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Die Ankündigung der ersten von insgesamt vier von-Wattenwyl-Gesprächen im Jahr 2022 im Februar 2022 glich derjenigen des Vorjahres. Nicht nur der Ort war aufgrund der Covid-19-Pandemie noch immer nicht das namengebende Von-Wattenwyl-Haus, sondern erneut der Bernerhof, sondern auch die hauptsächlichen Traktanden der Gespräche zwischen den Parteispitzen und einer Bundesratsdelegation – im Februar bestehend aus dem frisch gekürten Bundespräsidenten und Aussenminister Ignazio Cassis, Gesundheitsminister Alain Berset und Energieministerin Simonetta Sommaruga sowie dem Bundeskanzler Walter Thurnherr – waren gleich wie im Vorjahr. Diskutiert wurde nämlich über die sich langsam entspannende gesundheitspolitische Lage sowie das in seiner neuen Stossrichtung formulierte Ziel der Regierung, die bilateralen Beziehungen zur EU zu stabilisieren. Einen weiteren aussenpolitischen Diskussionspunkt stellte der geplante Sitz der Schweiz im UNO-Sicherheitsrat (2023–2024) dar. Simonetta Sommaruga informierte über die geplanten Vorhaben zur Senkung der Treibhausgasemissionen auf Netto-Null bis 2050 (Revision des CO2-Gesetzes und Schaffung des Bundesgesetzes über sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien).
Im Mai 2022 fanden die Gespräche nach über zwei Jahren wieder im Von-Wattenwyl-Haus statt. Und auch die Themen hatten sich innert Monaten aufgrund der aktuellen weltpolitischen Lage mit dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs stark verschoben. Bundespräsident Ignazio Cassis, Simonetta Sommaruga, Guy Parmelin sowie Walter Thurnherr diskutierten mit den Vertretungen der Bundesratsparteien über die aussenpolitischen, wirtschaftlichen und energiepolitischen Auswirkungen des Konflikts. Konkrete Diskussionsgegenstände waren die neutralitätspolitische Ausrichtung der Schweiz, die Konferenz zum Wiederaufbau der Ukraine in Lugano, der weltweite Teuerungsdruck und die Energieversorgungssicherheit – neben dem bereits im Februar diskutierten Stromversorgungsgesetz, dessen Umsetzung beschleunigt werden sollte, informierte die Energieministerin dabei über die geplanten Massnahmen zur Gasversorgungssicherheit.
Wie vor der Covid-19-Pandemie üblich traf sich die Landesregierung für die Von-Wattenwyl-Gespräche im Herbst in corpore und in Klausur mit den Parteispitzen. Neben dem Krieg und seinen Auswirkungen standen die Versorgungssicherheit, die Finanzplanung, wirtschaftspolitische Folgen der Inflation, die gesundheitspolitische Lage sowie einmal mehr die Europapolitik auf der Traktandenliste. In der bundesrätlichen Bilanz zu sechs Monaten Krieg nahm Justizministerin Karin Keller-Sutter Stellung zu den Migrationsbewegungen und dem Schutzstatus S, der rund 62'000 Personen gewährt worden sei; Verteidigungsministerin Viola Amherd betonte ihrerseits den Wandel der «europäischen Sicherheitsarchitektur» und die Bedeutung multilateraler Organisationen auch für die Schweiz; Aussenminister Ignazio Cassis berichtete über die Lugano-Konferenz. Die energetische Versorgungssicherheit wurde von Energieministerin Simonetta Sommaruga erörtert. Massnahmen seien etwa eine Wasserkraftreserve, Einrichtung von Reservekraftwerken und Plänen zur Bewältigung einer möglichen Gasmangellage; die Stromversorgung sei momentan aber sichergestellt. Wirtschaftsminister Guy Parmelin erklärte die steigenden Energiepreise zur Hauptursache für die ansteigende Inflation, die zwar mit 3.4 Prozent unter dem europäischen Mittel liege, aber auch in der Schweiz auf die Kaufkraft drücke. Über die schwierige Lage der Bundesfinanzen, denen ab 2024 strukturelle Defizite in Milliardenhöhe drohten, berichtete Finanzminister Ueli Maurer. Auch in der sich momentan beruhigenden Situation in der Covid-19-Pandemie gehe es weiterhin darum, eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern, gab Gesundheitsminister Alain Berset zu bedenken. Schliesslich informierte Aussenminister Ignazio Cassis auch über die Sondierungsgespräche mit der EU: Es bestünden weiterhin erhebliche Differenzen.
Die vierte Gesprächsrunde der Von-Wattenwyl-Gespräche fand am 11. November statt. Die Bundesratsparteispitzen liessen sich dabei über die Reise von Bundespräsident Ignazio Cassis in die Ukraine und die Weiterführung des Schutzstatus S informieren. Erneut wurde auch über die Massnahmen zur Verhinderung einer Strommangellage diskutiert, darunter etwa das Reservekraftwerk in Birr oder der Rettungsschirm für systemkritische Stromunternehmungen, aber auch über den Verzicht, Unternehmen oder Private aufgrund der hohen Energiepreise oder der Inflation zu unterstützen. Auch die laufenden Sondierungsgespräche mit der EU, die «besorgniserregende Haushaltsentwicklung» und die nach wie vor angespannte gesundheitspolitische Lage waren wie schon im Herbst Gegenstand der Diskussionen.

Von-Wattenwyl-Gespräche seit 2013

Jahresrückblick 2022: Bevölkerung und Arbeit

Das zentrale Thema im Politikbereich «Bevölkerung und Arbeit» stellten im Jahr 2022 die Löhne allgemein und das Lohndumping im Speziellen dar.

Allgemein standen die Löhne insbesondere Mitte des Jahres und ab Oktober im Zentrum der Diskussion – wie auch Abbildung 1 der APS-Zeitungsanalyse 2022 verdeutlicht –, als die Gewerkschaften als Reaktion auf die Teuerung immer stärker auf eine Lohnerhöhung pochten. Die Löhne für das Jahr 2023 sollten demnach bis zu 4 Prozent ansteigen, um so die Senkung der Kaufkraft und der Reallöhne aufgrund der steigenden Inflation auszugleichen. Mit Lohnerhöhungen beschäftigte sich im Mai auch der Nationalrat, der eine Motion der SP-Fraktion, die eine Auszahlung von CHF 5'000 als Prämie für alle in der Covid-19-Pandemie als systemrelevant eingestuften Arbeitskräfte verlangte, deutlich ablehnte. Noch einmal Aufschwung erhielt die Diskussion um die Löhne im November 2022, als das BFS in einem Bericht die durchschnittliche Lohndifferenz zwischen Frauen und Männern auf 18 Prozent bezifferte.

Das Thema «Lohndumping» stand insbesondere bei der Änderung des Entsendegesetzes (EntsG) zur Debatte. Dieses zielt darauf ab, die Anwendung der kantonalen Mindestlöhne schweizweit auf entsandte Arbeitnehmende auszudehnen. Zwar hatte der Nationalrat die Gesetzesänderung im März 2022 deutlich angenommen, der Ständerat sprach sich in der Sommersession jedoch gegen Eintreten aus. Damit brachte er die Gesetzesänderung nach zwei Jahren Arbeit zum Scheitern.
Ein Mittel gegen Lohndumping – mittels Anpassung der Bestimmungen zur missbräuchlichen Kündigung im OR – suchte auch der Kanton Tessin durch eine Standesinitiative, welcher der Ständerat in der Frühlingsession jedoch keine Folge gab. Thematisiert wurde das Lohndumping schliesslich auch in einer weiteren Tessiner Standesinitiative, welche die Einführung einer Informationspflicht über Lohndumping-Verfehlungen im Bereich des Normalarbeitsvertrages verlangte und welche das SECO 2022 zur Zufriedenheit der WAK-SR umsetzte.

Doch nicht nur bezüglich Lohndumping diskutierte das Parlament über ausländische Arbeitskräfte, auch die Abhängigkeit des Gesundheits- und Sozialwesen von ausländischem Personal wurde in der Sondersession 2022 thematisiert. Dabei lehnte das Parlament ein Postulat ab, das eine Strategie zur Verringerung dieser Abhängigkeit anstrebte. Mehr Anklang fand hingegen eine Motion, gemäss der die Stellenmeldepflicht wieder auf diejenigen Berufsarten beschränkt werden soll, die eine schweizweite Arbeitslosenquote über 8 Prozent aufweisen – sie wurde der Kommission zur Vorberatung zugewiesen.

Als Nachwirkungen der Covid-19-Pandemie wurde auch im Jahr 2022 über die Flexibilisierung der Arbeitsformen gesprochen. Der Ständerat lehnte eine Motion ab, mit der das Arbeitsrecht bezüglich Homeoffice flexibler hätte gestaltet werden sollen. Zuspruch fand hingegen ein Postulat für eine Untersuchung der Auswirkungen neuer Arbeitsformen auf die [Verkehrs-]Infrastrukturen.

Thematisiert wurde schliesslich auch das öffentliche Beschaffungswesen, wobei der Bundesrat im August einen Bericht zur Sicherstellung der Einhaltung der sozialen Mindestvorschriften im öffentlichen Beschaffungswesen veröffentlichte. Darin beurteilte er das bestehende Kontroll- und Sanktionssystem zur Einhaltung der entsprechenden Vorschriften als angemessen. Eine weitergehende Forderung, wonach die Verordnung über das öffentliche Beschaffungswesen so angepasst werden soll, dass auch Prinzipien aus anderen von der Schweiz nicht ratifizierten Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zu sozialen Mindestnormen eingehalten werden müssen, scheiterte hingegen am Ständerat.

Jahresrückblick 2022: Bevölkerung und Arbeit
Dossier: Jahresrückblick 2022

Im Dezember 2020 reichte Balthasar Glättli (gp, ZH) eine Motion für ein nachhaltiges Impulsprogramm zur Bewältigung der Corona-Krise ein. Dieses Impulsprogramm sollte verschiedene Massnahmen und Ziele verfolgen, wie erhöhte Investitionen in den Klimaschutz, Schaffung neuer Arbeitsplätze in nachhaltigen Bereichen, neue Erwerbsperspektiven für Menschen in Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit durch Weiterbildungen und Umschulungen, eine Ausbildungsoffensive gegen den Fachkräftemangel oder Verbesserungen der Arbeitsbedingungen im Gesundheitsbereich. Der Bundesrat beantragte in seiner Stellungnahme vom Februar 2021, die Motion abzulehnen, und verwies dabei auf bereits geplante Investitionen und Bemühungen seinerseits sowie des Parlaments. Im Dezember 2022 wurde die Motion abgeschrieben, da sie nicht innerhalb der zweijährigen Frist behandelt worden war.

Grüner aus der Corona-Krise: Für ein nachhaltiges Impulsprogramm, das Klimaschutz-Jobs, Zukunfts-Jobs und Care-Jobs schafft (Mo. 20.4726)
Dossier: Covid-19 – Massnahmen zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen

Roger Nordmann (sp, VD) reichte im September 2022 ein Postulat zur Verwertung gebrauchter Textilien ein. Der Bundesrat solle in einem Bericht festhalten, wie die Bewirtschaftung von gebrauchten Textilien in der Schweiz ausgestaltet ist und welche Massnahmen er ergreifen kann, um die Verwertung dieser Textilien in der Schweiz weiter zu fördern. Der Waadtländer Nationalrat kritisierte unter anderem die so genannte «fast fashion», welche dazu führe, dass immer mehr gebrauchte Kleider von geringer Qualität anfielen, wodurch die bestehenden Sortierzentren an ihre Kapazitätsgrenzen gelangten. Die Arbeiten dieser Sortierzentren in der Schweiz beschränkten sich daher darauf, second hand Textilien auszusortieren, während ein grosser Teil der Textilien, die in der Schweiz nicht weiterverwendet werden können, in Drittländer, insbesondere in Afrika, versendet werden. In diesen Drittländern bringe diese Praxis negative ökologische und soziale Auswirkungen mit sich. Der Bundesrat solle daher unter anderem klären, ob in Einklang mit EU-Regulierungen auch in der Schweiz Regulierungsmassnahmen für die Förderung der Verwertung von gebrauchten Textilien angewendet werden könnten. Zudem solle analysiert werden, ob analog zu den elektronischen Geräten eine vorgezogene Recyclinggebühr als Finanzierungsoption für die Sortierung und das Recycling eingeführt werden könnte. Nicht zuletzt solle der Bundesrat mögliche lokale Absatzmärkte und Verwertungsmöglichkeiten für second hand Textilien in der Schweiz prüfen, damit der Anteil der in Drittländer exportierten oder vernichteten Kleider abnimmt.
Der Bundesrat beantragte die Annahme des Postulats, das in der Wintersession 2022 vom Nationalrat stillschweigend angenommen wurde.

Verwertung gebrauchter Textilien in der Schweiz (Po. 22.3915)

Der Bundesrat publizierte im Dezember 2022 den Bericht «Umwelt Schweiz 2022». Dieser gab einen allgemeinen Überblick über den Zustand der Umwelt in der Schweiz und führte die grössten Herausforderungen auf, die sich gemäss Bundesrat in der Zukunft für die Schweiz in diesem Bereich stellen. Der Bericht wies darauf hin, dass die Schweiz im Umweltschutz in den letzten Jahren einige Erfolge erzielen konnte, so etwa im Bereich Luft- und Wasserqualität oder beim Umgang mit Naturgefahren. Der ökologische Fussabdruck der Schweiz sei aber immer noch viel zu gross und der im Ausland verursachte ökologische Fussabdruck nehme weiter zu. Hauptverantwortlich für die Umweltbelastung seien die drei Bereiche Mobilität, Wohnen und Ernährung. Diese Belastung wiederum führe in vielen Bereichen zu negativen Konsequenzen, insbesondere beim Klima und der Biodiversität und damit zusammenhängend bei der Gesundheit der Bevölkerung. Folglich gehörten die Bereiche Klimaschutz, Erhaltung der Biodiversität und die Förderung der Kreislaufwirtschaft – wie bereits im Bericht Umwelt 2018 – zu den Hauptprioritäten der Umweltpolitik der Schweiz.

Bericht «Umwelt Schweiz 2022»
Dossier: Bericht «Umwelt Schweiz»

In der Wintersession 2022 stand die parlamentarische Initiative von Hans-Peter Portmann (fdp, ZH) mit dem Titel «Anreizsystem beim Umweltschutz verfassungsrechtlich verankern» auf der Traktandenliste des Nationalrates. Der Initiant legte dem Plenum dar, dass er und einige weitere «ökologisch-liberale Persönlichkeiten» zum Schluss gekommen seien, dass die Kosten, die durch umweltschädigendes Verhalten entstehen, solidarisch von den Verursachenden und von der Allgemeinheit zu tragen seien, denn die Verursachenden alleine könnten realiter schon lange nicht mehr selber für die Kosten aufkommen. Im Gegenzug solle umweltfreundliches Verhalten belohnt werden. Portmann zeigte sich überzeugt, dass dieser liberale Ansatz in Zukunft zu mehrheitsfähigen Gesetzen und Regelungen führen würde. Eine deutliche Mehrheit der zuständigen UREK-NR sei jedoch nicht bereit gewesen, der FDP in Zeiten des Wahlkampfs Zustimmung in Umweltfragen zu geben, und habe die Initiative daher mit «irgendwelche[n] Begründungen» abgelehnt, kritisierte Portmann. Er zog seine Initiative deshalb in der Folge zurück.

Anreizsystem beim Umweltschutz verfassungsrechtlich verankern (Pa.Iv.21.456)

Der Nationalrat befasste sich in der Wintersession 2022 mit fünf gleichlautenden parlamentarischen Initiativen mit dem Titel «Recht auf gesunde Umwelt und Rechte der Natur» von Vertreterinnen und Vertretern der Grünen-, der GLP-, der FDP.Liberalen-, der SP- sowie der Mitte-Fraktion. Marionna Schlatter (gp, ZH) und Jon Pult (sp, GR) erläuterten den Initiativtext und setzten sich dafür ein, dass in der Bundesverfassung ein Grundrecht auf eine gesunde Umwelt festgeschrieben wird. Zudem solle in der BV auch eine Grundlage dafür geschaffen werde, dass die Natur zumindest teilweise eine Rechtspersönlichkeit erhält. Nur dadurch könne der ungenügende Schutz der Natur justiziabel gemacht werden. Anschliessend empfahl Yves Nidegger (svp, GE) im Namen der Mehrheit der RK-NR, den fünf Initiativen keine Folge zu geben. Zum einen sei die Bestimmung des Rechts auf eine gesunde Umwelt zu unbestimmt, um dieses zu einem Verfassungsrecht zu erklären. Zum anderen sei die Forderung, die Natur zum Rechtssubjekt zu machen, in der Schweizer Rechtsordnung nicht vorgesehen, denn einem Rechtssubjekt stünden gemäss der hiesigen Rechtsordnung nicht nur Rechte zu, sondern oblägen auch gewisse Pflichten, die man der Natur nicht auferlegen könne. In der Abstimmung sprachen sich 87 Mitglieder des Nationalrates für Folgegeben aus, 101 votierten dagegen und 1 Person enthielt sich der Stimme. Gegen Folgegeben stimmten die geschlossen stimmende SVP-Fraktion sowie die fast geschlossen stimmenden Fraktionen der FDP.Liberalen und der Mitte. Die fünf parlamentarischen Initiativen sind damit erledigt.

Fünf gleichlautende parlamentarische Initiativen mit dem Titel "Recht auf gesunde Umwelt und Rechte der Natur"

Eine im September 2022 von Marianne Maret (mitte, VS) eingereichte Motion befasste sich mit den sogenannten per- und polyfluorierten Alkylverbindungen (per- and polyfluoroalkyl substances, PFAS). Bei den PFAS handelt es sich um organische Verbindungen, die industriell hergestellt und in einer Vielzahl von Produkten verwendet werden. Maret forderte den Bundesrat dazu auf, in den entsprechenden Verordnungen PFAS-spezifische Grenzwerte festzulegen. Konkret sollen die Grenzwerte und Bedingungen für die Entsorgung von Materialien, Konzentrationswerte zur Evaluierung der Belastungen des Bodens und des Untergrunds sowie Grenzwerte für die Einleitung in Gewässer festgelegt werden. Die Walliser Ständerätin begründete ihren Vorstoss mit der Gefahr, die von diesen Stoffen ausgehe: Ein von der europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde im Jahr 2020 publiziertes Gutachten habe gezeigt, dass diese Stoffe besorgniserregender seien, als noch vor ein paar Jahren angenommen worden war. Ausserdem sei praktisch jede Person diesen Stoffen ausgesetzt. Indem PFAS-spezifische Grenzwerte festgelegt würden, könnten Bund und Kantone die Umweltbelastung durch PFAS angehen und somit die Gesundheit der Bevölkerung besser schützen. Der Bundesrat beantragte die Annahme der Motion.
In der Wintersession 2022 stellte Marianne Maret ihren Vorstoss dem Ständerat vor. Umweltministerin Simonetta Sommaruga ergänzte, dass die PFAS eine grosse Herausforderung für alle betroffenen Akteure darstellten. Insbesondere die Kantone seien im Umgang mit den PFAS mit Problemen konfrontiert: Da es bisher keine generellen Grenzwerte gebe, müssten derzeit bei Sanierungen – zum Beispiel von belasteten Böden rund um Feuerlöschübungsplätze – noch aufwändig und im Einzelfall Grenzwerte festgelegt werden. Anschliessend nahm die kleine Kammer den Vorstoss stillschweigend an.

Festlegung von PFAS-spezifischen Werten in Verordnungen (Mo. 22.3929 und Mo. 23.3499)
Dossier: Bessere Kontrolle von PFAS, PCB und Dioxin in der Umwelt

Der Nationalrat behandelte in der Wintersession 2022 die parlamentarische Initiative von Valentine Python (gp, VD), welche das Konzept der planetaren Belastbarkeitsgrenzen in der Schweiz rechtlich verankern wollte. Valentine Python und Kurt Egger (gp, TG) stellten dem Rat dieses Konzept vor. Egger vertrat dabei die befürwortende Minderheit der UREK-NR und argumentierte, dass es die Initiative ermögliche, «den Begriff der Endlichkeit der Ressourcen in unsere Umweltpolitik und unsere Verfassung aufzunehmen». Dies sei wichtig, damit die Menschen verstünden, dass das Überleben der Menschheit von der Stabilität der Ökosysteme abhänge. Folglich plädierte er für Folgegeben. Für die Kommissionsmehrheit legte Priska Wismer-Felder (mitte, LU) dar, dass das Konzept der planetaren Belastbarkeitsgrenzen in der Kommission unbestritten gewesen sei. Die Kommissionsmehrheit habe aber daran gezweifelt, dass die Verankerung dieses Konzepts in der Bundesverfassung und im USG sinnvoll wäre. Bereits heute gebe es in der BV einige Artikel, die den geforderten Grundsätzen Rechnung trügen, so beispielsweise der Zweckartikel, der die dauerhafte Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen einfordere. Die Kommissionsmehrheit sei überzeugt, dass es effektiver sei, konkrete Massnahmen zum Umweltschutz zu ergreifen, als dieses wissenschaftliche Konzept rechtlich zu verankern. Anschliessend votierte der Nationalrat mit 103 zu 84 Stimmen bei 1 Enthaltung gegen Folgegeben. Für das Anliegen sprachen sich die geschlossen stimmenden SP- und Grünen-Fraktionen, fast die gesamte GLP-Fraktion sowie wenige Mitglieder der Mitte-Fraktion aus. Die Initiative ist damit erledigt.

Das Konzept der planetaren Belastbarkeitsgrenzen anerkennen (Pa.Iv. 21.447)

La Commission de l'environnement, de l'aménagement du territoire et de l'énergie du Conseil national (CEATE-CN) a approuvé, par 18 voix contre 7, la motion modifiée. En ligne avec la CEATE-CE, la majorité des membres de la CEATE-CN estime judicieux d'utiliser l'expression « hydrogène neutre en CO2 » plutôt qu'« hydrogène vert ». Selon la CEATE-CN, l'hydrogène rose (à partir d'énergie nucléaire) et bleu (à partir de méthane) devraient aussi être intégré dans la stratégie nationale pour une production d'hydrogène. Ces deux types d'hydrogène semblent économiquement viables alors que l'hydrogène vert présente, à l'heure actuelle, des coûts très élevés de production et demeure rare à l'importation. Les députés et députées ont adopté la motion modifiée sans discussion.

Grüne Wasserstoffstrategie für die Schweiz (Mo. 20.4406)
Dossier: Potential und Einsatz von Wasserstoff

Der Ständerat befasste sich in der Wintersession 2022 als Erstrat mit dem Rahmenkredit «Globale Umwelt» für den Zeitraum 2023-2026. Gemäss Kommissionssprecher Hansjörg Knecht (svp, AG) beantragte eine knappe Mehrheit der UREK-SR, den vom Bundesrat vorgeschlagenen Verpflichtungskredit um etwa CHF 50 Mio. zu kürzen, womit er in etwa gleich hoch ausfallen würde wie der Kredit für die Jahre 2019 bis 2022. Die Kommissionsmehrheit befürworte zwar wie der Bundesrat das Ziel des Rahmenkredits – mit dem vier Fonds, darunter der GEF, aufgefüllt werden sollen –, mittels internationaler Zusammenarbeit die Lösung von globalen Umweltproblemen anzustreben. Angesichts der schwierigen nationalen Finanzlage sei es jedoch derzeit nicht opportun, den Kredit zu erhöhen, so Knecht für die Kommissionsmehrheit. Adèle Thorens Goumaz (gp, VD) verteidigte hingegen als Minderheitensprecherin die vom Bundesrat beantragte Erhöhung der Mittel. Sie argumentierte, dass alle Länder in der Pflicht stünden, sich an der Lösung dieser globalen ökologischen Krise zu beteiligen. Die mit dem Kredit unterstützten Gefässe, wie etwa der GEF, seien sehr effizient. So habe mit dem GEF in den letzten vier Jahren der Ausstoss von 1440 Milliarden Tonnen CO2-Äquivalenten verhindert werden können, dies entspreche dem 33-fachen der von der Schweiz verursachten CO2-Emissionen. Thorens Goumaz wies ausserdem darauf hin, dass der Schweiz ein Reputationsschaden, wenn nicht gar der Verlust des ständigen Sitzes im GEF-Rat drohe, wenn sie nicht wie andere Geberländer ihren Beitrag erhöhe. Mit 29 zu 16 Stimmen folgte der Ständerat der Minderheit Thorens Goumaz und erhöhte den Verpflichtungskredit. Die Stimmen, die sich für eine Kürzung des Kredits aussprachen, stammten aus den Reihen der SVP-, der FDP.Liberalen- sowie der Mitte-Fraktion. In der Gesamtabstimmung wurde der Rahmenkredit mit 39 zu 3 Stimmen bei 3 Enthaltungen angenommen.

Rahmenkredit Globale Umwelt 2023-2026 (BRG 22.060)
Dossier: Rahmenkredit Globale Umwelt

Le Conseil fédéral a adopté une nouvelle ordonnance pour augmenter temporairement la production des centrales hydroélectriques. Cette décision s'inscrit dans l'agenda gouvernemental pour sécuriser l'approvisionnement énergétique suisse à l'aube de l'hiver 2022/2023. Les centrales hydroélectriques pourront disposer d'une plus grande quantité d'eau afin d'augmenter leur production électrique. Cette autorisation prend effet au 1er octobre 2022 et échoit sept mois plus tard. Par conséquent, un total de 45 centrales hydroélectriques pourront abaisser temporairement le débit résiduel d'eau imposé par la loi sur les eaux (LEaux). En proposant une réduction du débit résiduel d'eau, le Conseil fédéral a provoqué un torrent de critiques des milieux pro-environnementaux. Pour être précis, plusieurs observateurs ont critiqué le sacrifice de la biodiversité sur l'autel de la production d'énergie. En effet, la réduction du débit résiduel d'eau risque d'altérer la reproduction et la migration des poissons. Face à ces critiques, le Conseil fédéral a argumenté que, s'il était vrai qu'une telle modification à long-terme aurait des conséquences irréversibles pour la biodiversité, un changement temporaire engendre des conséquences «acceptables et proportionnées».

Augmentation temporaire de la production des centrales hydroélectriques
Dossier: Grundwasserschutz in der Schweiz
Dossier: Energie - Versorgungssicherheit
Dossier: Ausbau und Erhalt von erneuerbaren Energien versus Umweltschutz

Der Bundesrat publizierte im September 2022 den Bericht «Angebote der Arbeitslosenversicherung für junge Erwachsene am Übergang II» (also beim Übergang von der Berufslehre in den Arbeitsmarkt) in Erfüllung eines Postulats Jositsch (sp, ZH). Der Bericht hielt fest, dass es aufgrund der Covid-19-Pandemie einen Anstieg der Arbeitslosen generell und insbesondere bei den Lehrabgängerinnen und Lehrabgängern zu verzeichnen gegeben, sich die Lage jedoch relativ rasch wieder normalisiert habe. Die Herausforderung für die jungen Arbeitssuchenden sei aber aus Sicht der Arbeitsmarktbehörden nicht grösser gewesen als in vorangehenden Krisen, weshalb keine grossen Änderungen am System vorgenommen werden müssten. In den Befragungen und Gesprächen mit den zuständigen Behörden seien jedoch punktuell Vorschläge eingebracht worden, wie den Jugendlichen beim Übergang II noch besser geholfen werden könne. So wurde etwa vorgeschlagen, die von Jositsch angesprochenen Berufspraktika attraktiver zu gestalten oder den Aufbau von Einzelcoachings in Form eines Tandems oder eines Mentorings zu prüfen. Ausserdem solle die besondere Wartezeit von 120 Tagen für den Besuch von arbeitsmarktlichen Massnahmen – also Leistungen zur Unterstützung des Ziels der raschen und dauerhaften (Wieder-)Eingliederung in den Arbeitsmarkt – reduziert oder gänzlich abgeschafft werden. Ohne diese Wartezeit, welche Personen betrifft, die noch keine Beiträge an die ALV eingezahlt haben, könnten die Arbeitsmarktchancen mancher Jugendlichen stark erhöht werden, so der Bericht.

Berufserfahrung von arbeitslosen Lehrabgängerinnen und Lehrabgängern in der Corona-Krise stärken (Po. 20.3480)
Dossier: Schulen und Ausbildung während Covid-19 – Reaktionen und Folgen

Valentine Python (gp, VD) reichte im Mai 2021 eine parlamentarische Initiative ein, mit welcher sie das Konzept der planetaren Belastbarkeitsgrenzen rechtlich verankern wollte. Dieser Ansatz wurde 2009 von einigen Forschenden rund um den Umweltwissenschafter Johan Rockström erarbeitet. Das Konzept definiert den Rahmen, in welchem sich die Menschheit nachhaltig entwickeln kann, und fusst auf neun Prozessen, die zusammen die Stabilität der Erde regeln. Diese Prozesse umfassen unter anderem die Klimaerwärmung, die Übersäuerung der Ozeane, den Verlust der Biodiversität oder die Veränderung der Bodennutzung. Durch die Anerkennung dieser Belastbarkeitsgrenzen und durch deren Integration in das Schweizer Rechtssystem könne den gefährlichen Auswirkungen besser begegnet werden, «die aus der übermässigen Nutzung unserer Ökosysteme resultieren und die unser Überleben gefährden», folgerte Python.
Die UREK-NR gab der Initiative im August 2022 mehrheitlich keine Folge. Die Kommissionsmehrheit war der Ansicht, dass die aktuellen rechtlichen Grundlagen ausreichten, um den Klimawandel zu bekämpfen und die nachhaltige Entwicklung zu fördern. Die Kommissionsminderheit hatte vergeblich argumentiert, dass sich das Konzept der planetaren Belastbarkeitsgrenzen gut eigne, um die Klimakrise ganzheitlich und unter Berücksichtigung der verschiedenen Wechselwirkungen zu verstehen.

Das Konzept der planetaren Belastbarkeitsgrenzen anerkennen (Pa.Iv. 21.447)

Hans-Peter Portmann (fdp, ZH) intendierte mit einer im Juni 2021 eingereichten parlamentarischen Initiative, ein neues Anreizsystem beim Umweltschutz in der Verfassung zu verankern. Gemäss Portmann sei es angezeigt, dass die Umweltpolitik nicht nur die Verursachenden von Schäden an der Umwelt bestrafe (Verursacherprinzip), sondern auch dem Umweltschutz förderliches Verhalten begünstige. Beispiele aus der Vergangenheit hätten gezeigt, dass ein Anreizsystem, welches vorbildliches Verhalten finanziell belohnt, erfolgversprechend sei. Zudem sollten die Kosten, welche durch schädliche Einwirkungen an der Umwelt entstehen, solidarisch von den Verursachenden und der Allgemeinheit getragen werden. Dies im Gegensatz zur aktuellen Rechtslage, wo alleine die Verursachenden dafür aufkommen müssen.
Die UREK-NR beugte sich im August 2022 über das Geschäft und beschloss mit 19 zu 2 Stimmen, der Initiative keine Folge zu geben. Zum einen sei unklar, wie die Initiative genau umgesetzt werden solle, zum anderen stiess die Idee einer Solidarhaftung der Allgemeinheit bei Umweltschäden auf Kritik.

Anreizsystem beim Umweltschutz verfassungsrechtlich verankern (Pa.Iv.21.456)

Ende August 2022 präsentierte der Bundesrat den Rahmenkredit globale Umwelt für den Zeitraum 2023-2026. Der Kredit über CHF 197.75 Mio. umfasst insbesondere die Mittel für die 8. Wiederauffüllung des Globalen Umweltfonds (GEF). Dieser dient als hauptsächlicher Finanzierungsmechanismus der wichtigsten Umweltkonventionen wie etwa der Biodiversitätskonvention und ihrer Protokolle. Des Weiteren sind in diesem Kredit die Mittel für die Wiederauffüllung des multilateralen Ozonfonds sowie für zwei Klimafonds, nämlich den Special Climate Change Fund und den Fonds für die Bedürfnisse der am wenigsten entwickelten Länder, enthalten. Im Vergleich zur Vorperiode fiel der Rahmenkredit um fast CHF 50 Mio. höher aus. Der Anstieg sei vor allem auf eine Aufstockung des GEF zurückzuführen, mit welcher dem grösseren Unterstützungsbedarf in den Bereichen Biodiversität, Chemikalien und Abfall Rechnung getragen werde, so der Bundesrat. In Einklang mit den Regeln der OECD werden die Beiträge der Schweiz an diese vier Fonds an die öffentliche Entwicklungshilfe angerechnet.

Rahmenkredit Globale Umwelt 2023-2026 (BRG 22.060)
Dossier: Rahmenkredit Globale Umwelt

Nachdem im August 2022 die WAK-SR die Verwaltung beauftragt hatte, verschiedene Aspekte eingehend zu untersuchen und die Funktionsweise des derzeitigen Systems bis zum Frühjahr 2023 darzustellen, beriet sie im April 2023 die Motion Ettlin (mitte, OW) für eine Beschränkung der Stellenmeldepflicht auf diejenigen Berufsarten, die eine schweizweite Arbeitslosenquote über 8 Prozent aufweisen. Sie beantragte mit 8 zu 1 Stimmen (bei 4 Enthaltungen), den Vorstoss abzulehnen.
Der Ständerat beschäftigte sich im Rahmen der Sommersession 2023 mit der Motion. Kommissionssprecher Primin Bischof (mitte, SO) betonte in der Debatte, dass sich das Instrument der Stellenmeldepflicht in vielen Kantonen bewährt habe. Das Instrument sei relativ jung und man solle deshalb vorerst abwarten, wie sich die Arbeitslosenquote und die Anzahl der von den RAV vermittelten Stellen entwickelten, bevor man den Schwellenwert wieder erhöhe. Daraufhin zog Motionär Ettlin seine Motion zurück, zumal das Anliegen in seinen Augen kaum Chancen auf Annahmen im Ständerat hätte. Ettlin bat den Bundesrat, das Thema der Motion trotzdem weiterzuverfolgen.

Wiedereinführung eines praxistauglichen Schwellenwertes bei der Stellenmeldepflicht (Mo. 21.4665)

Das ARE veröffentlichte im Sommer 2022 die Zahlen zu den externen Kosten des Verkehrs in der Schweiz für das Jahr 2019. Die externen Kosten umfassen diejenigen Konsequenzen des Verkehrs, die die Allgemeinheit oder künftige Generationen tragen müssen. Pro Kopf verursachte das Mobilitätsverhalten in der Schweiz 2019 durchschnittlich CHF 1'600 an externen Kosten, insgesamt sind es für das Jahr 2019 CHF 14 Mrd. Die Schäden traten dabei in ganz unterschiedlichen Bereichen auf: So führten etwa zerstückelte Lebensräume zu Schäden in der Höhe von CHF 1.2 Mrd. für Tiere und Pflanzen. Der Verkehr verursachte im Jahr 2019 Klima- und Umweltschäden in der Höhe von rund CHF 6 Mrd., externe Kosten für die Gesundheit in der Höhe von CHF 5.2 Mrd. sowie weitere Schäden in der Höhe von ca. CHF 2.8 Mrd., etwa in Form von Gebäudeschäden. Positive Effekte gab es durch den Fuss- und Veloverkehr zu vermelden, da durch die körperliche Bewegung die Gesundheitskosten gesenkt werden können. Allerdings gibt es auch im Bereich des Langsamverkehrs externe Kosten, etwa durch Unfälle. Unter dem Strich wies der Bericht für das Jahr 2019 jedoch einen Nutzen des Langsamverkehrs in der Höhe von netto CHF 318 Mio. aus.

Externe Effekte des Verkehrs 2019
Dossier: Externe Kosten und Nutzen des Verkehrs

Der Nationalrat diskutierte in der Sommersession 2022 ein Verbot von Werbung für CO2-intensive Produkte, wie es von Valentine Python (gp, VD) in einer parlamentarischen Initiative gefordert worden war. Die Initiantin und ihre Mitstreiterin Laurence Fehlmann (sp, GE) argumentierten vergeblich, dass die Werbung eine entscheidende Rolle bei den Kaufentscheidungen spiele und ein Verbot für die Bewerbung von CO2-intensiven Produkten, wie etwa Autos oder nicht nachhaltige Lebensmittel, einen Beitrag zur Minderung des CO2-Ausstosses leisten könne. Auch der Hinweis darauf, dass in der EU derzeit ein ähnliches Vorhaben debattiert werde, vermochte die Mehrheit der grossen Kammer nicht zu überzeugen. Kommissionssprecherin Barbara Steinemann (svp, ZH) legte hingegen dar, dass ein LCA, wie es die Initiative forderte, äusserst aufwändig sei und das geforderte Wettbewerbsverbot quasi die ganze Werbebranche in Frage stelle. Der Initiative wurde schliesslich mit 121 zu 69 Stimmen keine Folge gegeben. Sie ist damit vom Tisch.

Für eine Regulierung der Werbung gemäss dem Life Cycle Assessment (LCA) eines Produktes (Pa. Iv. 21.458)

In der Sommersession 2022 behandelte der Nationalrat das von Isabelle Pasquier-Eichenberger (gp, GE) geforderte Verbot des sogenannten Greenwashing. Die Initiantin kritisierte, dass Greenwashing («écoblanchiment») dazu führe, dass sich Konsumentinnen und Konsumenten für Produkte oder Dienstleistungen entschieden, die in Wahrheit nicht nachhaltig seien. Dies habe zur Konsequenz, dass der notwendige ökologische Wandel gebremst werde. Zudem führe Greenwashing auch zu einer Wettbewerbsverzerrung zu Ungunsten von Marken und Firmen, welche tatsächlich den ökologischen Fussabdruck ihrer Produkte verringern. Florence Brenzikofer (gp, BL) ergänzte für die Kommissionsminderheit, die sich für die Initiative einsetzte, dass eine kürzlich in der EU durchgeführte Studie zum Schluss gekommen sei, dass rund zwei Drittel der Konsumentinnen und Konsumenten kaum in der Lage seien, «falsche Aussagen über die Klimaeigenschaften gewisser Produkte von Fakten zu unterscheiden». Brenzikofer wies auch darauf hin, dass die Schweiz insbesondere im Finanzbereich noch Aufholbedarf aufweise; es sei für die Kundinnen und Kunden sehr schwierig herauszufinden, ob ein als nachhaltig angepriesener Fonds auch tatsächlich klimafreundlich sei. Die Mehrheit der RK-NR, welche der Initiative keine Folge geben wollte, sei der Meinung, dass die geltende Gesetzgebung für die Ahndung von Greenwashing genüge, betonte Patricia von Falkenstein (ldp, BS). Zudem habe die Verwaltung darauf hingewiesen, dass das Thema Greenwashing eher im USG als im UWG behandelt werden solle. Die geforderte Ergänzung sei schliesslich kaum mit dem strafrechtlichen Legalitätsprinzip in Einklang zu bringen, da die Ergänzung nicht genügend präzise formuliert sei. Konkret sei das Kriterium «Verschleierung von Auswirkungen auf das Klima» kaum messbar und ein Verstoss gegen dieses könne daher nicht sanktioniert werden, fasste von Falkenstein die Anmerkungen der Bundesverwaltung zusammen. Die Mehrheit der grossen Kammer schloss sich diesem Votum an und entschied mit 141 zu 67 Stimmen (bei 1 Enthaltung), der Initiative keine Folge zu geben. Die geschlossen stimmenden SP- und Grünen-Fraktionen sowie 3 Mitglieder der Mitte-Fraktion unterlagen somit.

Stopp dem Greenwashing (Pa. Iv. 21.457)

Das Parlament hatte die Anliegen der Motion 20.3667 «Dank Innovation Green Deals die Kreislaufwirtschaft und die nachhaltige Ressourcennutzung fördern» von Adèle Thorens Goumaz (gp, VD) in die Vorlage in Umsetzung der parlamentarischen Initiative 20.433 «Schweizer Kreislaufwirtschaft stärken» eingebracht. Der Bundesrat erachtete die Motion Thorens Goumaz daher als erledigt und beantragte deren Abschreibung. Dieser Forderung kamen die beiden Räte in der Sommersession 2022 nach.

Dank Innovation Green Deals die Kreislaufwirtschaft und die nachhaltige Ressourcennutzung fördern (Mo. 20.3667)
Dossier: Vorstösse zur Kreislaufwirtschaft seit Ablehnung der Volksinitiative «Grüne Wirtschaft»

Im Juni 2022 wurde das Postulat Cramer (gp, GE), das den Bundesrat beauftragen wollte, die Form der Arbeit auf Abruf im OR zu prüfen, vom Ständerat abgeschrieben. Damit folgte der Rat einer Empfehlung des Bundesrates, der die Abschreibung in seinem Bericht über die Motionen und Postulate 2022 empfohlen hatte, da er das Anliegen als erfüllt erachtete.

Réglementer le travail sur appel (Po. 19.3748)

Das Postulat der KVF-NR zur Förderung von nichtfossil betriebenen Bussen im öffentlichen Verkehr wurde in der Sommersession 2022 abgeschrieben. Der Bundesrat hatte nach der Publikation des Postulatsbericht vom März 2021 die Abschreibung beantragt.

Nichtfossilen Verkehrsträgern im öffentlichen Verkehr auf Strassen zum Durchbruch verhelfen (Po. 19.3000)

Nachdem der Bundesrat im Oktober 2021 den Bericht «Die Umsetzung der seit 2016 bestehenden Umwelt- und Sozialstandards der Weltbankgruppe» veröffentlicht hatte, beantragte er im Frühling 2022 die Abschreibung des Postulats der APK-NR, welches einen solchen gefordert hatte. Der Nationalrat kam diesem Antrag in der Sommersession 2022 nach und schrieb das Postulat stillschweigend ab.

Bericht über die Umsetzung der seit 2016 bestehenden Umwelt- und Sozialstandards in der Weltbankgruppe

Im Sommer 2022 starb im Alter von 90 Jahren der frühere Nationalrat und Parteipräsident der Nationalen Aktion (NA) Valentin Oehen (BE). Die NZZ bezeichnete Oehen in ihrem Nachruf als «eine der umstrittensten Figuren seiner Generation». Er habe als Ziehsohn James Schwarzenbachs (na, ZH) gegolten und sei in der nationalen Politik erstmals Ende der 1960er Jahre im Zusammenhang mit dessen «Überfremdungs-Initiative» in Erscheinung getreten. 1971 wurde er für die NA in den Nationalrat gewählt, dem er bis 1987 angehörte. Von 1972 bis 1980 präsidierte er die NA. Gemäss NZZ trat er in den 1970er Jahren als Wachstumskritiker und «Umweltschützer der ersten Stunde» auf, wobei er den Umweltschutz stets mit der Frage der Demografie und der Einwanderung verband – oder «grüne» mit «braunen» Ansichten, wie es ein zeitgenössischer Grünen-Politiker ausgedrückt habe. Laut diesem seien die Grünen mitunter gerade auch deshalb gegründet worden, damit «Leute um den damaligen NA-Chef Valentin Oehen ökologische Fragen [nicht] zu einem Thema der Braunen machen» könnten. In den Worten des Historischen Lexikons der Schweiz (HLS) vertrat Oehen «eine Lebensraumtheorie, gemäss welcher der Kleinstaat sich in der aus dem weltweiten Bevölkerungswachstum resultierenden ökologischen Katastrophe nur durch die Entwicklung von Abwehrreflexen gegen Fremde behaupten könne».
In Oehens Zeit bei der NA, deren «dominierende Persönlichkeit» er ab 1970 gemäss HLS war, fielen die Volksinitiativen «gegen die Überfremdung und Übervölkerung der Schweiz» («Dritte Überfremdungsinitiative», 1974), für eine Beschränkung der Einbürgerungen («Fünfte Überfremdungsinitiative», 1977), für eine Neuordnung des Staatsvertragsreferendums (1977) sowie die «Sechste Überfremdungsinitiative» (1985). 1971 war Oehen auch Mitgründer der «Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für Bevölkerungsfragen», die sich später in Ecopop umbenannte und 2014 eine Volksinitiative zur Einwanderungsbegrenzung zur Abstimmung brachte, um die «Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen» zu erreichen. Mehrheitsfähig waren diese Anliegen an der Urne indessen nicht.
1986 verliess Oehen die NA und gründete mit der «Ökologisch-freiheitlichen Partei der Schweiz» (ÖFPS) eine eigene Partei, die sich allerdings schon nach zwei Jahren wieder auflöste. 2006 trat Oehen wieder den Schweizer Demokraten bei, wie die NA inzwischen hiess, und trat zum Schutz der Natur nochmals gegen die von ihm befürchtete «Überbevölkerung» an: In seinem laut NZZ «letzten nennenswerten Engagement» in der Politik wehrte er sich gemeinsam mit seiner neuen alten Partei dagegen, dass die «Lex Koller» abgeschafft werde. Das Gesetz, das den Erwerb von Immobilien durch Ausländerinnen und Ausländer beschränkt, blieb in der Tat erhalten, was gemäss NZZ indessen «kaum» an Oehen und den SD lag.

Rechtsaussen Tod Valentin Oehens