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Mit der stillschweigenden Überweisung eines Postulats Arslan (basta, BS) in der Wintersession 2019 beauftragte der Nationalrat den Bundesrat, wirksamere Massnahmen zum Opferschutz in Hochrisikofällen bei häuslicher Gewalt zu prüfen. Konkret hatte die Postulantin eine Evaluation von Möglichkeiten der Echtzeitüberwachung und von Notfallknöpfen angedacht. Der Bundesrat sollte in seinem Bericht die sechs Fragen behandeln, welche Instrumente für einen wirksameren Opferschutz es gebe, ob es in anderen Ländern gute Beispiele gebe, welche Vor- und Nachteile diese Instrumente hätten und wie sie sich auf das Opfer selbst auswirkten, sowie welche technischen Grenzen und welche Grenzen in Bezug auf die Umsetzung bestünden. In der Begründung des Vorstosses hatte Arslan betont, die Beendigung der Gewalt an Frauen habe zu den wichtigsten Forderungen des Frauen*streiks vom 14. Juni 2019 gezählt. Auch der Bundesrat hatte die Annahme des Postulats beantragt.

Prüfung wirksamerer Massnahmen zum Opferschutz in Hochrisikofällen bei häuslicher Gewalt (Po. 19.4369)
Dossier: Gewalt gegen Frauen* / häusliche Gewalt (ab Ratifikation Istanbul-Konvention)

Während gewaltbetroffene erwachsene Frauen in der ganzen Schweiz Schutz und Zuflucht in Frauenhäusern finden könnten, fehle ein solches Angebot für Mädchen und junge Frauen, die zum einen, wenn minderjährig, in Frauenhäusern nicht zugelassen seien und zum anderen bezüglich Begleitung und Unterstützung andere Bedürfnisse hätten als erwachsene Frauen, stellte die Berner SP-Nationalrätin Flavia Wasserfallen im Herbst 2019 fest und reichte ein entsprechendes Postulat ein. Mit dessen stillschweigender Annahme in der Wintersession 2019 gab der Nationalrat beim Bundesrat erstens die Erhebung einer Statistik über gewaltbetroffene Mädchen und junge Frauen sowie zweitens die Abklärung des Bedarfs an entsprechenden Schutzplätzen in Auftrag.

Statistik über gewaltbetroffene Mädchen und Bedarfsabklärung für Schutzplätze (Po. 19.4064)
Dossier: Gewalt gegen Frauen* / häusliche Gewalt (ab Ratifikation Istanbul-Konvention)

Der Ständerat überwies in der Wintersession 2019 ein Postulat von Andrea Caroni (fdp, AR), das vom Bundesrat einen Bericht zur rechtlichen Ungleichbehandlung von Frauen und Männern im Bundesrecht forderte. Laut dem Postulanten müssten bestehende, direkte Ungleichbehandlungen von Männern und Frauen im Bundesrecht sowie auch die Auswirkungen davon vertieft untersucht werden. Caroni hatte bereits im Juni 2019 eine Interpellation (Ip. 19.3548) mit derselben Frage eingereicht. Als Antwort darauf hatte sich der Bundesrat bereit erklärt, ein Gutachten zur Thematik zu erstellen. Mit seinem Postulat wollte Caroni dieses Gutachten in einem Bericht verbindlich festhalten. Der Bundesrat erachtete die Annahme des Postulats aufgrund der bereits laufenden Arbeiten zum Gutachten als nicht notwendig, verzichtete letztlich aber auf eine Abstimmung im Rat. Weil kein Gegenantrag vorlag, wurde das Postulat stillschweigend angenommen.

Rechtliche Ungleichbehandlung von Frauen und Männern im Bundesrecht (Po. 19.4092)

Im Oktober 2017 legte der Bundesrat dem Parlament seinen Bericht «Bedrohungsmanagement, insbesondere bei häuslicher Gewalt» vor, mit dessen Ausarbeitung er vom Nationalrat durch die Annahme eines Postulates Feri (sp, AG) beauftragt worden war. Im Bericht hielt der Bundesrat fest, dass sich die Koordination zwischen den Kantonen auf polizeilicher Ebene bewährt habe und forderte die Kantone auf, ihre Zusammenarbeit und den Datenaustausch im Bereich der häuslichen Gewalt zu verstärken. Weiter empfahl er, die Ausbildung von Fachpersonen zum Risikomanagement vermehrt interkantonal zu organisieren und bot dazu Ausbildungshilfe an. Vorgaben zur Ausgestaltung des Bedrohungsmanagements seitens des Bundes seien dagegen zurzeit nicht angezeigt. Der Nationalrat schrieb das Postulat im Sommer 2018 als erfüllt ab.

Bedrohungsmanagement bei häuslicher Gewalt. Überblick über die rechtliche Situation und Schaffen eines nationalen Verständnisses (Po. 14.4204)
Dossier: Verbesserung des Schutzes für Stalking-Opfer

Mit einer parlamentarischen Initiative wollte Céline Amaudruz (svp, GE) den Straftatbestand der Schändung in den Deliktkatalog von Art. 64 StGB aufnehmen, welcher festlegt, bei welchen Straftaten das Gericht eine lebenslängliche Verwahrung aussprechen kann. Begründend führte sie aus, dass eine Vergewaltigung mit Hilfe von Betäubungsmitteln nicht als Grund für eine lebenslängliche Verwahrung geltend gemacht werden könne, eine „einfache“ Vergewaltigung dagegen schon. Nachdem die RK-NR der Initiative im August 2016 Folge gegeben hatte, liess sie die RK-SR im November desselben Jahres jedoch abblitzen, weshalb im Sommer 2017 der Nationalrat darüber zu befinden hatte. Dieser folgte mit 101 zu 84 Stimmen bei vier Enthaltungen seiner sich inzwischen anders besonnenen Kommissionsmehrheit und lehnte die Initiative ab. Begründet wurde die ablehnende Haltung damit, dass sich an der Rechtsprechung des Bundesgerichtes auch mit der Aufnahme der Schändung in den Straftatenkatalog nichts ändern würde. Bei jedem Fall müsse beurteilt werden, wie schwer die Tat war und welche Beeinträchtigung sie beim Opfer verursacht habe. Gerade Letzteres müsse immer gesondert geprüft werden und ergebe sich nicht eo ipso aus der Tat selber. Nur eine Minderheit war der Ansicht, damit könnte ein Beitrag an den Schutz der Gesellschaft und die Achtung der Opfer geleistet werden.

Pa.Iv. Amaudruz: Lebenslängliche Verwahrung

Die Kriminalstatistik verzeichnete 2016 einen erneuten Rückgang der Straftaten gegen das StGB (-4.1%). Insbesondere bei den Einbrüchen war wie bereits auch 2015 erneut eine Abnahme zu beobachten (-11.0%). Auch bei anderen Formen von Diebstahl stellte das BFS rückläufige Tendenzen fest (-9%; ohne Fahrzeuge). Eine «generell[e] Hochkonjunktur» hatten 2016 hingegen die Straftatbestände Verleumdung (+16.5%) sowie Beschimpfung und üble Nachrede (+4.0%), wie das St. Galler Tagblatt schrieb. Zugenommen hatten 2016 auch Gewaltstraftaten (+3.6%), was laut der Solothurner Zeitung insbesondere auf die Zunahme von Vergewaltigungen (+11%) und versuchten Tötungsdelikten (+33%) zurückzuführen war. Bei insgesamt 45 vollendeten Tötungsdelikten, welche im Gegensatz zu den versuchten Tötungsdelikten im Vergleich zum Vorjahr abgenommen (2015: 54; -21.0%) hatten, starben 19 Personen durch häusliche Gewalt – 18 davon waren weiblichen Geschlechts. Anders formuliert starb 2016 in der Schweiz alle drei Wochen eine Frau durch häusliche Gewalt, berichtete das BFS den Medien. Wie der Kriminologe Olivier Guéniat im Gespräch mit Le Matin Dimanche einschätzte, sei dies aufgrund der hohen Dunkelziffer im Bereich der häuslichen Gewalt wohl nur «die Spitze des Eisbergs».
Nachdem Widerhandlungen gegen das BetmG im Vorjahr zugenommen hatten, waren sie 2016 insgesamt wieder leicht rückläufig (-3.3%). Dies zeigte sich sowohl bei den markanten Rückgängen im Schmuggel (-52.2%) und beim Anbau und der Herstellung (-42.7%) als auch schwächer beim Besitz von Betäubungsmitteln (-1.8%). Während der Handel im Vergleich zum Vorjahr konstant geblieben war, nahm der Konsum von Betäubungsmitteln, welcher knapp die Hälfte der Straftaten gegen das BetmG ausmachte, um knapp 2 Prozent zu.
Auch bei den Straftaten gegen das AuG war 2016 ein leichter Rückgang (-0.7%) zu beobachten. Dieser manifestierte sich vorwiegend bei der illegalen Einreise mit unrechtmässigem Aufenthalt in der Schweiz (-5.2%) und bei der Ausübung einer illegalen Erwerbstätigkeit (-1.6%). Konstant blieben die Zahlen hingegen bei der Erleichterung einer illegalen Einreise, beim unrechtmässigen Aufenthalt und bei der Irreführung der Rechtspflege. Eine Zunahme war 2016 bei der Missachtung der Ein-/Ausgrenzung (+48.4%) und bei der Verletzung der An- und Abmeldepflicht (+18.4%) zu verzeichnen.
Obwohl die Straftaten gegen das StGB insgesamt rückläufig waren, nahm die Zahl der wegen einer Widerhandlung gegen das StGB beschuldigten Personen um 1.5 Prozent zu. Bei Betrachtung der Altersverteilung der Beschuldigten fällt auf, dass sowohl die Zahl der beschuldigten Minderjährigen (-1.4%) als auch die Zahl der beschuldigten jungen Erwachsenen (-0.3%; 18-bis 24-Jährige) erneut rückläufig waren und seit 2009 einen Tiefststand erreichten. Bei den übrigen Erwachsenen war ein Zuwachs um 2.4 Prozent zu beobachten. Ebenfalls zugenommen hatte 2016 – erstmals in drei Jahren – die Zahl der beschuldigten Personen aus dem Asylbereich (+34.3%).

Kriminalstatistik 2016
Dossier: Polizeiliche Kriminalstatistik

Im Sommer 2016 schrieb der Nationalrat das Postulat Feri (sp, AG) ab, da der Bundesrat das Anliegen des Vorstosses mit der Veröffentlichung seines Berichts zu Prostitution und Menschenhandel im Juni 2015 erfüllt hatte.

Bericht über die Situation der Sexarbeiterinnen und -arbeiter in der Schweiz (Po. 13.4033)
Dossier: Parlamentarische Vorstösse zu Prostitution und Menschenhandel 2012–2015

Nationalrätin Yvonne Feri (sp, AG) reichte im Juni 2013 ein Postulat ein, das den Bundesrat beauftragte, einen Grundlagenbericht zum Bedrohungsmanagement bei häuslicher Gewalt in der Schweiz zu verfassen, mit besonderem Fokus auf den rechtlichen Aspekt des für ein koordiniertes Vorgehen notwendigen Datenaustauschs. Der Bundesrat empfahl das Postulat zu Annahme.
In der Herbstsession 2013 wurde fälschlicherweise die Annahme des Postulats festgehalten, obwohl Andrea Geissbühler (svp, BE) es bekämpft hatte. In der Sondersession vom Mai 2015 debattierte der Nationalrat deshalb über das Postulat. Geissbühler argumentierte dabei, der geforderte Bericht sei unnötig, da die Kantone in dieser Sache zuständig und sich des Problems sehr wohl bewusst seien. Laut Bundesrätin Simonetta Sommaruga könne der Bericht hingegen bundesrechtliche Hindernisse beim Datenaustausch der Kantone in diesem Bereich beleuchten, was den Kantonen helfen würde, ein Bedrohungsmanagement aufzubauen und Eskalationen bei häuslicher Gewalt zu verhindern. Der Nationalrat nahm das Postulat schliesslich mit 133 zu 52 Stimmen an. Als einzige Fraktion stimmte diejenige der SVP geschlossen dagegen.

Bedrohungsmanagement bei häuslicher Gewalt. Überblick über die rechtliche Situation und Schaffen eines nationalen Verständnisses (Po. 14.4204)
Dossier: Verbesserung des Schutzes für Stalking-Opfer

Im März legte eine vom EJPD eingesetzte Expertengruppe aus Vertreterinnen und Vertretern von Frauenschutzorganisationen im Erotikbereich, der Sozialpartner, der Kantone sowie der betroffenen Bundesstellen einen Bericht zur Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen der im Erotikgewerbe tätigen Frauen vor. Bei den 26 vorgeschlagenen Massnahmen werden Instrumenten wie der Aufhebung der Sittenwidrigkeit von Prostitutionsverträgen und der Abschaffung des Cabaret-Tänzerinnen-Status der Vorzug gegenüber dem in anderen Ländern eingeführten Prostitutionsverbot gegeben.

Rahmenbedingungen im Erotikgewerbe

Mit der Überweisung eines Postulats Feri (sp, AG) beauftragte der Nationalrat den Bundesrat mit der Ausarbeitung eines Berichts über die Situation der Sexarbeiterinnen und -arbeiter in der Schweiz. Die dadurch erhaltene Übersicht über die Aufsicht, Voraussetzungen und Bedingungen der Sexarbeitenden in den Kantonen soll den optimalen Schutz der Sexarbeitenden und Freier ermöglichen. Die Frage nach den Sicherheitskosten im Zusammenhang mit käuflichem Sex strich die grosse Kammer aufgrund des zu hohen finanziellen Aufwands für die Erhebung aus der Liste der zu prüfenden Punkte. Der Bundesrat beantragte die Annahme des Postulats, das gemeinsam mit den bereits überwiesenen Postulaten Streiff-Feller (evp, BE; Po. 12.4162) und Caroni (fdp, AR; Po. 13.3332) beantwortet werden kann.

Bericht über die Situation der Sexarbeiterinnen und -arbeiter in der Schweiz (Po. 13.4033)
Dossier: Parlamentarische Vorstösse zu Prostitution und Menschenhandel 2012–2015

Die von Roth-Bernasconi (sp, GE) eingereichte parlamentarische Initiative fordert die Ausarbeitung einer Strafnorm, die sexuelle Verstümmelung von Frauen oder die Aufforderung dazu in der Schweiz unter Strafe stellt. Für in der Schweiz niedergelassene Personen soll diese Regelung auch gelten, wenn die Tat im Ausland begangen wurde. Obwohl bereits heute eine Bestrafung möglich ist, erhofft sich die Initiantin von einer speziellen Strafnorm erzieherische Wirkung. Nach einer kleinen redaktionellen Änderung durch den Ständerat konnte die Änderung des StGB im Nationalrat mit 195 zu 1 und im Ständerat mit 44 zu 0 Stimmen angenommen werden.

sexuelle Verstümmelung von Frauen

Für Diskussion sorgte eine parlamentarische Initiative Leutenegger Oberholzer (sp, BL), welche durch eine Änderung des ZGB eine Gleichstellung im Namen- und Bürgerrecht erreichen wollte. Der 2003 eingereichten Initiative war 2004 im Nationalrat Folge gegeben worden. Die zweijährige Frist zur Ausarbeitung eines Vorentwurfs wurde dann 2006 bis 2008 verlängert. Der 2009 vorgelegte Entwurf war von der grossen Kammer dann allerdings an die Kommission zurückgewiesen worden. Diese legte bereits 2009 einen neuen Entwurf vor, den die grosse Kammer billigte. Diese überarbeitete Fassung sah vor, dass der Ehemann wie die Ehefrau das Recht haben soll, seinen bisherigen Familienamen dem Nachnamen der Frau voranzustellen, wenn letzterer von den Brautleuten als Familienname gewählt wird. Der Ständerat schuf 2011 jedoch eine Differenz, indem er beschloss, dass nach der Eheschliessung grundsätzlich beide Ehegatten ihren Familienamen behalten können, wenn sie sich nicht für einen gemeinsamen Familiennamen entscheiden. Trotz Widerstands vor allem aus den Reihen der SVP wurde die Modifikation im Nationalrat angenommen. In der Schlussabstimmung wurde das Bundesgesetz im Nationalrat mit 117 zu 72 Stimmen bei 6 Enthaltungen und im Ständerat mit 32 zu 6 Stimmen bei 5 Enthaltungen angenommen.

Gleichstellung im Namens- und Bürgerrecht (Pa.Iv. 03.428)
Dossier: Gleichberechtigung von Frauen und Männern im Namensrecht

Im Jahr 2010 fanden 14 Grossdemonstrationen mit 1000 und mehr Beteiligten statt. An zwei Kundgebungen nahmen mehr als 5000 Personen teil. Im März demonstrierten rund 6000 Personen auf dem Bundesplatz für die Gleichstellung der Geschlechter und im April unterstützten rund 5000 Personen die Solidaritätskundgebung für Tibet in Zürich. In Bern fanden acht Grossdemonstrationen statt, in Genf und Zürich je zwei, in Freiburg und in Gösgen je eine. Im Gegensatz zum Vorjahr, als bei 25 Grossdemonstrationen mehrheitlich aussenpolitische Fragen bewegt hatten, standen 2010 vermehrt spezifische Interessen einzelner Gruppen im Vordergrund: neben Gleichstellungsfragen waren etwa Proteste von Wirten gegen die Mehrwertsteuer, von Lehrern für bessere Arbeitsbedingungen, von Postangestellten gegen Poststellenabbau und Rationalisierung, von Jugendlichen für Genfer Konzertlokale oder von Velofahrern gegen den Autoverkehr Gründe für die Protestaktionen. Darüber hinaus bewegten Solidaritätskundgebungen für verfolgte Christen und für Ausländer, darunter die Protestdemonstration gegen die Annahme der Ausschaffungsinitiative. In Gösgen demonstrierten rund 4000 Personen gegen das AKW und in Bern nahmen etwa 1000 Linksautonome am antifaschistischen Abendspaziergang teil.

Grossdemonstrationen in der Schweiz im Jahr 2010
Dossier: Grossdemonstrationen in der Schweiz

Der Nationalrat befasste sich mit den Kommissionsvorschlägen zur Umsetzung von zwei parlamentarischen Initiativen von Felten (sp, BS) für die strafrechtliche Verfolgung von Vergewaltigung und anderen Gewaltakten in der Ehe oder eheähnlichen Verhältnissen. Diese gelten in Zukunft als Offizial- und nicht nur als Antragsdelikt. Bei weniger gravierenden Straftatbeständen (einfache Körperverletzung, Tätlichkeit, Drohung, Nötigung) kann das Verfahren auf Wunsch des Opfers eingestellt werden. Gegen den Widerstand der SVP und der Liberalen hiess der Nationalrat die neuen Bestimmungen mit 118 zu 33 Stimmen gut. Nachdem der Ständerat oppositionslos zugestimmt hatte, wurde die Gesetzesrevision in der Herbstsession verabschiedet.

Verschärfung des StGB betreffend Gewalt in der Ehe (Pa.Iv. 96.465)
Dossier: Zivil- und Strafrichtliche Bekämpfung von Gewalt in der Familie 1996 - 2006
Dossier: Revision Sexualstrafrecht - Sexuelle Integrität und Vergewaltigung in der Ehe

Nachdem der Nationalrat 1997 zwei parlamentarischen Initiativen von Felten (sp, BS) für die Verfolgung von Vergewaltigung und anderen Gewaltakten in der Ehe oder eheähnlichen Verhältnissen als Offizial- und nicht nur als Antragsdelikt Folge gegeben hatte, legte nun seine Rechtskommission eine entsprechende Gesetzesänderung vor. Da sie der Ansicht war, dass ein von Staates wegen einzuleitendes Verfahren in Einzelfällen nicht dem Willen des Opfers entsprechen könnte, sah sie allerdings vor, dass bei weniger schweren Fällen das Verfahren auf Wunsch des Opfers eingestellt werden kann.

Verschärfung des StGB betreffend Gewalt in der Ehe (Pa.Iv. 96.465)
Dossier: Zivil- und Strafrichtliche Bekämpfung von Gewalt in der Familie 1996 - 2006
Dossier: Revision Sexualstrafrecht - Sexuelle Integrität und Vergewaltigung in der Ehe

Mit zwei parlamentarischen Initiativen verlangte im Nationalrat die Sozialdemokratin von Felten (BS) eine Verschärfung des Strafrechts zum Schutz der Frauen vor Gewalt in der Ehe oder in eheähnlichen Verhältnissen. Die erste Initiative (Pa.Iv. 96.464) verlangt, dass die einfache Körperverletzung durch den Mann in diesen Verhältnissen zu einem Offizialdelikt wird. Der zweite Vorstoss will erreichen, dass sexuelle Nötigung und Vergewaltigung in der Ehe vom Staat als Offizialdelikt, also auch ohne Einwilligung der betroffenen Frau verfolgt werden muss. Noch 1990 hatte sich der Nationalrat anlässlich der Revision des Sexualstrafrechts für die Ausgestaltung als Antragsdelikt entschieden. Nun beantragte die vorberatende Kommission die Überweisung beider Vorstösse. Gegenanträge stellten Dorle Vallender (fdp, AR) und Suzette Sandoz (lp, VD); sie blieben aber mit 72:70 (Körperverletzung) resp. 82:66 (Vergewaltigung) Stimmen in der Minderheit.

Verschärfung des StGB betreffend Gewalt in der Ehe (Pa.Iv. 96.465)
Dossier: Zivil- und Strafrichtliche Bekämpfung von Gewalt in der Familie 1996 - 2006
Dossier: Revision Sexualstrafrecht - Sexuelle Integrität und Vergewaltigung in der Ehe

Die grösste politische Demonstration fand 1991 am Frauenstreiktag vom 14. Juni statt. Mehrere zehntausend Frauen gingen an diesem Tag in vielen Orten der Schweiz auf die Strasse; am besten besucht war die Kundgebung in Zürich mit rund 10'000 Demonstrantinnen. Die grösste Kundgebung an einem Ort war allerdings die nationale Demonstration gegen den Golfkrieg vom 26. Januar in Bern mit 15'000 Teilnehmenden. Der Golfkrieg war denn auch dominierendes Thema bei den insgesamt 29 (inkl. sechs Kundgebungen zum Frauenstreik, 1990: 26) von uns verzeichneten Demonstrationen mit 1'000 und mehr Beteiligten: zehn Grosskundgebungen – davon eine aus Protest gegen die Bombardierung Israels durch den Irak – fanden aus diesem Anlass statt. Zweithäufigstes Thema war der Bürgerkrieg in Jugoslawien: viermal waren es Kroaten, je einmal Albaner aus Kosovo bzw. Serben, welche für ihre Sache Grosskundgebungen durchführten. Zweimal in Bern und je einmal in Zürich und Freiburg versammelten sich mehr als tausend Staatsangestellte, um gegen Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen, insbesondere die Nichtgewährung des vollen Teuerungsausgleichs zu protestieren. Rund zwei Drittel dieser grossen Kundgebungen wurden in den Städten Bern und Zürich durchgeführt (je neun).

In dieser Zusammenstellung sind die Kundgebungen der Gewerkschaften zum 1. Mai, welche in den Grossstädten jeweils einige Tausend Beteiligte aufweisen, und die traditionellen Ostermärsche der Pazifisten im schweizerisch/deutschen Grenzgebiet nicht erfasst. Demonstrationen mit 1'000 und mehr Teilnehmenden, unterteilt nach Ort, Datum (Zeitung), Anzahl Teilnehmende und Thema:

Bern: 15.1. (3'000 / Golfkrieg), 16.1. (2'500 / Golf), 28.1. (15'000 / Golf), 29.4. (1'000 / Kurden im Irak), 27.5. (2'000 / Kroaten), 30.9. (1'500 / Serben), 12.9. (1'000 / Staatsangestellte), 1.11. (6'000 / Staatsangestellte);
Zürich: 18.1. (1'000/ Golf), 21.1. (2'000 / Golf), 28.1. (2'000 / Kroaten), 4.2. (1'500 / Golf, Israel), 1.7. (2'500 / Kroaten und Slowenen), 9.12. (1'000/ Kroaten), 12.12. (1'500 / Staatsangestellte), 23.12. (1'500 / gegen Rassismus);
Genf: 14.1. (6'000 / Golf), 21.1. (5'000 / Golf), 7.10. (2'000 / Kosovo-Albaner);
Basel: 18.1. (1'500 / Golf), 21.1. (6'000 / Golf);
Freiburg: 22.11. (2'000 / Staatsangestellte);
Lausanne: 16.1. (1'500 / Golf).

Aktionen zum Frauenstreiktag fanden an unzähligen Orten statt. Eigentliche Demonstrationen mit mehr als 1'000 Teilnehmerinnen wurden gemeldet aus: Zürich (10'000), Genf (6'000), Aargau (4'000), Basel (3'000), Winterthur (2'000) und Bern (1'500).

Statistik Grossdemonstrationen 1991
Dossier: Grossdemonstrationen in der Schweiz

In der Differenzbereinigung befasste sich der Ständerat in der Märzsession mit der Revision der Bestimmungen über strafbare Handlungen gegen die sexuelle Integrität. Er stimmte dem Nationalrat in Bezug auf die Straffreiheit von Handlungen zu, die sich zwischen Kindern von weniger als 14 Jahren abspielen. Hingegen lehnte er den Beschluss der Volkskammer ab, auch dann von einer Strafverfolgung abzusehen, wenn bei Beteiligung von 14-16 jährigen der Altersunterschied nicht mehr als vier Jahre beträgt. Immerhin soll bereits der Untersuchungsrichter unter bestimmten Umständen — konkret bei echten Liebesbeziehungen — auf eine Strafverfolgung verzichten können.

In der Frage der strafrechtlichen Verfolgung der Vergewaltigung in der Ehe hatte im Ständerat seit der Erstberatung 1987 ein grundlegender Meinungswandel stattgefunden. Umstritten war nicht mehr das Prinzip der Bestrafung, sondern lediglich noch die Ausgestaltung als Offizial- oder Antragsdelikt. Mit 21 zu 5 Stimmen schloss sich der Rat der Volkskammer an und beschloss, Vergewaltigung in der Ehe nur auf Antrag strafrechtlich zu verfolgen. Auch bei allen übrigen Differenzen schloss er sich dem Nationalrat an.

Revision des Sexualstrafrechts (BRG 85.047)
Dossier: Revision Sexualstrafrecht - Sexuelle Integrität und Vergewaltigung in der Ehe

Der negative Entscheid der Landsgemeinde führte auch zu parlamentarischen Vorstössen auf Bundesebene. Mit Motionen forderten die Fraktionen der CVP und der GP sowie die Freisinnige Nabholz (ZH) Verfassungsänderungen, welche die politische Gleichberechtigung auch für die Kantone zwingend vorschreiben. Der Bundesrat beantragte anfangs Oktober, die Motionen bloss in Postulatsform zu überweisen, da nach dem Bundesgerichtsurteil über die erwähnten staatsrechtlichen Beschwerden auf eine aufwendige Verfassungsänderung eventuell verzichtet werden könne. Falls das Urteil negativ ausfalle und auch die Landsgemeinde die Einführung des kantonalen Frauenstimmrechts 1991 nochmals ablehne, werde er unverzüglich die geforderte Verfassungsrevision einleiten.

Vorstösse auf Bundesebene Frauenstimmrecht

Das Bundesgericht befasste sich am 27. November mit den Beschwerden und kam einstimmig zum Entscheid, dass der Kanton Appenzell-Innerrhoden den Frauen ab sofort das vollumfängliche aktive und passive Stimm- und Wahlrecht zugestehen muss. Das Richterkollegium begründete sein Urteil mit dem Gleichberechtigungsartikel der Bundesverfassung (Art. 4.2 BV). Dieser sei direkt anwendbar und den Bestimmungen von Art. 74.4 BV über die kantonale Regelung des Wahlrechts übergeordnet.

Bundesgericht: AI muss Frauen das Stimm- und Wahlrecht zugestehen

Das revidierte Bürgerrechtsgesetz wird auf Anfang 1992 in Kraft treten. Neben der Zulassung des Doppelbürgerrechts – diese Bestimmung wird bereits seit Ablaufen der Referendumsfrist im Juli 1990 angewandt – bringt es als wichtigste Neuerung die Abschaffung der bisher weltweit einzigartigen Regelung, dass Ausländerinnen durch Heirat mit einem Schweizer das Bürgerrecht automatisch erworben haben. Für ausländische Ehepartner beiderlei Geschlechts gilt künftig ein erleichtertes Einbürgerungsverfahren.

Zweite Etappe der Bürgerrechtsrevision: Geschlechtsneutrale Regelung der Einbürgerung
Dossier: Revision des Bürgerrechts 1982–1992

Die Männer Appenzell-Innerrhodens lehnten an der Landsgemeinde vom 29. April die von Regierung und Parlament empfohlene Einführung des kantonalen Frauenstimm- und wahlrechts nach 1973 und 1982 zum dritten Mal deutlich ab. Als Reaktion darauf erhoben Appenzeller Bürgerinnen und Bürger beim Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde. Im weitern reichten sie eine Volksinitiative für die politische Gleichberechtigung ein; die Regierung kündigte im Herbst an, dass sie das Begehren mit einer zustimmenden Empfehlung an der Landsgemeinde vom nächsten Frühjahr zur Abstimmung bringen werde.

Frauenstimm- und wahlrecht in Appenzell Innerrhoden abgelehnt

Vor der Schlussabstimmung über die bereinigte Bürgerrechtsvorlage kam es im Nationalrat allerdings noch zu einem frauenpolitischen Zwischenspiel. Bär (gp, BE) plädierte für Rückweisung des Textes zur redaktionellen Überarbeitung. Sie begründete ihren Antrag damit, dass mit der durchgängigen Verwendung der männlichen Formen (mit dem einleitenden Verweis, dass damit auch die Frauen mitgemeint seien) nicht nur die Frauen diskriminiert würden, sondern auch neue rechtliche Institutionen wie zum Beispiel die Ehe zwischen Männern geschaffen werden, was wohl kaum in der Absicht der Parlamentsmehrheit liegen dürfte. Nachdem der Präsident der Redaktionskommission erklärte hatte, dass sich eine verwaltungsinterne Arbeitsgruppe mit dem Problem der geschlechtsneutralen Formulierungen befasse, lehnte der Rat den Rückweisungsantrag Bär mit 56 zu 70 Stimmen ab.

Zweite Etappe der Bürgerrechtsrevision: Geschlechtsneutrale Regelung der Einbürgerung
Dossier: Revision des Bürgerrechts 1982–1992