Mit der Revision des Verjährungsrechts, welches im Wesentlichen nach wie vor auf dem Obligationenrecht von 1881 basiert, sollen insbesondere verschiedene Verjährungsfristen auf ihre heutige Tauglichkeit hin überprüft werden. In seinem Entwurf schlug der Bundesrat drei zentrale Änderungen vor: Die relative Verjährungsfrist sollte von einem auf drei Jahre erhöht und die absolute Verjährungsfrist von zehn auf dreissig Jahre verlängert werden, um damit auch Spätschäden gerecht zu werden. Als Drittes wollte er im Interesse der Einheitlichkeit und Einfachheit des Verjährungsrechts die heute für einige besondere Vertragsverhältnisse bestehende fünfjährige Verjährungsfrist auf zehn Jahre erstrecken und somit der allgemeinen vertragsrechtlichen Verjährungsfrist anpassen. In der Wintersession 2015 beriet die kleine Kammer als Zweitrat über die Vorlage.
Die Verlängerung der relativen Verjährungsfrist war wie schon zuvor im Nationalrat auch im Ständerat unumstritten. Demgegenüber gab die Erhöhung der absoluten Verjährungsfrist mit Hinblick auf Spätschäden – insbesondere Asbestfälle – Anlass zu ausgedehnten Diskussionen. Der Nationalrat hatte hier eine Verjährungsfrist von zwanzig Jahren beschlossen, was für den Ständerat aber nicht in Frage kam. Die Mehrheit der RK-SR beantragte ihrem Rat, die dreissigjährige Verjährungsfrist, wie sie vom Bundesrat vorgesehen worden war, zu übernehmen. Eine Minderheit setzte sich für das Verbleiben bei der heute geltenden Frist von zehn Jahren ein. Sie argumentierte, dass selbst eine dreissigjährige Verjährungsfrist nicht ausreiche, um Langzeitschäden abzudecken und ausserdem die Aktenaufbewahrungspflicht unverändert zehn Jahre betrage, was zu prozessualen Schwierigkeiten aufgrund mangelnder Beweise führe. Eine knappe Mehrheit der Ratsmitglieder liess sich von der Argumentation der Kommissionsminderheit überzeugen und verwarf mit 23 zu 21 Stimmen bei 0 Enthaltungen die Erhöhung der absoluten Verjährungsfrist auf dreissig Jahre. Auch die dritte Änderung, die Aufhebung der fünfjährigen Sonderfrist für bestimmte Vertragsverhältnisse, wurde von der Kantonskammer abgelehnt, obwohl ihr ihre Kommissionsmehrheit das Gegenteil beantragt hatte.
Ein letzter Streitpunkt zeigte sich in den Übergangsbestimmungen. Nachdem der EGMR geurteilt hatte, dass das Schweizer Verjährungsrecht nicht EMRK-konform sei, weil es einem Asbestopfer keinen Zugang zu einem Gericht gewähre, nahm sich die RK-SR der Asbestproblematik im Besonderen an. Dazu setzte sie Übergangsbestimmungen ein, denen zufolge das neue Verjährungsrecht unter gewissen Voraussetzungen rückwirkend zur Anwendung kommen kann. Diese Rückwirkung soll jedoch nur subsidiär zum Zuge kommen, soweit kein Sonderregime zur angemessenen Entschädigung von durch Asbest verursachten Personenschäden besteht. Über ein solches Sonderregime in Form eines Fonds zur Entschädigung von Asbestopfern wird zur Zeit an einem Runden Tisch mit Vertretern der Asbestproblem-Verursacher verhandelt, welcher im März 2015 zum ersten Mal tagte. Der Lösungsvorschlag mit einer subsidiären Rückwirkungsklausel fand im Rat breite Zustimmung. In der Gesamtabstimmung überwies die kleine Kammer den Entwurf einstimmig wieder an den Nationalrat zur Differenzbereinigung.
Dossier: Revision des Verjährungsrechts 2013–2018