Suche zurücksetzen
Themenübergreifendes Suchen:

Inhalte

  • Rechtsordnung
  • Volksabstimmung

Akteure

Prozesse

  • Bundesratsgeschäft
8 Resultate
Als PDF speichern Weitere Informationen zur Suche finden Sie hier

Nach einem langen und emotionalen Abstimmungskampf nahm die Schweizer Stimmbevölkerung am 19. Mai 2019 die Übernahme der geänderten EU-Waffenrichtlinie mit 63.7 Prozent Ja-Stimmen deutlich an. Die Stimmbeteiligung lag bei 43.9 Prozent. Ausser im Tessin (45.5% Ja) überwog die Zustimmung in allen Kantonen. Am höchsten fiel sie in Basel-Stadt mit 75 Prozent Ja-Stimmen aus, gefolgt von den drei Westschweizer Kantonen Genf, Neuenburg und Waadt sowie dem Kanton Zürich mit jeweils über 70 Prozent. Gesamtschweizerisch zeigte sich ein klarer Stadt-Land- oder Zentrum-Peripherie-Graben, wobei die Zustimmung in den städtischen Zentren am höchsten und – nebst dem Tessin – in den ländlichen Regionen wie dem Berner Oberland, der Innerschweiz und den Bündner Südtälern am niedrigsten ausfiel.
Vertreterinnen und Vertreter der Befürworterseite werteten das Ergebnis in der Presse als positives Signal für die Beziehungen der Schweiz zur EU und blickten zuversichtlich in Richtung der anstehenden europapolitischen Entscheidungen über die Begrenzungsinitiative sowie über das institutionelle Rahmenabkommen mit der EU. Demgegenüber sah das unterlegene Nein-Lager im Resultat kein Ja zu Europa, sondern schöpfte daraus neuen Elan für den Kampf gegen die Personenfreizügigkeit und das Rahmenabkommen. «Solche angstgetriebenen Abstimmungsergebnisse wären künftig die Regel, falls der Bundesrat das Rahmenabkommen mit der EU unterschreibt», zitierte beispielsweise die Aargauer Zeitung eine Mitteilung der SVP. Die Gesellschaft für ein freiheitliches Waffenrecht ProTell, die an vorderster Front gegen die Änderungen im Waffenrecht gekämpft hatte, liess derweil verlauten, man werde die Umsetzung der EU-Waffenrichtlinie nun sehr genau überwachen und den Bundesrat an seinen Versprechungen messen, die er im Abstimmungskampf gemacht habe.
Der Ausgang der Abstimmung wurde sowohl von der Befürworter- als auch von der Gegnerseite zu einem grossen Teil der neuen Justizministerin Karin Keller-Sutter zugeschrieben. Sie habe mit ihrer Glaubwürdigkeit als ehemalige Polizeidirektorin eines Grenzkantons die Unentschlossenen überzeugt, lobte sie etwa der Waadtländer FDP-Nationalrat Laurent Wehrli in der «Tribune de Genève». Auch der Walliser SVP-Nationalrat und Interimspräsident von ProTell Jean-Luc Addor bezeichnete die Übernahme des EJPD durch Karin Keller-Sutter gegenüber der gleichen Zeitung als «Schlüsselmoment» in der Kampagne, weil die St. Gallerin – im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin und «historischen Waffengegnerin» Simonetta Sommaruga – im Dossier als glaubwürdig wahrgenommen worden sei. Die neue Bundesrätin bestand ihre Feuertaufe vor dem Stimmvolk offensichtlich mit Bravour.


Abstimmung vom 19. Mai 2019

Beteiligung: 43.9%
Ja: 1'501'880 (63.7%)
Nein: 854'274 (36.3%)

Parolen:
– Ja: BDP, CVP, EVP, FDP (Jungfreisinnige: 3*), GLP, GP, KVP, SP; KdK, Economiesuisse, SAV, SGV, SGB, Travail.Suisse, Gastrosuisse, Hotelleriesuisse, SBLV
– Nein: EDU, FP, SD, SVP; IGS, SOG, Schweizerischer Unteroffiziersverband, Jagd Schweiz, ProTell, SBV
* Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

Bei einer Stimmbeteiligung von knapp 43 Prozent nahm die Schweizer Stimmbevölkerung am 25. September 2016 das Bundesgesetz über den Nachrichtendienst (NDG) mit 65.5 Prozent Ja-Stimmen an. Das Resultat fiel damit noch deutlicher aus, als es die im Vorfeld durchgeführten Umfragen erwarten liessen. In keinem einzigen Kanton resultierte eine Nein-Mehrheit. Die geringste Zustimmung erfuhr das NDG im Kanton Basel-Stadt mit 55 Prozent. Am höchsten fiel die Zustimmung mit gut 74 Prozent im Kanton Waadt aus, gefolgt von Nidwalden mit gut 70 Prozent. In allen anderen Kantonen bewegte sich der Ja-Anteil zwischen 60 und 70 Prozent, wobei sich keine nennenswerten Unterschiede zwischen den Landesteilen oder zwischen Stadt und Land zeigten.
Bundesrat Guy Parmelin, der hiermit seine Feuerprobe als neuer Verteidigungsminister vor dem Stimmvolk souverän bestanden hatte, zeigte sich sehr zufrieden mit dem Ausgang der Abstimmung. Die Schweiz erhalte damit moderne Mittel, um auf aktuelle Bedrohungen zu reagieren, sagte er gegenüber den Medien. Auch das Ja-Komitee zeigte sich erfreut, dass es gelungen sei, die Ängste vor der Massenüberwachung zu entkräften. Die Presse deutete das Resultat entsprechend als Vertrauensbeweis der Stimmbevölkerung in den Staat. Das unterlegene Nein-Lager kündigte unterdessen an, nun auf die transparente Kontrolle des NDB zu pochen und die vom Bundesrat kommunizierte Zahl von rund zehn Überwachungsfällen pro Jahr genau im Auge zu behalten.
In Kraft treten wird das neue NDG am 1. September 2017. Bis dahin gebe es noch viel zu tun, erklärte der Verteidigungsminister. So müsse der NDB organisatorisch und technisch auf seine neuen Befugnisse ausgerichtet werden, denn mit diesen Anpassungen habe man bis zur Abstimmung zugewartet. Die personelle Aufstockung des NDB um 20 Stellen solle bis 2019 schrittweise erfolgen. Möglichst zeitnah müsse zudem die neue unabhängige Aufsichtsbehörde eingerichtet werden, deren Leitung der VBS-Chef bis Ende Jahr ernennen werde. Die Aufsicht solle dann – wie auch die Sicherheitspolitischen Kommissionen der eidgenössischen Räte und die GPDel – bereits in die Ausarbeitung der Verordnungen zur Konkretisierung des NDG einbezogen werden, die der Bundesrat Anfang 2017 in die Vernehmlassung schicken wolle.


Abstimmung vom 25. September 2016

Beteiligung: 42.94%
Ja: 1'459'068 (65.5%)
Nein: 768'065 (34.5%)

Parolen:
– Ja: BDP, CVP, EDU (1*), EVP (1*), FDP, FP, KVP, SVP (1*); KKJPD, Economiesuisse
– Nein: GP, PdA, Piratenpartei, SD, SP (2*); GSoA, Digitale Gesellschaft, Syndicom
– Stimmfreigabe: GLP (4*)
* In Klammern Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Neues Nachrichtendienstgesetz (BRG 14.022)
Dossier: Staatliche Überwachung
Dossier: Vorstösse und Massnahmen zur Bekämpfung islamistischer Radikalisierungstendenzen

Am 17. Mai nahm das Volk den Bundesbeschluss mit 953'173 Ja zu 947'493 Nein äusserst knapp an. Am deutlichsten fiel die Zustimmung im Kanton Luzern mit 58% aus, am deutlichsten war die Ablehnung im Jura mit 56% Nein. Die in der Geschichte der nationalen Volksabstimmungen zweitkleinste Differenz zwischen der Anzahl Ja- und Nein-Stimmen (5780) löste Hunderte von Beschwerden mit der Forderung einer Neuauszählung aus. Da aber nirgendwo konkrete Unregelmässigkeiten moniert wurden, blieben sie erfolglos. Gemäss der Vox-Analyse waren die Zweifel an der Datensicherheit bei einer zentralen Speicherung der Passinformationen das wichtigste Motiv für die Nein-Stimmenden gewesen. Unterschiede im Stimmverhalten liessen sich kaum feststellen. So opponierten Junge, trotz des Einsatzes der Jungparteien nicht mehr gegen die neuen Pässe als ältere Personen, und auch die Bildung und die Sprachregion spielten keinen Einfluss.


Abstimmung vom 17. Mai 2009

Beteiligung: 45,2%
Ja: 953'173 (50,1%)
Nein: 947'493 (49,9%)

Parolen: Ja: FDP, CVP (2)*, EVP (1)*, BDP; economiesuisse, SGV, SBV.
Nein: SVP (2)*, SP (1)*, GP, CSP, EDU, SD, Lega, FPS, PdA; Travail.Suisse.
Stimmfreigabe: GLP.
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Volksabstimmung zum Bundesbeschluss über den biometrischen Pass

Am 26. September kamen zwei der vom Parlament im Vorjahr verabschiedeten Einbürgerungsvorlagen in die Volksabstimmung. Die eine strebte eine Vereinheitlichung und Lockerung der Vorschriften über die erleichterte Einbürgerung von in der Schweiz aufgewachsenen Ausländern an. Hier ging es primär darum, die von einigen Kantonen (GE, VD, FR, NE, JU, BE, BS und ZH) nach der Ablehnung einer ähnlichen Vorlage im Jahre 1994 eingeführten Lockerungen (Gebührenreduktion, kürzere Wohnfristen) zu vereinheitlichen und auf die ganze Schweiz auszudehnen. Die zweite Vorlage postulierte die automatische Einbürgerung von Kindern der dritten Generation. Gemeint waren damit Kinder, deren Eltern die schweizerische Staatsbürgerschaft nicht haben, von denen aber mindestens ein Elternteil in der Schweiz zur Schule gegangen ist und seit minimal fünf Jahren über eine Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung verfügt.

Wie nicht anders zu erwarten war, kam es zu einer von den Gegnern dominierten heftigen und emotionalen Kampagne. Dabei waren die Befürworter insofern im Hintertreffen, als der Einsatz und die Werbung nicht nur der FDP, der CVP und der Unternehmerverbände, sondern auch der Linken und der Gewerkschaften sehr zurückhaltend waren. Erst kurz vor der Abstimmung, als klar wurde, dass die in frühen Meinungsumfragen prognostizierte Zustimmung kaum eintreten würde, riefen die Parteivorsitzenden der FDP, der CVP, der SP und der GP in einem gemeinsamen Inserat zu einem Ja auf. Von der Wirtschaft beteiligte sich nur der Arbeitgeberverband, nicht aber Economiesuisse an der Kampagne. Der zuständige Departementsvorsteher Blocher, welcher als Nationalrat gegen die Neuerungen votiert hatte, beschränkte sich darauf, über die Zustimmung des Bundesrats zu informieren sowie die Vor- und Nachteile der neuen Verfassungsbestimmungen darzulegen. Immerhin setzten sich praktisch sämtliche gedruckten Medien in ihrem redaktionellen Teil für die Bürgerrechtsvorlagen ein.

Auf der anderen Seite malten die SVP, die SD und diverse gegnerische Komitees die Gefahr einer „Masseneinbürgerung“ von nicht assimilierten Einwanderern aus fremden Kulturen an die Wand. Ihre Plakate und Inserate weckten den Eindruck, dass kriminelle Ausländer problemlos zu einem Schweizerpass kommen würden und brachten die gehäuft auftretenden Geschwindigkeitsexzesse von jugendlichen Autofahrern aus dem ehemaligen Jugoslawien in einen Zusammenhang mit den Abstimmungsvorlagen. Die Walliser Jungsektion der SVP ging sogar soweit, auf Plakaten zu suggerieren, dass mit der neuen Regelung auch der islamistische Terrorist Bin Laden das Schweizer Bürgerrecht erhalten würde. Ein weiteres Argument der SVP und der SD war, dass es dem Bundesrat und den anderen Parteien nur darum gehe, mittels Masseneinbürgerungen die Ausländerstatistik zu manipulieren und damit ihren Kampf für eine restriktive Einwanderungspolitik zu behindern.

Bei einer hohen Stimmbeteiligung von fast 54% lehnten Volk und Stände am 26. September beide Einbürgerungsvorlagen ab: die erleichterte Einbürgerung von in der Schweiz aufgewachsenen Ausländern mit 1'106'529 zu 1'452'453 Stimmen (56,8% Nein), die automatische Einbürgerung von Kindern der dritten Generation etwas knapper mit 1'238'912 zu 1'322'587 Stimmen (51,6% Nein) . Zustimmung fand die erste Vorlage in den Kantonen Basel-Stadt, Freiburg, Waadt, Neuenburg, Genf und Jura, die zweite zusätzlich noch in Bern. Am grössten war die Opposition mit Nein-Stimmenanteilen zwischen 70 und 75% in kleinen Innerschweizer Kantonen (UR, SZ, OW, NW und GL) sowie in Appenzell-Innerrhoden und Thurgau. Der Gegensatz zwischen zustimmender Romandie und ablehnender Deutschschweiz wurde dadurch etwas gemildert, als neben Basel auch die meisten anderen grossen deutschsprachigen Städte (u.a. Bern, Biel, Luzern, Zürich) zugestimmt hatten. Auffallend waren am Ergebnis zwei Dinge: erstens, dass mit Ausnahme von Basel-Stadt alle Deutschschweizer Kantone, welche 1994 der erleichterten Einbürgerung für die zweite Generation noch zugestimmt hatten (ZH, BE, ZG, BL und GR), nun ebenfalls Nein-Mehrheiten aufwiesen; und zweitens, dass die Vorlage für die zweite Generation, welche auf Bundesebene eingeführt hätte, was für rund die Hälfte der Schweiz bereits seit rund zehn Jahren gilt, stärker abgelehnt wurde, als die grundlegende Neuerung der automatischen Bürgerrechtserteilung an die sogenannte dritte Generation. Die Vox-Analyse zeigte, dass das Abstimmungsverhalten zu einem guten Teil von der grundsätzlichen Einstellung zu Ausländern sowie von persönlichen positiven oder negativen Erfahrungen im Zusammenleben mit diesen geprägt gewesen war. Eine weitere Konfliktlinie bestand zwischen Links und Rechts: Die Linke hatte den beiden Vorlagen zugestimmt, während Personen, die sich als rechts stehend bezeichneten, mehrheitlich dagegen waren. Sympathisanten der SP stimmten zu mehr als 80% dafür, Sympathisanten der SVP lehnten zu über 90% ab; die Anhängerschaft der FDP und der CVP war je hälftig gespalten.


Abstimmung vom 26. September 2004

Bundesbeschluss über die erleichterte Einbürgerung (2. Generation)

Beteiligung: 53,8%
Ja: 1'106 529 (43,2%) / 5 1/2 Stände
Nein: 1'452'453 (56,8%) / 15 5/2 Stände

Parolen: Ja: SP, FDP (2*), CVP, GP, LP, EVP; SGB, Travail.Suisse, Arbeitgeberverband.
Nein: SVP, SD, EDU, Lega, FP.
keine Parole: Economiesuisse, SGV, SBV.
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Bundesbeschluss über die automatische Einbürgerung (3. Generation)

Beteiligung: 53,8%
Ja: 1'238'912 (48,4%) / 6 1/2 Stände
Nein: 1'322'587 (51,6%) / 14 5/2 Stände

Parolen: Ja: SP, FDP (3*), CVP, GP, LP, EVP; SGB, Travail.Suisse, Arbeitgeberverband.
Nein: SVP, SD, EDU, Lega, FP.
keine Parole: Economiesuisse, SGV, SBV.
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Revision der Bürgerrechtsregelung für die «dritte Generation»
Dossier: Revision der Bürgerrechtsregelung

In der Kampagne zur Volksabstimmung tauchten kaum neue Argumente auf. Für die Befürworter handelte es sich um notwendige Massnahmen zur besseren Durchsetzung des Vollzugs der pro Jahr rund 20'000 Ausweisungsbeschlüsse und gegen den Missbrauch des Asylrechts durch Kleinkriminelle. Für die Gegner stellten die Zwangsmassnahmen eine Diskriminierung von Ausländern und ein untaugliches Mittel zur Bekämpfung des Drogenhandels dar; in der Westschweiz wurde in diesem Zusammenhang betont, dass es nicht angehe, wegen der zu liberalen Zürcher Drogenpolitik nationales Ausnahmerecht einzuführen. Die Auseinandersetzung wurde, zumindest am Anfang, von den Gegnern zum Teil sehr emotional und gehässig geführt. So warfen sie der Parlamentsmehrheit und dem Bundesrat vor, mit den Massnahmen den Rassismus zu fördern und, nach dem Vorbild der faschistischen Diktatoren Hitler und Mussolini, die Disziplinierung und Ausschaltung unbequemer Menschen anzustreben. SP-Nationalrat Rechsteiner (SG) sprach im Pressedienst seiner Partei von einem «braunen Blick-Gesetz». Zu der von der SP und den Hilfswerken befürchteten Stimmungsmache gegen Ausländer kam es hingegen nicht; sowohl die SD als auch die FP traten praktisch nicht in Erscheinung. Alle Parteien ausser der SP, der GP und der PdA empfahlen die Ja-Parole; nur in Genf, wo auch namhafte Juristen heftige Kritik an den neuen Massnahmen übten, kam es – bei der LP – zu einer abweichenden Parole einer Kantonalsektion. Gegen die Massnahmen sprach sich auch die katholische Bischofskonferenz aus, welche befürchtete, dass damit das Misstrauen gegen Ausländer geschürt würde; die Leitung der evangelischen Kirche verzichtete dagegen auf eine Stellungnahme.

In der Volksabstimmung vom 4. Dezember stimmten knapp 73 Prozent für die Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht. Am deutlichsten fiel das Ja in der Nordostschweiz (inkl. Zürich) aus. In den ländlichen Gebieten der Innerschweiz und in der Westschweiz war die Skepsis grösser; am knappsten war die Zustimmung in Genf (52.3 Prozent), wo sich mit Ausnahme der FDP alle Parteien für ein Nein eingesetzt hatten.

Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht
Abstimmung vom 4. Dezember 1994

Beteiligung: 43.8%
Ja: 1'435'040 (72.9%)
Nein: 533'297 (27.1%)

Parolen:
– Ja: FDP, CVP, SVP, LP (1*), FP, LdU, EVP, SD, Lega, EDU; Vorort, SGV, Angestelltenverbände.
– Nein: SP, GP, PdA; SGB, CNG, Caritas, HEKS und andere Hilfswerke.
*In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Die Vox-Analyse über das Stimmverhalten ergab, dass die Sympathisanten der drei bürgerlichen Bundesratsparteien sehr deutlich zugestimmt hatten, während sich bei der Anhängerschaft der SP die Ja- und Nein-Stimmen die Waage hielten. Sämtliche soziale Gruppen sprachen sich für die Zwangsmassnahmen aus; bei Frauen, jüngeren Stimmberechtigten und Bewohnern von städtischen Agglomerationen fiel diese Unterstützung aber unterdurchschnittlich aus.

Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht (BRG 93.128)

Infolge des von politisch rechtsstehenden Kreisen im Vorjahr eingereichten Referendum musste das Volk zum neuen Antirassismusgesetz Stellung nehmen. Der neue Artikel 261bis StGB will die öffentliche rassistische Hetze und Diskriminierung sowie das Leugnen und Verharmlosen von Völkermord oder anderen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verbieten. Diese Bestimmungen bilden die Voraussetzung für den Beitritt der Schweiz zur Antirassismus-Konvention der UNO.

Dieser Beitritt – der nach nur einen weiteren Schritt zu einer Vollmitgliedschaft bei der UNO darstelle – war denn auch eines der Hauptargumente in der Propaganda der verschiedenen gegnerischen Komitees. Daneben wurde von den Gegnern die Einschränkung der Meinungsfreiheit durch die neuen Gesetzesbestimmungen in den Vordergrund geschoben. Zudem behaupteten sie, dass mit dem neuen Gesetz Massnahmen gegen die Zuwanderung von Ausländern verunmöglicht würden. Aktiv taten sich bei den Gegnern neben notorischen Rechtsaussenpolitikern wie Emil Rahm auch die FP, die SD, die Lega sowie einzelne Nationalräte und Jungpolitiker der bürgerlichen Bundesratsparteien und der LP hervor. Aktiv an der Kampagne beteiligten sich auch sogenannte Revisionisten, d.h. Personen, welche die Judenausrottungspolitik der Nationalsozialisten leugnen oder zumindest relativieren.

Obwohl sich neben den vier Bundesratsparteien auch die LP, der LdU, die EVP, die Grünen, die PdA, Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände sowie kirchliche, kulturelle und soziale Organisationen für das Antirassismus-Gesetz aussprachen, waren sich die Befürworter ihres Sieges keineswegs sicher. Insbesondere war ungewiss, inwieweit es den Gegnern gelingen würde, die Abstimmung zu einem Plebiszit für eine restriktivere Asyl- und Einwanderungspolitik umzufunktionieren.

Bei einer Beteiligung von 45,9 Prozent stimmten am 25. September die Stimmberechtigten mit einer Mehrheit von 54.7 Prozent dem neuen Gesetz zu. Am stärksten fiel das Ja im Kanton Genf aus, zustimmende Mehrheiten fanden sich aber auch in allen anderen französischsprachigen Kantonen mit Ausnahme des Wallis, wo nur der deutschsprachige Kantonsteil zustimmte. Die Deutschschweiz war ähnlich gespalten wie bei den Abstimmungen im Sommer über die erleichterte Einbürgerung und den Kulturförderungsartikel: die beiden Basel, Zürich und Bern nahmen die Vorlage zusammen mit Schaffhausen, Zug, Graubünden und - für viele überraschend - Obwalden an. Am stärksten fiel die Ablehnung in Schwyz aus. Generell stimmten die Städte – und hier vor allem die bürgerlichen Quartiere – eher zu als ländliche Gebiete. Die Vox-Befragung nach der Abstimmung bestätigte diese ersten Analysen. Zudem stellte sie fest, dass die Frauen wesentlich deutlicher zustimmten als die Männer. Bei den Nein-Stimmenden verfing das Argument am häufigsten, dass das neue Gesetz überflüssig sei; antisemitische oder rassistische Parolen fanden auch bei den Gegnern nur eine geringe Unterstützung. Eine recht grosse Gruppe wollte hingegen mit dem Nein primär ihre Unzufriedenheit über den hohen Ausländeranteil in der Schweiz ausdrücken.

Antirassismus-Gesetz
Abstimmung vom 25. September 1994

Beteiligung: 45,9%
Ja: 1'132'662 (54,6%)
Nein: 939'975 (45,4%)

Parolen:
– Ja: FDP, SP, CVP, SVP (7*), GP, LP (1*), LdU, EVP, PdA; Vorort, SBV, SGB, CNG.
– Nein: FP, SD, Lega.
– Stimmfreigabe: EDU (1*).
* Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Beitritt zur UNO-Antirassismuskonvention und Revision des StGB (BRG 92.029)
Dossier: Das Antirassismusgesetz von 1995 und dessen Folgen

Der im Vorjahr vom Parlament mit klaren Mehrheiten verabschiedete neue Verfassungsartikel über die erleichterte Einbürgerung für in der Schweiz aufgewachsene jugendliche Ausländerinnen und Ausländer kam im Juni zur Volksabstimmung. Mit diesem Artikel sollte die Grundlage für eine gesetzliche Regelung geschaffen werden, die – analog zur Einbürgerung von ausländischen Ehepartnern – die Anforderungen in bezug auf Aufenthaltsdauer und Kosten reduziert und vereinheitlicht hätte. Gemäss dem bereits vorbereiteten Gesetzesentwurf hätten davon Personen im Alter zwischen 16 und 24 Jahren profitiert, welche entweder in der Schweiz geboren sind oder fünf Jahre die Schule besucht und seit ihrer Einreise hier gelebt haben. Von praktischer Bedeutung für die zur Zeit rund 140'000 Betroffenen wäre vor allem der Passus gewesen, der die geforderte Wohndauer in der Einbürgerungsgemeinde, welche heute in vielen Kantonen fünf Jahre beträgt, auf zwei Jahre gesenkt hätte.

Obwohl die Medien wie gewohnt über die Vorlage informierten, fand – im Schatten der gleichzeitig stattfindenden Entscheidung über die Schaffung schweizerischer UNO-Blauhelmtruppen – praktisch keine Abstimmungskampagne statt. Von den meisten politischen Parteien wurde der Verfassungsartikel ebenso unterstützt wie von den Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden und den kirchlichen Organisationen. Für sie bedeutete es eine Selbstverständlichkeit, diesen gut eingelebten und in der Schweiz ausgebildeten Personen den Erwerb der Staatsbürgerschaft zu erleichtern. Nicht zuletzt läge eine vollständige Integration dieser Jugendlichen und die Schaffung von Anreizen zum dauerhaften Verbleib in unserem Land auch im Interesse der Schweiz. Opposition kam nur von den Parteien der äusseren Rechten (SD, FP und Lega). Diese argumentierten, mit der doppelten Anrechnung der zwischen dem 10. und 20. Altersjahr in der Schweiz verbrachten Jahre und der Zulassung der Doppelbürgerschaft seien die Einbürgerungsbedingungen für diese Jugendlichen schon heute sehr liberal. Zudem verdächtigten sie die Befürworter, mit Masseneinbürgerungen die politischen Widerstände gegen die weitere Zuwanderung von Ausländern brechen zu wollen.


Abstimmung vom 12. Juni 1994

Beteiligung: 46.8%
Ja: 1'114'158 (52.8%) / Stände: 9 2/2
Nein: 994'457 (47.2%) / Stände: 11 4/2

Parolen:
– Ja: FDP, SP, CVP, SVP (2*), GP, LP, LdU, EVP, PdA, EDU; Vorort, SGV, SBV, SGB, CNG.
– Nein: FP, SD, Lega.
*In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

In der Volksabstimmung sprach sich zwar eine Mehrheit von 52,8 Prozent für den neuen Verfassungsartikel aus, er scheiterte aber am fehlenden Ständemehr. Am stärksten war die Zustimmung in der französischsprachigen Schweiz (ohne Wallis); in der deutschen Schweiz überwogen zwar gesamthaft ebenfalls die Ja-Stimmen, positive Standesstimmen gab es jedoch nur in Zürich, Bern, Zug, den beiden Basel und Graubünden. Abgelehnt wurde die Vorlage nicht nur in den ländlichen Kantonen der Innerschweiz, sondern auch in stark urbanisierten Kantonen des Mittellandes wie Luzern, Solothurn, Aargau, und St. Gallen sowie im Tessin. Die Vox-Befragung nach der Abstimmung ergab zudem, dass Frauen, jüngere Personen und besser Ausgebildete dem neuen Verfassungsartikel am deutlichsten zugestimmt hatten. Die Gegner hatten häufig keine genaue Vorstellungen über den Inhalt der Vorlage und wollten mit dem Nein vor allem ihrem Unmut über die hohe Ausländerzahl Ausdruck geben.

Erleichterung der Einbürgerung junger Ausländer und Ausländerinnen (BRG 92.079)

Bis zur Volksabstimmung vom 4. Dezember reflektierten Parteistellungnahmen und Medienargumente im grossen ganzen die mehrheitlich positive Einstellung der Räte zu den beiden Vorlagen. Die Presse engagierte sich mit eingehenden Artikeln, verschwieg aber auch nicht, dass im Volk beträchtlicher Unmut angesichts der Häufung von Asylgesuchen bestand, welcher sich wohl auf die Abstimmung auswirken würde. Der Volksentscheid ergab eine deutliche Annahme der Bürgerrechtsregelung für die Familie. Dagegen lehnte der Souverän die erleichterte Einbürgerung von jungen, in der Schweiz aufgewachsenen Ausländern, von Flüchtlingen und von Staatenlosen mit 55% Neinstimmen ab; 18 ablehnende Ständestimmen standen 5 befürwortenden gegenüber. Insgesamt bot die Diskussion der Vorlagen Gelegenheit, einige wesentliche Gesichtspunkte zu erörtern, z.B. die Eigenheiten des schweizerischen Bürgerrechts, das ambivalente Verhältnis der Schweizer zur «zweiten Ausländergeneration» und die Tatsache, dass es private Organisationen sind, welche die Hauptlast der Eingliederung von Ausländern und Flüchtlingen tragen. Andere Themen traten dagegen stark zurück: so die unterschwellige Furcht vieler Arbeitnehmer vor dem Anwachsen der Flüchtlingszahlen in einer Zeit ungesicherter Beschäftigung, die Frage, was für Einstellungen zur Gastheimat die jungen Ausländer eigentlich hegen oder auch die zu erwartende Verknappung der Armeebestände, die man durch die Einbürgerung der zweiten Ausländergeneration hätte mildern können.

Reform des Bürgerrechts: Familien und zweite Ausländergeneration (Verfassungsänderung)
Dossier: Revision des Bürgerrechts 1982–1992