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Mit einer Standesinitiative verlangte der Kanton Genf, dass das Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung ausdrücklich in der Bundesverfassung und im Strafgesetzbuch verankert wird. Als Erstrat gab der Ständerat in der Herbstsession 2014 der Initiative keine Folge. Er folgte damit dem Antrag seiner Kommissionsmehrheit, die in dieser Sache keinen Handlungsbedarf sah, da die «Lebensform» bereits explizit als Diskriminierungsgrund genannt sei. Die Mehrheit der Rechtskommission des Nationalrats war in diesem Punkt jedoch anderer Ansicht und argumentierte, dass Homosexualität nicht nur die Lebensform betreffe, sondern auch die Identität einer Person. Der bestehende Schutz sei daher nicht ausreichend. Der Nationalrat gab der Initiative mit 102 zu 81 Stimmen bei 2 Enthaltungen Folge und gab das Geschäft damit zurück an den Ständerat. Dieser hielt mit gleichbleibender Begründung an seiner Entscheidung fest und liess das Begehren somit scheitern. Die Aufnahme der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung in die Rassismusstrafnorm sei zudem auch Gegenstand einer parlamentarischen Initiative Reynard (sp, VS).

Kt.Iv. GE: Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung

Im Juni 2015 veröffentlichte der Bundesrat einen umfassenden Bericht zu Prostitution und Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung. Er erfüllte damit die Postulate Streiff-Feller (evp, BE; Po. 12.4162), Caroni (fdp, AR; Po. 13.3332), Feri (sp, AG; Po. 13.4033) und Fehr (sp, ZH; Po. 13.4045), welche allesamt vom Bundesrat einen Bericht im Bereich der Sexarbeit gefordert hatten. Der Nationalrat schrieb die Postulate daraufhin im Sommer 2016 ab.
Der Bundesrat sprach sich im Bericht deutlich gegen ein Verbot der Prostitution aus, da dies die Prostituierten in den Untergrund verdränge, was für sie mit erhöhten Risiken verbunden sei. Der Vergleich mit anderen Ländern, insbesondere mit Schweden, zeige zudem, dass die Bekämpfung des Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung auch mit einem Prostitutionsverbot schwierig bleibe. Es bestehe aber in der Schweiz durchaus Handlungsbedarf. Sehr viele der sich prostituierenden Frauen zeigten physische oder psychische Krankheitssymptome und das Ausbeutungsrisiko sei real. Ausserdem sei die Faktenlage zur sexuellen Ausbeutung in der Prostitution bescheiden und die in dem Bereich zuständigen Kantone verzichteten aufgrund mangelnder Ressourcen und tiefer Priorisierung weitgehend auf langfristige Strukturermittlungen zur Aufdeckung von Menschenhandel. Um die bestehenden Probleme anzugehen und eine Diskussionsgrundlage für das Parlament zu liefern, listete der Bundesrat am Ende des Berichts 57 mögliche Massnahmen zum Schutz von Prostituierten auf, wovon jedoch lediglich 14 auf Bundesebene durchführbar sind.

Länderstudie zu Prostitution und Sexarbeit (Po. 13.4045)
Dossier: Parlamentarische Vorstösse zu Prostitution und Menschenhandel 2012–2015

In der Frühjahrssession 2015 stimmte auch der Nationalrat den Änderungen des Römer Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs betreffend das Verbrechen der Aggression und die Kriegsverbrechen zu. In der Schlussabstimmung wurde der Bundesbeschluss in beiden Räten einstimmig angenommen.

Änderungen des Römer Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs (BRG 14.021)
Dossier: Internationaler Strafgerichtshof / Römer Statut

Am 6. März 2014 lancierte ein überparteiliches Komitee (ohne SVP) unter der Leitung der Guido Fluri Stiftung eine Volksinitiative zur Wiedergutmachung für Verdingkinder und Opfer fürsorgerischer Zwangsmassnahmen («Wiedergutmachungsinitiative»). Gefordert wurde insbesondere eine finanzielle Wiedergutmachung des erlittenen Unrechts durch die Schaffung eines mit CHF 500 Mio. dotierten Fonds. Weiter soll eine wissenschaftliche Aufarbeitung der Vorfälle geleistet und eine öffentliche Diskussion geführt werden. Mit dem Instrument der Volksinitiative sollen die bereits gestarteten Prozesse der Rehabilitierung, wie sie das Bundesgesetz über die Rehabilitierung administrativ versorgter Menschen und der Runde Tisch vorsahen, beschleunigt werden. Kurz vor Weihnachten 2014 konnte das Komitee die Initiative mit über 110‘000 Unterschriften einreichen.

Wiedergutmachung für Verdingkinder und Opfer fürsorgerischer Zwangsmassnahmen (Volksinitiative und indirekter Gegenvorschlag; 15.082)
Dossier: Wiedergutmachung für Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen

In seiner Antwort auf ein im März 2014 überwiesenes Postulat Stöckli (sp, BE) (Po. 13.4187) verabschiedete der Bundesrat im November 2014 einen Bericht über die Erfahrungen und Perspektiven nach einer 40-jährigen EMRK-Mitgliedschaft der Schweiz. Darin wies der Bundesrat unter anderem darauf hin, dass die Rechtsprechung in Strassburg jene des Bundesgerichts zu den Grundrechten mitgeprägt und den Schweizer Grundrechtskatalog beeinflusst habe. Trotz der Kritik an gewissen Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte stehe eine Kündigung der EMRK nicht zur Diskussion. Vielmehr solle ein gelassenerer Umgang mit Strassburg gepflegt werden. Anlässlich des 40. Jubiläums des Schweizer Beitritts fanden am 28. November 2014 öffentliche Veranstaltungen im Beisein von Bundesrätin Simonetta Sommaruga statt. Die Justizministerin ging in ihrer Rede an der Universität Zürich zwar auf die kritischen Stimmen ein, wies sie jedoch mehrheitlich zurück. Im Vorfeld der Feierlichkeiten war eine Debatte über die Verbindlichkeit der Rechtsprechung des Strassburger Gerichtshofes geführt worden. Während die SVP in der Bundesverfassung einen klaren Vorrang des Landesrechts vor dem Völkerrecht festschreiben wollte, sammelten sich verschiedene Organisationen aus dem Menschenrechtsbereich zur Arbeitsgruppe „Dialog EMRK“. Eine von Walter Kälin verfasste Studie hob zudem hervor, dass eine Nichtbeachtung der Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte unvermeidlich den Austritt aus dem Europarat zur Folge hätte. „Die Schweiz und die EMRK – das ist eine Verbindung ohne Verfallsdatum“, betonte auch Sommaruga.

40 Jahre EMRK-Mitgliedschaft der Schweiz (Po. 13.4187)

Einstimmig sprach sich der Ständerat für die Genehmigung zweier Änderungen des Römer Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs aus. Zum einen sollen durch eine Änderung der Bestimmung betreffend das Verbrechen der Aggression hochrangige Personen, die eine Angriffshandlung in die Wege leiten, völkerstrafrechtlich verantwortlich gemacht werden. Zum anderen soll der Tatbestand des Kriegsverbrechens neu auch auf interne Konflikte ausgedehnt werden.

Änderungen des Römer Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs (BRG 14.021)
Dossier: Internationaler Strafgerichtshof / Römer Statut

Die Tessiner Verfassungsbestimmung, wonach Gesichtsverhüllungen – beispielsweise durch eine Burka oder eine Vermummung bei Massenveranstaltungen – im öffentlichen Raum verboten sind, ist bundesrechtskonform. Zu diesem Schluss kam der Bundesrat bei der Gewährleistung der 2013 angenommenen Verfassungsänderung im Südkanton. Begründet wurde der Entscheid damit, dass die Tessiner Bestimmung sich eng an das französische Gesetz anlehne, welches vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte 2014 als mit der Europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar beurteilt worden war. Da sich die von der EMRK geschützten Grundrechte weitestgehend mit jenen der Bundesverfassung – unter anderem der Religionsfreiheit und dem Diskriminierungsverbot – decken und die Tessiner Verfassungsbestimmung Ausnahmeregelungen auf Gesetzesstufe zulässt, beantragte der Bundesrat deren Gewährleistung. Er liess jedoch auch verlauten, dass er solche Bestimmungen weiterhin als wenig sinnvoll erachte.

Vermummungsverbot im Tessin
Dossier: Burkaverbot in den Kantonen

Zum besseren Schutz der Privatsphäre soll der Bundesrat die digitale Identität der Bürgerinnen und Bürger definieren und diese in die bestehende Rechtspersönlichkeit integrieren. Dies forderte ein vom Nationalrat an die Regierung überwiesenes Postulat Derder (fdp, VD).

Die digitale Identität definieren und Lösungen für ihren Schutz finden (Po. 14.3655)
Dossier: 2. Revision des Bundesgesetzes über den Datenschutz (DSG)

Der Bundesrat wird eine exakte Bilanz über die Umsetzung des in Artikel 12 der UNO-Kinderrechtskonvention festgelegten Anhörungsrechts für Kinder vorlegen. Die 1997 von der Schweiz unterzeichnete Konvention räumt den Kindern Rechtssubjektcharakter ein. Es wurde befürchtet, dass das Gesetz nicht zufriedenstellend umgesetzt würde. Der Nationalrat überwies in der Herbstsession diskussionslos ein entsprechendes Postulat seiner Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur.

Anhörungsrecht für Kinder (Po. 14.3382)

Snowden, fortschreitende Digitalisierung, NSA-Skandale und Cyber-Crimes rückten den Datenschutz zuoberst auf die Politikagenda und verhalfen der Datenschutzproblematik zu einer hohen Medienpräsenz. Die zunehmende Angst vor dem „gläsernen Bürger“ erhielt daher in Gestalt verschiedener Vorstösse auch Einzug ins Parlament. Unter ihnen befand sich eine parlamentarische Initiative Vischer (gp, ZH), welche ein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung verankern wollte. Die moderne Datenverarbeitung gefährde nicht nur die freie Entfaltung der Persönlichkeit, sondern durch die selbstbestimmte Mitwirkung der Bürger auch das Gemeinwohl. Aus diesem Grund soll der verfassungsrechtliche Datenschutz von einem Missbrauchsschutz zu einem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aufgewertet werden. Damit würde ein Paradigmenwechsel in der Beweislast zugunsten der Bürger und Bürgerinnen vorgenommen. Die sicherheitspolitische Kommission des Nationalrates gab dem Vorstoss mit 12 zu 8 Stimmen Folge.

Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Pa.Iv. 14.413) / Schutz der digitalen Identität von Bürgerinnen und Bürgern (Pa.Iv. 14.434)
Dossier: 2. Revision des Bundesgesetzes über den Datenschutz (DSG)

Um die Grundrechtskonformität in unterschiedlichen Einrichtungen des Freiheitsentzugs, der zwangsweisen Rückführung auf dem Luftweg und den Asylunterkünften zu gewährleisten, führt die Nationale Kommission zur Verhütung der Folter (NKVF) jährlich Besuche in den Anstalten durch und veröffentlicht ihre Ergebnisse in einem Tätigkeitsbericht. Der vierte Bericht zeugte von einer raschen Umsetzung der Empfehlungen in den Flughafengefängnissen sowie von guten Bedingungen in den besuchten Asylzentren. Mängel wurden bei der Einzelhaft in Hochsicherheitsgefängnissen festgestellt. Weiter stellte die Kommission fest, dass es schweizweit an stationären Therapieplätzen fehlt und es zudem keine Einheitlichkeit bei den therapeutischen Konzepten gibt. Aufgrund dieser Untersuchungsergebnisse soll die Anwendbarkeit und Umsetzung von Art. 59 Abs. 3 StGB betreffend die stationären therapeutischen Massnahmen und die Behandlung von psychischen Störungen abgeklärt werden.

Nationale Kommission zur Verhütung der Folter

Internationale Beachtung fand das Strafverfahren gegen Erwin Sperisen. Der ehemalige Polizeichef Guatemalas wurde zwei Jahre nach seiner Festnahme zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Das Genfer Strafgericht sprach ihn im Vorwurf schuldig, bei der Erstürmung des Gefängnisses Pavón 2006 die Ermordung von sechs Häftlingen angeordnet zu haben. Das Urteil wurde auch in Guatemala verfolgt und dort von jenen begrüsst, die das Land auf dem Weg in Richtung rechtsstaatlicher Verhältnisse sehen.

Erwin Sperisen

Die Diskriminierung von Menschen mit Behinderung wird nicht als Straftatbestand aufgenommen. Einer entsprechenden Standesinitiative des Kantons Basel-Land wurde 2014 auch vom Nationalrat keine Folge gegeben, da kein Handlungsbedarf ausgemacht wurde. Die Befürworter eines dem Rassendiskriminierungsverbot analogen, explizit strafrechtlichen Verbots der Diskriminierung von Behinderten unterlagen mit 45 zu 121 Stimmen bei 15 Enthaltungen. Der Vorstoss war durch eine kritisierte Plakatkampagne des Bundesamtes für Sozialversicherungen Ende 2009 ausgelöst worden.

Diskriminierung von Menschen mit Behinderung (Kt.Iv 11.316)

Der Hitlergruss stellt keine Verletzung der Anti-Rassismus-Strafnorm dar. Dies entschied das Bundesgericht in Aufhebung eines Urteils gegen einen Neo-Nazi, der 2010 im Rahmen einer unbewilligten, rechtsextremen Demonstration auf dem Rütli die Hand zum Hitlergruss erhoben hatte. Nicht die öffentliche Bekennung zum Nationalsozialismus allein, sondern erst die Verbreitung bzw. die Propaganda rassendiskriminierender Ideologien erfülle den Tatbestand dieser Strafnorm. Das Verdikt wurde in rechtsextremen Kreisen gefeiert und sorgte weltweit für Schlagzeilen. In Reaktion auf das Urteil wollten mehrere Parlamentarier Vorstösse für ein Verbot rassistischer Symbole einreichen.

Hitlergruss

Im März legte eine vom EJPD eingesetzte Expertengruppe aus Vertreterinnen und Vertretern von Frauenschutzorganisationen im Erotikbereich, der Sozialpartner, der Kantone sowie der betroffenen Bundesstellen einen Bericht zur Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen der im Erotikgewerbe tätigen Frauen vor. Bei den 26 vorgeschlagenen Massnahmen werden Instrumenten wie der Aufhebung der Sittenwidrigkeit von Prostitutionsverträgen und der Abschaffung des Cabaret-Tänzerinnen-Status der Vorzug gegenüber dem in anderen Ländern eingeführten Prostitutionsverbot gegeben.

Rahmenbedingungen im Erotikgewerbe

Mit der Überweisung eines Postulats Feri (sp, AG) beauftragte der Nationalrat den Bundesrat mit der Ausarbeitung eines Berichts über die Situation der Sexarbeiterinnen und -arbeiter in der Schweiz. Die dadurch erhaltene Übersicht über die Aufsicht, Voraussetzungen und Bedingungen der Sexarbeitenden in den Kantonen soll den optimalen Schutz der Sexarbeitenden und Freier ermöglichen. Die Frage nach den Sicherheitskosten im Zusammenhang mit käuflichem Sex strich die grosse Kammer aufgrund des zu hohen finanziellen Aufwands für die Erhebung aus der Liste der zu prüfenden Punkte. Der Bundesrat beantragte die Annahme des Postulats, das gemeinsam mit den bereits überwiesenen Postulaten Streiff-Feller (evp, BE; Po. 12.4162) und Caroni (fdp, AR; Po. 13.3332) beantwortet werden kann.

Bericht über die Situation der Sexarbeiterinnen und -arbeiter in der Schweiz (Po. 13.4033)
Dossier: Parlamentarische Vorstösse zu Prostitution und Menschenhandel 2012–2015

Mit den fürsorgerischen Zwangsmassnahmen soll ein dunkles Kapitel der Schweizer Sozialgeschichte aufgearbeitet werden. Dabei wird an verschiedenen Stellen angesetzt: Zum einen will der Staat durch Gedenkanlässe und die Einsetzung eines Runden Tisches das begangene Unrecht anerkennen. Der bekundete Wille zur Wiedergutmachung wird unterstützt durch die Einrichtung kantonaler Anlaufstellen, eine erleichterte Akteneinsicht für die Betroffenen, eine wissenschaftliche Untersuchung sowie die Information der breiten Öffentlichkeit. Zum anderen verabschiedete das Parlament ein Bundesgesetz über die Rehabilitierung administrativ versorgter Menschen. Am meisten mediale Aufmerksamkeit erregte die durch den Runden Tisch für die Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen beschlossene Schaffung eines hauptsächlich staatlich finanzierten Solidaritätsfonds. Um Streitigkeiten über die Betroffenheit zu vermeiden, wird dabei allen Opfern ein einheitlicher Betrag ausgezahlt. Bis zur Verabschiedung einer gesetzlichen Grundlage für den Solidaritätsfonds sollten die Opfer finanzielle Unterstützung aus dem von der Glückskette verwalteten Soforthilfefonds beantragen können. Bis Oktober 2014 wurden bereits 500 Gesuche eingereicht.

Aufarbeitung der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen
Dossier: Wiedergutmachung für Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen

In der Frühlingssession verabschiedete die Bundesversammlung ein auf eine parlamentarische Initiative Rechsteiner (sp, SG) zurückgehendes Bundesgesetz über die Rehabilitierung administrativ versorgter Menschen. Zu den Opfern dieser Art fürsorgerischer Zwangsmassnahmen zählen Menschen, die bis 1981 von Verwaltungsbehörden aufgrund von Tatbeständen wie "Arbeitsscheue", "lasterhaftem Lebenswandel" oder "Liederlichkeit" ohne gerichtliches Verfahren in Anstalten eingewiesen wurden. Neben der gesetzlichen Anerkennung des begangenen Unrechts bringt der Erlass ein umfassendes Akteneinsichtsrecht für die Betroffenen. Weiter sieht er eine wissenschaftliche Aufarbeitung der Fälle durch eine unabhängige Expertenkommission vor. Nicht vorgesehen sind jedoch finanzielle Wiedergutmachungen.
Nachdem der Nationalrat 2013 dem Entwurf des Bundesgesetzes zugestimmt hatte, schuf der Ständerat im Frühjahr 2014 eine kleine Differenz. Die kleine Kammer zeigte sich einmal mehr als Vertreter des Föderalismus und forderte die Streichung der Bestimmung, die eine 80-jährige Schutzfrist für Akten administrativ Versorgter vorsah. Die kantonalen Schutzfristen seien ausreichend und es gäbe daher keinen Grund, in die kantonale Archivhoheit einzugreifen und die Schutzfristen zu harmonisieren. Da sowohl die Wissenschaft als auch die Betroffenen aber jederzeit ein Einsichtsrecht haben, ist die Schutzfristfrage von untergeordneter Bedeutung, weshalb der Nationalrat der Änderung zustimmte. Das Bundesgesetz konnte so im Nationalrat mit 142 zu 34 Stimmen bei 19 Enthaltungen und im Ständerat einstimmig verabschiedet werden. Nach ungenutzt verstrichener Referendumsfrist konnte das Gesetz am ersten August 2014 in Kraft treten. Im November 2014 setzte der Bundesrat dann eine unabhängige, multidisziplinär zusammengesetzte Expertenkommission unter der Leitung des Zürcher alt Regierungsrats Markus Notter ein, welche die administrativen Versorgungen vor 1981 aufarbeiten wird.

Rehabilitierung administrativ versorgter Menschen (Pa.Iv. 11.431)
Dossier: Wiedergutmachung für Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen

In der Frühjahrssession 2014 nahm der Nationalrat ein Postulat Fehr (sp, ZH) diskussionslos an und beauftragte damit den Bundesrat, eine Länderstudie zu Prostitution und Sexarbeit zu erstellen. Die Studie soll einerseits darlegen, wie die untersuchten Länder, darunter Schweden, Ausbeutung und Menschenhandel in der Prostitution und Sexarbeit bekämpfen und andererseits konkrete Massnahmen für die Schweiz vorschlagen. Der Bundesrat will das Postulat Fehr in einem Bericht zusammen mit den thematisch ähnlichen Postulaten Streiff-Feller (evp, BE; Po. 12.4162) und Caroni (fdp, AR; Po. 13.3332) erfüllen.

Länderstudie zu Prostitution und Sexarbeit (Po. 13.4045)
Dossier: Parlamentarische Vorstösse zu Prostitution und Menschenhandel 2012–2015

Anlässlich des Internationalen Tags zur Beseitigung der Rassendiskriminierung vom 21. März äusserte sich die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus (EKR) zustimmend zu den Empfehlungen des UNO-Ausschusses gegen Rassismus (CERD). Dieser hatte der Schweiz unter anderem empfohlen, eine zivilrechtliche Grundlage gegen rassistische Diskriminierung zu schaffen sowie Stereotypen und Stigmatisierungen in den Medien zu bekämpfen. Die EKR will das zwanzigjährige Jubiläum der Rassismusstrafnorm im kommenden Jahr 2015 zum Anlass nehmen, um eine Sensibilisierungskampagne zu lancieren.

Beseitigung der Rassendiskriminierung

Im Gegensatz zum Nationalrat sprach sich der Ständerat gegen DNA-Tests bei kriminellen Asylbewerbern aus. Er lehnte eine dahingehende Motion Darbellay (cvp, VS) mit den Argumenten ab, dass solche Tests nur bei konkretem Tatverdacht vorgenommen werden dürften und die Rechtsgleichheit der Asylbewerber gewahrt werden müsse. Die Motion war im Kontext der erhöhten Anzahl Kriminalfälle von Asylsuchenden aus den vom arabischen Frühling betroffenen Maghrebstaaaten eingereicht worden.

DNA-Tests bei kriminellen Asylbewerbern (Mo. 12.3909)

Mit einer Motion Schmid-Federer (cvp, ZH) möchte der Nationalrat den Bundesrat beauftragen, eine nationale Strategie gegen Cyberbullying und Cybermobbing auszuarbeiten. Die Strategie sollte mindestens eine national koordinierte Bekämpfung, eine zentrale Anlaufstelle für Opfer und Eltern sowie eine breit angelegte nationale Aufklärungskampagne umfassen. Der Bundesrat sah jedoch aufgrund der 2010 lancierten Programme „Jugend und Gewalt“ und „Jugend und Medien“ keinen Handlungsbedarf. Der Ständerat äusserte sich im Berichtsjahr noch nicht zum Anliegen.

nationale Strategie gegen Cyberbullying und Cybermobbing (Mo. 12.4161)

Im Rahmen ihres OSZE-Vorsitzes 2014 unterstützte die Schweiz die Konferenz zur Bekämpfung des Menschenhandels „Not for Sale – Joining Forces Against Trafficking in Human Beings“ in Wien mit dem Motto „Eine Sicherheitsgemeinschaft im Dienste der Menschen schaffen“. Bundesrätin Simonetta Sommaruga hielt die Eröffnungsrede und betonte darin die Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des Menschenhandels. Am Rande bot die Konferenz Gelegenheit für bilaterale Gespräche bezüglich internationaler Kooperation im Kampf gegen den Menschenhandel.

Bekämpfung des Menschenhandels

Die zweite und verschärfte Auflage des Hooligan-Konkordats von 2012 muss leicht revidiert werden. Dies beschloss das Bundesgericht, indem es im Januar 2014 eine Beschwerde des Basler Grossrats Tobit Schäfer (sp, BS) teilweise guthiess. So verstiessen die Mindestdauer des Rayonverbots von einem Jahr und die automatische Verdoppelung der Meldeauflage bei unentschuldbarer Verletzung der Meldepflicht gegen das Verhältnismässigkeitsprinzip. Die Konferenz der kantonalen Justiz- und Sicherheitsdirektoren (KKJPD) nahm den Entscheid gelassen hin. Während die Erhöhung der Meldeauflage sowieso nur wenige Fälle pro Jahr beträfe, käme die Herabsetzung der Mindestdauer des Rayonverbots gar einer Verschärfung des Konkordats gleich, da dann auch bei geringfügigeren Vergehen Rayonverbote verhängt werden könnten. Die übrigen Bestimmungen sah das Bundesgericht als grundrechtskonform an. Eine Woche nach dem Entscheid beschloss der Baselbieter Landrat, dem Konkordat nicht beizutreten. Eine Volksinitiative in beiden Basel ist wahrscheinlich. Im April heizten Ausschreitungen beim Cupfinal in Bern sowie nach dem Spiel des GC gegen den FCB in Basel die Diskussion über den Umgang mit gewaltbereiten Fans weiter an. Insbesondere eine Haftpflicht für Schäden an Fanzügen wurde gefordert.

Hooligan-Konkordats

Wie weit darf Humor gehen? Zu Beginn des Jahres 2014 wurde in den Schweizer Medien eine moralistisch aufgeladene Humordebatte geführt. Den Auftakt bildeten Italiener-Witze, die der Berner Stadtpräsident Alexander Tschäppät (sp) im Rahmen der Kulturreihe „Das Zelt“ zum Besten gab und die ihm eine Anzeige wegen Verletzung der Anti-Rassismus-Strafnorm einhandelten. Es folgten Proteste gegen das Blackfacing von Birgit Steinegger und Äusserungen über den jüdischen Humor durch Massimo Rocchi. Im Zentrum stand jeweils die Frage, wo die Linie zwischen Freiheit von Kulturschaffenden und Rassismus zu ziehen sei. Umstritten waren auch die als antisemitisch eingestuften, aber dennoch restlos ausverkauften Auftritte des Franzosen Dieudonné M’bala M‘bala in Nyon. Der Komiker war in Frankreich mit einem Auftrittsverbot belegt worden. Eine präventive Zensur wurde jedoch von der Präsidentin der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus, Martine Brunschwig Graf, abgelehnt. Die Anti-Rassimus-Strafnorm sei kein Zensurinstrument und führe auch nicht zu einem landesweiten Lachverbot. Zudem belegten die Zahlen keine Zunahme von Klagen gegen Rassismus seit der Einführung der Strafnorm im Jahr 1995.

Freiheit von Kulturschaffenden und Rassismus