Suche zurücksetzen
Themenübergreifendes Suchen:

Inhalte

  • Politische Grundfragen
  • Sozialhilfe

Akteure

Prozesse

272 Resultate
Als PDF speichern Weitere Informationen zur Suche finden Sie hier

Im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms «Die Gesundheit des Menschen in seiner heutigen Umwelt» (NFP 26) widmeten sich verschiedene interdisziplinäre Untersuchungen dem Ausmass, den Mechanismen und den Auswirkungen der gesellschaftlichen Ausgrenzung von HIV-Infizierten und AIDS-Kranken. Fazit der Studien war, dass dieses Thema nur zusammen mit der wachsenden Intoleranz gegenüber den Randgruppen ganz allgemein angegangen werden kann. Im November 1991 lief eine vom BAG und der Stiftung zur Förderung der Aidsforschung unterstützte Studie zur Frage an, ob bei HIV-Positiven Ausbruch und Verlauf der Krankheit von virusunabhängigen Faktoren beeinflusst werden. Im Zentrum des Interesses stehen zusätzliche Faktoren, welche die Funktionsweise des Immunsystems beeinträchtigen können, wie etwa Stress, Konsum von Drogen oder Alkohol, mangelhafte Ernährung und Rauchen.

Die Gesundheit des Menschen in seiner heutigen Umwelt (NFP 26)

Bei der Ausarbeitung des neuen Parteiprogramms der CVP, das den Titel «Zukunft für alle» trägt, versuchte die Programmkommission unter der Leitung von Ständerat Cottier (FR) einerseits, die Positionen der verschiedenen Flügel innerhalb der Partei auf einen Nenner zu bringen, andererseits aber auch die Attraktivität der schon seit Jahren an einer starken Erosion leidenden Partei durch eine Anpassung an neue soziale Gegebenheiten zu erhöhen. So wurde die Umschreibung der Familie als ein tragendes Fundament unserer Gesellschaft, welche noch im Programm von 1987 eine zentrale Stellung innehatte, durch eine Formulierung, die auch andere Gemeinschaftsformen als diejenige der traditionellen Familie befürwortet, ersetzt. Während das «Solothurner Programm» von 1987 als Schwerpunkt die drohende Umweltzerstörung thematisiert hatte, ist das neue Programm weitgehend durch bestimmte Bereiche der internationalen Politik geprägt: Einerseits forderte die CVP im Rahmen der europäischen Integrationspolitik den Bundesrat auf, nach dem Abschluss der EWR-Verhandlungen ein EG-Beitrittsgesuch zu stellen. Andererseits soll die Sicherheits- und Neutralitätspolitik im veränderten europäischen Umfeld neu definiert werden; ebenso sollen Lösungsansätze in der Migrations- und Asylproblematik durch ein striktes Ausfuhrverbot von Kriegsmaterial gesucht werden. Die innenpolitischen Schwerpunkte im Programm betrafen die Landwirtschafts- und Umweltpolitik, die Gentechnologie, die Gleichstellung von Mann und Frau sowie einzelne Problembereiche aus der Sozialpolitik. Die Delegiertenversammlung vom 4. Mai in Weinfelden (TG) verabschiedete das Programm; in der Asylpolitik verlangten die Delegierten zudem eine Straffung des Verfahrens, lehnten jedoch einen Vorstoss der zürcherischen CVP für eine Beschränkung der Asylbewerberzahl auf 25'000 deutlich ab. Die Forderung nach einem Europa der Regionen bildete den Schwerpunkt am Parteitag in Basel.

Ausrichtung und Position der CVP 1991

Keine zehn Tage nach der Drogenkonferenz zeigte sich ziemlich überraschend, dass zumindest in der Einschätzung der offenen Szenen bereits ein gewisser gesamtschweizerischer Konsens eingetreten war: Die im Städteverband zusammengeschlossenen Städte kündigten an, in den kommenden Monaten in einer koordinierten Aktion die offenen Drogenszenen zum Verschwinden bringen und die auswärtigen Fixer und Fixerinnen von der Polizei zwangsweise in ihre Wohn- oder Heimatgemeinden zurückschaffen zu wollen,, um diese vermehrt in die Verantwortung für die Drogenkranken miteinzubeziehen. Obgleich namhafte Strafrechtler bezweifelten, dass diese Abschiebungen rechtlich überhaupt zulässig seien, und Drogenfachleute warnten, ohne Schaffung der entsprechenden Infrastrukturen (Unterkünfte, Sicherstellung der AIDS-Prävention) sei bei einer Auflösung der offenen Szenen mit vermehrten Drogentoten zu rechnen, liessen sich die Stadtbehörden von Bern und Zürich, die wegen der repressiven Haltung des Kantons Aargau und der Romandie besonders vom Drogentourismus betroffen sind, nicht von ihrem Vorhaben abhalten: Anfangs Dezember 1991 wurde der Berner Kocherpark, wo die Fixer nach mehrfacher Vertreibung aus politisch nicht genehmen Standorten – unter anderem die Bundeshausterrasse – eine gewisse Betreuung und Geborgenheit erfahren hatten, nachts geschlossen; kurz nach Jahresende erfolgte auch die nächtliche Räumung der Zürcher Szene beim Platzspitz.

Koordinierte Aktion der Städte gegen die offene Drogenszene (1991–1995)

Zusammen mit Nationalrat Bonny (fdp, BE) reichte Ständerat Jelmini (cvp, TI) eine Motion ein, welche den Bundesrat beauftragt, die Leistungen des Schweizerischen Samariterbundes zugunsten des koordinierten Sanitätswesens, des Zivilschutzes und anderer Bereiche des Gesundheits- und Sozialwesens durch den Bund finanziell abzugelten. Der Nationalrat überwies die Motion in Form eines Postulates.

Leistungen des Schweizer Samriterbundes (Mo. 91.3209)

Zum Abschluss der Jubiläumssitzung im Januar 1991 behandelte die grosse Kammer als Erstrat das Bundesgesetz über die Hilfe an Opfer von Straftaten (Opferhilfegesetz, OHG). Bei dessen Präsentation sprach die Präsidentin der vorberatenden Kommission, die Luzerner CVP-Abgeordnete Stamm, von einem «historischen Moment für das schweizerische Strafrecht». Erstmals werde bei einer Strafverfahrensordnung nicht nur dem Täter, sondern auch dem Opfer Beachtung geschenkt. Sie erinnerte daran, dass das nun vorliegende Gesetz auf einen Volksauftrag aus dem Jahre 1984 zurückgeht. Damals unterstützten alle Stände und eine überwältigende Mehrheit von 84 Prozent der Stimmenden die Schaffung eines neuen Artikels 64ter der Bundesverfassung, welcher den Bund und die Kantone beauftragt, dafür zu sorgen, dass Opfer von Straftaten gegen Leib und Leben Hilfe erhalten.

Entgegen dem Antrag einer bürgerlichen Kommissionsminderheit hielt der Rat daran fest, die Rechte des Opfers im Strafverfahren gesamtschweizerisch zu regeln, in diesem speziellen Fall also vom Grundsatz der strafprozessrechtlichen Kompetenzen der Kantone abzuweichen. Der Anspruch des Opfers auf Begleitung durch eine Vertrauensperson sowie die Möglichkeit, die Aussagen über Fragen der Intimsphäre zu verweigern, blieben ebenfalls im Gesetz. Opfer von sexuellen Straftaten sollen zudem das Recht haben zu verlangen, dass wenigstens eine Person ihres Geschlechts dem urteilenden Gericht angehört. Der entsprechende Artikel fand mit 71:70 Stimmen allerdings nur ganz knapp Zustimmung.

Die kleine Kammer folgte dem Nationalrat in den wesentlichen Punkten. Im Sinn von mehr Kantonshoheit beschloss sie aber, statt einer eidgenössischen Rekurskommission kantonale Beschwerdeinstanzen einzusetzen und den Kantonen die ganzen Betriebskosten für die Beratungsstellen zu überbürden. Der Nationalrat bereinigte die Differenzen im Sinn des Ständerates, so dass das Gesetz in der Herbstsession 1991 definitiv verabschiedet werden konnte.

Loi fédérale sur l'aide aux victimes d'actes de violence (MCF 90.030)
Dossier: Bundesgesetz über die Hilfe an Opfer von Straftaten und seine Auswirkungen

Angesichts dieser Zahlen ertönt immer lauter der Ruf nach einem staatlich garantierten Mindesteinkommen. Linke, Grüne, Hilfswerke und allgemein sozial Engagierte drängen aber auch darauf, dass endlich Massnahmen ergriffen werden, damit diese gesellschaftlich benachteiligten Gruppen auch ohne Sozialhilfe finanziell bessergestellt werden; im Vordergrund stehen hier die Durchsetzung des Grundsatzes vom gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit, bessere Kinderbetreuungsmöglichkeiten und materielle Anerkennung von Erziehungs- und Pflegeaufgaben.

Forderung nach einem staatlich garantierten Mindesteinkommen (1991)

Zu eher noch krasseren Ergebnissen kam eine Studie im Kanton Baselstadt. Gemäss den Autoren ist dort jede vierte Person mehr oder weniger stark von Armut betroffen: 15 Prozent der Bevölkerung leben bereits unterhalb der Armutsschwelle, 10 Prozent sind Grenzfälle. Die meisten der befragten sozialen Institutionen gingen zudem davon aus, dass sich das Phänomen in den nächsten zehn Jahren noch verschärfen wird. Der Basler Regierungsrat beauftragte das Wirtschafts- und Sozialdepartement, Vorschläge zur Schliessung der Lücken im Sozialnetz auszuarbeiten.

Zahlen zum Anteil Personen unter der Armutsschwelle (1990–1992)

Durchschnittlich leben in der Schweiz rund 15 Prozent der Bevölkerung unter der Armutsgrenze. Eine neue kantonale Studie aus dem Wallis bestätigte die bereits aus anderen Untersuchungen bekannten Zahlen. Auffallend war dabei, dass besonders junge Erwachsene unter 30 Jahren vom Problem der Armut betroffen sind: Unter Ausschluss der Minderjährigen und der Studenten machten sie 28 Prozent jener aus, die aufgrund der angewendeten Kriterien als arm zu gelten haben. Armutsgefährdet sind aber auch Rentner (16.4%) und insbesondere die Frauen, die zweieinhalbmal zahlreicher in Armut leben als die Männer. Zwei Drittel der Armen sind ledig, geschieden oder verwitwet.

Zahlen zum Anteil Personen unter der Armutsschwelle (1990–1992)

In Beantwortung einer Einfachen Anfrage Steffen (sd, ZH) bekräftigte der Bundesrat seine Auffassung, wonach restriktive Massnahmen gegen bestimmte Kategorien von einreisenden Ausländern (HIV-Screening, Einreisesperren) als ineffizient und diskriminierend einzustufen wären und deshalb für die Schweiz nicht in Frage kommen.

Bundesrat will keine restriktiven (gesundheitspolitischen) Massnahmen gegen einreisende Ausländer (1991)

Diskussionslos stimmten beide Räte dem Europäischen Übereinkommen über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten zu, welches eine Harmonisierung der diesbezüglichen Rechtsgrundlagen in ganz Europa zum Ziel hat.

Europäisches Übereinkommen über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (1991–1992)
Dossier: Bundesgesetz über die Hilfe an Opfer von Straftaten und seine Auswirkungen

Da der Nationalrat im OHG die Bestimmung eingeführt hatte, dass auf Antrag des Opfers ein gleichgeschlechtlicher Richter zu amten hat, wurde eine Motion Bär, welche dies in jedem Fall zwingend festschreiben wollte, nur als Postulat angenommen.

Forderung nach gleichgeschlechtlichen Richterinnen oder Richtern bei Sexualdelikten (Mo. 90.935)
Dossier: Bundesgesetz über die Hilfe an Opfer von Straftaten und seine Auswirkungen

Primär aus Gründen der Gleichstellung der Geschlechter war eine Revision des Bundesgesetzes über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger notwendig geworden. Unbestritten waren in beiden Räten die Einführung eines eigenen Unterstützungswohnsitzes für die Ehefrau und die Anpassungen der Bestimmungen für die Begründung eines eigenen Unterstützungswohnsitzes durch Unmündige. Zu reden gab vor allem im Nationalrat der Umstand, dass der Bundesrat auf Wunsch der Kantone wieder vom reinen Wohnsitzprinzip abgekommen war und an einer zweijährigen Rückerstattungspflicht durch den Heimatkanton festhielt. Mit geringfügigen Anderungen stimmten die Räte schliesslich dem Vorschlag des Bundesrates zu, doch überwies der Nationalrat gleichzeitig zwei Postulate, die weitere Abklärungen im Hinblick auf die Einführung des alleinigen Wohnsitzprinzips und einen besseren Schutz der Fahrenden verlangen.

Änderung des Bundesgesetzes über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger (BRG 89.077)

In Zürich konnten sich 1990 erstmals die Stimmbürger in einer Abstimmung zur Drogenpolitik äussern. Das Resultat zeigte deutlich die zwiespältigen Gefühle der Bevölkerung gegenüber dem Drogenelend. Nur eine Minderheit von rund 37 Prozent sprach sich für die Schaffung von drei Fixerräumen aus, aber 54.4 Prozent der Stimmenden befürworteten ein umfangreiches Paket sozialer Hilfsmassnahmen. Die unterschiedlichen Ergebnisse mehrerer Umfragen zeigten, dass es sehr schwierig ist, allgemeingültige Aussagen über die Haltung der Bevölkerung zu einer eventuellen Entkriminalisierung des Drogenkonsums zu machen.

Abstimmung in Zürich zur Drogenpolitik (1990)

Nach den Kriterien der EG und der WHO gilt eine Person als arm, wenn ihr Einkommen weniger als die Hälfte des Einkommens beträgt, das in einem Land durchschnittlich zur Verfügung steht. Geht man von dieser Definition der Armutsschwelle aus, leben 8 Prozent oder ungefähr 500'000 Menschen in der Schweiz in Armut. Dient als Richtschnur die für die Entrichtung von Ergänzungsleistungen der AHV/IV massgebliche Einkommensgrenze, so sinkt der Anteil der Armen auf 4 Prozent. Auf 10 Prozent steigt er dagegen, wenn die für Mietzinszuschüsse massgebliche Einkommensgrenze berücksichtigt wird. Dies ergab eine Untersuchung des Instituts für Sozialwissenschaft der Universität Lausanne. Noch erschreckendere Zahlen lieferte eine Armutsstudie im Kanton Neuenburg, derzufolge mindestens ein Sechstel, wahrscheinlicher aber eher ein Fünftel der Bevölkerung unter der von EG und WHO definierten Armutsschwelle lebt. Aufgeschreckt durch diese Zahlen reichte die FDP-Fraktion ein Postulat (Po 90.926) ein, das für das Jubiläumsjahr eine nationale Konferenz zum Thema Armut anregt.

Zahlen zum Anteil Personen unter der Armutsschwelle (1990–1992)

Im Bericht «Sozialstaat Schweiz» hat die SVP ihre kurz- und mittelfristigen Zielvorstellungen zur Sozialpolitik formuliert. Sie erachtet den Ausbau der sozialen Sicherheit für grundsätzlich abgeschlossen. Für notwendige sektorielle und qualitative Verbesserungen fordert sie die Einhaltung der Grundsätze der Kostenneutralität und der Subsidiarität zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden; generelle Leistungserhöhungen lehnt sie hingegen ab.

Zielsetzungen der SVP zur Sozialpolitik 1990

Die eingeleitete Öffnung der PdA für neue Ideen und Themen wurde mit der Lancierung der Volksinitiative «Frauen und Männer» konkretisiert. Diese verlangt eine Quotenregelung von maximal 60% des gleichen Geschlechts für alle politischen Behörden mit fünf oder mehr Mitgliedern. Gleichzeitig hat die Partei eine zweite Initiative, «Gleiche Rechte in der Sozialversicherung», lanciert. Diese fordert die Durchsetzung des Gleichheitsartikels in den Sozialwerken.

Volksinitiativen «Frauen und Männer» und «Gleiche Rechte in der Sozialversicherung»

Die Förderung preisgünstigen Wohnungsbaus war denn auch ein zentrales Anliegen der CVP, die im Sommer ein Positionspapier zur «Armut im Wohlstand» veröffentlichte. Sie verlangte zudem, der Bund solle sein Engagement bei den Ergänzungsleistungen zur AHV/IV ausbauen, damit die Kantone die dadurch freiwerdenden Mittel zur Existenzsicherung derjeniger Menschen einsetzen könnten, die keinen Anspruch auf Ergänzungsleistungen haben, wie ausgesteuerte Arbeitslose oder Alleinerziehende. Die CVP fand auch die Einführung eines garantierten Mindesteinkommens (GME) prüfenswert. Da die Armut in der Schweiz primär die Frauen betrifft, erachtete sie die Durchsetzung der Lohngleichheit als vordringliches Postulat.

Positionspapier der CVP zur «Armut im Wohlstand» (1990)

Im April leitete der Bundesrat dem Parlament den lange erwarteten Entwurf zu einem Opferhilfegesetz (OHG) zu. Hauptelement des neuen Gesetzes ist, dass nicht mehr in erster Linie die Täter oder Täterinnen, sondern vermehrt die Opfer von Gewaltverbrechen ins Zentrum des Strafrechts gerückt werden. Erstes Ziel der Opferhilfe ist die Beratung und Betreuung. Die Kantone werden verpflichtet, rund um die Uhr und kostenlos für die medizinische, psychologische, soziale, materielle und juristische Unterstützung der Opfer zu sorgen. Ein weiterer zentraler Punkt des OHG ist die künftige Besserstellung des Opfers im Strafverfahren. So darf seine Identität nicht mehr veröffentlicht werden. Begegnungen zwischen Opfer und Täter sind möglichst zu vermeiden. Für Frauen ist bedeutsam, dass Opfer von Sexualdelikten bei polizeilichen Ermittlungsverfahren verlangen können, von einer Person gleichen Geschlechts einvernommen zu werden. Betroffene sollen das Recht haben, sich bei Einvernahmen von einer Vertrauensperson begleiten zu lassen und Antworten zu verweigern, welche die Intimsphäre verletzen. Die vorberatende Kommission des Nationalrates verbesserte die Opferrechte in zwei Punkten: auf Verlangen soll die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden und dem urteilenden Gericht muss mindestens eine Person gleichen Geschlechts wie das Opfer angehören. Letztere Forderung will auch eine Motion Bär (gp, BE) durchsetzen, die von 22 weiteren Parlamentarierinnen unterzeichnet wurde. Im weiteren ist eine Entschädigung des Opfers durch den Staat vorgesehen, wenn es vom Täter nicht oder nur ungenügend entschädigt werden kann. In diese Richtung zielt auch das Europäische Übereinkommen über die Entschädigung von Opfern von Gewalttaten, dessen Ratifizierung der Bundesrat gleichzeitig beantragte. Dieses Abkommen strebt eine Harmonisierung der entsprechenden Rechtsgrundlagen in ganz Europa an.

Loi fédérale sur l'aide aux victimes d'actes de violence (MCF 90.030)
Dossier: Bundesgesetz über die Hilfe an Opfer von Straftaten und seine Auswirkungen

Die beiden nationalen grünen Gruppierungen, die Grüne Partei der Schweiz (GPS) und das Grüne Bündnis Schweiz (GBS) klärten das Terrain für die Aufnahme von Fusionsverhandlungen ab. Nachdem im Dezember 1989 der GPS-Ausschuss auf einen Fusionswunsch des GBS eingegangen war, präsentierte das Grüne Bündnis die Rahmenbedingungen, unter denen es sich eine Fusion vorstellen könnte. Formelle Kriterien wie z.B. ein neuer Name der fusionierten Gruppen sowie inhaltliche Problemkreise — die Verteidigungs- und Sozialpolitik, die Frauenfrage und die Frage nach dem Stellenwert der Parlamentsarbeit — sollten gemeinsam diskutiert werden. Allerdings liessen aber bald darauf beide Parteien verlauten, die Basis für eine Fusion sei zur Zeit nicht vorhanden. Innerhalb des Grünen Bündnisses äusserten vor allem die Sozialistisch-Grüne Alternative Zug (SGA) und die Winterthurer Opposition (WOP) Zweifel an Sinn und Machbarkeit einer Fusion.

Zusammenschluss der GPS und des GBS

Fachleute und Politiker wiesen immer wieder auf den engen Zusammenhang zwischen Armut und Wohnungsnot hin. Diese Einsicht fand auch im Parlament ihren Niederschlag, wo eine parlamentarische Initiative der Kommission des Ständerates und drei Motionen (Mo. 90.259, Mo. 90.778 und Mo. 90.839) eingereicht wurden, die den Bundesrat beauftragen, in diesem Bereich konkrete Massnahmen zur Verhinderung von Härtefällen zu ergreifen. Die Motion Zimmerli (svp, BE; Mo, 90.679) im Ständerat wurde später wieder zurückgezogen.

Förderung kantonaler Miet- und Hypothekarzuschüsse (Mo. 90.259, Mo. 90.778, Mo. 90.839)

In der Sachpolitik setzte die GPS im Berichtsjahr mit ihrer Forderung nach einem staatlich garantierten Mindesteinkommen (GME) einen Akzent. Gemäss dem Thesenpapier der GPS soll dieses seit einiger Zeit von neoliberalen Ökonomen vertretene Modell die bestehenden Sozialwerke teilweise ersetzen und vor allem jenen zugute kommen, die keine Lohnarbeit verrichten oder wegen reduzierter Erwerbstätigkeit (z.B. infolge von Erziehungsaufgaben) das Existenzminimum nicht erreichen. Das Mindesteinkommen soll nicht mehr über Lohnprozente, sondern über eine Besteuerung der gesamten Wirtschaftskraft finanziert werden. Zudem sollte das Obligatorium der beruflichen Vorsorge (BVG) abgeschafft und die AHV gestärkt werden.

Sozialpolitik der GPS, 1990-1999

Im November liess der Bundesrat den Räten seine Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger zugehen. Diese Anpassung war im Anschluss an die Revision von Art. 4 Abs. 2 der Bundesverfassung («Gleiche Rechte für Mann und Frau») notwendig geworden. Dieses Ziel war in der im September 1988 eingeleiteten Vernehmlassung unbestritten gewesen. Allerdings hatten sich vor allem die Zuwandererkantone gegen den Übergang zum reinen Wohnsitzprinzip gewehrt. Diesen Bedenken trug der Bundesrat Rechnung, indem er eine zweijährige heimatliche Rückerstattungspflicht vorschlug. Einige Kantone hatten auch auf die Problematik bei Sucht- und Aidskranken hingewiesen, worauf der Bundesrat die Bestimmung einfügte, dass für die Unterstützung Bedürftiger ohne Unterstützungswohnsitz künftig die Kompetenz zu weitergehenden Hilfeleistungen beim Aufenthaltskanton liegen solle.

Änderung des Bundesgesetzes über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger (BRG 89.077)