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Der Nationalrat nahm in der Wintersession 2023 stillschweigend eine Motion der SiK-NR für die Schaffung einer Verfassungsgrundlage für eine Bundesregelung des nationalen polizeilichen Datenaustausches an. Konkret sollte in der Bundesverfassung dem Bund die Kompetenz eingeräumt werden, die Abfrage polizeilicher Daten zwischen dem Bund und den Kantonen sowie unter den Kantonen zu regeln. Kommissionssprecherin Maja Riniker (fdp, AG) verwies im Ratsplenum auf die laufende Umsetzung der Motion Eichenberger (fdp, AG; Mo. 18.3592), die eine nationale Koordination und Rechtsgrundlage benötige. Bisher müssten sich die Kantone untereinander jeweils einzeln für die Herausgabe polizeilicher Daten anfragen. Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider befürwortete die Motion ebenfalls, denn sie ermögliche die Schliessung einer Gesetzeslücke und somit einen funktionierenden polizeilichen Datenaustausch in der Schweiz, falls der eingeschlagene Weg einer Konkordatslösung unter den Kantonen nicht zum Erfolg führen sollte.

Schaffung einer Verfassungsgrundlage für eine Bundesregelung des nationalen polizeilichen Datenaustausches (Mo. 23.4311)

Der Nationalrat widmete sich in seiner Sondersession im Mai 2021 als Erstrat der Änderung des DNA-Profil-Gesetzes, mit der eine gesetzliche Grundlage für die Phänotypisierung, d.h. das Auslesen bestimmter äusserer Merkmale der gesuchten Person aus einer DNA-Spur, geschaffen werden sollte. Eine Grüne Minderheit beantragte Nichteintreten, weil ihr der vorliegende Entwurf zu weit ging; sie hätte angesichts der Schwere des damit verbundenen Grundrechtseingriffs einen enger eingegrenzten Anwendungsbereich für die Methode als geboten erachtet. Es sei nicht Aufgabe der Politik, «in vorauseilendem Gehorsam den ganzen Wunschkatalog der Strafverfolgungsbehörden zu erfüllen», appellierte Minderheitssprecherin Marionna Schlatter (gp, ZH) an den Rat. Bundesrätin Karin Keller-Sutter relativierte, es handle sich nicht um einen schweren Grundrechtseingriff, weil es sich bei den ausgewerteten Daten nicht um jene einer bestimmten Einzelperson, sondern um eine anonyme Spur handle. Zudem seien die ausgewerteten äusserlichen Merkmale «für jedermann sichtbar, wie für einen Augenzeugen». Gegen den Widerstand der geschlossenen Grünen Fraktion sowie der hälftig gespaltenen SP-Fraktion trat der Nationalrat mit 137 zu 43 Stimmen bei 6 Enthaltungen auf die Vorlage ein.
Inhaltlich befasste sich der Nationalrat zunächst mit der gesetzlichen Verankerung der Verwandtenrecherche, d.h. die Durchsuchung der DNA-Datenbank nach Personen, deren DNA-Profil grosse Ähnlichkeit zur gefundenen Spur aufweist und die daher mit der Spurenlegerin oder dem Spurenleger verwandt sein könnten. Drei linke Minderheitsanträge, die auf strengere Voraussetzungen und einen engeren Anwendungsbereich für die Verwandtenrecherche zielten, wurden von der bürgerlichen Ratsmehrheit deutlich abgelehnt. Als Zweites diskutierte die grosse Kammer mit der Phänotypisierung den eigentlichen Kern des Geschäfts. Auch hier wurden mehrere Minderheitsanträge aus den Reihen der SP und der Grünen zur Eingrenzung des Anwendungsbereichs und für strengere Voraussetzungen für den Einsatz dieser Ermittlungsmethode von der bürgerlichen Ratsmehrheit verworfen. Erfolgreich war hingegen einzig eine Minderheit Riniker (fdp, AG), die befürwortete, dass der Bundesrat in Abhängigkeit vom technischen Fortschritt künftig weitere äusserlich sichtbare Merkmale – neben den explizit genannten Merkmalen Augen-, Haar- und Hautfarbe, biogeografische Herkunft und Alter – für die Phänotypisierung zulassen kann. Die Kommissionsmehrheit hätte diese Delegationsnorm gegenüber dem bundesrätlichen Entwurf streichen wollen, sodass neue Merkmale nur über eine Gesetzesänderung hätten hinzugefügt werden können, unterlag aber mit 97 zu 88 Stimmen bei 2 Enthaltungen ebenfalls der bürgerlichen Stimmkraft. Als einzige materielle Änderung gegenüber dem Entwurf des Bundesrats nahm der Nationalrat einen Artikel ins DNA-Profil-Gesetz auf, demzufolge nach Suizid ein DNA-Profil der verstorbenen Person erstellt werden kann, das nach einem Jahr wieder gelöscht wird, sofern der Abgleich mit der DNA-Datenbank keinen Treffer hervorbringt. Bundesrätin Keller-Sutter und eine Minderheit Riniker vertraten vergebens die Ansicht, diese Norm schiesse übers Ziel hinaus. Gemäss geltender Strafprozessordnung könne nach Suizid bereits ein DNA-Profil erstellt werden, wenn Anzeichen vorliegen, dass die tote Person in ein Delikt verwickelt sein könnte, erklärte die Justizministerin. Das Ansinnen, in jedem Fall von Suizid – also auch ohne jegliche Hinweise auf eine Straftat – ein DNA-Profil zu erstellen, bezeichnete sie als eine «fishing expedition». Mit 126 zu 59 Stimmen liess sich der Nationalrat gegen den Widerstand der FDP- und der Grünen Fraktion dennoch darauf ein. Bezüglich der Löschfristen für DNA-Profile lehnte die grosse Kammer sämtliche Minderheitsanträge für eine Verlängerung oder Verkürzung ab und übernahm die Vorschläge des Bundesrats unverändert. In der Gesamtabstimmung nahm der Nationalrat die Vorlage mit 125 zu 54 Stimmen bei 12 Enthaltungen an. Die Grüne Fraktion, die sich schon gegen Eintreten ausgesprochen hatte, lehnte das Geschäft auch in der Gesamtabstimmung geschlossen ab, ebenso jene zwei Drittel der SP-Fraktion, die sich nicht der Stimme enthielten.

Änderung des DNA-Profil-Gesetzes (BRG 20.088)
Dossier: DNA-Profile