Suche zurücksetzen
Themenübergreifendes Suchen:

Inhalte

  • Politische Grundfragen
  • Partei- und Vereinsspenden
  • Sozialhilfe
  • Suchtmittel

Akteure

Prozesse

  • Gesellschaftliche Debatte
35 Resultate
Als PDF speichern Weitere Informationen zur Suche finden Sie hier

Oui oder Non? – Unter diesem Motto lancierte der Migros-Genossenschaftsbund im Jahr 2022 die Urabstimmung zur Frage, ob in den Migros-Regalen künftig Alkohol verkauft werden darf oder nicht. Migros-Gründer Gottlieb Duttweiler hatte das Alkoholverbot 1928 – also nur drei Jahre nach der Gründung des Unternehmens – eingeführt. Im Sommer 2021 hatte die Migros-Geschäftsleitung angekündigt, im Frühling 2022 eine Abstimmung unter den Genossenschaftsmitgliedern durchzuführen. Anstoss zur Diskussion hatte ein entsprechender Antrag der Delegiertenversammlung gegeben.
Bis zum 4. Juni 2022 waren rund 2.3 Mio. Genossenschafterinnen und Genossenschafter dazu eingeladen, ihre Meinung zu dieser Frage schriftlich auf dem Migros-Stimmausweis kundzutun. Die zehn Migros-Genossenschaften agierten dabei als eigenständige Einheiten; in jeder Genossenschaft hätte das Alkoholverkaufsverbot selbstständig gekippt oder weiterhin erhalten blieben können. Für die dazu nötige Änderung der Statuten war in neun Genossenschaften eine Zweidrittelmehrheit nötig; eine Ausnahme bildete die Genossenschaft Genf, in welcher das Alkoholverbot in einem Reglement festgehalten ist, zu dessen Änderung eine einfache Mehrheit reicht.
Im Vorfeld der Abstimmung kam es zu teils emotionalen öffentlichen und medialen Debatten. Wie bei einer nationalen Abstimmung wurde das Thema beispielsweise in der SRF-TV-Sendung «Arena» diskutiert. Befürwortende Stimmen argumentierten, mit der Aufhebung des Alkoholverbots könnte die Migros wie ihre Tochterfirmen Migrolino, Denner und Migros-Online auch in den klassischen Supermärkten Alkohol verkaufen. Damit würden überdies gleich lange Spiesse gegenüber anderen Detailhändlern geschaffen. Die Gegnerinnen und Gegner beriefen sich derweil auf das «Erbe» (Tages-Anzeiger) von Migros-Gründer Gottlieb Duttweiler, wonach beim «orangen M» keine Alkohol- und Tabakprodukte gekauft werden können. Dem Nein-Komitee schlossen sich auch Organisationen für den Schutz vor Alkoholmissbrauch an, so etwa das Blaue Kreuz. Argument war hier, dass Alkoholsüchtige nicht in Versuchung geführt würden, wenn in einem Supermarkt kein Alkohol angeboten würde. Dies sei nur in der Migros möglich.

Das Verdikt der Genossenschafterinnen und Genossenschafter – bei einer Stimmbeteiligung von rund 29 Prozent – war eindeutig. In allen zehn Genossenschaften bleibt der Verkauf von Alkohol weiterhin verboten. Am stärksten abgeschmettert wurde das Anliegen in der Genossenschaft Zürich mit über 80 Prozent Nein-Stimmen, am wenigsten stark in der Tessiner Genossenschaft mit gut 55 Prozent Nein-Stimmen. Von der nötigen Zweidrittel-Ja-Mehrheit waren alle Genossenschaften meilenweit entfernt. In den Regalen wird deshalb künftig schweizweit nur das alkoholfreie Migros-Bier «NON» zum Verkauf stehen, welches die Migros-Plakate anlässlich der Abstimmung zierte.

Migros-Urabstimmung zum Alkoholverkaufsverbot vom 4. Juni 2022
Resultate in den einzelnen Genossenschaften:

Migros Aare: 79.9% Nein
Migros Basel: 76.1% Nein
Migros Genf: 64.8% Nein
Migros Luzern: 74.7% Nein
Migros Neuenburg-Freiburg: 73.1% Nein
Migros Ostschweiz: 76.3% Nein
Migros Tessin: 55.3% Nein
Migros Waadt: 69.0% Nein
Migros Wallis: 60.3% Nein
Migros Zürich: 80.3% Nein

Alkohol-Abstimmung vom 4. Juni 2022 in den zehn Migros-Genossenschaften

Jamais la population suisse n'a été aussi généreuse qu'en 2020. C'est ce qui ressort d'un sondage réalisé par CH Media auprès de plusieurs organisations. Selon les estimations, le volume de dons pourrait bien dépasser les deux milliards pour l'ensemble de l'année 2020. Ce résultat constitue une bonne surprise, car les organisations caritatives s'attendaient plutôt à vivre une année compliquée en raison de la pandémie. En effet, la crise a fortement touché les entreprises et celles-ci n'ont pas été en mesure de donner autant qu'habituellement. Cette diminution semble cependant avoir été largement compensée par la générosité des privé.e.s. Une étude de l'organisation de bienfaisance britannique Charity Aid Foundation place ainsi la Suisse au treizième rang des pays les plus généreux en ce qui concerne les œuvres caritatives.
Selon la haute école spécialisée zurichoise (ZHAW), cette générosité s'explique par plusieurs facteurs: premièrement, les récessions n'ont jamais eu de grande influence sur le volume des dons. Cela est notamment dû au fait que le groupe de contributeurs et contributrices le plus important est celui des personnes de plus de 60 ans, qui ne sont en général pas touchées par la peur de perdre leur travail. De plus, la crise actuelle a suscité une grande attention médiatique, atteignant des personnes habituellement peu ou pas donatrices. Une autre explication réside dans le fait que la population suisse ait été directement touchée par la crise. Psychologiquement, plus un événement est proche de nous et plus nous nous sentons nous-même concernés par celui-ci, plus grand sera son impact émotionnel, ce qui augmente notre propension à faire des dons. Cela se ressent notamment par la concentration des dons pour des œuvres agissant à l'intérieur des frontières nationales. La chaîne du bonheur a ainsi récolté CHF 42 millions pour l'aide nationale en 2020, contre CHF 8 millions pour l'aide internationale. Les dons se sont, par ailleurs, dirigés principalement vers les organisations actives dans les domaines de la santé et du social, au détriment des organisations de défense de l'environnement par exemple.

Les suisses sont plus généreux que jamais

Im Mai 2020 gab eine Befragung der WHO in den Medien zu reden, im Rahmen derer der Umgang von europäischen Schülerinnen und Schülern zwischen 11 und 15 Jahren mit Drogen, Sexualität, Ernährung und weiteren Themen bezüglich Gesundheit untersucht wurde. Das Suchtmittel, das von Schweizer Jugendlichen am meisten konsumiert wird, ist gemäss der Organisation Sucht Schweiz, welche die Studie für die WHO hierzulande durchführte, der Alkohol. So hätten sich 8 Prozent der weiblichen und 13 Prozent der männlichen 15-jährigen Umfrageteilnehmenden im Monat vor der Erhebung mindestens einmal richtig betrunken gefühlt. Im europäischen Vergleich liegen diese Zahlen wie auch die Zahlen zum Zigarettenkonsum etwa im Mittelfeld. Anders sieht es hingegen bezüglich Umgang mit Cannabis aus, wo die Schweizer Jugend 2020 negativ auffiel. 27 Prozent der befragten Schüler und 17 Prozent der befragten Schülerinnen haben der Umfrage zufolge bereits einmal Kontakt mit Cannabis gehabt. Zudem gaben 13 Prozent der Jungen und 8 Prozent der Mädchen an, innerhalb der letzten dreissig Tage vor der Befragung die Droge konsumiert zu haben – dies sind doppelt beziehungsweise mehr als dreimal so viele wie bei den Erwachsenen, von denen gemäss der Erhebung 4 Prozent während des letzten Monats Cannabis konsumiert haben. Damit lassen sich die Schweizer Schülerinnen im Bezug auf Cannabiskonsum im oberen Mittelfeld verorten, währenddem lediglich bulgarische Schüler öfter Cannabis konsumieren als Schweizer Schüler. Sucht Schweiz erklärte die hohen Werte mit unterschiedlichen interagierenden Faktoren. Cannabis werde in der Schweiz gesellschaftlich bis zu einem gewissen Grad akzeptiert, was dazu führe, dass manche Jungen und Mädchen die Droge «als nicht so schlimm ansehen». Zudem gebe es einen Zusammenhang zwischen der Wahrscheinlichkeit des Konsums von psychoaktiven Substanzen und dem sozialen Umfeld. Jugendliche, welche ihre familiäre Unterstützung als gering bis mittelmässig wahrnähmen, würden eine höhere Wahrscheinlichkeit aufweisen, mindestens einmal zur Zigarette zu greifen, Alkohol zu trinken oder Cannabis zu rauchen. Gemäss Tages-Anzeiger muss bezüglich Cannabis jedoch von den Befragungen der WHO und Sucht Schweiz ausgehend festgehalten werden, dass die Jugendlichen 2020 nicht häufiger kifften, als es früher üblich gewesen war.

Cannabiskonsum von Jugendlichen

Zur Weihnachtszeit 2019 machte ein Grundlagenpapier des BLV in den Medien von sich Reden, in dem Massnahmen präsentiert wurden, wie der Zuckerkonsum gesenkt werden könne. Gemäss offiziellen Empfehlungen sollte man täglich maximal 50 Gramm Zucker essen, Herr und Frau Schweizer nehmen allerdings durchschnittlich 110 Gramm pro Tag zu sich. Expertinnen und Experten waren sich einig, dass dies mit negativen Folgen wie Übergewicht, Diabetes Typ 2 und Herz-Kreislauferkrankungen einhergehe. Das Problem bestehe oftmals darin, dass sich die Konsumentinnen und Konsumenten nicht darüber im Klaren seien, wie viel Zucker tatsächlich in ihren Esswaren stecke, so die durch die Medien befragten Fachpersonen. Das habe unter anderem damit zu tun, dass der Zucker nicht immer klar deklariert werde. Es gebe Produkte, die mit dem Begriff «zuckerfrei» angepriesen würden. In Tat und Wahrheit würden sie aber oftmals Zuckeralkohole beinhalten, die nicht als Zucker angegeben werden müssten. Zudem gebe es neben dem bekannten Haushaltszucker weitere Zuckerarten wie Fructose, Lactose und Maltose, die sich in verschiedenen Produkten versteckten. Um der Problematik zu begegnen, wurden in der Vergangenheit von verschiedenen Seiten Vorschläge eingebracht. Dazu zählten die Forderung nach einer Zuckersteuer, die vom Kanton Neuenburg als Standesinitiative eingereicht worden war, jedoch im eidgenössischen Parlament scheiterte, oder auch das Label «Pace», mit welchem den Konsumentinnen und Konsumenten aufgezeigt wird, wie lange man rennen muss, um die konsumierten Kalorien zu verbrennen. Bislang wurde auf Freiwilligkeit gesetzt. 14 Schweizer Lebensmittelproduzenten hatten in diesem Rahmen die Vereinbarung getroffen, den Zuckergehalt in ihren Lebensmitteln zu reduzieren. Davon betroffen waren zum Beispiel Joghurt und Cerealien. Neu arbeiten die beiden Unternehmen Danone und Nestlé mit einem Ampelsystem namens Nutri-Score. Dieses zeigt mittels fünf Farben den Zucker-, Salz- und Fettgehalt im Vergleich zu beispielsweise Ballaststoffen an. Nestlé plant, innerhalb zweier Jahren alle ihre Produkte damit zu versehen.

Gesellschaftliche Debatte_Zucker und Nutriscore
Dossier: Kennzeichnung von Lebensmittelprodukten

La protection des mineur-e-s et requérant-e-s mineur-e-s non accompagnés a suscité débat et contestation à Genève. En mars 2019, un tout jeune adulte, requérant d'asile originaire d'Afghanistan, se suicide à Genève. Quelques semaines plus tard, ses amis, des RMNA (requérant-e-s d'asile mineur-e-s non accompagné-e-s), alertent la presse. Ils souhaitent relater leur conditions de vie au sein du foyer de l'Etoile, où habitait également Ali avant sa mort. Ils dénoncent le manque d'accompagnement socio-éducatif, la vétusté des locaux ainsi que les violences commises par le personnel du centre.
En juillet 2019, un collectif nommé Lutte des MNA envoie une lettre à Anne Emery-Torracinta (GE, ps), la conseillère d'Etat en charge du département de l'instruction publique, de la formation et de la jeunesse, pour l'alerter sur le manque de mesures prises pour les mineur-e-s non accompagnés. Ces jeunes disposent d'un statut particulier: leur pays d'origine, le plus souvent l'Algérie, le Maroc ou la Tunisie les empêche d'obtenir l'asile. Cependant, étant mineur-e-s, ils et elles ont droit à une prise en charge par le Service de Protection des Mineurs (SPMi) du canton. Ils sont notamment hébergés dans des structures bas seuil et reçoivent des repas. La lettre envoyée par le collectif estime ces mesures insuffisantes et demande une prise en charge socio-éducative, jusqu'à l'âge de 25 ans, ainsi que l'arrêt des arrestations par la police, jugées racistes. Le Conseil d'Etat répond à la lettre quelques jours plus tard en proposant une entrevue le 3 septembre. Cette réponse fait fi de l'urgence de la situation, selon le collectif, qui organise une manifestation le 30 juillet devant l'Hôtel de Ville.
Le sort des RMNA semble prendre une tournure plus favorable en octobre 2019. Suite à une manifestation de 150 personnes devant le foyer de l'Etoile, une motion est acceptée au Grand Conseil, qui pose les grandes lignes d'un encadrement socio-éducatif plus poussé dans un nouveau foyer, censé remplacer celui de l'Etoile.
Pour les MNA par contre, pas d'amélioration. Une manifestation a eu lieu fin octobre devant un hôtel où sont logés certains d'entre eux, pour dénoncer le manque d'encadrement ainsi que les actes considérés comme racistes de son gérant. En janvier 2020, sur les 47 mineurs non accompagnés pris en charge par le Service de la Protection des Mineurs, 21 n'ont pas d'hébergement. Au vu des températures hivernales et refusant de laisser dormir les jeunes dans la rue, le collectif Lutte des MNA occupe le théâtre du Grütli.
Le 24 janvier, après 11 jours d'occupation, le collectif quitte le Grütli. L'occupation est suspendue suite aux promesses du Conseil administratif de la ville et aux déclarations du Conseil d'Etat, qui a annoncé être disposé à prendre en charge les quinze mineurs présents. Le collectif fait toutefois savoir que cette solution n'est pas pérenne et qu'il attend un engagement plus affirmé de la part du canton.

La protection des mineur-e-s et requérant-e-s mineur-e-s non accompagnés a suscité la contestation à Genève

Auch 2015 erregte die Frage der Partei- und Politikfinanzierung mediale Aufmerksamkeit. Mitte Jahr reichte die Juso des Kantons Freiburg eine kantonale Volksinitiative ein, mit der gefordert wurde, dass die Finanzierung von Wahl- und Abstimmungskampagnen transparenter wird. Ein ähnliches Anliegen der Juso des Kantons Aargau war im Vorjahr an der kantonalen Abstimmungsurne gescheitert. Hingegen gibt es im Kanton Genf bereits seit 2011 eine entsprechende Regelung. Le Temps veröffentlichte im August die offengelegten Budgets der kantonalen Parteien für das Jahr 2014, die sich zwischen CHF 1.4 Mio. (FDP) und CHF 710'000 (SVP) bewegten (SP: CHF 957'000; EaG: CHF 859'000; MCG: CHF 835'000; CVP: CHF 826'000; GP: CHF 713'000), wobei sich der Anteil an Spenden, die ebenfalls ausgewiesen werden müssen, zwischen den Parteien deutlich stärker unterschied: So stammte fast ein Viertel des Budgets der FDP aus Donationen, während dieser Anteil bei der SVP 11.2 Prozent, bei der CVP 9.5 Prozent und beim MCG 8.3 Prozent betrug. Deutlich geringer war der Anteil an Spenden am Budget der SP (1.1%), der Grünen (1.2%) und der extremen Linken (2.1%). Die links-grünen Parteien finanzierten sich vor allem aus Mandatsabgaben, berichtete Le Temps.
Mitte August ereilte die Schweiz erneut eine Rüge der Greco. Als einziger der 49 Mitgliederstaaten kenne die Schweiz keinerlei Regeln zur Parteienfinanzierung. Sowohl der Befund und die Bewertung im Bericht – Note ungenügend und keine nennenswerten Fortschritte – als auch die Erklärung durch den Bundesrat, wonach sich Transparenz der Politikfinanzierung nicht mit dem speziellen schweizerischen politischen System vertrage, unterschieden sich nicht vom Vorjahresbericht.
Zu reden gaben im Oktober 2015 auch die hohen Ausgaben für die eidgenössischen Wahlen. Der Tages-Anzeiger rechnete – gestützt auf eine Studie aus dem Jahr 2012 – vor, dass im Vergleich von Wahl zu Wahl total jeweils rund CHF 7 Mio. mehr ausgegeben würden als in den jeweils vergangenen eidgenössischen Wahlen. Weil 2003 etwa CHF 28. Mio. aufgewendet worden seien, könne für 2015 entsprechend mit Ausgaben von rund CHF 49 Mio. gerechnet werden. Grund dafür sei auch, dass der Wahlkampf immer früher beginne.
Die SP-Spitze kündigte kurz vor den Wahlen an, die seit einiger Zeit diskutierte Volksinitiative für mehr Transparenz in der Politikfinanzierung definitiv zu lancieren. Die Delegiertenversammlung gab dafür Anfang Dezember 2015 grünes Licht und im April begann die Partei mit der Unterschriftensammlung. Bei den bürgerlichen Parteien stiess das Anliegen allerdings auf Skepsis.

Kritik an der Politikfinanzierung aus dem Ausland - Greco
Dossier: Finanzierung der Politik

Anfang 2014 gab die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) bekannt, dass das soziale Existenzminimum als Kern der Sozialhilfe weiter als Referenzgrösse der Schweizer Sozialpolitik gelten soll. Dieses Existenzminimum besteht aus der materiellen Grundsicherung sowie situationsbedingten Leistungen und umfasst den Grundbedarf für Lebensunterhalt, Wohn- und Gesundheitskosten. Dieser Bedarf untersucht die SKOS regelmässig. Als besonders wichtige Massnahme zur Bekämpfung der Armut sah die SKOS die Integration betroffener Individuen in die Gesellschaft, namentlich die Eingliederung in den Arbeitsmarkt sowie die Möglichkeit, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Das soziale Existenzminimum leiste einen wesentlichen Beitrag, da es den betroffenen Menschen ein bescheidenes Leben ermöglicht, das über das rein physische Überleben am Rand der Gesellschaft hinausgehe. Dies sei insbesondere für Kinder entscheidend, die gut ein Drittel aller Sozialhilfebezüger ausmachten. Würden sie gesellschaftlich ausgegrenzt, trage dies zur Verfestigung der Armut bei. Die integrative Sozialhilfe wird deswegen auch als Ansatz gesehen, um Folgekosten zu vermeiden. Kostentreiber sind vor allem die stetig steigenden, von der Sozialhilfe nicht beeinflussbaren Fixkosten für Wohnen und Gesundheit. Massgebend zur Bemessung des Existenzminimums sind die einkommensschwächsten 10 Prozent der Schweizer Haushalte gemäss BfS.

soziale Existenzminimum als Kern der Sozialhilfe

Der Fall eines Sozialhilfebezügers in einer Aargauer Gemeinde setzte ab Anfang Jahr mehrere Prozesse in Gang. Dem Mann wurden Sozialhilfebeiträge gestrichen, weil er sich nicht kooperativ mit seiner Gemeinde gezeigt und unerwünschte Stellenangebote nicht wahrgenommen hatte. Das zuständige Bezirksamt hob den Beschluss der Gemeinde auf Beschwerde des Mannes hin auf und verfügte stattdessen eine Kürzung der Sozialhilfe. Eine erneute Anfechtung der Gemeinde vor Bundesgericht wurde schliesslich abgewiesen, womit die Gemeinde die Sozialhilfe rückwirkend auszahlen musste. Dieser als „Fall Berikon“ bekannt gewordene Streit führte in der Folge zu einer landesweiten Diskussion über die Rahmenbedingungen für einen Sozialhilfebezug. Dass die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) die Gemeinde Berikon auch noch abstrafte, sorgte für zusätzlichen Unmut. Aus Protest erwogen mehrere Gemeinden einen Austritt aus der SKOS, eine Thurgauer Gemeinde trat gar sofort aus. Bald darauf folgte ihr mit Rorschach (SG) die erste Stadt, was weitere Nachahmer hervorrief. Eine weitere Aargauer Gemeinde forderte gar den Austritt des Kantons aus der SKOS. Die SKOS, die als privater Fachverband alle Kantone und rund 600 Gemeinden als Mitglieder hat, rückte so immer mehr ins Kreuzfeuer der Kritik. Zahlreiche Kommunal- und Kantonalpolitiker reihten sich in die Reigen der Kritiker ein und beanstandeten unisono, dass die SKOS zu unbeweglich sei und ihre Richtlinien zu selten und zu wenig kritisch überarbeite; kurzum, die Diskussion um die SKOS war durchaus willkommen. Im Verlauf des Jahres entpuppten sich die Austritte Rorschachs und anderer Gemeinden vorerst als Einzelfälle, die politische und mediale Kontroverse um die SKOS blieb jedoch weiter virulent. Kritisiert wurden insbesondere ihre Richtlinien zur Ausgestaltung und Bemessung der Sozialhilfe. Hierbei handelt es sich um Empfehlungen zuhanden des Bundes, der Kantone und Gemeinden sowie Organisationen der privaten Sozialhilfe. Diese Richtlinien entfalten keine Verbindlichkeit, sondern werden erst durch die kantonale Gesetzgebung, die kommunale Rechtsetzung und die Rechtsprechung verbindlich. Vor allem die rechtsbürgerliche Seite attackierte diese Richtlinien wiederholt. Daraufhin zeigte sich die SKOS Mitte Jahr konziliant und suchte das Gespräch mit dem Gemeindeverband, um Probleme zu erörtern. Sukkurs erhielt die SKOS indes von der Sozialdirektoren-Konferenz, welche in einer Stellungnahme die Notwendigkeit und Bedeutung der SKOS-Richtlinien bekräftigte und allen Kantonen empfahl, diese weiterhin anzuwenden. Ende Jahr gelangte die SKOS erneut in die Schlagzeilen als zwei Baselbieter Gemeinden die SKOS wegen steigenden Sozialhilfekosten verliessen und damit nicht nur Rorschach folgten, sondern auch der Stadt Dübendorf, die Anfang Juni ausgetreten war. Der Effekt für die beiden Gemeinden, welche dadurch lediglich den SKOS-Mitgliederbeitrag von je knapp CHF 1'000 einsparten, war indes marginal. Aus den Gemeinden hiess es, man wolle damit die öffentliche Diskussion über die Grenzen der Sozialhilfe aufrechterhalten. Einen richtungsweisende Lösung musste aus der Politik erwartet werden (siehe hier).

Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (SKOS)

Auf Antrag der staatspolitischen Kommission schrieb der Nationalrat eine parlamentarische Initiative Gross (sp, ZH) ab, welche verlangt hatte, dass Beiträge an Abstimmungskomitees von über 500 Fr. der Bundeskanzlei zu melden und im Internet zu publizieren seien. Die Ratsmehrheit war der Meinung, die Umgehungsmöglichkeiten seien zu gross, wie das Beispiel der USA zeige. Abgelehnt wurde auch eine Motion Maillard (sp, VD), welche es Unternehmen verbieten wollte, Parteien und Wahlkämpfe von Parteien und Parlamentsmitgliedern zu finanzieren; bei schweren Verstössen hätte das Wahlergebnis für ungültig erklärt werden können.

Koruptionsdebatte im Nationalrat

Verglichen mit dem Ausland verfügen die Schweizer Parteien über wenig Geld. Gemäss eigenen Angaben betrug das Jahresbudget der SP für 2001/02 3,25 Mio Fr. (Spenden und Sponsoring: 13%, Fraktionsbeiträge: 13%, Mitgliederbeiträge: 58%, Diverses: 16%). Die FDP hatte 2,8 Mio Fr. zur Verfügung (Gönner, Spenden und Sponsoring: 65%, Fraktionsbeiträge: 30%, Mandatsträger und Kantonalparteien: 5%), die CVP 2,5 Mio Fr. (Sponsoring und Finanzaktionen: 50%, Fraktionsbeiträge und Mandatsträger: 25%, Kantonalparteien: 10%, Diverses: 15%), die SVP 2 Mio Fr. (Fraktionsbeiträge: 45%, Spenden: 35%, Kantonalparteien: 10%, Mandatsträger: 10%). Um ihre Finanzmittel aufzubessern, wandten die Parteien neue Methoden des Fund-Raising an: Die SP organisierte einen Gala-Abend mit Kunstauktion, die FDP führte erstmals einen symbolischen Mitgliederbeitrag von 1 Fr. ein und erwog für 2003 einen "Wahlbatzen". Die CVP hingegen prüfte die Einführung einer CVP-Karte, die den Karteninhabern Rabatte in CVP-nahen Betrieben gewähren soll. CVP und SVP warben bei ihren Mitgliedern und Sympathisanten für einen Telefonanbieter, der 10% der Gesprächsgebühren in die Parteikasse weiterleitete; die Spender erhielten Ende Jahr eine Zusammenstellung mit der Höhe ihres so bezahlten Betrags, den sie von der Steuer abziehen konnten.

Schweizer Parteien entecken das Fund-Raising

Da nach wie vor unklar ist, wie viel Politikerinnen und Politiker für ihren Wahlkampf ausgeben und wer die Abstimmungskampagnen finanziert, schlug der Staatsrechtler und Politikwissenschafter Tiziano Balmelli vor, die Wahlkampfbudgets nach oben zu beschränken, um die Chancengleichheit zu vergrössern und die Gefahr von Bestechung zu verringern. Konkret sollte für jeden Wahlkreis ein Höchstbetrag sowohl für die Kandidierenden als auch für die Parteien im Verhältnis zur Zahl der Stimmberechtigten festgelegt werden. Strenge Sanktionen, z.B. hohe Bussen, der Verlust des politischen Mandats oder der zeitweilige Entzug passiver politischer Rechte sollten Missbräuche verhindern. Weiter forderte Balmelli von den Parteien, ihre Abrechnungen offen zu legen – einzig die Kantone Genf und Tessin kennen gesetzliche Vorschriften, die mehr Transparenz ermöglichen sollen. Öffentliche Mittel als Ersatz für private Spenden seien keine Lösung, sondern würden als Ergänzung gebraucht, wie ein Blick ins Ausland zeige. Die Parteien lehnten diese Vorschläge ab: Ob jemand gewählt werde, hänge nicht in erster Linie vom Budget ab, betonte CVP-Sprecher Paul Felber. SVP-Generalsekretär Jean-Blaise Defago wollte lieber den Markt spielen lassen, während Guido Schommer von der FDP grosse Umsetzungsprobleme sah. SP-Generalsekretär Reto Gamma genügte es, offen zu legen, woher das Geld stamme; damit könnte die Wählerschaft selber entscheiden, ob sie diese Person wählen wolle.

Diskussion um Beschränkung der Wahlkampfbudgets
Dossier: Finanzierung der Politik

Die Spendenaffären in Deutschland und Frankreich hatten auch in der Schweiz zu Diskussionen über die Parteienfinanzierung geführt. Obwohl in den umliegenden Ländern üblich, können Schweizer Parteien – abgesehen von Jugendförderungsgeldern des Bundesamtes für Kultur – nicht auf öffentliche Gelder zurückgreifen. Seit 1972 werden zwar Zuschüsse an die Fraktionen als Organe der Bundesversammlung entrichtet, nicht aber an die Parteien selbst. Das Parlament hat im Berichtsjahr die Fraktionsbeiträge verdoppelt. Damit soll verhindert werden, dass die Fraktionen durch die ohnehin finanzschwachen Parteien subventioniert werden müssen.

Parlament verdoppelt Fraktionsbeiträge (2000)
Dossier: Entschädigung von Parlamentsmitgliedern

Grenzen der heutigen Organisation der Opferhilfe zeigten sich bei der nur sehr schleppend anlaufenden Hilfe für die Opfer des Attentats von Luxor (Ägypten), bei dem im November des Vorjahres 58 Touristinnen und Touristen, 36 davon aus der Schweiz, ums Leben gekommen waren. Die Welle des Mitgefühls, die damals durch das ganze Land gegangen war, hatte bei den Betroffenen (Überlebende und Angehörige) besonders hohe Erwartungen geweckt. Als dann – vor allem im Bereich der finanziellen Leistungen nicht so schnell und unbürokratisch reagiert wurde wie erhofft, regte sich allgemeine Kritik vor allem an den Bundesbehörden. Dabei gehört die Opferhilfe eindeutig in die Kompetenz der Kantone, was auch zu verschiedenen Formen der Handhabung führen kann. Die Situation, dass Opfern von Bundesräten Hilfe versprochen wird, die dann mehrheitlich von den Kantonen zu leisten ist, liess den Ruf nach einer nationalen Koordinationsstelle laut werden.

Grenzen der heutigen Organisation der Opferhilfe Opfer des Attentats von Luxor

Caritas Schweiz legte eine Studie vor, welche sich mit der wachsenden Zahl der “Working Poor” beschäftigt, jener Haushalte, in denen eine oder mehrere Personen zusammen mindestens zu 90% erwerbstätig sind, und die dennoch als “arm” zu gelten haben. Die Zahl der betroffenen Personen wurde schweizweit auf 250'000 bis 400'000 Personen geschätzt. Besonders gefährdet sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Dienstleistungssektor (Gastgewerbe und Verkauf), da dort häufig tiefe Löhne bezahlt werden und der Anteil der Teilzeiterwerbstätigen besonders hoch ist. Caritas stellte deshalb die Frage, ob nicht eine staatliche Lohnpolitik nötig wäre, zumindest für Branchen ohne sozialpartnerschaftliche Vereinbarungen; die Forderung nach einem gesetzlich festgelegten Minimallohn sei in der Schweiz ein Tabu, doch wäre es an der Zeit, dieses zu brechen. Zudem verlangte das Hilfswerk eine gezielte, auf das niedrige Bildungsniveau der Working Poor ausgerichtete Berufsbildung, da die üblichen Angebote der Arbeitslosenversicherung und der Sozialhilfe nicht genügten. Die Caritas meinte auch, es sei falsch, wenn die kommunale Sozialfürsorge beansprucht werde, um die Existenzprobleme der Working Poor zu lösen. Sozialhilfe sei ein Instrument zur Überbrückung aktueller Notlagen, nicht aber zur dauerhaften Finanzierung arbeitsmarktpolitischer Fehlentwicklungen. Das neu erkannte Armutsrisiko der ungenügend entlöhnten Erwerbstätigkeit müsse auf nationaler Ebene abgedeckt werden.

Studie Working Poor

Zweieinhalb Jahre nach seiner Eröffnung konnte das Therapiezentrum für Folteropfer in Bern, das Betroffenen ambulante Hilfe anbietet, eine erste Bilanz ziehen. Über 100 folter- und kriegstraumatisierte Menschen wurden aufgenommen und ihnen und ihren Familienangehörigen psychotherapeutische, soziale und medizinische Hilfe offeriert. Wegen Kapazitätsengpässen mussten aber mindestens noch einmal so viele Personen auf die wachsende Warteliste gesetzt oder weiterverwiesen werden. Im Einverständnis mit dem Bundesrat überwies der Nationalrat ein Postulat Günter (sp, BE), das die Landesregierung ersucht zu prüfen, wie das Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport mit dem Zentrum zusammenarbeiten und es unterstützen könnte (Po. 97.3630).

Ambulatorium für Folteropfer (ab 1994)

Aus Anlass des UNO-Jahres lud Bundesrätin Dreifuss anfangs Oktober rund ein Dutzend Kantons- und Städtevertreter zu einem Treffen mit einer Delegation der Bewegung ATD Vierte Welt ein, welche sich bereits seit vielen Jahren mit dem Problem der Armut in den hochindustrialisierten Ländern befasst. Sie betonte, eine Plattform des Dialogs sei umso notwendiger, als gewisse Kreise ein Klima der Angst um die Zukunft des Sozialsystems schürten.

Kantons- und Städtevertreter Treffen mit einer Delegation der Bewegung ATD Vierte Welt Problem der Armut in den hochindustrialisierten Ländern

Bereits vor der Vernehmlassung hatte sich die FMH, die Vereinigung der Schweizer Ärzte, für eine Entkriminalisierung des Drogenkonsums, eine Verstärkung der Prävention und die Ausdehnung der Behandlung mit Ersatzdrogen ausgesprochen. Bei Schwerstsüchtigen müsse unter Umständen anfänglich die konsumierte Substanz wie etwa Heroin eingesetzt werden, allerdings im Rahmen eines klar definierten Therapieansatzes.

FMH für eine Entkriminalisierung des Drogenkonsums

Ende Jahr publizierten 19 hochkarätige Wirtschaftsfachleute um den ehemaligen Diplomaten und ABB-Kopräsidenten David de Pury ein "Weissbuch", in welchem sie nicht nur eine weitestgehende Deregulierung im Wirtschaftsgeschehen, sondern auch eine völlige Neukonzeption der sozialen Sicherheit postulierten. Deren Leistungen sollten nur noch nach streng gehandhabten Bedürfnisklauseln ausgerichtet werden. Insbesondere plädierten sie für eine Aufhebung der beruflichen Vorsorge und für eine AHV, die lediglich das Existenzminimum sichern würde. Die Beibehaltung des bisherigen Lebensstandards im Alter - nach heutiger Auffassung in erster Linie Aufgabe der 2. Säule - sollte hingegen rein der privaten Vorsorge, d.h. allein den Arbeitnehmern überlassen bleiben. Privatisieren wollten die Unternehmer auch die Arbeitslosenversicherung, obgleich die Privatversicherer angesichts der nicht kalkulierbaren Risiken bereits vor Jahren diese Idee abgelehnt hatten.

Publikation "Weissbuch"

Rund 100 führende Wirtschaftsvertreter sprachen sich im Herbst 1995 in einem gemeinsam veröffentlichten Grundsatzpapier für eine ausgeweitete kontrollierte Drogenabgabe an Süchtige, die Eliminierung sämtlicher offener Drogenszenen, eine Entkriminalisierung des Drogenkonsums sowie für verstärkte Präventionsmassnahmen im Bereich der Jugend- und Familienpolitik aus. Sie begründeten ihr Engagement mit menschlicher Betroffenheit, aber auch mit der Ineffizienz der heute noch stark auf Repression ausgerichteten Drogenpolitik, welche den Steuerzahler – und damit auch die Wirtschaft – stark belastet, sowie mit Image-Problemen des Wirtschaftsstandortes Schweiz.

Grundsatzpapier von Wirtschaftsvertretenden für eine ausgeweitete kontrollierte Drogenabgabe an Süchtige (1995)
Dossier: Bundesbeschluss über die ärztliche Verschreibung von Heroin

Zum zweitenmal nach 1991 lud das EDI Behördenmitglieder und Interessengruppen aller drei staatlichen Ebenen zu einer nationalen Drogenkonferenz nach Bern ein. Die Bundesräte Koller und Dreifuss riefen dazu auf, die drogenpolitische Debatte zu deblockieren. Polarisierte Meinungen prallten kaum aufeinander. CVP, FDP und SP bekräftigten schon vor der Tagung ihre Absicht, eine Teilrevision des Betäubungsmittelgesetzes anzustreben, um möglichst rasch die gesetzliche Grundlage für die ärztlichen Substitutionsprogramme mit Heroin zu schaffen. Derart konkrete Fragen behandelte die Konferenz allerdings nur am Rande. Generell herrschte Einigkeit darüber, dass in der Drogenpolitik differenziert und behutsam vorgegangen werden muss, wobei Kohärenz, Koordination und Kommunikation zwischen allen Beteiligten zu fördern und auszubauen seien.

Zweite nationale Drogenkonferenz (1995)

Nachdem sich bereits Bundesrätin Ruth Dreifuss bei einem Augenschein in der Zürcher Drogenszene für mehr Menschlichkeit im Umgang mit Drogenabhängigen sowie weniger Emotionen in der Drogenpolitik ausgesprochen und die Möglichkeit einer breiteren staatlichen Drogenabgabe nicht ausgeschlossen hatte, bekam die Diskussion zu Jahresende neue Impulse durch zwei weitere SP- bzw. ex-SP-Exponenten, nämlich den designierten Bundespräsidenten Otto Stich und die abtretende Zürcher Fürsorgedirektorin Emilie Lieberherr. Stich, bisher nicht für sein liberales Drogenengagement bekannt, sprach sich in mehreren Interviews dezidiert für ein pragmatischeres Vorgehen und damit für die staatliche Drogenabgabe aus. Lieberherr betonte ebenfalls, nur eine kontrollierte Abgabe der «auf der Gasse» gehandelten Drogen könne die Drogenszene aus der Kriminalität führen und die Drogensüchtigen einer effizienten Betreuung und Ausstiegshilfe zuführen.

Zusätzliche Stimmen fordern mehr Menschlichkeit im Umgang mit Drogenabhängigen und ein Umdenken in der Drogenpolitik (1993)

Aus einer Einzelinitiative eines Neuenburger Journalisten entstand in der Romandie ein erstes Netzwerk, welches völlig unbürokratisch und mit freiwilligen Helfern Pakete mit Lebensmitteln und Hygienprodukten, sogenannte «cartons du coeur» an jene Menschen verteilt, die durch die Maschen des Sozialnetzes gefallen sind. Die Aktion, die zu Beginn des Jahres 1993 recht bescheiden begann, trat in der Westschweiz einen eigentlichen Siegeszug an. Bis Mitte August wurden schon über 23 Tonnen Hilfsgüter an Bedürftige verteilt.

Pakete mit Lebensmitteln und Hygienprodukten für Westschweizer Bedürftige (1993)

Einigen Wirbel verursachte die Ankündigung, ein dem Verein «Schweizer Hanf-Freunde und -Freundinnen» nahestehender Bauer im Wallis wolle erstmals seit Jahren in der Schweiz wieder Hanf anbauen, um aus dessen Blättern Kräutertee bzw. Schnurwaren herzustellen. Die zur Gewinnung von Haschisch geeigneten Blüten- und Fruchtstände sollten, zumindest offiziell, vorgängig entsorgt werden. Da der Anbau von Hanf in der Schweiz momentan nicht erwünscht sei, verweigerte das Bundesamt für Landwirtschaft ein eingereichtes Subventionsbegehren, und nach einer gewissen Zeit der Ratlosigkeit – der Anbau von Hanf ist nur zur Gewinnung von Haschisch verboten – griffen die Walliser Polizeibehörden ein und zerstörten die Ernte, worauf der Bauer die Behörden mit einer Schadenersatzklage bedrohte, da die Ernte bereits verkauft war.

Hanfanbau in der Schweiz (1993)

Das Problem der neuen Armut im eigenen Land scheint die Schweizer Bevölkerung weit weniger zu beschäftigen als das Elend in der Dritten Welt. Nur gerade CHF 5 Mio. brachte ein Aufruf der Glückskette von Radio und Fernsehen für die einheimischen Bedürftigen, rund viermal weniger als im Vorjahr eine Sammlung zugunsten der hungernden Bevölkerung in Somalia. Die Verantwortlichen der Hilfsaktion erklärten sich die unterschiedliche Spendefreudigkeit damit, dass es der reichen Schweiz noch nicht ins Bewusstsein gedrungen sei, dass (relative) Armut auch hierzulande heute ein recht weit verbreitetes Phänomen ist.

Aufruf der Glückskette zur Hilfe für die Schweizer Bedürftigen (1993)

Als direkte Folge des Opferhilfegesetzes, welches bestimmt, dass Opfer von Sexualdelikten Anrecht auf Einvernahme und Urteil durch eine Person des gleichen Geschlechts haben, wurde auf den 1.1.1993 erstmals eine Frau in die Militärjustiz gewählt.

Umsetzung des Opferhilfegesetzes (1992–1996)
Dossier: Bundesgesetz über die Hilfe an Opfer von Straftaten und seine Auswirkungen