Die Bundesversammlung genehmigte eine Reihe von Revisionen von kantonalen Verfassungen, darunter auch die Totalrevision derjenigen Graubündens. Dabei kam es zu einer Kontroverse zwischen dem Bundesrat und dem Ständerat über das Majorzsystem. Auslöser dazu war eine Bemerkung in der Botschaft der Landesregierung, welche, gestützt auf das Urteil einiger Staatsrechtler, das Majorzsystem bei Parlamentswahlen als „rechtlich zweifelhaft“ eingestuft hatte, da es der demokratischen Repräsentationsidee widerspreche. Auf die bundesrätliche Anregung, dieses Wahlsystem für kantonale Parlamente in Zukunft als nicht verfassungskonform zu taxieren, reagierte die SPK des Ständerates – deren Mitglieder mit Ausnahme der Vertreter des Kantons Jura alle nach diesem System gewählt werden – kurz, heftig und negativ. Das Majorzsystem werde nicht nur in der Schweiz, sondern auch in einer ganzen Reihe anderer demokratischer Staaten für Parlamentswahlen angewendet und es sei in der Schweiz gemäss Bundesverfassung Sache der Kantone und ihrer Bürgerinnen und Bürger, das von ihnen bevorzugte Wahlverfahren zu bestimmen. Beide Ratskammern schlossen sich dieser Meinung an, und auch Bundesrat Blocher distanzierte sich von der in der Botschaft formulierten Kritik am Majorzsystem. Unterstützung erhielt die Majorzkritik des Bundesrates von der Linken. Im Nationalrat unterlag sie jedoch mit einem Antrag, das Majorzsystem und die Wahlkreiseinteilung aus der Bündner Verfassung zu streichen, da sie im Widerspruch zur Bundesverfassung stehen würden.

Kontroverse um das Majorzsystem bei Parlamentswahlen anlässlich der Genehmigung der Kantonsverfassung Graubündens (04.018)
Dossier: Revisionen der Kantonsverfassungen