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  • Rechtsordnung

Akteure

  • Bregy, Philipp-Matthias (cvp/pdc, VS) NR/CN
  • Tuena, Mauro (svp/udc, ZH) NR/CN
  • Molina, Fabian (sp/ps, ZH) NR/CN
  • Addor, Jean-Luc (svp/udc, VS) NR/CN
  • Sommaruga, Simonetta (sp/ps) BR EJPD / CF DFJP

Prozesse

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Nach geltendem Recht muss die Person, die eine Ordnungsbusse verhängt, auf der Quittung oder dem Bedenkfristformular ihren Vor- und Nachnamen angeben. Um die Polizistinnen und Polizisten, die Ordnungsbussen verhängen, besser zu schützen, sollen sie neu nur noch ihre Matrikelnummer angeben müssen. Der Nationalrat folgte in der Herbstsession 2020 diskussionslos dem Antrag des Bundesrates und nahm eine entsprechende Motion Addor (svp, VS) stillschweigend an.

Die Personen schützen, die Ordnungsbussen verhängen (Mo. 20.3388)

Nachdem beide Räte den Bundesbeschluss über die Genehmigung und Umsetzung des Europarats-Übereinkommens zur Terrorismusverhütung und des dazugehörigen Zusatzprotokolls sowie über die Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität einmal beraten hatten, wies die Vorlage noch zwei inhaltliche Differenzen auf. Die erste betraf die explizite Ausnahme der Tätigkeit humanitärer Organisationen aus dem Straftatbestand der organisierten Kriminalität, die zweite die Voraussetzungen für die dynamische Rechtshilfe.
Der Ständerat behielt in der Herbstsession 2020 zunächst beide Differenzen bei, wobei er dem Nationalrat in der Frage der Ausnahme für humanitäre Organisationen ein Stück weit entgegenkam. Die Ratsmehrheit gewichtete die Gefahr der Kriminalisierung von humanitären Aktionen höher als jene, dass die Unterstützung einer kriminellen oder terroristischen Organisation als humanitäre Hilfe getarnt werden könnte und folgte mit 23 zu 17 Stimmen bei einer Enthaltung einer Minderheit Juillard (cvp, JU), die das Anliegen des Nationalrats aufnahm, aber neu formulierte und das IKRK nicht mehr explizit nannte. Die vorzeitige Übermittlung von Informationen und Beweismitteln an ausländische Ermittlungsbehörden (sogenannte dynamische Rechtshilfe) wollte die Ständekammer im Gegensatz zum Nationalrat aber nicht generell, wenn die ausländischen Ermittlungen sonst unverhältnismässig erschwert würden, sondern nur zur Abwendung schwerer und unmittelbarer Gefahr für Leib und Leben sowie nur nach schriftlicher Verpflichtung der ausländischen Behörden, sich an die Einschränkungen zur Verwendung der übermittelten Informationen zu halten, erlauben. Damit liess der Ständerat seine Kommissionsmehrheit mit 23 zu 19 Stimmen und einer Enthaltung auch hier im Regen stehen und hielt an seinem letzten Beschluss fest, wie es eine Minderheit Zopfi (gp, GL) beantragt hatte.
Der Nationalrat konnte mit der Version des Ständerates indes wenig anfangen und entschied mit 111 zu 75 Stimmen bei 9 Enthaltungen, an seiner Ausnahmenorm für humanitäre Organisationen, die das IKRK beispielhaft erwähnt, festzuhalten. Bundesrätin Karin Keller-Sutter hatte sich abermals für die gänzliche Streichung der Bestimmung ausgesprochen und gewarnt, die explizite Ausnahme humanitärer Organisationen könnte ungewollt zur Straflosigkeit führen – etwa wenn ein Fahrer einer humanitären Organisation nicht nur Personen transportiere, sondern auch Waffen für eine Konfliktpartei schmuggle –, blieb damit jedoch Ruferin in der Wüste. Allerdings bewegte sich die grosse Kammer bei der zweiten Differenz etwas auf ihre Schwesterkammer zu, indem sie die dynamische Rechtshilfe auf Fälle von organisierter Kriminalität oder Terrorismus beschränkte. Die darüber hinausgehenden Einschränkungen des Ständerates waren indes gar nicht zur Diskussion gestanden; der Kompromissvorschlag der Kommissionsmehrheit setzte sich mit 140 zu 55 Stimmen gegen eine Minderheit Addor (svp, VS) durch, die beim Entwurf des Bundesrats bleiben wollte. Justizministerin Keller-Sutter erklärte ihre Unterstützung für die Mehrheit «im Sinne der Differenzbereinigung», bedauerte aber, dass die dynamische Rechtshilfe damit in wichtigen Kriminalitätsfeldern wie Drogenhandel, Geldwäscherei und bei Sexualdelikten ausgeschlossen sei.
Da sich die beiden Räte nun in beiden Streitpunkten einen Schritt näher gekommen waren, unterstützte die SiK-SR die vorliegende «Einigungsversion», wie Kommissionssprecher Daniel Jositsch (sp, ZH) erklärte. Sie beantragte ihrem Rat, beide Differenzen auszuräumen, was dieser dann auch stillschweigend tat. In den Schlussabstimmungen wurde der Bundesbeschluss vom Nationalrat mit 128 zu 34 Stimmen bei 34 Enthaltungen und vom Ständerat mit 37 zu 5 Stimmen bei 2 Enthaltungen angenommen. Die Fraktionen der SP und der Grünen vertraten damit auch hier konsequent ihren bereits in der Eintretensdebatte geäusserten Standpunkt, für die Einführung des Gesinnungsstrafrechts, die ihrer Ansicht nach mit dem Verbot des Anwerbens, Ausbildens und Reisens im Hinblick auf eine terroristische Straftat erfolge, nicht Hand zu bieten.

Terrorismus und organisierte Kriminalität: Übereinkommen des Europarates und Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums (BRG 18.071)
Dossier: Strategie der Schweiz zur Terrorismusbekämpfung
Dossier: Internationale polizeiliche Zusammenarbeit
Dossier: Übereinkommen des Europarates zur Verhütung des Terrorismus / Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen organisierte Kriminalität

Anlässlich der Freischaltung der SwissCovid-App um Mitternacht des 25. Juni 2020 brachten die Medien der Bevölkerung die genaue Funktionsweise sowie die Vor- und Nachteile der SwissCovid-App näher. Am ersten Tag wurde die App gemäss Presseberichten bereits eine halbe Million Mal aktiviert. Eine gute Woche später war diese Zahl auf rund eine Million gestiegen. Damit sei das Interesse an der App aber deutlich geringer als erwartet beziehungsweise sei die anfängliche Euphorie allzu schnell verflogen, so das allgemeine Urteil. Verschiedene Experten stellten übereinstimmend fest, dass das Vertrauen in die App und die Bereitschaft zur Installation wohl doch geringer seien als gedacht. Es sei nun an den Behörden, besser zu kommunizieren, um diesen Widerstand in der Bevölkerung doch noch zu überwinden.
Drei Wochen nach dem Start fiel die Bilanz der SwissCovid-App eher nüchtern aus und die NZZ fragte rhetorisch: «Geht der SwissCovid-App die Luft aus?» Sie verwies auf die bereits wieder rückläufige Anzahl aktiver Apps, die ihrerseits jedoch nach wie vor steigenden und inzwischen rund 1.8 Mio. zählenden Downloads gegenüberstanden. Das BAG führte diese Diskrepanz auf Probleme bei der Messung der aktiven Apps zurück und versprach künftig genauere Zahlen. Ausserdem kündigte das Bundesamt eine weitere, gross angelegte Werbekampagne für die App an.
Der Nutzen der App wurde in der öffentlichen Debatte folglich aber nicht nur durch die geringen Nutzerzahlen, sondern auch durch die mangelhafte Arbeit der involvierten Behördenstellen relativiert. Wie die NZZ berichtete, erhielten positiv getestete Personen den Covidcode zum Teil erst mit erheblicher zeitlicher Verzögerung, sodass die Kontaktpersonen viel zu spät gewarnt würden. Ausserdem funktioniere die Zusammenarbeit zwischen der Hotline des Bundes, an die sich App-Nutzer im Falle einer Benachrichtigung über eine mögliche Ansteckung wenden sollten, und den Contact-Tracing-Stellen der Kantone beziehungsweise den kantonsärztlichen Diensten alles andere als reibungslos. Dadurch erhielten die von der App gewarnten Personen keine offizielle Quarantäneanordnung und damit keinen Erwerbsersatzanspruch, wie es der Bundesrat im Erläuterungsbericht zur Proximity-Tracing-System-Verordnung vorgesehen hatte. Gerade deshalb blieben viele der potenziell Infizierten nicht zu Hause und gefährdeten so Andere, kritisierte der Geschäftsführer der BAG-Hotline-Betreiberin Andy Fischer.
Unterdessen lancierte ein Bürgerkomitee in der Westschweiz ein Referendum gegen die vom Parlament beschlossene dringliche Änderung des Epidemiengesetzes, die als gesetzliche Grundlage für die SwissCovid-App dient. Das Komitee bemängelte, dass keine richtige demokratische Debatte über die Risiken der Tracing-Technologie geführt worden sei, und befürchtete deren Missbrauch zur staatlichen Kontrolle sowie sozialen Druck zu deren Nutzung. Die Konzerne Apple und Google, die die entscheidende Bluetooth-Schnittstelle zur Verfügung stellten, seien nicht gerade für ihren Datenschutz berühmt und die Bluetooth-Technologie sei zu ungenau, sodass viele unnötige Quarantänen verfügt würden, was der Wirtschaft schade, zitierte die Presse aus der Argumentation. Aus dem Kreis der eidgenössischen Parlamentarierinnen und Parlamentarier gehörte dem Komitee der Walliser SVP-Nationalrat Jean-Luc Addor an. Bis am 8. Oktober hat das Komitee Zeit, die notwendigen 50'000 Unterschriften zu sammeln. Das dringliche Gesetz würde bei einem zustande gekommenen Referendum jedoch erst nach der Ablehnung in der Volksabstimmung oder ein Jahr nach Inkrafttreten, falls die Abstimmung nicht vorher stattfindet, ausser Kraft gesetzt.

Einführung der SwissCovid-App

In der Sommersession 2020 befasste sich der Nationalrat als Zweitrat mit dem Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Terrorismusbekämpfung (PMT). In der langen Eintretensdebatte wurden die grundsätzlichen Fragen erörtert, ob die vorgesehenen Massnahmen mit den Menschenrechten vereinbar seien und ob es sie überhaupt brauche. Während die Fraktionen der Grünliberalen, der Grünen und der Sozialdemokraten beide Fragen entschieden verneinten, zeigte sich die bürgerliche Ratsseite sowohl von der Notwendigkeit als auch von der Völkerrechtskonformität des Gesetzes vollkommen überzeugt. GLP-Nationalrätin Katja Christ (glp, BS) beantragte Nichteintreten, weil die Gesetzesvorlage die Schweiz nicht sicherer mache, sondern den Rechtsstaat untergrabe. «Rund achtzig Nichtregierungsorganisationen sowie namhafte Straf- und Völkerrechtler» seien sich darin einig, dass mit den geplanten Massnahmen «eine Grenze überschritten» werde, nahm Christ auf die mediale Diskussion im Vorfeld der Ratsdebatte Bezug und warnte pathetisch: «Die Freiheit stirbt mit Sicherheit». Ins gleiche Horn blies Grünen-Vertreterin Marionna Schlatter (gp, ZH), die das Geschäft an den Bundesrat zurückweisen wollte. Sie forderte, die unklare Definition des Gefährders müsse überarbeitet werden, «denn weder Sie noch sonst jemand kann das Gegenteil beweisen, wenn ihr oder ihm vorgeworfen wird, potenziell gefährlich zu sein.» Gerade die Grundrechte seien «unser stärkstes Schutzschild» im Kampf gegen den Terrorismus und sie hoffe deshalb, dass die öffentliche Kritik der Menschenrechtsbeauftragten des Europarats sowie der UNO-Sonderberichterstatter «in diesem Saal etwas bewegt» habe. Dasselbe postulierte die Sozialdemokratin Franziska Roth (sp, SO), die ebenfalls einen Rückweisungsantrag stellte. Das Gesetz gefährde «das, was wir eigentlich vor Terrorismus schützen wollen, und das ist, gelinde gesagt, Stumpfsinn», polterte sie. Der Bundesrat müsse die vorgeschlagenen Massnahmen – insbesondere jene, die Kinder und Jugendliche betreffen, was «der Schweiz nicht würdig» sei – deshalb auf Vereinbarkeit mit der Bundesverfassung und mit dem Völkerrecht sowie auf ihre Notwendigkeit prüfen und einen Mitbericht der RK-NR einfordern. Kommissionssprecher Mauro Tuena (svp, ZH) plädierte dagegen für Eintreten und gegen die Rückweisungen, denn die Verschärfungen seien angesichts der terroristischen Bedrohungslage dringend notwendig. «Mit diesen Präventivmassnahmen können Menschenleben gerettet werden», appellierte er an das Ratsplenum. SVP-Fraktionssprecher Jean-Luc Addor (svp, VS) erklärte, die Schweiz befinde sich gegenüber dem Terrorismus in einer «Situation der legitimen Selbstverteidigung» und dass Kinder von Terrorgruppen benutzt würden, sei «eine traurige Realität». Dass internationale Menschenrechtsinstitutionen die Schweiz öffentlich kritisiert hatten, oder in seinen Worten sich «mit mindestens zweifelhafter Legitimität» für «berechtigt» gehalten hätten, den Volksvertretern eines souveränen Staats «eine Predigt zu halten» und ihnen zu «erklären», was sie tun dürften und was nicht, bezeichnete er indes als «einigermassen originell». FDP-Sprecher Rocco Cattaneo (fdp, TI) hob hervor, dass mit diesem Gesetz die kantonalen und kommunalen Polizeikorps «endlich» die Möglichkeit erhielten, schnell zu reagieren. Alois Gmür (cvp, SZ) legte die Position der Mitte-Fraktion so dar, dass es eben «gewisse Opfer» brauche, «wenn man tatsächlich mehr Sicherheit will», worauf ihm SP-Nationalrat Fabian Molina (sp, ZH) die rhetorische Frage stellte, ob es dann nicht am sinnvollsten wäre, «dass man alle Männer von 15 bis 50 Jahren präventiv unter Hausarrest stellen würde, um die Anzahl der Delikte gegen Leib und Leben auf nahezu null zu reduzieren». Mit vielen Fragen konfrontiert wurde auch Bundesrätin Karin Keller-Sutter, die in ihrem Votum die Notwendigkeit der Vorlage betonte und mehrfach bekräftigte, der Bundesrat habe die Grundrechtsfragen «vertieft und sorgfältig geprüft». Die international geäusserten Bedenken teile sie nicht und erachte sie als «unbegründet», erläuterte sie. Es handle sich dabei um «eine politische Stellungnahme», die aber «rechtlich nicht sehr präzis» und eher «Ausdruck einer allgemeinen Sorge» gewesen sei.
Nach einem langen, veritablen Schlagabtausch zwischen dem befürwortenden und dem ablehnenden Lager trat der Nationalrat schliesslich mit 107 zu 84 Stimmen bei einer Enthaltung auf das Geschäft ein. Die beiden Rückweisungsanträge wurden mit 85 zu 106 Stimmen (1 Enthaltung) respektive 85 zu 105 Stimmen (2 Enthaltungen) abgelehnt. Es standen sich dabei das links-grün-grünliberale und das bürgerliche Lager jeweils geschlossen gegenüber. In der Detailberatung brachte das links-grüne Lager etliche Minderheitsanträge zur Abschwächung der Vorlage ein, die allesamt scheiterten. Ebenso erfolglos blieb der einzige Änderungsantrag der Kommissionsmehrheit, die einen neuen Artikel zur sogenannten gesicherten Unterbringung von Gefährdern (GUG) einbringen wollte. Mit diesem Artikel könnten «klar Leben gerettet werden», argumentierte Kommissionssprecher Tuena, während die Kommissionsminderheit um Beat Flach (glp, AG) betonte, diese Massnahme sei nicht EMRK-konform. Auch nach Ansicht des Bundesrates gehe eine solche Präventivhaft – im Gegensatz zum Hausarrest als ultima ratio – «tatsächlich zu weit», weshalb der Bundesrat trotz Bitten der Kantone ausdrücklich auf die GUG verzichtet habe, wie die Justizministerin ausführte. Mit 113 zu 78 Stimmen bei 2 Enthaltungen folgte der Nationalrat der Minderheit und lehnte die Präventivhaft ab – dies, weil sich hier zusätzlich zur links-grünen Ratsseite auch die grosse Mehrheit der FDP-Fraktion sowie eine Minderheit der Mitte-Fraktion zum Nein-Lager gesellten. Somit nahm die grosse Kammer die inhaltlich unveränderte Vorlage – es wurden jedoch einige redaktionelle Anpassungen vorgenommen – in der Gesamtabstimmung mit 111 zu 86 Stimmen ohne Enthaltungen an. Abgelehnt hatten das Gesetz die geschlossenen Fraktionen der SP, der Grünen und der Grünliberalen sowie SVP-Nationalrat Pirmin Schwander (svp, SZ).

Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus (PMT; 19.032)
Dossier: Strategie der Schweiz zur Terrorismusbekämpfung
Dossier: PMT und damit umgesetzte Vorstösse
Dossier: Vorstösse und Massnahmen zur Bekämpfung islamistischer Radikalisierungstendenzen

In der Sommersession 2020 beriet der Nationalrat als Zweitrat die Vorlage zur Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität, die auch die Genehmigung des Europarats-Übereinkommens über die Terrorismusprävention und dessen Zusatzprotokolls beinhaltete. Während die vorberatende SiK-NR die Stossrichtung des Geschäfts mehrheitlich unterstützte, wie deren Sprecher Mauro Tuena (svp, ZH) dem Ratsplenum bekannt gab, beantragte eine Minderheit Schlatter (gp, ZH) die Rückweisung an den Bundesrat, weil sie eine klare Definition von terroristischen Organisationen vermisste und diese nicht der Rechtsprechung überlassen wollte. Welche Organisation terroristisch sei, sei keine juristische, sondern eine politische Entscheidung, begründete die Grüne Nationalrätin ihren Antrag. Zudem forderte sie, dass sich die Strafrechtsverschärfung darauf beschränken müsse, was das internationale Abkommen zwingend verlange. Votantinnen und Votanten gegen die Rückweisung wandten ein, es gebe keine allgemeingültige, globale Definition von Terrorismus, auf die man sich stützen könnte, und betonten das Vertrauen in die Schweizer Justizbehörden. So einig wie die Fraktionen der SP und der Grünen die Rückweisung unterstützen, stellten sich jene der GLP, der Mitteparteien, der FDP und der SVP dagegen, sodass der Antrag mit 127 zu 67 Stimmen deutlich abgelehnt wurde.
In der Detailberatung wandte sich die grosse Kammer in einem ersten Block den Änderungen im Nachrichtendienstgesetz zu und erörterte die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Bundesrat eine Organisation, die die innere oder äussere Sicherheit der Schweiz bedroht, verbieten können soll. Eine Minderheit Addor (svp, VS) blieb mit der Forderung, dass der Bundesrat dies im Sinne von mehr Sicherheit und Souveränität allein entscheiden können müsse, erfolglos. Die Mehrheit blieb beim Entwurf des Bundesrates, demgemäss sich ein Verbot auf einen Verbots- oder Sanktionsbeschluss der UNO gegen die fragliche Gruppierung stützen muss. Diese Bedingung sei wichtig für die Neutralität der Schweiz, erläuterte Bundesrätin Karin Keller-Sutter, weil sonst andere Staaten die Schweiz politisch oder diplomatisch unter Druck setzen könnten, eine bestimmte Organisation zu verbieten.
Im zweiten Block widmete sich der Nationalrat den Anpassungen im Strafrecht. Der mit sechs Minderheitsanträgen meistdiskutierte Artikel 260ter StGB definiert den Tatbestand der Beteiligung an und Unterstützung einer kriminellen bzw. terroristischen Organisation und legt das einschlägige Strafmass fest. Die Kommissionsmehrheit wich mit ihrem Vorschlag insofern von der ständerätlichen Fassung ab, als sie humanitäre Dienste einer unparteiischen humanitären Organisation wie dem IKRK explizit von der Strafbarkeit ausschliessen wollte. Dieser Vorschlag setzte sich deutlich gegen alle Minderheitsanträge durch, sowohl jene, die diese Ausnahmebestimmung für humanitäre Organisationen einerseits als überflüssig oder andererseits mit der Nennung des IKRK als zu eng gefasst in Frage stellten, als auch jene, die den Strafrahmen insgesamt verkleinern, den Kampf für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit nicht als Terrorismus klassifizieren, die zusätzliche Bestrafung für weitere im Rahmen einer Organisation begangene Straftaten explizit machen oder die Definition terroristischer Organisationen ganz streichen wollten. Der zweite grosse Streitpunkt der Vorlage lag im neuen Art. 260sexies StGB, der die Anwerbung und Ausbildung sowie das Reisen im Hinblick auf eine terroristische Straftat unter Strafe stellt. Eine Minderheit Seiler Graf (sp, ZH) wollte den ganzen Artikel streichen, weil sie diese Vorverlagerung der Strafbarkeit als rechtsstaatlich problematisch ansah. Man befinde sich hier «definitiv im Gesinnungsstrafrecht», urteilte die Antragstellerin. Terroristen liessen sich kaum durch eine Strafandrohung abschrecken; Prävention und Ursachenbekämpfung – etwa gestützt auf den Nationalen Aktionsplan zur Verhinderung und Bekämpfung von Radikalisierung und gewalttätigem Extremismus – wären an dieser Stelle zielführender als repressive Massnahmen, schloss sie. Im Gegensatz dazu bezeichnete Justizministerin Keller-Sutter den umstrittenen Artikel als «de[n] zentrale[n] Pfeiler des Europaratsübereinkommens» und dessen Streichung als «empfindlich[e] Schwächung des Strafrechts». Gegen die bis auf eine Ausnahme (Philipp-Matthias Bregy, cvp/VS) geschlossen stimmenden Fraktionen der bürgerlichen Parteien sowie der Grünliberalen blieb das links-grüne Lager schliesslich chancenlos.
Der dritte und letzte Block betraf die Änderungen im Rechtshilfegesetz. Auch hier folgte der Nationalrat in allen Punkten seiner Kommissionsmehrheit und lehnte drei Minderheitsanträge Roth (sp, SO) hochkant ab, die internationale Rechtshilfe bei Steuerhinterziehung zulassen, die Voraussetzungen für die vorzeitige Übermittlung von Informationen und Beweismitteln an ausländische Ermittlungsbehörden (sog. dynamische Rechtshilfe) erhöhen und grenzüberschreitende Ermittlungsgruppen der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft unterstellen wollten. Bei den Bedingungen für die dynamische Rechtshilfe kehrte der Nationalrat diskussionslos zu den lockereren Voraussetzungen des Bundesrats zurück, anstatt sich der vom Ständerat beschlossenen Verschärfung anzuschliessen.
In der Gesamtabstimmung nahm die grosse Kammer die gegenüber dem Ständerat in zwei Punkten veränderte Vorlage mit 127 zu 54 Stimmen bei 13 Enthaltungen an. Die Fraktionen der SP und der Grünen machten damit ihre bereits in der Eintretensdebatte geäusserte Drohung wahr, dem Entwurf ihre Zustimmung zu verweigern, sollten die Tatbestände des Anwerbens, Ausbildens und Reisens im Hinblick auf einen Terrorakt im Strafgesetzbuch festgeschrieben werden. Stillschweigend schrieb der Nationalrat zudem die beiden Motionen 14.4187 für die Ratifizierung des Europaratseinkommens zur Terrorismusverhütung und 15.3008 für wirksamere Strafbestimmungen zur Verfolgung der organisierten Kriminalität ab.

Terrorismus und organisierte Kriminalität: Übereinkommen des Europarates und Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums (BRG 18.071)
Dossier: Strategie der Schweiz zur Terrorismusbekämpfung
Dossier: Internationale polizeiliche Zusammenarbeit
Dossier: Übereinkommen des Europarates zur Verhütung des Terrorismus / Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen organisierte Kriminalität

Wie zuvor der Bundesrat beantragte auch die RK-SR die Ablehnung der Motion Addor (svp, VS) für die strafrechtliche Sanktionierung böswilliger Betreibungen. Mit der Erfüllung der parlamentarischen Initiative Abate (fdp, TI; Pa.Iv. 09.530) sei das Anliegen dieses Vorstosses bereits weitgehend erfüllt; eine Umsetzung der Motion könne also keinen zusätzlichen Schutz vor missbräuchlicher Strafverfolgung bieten, schrieb die zuständige Kommission in ihrem Bericht. Vielmehr zöge eine solche Strafnorm schwierige Abgrenzungsprobleme nach sich, da «nicht jede ungerechtfertigte Betreibung böswillig oder rechtsmissbräuchlich» sei. Wie Kommissionssprecherin Céline Vara (gp, NE) anfügte, eigneten sich ein Postulat oder eine Revision des Schuldbetreibungs- und Konkursgesetzes besser, um die Konsequenzen der strafrechtlichen Sanktionierung von «Schikanebetreibungen» zu analysieren. Bundesrätin Karin Keller-Sutter hatte dem nichts beizufügen. Die Kantonskammer lehnte die Motion in der Sommersession 2020 stillschweigend ab.

Strafrechtliche Sanktionierung böswilliger Betreibungen (Mo. 17.3740)

Nach Auffassung des Nationalrats soll eine ausdrückliche Möglichkeit, Betreibungen mit böswilliger oder rechtsmissbräuchlicher Absicht strafrechtlich zu sanktionieren, ins Strafgesetzbuch aufgenommen werden. Die grosse Kammer nahm in der Herbstsession 2019 eine entsprechende Motion Addor (svp, VS) mit 111 zu 72 Stimmen bei 9 Enthaltungen an. Der Motionär erachtete die bundesgerichtliche Praxis, solche Fälle gegebenenfalls unter den Tatbestand der Nötigung (Art. 181 StGB) zu subsumieren, als nicht ausreichend, wohingegen der Bundesrat aus ebendiesem Grund den gesetzgeberischen Handlungsbedarf verneint und die Motion zur Ablehnung beantragt hatte.

Strafrechtliche Sanktionierung böswilliger Betreibungen (Mo. 17.3740)

Nach einem langen und emotionalen Abstimmungskampf nahm die Schweizer Stimmbevölkerung am 19. Mai 2019 die Übernahme der geänderten EU-Waffenrichtlinie mit 63.7 Prozent Ja-Stimmen deutlich an. Die Stimmbeteiligung lag bei 43.9 Prozent. Ausser im Tessin (45.5% Ja) überwog die Zustimmung in allen Kantonen. Am höchsten fiel sie in Basel-Stadt mit 75 Prozent Ja-Stimmen aus, gefolgt von den drei Westschweizer Kantonen Genf, Neuenburg und Waadt sowie dem Kanton Zürich mit jeweils über 70 Prozent. Gesamtschweizerisch zeigte sich ein klarer Stadt-Land- oder Zentrum-Peripherie-Graben, wobei die Zustimmung in den städtischen Zentren am höchsten und – nebst dem Tessin – in den ländlichen Regionen wie dem Berner Oberland, der Innerschweiz und den Bündner Südtälern am niedrigsten ausfiel.
Vertreterinnen und Vertreter der Befürworterseite werteten das Ergebnis in der Presse als positives Signal für die Beziehungen der Schweiz zur EU und blickten zuversichtlich in Richtung der anstehenden europapolitischen Entscheidungen über die Begrenzungsinitiative sowie über das institutionelle Rahmenabkommen mit der EU. Demgegenüber sah das unterlegene Nein-Lager im Resultat kein Ja zu Europa, sondern schöpfte daraus neuen Elan für den Kampf gegen die Personenfreizügigkeit und das Rahmenabkommen. «Solche angstgetriebenen Abstimmungsergebnisse wären künftig die Regel, falls der Bundesrat das Rahmenabkommen mit der EU unterschreibt», zitierte beispielsweise die Aargauer Zeitung eine Mitteilung der SVP. Die Gesellschaft für ein freiheitliches Waffenrecht ProTell, die an vorderster Front gegen die Änderungen im Waffenrecht gekämpft hatte, liess derweil verlauten, man werde die Umsetzung der EU-Waffenrichtlinie nun sehr genau überwachen und den Bundesrat an seinen Versprechungen messen, die er im Abstimmungskampf gemacht habe.
Der Ausgang der Abstimmung wurde sowohl von der Befürworter- als auch von der Gegnerseite zu einem grossen Teil der neuen Justizministerin Karin Keller-Sutter zugeschrieben. Sie habe mit ihrer Glaubwürdigkeit als ehemalige Polizeidirektorin eines Grenzkantons die Unentschlossenen überzeugt, lobte sie etwa der Waadtländer FDP-Nationalrat Laurent Wehrli in der «Tribune de Genève». Auch der Walliser SVP-Nationalrat und Interimspräsident von ProTell Jean-Luc Addor bezeichnete die Übernahme des EJPD durch Karin Keller-Sutter gegenüber der gleichen Zeitung als «Schlüsselmoment» in der Kampagne, weil die St. Gallerin – im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin und «historischen Waffengegnerin» Simonetta Sommaruga – im Dossier als glaubwürdig wahrgenommen worden sei. Die neue Bundesrätin bestand ihre Feuertaufe vor dem Stimmvolk offensichtlich mit Bravour.


Abstimmung vom 19. Mai 2019

Beteiligung: 43.9%
Ja: 1'501'880 (63.7%)
Nein: 854'274 (36.3%)

Parolen:
– Ja: BDP, CVP, EVP, FDP (Jungfreisinnige: 3*), GLP, GP, KVP, SP; KdK, Economiesuisse, SAV, SGV, SGB, Travail.Suisse, Gastrosuisse, Hotelleriesuisse, SBLV
– Nein: EDU, FP, SD, SVP; IGS, SOG, Schweizerischer Unteroffiziersverband, Jagd Schweiz, ProTell, SBV
* Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

Kurz nachdem das Referendum gegen die Übernahme der EU-Waffenrichtlinie offiziell zustande gekommen war, gab die Schweizerische Offiziersgesellschaft (SOG) – wohl nicht vollends beabsichtigt – sowohl für die Gegner- als auch für die Befürworterseite den Startschuss zum Abstimmungskampf. An der Präsidentenkonferenz Ende Januar 2019 sprachen sich über dreissig anwesende Sektionen einstimmig gegen die Verschärfung des Waffenrechts aus und bewilligten darüber hinaus einen finanziellen Beitrag an das Referendumskomitee. Darin Einsitz nehmen wollte die SOG jedoch nicht, wie im entsprechenden Positionspapier zu lesen war, in dem sie ihre Nein-Position damit begründete, dass die Übernahme der EU-Waffenrichtlinie das «liberale, dem Milizwesen verpflichtete Schweizer Waffenrecht» unnötig einschränke. Die Verschärfung treffe nicht den gefährlichen Handel mit illegalen Waffen, sondern die legalen Waffenbesitzerinnen und -besitzer und sei daher «keine nachhaltige Massnahme gegen die terroristische Bedrohung in der Schweiz». Die NZZ bezeichnete den Positionsbezug der SOG als wichtigen Erfolg für die Gegnerschaft des neuen Waffenrechts, insbesondere für die Schützenverbände, die im Referendumskomitee federführend waren. Bei Sicherheitspolitikerinnen und -Politikern der bürgerlichen Mitte kam die SOG damit jedoch schlecht an: Der Urner FDP-Ständerat Josef Dittli zeigte sich gegenüber der NZZ «enttäuscht» von den Offizieren, denen wohl «der Stellenwert von Schengen nicht bewusst» sei. Die Luzerner CVP-Nationalrätin Ida Glanzmann-Hunkeler bedauerte an gleicher Stelle, dass die Offiziere «ins Boot der SVP» stiegen und sich für deren Kampf gegen Schengen einspannen liessen. In den Tagen darauf traten einige SOG-Mitglieder um die beiden GLP-Politiker Pascal Vuichard (GL) und Roland Fischer (LU) aus dem Schatten und verkündeten öffentlich, mit dem Positionsbezug der SOG nicht einverstanden zu sein. Vuichard äusserte Bedenken, die SOG verspiele mit diesem Statement ihre Glaubwürdigkeit, da die Armee von den Änderungen gar nicht betroffen sei. Das von den GLP-Offizieren gegründete Ja-Komitee setzte eine «Lawine der Kritik» (Tribune de Genève) an der SOG in Gang und erhielt auch parteiübergreifend weiteren Zulauf – so beispielsweise von FDP-Ständerat und Oberst im Generalstab Josef Dittli. Der «Krach der Offiziere» (BaZ) gründete darin, dass für die Ja-Komiteeangehörigen ein gutes Verhältnis zu Europa für die Schweiz aus sicherheitspolitischer Sicht absolut notwendig sei, weshalb die Schengen/Dublin-Mitgliedschaft nicht gefährdet werden dürfe, zumal die Änderung des Waffenrechts «sehr umsichtig und pragmatisch» erfolge. Dass sich auch Armeechef Philippe Rebord hinter das neue Waffenrecht stellte, befeuerte die Debatte zusätzlich. SOG-Präsident Stefan Holenstein gab derweil gegenüber der Presse zu Protokoll, das Waffenrecht sei «kein Kernthema» der SOG und der Entscheid sei «keine Abstimmungsparole», sondern «eine Position als Ergebnis der internen Beratungen».

Mitte Februar lancierte Bundesrätin Karin Keller-Sutter anlässlich einer Medienkonferenz den Abstimmungskampf offiziell. Mit dem Slogan «Niemand wird entwaffnet» platzierte sie das Hauptargument des Bundesrates landesweit prominent in den Schlagzeilen: Die Änderungen am Waffenrecht seien nur geringfügig und die Schiesstradition in der Schweiz bleibe erhalten. Die Gesetzesänderung rechtfertige es somit nicht, die Schengen-Mitgliedschaft der Schweiz aufs Spiel zu setzen; die Kosten der Beendigung der Schengen-Zusammenarbeit seien schlicht zu hoch – und zwar sowohl in Form von zusätzlichen Staatsausgaben als auch in Form von Sicherheitsverlust. Das SIS werde von Schweizer Sicherheitsbehörden 300'000 Mal täglich abgefragt und habe während zehn Jahren im Schnitt zu einer Verhaftung täglich verholfen; «ohne Schengen wären wir bildlich gesprochen blind», würdigte der stellvertretende Fedpol-Direktor René Bühler den Beitrag des Schengener Abkommens an die Sicherheit der Schweiz. Hinzu kämen gemäss der Justizministerin volkswirtschaftliche Kosten von mehreren Milliarden Franken pro Jahr – einerseits im Tourismussektor, weil die Schweiz nicht mehr mit dem Schengen-Visum bereist werden könnte, andererseits im Asylbereich, da die Schweiz nach Wegfall des mit Schengen verknüpften Dublin-Abkommens Asylbewerberinnen und -bewerber nicht mehr abweisen könnte, wenn sie bereits in einem anderen Schengen-Staat Asyl beantragt haben. Wie die Gegnerschaft des neuen Waffenrechts darauf zu hoffen, dass dieser Fall nicht eintrete, sei riskant, denn der Ausschluss der Schweiz aus Schengen/Dublin erfolge bei Verweigerung der Rechtsübernahme automatisch, es sei denn, der Gemischte Ausschuss, in dem die 28 EU-Staaten und die Schweiz vertreten sind, einigte sich innerhalb von 90 Tagen einstimmig auf einen weiteren gemeinsamen Weg. Eine solche Einigung hielt Keller-Sutter jedoch für unwahrscheinlich, da sich die EU zurzeit nicht in «Kompromisslaune» (St. Galler Tagblatt) befinde. Das gegnerische Argument, die Verschärfung des Waffenrechts trage nichts zur Terrorismusbekämpfung bei, konterte die Bundesrätin damit, die Richtlinie beabsichtige in erster Linie, den illegalen Waffenhandel zu erschweren und die Bevölkerung vor Waffenmissbrauch zu schützen, sie sei aber «kein Pakt zur Terrorbekämpfung».

Mit ihren Erläuterungen an der Medienkonferenz erntete die Justizministerin wiederum heftige Kritik aus den Reihen des Referendumskomitees. So kreideten ihr die Gegner an, der Bundesrat habe eine Kehrtwende vollzogen, indem er die Waffenrichtlinie explizit nicht mehr in Zusammenhang mit Terrorismusbekämpfung bringe, sondern nur noch von der Bekämpfung illegalen Waffenhandels und Waffenmissbrauchs spreche. Weiter bezichtigten sie verschiedene Exponenten der Gegnerschaft mehr oder weniger direkt der Irreführung und der Falschinformation. Sie störten sich vor allem daran, dass rund 80 Prozent der im Schiesssport verwendeten Waffen neu verboten würden, und auf etwas Verbotenes bestehe kein Rechtsanspruch; daran ändere auch die vorgesehene Ausnahmebewilligung nichts. Zudem fürchteten sie sich vor zukünftigen weiteren Verschärfungen des Waffenrechts; da die EU-Richtlinie alle fünf Jahre überprüft werden solle, seien weitere Verschärfungen vorprogrammiert. Die Debatte um die Kosten des angeblich drohenden Schengen-Ausschlusses sei nur ein «Ablenkungsmanöver», zitierte die «Südostschweiz» den Walliser SVP-Nationalrat und ProTell-Interimspräsidenten Jean-Luc Addor; die EU habe überhaupt kein Interesse daran, die Abkommen zu kündigen, weil sie davon mindestens so viel profitiere wie die Schweiz und die Schweiz ja bereits ein effizientes Waffenrecht besitze. In Wahrheit sei die Reform ein «trojanisches Pferd», mit dem die EU in Zukunft alle halbautomatischen Waffen verbieten könne, so Addor gegenüber der «Tribune de Genève». Anders als der Bundesrat den Leuten weismachen wolle, seien die Änderungen für die Schützen überhaupt nicht zumutbar, stellte auch IGS-Präsident Luca Filippini in der Presse klar und betonte einmal mehr, die Annahme der Waffenrichtlinie wäre «das Ende des Schiessens als Volkssport», ja sogar «der Beginn vom Ende unseres Rechtsstaates».

So klar, wie es auf den ersten Blick den Anschein erwecken mag, waren die Fronten jedoch nicht. Wie bei den Offizieren äusserten sich auch bei den Schützen nach und nach kritische Stimmen zur Haltung des nationalen Verbandes. Während diverse kantonale Schützenverbände an ihren Versammlungen finanziell und ideologisch zum Kampf gegen das «Entwaffnungsdiktat» aus Brüssel, von dem sie sich existenziell bedroht sahen, rüsteten, beschloss etwa der Schaffhauser Kantonalschützenverband Stimmfreigabe, da die neuen Bestimmungen laut Präsident Pascal Herren «den Schiesssport nicht beeinträchtigen» würden. Auch der Präsident der Ausserrhoder Schützen, Bruno Preisig, gab in der Aargauer Zeitung zu Protokoll, er habe «kein Problem mit den neuen Regelungen», im Gegenteil: «Es wäre klüger gewesen, das Geld in die Nachwuchsförderung, statt in eine grosse Nein-Kampagne zu investieren.» Für ein Ja zum neuen Waffenrecht setzten sich hingegen geschlossen die grossen Wirtschaftsverbände Economiesuisse, Hotelleriesuisse und der Gewerbeverband sowie kantonale Handelskammern ein. Auf Druck der Tourismusbranche hatte sich der Gewerbeverband Ende Januar zur Ja-Parole durchgerungen, obwohl der von SVP-Nationalrat Jean-François Rime (FR) präsidierte Verband die Vorlage vor Jahresfrist noch als unverhältnismässig abgelehnt hatte, wie das St. Galler Tagblatt berichtete. Bedeutend für die Wirtschaft seien gemäss der NZZ vor allem die Folgen eines Neins: Die Verbände befürchteten zusätzliche Kosten für das Asylwesen und die innere Sicherheit, höhere Staukosten im grenzüberschreitenden Verkehr infolge wiedereingeführter Grenzkontrollen sowie einen Rückgang der Tourismus-Nachfrage aufgrund des wegfallenden Schengen-Visums. Anlässlich ihrer Delegiertenversammlung schloss sich Ende März schliesslich noch die SVP, die sich im Abstimmungskampf bisher zurückgehalten hatte, offiziell dem Nein-Lager an. Der Berner SVP-Nationalrat Werner Salzmann begründete die Zurückhaltung seiner Partei gegenüber der NZZ damit, dass man sich in einem Wahljahr befinde und somit «nicht beliebig Geld zur Verfügung [habe], um die Kampagnen von Verbänden zu unterstützen». Hinter vorgehaltener Hand sei man in Schützenkreisen jedoch sogar froh um die Zurückhaltung der SVP, so die NZZ weiter, da ein klares Verständnis des Referendums als Angriff auf Schengen/Dublin wohl eher der Befürworterseite zum Vorteil gereicht hätte. Alle anderen grösseren nationalen Parteien gaben indes die Ja-Parole aus.

Anfang April zeugten erste Umfrageergebnisse von einer bereits starken Meinungsbildung an den beiden politischen Polen. Insgesamt hatten 53 Prozent der Befragten angegeben, (eher) für die Verschärfung des Waffenrechts stimmen zu wollen, 46 Prozent (eher) dagegen. In den Anhängerschaften der beiden grossen Polparteien sprachen sich je über drei Viertel klar dafür (SP) bzw. klar dagegen (SVP) aus. Bei den Mitte-Parteien betrug die Zustimmung hingegen trotz Ja-Parolen nur gerade 50 (FDP) bzw. 47 Prozent (CVP). Die Abstimmung werde somit in der Mitte entschieden, so die Experteneinschätzung. Das überparteiliche Ja-Komitee interpretierte den äusserst knappen Vorsprung als «Weckruf» (Tages-Anzeiger), die Stimmbevölkerung noch klarer von der Wichtigkeit von Schengen/Dublin überzeugen zu müssen. Dies schien der Befürworterschaft zunehmend zu gelingen, konnte das Ja-Lager in den folgenden Umfragen doch entscheidend zulegen. Zwei Wochen vor dem Abstimmungstermin verbuchte es mit einer Zustimmung von rund 60 Prozent einen komfortablen Vorsprung. Die Sympathisantinnen und Sympathisanten aller grosser Parteien ausser der SVP stellten sich mit klarer Mehrheit hinter die Vorlage, Frauen stärker als Männer und städtische Gebiete stärker als ländliche Regionen. Der Verbleib der Schweiz im Schengen-Raum zeichnete sich hingegen klar als das schlagende Argument der Debatte ab.

Insgesamt bot der Abstimmungskampf über die lange Zeitdauer wenig Abwechslung, verlief aber zugleich äusserst emotional. Vor allem auf der Gegnerseite war eine grosse Wut spürbar, sowohl über die vermeintliche Entwaffnung der Schweizer Bürgerinnen und Bürger als auch über die Fremdbestimmung aus Brüssel. Das Antasten des Rechts auf eine private Waffe wurde als Angriff auf die Identität des Schweizervolkes gesehen. Dagegen bot Bundesrätin Karin Keller-Sutter den Gegnern wenig Angriffsfläche, argumentierte sachlich und vornehm zurückhaltend, wie der Tages-Anzeiger den Auftritt der Justizministerin in der SRF-«Arena» Mitte April beurteilte. Indem sich die Befürworterseite hauptsächlich auf das Schengen-Argument beschränkte, wurden allerdings von beiden Seiten die immergleichen Argumente bis zum Abstimmungstermin schon fast gebetsmühlenartig wiederholt.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

Das Übereinkommen des Europarats über einen ganzheitlichen Ansatz für Sicherheit, Schutz und Dienstleistungen bei Fussballspielen und anderen Sportveranstaltungen ist die vollständig überarbeitete Weiterentwicklung des «Europäischen Übereinkommens über Gewalttätigkeiten und Ausschreitungen von Zuschauern bei Sportanlässen, insbesondere bei Fussballspielen» von 1985, dem die Schweiz 1990 beigetreten war. Zusätzlich zu den Sicherheits- und Schutzmassnahmen des alten Vertrags enthält das neue Abkommen einen präventiven Dienstleistungsansatz: Friedliche Fans, Anwohnerinnen und Anwohner sowie Passantinnen und Passanten sollen von den Sicherheits- und Schutzmassnahmen so wenig wie möglich betroffen sein. Zentral dafür ist die umfassende Zusammenarbeit zwischen Behörden, Sportorganisationen, Fanorganisationen und Transportunternehmen. Der Bundesrat bezeichnete das Übereinkommen in seiner Botschaft, mit der er es dem Parlament zur Genehmigung vorlegte, als wichtigen Schritt zur Aktualisierung und Vereinheitlichung der nationalen Regeln unter Berücksichtigung von internationaler Good Practice. Eine Anpassung des schweizerischen Rechts sei nicht vonnöten, um den Erfordernissen des Vertrags nachzukommen.
Mit Ausnahme der SVP, die einen Nichteintretensantrag stellte, sprachen sich im Nationalrat alle Fraktionen für die Ratifizierung des Abkommens aus. Es sei für die Schweiz mit keinerlei Kosten verbunden, verbessere die internationale Zusammenarbeit und könne bestenfalls sogar verhindern, dass ausländische Hooligans an Sportveranstaltungen in der Schweiz teilnehmen, wenn die übrigen Vertragsstaaten von der Möglichkeit Gebrauch machen, Hooligans ihrerseits mit Ausreisesperren zu belegen, so der Grundtenor der Wortmeldungen. Die SVP stand mit ihrer Forderung, diesem «Stück Papier, das unter dem Strich nichts bringt», wie Fraktionssprecher Mauro Tuena (svp, ZH) das Übereinkommen bezeichnete, «eine Abfuhr zu erteilen», auf verlorenem Posten. Mit 125 zu 56 Stimmen und 3 Enthaltungen – alle Gegenstimmen und Enthaltungen aus der SVP-Fraktion – stimmte die grosse Kammer in der Frühjahrssession 2019 dem Abkommen zu.

Sicherheit, Schutz und Dienstleistungen bei Fussballspielen und anderen Sportveranstaltungen. Übereinkommen des Europarats

Beim Bundesgesetz über den Schutz gewaltbetroffener Personen waren zu Beginn der Wintersession 2018 noch zwei Differenzen ausstehend. Die Möglichkeit, dass die Gerichtskosten der unterliegenden Partei auferlegt werden können, wurde sowohl von der RK-SR als auch vom Ständerat begrüsst. Die vom Nationalrat ergänzte Übergangsbestimmung jedoch, die eine Evaluation des Gesetzes nach vier Jahren vorsieht, strich der Ständerat wieder mit der Begründung, sie sei ineffektiv und überflüssig. Bundesrätin Simonetta Sommaruga betonte hier zuhanden des Protokolls, dass der Bundesrat zu gegebener Zeit eine Evaluation der neuen Regelungen plane, vier Jahre dafür allerdings eine zu kurze Zeitspanne seien.
Die Mehrheit der RK-NR beantragte ihrem Rat daraufhin, dem Ständerat zu folgen und auf die zusätzliche Übergangsbestimmung zu verzichten. Die Wirksamkeitsüberprüfung von Gesetzesänderungen sei eine grundsätzliche Aufgabe der Regierung und des Parlaments; Letzteres könne eine Evaluation jederzeit anstossen, wenn der Bundesrat nicht von sich aus tätig werde. Zudem schreibe die Übergangsbestimmung vor, dass die Ergebnisse der Evaluation vier Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes vorliegen müssten; in einem solch kurzen Zeitraum sei eine seriöse Datengrundlage aber noch gar nicht verfügbar. Justizministerin Sommaruga versicherte auch im Nationalrat, dass es eine Evaluation geben werde. Eine Minderheit wollte an der Evaluation nach vier Jahren festhalten, blieb im Nationalrat letztlich jedoch chancenlos. Mit 122 zu 64 Stimmen hiess die grosse Kammer das Bundesgesetz über den Schutz gewaltbetroffener Personen ohne die umstrittene Übergangsbestimmung gut. In der Schlussabstimmung sprach sich der Nationalrat schliesslich mit 195 zu 2 Stimmen für das Gesetz aus; der Ständerat nahm es einstimmig an.

Bundesgesetz über den Schutz gewaltbetroffener Personen (BRG 17.062)
Dossier: Verbesserung des Schutzes für Stalking-Opfer

Der Bericht «Modernisierung des Familienrechts» in Erfüllung eines Postulats Fehr (sp, ZH; Po. 12.3607) sowie mehrere Bundesgerichtsentscheide aus jüngerer Vergangenheit wiesen darauf hin, dass das schweizerische Abstammungsrecht nicht mehr zeitgemäss sei. Zu diesem Schluss kam die RK-SR und reichte im August 2018 ein Postulat ein, das den Bundesrat auffordert, einen Bericht über den Reformbedarf im Abstammungsrecht zu erstellen und allenfalls Empfehlungen für eine kohärente Gesetzesrevision darzulegen. Das geltende fortpflanzungsmedizinische Verbot der Ei- und Embryonenspende sowie der Leihmutterschaft soll dabei nicht infrage gestellt, die Tatsache, dass in der Schweiz verbotene Reproduktionsmethoden zunehmend im Ausland in Anspruch genommen werden, aber auch nicht ausser Acht gelassen werden. Der Bundesrat unterstützte das Anliegen. Bundesrätin Simonetta Sommaruga sagte vor dem Ständeratsplenum im Dezember 2018, die Schweiz täte gut daran, sich dieser Fragen anzunehmen, wie es Frankreich und Deutschland bereits getan hätten. Der Ständerat überwies das Postulat stillschweigend an den Bundesrat.

Überprüfung des Abstammungsrechts (Po. 18.3714)

Eine Woche nach den Schlussabstimmungen in den eidgenössischen Räten zur Übernahme der EU-Waffenrichtlinie wurde die über lange Zeit immer wieder ausgesprochene Referendumsdrohung in die Tat umgesetzt. Am 5. Oktober 2018 präsentierte sich das Referendumskomitee, co-präsidiert von SSV- und IGS-Präsident Luca Filippini zusammen mit den drei SVP-Nationalräten Jean-Luc Addor (VS), Werner Salzmann (BE) und Jean-François Rime (FR) sowie SVP-Nationalrätin Silvia Flückiger-Bäni (AG), vor den Medien. Die IGS als Hauptträgerin des Referendums vereint 14 Verbände aus dem Umfeld des Schweizer Schiesswesens, darunter neben Sportschützen auch Jäger, Waffensammler und -händler. Der zentrale Kritikpunkt der IGS am neuen Waffenrecht war der «Paradigmenwechsel», dass der Waffenbesitz von einem generellen Recht für Schweizerinnen und Schweizer zu einem Privileg herabgestuft werde, das nur noch ausnahmsweise gewährt werde; die damit verbundene «Vorstellung, künftig mit einer verbotenen Waffe schiessen zu müssen», sei das Problem, so die NZZ. Darüber hinaus wurde diese Änderung vom Referendumskomitee jedoch auch als erster Schritt in Richtung Abschaffung des Privatwaffenbesitzes gesehen; es würden sicher weitere Verschärfungen folgen. Weiter wurde die Pflicht zur Nachmeldung von halbautomatischen Waffen kritisiert: Obwohl das Volk eine Nachregistrierung im Rahmen der Waffenschutz-Initiative 2011 abgelehnt habe, werde eine solche nun durch die «Brüsseler Hintertür» eingeführt, so Werner Salzmann in der BaZ. Die Beendigung der Schengen/Dublin-Zusammenarbeit sei hingegen nicht das Ziel des Referendums, beteuerte das Komitee und zeigte sich überzeugt davon, dass die EU kein Interesse daran habe, die Zusammenarbeit mit der Schweiz zu beenden. Gleichzeitig präsentierte sich das Komitee im Internet unter dem Namen «Nein zum Entwaffnungsdiktat der EU» und portierte damit die europa- und schengenkritische Haltung der SVP.

So geeint, wie das Referendumskomitee vielleicht den Eindruck erwecken konnte, war die Waffenlobby jedoch nicht. ProTell und der SSV, die an vorderster Front und «mit schrillen Tönen» (AZ) gegen die Verschärfung des Waffenrechts kämpften, konnten nicht alle Lobbymitglieder für diesen Kampf begeistern. Sowohl die Schweizerische Offiziersgesellschaft, die selbst zwar nicht Mitglied der IGS, sondern nur Sympathisantin ist, als auch Jagd Schweiz, Mitglied der IGS, wollten das Referendum nur passiv unterstützen, d.h. ideell, aber weder mit Finanzen noch mit dem Sammeln von Unterschriften. Auch nicht alle kantonalen Schiesssportverbände zeigten sich überzeugt von der Argumentation ihres Dachverbandes. So erklärte etwa der Präsident des Bündner Schiesssportverbandes gegenüber der Aargauer Zeitung, man unterstütze das Referendum vor allem aus Solidarität mit dem SSV, nicht weil die Reform an sich ein grosses Problem sei. Kritisch zum Referendum äusserte sich in der Presse auch Lorenz Hess, Berner BDP-Nationalrat und ehemaliger Präsident eines Schützenvereins. Insbesondere die Kritik an der vorgesehenen Zwangsmitgliedschaft für Schützen in einem Schiessverein sei nicht nachvollziehbar – ein Vereinszwang habe bis 1996 bestanden, ohne dass sich die Schützenvereine dagegen gewehrt hätten. Was ProTell von in der Unterschriftensammlung zu wenig engagierten Schützenvereinspräsidenten hielt, berichtete der «Blick»: In Schützenvereinen, die einen «Ausredenkönig» als Präsidenten hätten, sei eine «Druckerhöhung von unten» durchaus erwünscht, habe die Gesellschaft für ein freiheitliches Waffenrecht auf ihrer Facebook-Seite betont. Interimspräsident Jean-Luc Addor quittierte den Online-Post damit, es müssten verschiedene Tonalitäten möglich sein. Mit nahezu 200'000 Mitgliedern dürfte es für die IGS allerdings kein allzu grosses Problem sein, bis Mitte Januar 2019 die erforderlichen 50'000 Unterschriften zu sammeln.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

In der Herbstsession 2018 beschäftigte sich der Ständerat als Zweitrat mit der ersten Etappe der DSG-Revision, welche nur die Schengen-relevanten Bestimmungen des Gesetzgebungsprojektes umfasste. Die Schweiz hätte ihr Datenschutzrecht eigentlich bis zum 1. August 2018 an die EU-Richtlinie 2016/680 betreffend den Datenschutz in Strafsachen anpassen müssen, war damit im September also schon leicht im Verzug. Obwohl sich Kommissionssprecherin Pascale Bruderer Wyss (sp, AG) nicht sonderlich begeistert von der Etappierung der Vorlage zeigte – der Schengen-relevante Teil sei nicht der einzige, der zügig abgeschlossen werden sollte, denn die übrigen Bestimmungen seien zwar nicht für das Fortbestehen der Schengen-Assoziierung, aber sehr wohl für den Angemessenheitsbeschluss relevant und somit nicht weniger wichtig –, appellierte sie an den Rat, das Beste daraus zu machen und den eingeschlagenen Weg möglichst rasch weiterzugehen.
Nachdem die kleine Kammer ohne Gegenantrag auf die Vorlage eingetreten war, wurde auch hier, wie zuvor im Nationalrat, die Diskussion geführt, ob die gewerkschaftlichen Ansichten in der Definition der besonders schützenswerten Personendaten explizit aufgeführt werden müssten oder ob man diese streichen könne, da sie von den politischen und weltanschaulichen Ansichten erfasst würden. Wie der Nationalrat sprach sich auch der Ständerat mehrheitlich für die Streichung der gewerkschaftlichen Ansichten aus, obwohl, wie von Bundesrätin Sommaruga und Minderheitsvertreter Stöckli (sp, BE) angemerkt, dieser Antrag gar nie begründet worden sei. Materiell änderte sich damit nichts im Vergleich zum geltenden Recht, weshalb sowohl die Justizministerin als auch der Minderheitsvertreter letztlich vergebens die Notwendigkeit dieser Anpassung – notabene in einem ohnehin befristeten Gesetz – angezweifelt hatten. Als zweite Änderung und damit neue Differenz zum Nationalrat verbot der Ständerat dem EDÖB grundsätzlich die Ausübung jeglicher Nebentätigkeiten, unabhängig davon, ob diese vergütet werden oder nicht. Abweichend vom Grundsatz soll der Bundesrat eine solche jedoch gestatten können, wenn der EDÖB dadurch nicht in der Ausübung seiner Tätigkeit, seiner Unabhängigkeit und seinem Ansehen beeinträchtigt wird. Diese Absicht hatte bereits der Bundesrat in seinem Entwurf gezeigt, der Ständerat habe jetzt aber die «richtige Perspektive» und die «richtige Formulierung» gefunden, so Bundesrätin Sommaruga. Einstimmig verabschiedete die kleine Kammer das Schengen-Datenschutzgesetz mit dieser einen verbleibenden Differenz. Ebenfalls einstimmig genehmigte sie auch den Notenaustausch zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der EU-Richtlinie 2016/680 zum Datenschutz in Strafsachen.
Der Nationalrat räumte die Differenz daraufhin oppositionslos aus und nahm das Schengen-Datenschutzgesetz in der Schlussabstimmung mit 182 zu 11 Stimmen an. Der Genehmigung des Notenaustausches stimmte er mit 139 zu 45 Stimmen zu; dagegen opponierte ein Grossteil der SVP-Fraktion. Im Ständerat passierten beide Entwürfe die Schlussabstimmung einstimmig.

Revision des Datenschutzgesetzes (BRG 17.059)
Dossier: 2. Revision des Bundesgesetzes über den Datenschutz (DSG)

Wie schon die Eintretensdebatte im Frühjahr 2018 begann auch die Differenzbereinigung zur Umsetzung der EU-Waffenrichtlinie im Herbst desselben Jahres im Nationalrat mit einem Versuch, das Geschäft bis auf Weiteres zu sistieren. Mittels Ordnungsantrag wollte SVP-Nationalrat und ProTell-Interimspräsident Jean-Luc Addor (svp, VS) das Geschäft vom Sessionsprogramm streichen. Damit wolle er verhindern, dass die Schweiz ihr Waffenrecht aufgrund juristischer Verpflichtungen anpasse, die sich womöglich mit einem Entscheid des EuGH über die nach wie vor hängige Klage der Tschechischen Republik gegen die Rechtmässigkeit der Richtlinie in Luft auflösen könnten. Ausserhalb der SVP-Fraktion fand sein Antrag jedoch nur marginale Unterstützung, weshalb er mit 59 zu 118 Stimmen Schiffbruch erlitt.
Die drei grossen, inhaltlichen Differenzen räumte der Nationalrat allesamt aus, indem er sich hinter den Kompromissvorschlag des Ständerates stellte. Dabei handelte es sich erstens um die vom Ständerat eingefügte Regelung von Erwerb und Besitz grosser Magazine, die von der Volkskammer mit 101 zu 84 Stimmen bestätigt wurde. Eine Minderheit Salzmann (svp, BE) hatte am eigenen Beschluss festhalten und auf eine solche Regelung verzichten wollen. Zweitens hiess der Nationalrat mit 99 zu 85 Stimmen die Pflicht zur Markierung aller wesentlichen Waffenbestandteile gut. Auch hier konnte sich die Kommissionsmehrheit gegen dieselbe Minderheit Salzmann durchsetzen, die am nationalrätlichen Beschluss festhalten wollte, wonach bei zusammengesetzten Waffen eine Markierung genügte. Drittens bewahrte der Nationalrat mit 100 zu 84 Stimmen den Ermessensspielraum der Kantone bei Ausnahmebewilligungen für verbotene Waffen. Als Erstrat war er hier noch mehrheitlich der Ansicht gewesen, dass die Kantone Ausnahmebewilligungen erteilen müssten, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, und nicht nur erteilen können sollten. An der Muss-Formulierung festhalten wollte jetzt noch die Minderheit Salzmann, während sich die Mehrheit dem Ständerat anschloss und die ursprüngliche Kann-Formulierung beibehielt. Ein Minderheitsantrag Müller (fdp, SG), der bei beschlagnahmten, nicht fristgemäss gemeldeten, verbotenen Waffen eine kurze Nachmeldefrist gewähren wollte, wurde mit 104 zu 85 Stimmen ebenso abgelehnt. Die Kommissionsmehrheit und auch Bundesrätin Simonetta Sommaruga vertraten die Ansicht, eine zusätzliche Nachmeldefrist sei nicht nötig, da man in einem solchen Fall ohnehin drei Monate Zeit habe, nachträglich eine Ausnahmebewilligung zu beantragen. Mit zwei kleinen, neu geschaffenen Differenzen formeller Natur ging die Vorlage zurück an den Ständerat, der beide stillschweigend bereinigte. In der Schlussabstimmung nahm der Ständerat das geänderte Waffengesetz mit 34 zu 6 Stimmen bei 5 Enthaltungen an; der Nationalrat stimmte dem Gesetz mit 120 zu 69 Stimmen bei 4 Enthaltungen zu. Bis zuletzt leistete die SVP-Fraktion geschlossen Widerstand, konnte aber insgesamt nur drei Stimmen aus dem bürgerlichen Lager dazugewinnen; einige Vertreterinnen und Vertreter der CVP und der FDP enthielten sich der Stimme.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

Im Rahmen einer breiten gesellschaftlichen Debatte, ob die Schweiz die verschärfte EU-Waffenrichtlinie übernehmen soll, reichte Werner Salzmann (svp, BE), Präsident der Berner SVP-Sektion und des Berner Schiesssportverbandes, im März 2017 eine Motion mit dem Titel «Der Bundesrat darf die Verschärfung des EU-Waffenrechts nicht unterzeichnen!» ein. Die Verschärfung des Waffenrechts schiesse völlig über das eigentliche Ziel der Verhinderung von Terroranschlägen hinaus und führe zu «einer Kriminalisierung aller Schützen, Jäger, Sammler und Waffenerwerber», lautete die Begründung des Motionärs zum geforderten Übernahmeverbot der neuen EU-Richtlinie. Dies bestärkte er gegenüber der Tageszeitung Blick mit dem Argument, dass sich Terroristen und Terroristinnen nicht an bürokratische Auflagen hielten und die Verschärfung des Waffenrechts somit keine zusätzliche Sicherheit biete.
Behandelt wurde das Geschäft im Nationalrat erst in der Herbstsession 2018 – laut Bundesrätin Simonetta Sommaruga «einfach definitiv zu spät», da die Umsetzungsgesetzgebung zum EU-Waffenrecht bereits beraten worden war. Der Bundesrat hatte zuvor in seiner Stellungnahme festgehalten, dass die Nichtübernahme der Neuerungen im EU-Waffenrecht die Teilnahme der Schweiz am Schengen- und Dublin-Abkommen aufs Spiel setzen könne und hatte deshalb die Ablehnung beantragt. Dieser Empfehlung folgend lehnte der Nationalrat den Vorstoss ab.

Der Bundesrat darf die Verschärfung des EU-Waffenrechts nicht unterzeichnen (Mo. 17.3152)

Mittels Motion brachte Nationalrätin Doris Fiala (fdp, ZH) die Forderung vor, dass Vereine mit internationalen Geldflüssen neu zwingend ins Handelsregister einzutragen seien. Gemäss geltendem Recht sind Vereine, die keine wirtschaftlichen Ziele verfolgen, nicht zur Eintragung im Handelsregister verpflichtet – darunter fallen insbesondere auch Vereine religiösen Zwecks. Mehr Transparenz im Sinne der GAFI-Empfehlung Nummer 8 («Organismes à but non lucratif»), die unter anderem die Eintragungs-, Buchführungs- und Rechnungslegungspflicht auch für Vereine, zumindest für jene mit internationalen Geldflüssen – gegebenenfalls ab einer bestimmten Höhe –, beinhaltete, sei ein wichtiger Baustein im Kampf gegen Geldwäscherei und letztlich auch gegen Terrorismusfinanzierung, so die Motionärin in der Begründung des Vorstosses. Bundesrätin Simonetta Sommaruga wies derweil auf das gute Zeugnis hin, das die GAFI der Schweiz in ihrem vierten Länderbericht ausgestellt habe, und betonte, es befinde sich eine Vorlage zur Umsetzung der letzten GAFI-Empfehlungen in der Vernehmlassung. Diese sehe unter anderem eine Eintragungspflicht ins Handelsregister für Vereine mit erhöhtem Risiko der Terrorismusfinanzierung vor. Die Forderung der Motionärin, die Eintragungspflicht an den internationalen Geldflüssen festzumachen, tangiere indessen auch viele Freiwilligenorganisationen wie Sportvereine, Missionsvereine oder Kinderhilfswerke, was die Motion impraktikabel mache. Dennoch stimmte der Nationalrat der Motion in der Herbstsession 2018 mit 112 zu 63 Stimmen bei 9 Enthaltungen zu.

Vereine mit internationalen Geldflüssen sind neu zwingend ins Handelsregister einzutragen (Mo. 16.4130)

Das in Art. 3 EMRK formulierte und auch in Art. 25 Abs. 3 BV verankerte Rückschiebeverbot verbietet es absolut, eine Person in einen Staat auszuschaffen, in dem ihr Folter oder eine andere Art grausamer oder unmenschlicher Behandlung oder Bestrafung droht. CVP-Nationalrat Fabio Regazzi (cvp, TI) forderte mit seiner Motion «Ausweisung von Terroristinnen und Terroristen in ihre Herkunftsländer, unabhängig davon, ob sie als sicher gelten oder nicht», die innere Sicherheit der Schweiz solle im Falle von Flüchtlingen, die mit terroristischen Aktivitäten in Verbindung gebracht werden und damit eine Gefahr für die Sicherheit der Schweiz darstellen, Vorrang haben. Erreichen wollte er dies durch die vorrangige Anwendung von Art. 33 Abs. 2 des internationalen Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, demzufolge sich ein Flüchtling nicht auf das Ausweisungsverbot berufen könne, «wenn erhebliche Gründe dafür vorliegen, dass er als eine Gefahr für die Sicherheit des Aufenthaltsstaates angesehen werden muss oder wenn er eine Bedrohung für die Gemeinschaft dieses Landes bedeutet, weil er wegen eines besonders schweren Verbrechens oder Vergehens rechtskräftig verurteilt worden ist.» Das Ausweisungsverbot an der vom Motionär genannten Stelle in der Flüchtlingskonvention ist jedoch weiter gefasst ist als das Non-Refoulement-Prinzip des zwingenden Völkerrechts und verbietet eine Rückschiebung nicht nur bei drohender Folter oder Todesstrafe, sondern auch bei Gefährdung des Lebens oder der Freiheit des Flüchtlings «wegen seiner Rasse, Religion, Staatszugehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Anschauungen» (Art. 33 Abs. 1 FK). Ergo kann das Ausweisungsverbot der Flüchtlingskonvention bei Gefährdung der öffentlichen Sicherheit eingeschränkt werden; für das Rückschiebeverbot des zwingenden Völkerrechts gilt dies jedoch nicht, das Non-Refoulement-Prinzip gilt absolut.
Obwohl Justizministerin Simonetta Sommaruga vor dem Nationalratsplenum klarstellte, dass es erstens nicht nur ausländische Dschihadisten gebe und zweitens die Schweiz bereits heute Rückführungen in «unsichere Staaten» vornehme, da die Unsicherheit in einem Land kein Hinderungsgrund für eine Rückführung sei, sondern nur eine Verletzung des Rückschiebeverbots im individuellen Fall, nahm der Nationalrat die Motion im Herbst 2018 mit 102 zu 73 Stimmen bei 3 Enthaltungen an. Auch die Begründung, der Bundesrat habe hier gar keinen Handlungsspielraum – man könne das zwingende Rückschiebeverbot nicht einfach ignorieren, weil man der Flüchtlingskonvention Vorrang vor der Bundesverfassung gewähre – sowie die Versicherung, man sei auch vonseiten des Bundesrats durchaus um Massnahmen zur Terrorismusbekämpfung bemüht – so zeige dies beispielsweise die in der Vernehmlassung gut angekommene Ausweitung des präventiv-polizeilichen Instrumentariums –, stiess mehrheitlich auf taube Ohren. Während die SVP-Fraktion geschlossen für den Vorstoss votierte, stimmten die Grüne, die SP- und die GLP-Fraktion geschlossen dagegen. Die bürgerlichen Parteien zeigten sich gespalten, wobei sich die Fraktionen der FDP und der CVP mehrheitlich dafür und jene der BDP mehrheitlich dagegen aussprachen.

Ausweisung von Terroristinnen und Terroristen in ihre Herkunftsländer, unabhängig davon, ob sie als sicher gelten oder nicht (Mo. 16.3982)

Das Konkordat über private Sicherheitsdienstleistungen (KÜPS) müsse wohl als gescheitert betrachtet werden, nachdem die Kantone Bern, Obwalden, Schwyz, Zug und Zürich definitiv gegen ihren Beitritt entschieden hätten, so die Einschätzung der Zürcher SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf, mit der sie ihre im September 2016 eingereichte Motion für eine schweizweite Regelung privater Sicherheitsdienstleistungen begründete. Der Bundesrat anerkannte in seiner Stellungnahme vom Februar 2017 die uneinheitliche Rechtslage, erachtete es aber als verfrüht, jetzt schon auf Bundesebene gesetzgeberisch tätig zu werden. Vielmehr wollte er sowohl der KKJPD Zeit geben, sich mit einem kurz zuvor publizierten Gutachten der Weko auseinanderzusetzen, das die unterschiedlichen Bewilligungsvoraussetzungen für Sicherheitsunternehmen aus dem Blickwinkel des Binnenmarktgesetzes betrachtet, als auch erneut mit den Kantonen über das weitere Vorgehen in Dialog treten.
Vor dem Nationalratsplenum in der Herbstsession 2018 erklärte Bundesrätin Simonetta Sommaruga jedoch, nach dem definitiven Scheitern des KÜPS im April 2017 habe der Bundesrat seine Meinung geändert. Da die Kantone es nicht geschafft hätten, ihr selbstgesetztes Ziel zu erreichen, unterstütze der Bundesrat mittlerweile eine nationale Regelung und damit das Anliegen der Motion. Angesichts der Tatsache, dass private Sicherheitsfirmen mit einem Gesamtumsatz von über einer Milliarde Franken pro Jahr grossen Raum einnähmen und sich gleichzeitig in einem sensiblen Bereich am Rande des staatlichen Gewaltmonopols bewegten, tue eine Regulierung Not. Dem Antrag auf Annahme des Vorstosses fügte sie das Versprechen bei, die Regelungen gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit den Kantonen zu erarbeiten. Der Nationalrat nahm die Motion schliesslich stillschweigend an.

Private Sicherheitsdienstleistungen endlich schweizweit regeln (Mo. 16.3723)

In der Herbstsession 2018 befasste sich der Nationalrat mit dem Bundesgesetz über den Schutz gewaltbetroffener Personen, wo die Debatte jedoch deutlich weniger harmonisch verlief als im Erstrat. In der Eintretensdebatte versuchte die SVP-Fraktion, indem verschiedene ihrer Exponenten sechsmal dieselbe Zwischenfrage stellten, das Problem der häuslichen Gewalt zu einem Ausländerproblem zu stilisieren und Bundesrätin Simonetta Sommaruga zu einer bestätigenden Aussage zu drängen. Darauf liess sich die Justizministerin jedoch nicht ein und erntete Beifall für ihre Replik: «[W]enn Sie das Problem unbedingt bezeichnen wollen, dann ist es ein Männerproblem». Als diesbezüglich niemand mehr das Wort ergriff, wurde Eintreten ohne Gegenantrag beschlossen.
Die Detailberatung im Nationalrat konzentrierte sich auf drei Punkte: die Weiterbildungsverpflichtung für die Kantone, die Gerichtskosten und die Möglichkeit zur Sistierung des Verfahrens. Einzig bei den Gerichtskosten schuf die grosse Kammer eine Differenz, indem sie der Mehrheit ihrer Rechtskommission folgte und beschloss, dass die Gerichtskosten der unterliegenden Partei auferlegt werden können, wenn diese zu einem Kontakt- oder Rayonverbot oder zu einer elektronischen Überwachungsmassnahme verurteilt wird. Der Entwurf des Bundesrates, dem der Ständerat hier gefolgt war, hatte keine Möglichkeit für eine Überwälzung der Gerichtskosten vorgesehen. In den anderen beiden Punkten schloss sich der Nationalrat dem Beschluss des Ständerates an. Die Kantone sollen, anders als vom Bundesrat ursprünglich angedacht, nicht im Zivilgesetzbuch ausdrücklich dazu verpflichtet werden, für die Weiterbildung von Personen zu sorgen, die im Rahmen ihrer Tätigkeit bei Gerichten oder Kriseninterventionsstellen mit Gewaltschutzfällen zu tun haben. Wie schon der Ständerat war auch die Volkskammer der Ansicht, dass ein solcher Eingriff in die kantonale Souveränität unnötig sei, da die Kantone selber ein Interesse daran hätten, über gut geschultes Personal zu verfügen. Was die Möglichkeit zur Sistierung des Verfahrens betrifft, wurden drei Minderheitsanträge Rickli (svp, ZH) abgelehnt, deren zwei darauf zielten, die Möglichkeit zur Sistierung ganz abzuschaffen und einer die Sistierung nur bei ausgeschlossener Wiederholungsgefahr zulassen wollte. Da man einen Rückfall aber nie mit Sicherheit ausschliessen könne, laufe diese Formulierung auf dasselbe hinaus, argumentierten die Mehrheitsbefürworter, die es als wichtig erachteten, dass dem Opfer nicht jegliche Handlungsmöglichkeit genommen werde. Der Nationalrat blieb deshalb bei der Formulierung des Bundesrates, die auch vom Ständerat gutgeheissen worden war, dass die Staatsanwaltschaft oder die Gerichte ein Verfahren sistieren können, wenn das Opfer darum ersucht und die Sistierung geeignet erscheint, die Situation des Opfers zu stabilisieren oder zu verbessern. Zwei Einzelanträge Feri (sp, AG) und Regazzi (cvp, TI), welche zusätzlich die Berücksichtigung des Wohles allfällig betroffener Kinder verlangten, blieben ebenso chancenlos, da dies sowieso zur Beurteilung der Situation des Opfers gehöre. Die vom Ständerat vorgenommene Anpassung, dass die Kosten einer Überwachungsmassnahme der überwachten Partei auferlegt werden können, hiess die grosse Kammer diskussionslos und stillschweigend gut. Am Schluss ergänzte der Nationalrat auf Antrag seiner Kommission noch eine Bestimmung, dass der Bundesrat die Zweckmässigkeit und Wirksamkeit der beschlossenen Änderungen und Massnahmen überprüfen und dem Parlament darüber spätestens vier Jahre nach Inkrafttreten Bericht erstatten und gegebenenfalls Verbesserungen vorschlagen muss. In der Gesamtabstimmung nahmen 122 Nationalrätinnen und Nationalräte die Vorlage an, während sie die 62 Vertreterinnen und Vertreter der SVP-Fraktion geschlossen ablehnten.

Bundesgesetz über den Schutz gewaltbetroffener Personen (BRG 17.062)
Dossier: Verbesserung des Schutzes für Stalking-Opfer

Die Schweiz dürfe nicht zu einem Rückzugsort für Terroristen werden, befand die SVP-Fraktion im Herbst 2016, als sie eine Motion zum Umgang mit staatsgefährdenden Personen einreichte. Sie forderte damit die Schaffung von Rechtsgrundlagen, um Personen, die zu Terrorismus aufrufen, anleiten oder ermuntern bzw. terroristische Aktivitäten ankünden, finanzieren, begünstigen oder zu deren Unterstützung aufrufen – aber keine Straftat begangen haben – durch unverzügliche Inhaftierung oder Ausschaffung an ihrem Tun zu hindern.
Der Bundesrat beantragte den Vorstoss zur Ablehnung, aber nicht, wie Justizministerin Simonetta Sommaruga vor dem Nationalratsplenum erläuterte, weil er das Anliegen grundsätzlich ablehnte, sondern weil er die Motion «in wesentlichen Teilen» schon als erfüllt ansah. Einerseits bestünden bereits Straftatbestände, die auch terroristische Akte einschlössen, sowie die Haftgründe der Wiederholungs- und Ausführungsgefahr. Andererseits seien mit der Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität sowie dem Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Terrorismusbekämpfung zwei Vorlagen zum Umgang mit sogenannten terroristischen Gefährdern in Arbeit. Auch wenn darin keine Präventivhaft vorgesehen sei – es gehe ja schliesslich um Menschen, die keine Straftat verübt haben, erinnerte die Bundesrätin –, eigneten sich die vorgeschlagenen Instrumente, um Gefährderinnen und Gefährder zu überwachen und Material für ein allfälliges Strafverfahren zu sammeln. Dies genügte dem Nationalrat aber offenbar nicht; er nahm die Motion im Herbst 2018 mit 113 zu 64 Stimmen an.

Umgang mit staatsgefährdenden Personen (Mo. 16.3673)

Mit der Überweisung eines Postulats Ruiz (sp, VD) verlangte der Nationalrat vom Bundesrat einen Bericht, der die Folgen der Einführung einer dritten Geschlechtsidentität für die schweizerische Rechtsordnung und für das elektronische Personenstandsregister «Infostar» aufzeigt. Darüber hinaus soll der Bericht auch die Konsequenzen prüfen, die ein vollständiger Verzicht auf die Geschlechtsangabe im Personenstandsregister sowie ein vorübergehender Aufschub des Eintrags bei Neugeborenen, deren Geschlecht nicht eindeutig festgestellt werden kann, nach sich ziehen würden. Neben der Eruierung der notwendigen Änderungen an Rechtstexten und Registern sollen auch die zu erwartenden Kosten und der benötigte Zeitaufwand für die Umstellung beziffert werden. Der Vorstoss war wie das ähnliche Postulat Arslan (basta, BS; 17.4121) von SVP-Nationalrat Yves Nidegger erfolglos bekämpft worden. Mit 105 zu 79 Stimmen bei 5 Enthaltungen nahm die grosse Kammer den Vorstoss im Herbst 2018 an und folgte damit auch dem Antrag des Bundesrats. «Es lohnt sich, diese Fragen anzuschauen», hatte Justizministerin Simonetta Sommaruga ihre Ausführungen im Rat geschlossen.

Einführung einer dritten Geschlechtsidentität. Folgen für die Rechtsordnung und für Infostar (Po. 17.4185)

Nachdem der Nationalrat in der Sommersession 2018 die vom Bundesrat vorgeschlagene Änderung des Waffengesetzes zur Umsetzung der EU-Waffenrichtlinie (2017/853) in einigen Punkten abgeschwächt und damit gemäss Bundesrätin Simonetta Sommaruga «nicht mehr richtlinienkonform» entschieden hatte, kam das Geschäft zur Vorberatung in die SiK-SR. Deren Sprecher Josef Dittli (fdp, UR) erklärte im Herbst 2018 vor dem Ständeratsplenum, sie habe erneut die KKJPD, die KKPKS sowie den Schweizer Schiesssportverband (SSV) zum laufenden Gesetzgebungsprojekt angehört und in ihrer Beratung schliesslich einen Kompromiss zwischen den Ansprüchen von Schengen/Dublin und jenen der Schützen gesucht, der die Spielräume der EU-Richtlinie ausnutze, aber nicht gegen sie verstosse.
Der Ständerat trat ohne Gegenantrag auf die Vorlage ein. Als ersten Teil der eingangs beschriebenen Kompromisslösung beantragte die SiK-SR ihrem Rat einstimmig, wie vom Nationalrat beschlossen die Ordonnanzwaffen, die von Armeeangehörigen am Ende des Dienstes direkt aus den Beständen der Militärverwaltung zu Eigentum übernommen werden, nicht als verbotene Waffen zu kategorisieren. Mit 29 zu 15 Stimmen schloss sich der Ständerat in dieser Frage dem Nationalrat an.
In anderen Punkten ortete die SiK-SR jedoch Korrekturbedarf am Beschluss des Nationalrates, um den Anforderungen der EU-Richtlinie zu entsprechen, so etwa betreffend die Regelung des Erwerbs und Besitzes von Ladevorrichtungen mit hoher Kapazität. Der Nationalrat hatte hier grossen administrativen Aufwand und keinen Nutzen gesehen und schliesslich ganz auf eine Regelung verzichtet. Laut Kommissionssprecher Dittli schreibt die EU-Richtlinie jedoch vor, dass grosse Magazine nur von Personen erworben werden dürfen, die auch die dazugehörigen Waffen erwerben dürfen. Der Beschluss des Nationalrates sei somit nicht richtlinienkonform und müsse korrigiert werden. Die SiK-SR schlug ihrem Rat hierzu vor, die grossen Magazine im Gesetz nicht wie Munition zu regeln – das hatte der Bundesrat ursprünglich vorgesehen, jedoch war die damit zusammenhängende Buchführungspflicht für die Händler im Nationalrat kritisiert worden. Stattdessen wollte sie ein eigenes Kapitel über den Erwerb und Besitz von Ladevorrichtungen mit hoher Kapazität einfügen, in dem festgehalten wird, dass solche nur von Personen erworben werden dürfen, die zum Erwerb der entsprechenden Waffe berechtigt sind sowie dass zu deren Besitz berechtigt ist, wer sie rechtmässig erworben hat. Bei diesem Vorschlag entfiele die Buchführungspflicht und grosse Magazine könnten unbürokratisch nach Vorlage der Ausnahmebewilligung oder des Waffenerwerbsscheins erworben werden. Nachdem sich auch Justizministerin Sommaruga mit dieser Regelung einverstanden erklärt hatte, nahm sie der Ständerat stillschweigend an. Ebenfalls als nicht richtlinienkonform hatte die SiK-SR den Entscheid des Nationalrates gegen die Markierung von wesentlichen Waffenbestandteilen bewertet. Dieser hatte auch hier unnötigen administrativen Aufwand gesehen und deshalb beim geltenden Recht bleiben wollen, wonach bei zusammengebauten Feuerwaffen die Markierung eines wesentlichen Bestandteils genügt. Die EU-Richtlinie verlange jedoch bei einem Neuerwerb die Markierung aller wesentlichen Waffenbestandteile, begründete Dittli den Antrag der Kommission, hier dem Bundesrat zu folgen, was der Ständerat schliesslich auch tat.
Keine Frage der Konformität mit der EU-Richtlinie war jene, ob den Kantonen bei der Erteilung von Ausnahmebewilligungen an Sportschützen mittels einer Kann-Formulierung ein gewisser Ermessensspielraum im Sinne des Föderalismus zugestanden werden soll oder ob mit einer Muss-Formulierung schweizweit für alle Sportschützen die gleichen Bedingungen festgehalten werden sollen, wie es der Nationalrat beschlossen hatte. Mit 24 zu 21 Stimmen nahm die kleine Kammer einen diesbezüglichen Einzelantrag Engler (cvp, GR) an und folgte dem Nationalrat; damit müssen die Kantone allen Sportschützen eine Ausnahmebewilligung erteilen, die nachweisen, dass sie Mitglied in einem Schiessverein sind oder sonst regelmässig schiessen, und dürfen keine zusätzlichen Anforderungen stellen. Ebenfalls einverstanden zeigte sich der Ständerat damit, dass dieser Nachweis einmal nach fünf und ein weiteres Mal nach zehn Jahren erbracht werden muss. Bei der allgemeinen Bestimmung für Ausnahmebewilligungen – nicht jener speziell für Sportschützen – hingegen, schwenkte die Ständekammer auf die bundesrätliche Kann-Formulierung zurück, um über das Waffengesetz hinausgehende kantonale Vorschriften nicht zu verunmöglichen.
Mit einer letzten Änderung kam der Ständerat noch einmal den Schützen entgegen, indem er die Bestätigungspflicht für vor dem Inkrafttreten des Waffengesetzes erworbene, neu verbotene Waffen in eine einfache Meldepflicht umwandelte. Ein Einzelantrag Hösli (svp, GL), der komplett auf eine Meldung oder Bestätigung verzichten und stattdessen das Prinzip der Besitzstandswahrung festschreiben wollte, blieb mit 10 zu 31 Stimmen bei 2 Enthaltungen chancenlos. In der Gesamtabstimmung nahm der Ständerat den Gesetzesentwurf mit 34 zu 6 Stimmen bei 5 Enthaltungen an und gab ihn zurück an den Nationalrat zur Differenzbereinigung.
War es nach der Debatte im Erstrat ProTell gewesen, die mit dem Referendum drohte, war es nach der Beratung im Ständerat die AUNS, die ankündigte, sie werde das Referendum unterstützen oder wenn nötig selbst ergreifen – es gehe um «die Selbstbestimmung der unabhängigen Schweiz», so der Wortlaut in der entsprechenden Mitteilung. Während sich die SVP als «Unterstützerin im Hintergrund» am Referendum beteiligen wolle, hätten indes der SSV und die Schweizerische Offiziersgesellschaft (SOG) diesbezüglich noch keinen Entscheid gefällt.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

Mit einer parlamentarischen Initiative forderte Nationalrat Jean-Luc Addor (svp, VS), dass Beistandspersonen nach dem Tod der verbeiständeten Person mit einer Vertretungsbefugnis ausgestattet werden. Die RK-NR beantragte ihrem Rat, der Initiative keine Folge zu geben, da sie dem Sinn und Zweck des Erwachsenenschutzrechtes widerspreche. Die grosse Kammer folgte in der Herbstsession 2018 dem Antrag ihrer Kommission und gab der Initiative nach kurzer Debatte mit 123 zu 67 Stimmen bei 4 Enthaltungen keine Folge. Als einzige Fraktion sprach sich jene der SVP mehrheitlich für die Vorlage aus.

Befugnisse von Beistandspersonen nach dem Tod der verbeiständeten Person (Pa.Iv. 17.465)

Ende Juni 2018 eröffnete der Bundesrat die Vernehmlassung zum Bundesgesetz über das Gesichtsverhüllungsverbot, das er als indirekter Gegenvorschlag der Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» gegenüberzustellen plante. Im neuen Gesetz sah der Bundesrat erstens eine Pflicht zur Enthüllung des eigenen Gesichts im Kontakt mit Behörden vor. Diese Pflicht soll greifen, sofern die Behörde aus Bundesrecht verpflichtet ist, eine Person zu identifizieren oder wenn die Behörde ihre im Bundesrecht begründete Aufgabe sonst nicht ohne unverhältnismässigen Aufwand erfüllen kann. Betroffen wären in erster Linie die Bereiche Sicherheit, Migration, Sozialversicherungen sowie Personenbeförderung. Wiederholte Weigerung soll mit Busse bestraft werden, ausser die visuelle Identifizierung liegt ausschliesslich im Interesse der sich weigernden Person – in diesem Fall soll ihr die Behörde die gewünschte Leistung verweigern können. Zweitens schlug der Bundesrat vor, den Nötigungstatbestand in Art. 181 StGB durch einen Absatz 2 zu ergänzen, sodass es unter Androhung von Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe explizit verboten ist, jemanden zur Verhüllung des Gesichts zu zwingen. Ein solcher Zwang sei inakzeptabel, weshalb er dieses Verbot ausdrücklich festhalten und somit signalisieren wolle, dass ein solches Verhalten nicht hingenommen werde, gab der Bundesrat per Medienmitteilung bekannt. Von den Regelungen zur Enthüllung im Behördenkontakt versprach er sich indes die Vermeidung von Spannungen sowie eine präventive Wirkung und die Etablierung einer einheitlichen Praxis. Der Gegenvorschlag sei somit eine «gezieltere Antwort auf die Probleme, die das Tragen von gesichtsverhüllenden Kleidungsstücken mit sich bringen kann», als die Initiative, wie dem erläuternden Bericht zu entnehmen ist. Insbesondere könnten die Kantone weiterhin selbst entscheiden, ob sie die Gesichtsverhüllung im öffentlichen Raum verbieten wollten oder nicht.
Der punktuelle Ansatz des Bundesrates kam bei den Initianten nicht gut an, die daher auch nach Bekanntwerden des Gegenvorschlags nicht daran dachten, die Initiative zurückzuziehen. Gar als «Ohrfeige» für jene, die die Volksinitiative unterzeichneten, bezeichnete der Co-Präsident des Initiativkomitees Walter Wobmann (svp, SO) den bundesrätlichen Entwurf in der NZZ. Dieser blende das «Problem der Hooligans und randalierenden Chaoten», auf das die Initiative ebenfalls abziele, vollständig aus, so Wobmann weiter. Das föderalistische Argument, das der Bundesrat gegen die Initiative vorbrachte, quittierte Mit-Initiant Jean-Luc Addor (svp, VS) gegenüber der «Tribune de Genève» mit der Bemerkung, es handle sich hierbei um «eine Frage der Zivilisation», bei der die Kantone keine unterschiedliche Betroffenheit geltend machen könnten. Nicht glücklich über den bundesrätlichen Vorschlag waren unterdessen auch die Grünen: Präsidentin Regula Rytz (gp, BE) erachtete den Gegenvorschlag als genauso unnütz wie die Initiative, weil beide nichts zur besseren Integration und zur Gleichstellung der Frauen beitrügen; stattdessen befeuerten sie Vorurteile gegenüber der muslimischen Bevölkerung. Initiativgegner Andrea Caroni (fdp, AR) begrüsste die Enthüllungspflicht vor Behörden, bemängelte aber das seiner Ansicht nach überflüssige Verbot des Verhüllungszwangs, da ein solcher ohnehin unter Nötigung fiele. Die Waadtländer SP-Nationalrätin Ada Marra hielt dem bundesrätlichen Vorschlag indes zugute, den Sicherheitsaspekt ernst zu nehmen und gleichzeitig den Volkswillen – die unterschiedlichen Entscheide in den Kantonen – zu respektieren.

Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» und indirekter Gegenvorschlag (19.023)
Dossier: Nationales Burkaverbot