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Wenige Tage nach den Schlussabstimmungen in den eidgenössischen Räten gaben die SP und die Grünen bekannt, das bereits länger angekündigte Referendum gegen die E-ID zu unterstützen. Dieses richtet sich nicht gegen die E-ID selbst, aber gegen deren Vertrieb durch Private, wie ihn das Gesetz vorsieht. Umfragen zufolge bevorzugten grosse Teile der Bevölkerung eine rein staatliche E-ID – gemäss der jüngsten Erhebung des Digital Democracy Lab der Universität Zürich sogar 82 Prozent der Befragten, und zwar über alle Parteien und Altersgruppen hinweg. Lanciert wurde die Unterschriftensammlung am 8. Oktober 2019 von einem Komitee um die Digitale Gesellschaft, die Kampagnenplattformen Wecollect und Campax sowie den Verein PublicBeta. So sprach Daniel Graf von Wecollect gegenüber dem Tages-Anzeiger auch von einer «Bürgerinitiative», zeigte sich aber dennoch erfreut über die Unterstützung zweier etablierter Parteien. Vonseiten der SP und der Grünen wurde indes klargemacht, dass das Referendum gegen die E-ID derzeit nicht die erste Priorität geniesse; bei der SP liege diese auf dem Referendum gegen die höheren Kinderabzüge, bei den Grünen auf jenem gegen das neue Jagdgesetz, berichtete der Tages-Anzeiger. Neben den bisher Genannten zählten zudem die Piratenpartei, der VPOD, die Internet Society Switzerland, Grundrechte.ch sowie mehrere Organisationen für Senioreninteressen zu den Unterstützern. Nicht am Referendum beteiligen wollte sich hingegen die Stiftung für Konsumentenschutz, die sich während der parlamentarischen Beratung ebenfalls für eine staatliche E-ID eingesetzt hatte. Man sei zwar nicht glücklich mit der privaten Lösung, liess die Stiftung in der NZZ verlauten, aber das Parlament habe das Gesetz, auch auf Intervention der Stiftung hin, in zentralen Punkten entscheidend verbessert.

E-ID-Gesetz
Dossier: Elektronische Identität

Nachdem der Nationalrat in der Frühjahrssession 2019 den vom Bundesrat eingeschlagenen Weg in Richtung E-ID fast unverändert weitergegangen war, wurde in den Medien diskutiert, ob die E-ID, wenn sie wie im Gesetzesentwurf vorgesehen von privaten Anbietern herausgegeben wird, auf genügend Vertrauen in der Bevölkerung stossen werde. In diesem Zusammenhang wurden vor allem Datenschutzbedenken vorgebracht, da der private Herausgeber der E-ID auch über deren Nutzung Bescheid wüsste. Da diese Daten mit erheblichem Missbrauchspotenzial behaftet sind, wurde angezweifelt, dass die Schweizerinnen und Schweizer diese in die Hände von privaten Anbietern legen wollten. Um aufzuzeigen, «dass die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung nicht hinter einer E-ID steht, die von privaten Firmen herausgegeben wird», so Daniel Graf gegenüber der NZZ, lancierten Grafs Politikplattform Wecollect, die Stiftung für Konsumentenschutz und die Digitale Gesellschaft eine repräsentative Umfrage.
Ebendiese Umfrage förderte Ende Mai zutage, dass das Konzept des Bundesrates mit den privaten Identity Providern bei der Schweizer Stimmbevölkerung durchfällt. 87 Prozent der 973 Befragten wünschten sich, die E-ID solle vom Staat herausgegeben werden, wohingegen sich nur 2 Prozent für die privatwirtschaftliche Lösung aussprachen. 75 Prozent der Befragten haben in Bezug auf den Datenschutz das grössere Vertrauen in den Staat als in private Anbieter; gemäss Sara Stalder, Geschäftsleiterin der SKS, bestehe bei privaten Unternehmen die Gefahr, dass sie die persönlichen Daten für kommerzielle Zwecke nutzten. Die Allianz aus Konsumentenschutzorganisationen, der Digitalen Gesellschaft, dem Verein Public Beta und der Plattform Wecollect erhoffte sich, mit diesen Ergebnissen den Ständerat unter Druck zu setzen, die Gesetzesvorlage in der bevorstehenden Sommersession an den Bundesrat zurückzuweisen, damit dieser ein neues Konzept erarbeite.
Die RK-SR befasste sich in der Zwischenzeit mit dem Gesetz, lehnte einen entsprechenden Rückweisungsantrag ab und unterstützte einstimmig die Einsetzung einer unabhängigen Aufsichtskommission (Eidcom, nach dem Vorbild der Comcom), die anstatt der vom Bundesrat vorgesehenen Verwaltungsstelle mit der Anerkennung und Überwachung der privaten Identity Provider betraut werden soll. Hinter diesem bereits im April vom Präsidenten der Swiss Data Alliance ins Spiel gebrachten Vorschlag steht die Hoffnung, die unabhängige Kontrollstelle möge das Vertrauen der Bevölkerung in die von Privaten angebotene E-ID stärken. David Basin, Leiter der Gruppe für Informationssicherheit an der ETH Zürich, und der Kryptologe Jan Camenisch kritisierten in der NZZ unterdessen, dass das Gesetz keine Mindeststandards für den Datenschutz festlege. Ihrer Einschätzung nach wäre es technisch gesehen sogar möglich, die E-ID so zu realisieren, dass die privatwirtschaftlichen Anbieter gar keine Kenntnis davon erlangen, wann und wo die E-ID zum Einsatz kommt. Da so gar keine Nutzungsdaten anfielen, könnten diese auch nicht gehackt oder weiterverkauft werden, was dem Vertrauen der Nutzerinnen und Nutzer zuträglich sein sollte. Ob man das Referendum ergreifen werde, sollte sich die privatwirtschaftliche Lösung im Parlament letztlich durchsetzen, liess die Gegner-Allianz vorerst noch offen.

E-ID-Gesetz
Dossier: Elektronische Identität

Im September 2013 wurde bekannt, dass in zwei ehemaligen Rechenzentren der Swisscom Backup-Tapes mit grossen Datenmengen entwendet worden waren. Die Swisscom bemerkte den Diebstahl erst nach einer Anfrage der NZZ, welcher die Daten von einem Unbekannten zugespielt worden waren. Die Telecom-Anbieterin reichte daraufhin bei der Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland eine Strafanzeige gegen Unbekannt ein und informierte den Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten. Im Dezember wurde das Strafverfahren sistiert. Die Swisscom konnte sich nicht erklären, wie die Daten entwendet werden konnten. Zwischen der NZZ und der Swisscom entbrannte ein Streit darüber, ob die Zeitung über den Inhalt der Datenbänder hätte berichten dürfen. Im Dezember verhinderte die Swisscom die Publikation weiterer Artikel und erwirkte vom Handelsgericht des Kantons Bern eine superprovisorische Verfügung gegen weitere Veröffentlichungen. Die NZZ erwog dies anzufechten, weil laut Experten für Informationsrecht die Daten auf den Bändern niemandem gehörten und die Swisscom deshalb nicht klageberechtigt sei.

Swisscom Backup-Tapes

Sind Daten das neue Gold der Schweiz? Wie einfach Datenserver überwacht werden können, hängt vom Rechtssystem ab, welchem sie unterliegen, was wiederum durch ihren Standort bedingt ist. In jüngster Zeit wuchs das Interesse in- und ausländischer Firmen an IT-Dienstleistern, deren Server sich auf Schweizer Boden befinden. Denn im Gegensatz zu den USA, die auf der Grundlage des Uniting and Strengthening America by Providing Appropriate Tools Required to Intercept and Obstruct Terrorism Act of 2001 (USA PATRIOT Act) ohne richterliche Verfügung auf Server von US-Firmen zugreifen können, braucht es in der Schweiz eine richterliche Anordnung zur Datenherausgabe.

Server

Auch nach diesem Entscheid sieht Hanspeter Thür noch Handlungsbedarf bezüglich des Datenschutzes. So kritisierte er die automatische Informationsübermittlung an soziale Netzwerke via Social-Media-Buttons, den sogenannten Cookies. Thür ist der Ansicht, dass das zwanzigjährige Datenschutzgesetz den technologischen Entwicklungen bald angepasst werden muss.

Social-Media-Buttons

Auch in der Schweiz formierte sich Widerstand gegen die Unterzeichnung des „Anti-Counterfeiting Trade Agreement“ (Acta), welches 2011 mit dem Ziel, grossangelegte und kommerziell orientierte Fälschung und Piraterie international zu bekämpfen, ausgearbeitet wurde. Die Gegner, unter ihnen die Piratenpartei, die Erklärung von Bern und Amnesty International Schweiz, befürchten die Verletzung von Menschenrechten wie Schutz der Privatsphäre und Meinungsäusserungsfreiheit. Der Bundesrat beschloss im Mai 2012 mit der Unterzeichnung abzuwarten und die Entwicklung im EU-Raum weiterzuverfolgen. Die EU hatte das Abkommen im Januar 2012 unterzeichnet. Vor der Ratifikation soll jedoch der Europäische Gerichtshof die Vereinbarkeit des Abkommens mit dem EU-Recht prüfen.

Acta

Für Aufsehen sorgte die Affäre um den Chef der Bundeskriminalpolizei Michael Perler. Perler hatte 2009 seine russische Lebensgefährtin an ein mehrtätiges Treffen in St. Petersburg mitgenommen und damit die Debatte ausgelöst, ob er ein Sicherheitsrisiko eingegangen war. Sowohl die Fachstelle für Personensicherheitsprüfung im Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) sowie das Bundesverwaltungsgericht schätzten Perler als eine Gefahr für die Staatssicherheit ein. Dieser hatte den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts an das Bundesgericht weitergezogen. Bis zum Urteil des Bundesgerichts befindet sich Perler in bezahltem Urlaub.

Chef der Bundeskriminalpolizei Michael Perler

Neben Google geriet auch Facebook ins Visier des Datenschützers. Anfang Juni 2011 hatte die Internetseite die automatische Gesichtserkennung aktiviert. Hanspeter Thür überlegte sich, dem Netzwerk selber beizutreten, um auf die Gefahren aufmerksam zu machen. Auch Apple geriet unter Druck von Datenschützern und Politik, weil die Firma Aufenthaltsorte von i-Phone-Nutzern erfasst, überträgt und aufbewahrt. Eine internationale Prozedur wurde lanciert und die Schweiz steht in Kontakt mit mehreren Staaten.

Facebook Apple

Während das Bankgeheimnis bröckelt, gewinnt das Datengeheimnis an Bedeutung. Der IT-Dienstleister Green.ch baute für 50 Mio. Franken ein Rechenzentrum zur Speicherung von Daten. Das Datengeheimnis lockt die ausländische Kundschaft, die den Schutz der Privatsphäre in der Schweiz schätzt.

Datengeheimnis

Vor den Beratungen des Nationalrats waren Zeitungsverleger und Journalisten gemeinsam an die Öffentlichkeit getreten, um gegen den Kommissionsentwurf zu protestieren. Wenn schon die Medien nicht aus dem Geltungsbereich des Datenschutzgesetzes ausgeklammert werden sollen, sei es wichtig, das Einsichtsrecht so weit zu präzisieren, dass es nicht zur Verhinderung von Publikationen eingesetzt werden könne. Die Gewerkschaften der Medienschaffenden liessen sich auch durch den Kompromissbeschluss des Nationalrats nicht besänftigen. Sie forderten weiterhin, dass – wie in Deutschland, Osterreich und den Niederlanden – das Datenschutzgesetz nicht auf den Medienbereich angewendet werde.

Zeitungsverleger und Journalisten Datenschutz

Hinter dem Aufruf zum Boykott der Volkszählung stand unter anderem eine «Aktion gegen Datenerfassung». Sie wandte sich nicht nur gegen die geplante Volkszählung, sondern allgemein gegen die Erhebung von Daten. Diese Erhebungen würden ihrer Meinung nach nicht das Wesentliche erfassen und überdies nichts zur Lösung politischer und sozialer Probleme beitragen. Etwas differenzierter waren die Argumente der «Koordination Volkszählungsboykott 90», welche breit über Zweck und praktische Durchführung der Verweigerung informierte und dazu auch eine «Boik Otto» genannte Zeitung herausgab.

Volkszählung 1990

Breite Kreise im Komitee «Schluss mit dem Schnüffelstaat» versuchten, den Fichenskandal mit der Volkszählung in einen Konnex zu bringen. Nach langen internen Diskussionen, in denen sich vor allem die grossen Organisationen (SP, LdU und SGB) gegen eine Verweigerung aussprachen, verzichtete das Komitee auf einen Boykottaufruf. Im Gegensatz zu den erwähnten Parteien schloss sich hingegen die PdA dem Boykottaufruf an. Im Nationalrat nahm Leutenegger Oberholzer (gp, BL) die Argumente der im Komitee unterlegenen Seite wieder auf. Sie schlug in einer Interpellation vor, auf die Durchführung der Volkszählung zu verzichten, bis alle von der Bundesanwaltschaft registrierten Personen vollständige Einsicht in ihre Dossiers erhalten haben. Für den Bundesrat bestand dazu kein Anlass, da weder ein rechtlicher noch ein sachlicher Zusammenhang zwischen den beiden Bereichen bestehe. Die Befragten seien zudem durch das im Rahmen des neuen Bundesgesetzes über die Volkszählung geschaffene Statistikgeheimnis vor der personenbezogenen Verwendung ihrer Angaben geschützt.

Fichenskandal Volkszählung