Kantonen Genf, Graubünden, Obwalden, Schaffhausen, Wallis und Zug. Später hiess sie auch die Revision der Kantonsverfassungen von Nidwalden, Obwalden und St. Gallen gut. Noch nicht verabschiedet waren zu Jahresende die vom Bundesrat im September beantragten Genehmigungen der neuesten Revisionen der Verfassungen der Kantone Luzern, Obwalden, Schaffhausen, Waadt und Zug.

Bundesversammlung genehmigte
Dossier: Revisionen der Kantonsverfassungen

Die SVP, die FDP und die FP bekämpften im Nationalrat diese Vorschläge mit dem Argument, dass sich damit das Parlament aus der Verantwortung schleiche. Zudem werde damit für den Bürger der Entscheid nicht erleichtert. Da er bei gleichzeitiger Abstimmung über die Varianten und die Gesamtvorlage nicht wisse, wie letztere dann definitiv aussieht, könne er diese gar nicht beurteilen. Auch Bundesrat Koller äusserte sich eher skeptisch zu Variantenabstimmungen. Seiner Meinung nach sollen sich solche auf jeden Fall auf politisch wenig umstrittene Fragen im Bereich der Verfassungsnachführung beschränken. Bei wichtigen inhaltlichen Entscheiden im Bereich der materiellen Verfassungsreform (z.B. der Erhöhung der Unterschriftenzahlen) bestünde laut Koller die Gefahr, dass eine Mehrheit das ganze Paket ablehnen würde, um auf jeden Fall nicht zu riskieren, dass eine missliebige Neuerung in Kraft tritt. Der Nationalrat beschloss mit 95 zu 45 Stimmen, auf die Vorlage einzutreten. Bei der Detailberatung dieser neuen Regelung im Geschäftsverkehrsgesetz konnte sich der von der Ratslinken bekämpfte Kommissionsantrag durchsetzen, dass bei Variantenfragen zu Themen, die in der bestehenden Verfassung bereits geregelt sind, immer dieser alte Verfassungstext einer neuen Regelung gegenüberzustellen sei. Nicht zulässig soll es in diesen Fällen sein, zwei unterschiedlich weit gehende Neuerungen einander gegenüber zu stellen. Die Befürworter dieser Lösung begründeten ihren Entscheid damit, dass sonst die Befürworter des Status quo ihre Meinung nur durch eine Ablehnung der ganzen Vorlage ausdrücken könnten.

Totalrevision der Bundesverfassung: Verfahren und Verfahrensfragen (BRG 96.061)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Die Verfassungskommissionen der beiden Parlamentskammern, welche sich im Dezember des Vorjahres konstituiert hatten, nahmen Ende Januar die parallel geführte Beratung der drei Vorlagen zur Verfassungsrevision («Nachführung», «Volksrechte» und «Justizreform») in Angriff. Beide hiessen grundsätzlich das bundesrätliche Konzept gut. Während das Eintreten auf die Nachführung unbestritten war, zeigten sich beim Paket «Reform der Volksrechte» bereits zu Beginn grundlegende Differenzen, welche ihren Grund vor allem im Vorschlag der Erhöhung der Unterschriftenzahlen für Initiative und Referendum hatten. Die nationalrätliche Kommission fällte zwar auch diesen Eintretensbeschluss einstimmig, sieben der 39 Mitglieder enthielten sich aber der Stimme. Angesichts der Umstrittenheit dieses Pakets konzentrierten sich beide Kommissionen während des Berichtsjahres auf die beiden anderen Vorlagen (A «Nachführung» und C «Justizreform»), welche sie am 21. (nationalrätliche Kommission) resp. 27. November (ständerätliche Kommission) verabschieden konnten. Sie hielten damit bei diesen beiden Teilen die terminlichen Vorgaben des Bundesrates ein.

Totalrevision der Bundesverfassung: Verfahren und Verfahrensfragen (BRG 96.061)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Beim Paket «Nachführung» schlossen sich beide Kommissionen dem Bundesratsvorschlag für einen umfassenden Grundrechtskatalog an. Sie waren sich einig, dass in dieser Nachführung auch Platz für bestimmte konsensfähige Neuerungen sein soll. So nahmen sie ein explizites Diskriminierungsverbot auf, in dem die wichtigsten Tatbestände möglicher Diskriminierung (Rasse, Geschlecht, Religion etc.) beispielhaft aufgeführt sind. In einigen Bereichen der Grundrechte schwächte die ständerätliche Kommission die Version des Bundesrates leicht ab; so etwa bei der Garantie des Redaktionsgeheimnisses und des Streikrechts. An der von Wirtschaftsseite bekämpften Aufnahme von Sozialzielen in die Verfassung hielten beide Kommissionen fest, allerdings auch am Zusatz, dass daraus keine direkt anwendbaren Ansprüche auf staatliche Leistungen abgeleitet werden können. In der Gesamtabstimmung passierte die Nachführung deutlich, wenn sich auch in der nationalrätlichen Kommission fünf der neun SP-Kommissionsmitglieder der Stimme enthielten. Diese Unzufriedenheit der Linken und die über hundert Minderheitsanträge kündigten an, dass die Debatte längst nicht abgeschlossen ist.

Grundrechte und Sozialstaatlichkeit in der revidierten Bundesverfassung (BRG 96.091)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Die staatspolitischen Kommissionen (SPK) beider Räte hatten in einem Zusatzbericht zur Verfassungsreform gefordert, dass in den Bereichen Parlamentsorganisation und Beziehung des Parlaments zum Bundesrat eine über die von der Regierung vorgeschlagene reine Nachführung hinausgehende Reform anzustreben sei. Sie machten dabei zu beiden Bereichen auch konkrete Vorschläge. Der Bundesrat anerkannte die Berechtigung dieses nicht neuen Anliegens und beschloss im April, ein Reformpaket «Staatsleitung» auszuarbeiten, das im Rahmen der Verfassungsreform behandelt werden soll. Dieses soll neben den beiden erwähnten Bereichen auch die Regierungsorganisation umfassen. Aufgrund früherer Entscheide sollen dabei namentlich die Zahl der Regierungsmitglieder und die Stärkung der Funktion des Bundespräsidenten im Vordergrund stehen. Bezüglich Vorgehen schlug der Bundesrat vor, sich bis zum Vorliegen dieses Pakets, welches er auf ungefähr Mitte 1999 terminierte, auf eine Nachführung der Verfassung zu beschränken und die darüber hinausgehenden Vorschläge der staatspolitischen Kommissionen zurückzustellen. Die ständerätliche Kommission hielt sich an diesen Ratschlag. Die nationalrätliche Verfassungskommission erachtete hingegen dieses Tempo als ungenügend und nahm einige Vorschläge der SPK bereits in die Verfassungsnachführung auf. So hiess sie eine Kompetenzverschiebung in der Aussenpolitik gut, welche darin besteht, dass das Parlament die grundlegenden Ziele der Aussenpolitik festlegt (Art. 156). Sie stimmte ebenfalls dem neuen Instrument des Auftrags zu, welches dem Bundesrat als Richtlinie dient für die Erfüllung von Aufgaben, die in seinem Kompetenzbereich liegen (Art. 161.1 gquater).

Parlament und Bundesrat in der revidierten Bundesverfassung (BRG 96.091)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Beim Paket «Justizreform» konnte in den Kommissionen ebenfalls kein Konsens gefunden werden. Unumstritten war lediglich die Vereinheitlichung des Straf- und Zivilprozessrechts. Die bürgerlichen Kommissionsmehrheiten stimmten zwar dem Grundkonzept des Bundesrates zu, das auf eine Entlastung des Bundesgerichts durch Zugangsbeschränkungen sowie durch die Stärkung der kantonalen und eidgenössischen Vorinstanzen setzt. Dieses wurde aber von der SP bis zuletzt bekämpft. Da die Linke mit ihrem Vorschlag eines personellen Ausbaus des Bundesgerichtes nicht durchdrang und zudem sich auch der von ihr bekämpfte Vorschlag des Bundesrates für die Einführung einer beschränkten Verfassungsgerichtsbarkeit durchsetzte, lehnten ihre Vertreter in der nationalrätlichen Kommission das Paket in der Schlussabstimmung geschlossen ab.

Justizreform (BRG 96.091)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Das Parlament wird sich erst 1998 mit der Totalrevision der Bundesverfassung auseinandersetzen. Bereits im Berichtsjahr regelte es aber eine Verfahrensfrage für die Durchführung der Volksabstimmungen zu dieser Reform. Die Verfassungskommission des Nationalrats hatte dazu mit einer parlamentarischen Initiative zwei nur für diese Totalrevision gültige Neuerungen beantragt. Die erste sieht vor, dass dem Volk nicht nur ein einziger Entwurf, sondern gleichzeitig auch Varianten zu einzelnen Bestimmungen vorgelegt werden können. Damit soll einerseits der Gestaltungsspielraum der Bürger ausgedehnt werden, vor allem aber soll vermieden werden, dass die ganze Revision der Opposition zu einer einzelnen Bestimmung zum Opfer fällt. Innerhalb eines Revisionspaketes sollen aber höchstens zu drei Bestimmungen Varianten vorgelegt werden dürfen. Die zweite Neuerung soll dem Parlament erlauben, zu wichtigen Grundsatzfragen bereits vor dem definitiven parlamentarischen Entscheid eine Volksabstimmung (auch mit eventuellen Varianten) durchzuführen, deren Ergebnis dann für das Parlament verbindlich ist.

Totalrevision der Bundesverfassung: Verfahren und Verfahrensfragen (BRG 96.061)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Am 5. Dezember stellten die Büros beider Räte die vorbereitenden Verfassungskommissionen zusammen. Sie werden von Ständerat Rhinow (fdp, BL) und Nationalrat Deiss (cvp, FR) präsidiert. Eine Woche später nahmen die Kommissionen ihre Arbeit auf. Die Beratungen sollen bis Ende 1997 abgeschlossen sein, damit die Ratsplena die Vorlage im Jubiläumsjahr 1998 abschliessend behandeln können.

Totalrevision der Bundesverfassung: Verfahren und Verfahrensfragen (BRG 96.061)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Im Vordergrund der Justizreform steht die Entlastung und Stärkung des Bundesgerichts. Einerseits soll der Gang nach Lausanne eingeschränkt werden, wobei erst das Ausführungsgesetz konkrete Regeln setzen wird. Andererseits wird durch die Einführung der obligatorischen Verwaltungsgerichtsbarkeit in den Kantonen, der erstinstanzlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit auf Bundesebene und der Bildung eines Bundesstrafgerichts in den jeweiligen Bereichen eine gerichtliche Vorinstanz eingerichtet. Der Rechtsschutz wird durch die Einführung der Rechtsweggarantie, des unbeschränkten Anspruchs auf Zugang zu einem Gericht, ausgebaut. Durch die Kompetenz des Bundesrats zu einer Vereinheitlichung des Zivil- und Strafprozessrechts sollen schliesslich die kantonalen Divergenzen bei der Gerichtsorganisation und den Verfahren aufgehoben werden.

Justizreform (BRG 96.091)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Für den umstrittensten Teil der neuen Verfassung, die Ausgestaltung der Volksrechte, sieht der Bundesrat sowohl Restriktionen wie auch einen Ausbau vor. Die für Volksinitiativen notwendige Unterschriftenzahl soll auf 150'000 (anstelle der ursprünglich vorgeschlagenen 200'000) erhöht werden. Für das fakultative Gesetzesreferendum sollen neu 100'000 Unterschriften nötig sein.
Als Ausgleich ist die Einführung neuer Volksrechte geplant: Durch die allgemeine Volksinitiative erhalten mindestens 100'000 Stimmberechtigte oder acht Kantone das Recht, in der Form einer allgemeinen Anregung die Annahme oder Aufhebung von Verfassungs- oder Gesetzesbestimmungen zu verlangen. Mindestens acht Kantone können neu eine Initiative für eine Total- oder Teilrevision der Bundesverfassung einreichen. Die Bundesversammlung kann für Verfassungs- oder Gesetzesvorlagen Alternativtexte ausarbeiten und sie gemeinsam mit den entsprechenden Volksinitiativen der Volksabstimmung vorlegen. Auch der Entscheid über die Gültigkeit von Volksinitiativen soll neu geregelt werden. Im Konfliktfall wird nicht mehr die Bundesversammlung, sondern das Bundesgericht dafür letztinstanzlich zuständig sein.
Bei den Referenden ist die Einführung des fakultativen Verwaltungs- und Finanzreferendums geplant. Das fakultative Staatsvertragsreferendum wird auf nicht direkt anwendbare Verträge ausgedehnt, falls diese landesrechtliche Gesetzesanpassungen auf Bundesebene erfordern, welche die Rechtsposition der schweizerischen Bevölkerung betreffen.

Reform der Volksrechte (BRG 96.091)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Nachdem er im August bereits einige Teilaspekte bekanntgegeben hatte, stellte der Bundesrat Ende November seine Botschaft zur Totalrevision der Bundesverfassung vor. Den Räten wird die Vorlage in drei Bundesbeschlüssen unterbreitet: der Nachführung des bestehenden Verfassungstextes und den Reformen von Volksrechten und Justiz. Bei ersterer handelt es sich um Anpassungen veralteter Verfassungsbestimmungen an die heutige Verfassungswirklichkeit, die Übernahme grundlegender Bestimmungen auf Gesetzesebene und von ungeschriebenem Verfassungsrecht in die Bundesverfassung sowie die Schliessung von Lücken. Dazu gehören etwa internationale Konventionen zum Schutz der Menschenrechte, oder vom Bundesgericht anerkannte ungeschriebene Grundrechte wie das Recht auf Existenzsicherung. Auch die anderen der neu in die Verfassung aufgenommenen Sozialziele enthalten nichts grundlegend Neues. Ausserdem schreibt die neue Verfassung den Vorrang der privaten Verantwortung bei der Sicherung der materiellen Existenz fest.

Totalrevision der Bundesverfassung: Verfahren und Verfahrensfragen (BRG 96.061)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

In den Kantonen selbst befürwortete die Innerrhoder Landsgemeinde die Auflösung der Institution des Inneren Landes und die Übertragung von deren Kompetenzen an den Kanton. Eine Initiative der christlichsozialen Gruppe für die Revision der Bezirksgrenzen des Inneren Landes scheiterte. In Neuenburg wurde die Einleitung zur Totalrevision der bestehenden Verfassung aus dem Jahre 1858 in der Volksabstimmung vom 10. März von 83% der Stimmenden gutgeheissen. Der Grosse Rat wurde mit knapper Mehrheit zum Ausführungsorgan bestimmt. In Schaffhausen nahm der Grosse Rat den Beschluss über die Inangriffnahme der Gesamtrevision der Kantonsverfassung und das dazugehörige Ausführungsgesetz an.

Innerrhoder Landsgemeinde Neuenburg Schaffhausen
Dossier: Revisionen der Kantonsverfassungen

Im vorliegenden Dossier «Totalrevision der Bundesverfassung 2/2» finden Sie unsere Berichterstattung über die Botschaft zur Totalrevision der Bundesverfassung, deren parlamentarische Beratung (thematisch gegliedert) und die Volksabstimmung vom April 1999. Im Dossier «Totalrevision der Bundesverfassung 1/2» erhalten Sie einen Überblick über die der bundesrätlichen Botschaft vorgelagerten Diskussionen und Bestrebungen zur Reform der Bundesverfassung (1966-1996).

Dans ce dossier« Révision totale de la Constitution fédérale 2/2 », vous trouverez notre rapport sur le message relatif à la révision totale de la Constitution fédérale, les délibérations parlementaires (organisées par thématiques) et la votation populaire d’avril 1999. Dans le dossier « Révision totale de la Constitution fédérale 1/2 », vous obtiendrez un aperçu des débats et des tentatives de réforme de la Constitution fédérale (1966-1996).

Einführung ins Dossier «Totalrevision der Bundesverfassung 2/2»
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

In der Sommersession genehmigte der Ständerat sowohl die Totalrevision der Ausserrhoder Verfassung wie die Verfassungsänderungen in den Kantonen Zürich, Luzern, Glarus, Schaffhausen, Appenzell Innerrhoden, Aargau, Genf und Jura. Der Nationalrat folgte ihm darin im Herbst.

Verfassungsänderungen in den Kantonen Zürich, Luzern, Nidwalden, Zug, Solothurn und Basel-Stadt
Dossier: Revisionen der Kantonsverfassungen

Nurmehr wenig Widerstand kam dieses Jahr von den Kantonen. Zwar verlangten sie einen Ausbau des Föderalismus und eine stärkere Stellung in der Aussenpolitik. Doch stellten sich ihre Vertreter an der Konferenz der Kantonsregierungen, mit einer Ausnahme, deutlich hinter das Reformwerk.

Vernehmlassung und «Volksdiskussion» zur Reform der Bundesverfassung
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 1/2: Vorgeschichte (1966 bis 1996)

Vorwiegend ablehnend äusserten sich dagegen die Wirtschaftsverbände. Gutes vermochten Vorort und Arbeitgeberverband gerade noch der Reform von Justiz und Volksrechten abgewinnen, während der Gewerbeverband auch letztere verwarf. Hingegen bezeichnete der Vorort die Verankerung von Sozialzielen in der Verfassung als eigentliche Kriegserklärung, welche den Anlass liefere, die gesamte Reform zu bekämpfen. Ebensowenig sei das Recht auf Existenzsicherung und das Streikrecht in der Verfassung festzuschreiben. Der Begriff der Wirtschaftsfreiheit solle nicht durch denjenigen des freien Wettbewerbs ersetzt werden.

Vernehmlassung und «Volksdiskussion» zur Reform der Bundesverfassung
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 1/2: Vorgeschichte (1966 bis 1996)