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Nachdem beide Räte den Bundesbeschluss über die Genehmigung und Umsetzung des Europarats-Übereinkommens zur Terrorismusverhütung und des dazugehörigen Zusatzprotokolls sowie über die Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität einmal beraten hatten, wies die Vorlage noch zwei inhaltliche Differenzen auf. Die erste betraf die explizite Ausnahme der Tätigkeit humanitärer Organisationen aus dem Straftatbestand der organisierten Kriminalität, die zweite die Voraussetzungen für die dynamische Rechtshilfe.
Der Ständerat behielt in der Herbstsession 2020 zunächst beide Differenzen bei, wobei er dem Nationalrat in der Frage der Ausnahme für humanitäre Organisationen ein Stück weit entgegenkam. Die Ratsmehrheit gewichtete die Gefahr der Kriminalisierung von humanitären Aktionen höher als jene, dass die Unterstützung einer kriminellen oder terroristischen Organisation als humanitäre Hilfe getarnt werden könnte und folgte mit 23 zu 17 Stimmen bei einer Enthaltung einer Minderheit Juillard (cvp, JU), die das Anliegen des Nationalrats aufnahm, aber neu formulierte und das IKRK nicht mehr explizit nannte. Die vorzeitige Übermittlung von Informationen und Beweismitteln an ausländische Ermittlungsbehörden (sogenannte dynamische Rechtshilfe) wollte die Ständekammer im Gegensatz zum Nationalrat aber nicht generell, wenn die ausländischen Ermittlungen sonst unverhältnismässig erschwert würden, sondern nur zur Abwendung schwerer und unmittelbarer Gefahr für Leib und Leben sowie nur nach schriftlicher Verpflichtung der ausländischen Behörden, sich an die Einschränkungen zur Verwendung der übermittelten Informationen zu halten, erlauben. Damit liess der Ständerat seine Kommissionsmehrheit mit 23 zu 19 Stimmen und einer Enthaltung auch hier im Regen stehen und hielt an seinem letzten Beschluss fest, wie es eine Minderheit Zopfi (gp, GL) beantragt hatte.
Der Nationalrat konnte mit der Version des Ständerates indes wenig anfangen und entschied mit 111 zu 75 Stimmen bei 9 Enthaltungen, an seiner Ausnahmenorm für humanitäre Organisationen, die das IKRK beispielhaft erwähnt, festzuhalten. Bundesrätin Karin Keller-Sutter hatte sich abermals für die gänzliche Streichung der Bestimmung ausgesprochen und gewarnt, die explizite Ausnahme humanitärer Organisationen könnte ungewollt zur Straflosigkeit führen – etwa wenn ein Fahrer einer humanitären Organisation nicht nur Personen transportiere, sondern auch Waffen für eine Konfliktpartei schmuggle –, blieb damit jedoch Ruferin in der Wüste. Allerdings bewegte sich die grosse Kammer bei der zweiten Differenz etwas auf ihre Schwesterkammer zu, indem sie die dynamische Rechtshilfe auf Fälle von organisierter Kriminalität oder Terrorismus beschränkte. Die darüber hinausgehenden Einschränkungen des Ständerates waren indes gar nicht zur Diskussion gestanden; der Kompromissvorschlag der Kommissionsmehrheit setzte sich mit 140 zu 55 Stimmen gegen eine Minderheit Addor (svp, VS) durch, die beim Entwurf des Bundesrats bleiben wollte. Justizministerin Keller-Sutter erklärte ihre Unterstützung für die Mehrheit «im Sinne der Differenzbereinigung», bedauerte aber, dass die dynamische Rechtshilfe damit in wichtigen Kriminalitätsfeldern wie Drogenhandel, Geldwäscherei und bei Sexualdelikten ausgeschlossen sei.
Da sich die beiden Räte nun in beiden Streitpunkten einen Schritt näher gekommen waren, unterstützte die SiK-SR die vorliegende «Einigungsversion», wie Kommissionssprecher Daniel Jositsch (sp, ZH) erklärte. Sie beantragte ihrem Rat, beide Differenzen auszuräumen, was dieser dann auch stillschweigend tat. In den Schlussabstimmungen wurde der Bundesbeschluss vom Nationalrat mit 128 zu 34 Stimmen bei 34 Enthaltungen und vom Ständerat mit 37 zu 5 Stimmen bei 2 Enthaltungen angenommen. Die Fraktionen der SP und der Grünen vertraten damit auch hier konsequent ihren bereits in der Eintretensdebatte geäusserten Standpunkt, für die Einführung des Gesinnungsstrafrechts, die ihrer Ansicht nach mit dem Verbot des Anwerbens, Ausbildens und Reisens im Hinblick auf eine terroristische Straftat erfolge, nicht Hand zu bieten.

Terrorismus und organisierte Kriminalität: Übereinkommen des Europarates und Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums (BRG 18.071)
Dossier: Strategie der Schweiz zur Terrorismusbekämpfung
Dossier: Internationale polizeiliche Zusammenarbeit
Dossier: Übereinkommen des Europarates zur Verhütung des Terrorismus / Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen organisierte Kriminalität

In der Sommersession 2020 beriet der Nationalrat als Zweitrat die Vorlage zur Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität, die auch die Genehmigung des Europarats-Übereinkommens über die Terrorismusprävention und dessen Zusatzprotokolls beinhaltete. Während die vorberatende SiK-NR die Stossrichtung des Geschäfts mehrheitlich unterstützte, wie deren Sprecher Mauro Tuena (svp, ZH) dem Ratsplenum bekannt gab, beantragte eine Minderheit Schlatter (gp, ZH) die Rückweisung an den Bundesrat, weil sie eine klare Definition von terroristischen Organisationen vermisste und diese nicht der Rechtsprechung überlassen wollte. Welche Organisation terroristisch sei, sei keine juristische, sondern eine politische Entscheidung, begründete die Grüne Nationalrätin ihren Antrag. Zudem forderte sie, dass sich die Strafrechtsverschärfung darauf beschränken müsse, was das internationale Abkommen zwingend verlange. Votantinnen und Votanten gegen die Rückweisung wandten ein, es gebe keine allgemeingültige, globale Definition von Terrorismus, auf die man sich stützen könnte, und betonten das Vertrauen in die Schweizer Justizbehörden. So einig wie die Fraktionen der SP und der Grünen die Rückweisung unterstützen, stellten sich jene der GLP, der Mitteparteien, der FDP und der SVP dagegen, sodass der Antrag mit 127 zu 67 Stimmen deutlich abgelehnt wurde.
In der Detailberatung wandte sich die grosse Kammer in einem ersten Block den Änderungen im Nachrichtendienstgesetz zu und erörterte die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Bundesrat eine Organisation, die die innere oder äussere Sicherheit der Schweiz bedroht, verbieten können soll. Eine Minderheit Addor (svp, VS) blieb mit der Forderung, dass der Bundesrat dies im Sinne von mehr Sicherheit und Souveränität allein entscheiden können müsse, erfolglos. Die Mehrheit blieb beim Entwurf des Bundesrates, demgemäss sich ein Verbot auf einen Verbots- oder Sanktionsbeschluss der UNO gegen die fragliche Gruppierung stützen muss. Diese Bedingung sei wichtig für die Neutralität der Schweiz, erläuterte Bundesrätin Karin Keller-Sutter, weil sonst andere Staaten die Schweiz politisch oder diplomatisch unter Druck setzen könnten, eine bestimmte Organisation zu verbieten.
Im zweiten Block widmete sich der Nationalrat den Anpassungen im Strafrecht. Der mit sechs Minderheitsanträgen meistdiskutierte Artikel 260ter StGB definiert den Tatbestand der Beteiligung an und Unterstützung einer kriminellen bzw. terroristischen Organisation und legt das einschlägige Strafmass fest. Die Kommissionsmehrheit wich mit ihrem Vorschlag insofern von der ständerätlichen Fassung ab, als sie humanitäre Dienste einer unparteiischen humanitären Organisation wie dem IKRK explizit von der Strafbarkeit ausschliessen wollte. Dieser Vorschlag setzte sich deutlich gegen alle Minderheitsanträge durch, sowohl jene, die diese Ausnahmebestimmung für humanitäre Organisationen einerseits als überflüssig oder andererseits mit der Nennung des IKRK als zu eng gefasst in Frage stellten, als auch jene, die den Strafrahmen insgesamt verkleinern, den Kampf für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit nicht als Terrorismus klassifizieren, die zusätzliche Bestrafung für weitere im Rahmen einer Organisation begangene Straftaten explizit machen oder die Definition terroristischer Organisationen ganz streichen wollten. Der zweite grosse Streitpunkt der Vorlage lag im neuen Art. 260sexies StGB, der die Anwerbung und Ausbildung sowie das Reisen im Hinblick auf eine terroristische Straftat unter Strafe stellt. Eine Minderheit Seiler Graf (sp, ZH) wollte den ganzen Artikel streichen, weil sie diese Vorverlagerung der Strafbarkeit als rechtsstaatlich problematisch ansah. Man befinde sich hier «definitiv im Gesinnungsstrafrecht», urteilte die Antragstellerin. Terroristen liessen sich kaum durch eine Strafandrohung abschrecken; Prävention und Ursachenbekämpfung – etwa gestützt auf den Nationalen Aktionsplan zur Verhinderung und Bekämpfung von Radikalisierung und gewalttätigem Extremismus – wären an dieser Stelle zielführender als repressive Massnahmen, schloss sie. Im Gegensatz dazu bezeichnete Justizministerin Keller-Sutter den umstrittenen Artikel als «de[n] zentrale[n] Pfeiler des Europaratsübereinkommens» und dessen Streichung als «empfindlich[e] Schwächung des Strafrechts». Gegen die bis auf eine Ausnahme (Philipp-Matthias Bregy, cvp/VS) geschlossen stimmenden Fraktionen der bürgerlichen Parteien sowie der Grünliberalen blieb das links-grüne Lager schliesslich chancenlos.
Der dritte und letzte Block betraf die Änderungen im Rechtshilfegesetz. Auch hier folgte der Nationalrat in allen Punkten seiner Kommissionsmehrheit und lehnte drei Minderheitsanträge Roth (sp, SO) hochkant ab, die internationale Rechtshilfe bei Steuerhinterziehung zulassen, die Voraussetzungen für die vorzeitige Übermittlung von Informationen und Beweismitteln an ausländische Ermittlungsbehörden (sog. dynamische Rechtshilfe) erhöhen und grenzüberschreitende Ermittlungsgruppen der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft unterstellen wollten. Bei den Bedingungen für die dynamische Rechtshilfe kehrte der Nationalrat diskussionslos zu den lockereren Voraussetzungen des Bundesrats zurück, anstatt sich der vom Ständerat beschlossenen Verschärfung anzuschliessen.
In der Gesamtabstimmung nahm die grosse Kammer die gegenüber dem Ständerat in zwei Punkten veränderte Vorlage mit 127 zu 54 Stimmen bei 13 Enthaltungen an. Die Fraktionen der SP und der Grünen machten damit ihre bereits in der Eintretensdebatte geäusserte Drohung wahr, dem Entwurf ihre Zustimmung zu verweigern, sollten die Tatbestände des Anwerbens, Ausbildens und Reisens im Hinblick auf einen Terrorakt im Strafgesetzbuch festgeschrieben werden. Stillschweigend schrieb der Nationalrat zudem die beiden Motionen 14.4187 für die Ratifizierung des Europaratseinkommens zur Terrorismusverhütung und 15.3008 für wirksamere Strafbestimmungen zur Verfolgung der organisierten Kriminalität ab.

Terrorismus und organisierte Kriminalität: Übereinkommen des Europarates und Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums (BRG 18.071)
Dossier: Strategie der Schweiz zur Terrorismusbekämpfung
Dossier: Internationale polizeiliche Zusammenarbeit
Dossier: Übereinkommen des Europarates zur Verhütung des Terrorismus / Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen organisierte Kriminalität

Wie vom Ständerat im Rahmen der Rückweisung gefordert, wiederholte die SiK-SR im Februar 2020 die Detailberatung der Vorlage zur Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität (Genehmigung und Umsetzung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung des Terrorismus mit dem dazugehörigen Zusatzprotokoll) unter Einbezug eines Mitberichts der RK-SR. Im Zuge dessen beschloss sie, an allen ihren ursprünglichen Anträgen festzuhalten, wobei die Anträge der RK-SR zum Teil von Minderheiten der SiK-SR vertreten wurden.
Der Ständerat beugte sich somit in der Frühjahrssession 2020 als Erstrat über den Entwurf. Die Debatte beschränkte sich auf fünf neuralgische Punkte: Erstens stand die Frage im Raum, ob beim Strafmass zwischen der Beteiligung an einer kriminellen und der Beteiligung an einer terroristischen Organisation unterschieden werden soll, wie es im Entwurf des Bundesrates mit Höchststrafen von fünf bzw. zehn Jahren vorgesehen war, oder ob die Beteiligung an beiden Arten von Organisationen einheitlich mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren geahndet werden soll, wie es die Mehrheit der SiK-SR beantragte. Die Ratsmehrheit war der Ansicht, dass zwischen «gewöhnlichen» kriminellen und terroristischen Organisationen kein grundsätzlicher Unterschied in der Gefährlichkeit für die Gesellschaft bestehe und unterstützte den Antrag der Kommissionsmehrheit.
Zweitens entschied die Kantonskammer, dass die Unterstützung einer solchen Organisation in ihrer Tätigkeit generell, und nicht nur spezifisch «in ihrer verbrecherischen Tätigkeit», strafbar sein soll. Sie folgte damit ihrer Kommissionsmehrheit und dem Bundesrat und lehnte den entsprechenden Minderheitsantrag Sommaruga (sp, GE), der beim geltenden Recht bleiben wollte und auch von der Mehrheit der RK-SR unterstützt worden war, ab. Der Genfer Ständerat hatte sich besorgt gezeigt, dass humanitäre Organisationen der Unterstützung einer terroristischen Organisation beschuldigt werden könnten, wenn sie humanitäre Hilfe leisteten, die vielleicht indirekt auch einer terroristischen Organisation zugutekomme. Bundesrätin Karin Keller-Sutter hatte jedoch versichert, die neutrale und unabhängige Hilfe an die Opfer von Konflikten bleibe straflos, denn der Vorsatz zur Unterstützung der Organisation – in Form von Wissen und Willen – müsse zur Erfüllung des Tatbestands gegeben sein.
Drittens bestätigte die Ständekammer den neuen Tatbestand des Anwerbens, Ausbildens und Reisens im Hinblick auf eine terroristische Straftat und lehnte eine Minderheit Zopfi (gp, GL) ab, für die die neue Bestimmung zu nah am Gesinnungsstrafrecht lag. Die Justizministerin hatte dieses Argument nicht gelten lassen, da nur das Anwerben, nicht aber das Sich-anwerben-lassen unter Strafe gestellt werde, und damit eine breite Ratsmehrheit überzeugt.
Viertens erörterte die kleine Kammer die Möglichkeit zur vorzeitigen Übermittlung von Informationen und Beweismitteln an ausländische Behörden zur Ermittlung in einem Terrorismusverfahren, die der Bundesrat neu im Rechtshilfegesetz vorgesehen hatte. Ständerat Beat Rieder (cvp, VS) verlieh mit seinem Einzelantrag den Einwänden des Anwaltsverbands Ausdruck, diese neue Regelung gleiche einem «Dammbruch» beim Rechtsschutz im Rechtshilfeverfahren, weil die Übermittlung von Informationen so nicht mehr oder erst viel später richterlich überprüft werden könne und somit faktisch alleine die Staatsanwälte über die Gewährung von Rechtshilfe entscheiden könnten. Um den Rechtsschutz besser zu garantieren, beantragte er, die vorzeitige Übermittlung nur zur Abwehr von schweren, unmittelbaren Gefahren für Leib und Leben – da sei, so räumte er ein, «schnelles Handeln angesagt» – und nicht zur Abwehr jeglicher auslieferungsfähiger Straftaten zu erlauben. Mit 26 zu 17 Stimmen folgte die Ständekammer diesem Antrag Rieder; Bundesrätin Keller-Sutter hatte vergeblich argumentiert, dass nicht alle Terrorakte eine direkte Gefahr für Leib und Leben darstellten, so etwa Cyberattacken oder Angriffe auf die Infrastruktur, aber dennoch enormen Schaden verursachen könnten.
Fünftens bestätigte die Ständeratsmehrheit den neuen Abschnitt über internationale gemeinsame Ermittlungsgruppen im Rechtshilfegesetz und lehnte einen Einzelantrag Hefti (fdp, GL) auf Streichung der entsprechenden Bestimmungen ab, nachdem die EJPD-Vorsteherin erklärt hatte, es handle sich hierbei um die Niederschrift der bereits gängigen Praxis.
In der Gesamtabstimmung nahm die kleine Kammer die gegenüber dem Bundesratsentwurf in zwei Punkten veränderte Vorlage einstimmig (bei acht Enthaltungen) an. Stillschweigend stimmte sie auch der Abschreibung der beiden Motionen 14.4187 zur Ratifizierung des Europaratseinkommens zur Verhütung von Terrorismus und 15.3008 für wirksamere Strafbestimmungen zur Verfolgung der organisierten Kriminalität zu.

Terrorismus und organisierte Kriminalität: Übereinkommen des Europarates und Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums (BRG 18.071)
Dossier: Strategie der Schweiz zur Terrorismusbekämpfung
Dossier: Internationale polizeiliche Zusammenarbeit
Dossier: Übereinkommen des Europarates zur Verhütung des Terrorismus / Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen organisierte Kriminalität

Der Ständerat befasste sich in der Wintersession 2019 als Erstrat mit dem Bundesbeschluss über die Genehmigung und die Umsetzung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung des Terrorismus mit dem dazugehörigen Zusatzprotokoll sowie über die Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität. Das Übereinkommen verbietet einerseits Dschihad-Reisen sowie die Rekrutierung und Ausbildung von Terroristinnen und Terroristen und strebt andererseits Verbesserungen in der internationalen Zusammenarbeit in den Bereichen Rechtshilfe und Auslieferung an. Die Umsetzung dieser Bestimmungen macht eine Anpassung des schweizerischen Strafrechts und weiterer Gesetze notwendig. Die Kantonskammer trat oppositionslos auf das Geschäft ein, gab sodann aber mit 33 zu 12 Stimmen einem Einzelantrag Rieder (cvp, VS) auf Rückweisung des Geschäfts an die Kommission statt. Damit wurde die SiK-SR beauftragt, das Geschäft unter Einbezug eines Mitberichts der RK-SR erneut zu beraten. Da das Geschäft mit dem Ziel der Terrorismusbekämpfung zwar unbestritten die Sicherheitspolitik, mit der Umsetzung im Strafrecht aber auch die traditionelle Domäne der Rechtskommission betreffe, handle es sich um eine «Schnittstellenproblematik» zwischen den beiden Kommissionen, waren sich sowohl SiK-Berichterstatter Daniel Jositsch (sp, ZH) als auch Antragssteller und RK-Mitglied Rieder einig. Die ständerätliche Rechtskommission solle die strafrechtlichen Massnahmen unter dem Aspekt des Rechtsschutzes, u.a. des Grundrechts- und des Menschenrechtsschutzes, der Bürgerinnen und Bürger beurteilen, und so das Gesamtbild der Vorlage ergänzen. Stein des Anstosses war die Kritik des Anwaltsverbands gewesen, dass mit der angedachten Dynamisierung der Rechtshilfe die Staatsanwältinnen und -anwälte künftig vorzeitig und ohne richterliche Überprüfung Informationen an ausländische Ermittlungsbehörden weitergeben dürften, und zwar nicht nur bei Terrorismus, sondern auch bei anderen Straftaten, die Rechtshilfe erlauben.

Terrorismus und organisierte Kriminalität: Übereinkommen des Europarates und Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums (BRG 18.071)
Dossier: Strategie der Schweiz zur Terrorismusbekämpfung
Dossier: Internationale polizeiliche Zusammenarbeit
Dossier: Übereinkommen des Europarates zur Verhütung des Terrorismus / Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen organisierte Kriminalität

Nachdem die Vorlage in der Vernehmlassung insgesamt sehr gut angekommen war – von 60 Teilnehmenden hatten nur drei das Vorhaben abgelehnt –, wies die Botschaft des Bundesrates zur Genehmigung und Umsetzung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung des Terrorismus mit dem dazugehörigen Zusatzprotokoll sowie zur Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität keine grundlegenden Unterschiede zum Vorentwurf auf. Der Bundesrat verabschiedete sie Mitte September 2018 zuhanden des Parlaments. Der Kern der Vorlage war die Einführung einer neuen Strafbestimmung, die das Vorfeld von geplanten terroristischen Handlungen abdeckt, indem sie konkret die Anwerbung und Ausbildung von Terroristinnen und Terroristen, das Reisen für terroristische Zwecke und die entsprechende Finanzierung unter Strafe stellt. Über die Anforderungen der Abkommen des Europarats hinaus beinhaltete der Entwurf zudem die Revision der Strafnorm gegen kriminelle Organisationen (Art. 260ter StGB), sodass neu auch terroristische Organisationen davon erfasst werden und bei Verstoss höhere Strafen drohen. Des Weiteren waren auch Anpassungen im Rechtshilfe- und im Geldwäschereigesetz angedacht, wobei letztere insbesondere die Terrorismusfinanzierung erschweren und damit auch der entsprechenden Kritik der GAFI begegnen sollten.

Terrorismus und organisierte Kriminalität: Übereinkommen des Europarates und Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums (BRG 18.071)
Dossier: Strategie der Schweiz zur Terrorismusbekämpfung
Dossier: Internationale polizeiliche Zusammenarbeit
Dossier: Übereinkommen des Europarates zur Verhütung des Terrorismus / Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen organisierte Kriminalität

In der Wintersession 2017 nahmen die beiden Räte die Differenzbereinigung bei der Änderung des ZGB zur Ausweitung der Meldepflichten und Melderechte im Kindesschutz in Angriff. Der Nationalrat trat nach einer emotional geführten Debatte mit 102 zu 92 Stimmen bei 2 Enthaltungen auf die Vorlage ein. Als Erstrat hatte er im April 2016 Eintreten noch verweigert. Ausschlaggebend für das nun gegenteilige Ergebnis war, dass sich diesmal die FDP-Fraktion nicht geschlossen gegen Eintreten stellte. Sechs freisinnige Abweichler genügten, damit der Nationalrat entschied, sich der Vorlage anzunehmen. Bei der Detailberatung traten FDP und SVP dann wieder geschlossen auf und erwirkten zusammen eine Verschärfung der Bedingungen für das Melderecht und die Meldepflicht. Diese sollen nun erst bei «konkreten Hinweisen» auf Kindsmisshandlung zur Geltung kommen. Die grosse Kammer setzte sich damit über den Willen des Bundesrates, seiner Rechtskommission und des Ständerats hinweg.
Der Ständerat hielt daraufhin jedoch an seiner ursprünglichen Formulierung fest, wonach das Melderecht schon greifen soll, wenn die körperliche, psychische oder sexuelle Integrität des Kindes «gefährdet erscheint».
Weil anschliessend keiner der beiden Räte einlenkte, kam es zu einer Einigungskonferenz. Diese fand einen Kompromiss, indem sie für die Melderechte die niederschwelligere Formulierung des Ständerates und für die Meldepflichten die höhere Hürde des Nationalrates vorschlug. In den Schlussabstimmungen stimmten der Nationalrat mit 126 zu 64 und der Ständerat mit 43 zu 0 Stimmen schliesslich für die Vorlage.

Kindesschutz: Meldepflicht und Melderecht (BRG 15.033)
Dossier: Verstärkter Kindesschutz (Melderechte und Meldepflichten)

Nachdem der Nationalrat im April 2016 nicht auf die Revision des ZGB zum Ausbau des Kindesschutzes eingetreten war, war es in der Herbstsession desselben Jahres am Ständerat, sich als Zweitrat der Vorlage anzunehmen. Die kleine Kammer zeigte sich dabei wesentlich offener gegenüber der Vorlage. Ihre Rechtskommission hatte die Vorlage einstimmig (bei einer Enthaltung) angenommen. Bei der Debatte im Plenum argumentierten die Gegner der Vorlage, angeführt von Hannes Germann (svp, SH) vergeblich, eine Revision des zuletzt 2013 angepassten Kindes- und Erwachsenenschutzrechts sei grundsätzlich unnötig und darüber hinaus werde der vorliegende Entwurf beim «subjektiven Thema Kindeswohl» zu Denunziantentum führen. Die Befürworter wiesen darauf hin, dass die vorgeschlagene Erweiterung der Meldepflicht und des Melderechts nicht heisse, dass eine Behörde bei jeder zusätzlichen Meldung einschreite. Die rechtlichen Grundlagen für ein Einschreiten der Behörden sowie die Möglichkeiten, sich dagegen zu wehren, blieben dieselben. Das Ziel der Vorlage sei einzig, dass die Behörden überhaupt einmal die Möglichkeit hätten, hinzuschauen. So könne man etwas gegen die hohe Dunkelziffer beim Kindesmissbrauch unternehmen. Der Ständerat stimmte schlussendlich mit 33 zu 6 Stimmen für Eintreten. In der Detailberatung fügte die Ständekammer auf Wunsch ihrer Rechtskommission noch eine Ausnahme hinzu, wonach die zuständige Behörde im Fall von Anwälten und Anwältinnen keine Anträge auf Entbindung vom Berufsgeheimnis stellen kann. Mit 33 zu 5 Stimmen bei 4 Enthaltungen schickte sie die Vorlage anschliessend zurück an den Nationalrat. Anders als im Nationalrat stimmten bei der Gesamtabstimmung weder die FDP noch die SVP geschlossen gegen die Vorlage.

Kindesschutz: Meldepflicht und Melderecht (BRG 15.033)
Dossier: Verstärkter Kindesschutz (Melderechte und Meldepflichten)

Auf Antrag seiner Rechtskommission trat der Nationalrat in der Aprilsession 2016 nicht auf die ZGB-Revision zum Kindesschutz ein. Das Hauptargument war, dass der bestehende Schutz ausreiche und die Reform mehr Unsicherheit als Rechtssicherheit bringe. Berufsgeheimnisträgerinnen und -träger haben heute schon ein Melderecht, wenn an einem Kind eine strafbare Handlung vollzogen wurde. Die vorgesehene Loslösung von der bereits erfolgten strafbaren Handlung und neue Anknüpfung an den Begriff der Kindeswohlgefährdung biete einen zu grossen Ermessensspielraum und öffne unbegründeten und irrtümlichen Gefährdungsmeldungen Tür und Tor. Die Mitte-Links-Minderheit argumentierte erfolglos, es brauche eine für alle Kantone einheitliche Regelung und die Ausdehnung der Meldepflicht auf Fachpersonen stelle dabei eine sinnvolle und zweckmässige Lösung dar. Auf einen ausgedehnten Schlagabtausch im Rat folgte eine knappe Abstimmung: Die geschlossene Stimmkraft der SVP- und der FDP-Fraktion reichte aus, um das Mitte-Links-Lager zu überstimmen. Nichteintreten wurde mit 96 zu 88 Stimmen bei 2 Enthaltungen beschlossen.

Kindesschutz: Meldepflicht und Melderecht (BRG 15.033)
Dossier: Verstärkter Kindesschutz (Melderechte und Meldepflichten)

In der Sommersession 2015 behandelte der Ständerat als Erstrat die Vorlage zur Verschärfung des Korruptionsstrafrechts. Der Kern der Verschärfung besteht darin, dass die Privatbestechung als Offizialdelikt in das Strafgesetzbuch aufgenommen und somit neu von Amtes wegen und nicht mehr nur auf Antrag verfolgt werden soll. Die nur durch den Stichentscheid des Präsidenten zustande gekommene Mehrheit der RK-SR beantragte ihrem Rat jedoch, die Verschärfung dahingehend abzumildern, dass Privatbestechung nur dann von Amtes wegen verfolgt werden soll, wenn durch die Tat öffentliche Interessen verletzt oder gefährdet sind. Die kleine Kammer folgte – ebenfalls äusserst knapp mit 23 zu 22 Stimmen – ihrer Kommissionsmehrheit und schuf damit zwei Kategorien von Bestechungsfällen im Privatbereich. Mit 23 zu 4 Stimmen bei 16 Enthaltungen überwies die Kantonskammer die Vorlage an den Nationalrat.
Nachdem der Nationalrat mit 133 gegen 51 Stimmen aus der SVP-Fraktion Eintreten beschlossen hatte, war auch er der Meinung, Privatbestechung müsse nicht ausnahmslos von Amtes wegen verfolgt werden. Die Abgrenzung von Antrags- und Offizialdelikten anhand des öffentlichen Interesses, wie sie der Ständerat vorgesehen hatte, bringe jedoch Interpretationsschwierigkeiten und Rechtsunsicherheit mit sich, weil die Staatsanwaltschaft in einem konkreten Fall nicht wisse, ob sie von Amtes wegen ermitteln oder auf einen Antrag warten müsse. Aus diesem Grund sprach sich die grosse Kammer für einen Einzelantrag Fässler (cvp, AI) aus, welcher vorsieht, dass Privatbestechung «in leichten Fällen» nur auf Antrag verfolgt wird: Der Begriff des «leichten Falles» finde sich bereits im geltenden Strafrecht und die rechtsanwendenden Behörden wüssten damit umzugehen. Mit 133 Ja- gegenüber 49 Nein-Stimmen aus der SVP-Fraktion bei 2 Enthaltungen stimmte der Nationalrat der so geänderten Vorlage zu. Nachdem auch der Ständerat diesen Vorschlag gutgeheissen hatte, stimmte er der Vorlage in der Schlussabstimmung mit 38 zu 5 Stimmen zu. Auch im Nationalrat wurde der Entwurf in der Schlussabstimmung mit 141 zu 53 Stimmen bei 1 Enthaltung angenommen, wobei die SVP-Fraktion an ihrer ablehnenden Haltung festhielt.

Verschärfung des Korruptionsstrafrechts (BRG 14.035)

In Umsetzung einer Motion Aubert (sp, VD) aus dem Jahr 2008 erstellte der Bundesrat einen Entwurf, um durch Anpassungen am ZGB den Kindesschutz zu verbessern. Nach Kenntnisnahme der Vernehmlassungsergebnisse verabschiedete er am 15. April 2015 die entsprechende Botschaft zuhanden des Parlaments. Eine Gefährdung des Kindeswohls der Kindesschutzbehörde melden müssen nach geltendem Recht nur Personen mit amtlicher Tätigkeit wie beispielsweise Behördenmitglieder oder Lehrpersonen. Diese Meldepflicht soll nun auch auf Fachpersonen aus den Bereichen Betreuung, Bildung, Religion und Sport ausgeweitet werden, die beruflich in besonderer und regelmässiger Beziehung zum Kind stehen, sofern sie dem Kind nicht im Rahmen ihrer eigenen Tätigkeit helfen können. Von der Meldepflicht ausgenommen bleiben hingegen Personen, die nur im Freizeitbereich tätig sind, wie etwa ehrenamtliche Sporttrainerinnen und Sporttrainer. Der Kreis der Meldepflichtigen beschränkt sich somit auf Fachpersonen, welchen es zugetraut werden kann, Kindeswohlgefährdungen einzuschätzen. Personen, die dem Berufsgeheimnis unterstehen, sollen ein Melderecht erhalten.

Kindesschutz: Meldepflicht und Melderecht (BRG 15.033)
Dossier: Verstärkter Kindesschutz (Melderechte und Meldepflichten)

Bei der Differenzbereinigung zur Umsetzung der Ausschaffungsinitiative war zu Beginn der Frühjahrssession 2015 der Nationalrat an der Reihe. Im Vorjahr hatte die grosse Kammer zuerst auf eine harte Linie gesetzt, um so allenfalls die Abstimmung über die Durchsetzungsinitiative zu verhindern. Der Ständerat hatte jedoch nichts von dieser Strategie gehalten und einen Mittelweg zwischen dem Entwurf des Bundesrates und jenem des Nationalrates eingeschlagen. Für die erneute Beratung im Nationalrat lagen nun prinzipiell zwei Konzepte auf dem Tisch: Die Mehrheit der SPK-NR schlug vor, der Version des Ständerates zu folgen; demgegenüber wollte eine Kommissionsminderheit aus Mitgliedern der SVP-Fraktion am letzten Beschluss des Nationalrates festhalten. Die Umsetzung nach Vorschlag des Ständerates verwässere die Absicht der Initiative – nämlich eine deutliche Änderung der Praxis – bis zur Unkenntlichkeit und sei darum im Sinne des Volkswillens klar abzulehnen, so die Begründung der Minderheit. Ein zweiter Antrag derselben Minderheit wollte nicht das gesamte Konzept stürzen, aber wenigstens die vom Ständerat eingeführte sogenannte Härtefallklausel streichen. Die umstrittene Klausel bildet das eigentliche Herzstück des ständerätlichen Entwurfes und sieht vor, dass das Gericht ausnahmsweise von einer Landesverweisung absehen kann, «wenn diese für den Ausländer einen schweren persönlichen Härtefall bewirken würde und die öffentlichen Interessen an der Landesverweisung gegenüber den privaten Interessen des Ausländers am Verbleib in der Schweiz nicht überwiegen.» Vertreter der SVP argrumentierten, eine solche Härtefallklausel sei nicht mit dem Volkswillen vereinbar, da das Volk selbst eine solche mit dem direkten Gegenvorschlag zur Ausschaffungsinitiative abgelehnt habe. Die Befürworter der Klausel betonten indessen, die Klausel im vorliegenden Entwurf sei strikter formuliert und gestehe dem Gericht viel weniger Handlungsspielraum zu als die Regelung, welche im direkten Gegenvorschlag vorgesehen gewesen wäre. Die Fassung des Ständerates stelle somit trotz allem eine Verschärfung gegenüber der heutigen Praxis und auch gegenüber dem abgelehnten Gegenvorschlag dar, da der Ausschaffungsautomatismus wie im Initiativtext vorgesehen darin enthalten sei. Die Härtefallklausel diene allein dazu, gröbste Verletzungen rechtsstaatlicher Prinzipien sowie des Völkerrechts zu vermeiden. Die beiden Minderheitsanträge wurden neben der geschlossenen SVP-Fraktion auch von einzelnen Vertretern der FDP und der CVP unterstützt, unterlagen jedoch mit je einer Zweidrittelmehrheit dem Mehrheitsantrag. Mit diesen Entscheiden machte der Nationalrat eine Kehrtwende und folgte dem vom Ständerat eingeschlagenen Weg. Damit wurde die Umsetzung der Ausschaffungsinitiative endgültig von der bevorstehenden Abstimmung über die Durchsetzungsinitiative entkoppelt. Die restlichen Änderungsanträge waren weit weniger umkämpft, weil mehrheitlich redaktioneller Natur oder aber kohärent aus dem grundsätzlichen Bekenntnis zum Entwurf des Ständerates folgend. Damit erhielt die kleine Kammer ihre Vorlage fast unverändert zurück und stimmte ihr stillschweigend zu. In der Schlussabstimmung wurde die so erarbeitete Lösung in beiden Räten deutlich angenommen. Der Ständerat votierte mit 36 zu 3 Stimmen bei 5 Enthaltungen dafür, während der Nationalrat mit 109 zu 68 Stimmen bei 18 Enthaltungen zustimmte. Dagegen sprachen sich in der grossen Kammer die geschlossene Fraktion der SVP, die Mehrheit der Grünen sowie einzelne Vertreter der FDP aus.
SVP-Parteipräsident Toni Brunner (svp, SG) zeigte sich enttäuscht über dieses Resultat, aber gleichzeitig durchaus siegessicher in Bezug auf die bevorstehende Abstimmung über die Durchsetzungsinitiative. Das Referendum gegen das beschlossene Gesetz werde die SVP trotz Unzufriedenheit nicht ergreifen, weil diese Arbeit ohnehin obsolet sei, wenn die Durchsetzungsinitiative angenommen werde. Die Durchsetzungsinitiative wird erst nach Inkrafttreten des Umsetzungsgesetzes zur Ausschaffungsinitiative zur Abstimmung gelangen.

Umsetzung der Ausschaffungsinitiative (BRG 13.056)
Dossier: Ausschaffungsinitiative – Abstimmung und Umsetzung

Wie der Ständerat im Vorjahr stimmte auch der Nationalrat in der Frühjahrssession 2015 einem Abkommen mit Kosovo zur Bekämpfung der Kriminalität zu. Nur einzelne Vertreter der SVP sowie die gesamte Grüne Fraktion waren der Meinung, dass kein solches Abkommen geschlossen werden solle, solange die Schweiz kein neues Sozialversicherungsabkommen mit Kosovo habe. In der Schlussabstimmung wurde das Abkommen im Nationalrat mit grosser Mehrheit und im Ständerat einstimmig gutgeheissen.

Abkommen mit Kosovo zur Bekämpfung der Kriminalität (BRG 14.064)
Dossier: Internationale polizeiliche Zusammenarbeit

Die Revision des Geldwäschereigesetzes wollte der 2012 als Antwort auf die Finanzkrise erfolgten Revision der Empfehlungen der Groupe d'action financière (GAFI) Rechnung tragen und dafür sorgen, dass die schweizerische Gesetzgebung auch beim nächsten Länderexamen 2015 GAFI-konform ist. Gleichzeitig sollten die Vorgaben des Global Forum über Transparenz und Informationsaustausch für Steuerzwecke berücksichtigt werden. Zu diesem Zweck sah die Vorlage des Bundesrates Änderungsvorschläge in sieben Themenbereichen vor: So sollten die Transparenz der Inhaberaktien bei juristischen Personen sichergestellt, die Pflichten der Finanzintermediäre bei der Feststellung der wirtschaftlichen Berechtigung von juristischen Personen konkretisiert und schwere Steuerdelikte als Vortaten zur Geldwäscherei deklariert werden. Weiter sollte der Begriff der politisch exponierten Personen (PEP) auf inländische Personen ausgedehnt werden. Neu sollten zudem Barzahlungen bei Fahrnis- und Grundstückkäufen im Wert von über CHF 100‘000 nicht mehr erlaubt sein. Der Teil, der diesen Schwellenwert übersteigt, sollte künftig zwingend über einen Finanzintermediär erfolgen, der dem Geldwäschereigesetz unterstellt ist. Schliesslich sollte die Meldestelle für Geldwäscherei in ihren Kompetenzen gestärkt und die Umsetzung der UNO-Sanktionen im Bereich Terrorismusfinanzierung (Resolution 1373) verbessert werden.

Bei den Beratungen des Bundesgesetzes zur Umsetzung der revidierten GAFI-Empfehlungen schuf der Ständerat mehrere Differenzen zum Entwurf des Bundesrates. So wollte die Mehrheit (25 zu 17 Stimmen) der kleinen Kammer, dass ein Steuerdelikt nur dann als Vortat zur Geldwäscherei gilt, wenn die hinterzogenen Steuern CHF 300‘000 statt den vom Bundesrat vorgeschlagenen CHF 200‘000 pro Steuerperiode übersteigen. Davon betroffen wären dann nur Steuerbetrüger, d.h. Urkundenfälscher. Die Steuerhinterziehung sollte aus dem Geltungsbereich fallen. Einig mit dem Bundesrat ging der Ständerat in der Ansicht, dass künftig Bargeldzahlungen von über CHF 100‘000 nur noch über eine Bank abgewickelt werden könnten. Andererseits strich der Ständerat äusserst knapp (mit 21 zu 20 Stimmen bei einer Enthaltung) die Bestimmung, wonach die Verletzung der Meldepflicht bei Inhaberaktien bestraft würde – dies, obwohl eine solche Regelung von der GAFI gefordert wurde. Schliesslich verankerte der Ständerat die ausdrückliche Nennung von Personen mit führender Stellung in internationalen Sportverbänden unter den politisch exponierten Personen (PEP).

Weit weniger bundesratskonform zeigte sich der Nationalrat. In der Sommersession nahm er zahlreiche Aufweichungen an der bundesrätlichen Vorlage vor, die der Schweiz laut Bundesrätin Widmer-Schlumpf einen Platz auf der schwarzen Liste sichern würden. Die gegnerische Mehrheit sah in der Vorlage eine „Generalverdachtsvorlage“, die durch juristische Definitionen vergeblich Mängel auf organisatorischer und personeller Ebene zu beheben versuche. In dieser Stimmung wollte der Nationalrat zwar den Begriff der politisch exponierten Personen ebenfalls auf das Inland und Personen in führender Funktion in internationalen Sportverbänden ausdehnen, dabei aber gleichzeitig die Mitglieder der Bundesversammlung, die ja keine Berufsparlamentarier seien, davon ausnehmen. Weiter wollte die grosse Kammer aufgrund der Ablehnung der totalen Überwachung aller Finanztransaktionen weder Barkäufe von über CHF 100‘000 verbieten noch volle Transparenz bei den Inhaberaktien herstellen. Schliesslich sollten Banken nur dann den Verdacht auf schwere Steuerdelikte melden, wenn zusätzlich zum Betrugstatbestand durch die Straftaten eine oder mehrere Steuerrückerstattungen über CHF 200‘000 pro Steuerperiode bewirkt würden. In der Gesamtabstimmung wurde die Vorlage mit 83 zu 54 Stimmen angenommen wobei sich jedoch 48 Mitglieder aus SP und den Grünen ihrer Stimme enthalten hatten, da die „zerzauste“ Vorlage nicht mehr GAFI-konform wäre.

Nun lag der Ball wieder beim Ständerat, der laut SP den Nationalrat „wieder auf den Pfad der Tugend“ zurückbringen sollte. In der Tat übte der Ständerat Kritik an der trotzigen Haltung des Nationalrates, welche die Reputation der Schweiz gefährde. Die kleine Kammer hielt denn auch an der Mehrheit ihrer Beschlüsse fest. Nur bezüglich der Frist, innerhalb derer die Geldwäschereimeldestelle eine Bank über die Weiterleitung einer Verdachtsmeldung informieren muss, kam sie dem Nationalrat entgegen. Betreffend die Bareinkäufe lehnte der Ständerat zwar einen Kompromissvorschlag, der Barbezahlungen ab CHF 100‘000 bei bestimmten Händlern einer Identifikations- und Dokumentationspflicht unterstellen wollte, ab, bekundete aber dennoch seine Sympathien. Weiter wollte der Ständerat die Mitglieder der Bundesversammlung nicht von den Bestimmungen über politisch exponierte Personen ausnehmen.

Die Differenzbereinigung setzte sich in der Wintersession harzig fort. Zwar verzichtete der Nationalrat mit 122 zu 64 Stimmen bei der Transparenzpflicht für Inhaberaktien auf einen Schwellenwert von CHF 250‘000 und stimmte mit 97 zu 83 Stimmen bei 6 Enthaltungen der ständerätlichen Definition der qualifizierten Steuerdelikte sowie mit 100 zu 83 Stimmen bei 1 Enthaltung der Zugehörigkeit der Bundesparlamentarier zu den PEP zu. Bei dem Barzahlungsverbot hielt er jedoch nach einer ausgedehnten Diskussion an seiner Position fest. Ebenso wollte er die Möglichkeit, betroffene Kunden nach einer Verdachtsmeldung an die Geldwäschereibehörde informieren zu können, beibehalten. Schliesslich sollen kirchliche Stiftungen weiterhin von der Eintragungspflicht ins Handelsregister ausgenommen werden. Dabei gab eine Allianz aus SVP, FDP und einem Teil der CVP den Ton an. Während die SVP jegliche Überregulierung ablehnte, strebten die FDP und CVP die Note „genügend“ beim GAFI-Länderexamen an, welches im Frühjahr 2015 stattfinden wird. Der Wille zur GAFI-Konformität wurde auch im Ständerat deutlich. So stimmte die kleine Kammer den Vorschlägen des Nationalrats betreffend die Handelsregistereintragungspflicht für kirchliche Stiftungen, den Ausnahmen vom Informationsverbot im Meldesystem und der CHF 100‘000-Schwelle für Barzahlungen bei Versteigerungen in Konkursverfahren zu. Hart blieb sie jedoch bei der Abklärungs- und Meldepflicht für Händler bei Barzahlungen über CHF 100‘000. Diese letzte Differenz konnte nicht bereinigt werden, da der Nationalrat unerwartet zum Vorschlag des Bundesrats, d.h. zum Verbot von Bargeldkäufen über CHF 100‘000, zurückkehrte. In der Einigungskonferenz fand jedoch klar die liberalere Fassung des Ständerats die Mehrheit. Die Regelung, wonach Händlern bei Bargeldgeschäften ab CHF 100‘000 erhöhte Sorgfaltspflichten auferlegt werden, wurde schliesslich von beiden Räten akzeptiert. Der Ständerat stimmte der Vorlage mit 37 zu 4 Stimmen bei 4 Enthaltungen und der Nationalrat mit 128 zu 62 Stimmen bei 5 Enthaltungen zu. Damit konnte die umkämpfte GAFI-Vorlage vor dem Scheitern gerettet werden.

Revision des Geldwäschereigesetzes (BRG 13.106)
Dossier: Geldwäschereigesetz

Die Schweiz will die polizeiliche Zusammenarbeit mit Kosovo verstärken. Das 2013 unterzeichnete, aber noch nicht ratifizierte Abkommen reihte sich in die Bestrebungen der Schweiz ein, Verbrechen aus Südosteuropa besser zu bekämpfen. Das bilaterale Polizeiabkommen beinhaltete den Informationsaustausch über verdächtige Personen, die gemeinsame Gefahrenanalyse und die Bildung gemischter Ermittlungsgruppen. Der Ständerat unterstützte dieses Bestreben und stimmte dem Abkommen mit 39 Stimmen einstimmig zu – wohl nicht zuletzt auch deshalb, weil keine zusätzlichen personellen und finanziellen Ressourcen notwendig sind.

Abkommen mit Kosovo zur Bekämpfung der Kriminalität (BRG 14.064)
Dossier: Internationale polizeiliche Zusammenarbeit

Um die grenzüberschreitende Kriminalität besser bekämpfen zu können, schlug der Bundesrat den Beitritt zum Prümer Vertrag vor. Ziel dieser 2005 im deutschen Prüm zwischen elf EU-Mitgliedstaaten und Norwegen beschlossenen Zusammenarbeit ist der effiziente Austausch von Daten wie DNA-Profilen, Fingerabdrücken sowie Fahrzeug- und Fahrzeughalterdaten zwischen den Prüm-Staaten. Bis Dezember 2014 lief das Konsultationsverfahren bei den Kantonen und den Aussenpolitischen Kommissionen.

Prümer Vertrag

Im Frühjahr verabschiedete der Bundesrat die Botschaft zur Verschärfung des Korruptionsstrafrechts. Die Bestechung Privater soll neu von Amtes wegen verfolgt werden. Durch die Überführung des Straftatbestandes vom Gesetz über den unlauteren Wettbewerb in das Strafgesetzbuch soll zudem erreicht werden, dass Korruption durch Private auch ausserhalb von Wettbewerbssituationen verfolgt werden kann. Damit soll auch die Frage betreffend Korruptionsfälle bei internationalen Sportverbänden geklärt werden. Ausgelöst worden war diese Diskussion im Kontext des Korruptionsverdachts bei der Vergabe der Fussballweltmeisterschaften 2018 und 2022 durch die FIFA. Bei der Gesetzesrevision handelt es sich jedoch nicht um eine reine „Lex FIFA“, denn auch die Bestimmungen betreffend Amtsträger werden verschärft. So sollen neu jene Bestechungsfälle von Amtsträgern, in denen der nicht gebührende Vorteil einem Dritten Nutzen bringt, strafrechtlich verfolgt werden.

Verschärfung des Korruptionsstrafrechts (BRG 14.035)

Der Nationalrat beriet als Erstrat die Botschaft zur Umsetzung der Ausschaffungsinitiative, die der Bundesrat im Juni 2013 zuhanden des Parlaments verabschiedet hatte. Der ursprüngliche Lösungsvorschlag des Bundesrates hatte versucht, zwischen dem anvisierten Ausweisungsautomatismus, dem Verhältnismässigkeitsprinzip sowie den Menschenrechtsgarantien zu vermitteln. So sollte unter anderem nur ab einer Mindeststrafe von sechs Monaten Freiheitsentzug eine Landesverweisung ausgesprochen werden können. Auf Antrag des FDP-Präsidenten Müller arbeitete jedoch der Bundesrat eine zweite Variante aus, die sich stärker am Text der Durchsetzungsinitiative orientierte. Bei den Beratungen im Nationalrat war das Damoklesschwert der Durchsetzungsinitiative allgegenwärtig spürbar. So entschied sich die Mehrheit der grossen Kammer mit 106 gegen 65 Stimmen von Seiten der SP, Grünen und einer Grossmehrheit der GLP bei 11 Enthaltungen schliesslich dafür, der SVP gewisse Konzessionen zu machen. Damit sollte eine Annahme der Durchsetzungsinitiative und damit die Verankerung eines Deliktkatalogs in der Bundesverfassung verhindert werden. Der Ausschaffungs-Automatismus sollte bei gewissen, aufgelisteten Delikten Eingang in die Gesetzgebung finden. Ein Mindeststrafmass sollte keine Voraussetzung für eine Ausschaffung sein und der Behörde sollte auch kein Ermessensspielraum eingeräumt werden. Mit dieser harten Linie wollten die Mitteparteien zum einen den Volkswillen umsetzen; die Stimmbürger hätten die Initiative im Wissen um die rechtsstaatlich heiklen Bestimmungen angenommen. Zum anderen gelte es, einen erneuten Urnengang über kriminelle Ausländer vor den eidgenössischen Wahlen zu vermeiden, da dieser nur der SVP nützen würde. Falls der Ständerat den Beschlüssen bezüglich der Ausschaffungsinitiative des Nationalrats folge, wäre der Rückzug der Durchsetzungsinitiative möglich, stellte SVP-Präsident Brunner in Aussicht. Dies schien jedoch nicht der Fall zu sein. Bereits im Sommer 2014 kündigte die ständerätliche Kommission an, bei der Umsetzung einen eigenen Weg einschlagen zu wollen. Gesucht wurde ein Mittelweg zwischen dem bundesrätlichen und dem nationalrätlichen Vorschlag. Da diese Suche jedoch länger dauerte als angenommen, konnte die Vorlage erst in der Wintersession weiterbehandelt werden. Die ständerätliche Kommission präsentierte ihrem Rat einen Entwurf, der, sich am Initiativtext orientierend, unabhängig von der tatsächlich ausgesprochenen Strafe für bestimmte schwere Straftaten einen 5 bis 15-jährigen Landesverweis vorsah. Bei anderen Delikten sollte jedoch eine differenziertere Regelung ermöglicht werden. Unter sehr eingeschränkten Bedingungen sollte das Gericht bei schweren persönlichen Härtefällen von einer Ausschaffung absehen können. Die Härtefallklausel, welche den Kern der ständerätlichen Vorlage darstellte, war im Wesentlichen mit Blick auf die Secondos formuliert worden. Ein Minderheitsantrag der Linken, der ein grundsätzliches Ausschaffungsverbot für Secondos forderte, wurde abgelehnt. Um die Gesetzesvorlage noch vor der Durchsetzungsinitiative verabschieden zu können, sollte das Gesetz als indirekter Gegenvorschlag deklariert werden, wodurch sich die Behandlungsfrist für die Durchsetzungsinitiative verlängern würde. Der Ständerat wollte sich nicht von der „Angstmacherei“ leiten lassen und folgte dem Antrag seiner Kommission mit 28 zu 3 Stimmen. Die Umsetzung der Ausschaffungsinitiative war zudem einer der Anstösse für die Lancierung einer SVP-Volksinitiative „Schweizer Recht geht fremdem Recht vor“.

Umsetzung der Ausschaffungsinitiative (BRG 13.056)
Dossier: Ausschaffungsinitiative – Abstimmung und Umsetzung

Die beschlossene Revision des Geldwäschereigesetzes stellte nur einen ersten Schritt dar, auf den die Umsetzung weiterer GAFI-Empfehlungen zur Bekämpfung der Geldwäscherei, der Terrorismusfinanzierung und der Finanzierung von Massenvernichtungswaffen folgen, die unter anderem auch Steuerdelikte thematisieren werden. Im Dezember 2013 verabschiedete der Bundesrat eine entsprechende Botschaft. Der Entwurf sah Anpassungen in folgenden sieben Themenbereichen vor: Transparenz von juristischen Personen und Inhaberaktien, Pflichten von Finanzintermediären, Klärung des Begriffs der politisch exponierten Personen (PEP), Qualifizierung von schweren Steuerdelikten als Vortat zur Geldwäscherei, Verbot von Barzahlungen von über CHF 100'000, Stärkung der Wirksamkeit von Verdachtsmeldungen und schliesslich Sanktionen im Bereich der Terrorismusfinanzierung. Die Vorlage wird im kommenden Jahr in den Räten behandelt werden.

Revision des Geldwäschereigesetzes (BRG 13.106)
Dossier: Geldwäschereigesetz

Im November 2011 hatte der Bundesrat dem Parlament einen Entwurf für einen bilateralen Vertrag zwischen der Schweiz und dem Kosovo, der die Überstellung verurteilter Personen regelte, präsentiert. Strafgefangene müssen künftig ihre Haft in ihrem Heimatstaat verbüssen können. Für die Überstellung wird die Zustimmung beider Staaten notwendig. Es besteht also kein Recht, die Strafe in der Heimat absitzen zu können. Die Vorlage, mit welcher der Bundesrat Kriminaltouristen abschrecken möchte, wurde im Nationalrat mit 141 zu 0 Stimmen diskussionslos gutgeheissen, wobei sich ein Teil der Grünen und die Mehrheit der SP der Stimme enthielten. Auch der Ständerat hatte der Vorlage nichts hinzuzufügen, sodass das Geschäft noch im Jahr 2013 erledigt werden konnte.

Accord de coopération policière avec le Kosovo
Dossier: Internationale polizeiliche Zusammenarbeit

Durch eine Teilrevision des Obligationenrechts (OR) wollte der Bundesrat regeln, unter welchen Umständen eine Meldung von Arbeitnehmern auf Unregelmässigkeiten am Arbeitsplatz, sogenanntes Whistleblowing, rechtmässig ist. Der vorgelegte Gesetzesentwurf räumte der internen Behandlung einer solchen Meldung Priorität ein. Nur unter den Umständen, dass die Meldung eine Straftat oder einen Verstoss gegen das öffentliche Recht beträfe und nicht oder nicht genügend beachtet würde, wäre der Gang an eine Behörde zulässig. Eine Ausnahme besteht, wenn der Arbeitnehmer aufgrund der Erfahrung in früheren Fällen davon ausgehen muss, dass der Arbeitgeber nicht ausreichend auf die Meldung eingehen wird. Eine direkte Meldung an die Öffentlichkeit ist jedoch in keinem Fall gestattet. Da die Vorschläge betreffend den Ausbau des Kündigungsschutzes in der Vernehmlassung kontrovers diskutiert worden waren, will der Bundesrat diese Frage erst noch ausklammern und die Ergebnisse einer laufenden Studie abwarten. Wenn der Kündigungsschutz ausgedehnt werden solle, so solle dies gesamthaft und nicht nur im Falle des Whistleblowing geschehen. So bleibt eine im Anschluss an eine rechtmässige Meldung ausgesprochene Kündigung zwar weiterhin missbräuchlich, aber gültig.

Protection en cas de signalement d’irrégularités par le travailleur (MCF 13.094)
Dossier: Whistleblowing

Nachdem der Ständerat im Vorjahr nur formale Änderungen am bundesrätlichen Entwurf vorgenommen hatte, befasste sich 2013 der Nationalrat mit der Genehmigung des Übereinkommens des Europarats zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch (Lanzarote-Konvention). Da Vorstösse aus den Reihen der SVP, die das Strafmass bei bestimmten Delikten erhöhen wollten, chancenlos blieben, ging der Entwurf nur mit einer redaktionellen Änderung zurück in den Ständerat. In der Schlussabstimmung wurde das Übereinkommen im Nationalrat mit 192 Stimmen bei einer Enthaltung und im Ständerat einstimmig angenommen. Die Referendumsfrist läuft bis Januar 2014.

Übereinkommen des Europarates zum Schutz vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch (BRG. 12.066)

Der durch die Finanzkrise schärfer hervorgetretene Zusammenhang zwischen Steuerdelikten und Geldwäscherei führte zu einer Teilrevision der Empfehlungen der Groupe d’action financière (GAFI) im Jahre 2012. Damit der Schweizer Finanzplatz GAFI-konform bleibt und nicht für kriminelle Zwecke missbraucht werden kann, waren verschiedene gesetzliche Anpassungen nötig. Zum einen wurde eine Revision des Geldwäschereigesetzes (GwG) angestossen, welche die Schweizer Meldestelle MROS in die Lage versetzen soll, die bei ihr vorhandenen Finanzinformationen ebenfalls mit anderen Meldestellen austauschen zu können. Laut Entwurf soll die Weitergabe der Informationen nicht durch Originaldokumente, sondern durch Berichte erfolgen. Auf der Basis dieser Berichte kann die Partnerbehörde entscheiden, ob ein Strafverfahren eröffnet und die Schweiz um Rechtshilfe ersucht werden solle. Die MROS soll ihrerseits auch bei dritten Finanzintermediären, d.h. bei solchen, die nicht selber eine Verdachtsmeldung erstattet haben, Informationen einfordern können. Dies jedoch nur unter der Bedingung, dass ein Erkenntniszusammenhang mit einer bereits erstatteten Meldung bestünde. Nachdem der Ständerat 2012 die geplanten Änderungen ohne Anmerkung gutgeheissen hatte, schuf der Nationalrat im Frühjahr 2013 eine kleine Differenz bezüglich der Gründe für eine Auskunftsverweigerung. So wollte der Nationalrat zusätzlich im Gesetz verankern, dass die Schweizer Meldestelle auf das Ersuchen einer ausländischen Behörde nicht eingeht, wenn die nationalen Interessen oder die öffentliche Sicherheit und Ordnung beeinträchtigt würde. Der Ständerat stimmte diesem sogenannten Ordre-public-Vorbehalt zu, so dass die Gesetzesänderung in der Schlussabstimmung im Nationalrat mit 135 zu 54 und im Ständerat mit 43 Stimmen bei 2 Enthaltungen angenommen wurde.

Geldwäschereigesetz (BRG. 12.065)

Da der Bundesrat nur die Formulierung, nicht aber das Ziel der Volksinitiative „Pädophile sollen nicht mehr mit Kindern arbeiten dürfen“ ablehnte, wandelte er den unabhängig von der Initiative, durch eine Motion Sommaruga (sp, GE) angestossenen Vorentwurf zu einem Bundesgesetz über das Tätigkeitsverbot und das Kontakt- und Rayonverbot im Verlaufe des Verfahrens in einen indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative um. Der im Lichte der Volksinitiative revidierte Gesetzesentwurf sah eine Ausweitung des bestehenden Berufsverbots auf ausserberufliche Tätigkeiten, die Einführung eines Kontakt- und Rayonverbots sowie einen Sonderprivatauszug aus dem Strafregister, der gewisse Tätigkeitsverbote zum Schutz von Minderjährigen separat und länger aufführt, vor. Bei der Beratung des indirekten Gegenvorschlags in der Sommersession beschloss der Nationalrat auf Vorschlag seiner Rechtskommission, die Bestimmungen betreffend eines zwingenden Tätigkeitsverbots aus der Vorlage herauszutrennen und ein separates Bundesgesetz über das zwingende Tätigkeitsverbot als indirekten Gegenvorschlag dem Volk vorzulegen. Den bundesrätlichen Entwurf zum Bundesgesetz über das Tätigkeitsverbot und das Kontakt- und Rayonverbot änderte die grosse Kammer dahingehend ab, dass bei Delikten gegen Minderjährige, die mit einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten bestraft werden, zwingend ein zehnjähriges Tätigkeitsverbot verhängt werden soll. Mit 117 zu 58 Stimmen wies der Rat den Entwurf dann an seine Rechtskommission zurück, die ihn fertig ausarbeiten sollte. Verschiedene von Seiten der SVP geforderte Verschärfungen fanden im Rat keine Mehrheit. Der Ständerat wollte keine Auslagerung der Bestimmungen betreffend das Tätigkeitsverbot. In der Wintersession folgte dann auch der Nationalrat der Mehrheit seiner Kommission und beschloss mit der Abschreibung des separaten Bundesgesetzes über das zwingende Tätigkeitsverbot die Wiederaufnahme dieser Bestimmungen in den bundesrätlichen Entwurf. Ein Minderheitsantrag der SVP, der den Automatismus der Initiative im Gesetz verankern wollte, kam nicht durch. Aber auch ein Minderheitsantrag der Linken, welcher den Richtern einen grösseren Ermessensspielraum einräumen wollte, wurde abgelehnt. So konnte das Bundesgesetz in der Schlussabstimmung im Ständerat mit 32 Stimmen bei 9 Enthaltungen und im Nationalrat mit 115 zu 79 Stimmen verabschiedet werden. Gegen die Vorlage stellten sich die SVP, BDP und ein Teil der CVP, weil ihnen die Vorlage zu wenig weit ging. Sie warfen dem Rat vor, die Verschärfungen nur aus abstimmungstaktischen Gründen vorzunehmen.

Volksinitiative „Pädophile sollen nicht mehr mit Kindern arbeiten dürfen“ (12.076)
Dossier: Pädophilen-Initiative

Nachdem Ermittlungen der europäischen Polizeibehörde Europol ergeben hatten, dass die Wettmafia auch in der Schweiz Sportspiele manipuliert hatte, schickte der Bundesrat im Mai einen Entwurf für die Revision des Korruptionsstrafrechts in die Vernehmlassung. Wie durch eine parlamentarische Initiative Sommaruga (sp, GE) gefordert, wird die Bestechung Privater neu als eigener Tatbestand im Strafgesetzbuch und nicht mehr wie bisher im Gesetz über unlauteren Wettbewerb (UWG) verankert. Dadurch sollen auch Korruptionsfälle, die nicht zu einer Marktverzerrung führen – unter anderem eben jene im Sport – erfasst werden. Die Bestechung von Privatpersonen soll neu von Amtes wegen und nicht mehr nur auf Gesuch hin verfolgt werden. Schliesslich soll die Annahme eines nichtgebührenden Vorteils durch Amtsträger auch dann verfolgt werden, wenn der Vorteil nicht dem Amtsträger selbst, sondern einer Drittperson zugutekommt. Die strafrechtliche Verfolgung richtet sich jedoch jeweils nur gegen den fehlbaren Funktionär. Obwohl also auch in Zukunft nicht der gesamte Verband betroffen wäre, lehnte die FIFA die geplanten Änderungen ab. Mit der geplanten Gesetzesänderung reagiert der Bundesrat auf verschiedene Vorstösse aus dem Parlament sowie auf die Forderungen des Antikorruptionsgremiums des Europarates (Greco).

Verschärfung des Korruptionsstrafrechts (BRG 14.035)

Für eine Stärkung der internationalen Bekämpfung der Geldwäscherei beschloss der Arbeitskreis Massnahmen zur Geldwäschereibekämpfung (GAFI) eine Revision seiner Empfehlungen. So sollen neu die Meldestellen, über welche jedes GAFI-Mitglied verfügen muss und welche sich 1995 zur Egmont-Gruppe zusammengeschlossen haben, auch Finanzinformationen austauschen. Das brachte die Schweizer Meldestelle Money Reporting Office Switzerland (MROS) in die unangenehme Situation, aufgrund des Bankkunden- und Amtsgeheimnisses als einzige nicht an diesem internationalen Finanzinformationsaustausch teilnehmen zu können. Dies führte zu einer Drohung der Egmont-Gruppe, dass die schweizerische Mitgliedschaft suspendiert würde, falls sie nicht bis Juli 2012 den erforderlichen Gesetzgebungsprozess eingeleitet habe. Dieser Forderung war der Bundesrat nachgekommen und er unterbreitete dem Parlament einen entsprechenden Entwurf zu einer Änderung des Bundesgesetzes über die Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung im Finanzsektor (Geldwäschereigesetz). Der Ständerat stimmte dem Entwurf noch in der Wintersession einstimmig zu.

Geldwäschereigesetz (BRG. 12.065)