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Der Vorschlag des Bundesrates zur Änderung des Zivilgesetzbuches für eine einfachere Änderung des Geschlechts und des Vornamens im Personenstandsregister erzeugte in der Vernehmlassung eine sehr positive Resonanz. Von 102 eingegangenen Stellungnahmen lehnten fünf (EDU, SVP, Christianity for Today, die Konferenz für Bioethik der Schweizer Bischofskonferenz sowie die Stiftung Zukunft CH) das Vorhaben ab, weil kein Handlungsbedarf bestehe. Die überwältigende Mehrheit der Teilnehmenden hielt die Vereinfachung der Geschlechtsänderung im Personenstandsregister indes für notwendig. Eine grosse Mehrheit der Kantone regte an, dass das Verfahren zur Geschlechts- und Vornamensänderung nicht wie vom Bundesrat vorgeschlagen den Zivilstandsbeamtinnen und -beamten, sondern den kantonalen Aufsichtsbehörden im Zivilstandswesen übertragen werden soll, um bessere Rechtssicherheit zu gewährleisten. Die Grünen, die Jungen Grünen, die SP, die Unabhängigkeitspartei Schweiz und die Alternative Liste Zürich sowie zahlreiche Organisationen für Geschlechts- und Genderanliegen wünschten sich noch weitergehende Erleichterungen, um dem Grundsatz der Selbstbestimmung noch besser Rechnung zu tragen. So schlugen sie etwa vor, auf die vorgesehene Möglichkeit der Zivilstandsbeamtin oder des Zivilstandsbeamten, bei Zweifeln an den Beweggründen zusätzliche Abklärungen wie ein ärztliches Zeugnis verlangen zu können, zu verzichten, weil die Betroffenen dadurch der Willkür der Beamtinnen und Beamten ausgesetzt würden. Viele Stellungnehmende forderten den Bundesrat darüber hinaus ausdrücklich auf, die Situation der Personen, die weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zugeordnet werden können, zu überprüfen.

Änderung des Geschlechts im Personenstandsregister (BRG 19.081)

Der Bericht in Erfüllung des Postulats «Dem Schuldnertourismus einen Riegel schieben» (Po. 12.3957) habe aufgezeigt, dass es für eine schweizweite Betreibungsauskunft keine einfache Lösung gebe, weshalb ein schrittweises Vorgehen gegen den Missbrauch von Betreibungsregisterauszügen angezeigt sei. So begründete die RK-SR ihre einstimmige Unterstützung der Motion Candinas (cvp, GR), mit welcher der Bündner CVP-Nationalrat forderte, dass Betreibungsämter vor der Ausstellung eines Betreibungsregisterauszuges zwingend eine Wohnsitzüberprüfung vornehmen müssen. Auch wenn das Problem des «Schuldnertourismus», d.h. des Aufbesserns der persönlichen Zahlungsbilanz durch einen Wohnsitzwechsel, damit nicht aus der Welt geschafft werde, sei die Motion ein Schritt in die richtige Richtung, appellierte Kommissionssprecher Beat Rieder (cvp, VS) an das Ständeratsplenum. Auch Justizministerin Karin Keller-Sutter plädierte für die Annahme der Motion. Im Nationalrat, der die Motion im Herbst 2017 gleichwohl gutgeheissen hatte, hatte der Bundesrat den Vorstoss noch abgelehnt, im Lichte der Erkenntnisse aus dem erwähnten Postulatsbericht seine Meinung dann aber geändert. Der Ständerat nahm die Motion im Sommer 2019 stillschweigend an.

Missbrauch von Betreibungsregisterauszügen stoppen (Mo. 16.3335)
Dossier: Den Missbrauch von Betreibungsregisterauszügen durch Domizilwechsel («Schuldnertourismus») bekämpfen

Wie zuvor schon der Nationalrat nahm auch der Ständerat die Motion Flach (glp, AG) zum Sanierungsverfahren für Privatpersonen diskussionslos an. Sowohl die RK-SR als auch der Bundesrat hatten die Annahme der Motion beantragt.

Sanierungsverfahren für Privatpersonen. Bessere Zukunftsperspektiven für Schuldner und Gläubiger (Mo. 18.3683)

Mittels parlamentarischer Initiative forderte Mathias Reynard (sp, VS) eine Beweislasterleichterung für die sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. Nach bestehendem Artikel 6 GlG gelte bei zivilrechtlichen Klagen gegen die Arbeitgebenden für eine Reihe von Diskriminierungsformen die Beweislasterleichterung; der Tatbestand der sexuellen Belästigung gehöre jedoch nicht dazu. Es sei äusserst problematisch, dass die hohe Zahl von Gerichtsurteilen zuungunsten der klagenden Person unter anderem auch auf die Beweisschwierigkeit von sexueller Belästigung zurückzuführen sei. Aus diesem Grund schlug Reynard vor, den Artikel zur Beweislasterleichterung um den Tatbestand der sexuellen Belästigung zu ergänzen und so die Beweishürde für eine Verurteilung zu senken. Dadurch müsste die Klägerin bzw. der Kläger das Vorliegen einer sexuellen Belästigung künftig durch Hinweise glaubhaft machen und nicht mehr beweisen können. Es wäre dann an der beklagten Person bzw. am beklagten Unternehmen, Gegenteiliges nachzuweisen. Wie der Initiant im Rat unterstrich, sei die Beweislasterleichterung jedoch nicht mit der Beweislastumkehr zu verwechseln.
Die RK-NR, welche die parlamentarische Initiative vorgeprüft hatte, beantragte mit einer Mehrheit von 16 zu 5 Stimmen bei 2 Enthaltungen, dem Vorstoss keine Folge zu geben. Ungleich den Diskriminierungsformen mit Beweislasterleichterung sei es den Arbeitgebenden im Falle der sexuellen Belästigung kaum möglich, Befreiungsbeweise zu liefern, lautete die Begründung des Mehrheitsantrags. Die Beweislasterleichterung stehe ausserdem in einem Widerspruch mit wichtigen Pfeilern der Schweizer Rechtsordnung, so auch der Unschuldsvermutung. Weiter habe das Parlament in der Vergangenheit bereits ähnliche Vorstösse abgelehnt.
Eine Minderheit der RK-NR – bestehend aus SP-Nationalrätinnen und -räten – erachtete diese Argumente hingegen als unbegründet und verwies auf andere Länder, welche diese Praxis bereits erfolgreich anwendeten und positive Erfahrungen damit gesammelt hätten. Flavia Wasserfallen (sp, BE) fügte im Namen dieser Minderheit an, dass es den Arbeitgebenden zudem jederzeit möglich sei, externe Fachstellen mit der Untersuchung des Falls zu beauftragen und so womöglich die nötigen Beweise zu finden. Die Hürde für eine entsprechende Verurteilung bleibe trotz Beweislasterleichterung hoch. Der Nationalrat folgte jedoch dem Mehrheitsantrag und gab der Initiative in der Sommersession 2019 mit 133 zu 51 Stimmen bei 3 Enthaltungen keine Folge. Während sich sowohl SP und Grüne als auch SVP, FDP und die Mitte jeweils geschlossen hinter den Minderheitsantrag respektive hinter den Mehrheitsantrag stellten, zeigte sich bei der GLP mit drei Stimmen für den Minderheitsantrag und fünf Stimmen für den Mehrheitsantrag ein gemischtes Bild.

Sexuelle Belästigung. Beweislast erleichtern (Pa.Iv. 17.501)

Mit 7 zu 1 Stimme gab die RK-SR im Mai 2019 einer parlamentarischen Initiative Hêche (sp, JU) zur Optimierung und besseren Koordinierung des Entschuldungsverfahrens für Privatpersonen Folge. Die Initiative verlangt konkret, dass Schuldensanierungspläne gerichtlich bestätigt werden können. Der Initiant erhofft sich dadurch eine Zeit- und Geldersparnis sowohl auf Schuldner- als auch auf Gläubigerseite sowie verminderten Aufwand für die Gerichte.

Das Entschuldungsverfahren für Privatpersonen optimieren und besser koordinieren (Pa.Iv. 18.430)

Mitte April 2019 eröffnete der Bundesrat die Vernehmlassung über die zweite Etappe der Erbrechts-Revision, die die Unternehmensnachfolge betrifft. Die vorgeschlagenen Massnahmen sollen Stolpersteine bei familieninternen Nachfolgeprozessen für Unternehmerinnen und Unternehmer beseitigen und so zu einer höheren Stabilität von Unternehmen sowie zur Sicherung von Arbeitsplätzen beitragen. Zugleich zur erleichterten Unternehmensnachfolge soll aber die Gleichstellung der Erbinnen und Erben so weit wie möglich gewahrt werden.
Erstens soll für Erbinnen und Erben ein Recht auf Integralzuweisung eines Unternehmens bei der Erbteilung geschaffen werden. So soll verhindert werden, dass das betreffende Unternehmen zerstückelt wird oder geschlossen werden muss. Zweitens ist für die Unternehmensnachfolgerin oder den Unternehmensnachfolger die Möglichkeit vorgesehen, von den anderen Erbinnen und Erben einen Zahlungsaufschub zu erhalten, um schwerwiegende Liquiditätsprobleme zu vermeiden. Drittens sollen spezifische Regeln für den Anrechnungswert des Unternehmens definiert werden. Neu soll der Wert des Unternehmens zum Zeitpunkt der Übertragung und nicht mehr derjenige zum Zeitpunkt des Erbgangs massgeblich sein. Darüber hinaus will der Bundesrat durch eine Unterscheidung zwischen betriebsnotwendigen und nicht betriebsnotwendigen Vermögensteilen einerseits dem unternehmerischen Risiko Rechnung tragen, das die Unternehmensnachfolgerin oder der Unternehmensnachfolger auf sich nimmt, andererseits aber die anderen Erbinnen und Erben nicht benachteiligen, was die Vermögenswerte betrifft, die ohne Weiteres aus dem Unternehmen herausgelöst werden können. Viertens sollen die pflichtteilsberechtigten Erbinnen und Erben besser geschützt werden. Konkret soll ihnen ihr Pflichtteil nicht gegen ihren Willen in Form eines Minderheitsanteils an einem Unternehmen zugewiesen werden können, das von einer anderen Erbin oder einem anderen Erben kontrolliert wird.

Erbrechts-Revision – Unternehmensnachfolge (BRG 22.049)
Dossier: Revision des Erbrechts (2016– )

Gemäss geltendem Recht werden Steuerforderungen bei der Berechnung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums nicht berücksichtigt. Die Thurgauer SVP-Nationalrätin Diana Gutjahr stellte fest, dass Personen mit einer Lohnpfändung kaum in der Lage seien, die Steuerforderungen zu begleichen. Folglich würden immer neue Zahlungsbefehle ausgestellt, die Betreibung fortgesetzt und letztlich der Abbau der ausstehenden Schulden praktisch verunmöglicht. Mit einer Motion (Mo. 18.3872) wollte sie dies ändern und forderte, dass die Steuern in die Berechnung des Existenzminimums miteinbezogen werden. In seiner Stellungnahme äusserte der Bundesrat Verständnis für das Anliegen der Motionärin, gab aber zu Bedenken, die Umsetzung sei aufgrund der komplexen Zusammenhänge nicht einfach. Eine Erhöhung des Existenzminimums, wie in der Motion gefordert, hätte beispielsweise zur Folge, dass die Gerichte bei Bestehen unterhaltsrechtlicher Verpflichtungen weniger hohe Unterhaltszahlungen festlegen könnten, wodurch Mankofälle (wo nach der Trennung das totale Einkommen nicht mehr ausreicht, um die Bedürfnisse der Elternteile und der Kinder zu decken) häufiger würden. Die Problematik solle zuerst genauer untersucht und Lösungsansätze evaluiert werden, erklärte der Bundesrat, weshalb er die Motion zur Ablehnung beantragte.
Noch bevor der Erstrat über die Motion befinden konnte, überwies der Nationalrat im Frühling 2019 ein entsprechendes Postulat Gutjahr (Po. 18.4263) und beauftragte den Bundesrat damit, Möglichkeiten zum Einbezug der Steuern in die Berechnung des Existenzminimums zu prüfen und Lösungswege aufzuzeigen.

Einbezug der Steuern in die Berechnung des Existenzminimums prüfen (Po. 18.4263)
Dossier: Steuern in die Berechnung des Existenzminimums miteinbeziehen

In der Frühjahrssession 2019 folgte der Nationalrat diskussionlos dem einstimmigen Antrag seiner Rechtskommission, die Motion Hêche (sp, JU) zur wirtschaftlichen Wiedereingliederung von Personen ohne konkrete Aussicht auf eine Schuldentilgung anzunehmen. Verschuldete Privatpersonen hätten eine zweite Chance verdient, weshalb es auch in der Schweiz ein Sanierungsverfahren für Privatpersonen geben sollte, so die Begründung im entsprechenden Kommissionsbericht.

Wirtschaftliche Wiedereingliederung von Personen ohne konkrete Aussicht auf eine Schuldentilgung (Mo. 18.3510)

Im Februar 2019 gab die RK-NR mit 17 zu 7 Stimmen einer parlamentarischen Initiative Stamm (svp, AG) Folge, mit der die Führung eines Doppelnamens wieder ermöglicht werden sollte.

Ermöglichung von Doppelnamen bei der Heirat (Pa.Iv. 17.523)
Dossier: Gleichberechtigung von Frauen und Männern im Namensrecht

Im Januar 2019 eröffnete der Bundesrat die Vernehmlassung zum Bundesgesetz über die Erstellung elektronischer öffentlicher Urkunden und elektronischer Beglaubigungen (EÖBG). Er schlug damit die Einführung der vollständigen elektronischen öffentlichen Beurkundung vor: Nach Ablauf einer Übergangsfrist soll das Original einer öffentlichen Urkunde grundsätzlich elektronisch angefertigt werden. Bisher musste das Original zwingend als Papierdokument erstellt werden, auch wenn zusätzliche elektronische Ausfertigungen bereits möglich waren. Zur sicheren Aufbewahrung der elektronischen Dokumente sieht der Vorentwurf die Schaffung eines nationalen Urkundenregisters vor. Dieses soll den Schutz vor unbefugtem Zugriff, die langfristige Lesbarkeit und die Beweisbarkeit von Fälschungen gewährleisten. Das Verfahren zur Erstellung elektronischer Urkunden und Beglaubigungen soll in einem eigenen Bundesgesetz geregelt werden, da die bisherige Einordnung in die Schlusstitel des ZGB Kritik hervorgerufen habe. Gleichzeitig schickte die Regierung auch eine damit zusammenhängende Anpassung der Grundbuchverordnung in die Vernehmlassung, die etwa Grundbuchämter dazu verpflichten soll, elektronische Anmeldungen entgegenzunehmen.

Notariatsdigitalisierungsgesetz (BRG 21.083)

Beim Bundesgesetz über den Schutz gewaltbetroffener Personen waren zu Beginn der Wintersession 2018 noch zwei Differenzen ausstehend. Die Möglichkeit, dass die Gerichtskosten der unterliegenden Partei auferlegt werden können, wurde sowohl von der RK-SR als auch vom Ständerat begrüsst. Die vom Nationalrat ergänzte Übergangsbestimmung jedoch, die eine Evaluation des Gesetzes nach vier Jahren vorsieht, strich der Ständerat wieder mit der Begründung, sie sei ineffektiv und überflüssig. Bundesrätin Simonetta Sommaruga betonte hier zuhanden des Protokolls, dass der Bundesrat zu gegebener Zeit eine Evaluation der neuen Regelungen plane, vier Jahre dafür allerdings eine zu kurze Zeitspanne seien.
Die Mehrheit der RK-NR beantragte ihrem Rat daraufhin, dem Ständerat zu folgen und auf die zusätzliche Übergangsbestimmung zu verzichten. Die Wirksamkeitsüberprüfung von Gesetzesänderungen sei eine grundsätzliche Aufgabe der Regierung und des Parlaments; Letzteres könne eine Evaluation jederzeit anstossen, wenn der Bundesrat nicht von sich aus tätig werde. Zudem schreibe die Übergangsbestimmung vor, dass die Ergebnisse der Evaluation vier Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes vorliegen müssten; in einem solch kurzen Zeitraum sei eine seriöse Datengrundlage aber noch gar nicht verfügbar. Justizministerin Sommaruga versicherte auch im Nationalrat, dass es eine Evaluation geben werde. Eine Minderheit wollte an der Evaluation nach vier Jahren festhalten, blieb im Nationalrat letztlich jedoch chancenlos. Mit 122 zu 64 Stimmen hiess die grosse Kammer das Bundesgesetz über den Schutz gewaltbetroffener Personen ohne die umstrittene Übergangsbestimmung gut. In der Schlussabstimmung sprach sich der Nationalrat schliesslich mit 195 zu 2 Stimmen für das Gesetz aus; der Ständerat nahm es einstimmig an.

Bundesgesetz über den Schutz gewaltbetroffener Personen (BRG 17.062)
Dossier: Verbesserung des Schutzes für Stalking-Opfer

Der Bericht «Modernisierung des Familienrechts» in Erfüllung eines Postulats Fehr (sp, ZH; Po. 12.3607) sowie mehrere Bundesgerichtsentscheide aus jüngerer Vergangenheit wiesen darauf hin, dass das schweizerische Abstammungsrecht nicht mehr zeitgemäss sei. Zu diesem Schluss kam die RK-SR und reichte im August 2018 ein Postulat ein, das den Bundesrat auffordert, einen Bericht über den Reformbedarf im Abstammungsrecht zu erstellen und allenfalls Empfehlungen für eine kohärente Gesetzesrevision darzulegen. Das geltende fortpflanzungsmedizinische Verbot der Ei- und Embryonenspende sowie der Leihmutterschaft soll dabei nicht infrage gestellt, die Tatsache, dass in der Schweiz verbotene Reproduktionsmethoden zunehmend im Ausland in Anspruch genommen werden, aber auch nicht ausser Acht gelassen werden. Der Bundesrat unterstützte das Anliegen. Bundesrätin Simonetta Sommaruga sagte vor dem Ständeratsplenum im Dezember 2018, die Schweiz täte gut daran, sich dieser Fragen anzunehmen, wie es Frankreich und Deutschland bereits getan hätten. Der Ständerat überwies das Postulat stillschweigend an den Bundesrat.

Überprüfung des Abstammungsrechts (Po. 18.3714)

Nationalrat Luzi Stamm (svp, AG) reichte im Juni 2017 eine parlamentarische Initiative ein, in der er forderte, dass Anwältinnen und Anwälte zur Geltendmachung ihrer Ansprüche auf dem Rechtsweg vom Berufsgeheimnis befreit werden. Wenn Anwältinnen oder Anwälte wegen Meinungsverschiedenheiten mit Klienten eine Klage einreichen wollen, muss vorgängig von den kantonalen Aufsichtsbehörden verfügt werden, dass sie vom Berufsgeheimnis entbunden werden. Dies führe zu erheblichen Verzögerungen und Kosten, so die Begründung des Initianten. Stattdessen sollen Rechtsanwälte bei solchen Prozessen automatisch vom Berufsgeheimnis entbunden werden und dafür die Verhandlungen bei heiklen Fragen unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchgeführt werden können. Die RK-NR befand, dass die Initiative das Anwaltsgeheimnis – einen zentralen Pfeiler der anwaltschaftlichen Tätigkeiten – aushöhlen würde und deshalb nicht zu unterstützen sei. Mit 14 zu 8 Stimmen bei 3 Enthaltungen entschied sie, ihr keine Folge zu geben. Der Nationalrat folgte der Kommissionsmehrheit und stimmte mit 111 zu 78 gegen die Vorlage, womit das Geschäft erledigt ist. Neben der SVP- hatte auch rund die Hälfte der FDP-Fraktion der Initiative Folge geben wollen.

Keine Ausnahmeregelung für Forderungen von Anwälten (Pa.Iv. 17.463)

Nachdem die Revision des zwölften Kapitels des IPRG zur internationalen Schiedsgerichtsbarkeit in der Vernehmlassung ein sehr positives Echo erzeugt hatte, verabschiedete der Bundesrat im Oktober 2018 die entsprechende Botschaft. Durch die Stärkung der Parteiautonomie (d.h. der Möglichkeit für die Parteien, in internationalen Privatrechtsangelegenheiten das anwendbare Recht selbst zu wählen) und der Verbesserung der Anwenderfreundlichkeit des Gesetzes, bei gleichzeitiger Bewahrung seiner Prägnanz und Flexibilität, soll die Modernisierung sicherstellen, dass die Schweiz auch in Zukunft zu den gefragtesten Standorten für internationale Schiedsgerichte gehören kann.

Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht. 12. Kapitel: Internationale Schiedsgerichtsbarkeit (BRG 18.076)
Dossier: IPRG-Revision: Internationale Schiedsgerichtsbarkeit

Diskussionslos nahm der Nationalrat in der Herbstsession 2018 eine Motion Flach (glp, AG) für ein Sanierungsverfahren für Privatpersonen an. Der Bundesrat soll dazu verschiedene Varianten prüfen und anschliessend einen Gesetzesentwurf vorlegen. In seinem Bericht vom März 2018 in Erfüllung eines Postulats Hêche (sp, JU) war der Bundesrat zum Schluss gekommen, dass diesbezüglich Handlungsbedarf bestehe. Ein Entschuldungsverfahren für Privatpersonen könne den Schuldnern eine Perspektive eröffnen und Fehlanreize beseitigen, wovon auch die Gläubiger und die Gesellschaft als Ganzes profitierten, zitierte der Motionär den Bericht in der Begründung seines Vorstosses. Der Bundesrat hatte sich bereits im Bericht dazu bereit erklärt, auf Aufforderung des Parlaments hier tätig zu werden, weshalb er auch die Motion zur Annahme beantragt hatte.

Sanierungsverfahren für Privatpersonen. Bessere Zukunftsperspektiven für Schuldner und Gläubiger (Mo. 18.3683)

Nach Abschluss des Ehevorbereitungsverfahrens besteht im geltenden Recht noch eine Wartefrist von zehn Tagen, bevor die Ehe geschlossen werden kann. Seit der Abschaffung des Vekündverfahrens erfüllt diese Frist jedoch keinen Zweck mehr. In der Herbstsession 2018 stimmte auch der Nationalrat mit 129 zu 43 Stimmen bei einer Enthaltung der Abschaffung dieser Mitwirkungsfrist zu und schrieb die Motion Caroni (fdp, AR), die Auslöser dieser Gesetzesanpassung war, ab. Wie schon in der Gesamtabstimmung stellte sich auch in der Schlussabstimmung die SVP-Fraktion gegen die entsprechende Änderung des ZGB, welche im Nationalrat somit mit 127 zu 64 Stimmen ausging. Der Ständerat hingegen verabschiedete den Entwurf in der Schlussabstimmung abermals einstimmig.

Änderung des ZGB: Vorbereitung der Eheschliessung und Trauung (BRG 17.065)
Dossier: Unbürokratisches Jawort

In der Herbstsession 2018 verlängerte der Nationalrat auf Antrag seiner Rechtskommission die Behandlungsfrist für die parlamentarische Initiative Markwalder (fdp, BE) zum Berufsgeheimnisschutz für Unternehmensjuristinnen und -juristen um zwei Jahre. Die Kommission hatte ihren Antrag damit begründet, dass das Anliegen der Initiative weiterhin berechtigt sei, man aber der bevorstehenden Revision der Zivilprozessordnung nicht mit einer solchen punktuellen Änderung vorgreifen solle.

Berufsgeheimnisschutz für Unternehmensjuristinnen und -juristen (Pa.Iv. 15.409)
Dossier: Revision der Zivilprozessordnung (2018–)

Mittels Motion brachte Nationalrätin Doris Fiala (fdp, ZH) die Forderung vor, dass Vereine mit internationalen Geldflüssen neu zwingend ins Handelsregister einzutragen seien. Gemäss geltendem Recht sind Vereine, die keine wirtschaftlichen Ziele verfolgen, nicht zur Eintragung im Handelsregister verpflichtet – darunter fallen insbesondere auch Vereine religiösen Zwecks. Mehr Transparenz im Sinne der GAFI-Empfehlung Nummer 8 («Organismes à but non lucratif»), die unter anderem die Eintragungs-, Buchführungs- und Rechnungslegungspflicht auch für Vereine, zumindest für jene mit internationalen Geldflüssen – gegebenenfalls ab einer bestimmten Höhe –, beinhaltete, sei ein wichtiger Baustein im Kampf gegen Geldwäscherei und letztlich auch gegen Terrorismusfinanzierung, so die Motionärin in der Begründung des Vorstosses. Bundesrätin Simonetta Sommaruga wies derweil auf das gute Zeugnis hin, das die GAFI der Schweiz in ihrem vierten Länderbericht ausgestellt habe, und betonte, es befinde sich eine Vorlage zur Umsetzung der letzten GAFI-Empfehlungen in der Vernehmlassung. Diese sehe unter anderem eine Eintragungspflicht ins Handelsregister für Vereine mit erhöhtem Risiko der Terrorismusfinanzierung vor. Die Forderung der Motionärin, die Eintragungspflicht an den internationalen Geldflüssen festzumachen, tangiere indessen auch viele Freiwilligenorganisationen wie Sportvereine, Missionsvereine oder Kinderhilfswerke, was die Motion impraktikabel mache. Dennoch stimmte der Nationalrat der Motion in der Herbstsession 2018 mit 112 zu 63 Stimmen bei 9 Enthaltungen zu.

Vereine mit internationalen Geldflüssen sind neu zwingend ins Handelsregister einzutragen (Mo. 16.4130)

Nachdem der Nationalrat die Motion Herzog (svp, TG) zur Umsetzung gerichtlicher Anordnungen durch Ordnungshaft für die Stärkung des Opferschutzes im Frühjahr 2018 angenommen hatte, wurde sie im Herbst desselben Jahres im Ständerat behandelt. Die RK-SR, welche das Geschäft vorberaten hatte, stellte einstimmig den Antrag zur Ablehnung der Motion. 2018 sei von beiden Kammern bereits das Bundesgesetz über den Schutz gewaltbetroffener Personen angenommen worden, so Kommissionssprecher Daniel Jositsch (sp, ZH). Dieses sehe zur Stärkung des Opferschutzes Massnahmen wie Annäherungs- und Kontaktverbote vor, die mithilfe elektronischer Überwachung durchgesetzt werden. Vor der Beratung weiterer Durchsetzungsmassnahmen wie der Ordnungshaft solle daher erst die Gesetzesneuerung in Kraft treten und ihre Wirkung entfalten können. Wie der Kommissionssprecher anfügte, handle es sich bei der Ordnungshaft zudem um eine eigentliche strafrechtliche Sanktion, welche bei einer Anwendung im Zivilrecht der verpönten Präventionshaft gleichkomme. Der Ständerat lehnte den Vorstoss schliesslich mit 29 zu 1 Stimmen ab.

Umsetzung gerichtlicher Anordnungen. Den Opferschutz stärken (Mo. 17.4239)

In der Herbstsession 2018 befasste sich der Nationalrat mit dem Bundesgesetz über den Schutz gewaltbetroffener Personen, wo die Debatte jedoch deutlich weniger harmonisch verlief als im Erstrat. In der Eintretensdebatte versuchte die SVP-Fraktion, indem verschiedene ihrer Exponenten sechsmal dieselbe Zwischenfrage stellten, das Problem der häuslichen Gewalt zu einem Ausländerproblem zu stilisieren und Bundesrätin Simonetta Sommaruga zu einer bestätigenden Aussage zu drängen. Darauf liess sich die Justizministerin jedoch nicht ein und erntete Beifall für ihre Replik: «[W]enn Sie das Problem unbedingt bezeichnen wollen, dann ist es ein Männerproblem». Als diesbezüglich niemand mehr das Wort ergriff, wurde Eintreten ohne Gegenantrag beschlossen.
Die Detailberatung im Nationalrat konzentrierte sich auf drei Punkte: die Weiterbildungsverpflichtung für die Kantone, die Gerichtskosten und die Möglichkeit zur Sistierung des Verfahrens. Einzig bei den Gerichtskosten schuf die grosse Kammer eine Differenz, indem sie der Mehrheit ihrer Rechtskommission folgte und beschloss, dass die Gerichtskosten der unterliegenden Partei auferlegt werden können, wenn diese zu einem Kontakt- oder Rayonverbot oder zu einer elektronischen Überwachungsmassnahme verurteilt wird. Der Entwurf des Bundesrates, dem der Ständerat hier gefolgt war, hatte keine Möglichkeit für eine Überwälzung der Gerichtskosten vorgesehen. In den anderen beiden Punkten schloss sich der Nationalrat dem Beschluss des Ständerates an. Die Kantone sollen, anders als vom Bundesrat ursprünglich angedacht, nicht im Zivilgesetzbuch ausdrücklich dazu verpflichtet werden, für die Weiterbildung von Personen zu sorgen, die im Rahmen ihrer Tätigkeit bei Gerichten oder Kriseninterventionsstellen mit Gewaltschutzfällen zu tun haben. Wie schon der Ständerat war auch die Volkskammer der Ansicht, dass ein solcher Eingriff in die kantonale Souveränität unnötig sei, da die Kantone selber ein Interesse daran hätten, über gut geschultes Personal zu verfügen. Was die Möglichkeit zur Sistierung des Verfahrens betrifft, wurden drei Minderheitsanträge Rickli (svp, ZH) abgelehnt, deren zwei darauf zielten, die Möglichkeit zur Sistierung ganz abzuschaffen und einer die Sistierung nur bei ausgeschlossener Wiederholungsgefahr zulassen wollte. Da man einen Rückfall aber nie mit Sicherheit ausschliessen könne, laufe diese Formulierung auf dasselbe hinaus, argumentierten die Mehrheitsbefürworter, die es als wichtig erachteten, dass dem Opfer nicht jegliche Handlungsmöglichkeit genommen werde. Der Nationalrat blieb deshalb bei der Formulierung des Bundesrates, die auch vom Ständerat gutgeheissen worden war, dass die Staatsanwaltschaft oder die Gerichte ein Verfahren sistieren können, wenn das Opfer darum ersucht und die Sistierung geeignet erscheint, die Situation des Opfers zu stabilisieren oder zu verbessern. Zwei Einzelanträge Feri (sp, AG) und Regazzi (cvp, TI), welche zusätzlich die Berücksichtigung des Wohles allfällig betroffener Kinder verlangten, blieben ebenso chancenlos, da dies sowieso zur Beurteilung der Situation des Opfers gehöre. Die vom Ständerat vorgenommene Anpassung, dass die Kosten einer Überwachungsmassnahme der überwachten Partei auferlegt werden können, hiess die grosse Kammer diskussionslos und stillschweigend gut. Am Schluss ergänzte der Nationalrat auf Antrag seiner Kommission noch eine Bestimmung, dass der Bundesrat die Zweckmässigkeit und Wirksamkeit der beschlossenen Änderungen und Massnahmen überprüfen und dem Parlament darüber spätestens vier Jahre nach Inkrafttreten Bericht erstatten und gegebenenfalls Verbesserungen vorschlagen muss. In der Gesamtabstimmung nahmen 122 Nationalrätinnen und Nationalräte die Vorlage an, während sie die 62 Vertreterinnen und Vertreter der SVP-Fraktion geschlossen ablehnten.

Bundesgesetz über den Schutz gewaltbetroffener Personen (BRG 17.062)
Dossier: Verbesserung des Schutzes für Stalking-Opfer

Mit der Überweisung eines Postulats Ruiz (sp, VD) verlangte der Nationalrat vom Bundesrat einen Bericht, der die Folgen der Einführung einer dritten Geschlechtsidentität für die schweizerische Rechtsordnung und für das elektronische Personenstandsregister «Infostar» aufzeigt. Darüber hinaus soll der Bericht auch die Konsequenzen prüfen, die ein vollständiger Verzicht auf die Geschlechtsangabe im Personenstandsregister sowie ein vorübergehender Aufschub des Eintrags bei Neugeborenen, deren Geschlecht nicht eindeutig festgestellt werden kann, nach sich ziehen würden. Neben der Eruierung der notwendigen Änderungen an Rechtstexten und Registern sollen auch die zu erwartenden Kosten und der benötigte Zeitaufwand für die Umstellung beziffert werden. Der Vorstoss war wie das ähnliche Postulat Arslan (basta, BS; 17.4121) von SVP-Nationalrat Yves Nidegger erfolglos bekämpft worden. Mit 105 zu 79 Stimmen bei 5 Enthaltungen nahm die grosse Kammer den Vorstoss im Herbst 2018 an und folgte damit auch dem Antrag des Bundesrats. «Es lohnt sich, diese Fragen anzuschauen», hatte Justizministerin Simonetta Sommaruga ihre Ausführungen im Rat geschlossen.

Einführung einer dritten Geschlechtsidentität. Folgen für die Rechtsordnung und für Infostar (Po. 17.4185)

Stillschweigend nahm der Ständerat im Herbst 2018 eine Motion Hêche (sp, JU) an, die Personen ohne konkrete Aussicht auf eine Schuldentilgung eine schnelle wirtschaftliche Wiedereingliederung ermöglichen sollte. Viele überschuldete Personen ohne Aussicht auf eine Entschuldung würden heute das ganze Leben lang bis auf das betreibungsrechtliche Existenzminimum gepfändet, wie es der Bericht des Bundesrates «Sanierungsverfahren für Privatpersonen» aufzeige. Solche Personen würden vom wirtschaftlichen Leben ausgeschlossen und hätten keine Aussicht auf ein schuldenfreies Leben mehr. Damit sei Überschuldung sowohl ein Armutsfaktor als auch ein Kostenfaktor für die öffentliche Hand. Die Schweiz brauche ein Sanierungsverfahren, um überschuldeten Privatpersonen eine Chance auf eine schuldenfreie Zukunft zu bieten. Der Bericht des Bundesrates zeige weiter, dass es solche Verfahren bereits in vielen OECD-Ländern gebe, wo sie die Zahlungsmoral nicht beeinträchtigten, sondern die wirtschaftliche Tätigkeit förderten, so die Begründung des Motionärs. Auch der Bundesrat hatte die Annahme der Motion beantragt, hatte er in seinem Bericht doch ebenfalls gesetzgeberischen Handlungsbedarf erkannt.

Wirtschaftliche Wiedereingliederung von Personen ohne konkrete Aussicht auf eine Schuldentilgung (Mo. 18.3510)

Mit einer parlamentarischen Initiative forderte Nationalrat Jean-Luc Addor (svp, VS), dass Beistandspersonen nach dem Tod der verbeiständeten Person mit einer Vertretungsbefugnis ausgestattet werden. Die RK-NR beantragte ihrem Rat, der Initiative keine Folge zu geben, da sie dem Sinn und Zweck des Erwachsenenschutzrechtes widerspreche. Die grosse Kammer folgte in der Herbstsession 2018 dem Antrag ihrer Kommission und gab der Initiative nach kurzer Debatte mit 123 zu 67 Stimmen bei 4 Enthaltungen keine Folge. Als einzige Fraktion sprach sich jene der SVP mehrheitlich für die Vorlage aus.

Befugnisse von Beistandspersonen nach dem Tod der verbeiständeten Person (Pa.Iv. 17.465)

Mit der Begründung, dass die Motion Wehrli (fdp, VD) das Problem der zunehmenden Zahl von sozialhilfebedürftigen jungen Erwachsenen nicht löse, beantragte die Rechtskommission des Ständerates die Ablehnung der Motion. Sie verwies dabei auf einen vom BSV veröffentlichten Bericht zur Prävention und Bekämpfung von Armut. Wie Kommissionssprecher Robert Cramer (gp, GE) ausführte, verstärke die Ausweitung der Unterhaltspflicht für Eltern von mittellosen 18- bis 25-jährigen Kindern, welche nicht in Ausbildung sind, das Problem weiter. So würde der Sozialhilfebezug der jungen Erwachsenen zeitlich nur nach hinten verschoben und nicht verhindert. Zudem bestehe die Gefahr, dass die zusätzliche Unterhaltspflicht dazu führe, dass anstelle der Kinder die Eltern Sozialhilfe beziehen müssten. Der Ständerat folgte dem Antrag der RK-SR und lehnte die Motion ab.

Kindesunterhalt. Änderung von Artikel 277 ZGB, um die Ungleichbehandlung von Eltern mit Kindern in Ausbildung und Eltern mit Kindern, die nicht in Ausbildung sind, zu beseitigen (Mo. 16.3212)

Ende August 2018 veröffentlichte der Bundesrat die Botschaft zur ersten Etappe der Erbrechts-Revision, mit der das im Wesentlichen von Anfang des 20. Jahrhunderts datierende geltende Recht den veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen angepasst werden soll. Hauptneuerung der Revision ist die grössere Verfügungsfreiheit der erblassenden Person durch die Verkleinerung der Pflichtteile. Insbesondere entfiele damit neu der Pflichtteil für die Eltern und würde derjenige der Nachkommen reduziert. Unverändert bliebe jedoch der Pflichtteil für Ehegattinnen und Ehegatten bzw. eingetragene Partnerinnen und Partner, nachdem eine Reduktion hier in der Vernehmlassung auf deutlich mehr Kritik gestossen war. Anstelle des im Vorentwurf vorgesehenen und in der Vernehmlassung eher skeptisch aufgenommenen Unterhaltsvermächtnisses umfasst der Entwurf zudem eine neue Härtefallregelung für faktische Lebensgemeinschaften in Form eines Unterstützungsanspruchs: Um zu vermeiden, dass die faktische Lebenspartnerin oder der faktische Lebenspartner der verstorbenen Person auf Sozialhilfe angewiesen ist, obwohl der Nachlass genügend Vermögen umfassen würde, soll ihr bzw. ihm ein beschränkter Betrag zulasten der Erbschaft zukommen, mit dem das Existenzminimum gedeckt werden kann. Des Weiteren soll durch die Klärung verschiedener umstrittener Punkte, wie der Behandlung von Säule-3a-Guthaben und von ehe- oder vermögensvertraglichen Vorschlagszuweisungen sowie der Reihenfolge der Herabsetzungen, die Rechtssicherheit verbessert werden.
Anders als im Nachgang zur Vernehmlassung angekündigt, ist die Erleichterung der erbrechtlichen Unternehmensnachfolge nicht Teil des Entwurfs, da sie zahlreiche Gesetzesbestimmungen tangiert, die nicht Gegenstand des Vorentwurfs waren. In der Botschaft kündigte der Bundesrat deshalb an, im Anschluss an die vorliegende Revision eine separate Vernehmlassung zur erbrechtlichen Unternehmensnachfolge durchführen zu wollen. Keine Änderungen vorgesehen sind bezüglich der Erbfolge bei Patchworkfamilien – eine Prüfung ebendieser war vom Parlament per Postulat verlangt worden; der Bundesrat habe verschiedene Lösungsansätze geprüft, sei aber zum Schluss gekommen, dass das Anliegen des Postulats nicht durch eine Änderung des Erbrechts der Eheleute und eingetragenen Partnerinnen und Partner erfüllt werden könne. Vielmehr biete das geltende Recht bereits Möglichkeiten, um zu verhindern, dass Kinder aus einer früheren Beziehung durch die neue Ehe oder eingetragene Partnerschaft in der Erbfolge benachteiligt würden, so die Begründung in der Botschaft.

Revision des Erbrechts (BRG 18.069)
Dossier: Revision des Erbrechts (2016– )