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In der Herbstsession 2018 beschäftigte sich der Ständerat als Zweitrat mit der ersten Etappe der DSG-Revision, welche nur die Schengen-relevanten Bestimmungen des Gesetzgebungsprojektes umfasste. Die Schweiz hätte ihr Datenschutzrecht eigentlich bis zum 1. August 2018 an die EU-Richtlinie 2016/680 betreffend den Datenschutz in Strafsachen anpassen müssen, war damit im September also schon leicht im Verzug. Obwohl sich Kommissionssprecherin Pascale Bruderer Wyss (sp, AG) nicht sonderlich begeistert von der Etappierung der Vorlage zeigte – der Schengen-relevante Teil sei nicht der einzige, der zügig abgeschlossen werden sollte, denn die übrigen Bestimmungen seien zwar nicht für das Fortbestehen der Schengen-Assoziierung, aber sehr wohl für den Angemessenheitsbeschluss relevant und somit nicht weniger wichtig –, appellierte sie an den Rat, das Beste daraus zu machen und den eingeschlagenen Weg möglichst rasch weiterzugehen.
Nachdem die kleine Kammer ohne Gegenantrag auf die Vorlage eingetreten war, wurde auch hier, wie zuvor im Nationalrat, die Diskussion geführt, ob die gewerkschaftlichen Ansichten in der Definition der besonders schützenswerten Personendaten explizit aufgeführt werden müssten oder ob man diese streichen könne, da sie von den politischen und weltanschaulichen Ansichten erfasst würden. Wie der Nationalrat sprach sich auch der Ständerat mehrheitlich für die Streichung der gewerkschaftlichen Ansichten aus, obwohl, wie von Bundesrätin Sommaruga und Minderheitsvertreter Stöckli (sp, BE) angemerkt, dieser Antrag gar nie begründet worden sei. Materiell änderte sich damit nichts im Vergleich zum geltenden Recht, weshalb sowohl die Justizministerin als auch der Minderheitsvertreter letztlich vergebens die Notwendigkeit dieser Anpassung – notabene in einem ohnehin befristeten Gesetz – angezweifelt hatten. Als zweite Änderung und damit neue Differenz zum Nationalrat verbot der Ständerat dem EDÖB grundsätzlich die Ausübung jeglicher Nebentätigkeiten, unabhängig davon, ob diese vergütet werden oder nicht. Abweichend vom Grundsatz soll der Bundesrat eine solche jedoch gestatten können, wenn der EDÖB dadurch nicht in der Ausübung seiner Tätigkeit, seiner Unabhängigkeit und seinem Ansehen beeinträchtigt wird. Diese Absicht hatte bereits der Bundesrat in seinem Entwurf gezeigt, der Ständerat habe jetzt aber die «richtige Perspektive» und die «richtige Formulierung» gefunden, so Bundesrätin Sommaruga. Einstimmig verabschiedete die kleine Kammer das Schengen-Datenschutzgesetz mit dieser einen verbleibenden Differenz. Ebenfalls einstimmig genehmigte sie auch den Notenaustausch zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der EU-Richtlinie 2016/680 zum Datenschutz in Strafsachen.
Der Nationalrat räumte die Differenz daraufhin oppositionslos aus und nahm das Schengen-Datenschutzgesetz in der Schlussabstimmung mit 182 zu 11 Stimmen an. Der Genehmigung des Notenaustausches stimmte er mit 139 zu 45 Stimmen zu; dagegen opponierte ein Grossteil der SVP-Fraktion. Im Ständerat passierten beide Entwürfe die Schlussabstimmung einstimmig.

Revision des Datenschutzgesetzes (BRG 17.059)
Dossier: 2. Revision des Bundesgesetzes über den Datenschutz (DSG)

Mittels Motion forderte Nationalrat Daniel Fässler (cvp, AI), wieder eine Bewilligungspflicht für ausländische Redner an politischen Veranstaltungen einzuführen. Eine solche Bestimmung hatte es in der Schweiz schon einmal gegeben, bis sie 1998 aufgehoben worden war, weil sie als überholt und verfassungswidrig angesehen worden war. Der Motionär war der Ansicht, seit 1998 verfüge die Schweiz über kein taugliches Mittel mehr, Auftritte von ausländischen Politikerinnen und Politikern in der Schweiz zu unterbinden. Beispielhaft habe dies ein geplanter, umstrittener Auftritt des türkischen Aussenministers 2017 in Zürich gezeigt, den die zuständigen Zürcher Behörden nur unter Berufung auf den Brandschutz hätten verhindern können. So etwas sei «eines Staatswesens unwürdig», die aufgehobenen Regeln hätten sich zuvor jahrzehntelang bewährt und «die Ruhe in unserem Land» garantiert, so Fässler. Der Bundesrat stellte sich indes auf den Standpunkt, die lokalen Behörden hätten grundsätzlich die Möglichkeit, politische Veranstaltungen nicht oder nur unter Auflagen zu bewilligen. Darüber hinaus könne das Fedpol gestützt auf das Ausländergesetz ein Einreiseverbot gegen ausländische Personen erlassen, wenn diese die innere oder äussere Sicherheit der Schweiz gefährdeten. Gestützt auf das NDG könne der Bundesrat einer ausländischen Person zudem via Tätigkeitsverbot untersagen, an einer politischen Veranstaltung in der Schweiz aufzutreten, wenn der Auftritt dazu diene, terroristische oder gewaltextremistische Aktivitäten zu propagieren. Die Bewilligungspflicht stelle also einen unverhältnismässigen Eingriff in die Meinungsäusserungsfreiheit dar. Die knappe Mehrheit der Nationalrätinnen und Nationalräte sah dies jedoch anders und stimmte der Motion im Herbst 2018 mit 90 zu 85 Stimmen bei 3 Enthaltungen zu.

Mo. Fässler: Bewilligungspflicht für ausländische Redner an politischen Veranstaltungen

Das in Art. 3 EMRK formulierte und auch in Art. 25 Abs. 3 BV verankerte Rückschiebeverbot verbietet es absolut, eine Person in einen Staat auszuschaffen, in dem ihr Folter oder eine andere Art grausamer oder unmenschlicher Behandlung oder Bestrafung droht. CVP-Nationalrat Fabio Regazzi (cvp, TI) forderte mit seiner Motion «Ausweisung von Terroristinnen und Terroristen in ihre Herkunftsländer, unabhängig davon, ob sie als sicher gelten oder nicht», die innere Sicherheit der Schweiz solle im Falle von Flüchtlingen, die mit terroristischen Aktivitäten in Verbindung gebracht werden und damit eine Gefahr für die Sicherheit der Schweiz darstellen, Vorrang haben. Erreichen wollte er dies durch die vorrangige Anwendung von Art. 33 Abs. 2 des internationalen Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, demzufolge sich ein Flüchtling nicht auf das Ausweisungsverbot berufen könne, «wenn erhebliche Gründe dafür vorliegen, dass er als eine Gefahr für die Sicherheit des Aufenthaltsstaates angesehen werden muss oder wenn er eine Bedrohung für die Gemeinschaft dieses Landes bedeutet, weil er wegen eines besonders schweren Verbrechens oder Vergehens rechtskräftig verurteilt worden ist.» Das Ausweisungsverbot an der vom Motionär genannten Stelle in der Flüchtlingskonvention ist jedoch weiter gefasst ist als das Non-Refoulement-Prinzip des zwingenden Völkerrechts und verbietet eine Rückschiebung nicht nur bei drohender Folter oder Todesstrafe, sondern auch bei Gefährdung des Lebens oder der Freiheit des Flüchtlings «wegen seiner Rasse, Religion, Staatszugehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Anschauungen» (Art. 33 Abs. 1 FK). Ergo kann das Ausweisungsverbot der Flüchtlingskonvention bei Gefährdung der öffentlichen Sicherheit eingeschränkt werden; für das Rückschiebeverbot des zwingenden Völkerrechts gilt dies jedoch nicht, das Non-Refoulement-Prinzip gilt absolut.
Obwohl Justizministerin Simonetta Sommaruga vor dem Nationalratsplenum klarstellte, dass es erstens nicht nur ausländische Dschihadisten gebe und zweitens die Schweiz bereits heute Rückführungen in «unsichere Staaten» vornehme, da die Unsicherheit in einem Land kein Hinderungsgrund für eine Rückführung sei, sondern nur eine Verletzung des Rückschiebeverbots im individuellen Fall, nahm der Nationalrat die Motion im Herbst 2018 mit 102 zu 73 Stimmen bei 3 Enthaltungen an. Auch die Begründung, der Bundesrat habe hier gar keinen Handlungsspielraum – man könne das zwingende Rückschiebeverbot nicht einfach ignorieren, weil man der Flüchtlingskonvention Vorrang vor der Bundesverfassung gewähre – sowie die Versicherung, man sei auch vonseiten des Bundesrats durchaus um Massnahmen zur Terrorismusbekämpfung bemüht – so zeige dies beispielsweise die in der Vernehmlassung gut angekommene Ausweitung des präventiv-polizeilichen Instrumentariums –, stiess mehrheitlich auf taube Ohren. Während die SVP-Fraktion geschlossen für den Vorstoss votierte, stimmten die Grüne, die SP- und die GLP-Fraktion geschlossen dagegen. Die bürgerlichen Parteien zeigten sich gespalten, wobei sich die Fraktionen der FDP und der CVP mehrheitlich dafür und jene der BDP mehrheitlich dagegen aussprachen.

Ausweisung von Terroristinnen und Terroristen in ihre Herkunftsländer, unabhängig davon, ob sie als sicher gelten oder nicht (Mo. 16.3982)

Nachdem die Vorlage in der Vernehmlassung insgesamt sehr gut angekommen war – von 60 Teilnehmenden hatten nur drei das Vorhaben abgelehnt –, wies die Botschaft des Bundesrates zur Genehmigung und Umsetzung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung des Terrorismus mit dem dazugehörigen Zusatzprotokoll sowie zur Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität keine grundlegenden Unterschiede zum Vorentwurf auf. Der Bundesrat verabschiedete sie Mitte September 2018 zuhanden des Parlaments. Der Kern der Vorlage war die Einführung einer neuen Strafbestimmung, die das Vorfeld von geplanten terroristischen Handlungen abdeckt, indem sie konkret die Anwerbung und Ausbildung von Terroristinnen und Terroristen, das Reisen für terroristische Zwecke und die entsprechende Finanzierung unter Strafe stellt. Über die Anforderungen der Abkommen des Europarats hinaus beinhaltete der Entwurf zudem die Revision der Strafnorm gegen kriminelle Organisationen (Art. 260ter StGB), sodass neu auch terroristische Organisationen davon erfasst werden und bei Verstoss höhere Strafen drohen. Des Weiteren waren auch Anpassungen im Rechtshilfe- und im Geldwäschereigesetz angedacht, wobei letztere insbesondere die Terrorismusfinanzierung erschweren und damit auch der entsprechenden Kritik der GAFI begegnen sollten.

Terrorismus und organisierte Kriminalität: Übereinkommen des Europarates und Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums (BRG 18.071)
Dossier: Strategie der Schweiz zur Terrorismusbekämpfung
Dossier: Internationale polizeiliche Zusammenarbeit
Dossier: Übereinkommen des Europarates zur Verhütung des Terrorismus / Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen organisierte Kriminalität

Ende Juni 2018 eröffnete der Bundesrat die Vernehmlassung zum Bundesgesetz über das Gesichtsverhüllungsverbot, das er als indirekter Gegenvorschlag der Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» gegenüberzustellen plante. Im neuen Gesetz sah der Bundesrat erstens eine Pflicht zur Enthüllung des eigenen Gesichts im Kontakt mit Behörden vor. Diese Pflicht soll greifen, sofern die Behörde aus Bundesrecht verpflichtet ist, eine Person zu identifizieren oder wenn die Behörde ihre im Bundesrecht begründete Aufgabe sonst nicht ohne unverhältnismässigen Aufwand erfüllen kann. Betroffen wären in erster Linie die Bereiche Sicherheit, Migration, Sozialversicherungen sowie Personenbeförderung. Wiederholte Weigerung soll mit Busse bestraft werden, ausser die visuelle Identifizierung liegt ausschliesslich im Interesse der sich weigernden Person – in diesem Fall soll ihr die Behörde die gewünschte Leistung verweigern können. Zweitens schlug der Bundesrat vor, den Nötigungstatbestand in Art. 181 StGB durch einen Absatz 2 zu ergänzen, sodass es unter Androhung von Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe explizit verboten ist, jemanden zur Verhüllung des Gesichts zu zwingen. Ein solcher Zwang sei inakzeptabel, weshalb er dieses Verbot ausdrücklich festhalten und somit signalisieren wolle, dass ein solches Verhalten nicht hingenommen werde, gab der Bundesrat per Medienmitteilung bekannt. Von den Regelungen zur Enthüllung im Behördenkontakt versprach er sich indes die Vermeidung von Spannungen sowie eine präventive Wirkung und die Etablierung einer einheitlichen Praxis. Der Gegenvorschlag sei somit eine «gezieltere Antwort auf die Probleme, die das Tragen von gesichtsverhüllenden Kleidungsstücken mit sich bringen kann», als die Initiative, wie dem erläuternden Bericht zu entnehmen ist. Insbesondere könnten die Kantone weiterhin selbst entscheiden, ob sie die Gesichtsverhüllung im öffentlichen Raum verbieten wollten oder nicht.
Der punktuelle Ansatz des Bundesrates kam bei den Initianten nicht gut an, die daher auch nach Bekanntwerden des Gegenvorschlags nicht daran dachten, die Initiative zurückzuziehen. Gar als «Ohrfeige» für jene, die die Volksinitiative unterzeichneten, bezeichnete der Co-Präsident des Initiativkomitees Walter Wobmann (svp, SO) den bundesrätlichen Entwurf in der NZZ. Dieser blende das «Problem der Hooligans und randalierenden Chaoten», auf das die Initiative ebenfalls abziele, vollständig aus, so Wobmann weiter. Das föderalistische Argument, das der Bundesrat gegen die Initiative vorbrachte, quittierte Mit-Initiant Jean-Luc Addor (svp, VS) gegenüber der «Tribune de Genève» mit der Bemerkung, es handle sich hierbei um «eine Frage der Zivilisation», bei der die Kantone keine unterschiedliche Betroffenheit geltend machen könnten. Nicht glücklich über den bundesrätlichen Vorschlag waren unterdessen auch die Grünen: Präsidentin Regula Rytz (gp, BE) erachtete den Gegenvorschlag als genauso unnütz wie die Initiative, weil beide nichts zur besseren Integration und zur Gleichstellung der Frauen beitrügen; stattdessen befeuerten sie Vorurteile gegenüber der muslimischen Bevölkerung. Initiativgegner Andrea Caroni (fdp, AR) begrüsste die Enthüllungspflicht vor Behörden, bemängelte aber das seiner Ansicht nach überflüssige Verbot des Verhüllungszwangs, da ein solcher ohnehin unter Nötigung fiele. Die Waadtländer SP-Nationalrätin Ada Marra hielt dem bundesrätlichen Vorschlag indes zugute, den Sicherheitsaspekt ernst zu nehmen und gleichzeitig den Volkswillen – die unterschiedlichen Entscheide in den Kantonen – zu respektieren.

Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» und indirekter Gegenvorschlag (19.023)
Dossier: Nationales Burkaverbot

Mit 120 zu 59 Stimmen bei 2 Enthaltungen nahm in der Sommersession 2018 auch der Nationalrat die Motion Rieder (cvp, VS) an, mit welcher der Motionär forderte, dass zukünftig Ausreisesperren für potenzielle Gewaltextremisten erlassen werden können. Der Rat folgte damit dem Antrag seiner Kommissionsmehrheit, welche argumentierte, dass sich eine solche Regelung für Hooligans (Art. 24c BWIS) bewährt habe und keine grossen Unterschiede zwischen Hooligans und politisch motivierten, potenziell gewalttätigen Personen bestünden. Eine Minderheit hatte vergeblich auf die aus ihrer Sicht unverhältnismässige Grundrechtsverletzung hingewiesen.

Mo. Rieder: Ausreisesperren für potenzielle Gewaltextremisten

Darüber, dass das mittlerweile in die Jahre gekommene Schweizer Datenschutzrecht revidiert werden muss, bestand in der Sommersession 2018 im Nationalrat Einigkeit, jedoch nicht unbedingt darüber, wie diese Revision vonstattengehen soll. Die SPK-NR hatte die Vorlage des Bundesrates zweigeteilt, sodass in einem ersten Schritt alle Bestimmungen zur Umsetzung der Schengen-relevanten EU-Richtlinie 2016/680 «zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung» möglichst zeitnah verabschiedet werden können, bevor in der zweiten Etappe die Revision des Datenschutzgesetzes (DSG) unter Einbezug der EU-Datenschutz-Grundverordnung und der revidierten Datenschutzkonvention des Europarates ohne Zeitdruck angegangen werden kann. Nicht einverstanden mit diesem Plan wollte Cédric Wermuth (sp, AG) das Geschäft mittels Minderheitsantrag an die Kommission zurückweisen, damit diese die Teilung rückgängig mache und die Vorlage integral berate. Er hielt es für ineffizient, dass sich das Parlament innert kurzer Zeit zweimal mit dem Datenschutzrecht befassen müsste. Bevor darüber abgestimmt werden konnte, zog Wermuth seinen Antrag jedoch mit der Begründung zurück, zum jetzigen Zeitpunkt könne die Rückweisung nicht mehr zu einer Beschleunigung des Verfahrens führen; es sei nun vielmehr schneller, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen und das Geschäft in der kommenden Herbstsession dem Ständerat zu unterbreiten. Somit trat die grosse Kammer ohne Gegenantrag auf die Vorlage ein und genehmigte deren Teilung. Damit wurden die für die Schengen-Zusammenarbeit im Strafrechtsbereich relevanten Bestimmungen in das neue Schengen-Datenschutzgesetz (SDSG) ausgelagert, das als Anhang des bestehenden DSG konzipiert ist. Das SDSG wird nach der Totalrevision des DSG hinfällig werden und war in seinem Inhalt im Nationalrat unbestritten. Im Zuge eines einzigen Minderheitsantrags befasste er sich mit der Frage, ob gewerkschaftliche Ansichten ausdrücklich in der Definition von besonders schützenswerten Daten natürlicher Personen erwähnt werden sollen oder ob diese automatisch unter den besonderen Schutz der politischen und weltanschaulichen Ansichten fallen, wie die Kommissionsmehrheit argumentierte. Bundesrätin Simonetta Sommaruga stellte fest, dass es keine materielle Differenz zwischen den beiden Vorschlägen gebe. Die Minderheit wollte im Einklang an die Formulierung im bestehenden DSG sowie in der EU-Richtlinie die gewerkschaftlichen Ansichten explizit beibehalten, doch der Nationalrat folgte in diesem Streitpunkt der Kommissionsmehrheit. In der Gesamtabstimmung nahm die grosse Kammer die Änderungen der ersten Etappe der Revision des Datenschutzgesetzes mit 174 zu 5 Stimmen bei 2 Enthaltungen an. Mit ebenso grosser Mehrheit (170 zu 5 Stimmen bei 2 Enthaltungen) stimmte sie der Genehmigung des Notenaustauschs zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der EU-Richtlinie zu.

Revision des Datenschutzgesetzes (BRG 17.059)
Dossier: 2. Revision des Bundesgesetzes über den Datenschutz (DSG)

Bei einer Verletzung der EMRK muss der verurteilte Staat den Zustand für das Opfer so wiederherstellen, wie wenn keine Verletzung begangen worden wäre (sog. Restitutio in integrum). In der Schweiz wird dazu das vom EGMR erfolgreich angefochtene Bundesgerichtsurteil revidiert und – falls das Opfer zu Unrecht strafrechtlich verurteilt wurde – die betroffene Person freigesprochen und der zu Unrecht erstellte Strafregistereintrag gelöscht. Falls die Schweiz jedoch die Verletzung der EMRK von sich aus anerkennt und sich für eine Entschädigung des Opfers einsetzt, kann die Beschwerde vor dem EGMR zurückgezogen und so eine Verurteilung der Schweiz verhindert werden. In diesem Fall bietet das geltende Recht jedoch keine Möglichkeit, den unrechtmässig erstellten Strafregistereintrag vor Ablauf der gesetzlichen Frist zu löschen, da das Bundesgerichtsgesetz den dazu nötigen Freispruch nur bei einer Verurteilung durch den EGMR zulässt. Um ihren unrechtmässigen Strafregistereintrag löschen zu lassen, muss die betroffene Person folglich den Prozess vor dem EGMR bis zur Verurteilung der Schweiz fortsetzen, auch wenn beide Parteien auf diese verzichten könnten. Um diese Lücke im Bundesgerichtsgesetz zu schliessen, gaben die Rechtskommissionen beider Räte im November 2017 bzw. im April 2018 einer entsprechenden parlamentarischen Initiative Nidegger (svp, GE) einstimmig Folge.

EMRK, Strafregister, Restitutio in integrum. Bundesgerichtsgesetz anpassen (Pa.Iv. 16.461)
Dossier: Revision des Bundesgerichtsgesetzes

Die SPK-NR trat im Januar 2018 einstimmig auf die Revision des Datenschutzrechts ein, da es unbestritten notwendig sei, das schweizerische Datenschutzrecht an die gesellschaftlichen und technologischen Entwicklungen anzupassen. Teil dieser Vorlage war auch die Umsetzung der EU-Richtlinie 2016/680 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten im Bereich des Strafrechts. Wie bei allen Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstandes hat die Schweiz auch für die Übernahme dieser Richtlinie zwei Jahre Zeit. In diesem Fall endet diese Frist am 1. August 2018. Angesichts der zeitlichen Dringlichkeit der Schengen-relevanten Anpassungen einerseits sowie der Komplexität und Tragweite der Datenschutzthematik andererseits entschied die Kommission mit 14 zu 8 Stimmen bei 2 Enthaltungen, die Vorlage in zwei Teile zu spalten, sodass zuerst zeitnah die Schengen-relevanten Anpassungen verabschiedet werden können und die Totalrevision des Datenschutzgesetzes anschliessend ohne Zeitdruck erfolgen kann. Die zur Umsetzung der Richtlinie erforderlichen Anpassungen waren in der Kommission weitgehend unbestritten, weshalb sie diese erste Etappe im April desselben Jahres einstimmig annahm. Die Minderheit sah hingegen keinen Nutzen in der Teilung der Vorlage und wird dem Nationalrat beantragen, das Geschäft an die Kommission zurückzuweisen, damit diese die Revision des Datenschutzrechts integral berät.

Revision des Datenschutzgesetzes (BRG 17.059)
Dossier: 2. Revision des Bundesgesetzes über den Datenschutz (DSG)

Zum dritten Mal seit 2008 nahm der UNO-Menschenrechtsrat im Herbst 2017 eine allgemeine regelmässige Überprüfung (Universal Periodic Review, UPR) der Menschenrechtslage in der Schweiz vor. Insgesamt richteten 111 UNO-Mitgliedstaaten 251 Empfehlungen zur Verbesserung des Menschenrechtsschutzes an die Schweiz. Viele davon betrafen die Umwandlung des Schweizerischen Kompetenzzentrums für Menschenrechte (SKMR) in eine unabhängige nationale Menschenrechtsinstitution. Überdies wurde der Schweiz ein verstärktes Engagement in den Bereichen Diskriminierung und Rassismus, Migration und Asyl sowie Geschlechtergleichstellung, Geschlechteridentität und sexuelle Orientierung nahegelegt. So wurde beispielsweise kritisiert, dass die Schweiz keine Strafbestimmungen gegen Diskriminierung aufgrund des Alters, der sexuellen Orientierung, der Geschlechtsidentität oder des Migrationsstatus kenne. Angesprochen wurde auch die Vereinbarkeit von Volksinitiativen und Völkerrecht sowie die Einhaltung der Menschenrechte durch multinationale Unternehmen.
Im Februar 2018 verabschiedete der Bundesrat die Schweizer Stellungnahme zu den Empfehlungen der UPR, von denen er 160 annahm und 91 ablehnte, wobei viele der angenommenen Empfehlungen bereits umgesetzt worden seien. Neben der bereits aufgegleisten Schaffung einer nationalen Menschenrechtsinstitution erklärte sich der Bundesrat etwa bereit, sich verstärkt gegen Rassismus und Diskriminierung einzusetzen, die Suizidprävention zu intensivieren und die Geschlechtergleichstellung, insbesondere bei den Löhnen, gezielter anzustreben. Demgegenüber lehnte er es unter anderem ab, Volksinitiativen systematisch auf ihre Vereinbarkeit mit den internationalen Menschenrechten zu prüfen. Die viereinhalb Jahre bis zur nächsten Überprüfung stünden nun «im Zeichen der Umsetzung der angenommenen Empfehlungen und der Fortführung des Dialogs mit allen involvierten Akteuren», gab der Bundesrat per Medienmitteilung bekannt. Der UNO-Menschenrechtsrat nahm den Bericht der Schweiz im März 2018 an.

Dritte UPR vor dem UNO-Menschenrechtsrat

Mit einer parlamentarischen Initiative, eingereicht im März 2016, forderte Nationalrat Yves Nidegger (svp, GE), die Anpassung von Art. 261bis StGB, der unter anderem die Leugnung von Völkermord unter Strafe stellt. Die Nennung von Völkermord solle entweder gestrichen oder durch den Zusatz «Völkermord, der von einem zuständigen internationalen Gerichtshof anerkennt ist» präzisiert werden. Nidegger begründete seine Forderung mit dem Fall Perinçek, in dem der EGMR die Schweiz im Zusammenhang mit Art. 261bis StGB wegen Verletzung der Meinungsfreiheit verurteilt hatte. Mit der vorgeschlagenen Anpassung sollen nicht mehr die Schweizer Gerichte entscheiden müssen, was als Völkermord gilt.
Die RK-NR gab der Initiative im Mai 2017 Folge. Einige Monate später sprach sich allerdings die RK-SR einstimmig gegen den Beschluss ihrer Schwesterkommission aus, weil sie befand, der EGMR sei in seinem Urteil nicht zum Schluss gekommen, dass die Kriminalisierung der Völkermordleugnung in Art. 261bis StGB als solche ein Problem darstelle, sondern dass die Bestimmung im konkreten Fall vom Bundesgericht falsch angewendet worden sei. Die RK-SR wollte den Artikel deshalb nicht grundsätzlich infrage stellen. Infolgedessen lenkte die Mehrheit der RK-NR auf die Position der ständerätlichen Kommission ein und beantragte ihrem Rat nun mit 15 zu 8 Stimmen, der Initiative keine Folge zu geben. Der Nationalrat folgte in der Frühjahrssession 2018 seiner Kommissionsmehrheit und verwarf die Initiative mit 123 zu 67 Stimmen. Zu den Befürworterinnen und Befürwortern aus der SVP-Fraktion hatten sich nur gerade zwei Freisinnige gesellt.

Fall Perinçek gegen die Schweiz. Artikel 261bis StGB soll mit den Menschenrechten vereinbar sein (Pa.Iv. 16.421)

Das Europäische Übereinkommen über Gewalttätigkeiten und Ausschreitungen von Zuschauern bei Sportanlässen, insbesondere bei Fussballspielen, das für die Schweiz 1990 in Kraft getreten war, ist seit seinem Erlass 1985 nicht mehr überarbeitet worden. Um den Entwicklungen in der Sportwelt – im Fanverhalten, in der Infrastruktur und in der Polizeitaktik und -technik im Zusammenhang mit Gewalt an Sportveranstaltungen – der vergangenen Jahrzehnte Rechnung zu tragen, verabschiedete der Europarat 2016 ein totalrevidiertes Abkommen. Es war neben der Repression neu auch auf die Prävention ausgerichtet und beinhaltete Ansätze aus der internationalen Best Practice. So sollte der neue präventive Dienstleistungsansatz sicherstellen, dass sich Besucherinnen und Besucher von Sportveranstaltungen im und um das Stadion willkommen, geschätzt und wohlfühlten. Der zu schützende öffentliche Raum erstreckte sich neu auch auf Public-Viewing-Bereiche und die Reisewege. Ausserdem sah das neue Abkommen eine Ausreisebeschränkung für Personen vor, die sich bereits an Gewalttätigkeiten oder Ordnungsstörungen rund um Sportveranstaltungen beteiligt haben.
Das schweizerische Recht sei in diesem Bereich bereits auf dem neusten Stand und müsste deshalb bei einer Ratifizierung des totalrevidierten Abkommens nicht angepasst werden, hielt der Bundesrat im erläuternden Bericht zur entsprechenden Vernehmlassungsvorlage fest. Dennoch würde die Schweiz mit ihrem Beitritt zum Übereinkommen «bezeugen, dass sie einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu einer international einheitlichen Handhabung von risikobehafteten Sportveranstaltungen unterstützt». Der Bundesrat eröffnete das Vernehmlassungsverfahren zum neuen Übereinkommen des Europarats über einen ganzheitlichen Ansatz für Sicherheit, Schutz und Dienstleistungen bei Fussballspielen und anderen Sportveranstaltungen Ende Juni 2017.
Das Echo in der Vernehmlassung fiel fast ausschliesslich positiv aus, wie der Anfang 2018 veröffentlichte Ergebnisbericht resümierte. Von den insgesamt 36 Stellungnehmenden lehnte nur die SVP die Genehmigung des Übereinkommens ab. Sie sah darin keine Neuerungen, keine Vorteile und keinen Nutzen für die Schweiz. Die übrigen Bundesratsparteien, alle Kantone sowie der Städteverband, der Gemeindeverband, der Gewerbeverband, die KKJPD, die KSSD und die SVSP befürworteten den Beitritt der Schweiz zum neuen Abkommen.

Sicherheit, Schutz und Dienstleistungen bei Fussballspielen und anderen Sportveranstaltungen. Übereinkommen des Europarats

Wäre sie Ende 2017 zur Abstimmung gestanden, hätten der Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» drei Viertel der Schweizer Stimmbevölkerung zugestimmt, so die Resultate einer erneuten Umfrage im Auftrag von «Le Matin Dimanche» und der Sonntags-Zeitung, die im Januar 2018 veröffentlicht wurden. Demnach hätten 60 Prozent der Befragten die Initiative sicher annehmen wollen, während ihr 17 Prozent eher zugestimmt hätten. 20 Prozent hätten sicher oder eher nein gesagt und 3 Prozent hatten keine Meinung. Ebenfalls eine Mehrheit der Schweizer Stimmbevölkerung befürwortete zum gleichen Zeitpunkt ein Kopftuchverbot an Schulen, das von der CVP im Zuge der Burka-Diskussion zur Debatte gestellt worden war. 51 Prozent der Befragten sprachen sich klar und 18 Prozent eher für ein solches aus. Demgegenüber waren 29 Prozent (eher) dagegen. Der Vorschlag der SP, muslimische Gemeinden unter der Voraussetzung, dass sie sich zu einem gemässigten Islam bekennen und transparent organisieren, staatlich anzuerkennen, fand in derselben Umfrage keine klare Mehrheit. 48 Prozent äusserten sich dazu (eher) positiv, 42 Prozent (eher) negativ. Die Initianten des Verhüllungsverbots gaben sich in der Presse mit den Resultaten der Umfrage zufrieden; für die Leute sei klar, dass man in der Öffentlichkeit sein Gesicht zeige, wurde Walter Wobmann (svp, SO) vom «Corriere del Ticino» zitiert. Umgekehrt vermochten die Resultate die Initiativgegner jedoch nicht in Aufruhr zu versetzen. Viele Initiativen starteten mit einer hohen Zustimmung in der Bevölkerung, bevor sich die Debatte ausgleiche, mahnte auch der Genfer SVP-Nationalrat Yves Nidegger gegenüber der «Tribune de Genève» noch zur Vorsicht.
Ende Januar 2019 fassten schliesslich die SP-Frauen – «einstimmig, aber wenig enthusiastisch», wie die NZZ schrieb – die Nein-Parole zum Verhüllungsverbot. An ihrer Jahrestagung rangen sie mit der Frage, ob man als Feministin eine Initiative des Egerkinger Komitees unterstützen dürfe. Mehrheitlich lehnten sie zwar die Burka als Ausdruck der Unterdrückung der Frau ab, sahen die Initiative aber nicht als den richtigen Weg, zumal Musliminnen damit in der Verfassung mit einem Stigma behaftet würden. Stattdessen wollten sie auf die von der SP gestartete «Offensive für Gleichstellung und Feminismus» setzen, um die Gleichstellung muslimischer Migrantinnen zu gewährleisten, berichtete die NZZ.

Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» und indirekter Gegenvorschlag (19.023)
Dossier: Nationales Burkaverbot

Mitte Dezember 2017 gab der Bundesrat den Medien bekannt, dass er die Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» ablehne, ihr aber mit einem indirekten Gegenvorschlag begegnen möchte. Die Initiative für ein nationales Verbot sei abzulehnen, weil die Kantone selber entscheiden können sollten, ob sie die Gesichtsverhüllung im öffentlichen Raum verbieten wollen oder nicht. So hätten die Kantone Tessin und St. Gallen ein solches Verbot befürwortet, während es in Zürich, Solothurn, Schwyz, Basel-Stadt und Glarus abgelehnt worden sei. Diesen unterschiedlichen Befindlichkeiten gelte es Rechnung zu tragen. Der Bundesrat anerkenne jedoch, dass die Gesichtsverhüllung problematisch sein könne, und zwar zum einen, wenn jemand zur Verhüllung gezwungen werde, und zum anderen im Kontakt mit den Behörden. Er wollte sich dieser Problematik daher mit einem indirekten Gegenvorschlag annehmen, der Regelungen auf Gesetzesebene vorsehe, ohne den Kompetenzbereich des Bundes zu überschreiten. Konkret solle es im Strafgesetzbuch ausdrücklich verboten werden, jemanden zur Verhüllung des Gesichts zu zwingen. Zudem solle der Kontakt mit Bundesbehörden und Bundesrecht vollziehenden Behörden unter Androhung von Strafe unverhüllt erfolgen müssen. Der Bundesrat beauftragte das EJPD mit der Ausarbeitung einer entsprechenden Vernehmlassungsvorlage bis Ende Juni 2018.
Bei den Initianten vermochte der Vorschlag des Bundesrats wenig Eindruck zu erwecken; er sei «schwammig» und entspreche nicht dem Anliegen der Initiative, so Walter Wobmann (svp, SO) gegenüber der Basler Zeitung. Das Komitee halte an der Initiative fest und blicke der Abstimmung nach wie vor zuversichtlich entgegen. Die SVP lehnte den bundesrätlichen Vorschlag ebenfalls als «wirkungslos» ab, wie in der Presse zu lesen war. Auf wenig Gegenliebe stiess der Vorschlag indes auch bei den Grünen. Nationalrat Balthasar Glättli (gp, ZH) bezeichnete ihn gegenüber der Basler Zeitung als «falsch und überflüssig», weil Nötigung ohnehin strafbar sei, und machte ihm in der Aargauer Zeitung den gleichen Vorwurf wie der Initiative selbst, nämlich zur «Stimmungsmache gegen Muslime in der Schweiz» beizutragen. Positiver äusserten sich die CVP und die SP zur Stossrichtung des Bundesrates, wenngleich sich die SP weiter auf ihren eigenen direkten Gegenentwurf zur Verbesserung der Gleichstellung der Frauen konzentrieren wollte. SP-Nationalrat Cédric Wermuth (sp, AG) bedauerte im Tages-Anzeiger, dass der Bundesrat sich nicht getraut habe, «die Debatte neu auszurichten», und dass der Gegenvorschlag «keine Antwort auf das Unbehagen» liefere, das hinter der Initiative stehe. Von verschiedenen Seiten wurde der bundesrätliche Vorschlag auch als nicht oder nur schwer umsetzbar kritisiert, da Frauen, die gezwungen werden, sich zu verschleiern, dies eher nicht bei der Polizei zur Anzeige bringen würden. Ständerat Andrea Caroni (fdp, AR), der bereits ein Gegenkomitee zur Initiative gegründet hatte, begrüsste dagegen den Vorschlag des Bundesrates. Er sei zwar nicht «das Ei des Kolumbus», eröffne aber die Möglichkeit für eine gezielte Debatte über die Probleme im Zusammenhang mit der Gesichtsverhüllung und über allfällige Lösungen, so Caroni gegenüber «Le Temps».

Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» und indirekter Gegenvorschlag (19.023)
Dossier: Nationales Burkaverbot

Im BWIS soll eine Bestimmung eingefügt werden, die den Erlass von Ausreisesperren für potenzielle Gewaltextremisten ermöglicht. Ähnlich wie Hooligans (Art. 24c BWIS) sollen damit auch Personen aus politisch extremistischen Kreisen daran gehindert werden können, sich an gewalttätigen Ausschreitungen im Ausland zu beteiligen, so die Forderung einer Motion Rieder (cvp, VS). Der Bundesrat unterstützte das Anliegen im Grundsatz, betonte in seiner Stellungnahme jedoch, dass eine Ausreisesperre einen schweren Grundrechtseingriff darstelle und daher nur erlassen werden dürfe, wenn kein milderes Mittel zielführend sei bzw. wenn die innere oder äussere Sicherheit der Schweiz bedroht sei. In diesem Sinne sei das EJPD bereits daran, ein Ausreiseverbot für terroristische Gefährder auszuarbeiten, womit dem Anliegen der Motion in verhältnismässiger Weise Rechnung getragen werde. Aus diesem Grund beantragte er deren Ablehnung. Die Mehrheit im Ständerat liess sich von den rechtsstaatlichen Bedenken der Regierung jedoch nicht überzeugen und stimmte der Motion in der Wintersession 2017 mit 29 zu 11 Stimmen bei 2 Enthaltungen zu.

Mo. Rieder: Ausreisesperren für potenzielle Gewaltextremisten

Einen Tag vor Ablauf der Sammelfrist Mitte September 2019 gab das Egerkinger Komitee in den Medien bekannt, die benötigten 100'000 Unterschriften für die Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» beisammen zu haben und die Initiative pünktlich am 15. September bei der Bundeskanzlei einreichen zu wollen. Dies sei dem Komitee durch einen «massiven Schlussspurt» gelungen, so Initiant Walter Wobmann (svp, SO) gegenüber der Basler Zeitung. Kurz zuvor war bekannt geworden, dass das Initiativkomitee mit einer massiv erhöhten Zahl an ungültigen Unterschriften zu kämpfen hatte. Mitte Oktober bestätigte die Bundeskanzlei sodann das Zustandekommen der Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» mit 105'553 gültigen Unterschriften.
Während sich emanzipierte Frauen und Feministinnen aller Couleur in den Medien um die Frage stritten, ob die Burka verboten gehört oder nicht, sprach sich die Bundeshausfraktion der CVP als erste mehrheitlich für das Verhüllungsverbot aus, wie Parteipräsident Gerhard Pfister (cvp, ZG) in der Presse bekanntgab, obgleich das Verbot nicht unbedingt in der Verfassung verankert werden müsse. Auch ihre Basis stehe hinter dem Verbot, so Pfister weiter. Die SP arbeitete indessen an einem Gegenentwurf zur Stärkung der Frauenrechte. Es bestehe Handlungsbedarf, nicht nur familiäre und berufliche, sondern auch gesellschaftliche Benachteiligungen von Frauen zu beseitigen, und zwar nicht nur, aber auch bei Ausländerinnen, zitierte der Tages-Anzeiger die Berner SP-Nationalrätin Nadine Masshardt. Dazu soll der Gleichstellungsartikel in der Verfassung ausgeweitet werden. Darüber hinaus wollte der Entwurf der SP die Förderung der Gleichstellung von Mann und Frau zum expliziten Ziel der schweizerischen Aussenpolitik erklären. Für Initiant Wobmann war dieser Vorschlag «an den Haaren herbeigezogen» und ohne Bezug zur Initiative. Die Frage, ob die Gleichstellung von Migrantinnen allgemein stärker gefördert werden müsse, müsse in einem anderen Kontext diskutiert werden, liess er im Tages-Anzeiger verlauten. Ebenfalls der Initiative mit einem Gegenvorschlag gegenübertreten wollte gemäss der Sonntags-Zeitung Justizministerin Simonetta Sommaruga, wobei sie den Fokus jedoch auf das Verbot des Verhüllungszwangs zu legen plante.

Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» und indirekter Gegenvorschlag (19.023)
Dossier: Nationales Burkaverbot

Da mit der Verbesserung der informationellen Selbstbestimmung das zentrale Anliegen der beiden parlamentarischen Initiativen Vischer (gp, ZH; Pa.Iv. 14.413) und Derder (fdp, VD; Pa.Iv. 14.434) voraussichtlich im Zuge der Totalrevision des Datenschutzgesetzes umgesetzt werden soll, verzichtete die zuständige SPK-NR vorerst auf eine eigene gesetzgeberische Tätigkeit. Sie wollte zuerst die Botschaft des Bundesrates zum Datenschutzgesetz abwarten. Im August 2017 musste die Kommission nun entscheiden, was mit den zwei Jahre zuvor gutgeheissenen Vorstössen geschehen soll. Die mit Stichentscheid des Präsidenten Heinz Brand (svp, GR) äusserst knapp zustande gekommene Kommissionsmehrheit plädierte für eine zweijährige Fristverlängerung bei beiden Vorstössen. Die SPK-NR werde als zuständige Kommission für Datenschutz auch das Datenschutzgesetz vorberaten und damit die Möglichkeit haben, allenfalls nicht berücksichtigte Forderungen der Initiativen als Anträge einzubringen. Danach könnten die beiden Initiativen abgeschrieben werden. Anstelle der Fristverlängerung beantragte die Kommissionsminderheit die Abschreibung der beiden Vorstösse, da Art. 13 BV (Schutz der Privatsphäre) bereits den Schutz der persönlichen Daten umfasse, womit die Initiativen obsolet seien. Diese Argumentation von Minderheitssprecher Philippe Nantermod (fdp, VS) überzeugte in der Herbstsession 2017 auch die Mehrheit im Nationalrat: Mit 118 zu 76 Stimmen sprach sich die grosse Kammer für Abschreiben der beiden parlamentarischen Initiativen aus.

Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Pa.Iv. 14.413) / Schutz der digitalen Identität von Bürgerinnen und Bürgern (Pa.Iv. 14.434)
Dossier: 2. Revision des Bundesgesetzes über den Datenschutz (DSG)

Im August 2016 legte der Bundesrat dem Parlament seine Botschaft zur Genehmigung des 2014 von der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) verabschiedeten Protokolls zum Übereinkommen Nr. 29 über die Zwangs- oder Pflichtarbeit vor. Das Protokoll bringt das 1930 in Kraft getretene und von der Schweiz ratifizierte Übereinkommen Nr. 29 auf den neusten Stand und fordert Regierungen auf, Massnahmen zur Prävention von Zwangsarbeit zu ergreifen, die Opfer zu schützen und ihnen Zugang zu Rechtsschutz- und Rechtsbehelfsmechanismen zu gewähren. Da das Übereinkommen Nr. 29 als IAO-Kernabkommen gilt und das Protokoll Bestandteil des Abkommens ist, gilt das Protokoll ebenfalls als Kernabkommen.
Der Nationalrat beriet in der Wintersession 2016 über die Genehmigung des Protokolls. Seine APK war zuvor zum Schluss gekommen, dass durch eine Ratifizierung keine Gesetzesanpassungen nötig würden und hatte der Vorlage danach mit 15 zu 8 Stimmen bei einer Enthaltung zugestimmt. Bei der Debatte im Rat argumentierte die Ratsminderheit um Nationalrätin Yvette Estermann (svp, LU), dass das Protokoll unnötig sei, da die Schweiz schon alle gesetzlichen Bestimmungen, welche im Protokoll gefordert werden, etabliert habe und eine Ratifizierung durch die Schweiz deshalb nicht dazu beitrage, Menschen vor Zwangsarbeit zu schützen. Zudem werde die Definition des Begriffs Zwangsarbeit zu stark ausgeweitet, was z.B. Auswirkungen auf den Militär- und Zivildienst oder die Beschäftigung von Asylsuchenden haben könne. Die Kommissionsmehrheit und Bundesrat Johann Schneider-Ammann hielten hingegen fest, dass die Definition von Zwangsarbeit schon im Abkommen von 1930 festgelegt worden sei, durch das Protokoll nicht ausgeweitet werde und keine der von der SVP erwähnten Beispiele wie Militär- oder Zivildienst betreffe. Ausserdem sei die Ratifizierung des Protokolls ein Akt internationaler Solidarität mit den weltweit immer noch fast 21 Millionen Opfern von Zwangsarbeit. In der Gesamtabstimmung gesellte sich einzig FDP-Nationalrat Hans-Ulrich Bigler (fdp, ZH) zu der geschlossen Nein stimmenden SVP-Fraktion. So wurde der Bundesbeschluss mit 125 zu 67 Stimmen klar angenommen.
Deutlich weniger Widerstand erfuhr die Vorlage im Ständerat, der dem Bundesbeschluss in der Frühlingssession 2017 mit 33 zu 4 Stimmen bei 2 Enthaltungen zustimmte. Bei den Schlussabstimmungen kam es zu keinen Überraschungen mehr, womit das Protokoll mit 125 zu 70 Stimmen bei 2 Enthaltungen im Nationalrat und 38 zu 7 Stimmen im Ständerat genehmigt wurde. Als die Referendumsfrist ungenutzt verstrichen war, ratifizierte der Bundesrat das Protokoll am 28. September 2017.

Internationale Arbeitsorganisation. Protokoll zum Übereinkommen Nr. 29 über Zwangsarbeit (BRG 16.058)

Die Totalrevision des Datenschutzgesetzes (DSG) verfolgt gemäss der Mitte September 2017 verabschiedeten Botschaft des Bundesrates hauptsächlich zwei Ziele: Erstens sollen die der rasanten technologischen Entwicklung in jüngster Zeit geschuldeten Schwächen des bestehenden Gesetzes behoben werden und zweitens soll das revidierte Gesetz den diesbezüglichen Entwicklungen im Europarat und in der EU Rechnung tragen. Im Rahmen der Revision ihres Datenschutzrechts erliess die EU u.a. die Richtlinie 2016/680 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten im Bereich des Strafrechts, die auch Teil des Schengen-Acquis ist. Die DSG-Revisionsvorlage soll daher die Anforderungen der genannten EU-Richtlinie übernehmen, um sicherzustellen, dass die Schweiz ihre Schengen-Verpflichtungen wahrnehmen kann. Der Europarat erarbeitete indes ein Protokoll zur Revision des Übereinkommens SEV 108 zum Schutz des Menschen bei der automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten, womit das schweizerische DSG nach der Revision ebenfalls vereinbar sein soll. Aus Sicht des Bundesrates bilden die Ratifikation dieses Übereinkommens einerseits und die Annäherung an das Datenschutzrecht der EU andererseits die zentralen Voraussetzungen dafür, dass die Europäische Kommission der Schweiz weiterhin ein angemessenes Datenschutzniveau attestiert. Vor allem für die Schweizer Wirtschaft ist dieser sogenannte Angemessenheitsbeschluss von zentraler Bedeutung, da die Schweiz in allen Bereichen, die nicht der Schengen-Zusammenarbeit unterstehen, von der EU als Drittstaat angesehen wird und ein Datenaustausch zwischen EU-Mitgliedstaaten und Drittstaaten nur erlaubt ist, wenn Letzterer ein angemessenes Datenschutzniveau gewährleistet.
Zu den wichtigsten inhaltlichen Änderungen im DSG zählt neben dem Verzicht auf den Schutz der Daten juristischer Personen eine grundsätzliche Informationspflicht bei der Datenbeschaffung für alle Bearbeitungen durch Private, um die Transparenz der Datenbearbeitung generell zu verbessern. Überdies soll bei den für die Datenbearbeitung Verantwortlichen über entsprechende, von den Branchen erarbeitete Verhaltenskodizes die Selbstregulierung gefördert werden. Auch der EDÖB soll in seiner Position und Unabhängigkeit gestärkt werden und neu wie seine europäischen Amtskollegen Untersuchungen gegenüber Datenbearbeitern eröffnen sowie Verfügungen erlassen können. Letztlich sollen auch die Strafbestimmungen gegenüber heute verschärft werden. Zur Umsetzung der EU-Richtlinie 2016/680 umfasst die Vorlage zusätzlich Anpassungen in weiteren Gesetzen, namentlich im Strafgesetzbuch, in der Strafprozessordnung, im Rechtshilfegesetz sowie im Schengen-Informationsaustauschgesetz.
Mit seinem Entwurf kam der Bundesrat vor allem der Wirtschaft entgegen, die in der Vernehmlassung Kritik an der weitgehenden Regulierung geübt hatte. So wurde nun auf ein «Swiss Finish» verzichtet; d.h. es sind keine Anpassungen vorgesehen, die über den EU-Standard hinausgehen. Insbesondere das Sanktionensystem kommt im Vergleich zur Vernehmlassung abgeschwächt daher, soll die maximale Busse doch nur noch CHF 250'000 und nicht wie ursprünglich vorgeschlagen CHF 500'000 betragen. In den Augen des SGV sind die Bussen dennoch zu hoch und die Position des EDÖB zu stark. Der EDÖB Adrian Lobsiger selbst zeigte sich im Grossen und Ganzen zufrieden mit dem Entwurf des Bundesrates und bedauerte einzig, dass ihm nicht die Kompetenz zugestanden wird, ohne Strafprozess direkt Bussen zu verhängen.

Revision des Datenschutzgesetzes (BRG 17.059)
Dossier: 2. Revision des Bundesgesetzes über den Datenschutz (DSG)

Die Veröffentlichung des Ergebnisses der Vorprüfung durch die Bundeskanzlei Mitte März 2016 war für das Egerkinger Komitee der Startschuss zur Unterschriftensammlung für die Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot», deren Text sich am Tessiner Verhüllungsverbot orientierte. Die dazugehörige medienwirksame Inszenierung auf dem Bundesplatz, bei der einige Komitee-Mitglieder als vermummte Chaoten und Burkaträgerinnen – zum Teil mit Sprengstoffgürtel-Attrappe – verkleidet posierten, hatte für das Komitee ein juristisches Nachspiel. Im Kanton Bern gilt seit 1999 ein Vermummungsverbot bei unbewilligten Demonstrationen, weshalb die Stadt Bern das Komitee wegen «Kundgebung ohne Bewilligung» mit 500 Franken büsste, wie die Aargauer Zeitung berichtete. Da die eidgenössischen Räte sich später aber gegen die Aufhebung der parlamentarischen Immunität Walter Wobmanns – Präsident des Komitees und Nationalrat – entschieden, musste die Busse nicht bezahlt werden.
Einige Monate nach Anlaufen der Unterschriftensammlung, im Sommer 2016, vereinnahmte der Zürcher SP-Regierungsrat Mario Fehr die Schlagzeilen zur Burka-Debatte, indem er sich als prominenter Vertreter des linken Lagers zu den bisher hauptsächlich rechtsbürgerlichen Befürwortern eines Verhüllungsverbots gesellte. Burkas gehörten nicht in die Schweiz, denn in einer liberalen Gesellschaft zeige man das Gesicht, zitierte ihn die Presse. Erwartungsgemäss löste er mit dieser «Provokation», wie die NZZ seinen öffentlichen Positionsbezug gegen die Parteilinie nannte, weit über seine eigene Partei hinaus einen Sturm der Entrüstung aus. Linke wie Liberale warfen ihm ein seltsames Verständnis von Liberalismus vor. Doch es zeigte sich auch, dass die SP in dieser Frage keineswegs geeint war. Mit Pierre-Yves Maillard (sp, VD) und Anita Fetz (sp, BS) sprachen sich in den Tagen darauf zwei weitere SP-Aushängeschilder gegen die Burka in der Schweiz aus und auch bei der Parteibasis erfreue sich Fehr – nicht nur, aber auch wegen seiner Haltung in der Burka-Frage – grosser Beliebtheit, erklärte der Zürcher SP-Präsident Daniel Frei. Christian Levrat (sp, FR), Präsident der SP Schweiz, betonte gegenüber «La Liberté» unterdessen, dass die Burka aus der Schweiz verschwinden müsse, aber die Initiative der SVP der falsche Weg sei. Einig waren sich die Beteiligten letztlich darin, dass die Debatte über das Burkaverbot parteiintern noch geführt werden müsse.
Damit war die SP jedoch nicht allein; gespalten zeigten sich in der Burka-Frage auch die FDP, die CVP und sogar die SVP, deren Nationalräte Claudio Zanetti (svp, ZH) und Alfred Heer (svp, ZH) zu den prominentesten Gegnern des Burkaverbots gehörten. Handkehrum sprachen sich nach dem «Bekenntnis» Fehrs auch immer mehr bürgerliche Politikerinnen und Politiker öffentlich für ein Burkaverbot aus, auch wenn dieses ihrer Meinung nach nicht in die Verfassung gehöre, sondern vielmehr auf Gesetzesebene oder kantonal geregelt werden solle. Den «rasanten Meinungsumschwung» im bürgerlichen Lager beäugte Initiant Walter Wobmann eher skeptisch und brachte den Vorwurf des politischen Opportunismus aufs Tapet.
Nichts zur Entkräftung dieses Vorwurfs beitragen konnten die Ende August publizierten Resultate einer repräsentativen Umfrage von «Le Matin Dimanche» und der Sonntagszeitung, wonach 71 Prozent der befragten Stimmberechtigten ein Verhüllungsverbot in der Schweiz befürworteten. Fast alle (96%) der befragten SVP-Wählerinnen und -Wähler sprachen sich dafür aus; bei den anderen bürgerlichen Parteien BDP, CVP und FDP äusserten sich rund drei Viertel positiv zu einem Verbot. Die Wählerschaften der GLP und der SP zeigten sich mit 54 bzw. 47 Prozent Zustimmung gespalten, während die Basis der Grünen als einzige klare Ablehnung signalisierte. Eine weitere Umfrage im Auftrag der «Schweiz am Sonntag», deren Ergebnisse drei Wochen später veröffentlicht wurden, bestätigte diese Tendenz, wenn auch in leicht abgeschwächter Form. Hier sprachen sich schweizweit rund 61 Prozent der Befragten für ein Verhüllungsverbot aus, ältere deutlich stärker als jüngere.
Als Alternative zum Burkaverbot in der Verfassung, das allenfalls Signalwirkung habe, aber keine Probleme löse, erneuerte CVP-Präsident Gerhard Pfister (cvp, ZG) unterdessen die Idee eines Religionsartikels in der Verfassung. Es müsse eine grundsätzliche und breitere Diskussion darüber stattfinden, «welche Werte in unserer Gesellschaft für alle gelten sollen» und «wie unsere Rechtsordnung gegen fundamentalistische Ideologien durchgesetzt werden» könne, so Pfister gegenüber dem St. Galler Tagblatt. Der Aargauer SP-Nationalrat Cédric Wermuth griff die Idee Pfisters auf und präsentierte in der «Schweiz am Sonntag» einen Entwurf für einen solchen Religionsartikel, den er als «Koalitionsangebot an die progressiven Kräfte – nicht nur, aber auch im Islam» bezeichnete. Der Vorschlag sah Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung für alle religiösen Gemeinschaften bei gleichzeitiger Verpflichtung derselben auf die Werte der Bundesverfassung vor und gründete in der Hoffnung, durch die staatliche Anerkennung des Islams dessen fundamentalistische Strömungen zurückzudrängen. Da ein solcher Toleranzartikel jedoch einerseits die Abschaffung des Minarettverbots bedeutete und andererseits viele neue Fragen nach tolerablen und intolerablen Glaubensäusserungen aufwürfe, räumten ihm die Medien keine allzu grossen Erfolgschancen ein. Auch von Seiten christlicher und muslimischer Religionsgemeinschaften äusserten sich kritische Stimmen zu diesem Vorhaben.
Zur Halbzeit der Sammelfrist, Anfang 2017, gab Initiant Walter Wobmann in der Presse bekannt, sein Komitee habe bereits 70'000 Unterschriften beisammen und schaue somit zuversichtlich dem Ablauf der Frist Mitte September entgegen. Derweil zeichnete sich auch immer deutlicher ab, dass ein indirekter Gegenvorschlag mit einem Verbot auf Gesetzesstufe durchaus denkbar sein würde und dass ein solcher bei vielen v.a. bürgerlichen Parlamentarierinnen und Parlamentariern wohl auf Unterstützung zählen könnte. Darauf liess sich Wobmann im «Blick» zitieren: Falls der Inhalt des Gegenvorschlags deckungsgleich zu jenem der Volksinitiative wäre, werde man den Rückzug der Initiative in Betracht ziehen.
Anfang September 2017, also noch vor Ablauf der Sammelfrist, präsentierte der Ausserrhoder FDP-Ständerat Andrea Caroni bereits ein Nein-Komitee zum Verhüllungsverbot, für dessen Co-Präsidium er Vertreterinnen und Vertreter aus allen Fraktionen gewinnen konnte. Zu seinen Mitstreitenden zählten gemäss «Sonntags-Blick» SVP-Nationalrat Claudio Zanetti, die Zürcher Nationalrätinnen Tiana Angelina Moser von der GLP, Barbara Schmid-Federer von der CVP und Rosmarie Quadranti von der BDP sowie die Ständeräte Hans Stöckli (sp, BE) und Robert Cramer (gp, GE). Caroni nannte die Initiative des Egerkinger Komitees «Symbolpolitik», die ein «Scheinproblem» lösen wolle. Es gehe den Initianten nicht um Frauenrechte, sondern um den «Kulturkampf gegen den Islam». Ausserdem verletze ein nationales Verbot den Föderalismus; einen Entscheid sollte jeder Kanton für sich treffen, präsentierte er seine Argumente im «Sonntags-Blick». Initiant Wobmann kommentierte die Gründung des Gegenkomitees laut «Blick» mit der Bemerkung, Caroni verfüge über «spezielle Hirnwindungen». Unverständlich sei für ihn auch, was in seinen Parteikollegen Zanetti gefahren sei, dass er sich so vehement gegen die Initiative engagiere.

Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» und indirekter Gegenvorschlag (19.023)
Dossier: Nationales Burkaverbot

Wie Bundesrat Guy Parmelin bereits im Anschluss an die Volksabstimmung vom 25. September 2016 angekündigt hatte, schickte der Bundesrat Anfang 2017 die Verordnungen zum neuen Nachrichtendienstgesetz in die Vernehmlassung. Es handelte sich dabei einerseits um die Verordnung über den Nachrichtendienst (NDV), die dort greift, wo das NDG der Präzisierung bedarf. So werden darin etwa die Zusammenarbeit des NDB mit in- und ausländischen Stellen, die Informationsbeschaffung, der Datenschutz und die Archivierung, die Kontrolle, der interne Schutz, die Sicherheitsmassnahmen sowie die Bewaffnung des NDB konkretisiert. Andererseits handelte es sich um die Verordnung über die Informations- und Speichersysteme des NDB, die technische Regelungen zum Betrieb, zum Inhalt und zur Nutzung dieser Systeme enthält. In einer separaten Vernehmlassung, die im März eröffnet wurde, holte der Bundesrat zudem Stellungnahmen zur Verordnung über die Aufsicht über die nachrichtendienstlichen Tätigkeiten (VAND) ein. Diese dritte Umsetzungsverordnung regelt administrative Fragen bezüglich der Aufsichtsbehörde (AB-ND), die Kontrolle der Funk- und Kabelaufklärung durch die Unabhängige Kontrollinstanz (UKI) sowie die Zusammenarbeit zwischen dem Bund und der Dienstaufsicht in den Kantonen. Für Kritik sorgte, dass die AB-ND administrativ dem Generalsekretariat des VBS zugeordnet werden sollte. Das entspreche nicht dem Willen des Parlaments, das während der Beratung des NDG den Bundesrat per Motion (15.3498) dazu aufgefordert hatte, Möglichkeiten für eine Aufsicht ausserhalb der Bundesverwaltung aufzuzeigen, monierte Nationalrätin Edith Graf-Litscher (sp, TG) gegenüber der Presse; nicht zuletzt habe das Versprechen einer starken und unabhängigen Aufsicht Viele dazu bewogen, dem Gesetz in der Volksabstimmung zuzustimmen. Weniger problematisch sahen dies Ständerat Alex Kuprecht (svp, SZ), Präsident der GPDel und damit der parlamentarischen Oberaufsicht über den NDB, sowie EDÖB Adrian Lobsiger, die beide die operative Selbstbestimmung der Aufsicht durch deren rein administrative Ansiedlung beim VBS – überdies mit eigenem Budget – nicht gefährdet sahen, wie sie in den Medien erklärten.
Daneben traf der Bundesrat weitere Vorbereitungen für die geplante Inkraftsetzung des neuen NDG am 1. September 2017. So hob er in der bestehenden Verordnung über den Nachrichtendienst des Bundes (V-NDB) die Vorschrift auf, dass der NDB Informationen über das Inland und solche über das Ausland in intern getrennten Organisationseinheiten beschaffen muss. Damit werde «ein letztes Überbleibsel» der einst getrennten Inlands- und Auslandsnachrichtendienste abgeschafft, wie es in der entsprechenden Medienmitteilung hiess. Die V-NDB wird mit Inkrafttreten des neuen NDG ihre Geltung zwar verlieren, doch dass die Fusion im Hinblick auf das neue NDG schon vorzeitig vollzogen werde, sei organisatorisch «sicher sinnvoll», zitierte die NZZ GPDel-Präsident Kuprecht. Gemäss Bundesrat könne der NDB nun seine Organisationsstruktur optimieren und Synergien nutzen. Zudem wählte der Bundesrat im Mai – und damit fast ein halbes Jahr später als von Verteidigungsminister Parmelin ursprünglich angekündigt – den Juristen Thomas Fritschi zum Leiter der AB-ND. Er werde die Aufsichtsbehörde ab August organisatorisch und personell aufbauen, gab die Regierung per Medienmitteilung bekannt.
In der Vernehmlassung wurden erhebliche Einwände hauptsächlich von Mitgliedern des ehemaligen Referendumskomitees vorgebracht, darunter die Forderung, die AB-ND ausserhalb der Bundesverwaltung anzusiedeln. Im Ergebnisbericht erläuterte das VBS, dass dafür eine Änderung des formellen Gesetzes vonnöten wäre, weshalb dieser und weitere Vorschläge nicht in den Entwurf übernommen wurden. Die Kantone als Hauptadressaten des Verordnungsrechts sowie die KKJPD und die KKPKS unterstützten die in den Vorentwürfen eingeschlagene Stossrichtung dagegen einhellig. Von ihnen geäusserte Anpassungswünsche, wie auch die Empfehlungen des Bundesverwaltungsgerichts und der GPDel habe der Bundesrat weitestgehend in die Entwürfe übernommen, erläuterte er per Medienmitteilung. Die Sicherheitspolitischen Kommissionen beider Räte nahmen darauf zur Kenntnis, dass die Regierung die wichtigsten in der Vernehmlassung ausgesprochenen Empfehlungen berücksichtigt habe und verzichteten auf weitere Änderungsvorschläge an den Bundesrat. Sie sprachen sich für eine schnellstmögliche Inkraftsetzung des NDG und der dazugehörigen Verordnungen aus, damit der NDB seinem Auftrag zum Schutz des Landes nachkommen könne.
Der Bundesrat verabschiedete die drei Verordnungen Mitte August und setzte sie zusammen mit dem NDG auf den 1. September 2017 in Kraft. Ab dann kann der NDB seine neuen Kompetenzen wahrnehmen und die neuen Überwachungsmittel einsetzen.
Einen Tag vor dem Inkrafttreten kündigte eine Handvoll Personen aus dem Umfeld der Digitalen Gesellschaft an, beim NDB ein Gesuch um Unterlassung der neuen Kabelaufklärung, d.h. der Durchsuchung des grenzüberschreitenden Internetverkehrs nach Stichworten, einzureichen. Wie die Aargauer Zeitung berichtete, konnten sie unter anderem den Schweizer Anwalt Edward Snowdens, Marcel Bosonnet, für ihre Sache gewinnen. Dennoch rechneten sie nicht damit, dass der NDB ihrem Begehren stattgeben werde, planten aber, anschliessend den Rechtsweg zu beschreiten, «notfalls bis zum EGMR in Strassburg», wie die Zeitung den federführenden Anwalt und Präsidenten von Grundrechte.ch Viktor Györffy zitierte. Spätestens dort würden sie recht erhalten, zeigte sich Györffy überzeugt, denn die «anlasslose Massenüberwachung», die der NDB von jetzt an praktiziere, verletze das Grundrecht auf Privatsphäre, die Unschuldsvermutung und das Verhältnismässigkeitsprinzip.

Neues Nachrichtendienstgesetz (BRG 14.022)
Dossier: Staatliche Überwachung
Dossier: Vorstösse und Massnahmen zur Bekämpfung islamistischer Radikalisierungstendenzen

Die Vernehmlassung zur Totalrevision des Datenschutzgesetzes (DSG) und zur Änderung weiterer Erlasse zum Datenschutz umfasste neben diesem Hauptentwurf auch einen Entwurf für einen Bundesbeschluss betreffend die Genehmigung und Umsetzung des Notenaustausches zwischen der Schweiz und der EU zur Übernahme der Richtlinie (EU) 2016/680 sowie einen Entwurf für die Revision des Übereinkommens SEV 108 des Europarates zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten. Im Zentrum des Gesetzgebungsprojektes stehen die Verbesserung der Transparenz von Datenbearbeitungen, die Förderung der Selbstregulierung bei den Verantwortlichen in Form von Empfehlungen der guten Praxis sowie die Stärkung der Position und Unabhängigkeit des EDÖB. Im Einklang mit den europäischen Datenschutzbestimmungen soll darüber hinaus der Schutz von Daten juristischer Personen aufgehoben werden, um insbesondere den Datenaustausch mit dem Ausland zu erleichtern. Einige Anforderungen der EU-Richtlinie 2016/680 erfordern ausserdem Anpassungen im Strafgesetzbuch, in der Strafprozessordnung, im Rechtshilfegesetz und im Schengen-Informationsaustauschgesetz.
Unter den insgesamt 222 Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmern befanden sich alle Kantone, acht politische Parteien (BDP, CVP, FDP, GLP, GP, SP, SVP, PP), drei eidgenössische Gerichte (Bundesgericht, Bundespatentgericht, Bundesverwaltungsgericht) sowie zahlreiche weitere Organisationen aus den betroffenen Kreisen. Während die Übernahme der EU-Richtlinie 2016/680 sowie der Anforderungen im SEV 108 unumstritten waren, wurde die Revision des DSG und weiterer Erlasse zum Datenschutz von der Mehrheit der Vernehmlasserinnen und Vernehmlasser im Grundsatz ebenfalls begrüsst. Vielerseits gelobt wurde beispielsweise das Vorhaben, das schweizerische Datenschutzrecht so weit an die europäischen Vorgaben anzupassen, dass die Schweiz von der EU weiterhin als Drittstaat mit angemessenem Datenschutzniveau anerkannt wird. Vorbehalte bestanden jedoch gegenüber dem – insbesondere für KMU – grossen Verwaltungsaufwand sowie gegenüber dem «Swiss Finish»: Rund die Hälfte der Teilnehmenden bemängelte, dass der Entwurf unnötigerweise über die europäischen Anforderungen hinaus gehe. Demgegenüber ging er rund einem Fünftel der Teilnehmenden – hauptsächlich aus Konsumentenschutzkreisen – zu wenig weit. Auf harsche Kritik von verschiedensten Seiten stiess das vorgesehene Sanktionensystem. Laut Bericht wünschten sich «sehr viele Teilnehmer» dessen «vollständige Überarbeitung», darunter BDP, CVP, FDP, GP und SP, 18 Kantone sowie Economiesuisse, der Verein Unternehmens-Datenschutz, die FRC, Privatim und die Stiftung für Konsumentenschutz. Hauptsächlich wurde kritisiert, dass keine direkte Strafbarkeit für Unternehmen vorgesehen ist, sondern strafrechtliche Sanktionen, die in erster Linie auf natürliche Personen ausgerichtet sind. In diesem Zusammenhang herrschte die Befürchtung, es könnten einfache Angestellte ohne Entscheidungs- und Vertretungsbefugnis verurteilt werden. Dies wiederum erschwere es den Unternehmen, qualifiziertes und motiviertes Personal – insbesondere Datenschutzverantwortliche – zu rekrutieren. Der häufigste Änderungsvorschlag zielte daher auf ein Modell mit Verwaltungssanktionen anstatt Strafverfahren, die direkt gegen die Unternehmen und nicht gegen Privatpersonen verhängt werden könnten. Verwaltungssanktionen, so die Hoffnung, hätten eine grössere Wirksamkeit als das bislang für die Strafbestimmungen im DSG nur selten angewandte Strafverfahren. Weitere umstrittene Punkte waren auch die Höhe der Bussen – welche einerseits als zu hoch und andererseits als zu niedrig kritisiert wurde – sowie der Katalog der strafbaren Verhaltensweisen, welcher ebenfalls wahlweise als unvollständig bzw. zu umfangreich bezeichnet wurde. Kritisiert wurden des Weiteren auch die mangelhafte Regulierungsfolgeabschätzung und die fehlenden Ausführungen zum Verhältnis zwischen dem Datenschutzrecht des Bundes und jenem auf kantonaler Ebene. Hierzu äusserten auch die Kantone Glarus, Solothurn und Zürich Bedenken, dass die Frist für die Anpassung des kantonalen Rechts zu kurz bemessen sei. Die SVP, die Kantone Schwyz und Waadt sowie einige betroffene Kreise – darunter der AGVS, Auto Schweiz, die FER, PharmaSuisse, Santésuisse sowie der VSV – lehnten den Vorentwurf in der vorliegenden Form ausdrücklich ab, befanden sich damit jedoch klar in der Minderheit aller Vernehmlassungsteilnehmenden.

Revision des Datenschutzgesetzes (BRG 17.059)
Dossier: 2. Revision des Bundesgesetzes über den Datenschutz (DSG)

Ende Juni 2017 eröffnete der Bundesrat die Vernehmlassung zum Vorentwurf des Bundesgesetzes über die Unterstützung der nationalen Menschenrechtsinstitution. Dieses bildet die gesetzliche Grundlage zur Ablösung des als Pilotprojekt konzipierten Schweizerischen Kompetenzzentrums für Menschenrechte (SKMR) durch eine dauerhafte nationale Menschenrechtsinstitution (NMRI). Das neue Gesetz stütze sich auf die positiven Erkenntnisse aus dem Pilotprojekt und behebe gleichzeitig die festgestellten Mängel, insbesondere bezüglich der Unabhängigkeit, wie sie in den «Pariser Prinzipien» genannten UNO-Standards für nationale Menschenrechtsinstitutionen gefordert werde, erläuterte der Bundesrat in einer Medienmitteilung. Die NMRI soll zu ihrer Finanzierung – im Gegensatz zum SKMR, bei dem der Bund bisher Leistungen im Umfang von rund einer Million Franken jährlich einkaufte – vom Bund Finanzhilfe im Sinne des Subventionsgesetzes im gleichen Umfang erhalten. Sie soll so unabhängig von den Bundesbehörden selbstständig Themen in ihrem Zuständigkeitsbereich aufgreifen und bearbeiten können.
In der Presse wurden zum Teil sehr kritische Töne angeschlagen, sowohl bezüglich der Kosten als auch des Nutzens der neuen Institution. Während die NZZ einmal mehr den Verdacht äusserte, die Schaffung der NMRI diene vor allem der aussenpolitischen Imagepflege, sahen die BaZ und «Weltwoche»-Herausgeber Roger Köppel (svp, ZH) darin «ein vom Bund finanziertes Propaganda-Instrument» für linke politische Anliegen. Der Tages-Anzeiger betonte hingegen die durch die Anbindung an die Universitäten vorwiegend wissenschaftliche Ausrichtung der Institution und ordnete die Schweizer NMRI angesichts ihrer bescheidenen Kompetenzen im internationalen Vergleich als «eher zahme Wächterin über die Menschenrechte» ein. Auch unter Experten herrschte Dissens bezüglich der Notwendigkeit einer solchen Institution, berichtete der Tages-Anzeiger weiter.

Schaffung einer nationalen Menschenrechtsinstitution (NMRI)
Dossier: Nationale Menschenrechtsinstitution

Im Juni 2017 schickte der Bundesrat die Vorlage zur Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität in die Vernehmlassung, die unter anderem das Übereinkommen und das Zusatzprotokoll des Europarats zur Verhütung des Terrorismus im Schweizer Recht umsetzen wird. Zusammen mit der Vorlage zu präventiven polizeilichen Massnahmen und dem Nationalen Aktionsplan zur Verhinderung und Bekämpfung von Radikalisierung und gewalttätigem Extremismus, der Präventionsmassnahmen in allen Gesellschaftsbereichen beinhaltet, bildete die vorliegende Anpassung des Strafrechts die Grundlage, damit Justiz und Polizei die Gefahr eines terroristischen Anschlags in der Schweiz besser vermindern können.
Mit dem Entwurf wollte der Bundesrat erstens das Verbot, Terroristinnen und Terroristen anzuwerben und auszubilden sowie Reisen mit dem Ziel einer terroristischen Straftat – sogenannte Dschihadreisen – anzutreten, das bisher im befristeten Bundesgesetz über das Verbot der Gruppierungen «Al-Qaïda» und «Islamischer Staat» sowie verwandter Organisationen verankert war, in Form einer neuen Strafbestimmung ins ständige Recht überführen. Zweitens sollte in Erfüllung der Motion 15.3008 die Bestimmung gegen organisierte Kriminalität (Art. 260ter StGB), die bisher vor allem gegen mafiöse Organisationen gerichtet war, auch auf terroristische Organisationen zugeschnitten werden, indem die Kriterien für das Vorliegen einer kriminellen bzw. terroristischen Organisation angepasst werden. Damit einhergehen sollte auch eine Erhöhung des entsprechenden Strafmasses von aktuell fünf auf neu maximal zwanzig Jahre Freiheitsstrafe. Drittens sollte das Organisationsverbot von Art. 74 NDG so angepasst werden, dass die Strafandrohung mit jener des befristeten Bundesgesetzes über das Verbot von «Al-Qaïda» und dem «Islamischen Staat» übereinstimmt und die Strafverfolgung in die Zuständigkeit des Bundes gelegt wird. Viertes Ziel war die Verbesserung der internationalen Zusammenarbeit in der Rechtshilfe und bei der Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung. So wollte der Bundesrat einerseits die internationale Rechtshilfe beschleunigen, indem unter gewissen Voraussetzungen eine vorzeitige Übermittlung von Informationen und Beweismitteln – d.h. ohne dass die betroffene Person informiert wird und damit Beschwerde erheben könnte – ermöglicht werden sollte. Ausserdem sollte die Einsetzung gemeinsamer Ermittlungsgruppen im Rechtshilfegesetz geregelt werden. Andererseits wollte er die Kompetenzen der Meldestelle für Geldwäscherei dahingehend erweitern, dass sie auch ausländische Informationen über kriminelle Gelder verarbeiten darf, ohne dass eine Verdachtsmeldung von der betroffenen Schweizer Bank vorliegen muss.
Neu sollte bereits die Unterstützung einer kriminellen oder terroristischen Organisation, und zwar ohne Zusammenhang zu einer innerhalb der Organisation begangenen Straftat, unter Strafe gestellt werden. Die ideologische Unterstützung oder die blosse Zugehörigkeit zu einer kriminellen oder terroristischen Organisation, wie von den kantonalen Strafverfolgungsbehörden und der Bundesanwaltschaft gefordert, wollte der Bundesrat dagegen nicht verbieten. Die Regierung lehne ein Gesinnungsstrafrecht ab, wurde Justizministerin Simonetta Sommaruga in der Presse zitiert. Dennoch sei die Botschaft klar, so Sommaruga weiter: «Die Schweiz ist kein sicherer Hafen für Terroristen und ihre Unterstützer.»

Terrorismus und organisierte Kriminalität: Übereinkommen des Europarates und Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums (BRG 18.071)
Dossier: Strategie der Schweiz zur Terrorismusbekämpfung
Dossier: Internationale polizeiliche Zusammenarbeit
Dossier: Übereinkommen des Europarates zur Verhütung des Terrorismus / Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen organisierte Kriminalität

Mit der Annahme des Postulates seiner SPK im Sommer 2017 beauftragte der Nationalrat den Bundesrat zu prüfen, ob die Forderung der Tessiner Standesinitiativen nach systematischer Einholung von Strafregisterauszügen, wenn EU-Bürgerinnen und -Bürger eine Aufenthaltsbewilligung für die Schweiz beantragen, durch einen Beitritt zum europäischen Strafregisterinformationssystem ECRIS mindestens teilweise erfüllt werden kann. Der Bundesrat hatte sich bereit erklärt, das Postulat entgegenzunehmen. Darüber hinaus wolle er eine umfassende Prüfung der Vor- und Nachteile einer Schweizer ECRIS-Beteiligung im Allgemeinen vornehmen und dabei sowohl die Kosten als auch den Nutzen für die Straf- und Verwaltungsbehörden berücksichtigen.

Internationaler Austausch von Strafnachrichten. Prüfung eines Beitritts der Schweiz zu Ecris (Po. 17.3269)
Dossier: Strafregisterauszug für Aufenthaltsbewilligung bei EU-Bürgerinnen und -Bürgern / Beitritt zu ECRIS