Suche zurücksetzen

Inhalte

  • Rechtsordnung

Akteure

  • Bregy, Philipp-Matthias (cvp/pdc, VS) NR/CN
  • Tuena, Mauro (svp/udc, ZH) NR/CN
  • Molina, Fabian (sp/ps, ZH) NR/CN
  • Schwander, Pirmin (svp/udc, SZ) NR/CN
  • Sommaruga, Simonetta (sp/ps) BR EJPD / CF DFJP

Prozesse

68 Resultate
Als PDF speichern Weitere Informationen zur Suche finden Sie hier

Nationalrat Pirmin Schwander (svp, SZ) forderte mittels eines Postulats, dass der Bundesrat seine Definition des Schutzbereichs von Art. 185 Abs. 3 BV präzisiert und aufzeigt, wie er daraus seine Notrechtskompetenzen begründet. Der Artikel 185 BV regelt die bundesrätlichen Kompetenzen zur Wahrung der äusseren und inneren Sicherheit, wobei zur Reaktion auf eingetretene oder unmittelbar drohende schwere Störungen der öffentlichen Ordnung befristete Verordnungen oder Verfügungen erlassen werden dürfen. Der Nationalrat nahm den Vorstoss in der Herbstsession 2020 stillschweigend an. Konkret wurde der Bundesrat damit beauftragt zu klären, ob sich die Notrechtskompetenzen auf sicherheitspolitische Anliegen beschränken oder ob sie auch in der Verfolgung anderer politischer Ziele ihre Gültigkeit haben. Die geforderte Prüfung sei dringend notwendig, da Fragen zur Rechtsgrundlage beantragter Kredite von den Aufsichtskommissionen in der Notrechtssituation der Covid-19-Pandemie nicht einheitlich beurteilt würden, argumentierte der Motionär. In Krisensituationen sei deren einheitliche Klärung jedoch unerlässlich. Der Bundesrat hatte die Annahme des Postulates beantragt.

Präzisierung des Schutzbereichs in Artikel 185 Absatz 1 der Bundesverfassung (Mo. 20.3440)

In der Sommersession 2020 befasste sich der Nationalrat als Zweitrat mit dem Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Terrorismusbekämpfung (PMT). In der langen Eintretensdebatte wurden die grundsätzlichen Fragen erörtert, ob die vorgesehenen Massnahmen mit den Menschenrechten vereinbar seien und ob es sie überhaupt brauche. Während die Fraktionen der Grünliberalen, der Grünen und der Sozialdemokraten beide Fragen entschieden verneinten, zeigte sich die bürgerliche Ratsseite sowohl von der Notwendigkeit als auch von der Völkerrechtskonformität des Gesetzes vollkommen überzeugt. GLP-Nationalrätin Katja Christ (glp, BS) beantragte Nichteintreten, weil die Gesetzesvorlage die Schweiz nicht sicherer mache, sondern den Rechtsstaat untergrabe. «Rund achtzig Nichtregierungsorganisationen sowie namhafte Straf- und Völkerrechtler» seien sich darin einig, dass mit den geplanten Massnahmen «eine Grenze überschritten» werde, nahm Christ auf die mediale Diskussion im Vorfeld der Ratsdebatte Bezug und warnte pathetisch: «Die Freiheit stirbt mit Sicherheit». Ins gleiche Horn blies Grünen-Vertreterin Marionna Schlatter (gp, ZH), die das Geschäft an den Bundesrat zurückweisen wollte. Sie forderte, die unklare Definition des Gefährders müsse überarbeitet werden, «denn weder Sie noch sonst jemand kann das Gegenteil beweisen, wenn ihr oder ihm vorgeworfen wird, potenziell gefährlich zu sein.» Gerade die Grundrechte seien «unser stärkstes Schutzschild» im Kampf gegen den Terrorismus und sie hoffe deshalb, dass die öffentliche Kritik der Menschenrechtsbeauftragten des Europarats sowie der UNO-Sonderberichterstatter «in diesem Saal etwas bewegt» habe. Dasselbe postulierte die Sozialdemokratin Franziska Roth (sp, SO), die ebenfalls einen Rückweisungsantrag stellte. Das Gesetz gefährde «das, was wir eigentlich vor Terrorismus schützen wollen, und das ist, gelinde gesagt, Stumpfsinn», polterte sie. Der Bundesrat müsse die vorgeschlagenen Massnahmen – insbesondere jene, die Kinder und Jugendliche betreffen, was «der Schweiz nicht würdig» sei – deshalb auf Vereinbarkeit mit der Bundesverfassung und mit dem Völkerrecht sowie auf ihre Notwendigkeit prüfen und einen Mitbericht der RK-NR einfordern. Kommissionssprecher Mauro Tuena (svp, ZH) plädierte dagegen für Eintreten und gegen die Rückweisungen, denn die Verschärfungen seien angesichts der terroristischen Bedrohungslage dringend notwendig. «Mit diesen Präventivmassnahmen können Menschenleben gerettet werden», appellierte er an das Ratsplenum. SVP-Fraktionssprecher Jean-Luc Addor (svp, VS) erklärte, die Schweiz befinde sich gegenüber dem Terrorismus in einer «Situation der legitimen Selbstverteidigung» und dass Kinder von Terrorgruppen benutzt würden, sei «eine traurige Realität». Dass internationale Menschenrechtsinstitutionen die Schweiz öffentlich kritisiert hatten, oder in seinen Worten sich «mit mindestens zweifelhafter Legitimität» für «berechtigt» gehalten hätten, den Volksvertretern eines souveränen Staats «eine Predigt zu halten» und ihnen zu «erklären», was sie tun dürften und was nicht, bezeichnete er indes als «einigermassen originell». FDP-Sprecher Rocco Cattaneo (fdp, TI) hob hervor, dass mit diesem Gesetz die kantonalen und kommunalen Polizeikorps «endlich» die Möglichkeit erhielten, schnell zu reagieren. Alois Gmür (cvp, SZ) legte die Position der Mitte-Fraktion so dar, dass es eben «gewisse Opfer» brauche, «wenn man tatsächlich mehr Sicherheit will», worauf ihm SP-Nationalrat Fabian Molina (sp, ZH) die rhetorische Frage stellte, ob es dann nicht am sinnvollsten wäre, «dass man alle Männer von 15 bis 50 Jahren präventiv unter Hausarrest stellen würde, um die Anzahl der Delikte gegen Leib und Leben auf nahezu null zu reduzieren». Mit vielen Fragen konfrontiert wurde auch Bundesrätin Karin Keller-Sutter, die in ihrem Votum die Notwendigkeit der Vorlage betonte und mehrfach bekräftigte, der Bundesrat habe die Grundrechtsfragen «vertieft und sorgfältig geprüft». Die international geäusserten Bedenken teile sie nicht und erachte sie als «unbegründet», erläuterte sie. Es handle sich dabei um «eine politische Stellungnahme», die aber «rechtlich nicht sehr präzis» und eher «Ausdruck einer allgemeinen Sorge» gewesen sei.
Nach einem langen, veritablen Schlagabtausch zwischen dem befürwortenden und dem ablehnenden Lager trat der Nationalrat schliesslich mit 107 zu 84 Stimmen bei einer Enthaltung auf das Geschäft ein. Die beiden Rückweisungsanträge wurden mit 85 zu 106 Stimmen (1 Enthaltung) respektive 85 zu 105 Stimmen (2 Enthaltungen) abgelehnt. Es standen sich dabei das links-grün-grünliberale und das bürgerliche Lager jeweils geschlossen gegenüber. In der Detailberatung brachte das links-grüne Lager etliche Minderheitsanträge zur Abschwächung der Vorlage ein, die allesamt scheiterten. Ebenso erfolglos blieb der einzige Änderungsantrag der Kommissionsmehrheit, die einen neuen Artikel zur sogenannten gesicherten Unterbringung von Gefährdern (GUG) einbringen wollte. Mit diesem Artikel könnten «klar Leben gerettet werden», argumentierte Kommissionssprecher Tuena, während die Kommissionsminderheit um Beat Flach (glp, AG) betonte, diese Massnahme sei nicht EMRK-konform. Auch nach Ansicht des Bundesrates gehe eine solche Präventivhaft – im Gegensatz zum Hausarrest als ultima ratio – «tatsächlich zu weit», weshalb der Bundesrat trotz Bitten der Kantone ausdrücklich auf die GUG verzichtet habe, wie die Justizministerin ausführte. Mit 113 zu 78 Stimmen bei 2 Enthaltungen folgte der Nationalrat der Minderheit und lehnte die Präventivhaft ab – dies, weil sich hier zusätzlich zur links-grünen Ratsseite auch die grosse Mehrheit der FDP-Fraktion sowie eine Minderheit der Mitte-Fraktion zum Nein-Lager gesellten. Somit nahm die grosse Kammer die inhaltlich unveränderte Vorlage – es wurden jedoch einige redaktionelle Anpassungen vorgenommen – in der Gesamtabstimmung mit 111 zu 86 Stimmen ohne Enthaltungen an. Abgelehnt hatten das Gesetz die geschlossenen Fraktionen der SP, der Grünen und der Grünliberalen sowie SVP-Nationalrat Pirmin Schwander (svp, SZ).

Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus (PMT; 19.032)
Dossier: Strategie der Schweiz zur Terrorismusbekämpfung
Dossier: PMT und damit umgesetzte Vorstösse
Dossier: Vorstösse und Massnahmen zur Bekämpfung islamistischer Radikalisierungstendenzen

In der Sommersession 2020 beriet der Nationalrat als Zweitrat die Vorlage zur Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität, die auch die Genehmigung des Europarats-Übereinkommens über die Terrorismusprävention und dessen Zusatzprotokolls beinhaltete. Während die vorberatende SiK-NR die Stossrichtung des Geschäfts mehrheitlich unterstützte, wie deren Sprecher Mauro Tuena (svp, ZH) dem Ratsplenum bekannt gab, beantragte eine Minderheit Schlatter (gp, ZH) die Rückweisung an den Bundesrat, weil sie eine klare Definition von terroristischen Organisationen vermisste und diese nicht der Rechtsprechung überlassen wollte. Welche Organisation terroristisch sei, sei keine juristische, sondern eine politische Entscheidung, begründete die Grüne Nationalrätin ihren Antrag. Zudem forderte sie, dass sich die Strafrechtsverschärfung darauf beschränken müsse, was das internationale Abkommen zwingend verlange. Votantinnen und Votanten gegen die Rückweisung wandten ein, es gebe keine allgemeingültige, globale Definition von Terrorismus, auf die man sich stützen könnte, und betonten das Vertrauen in die Schweizer Justizbehörden. So einig wie die Fraktionen der SP und der Grünen die Rückweisung unterstützen, stellten sich jene der GLP, der Mitteparteien, der FDP und der SVP dagegen, sodass der Antrag mit 127 zu 67 Stimmen deutlich abgelehnt wurde.
In der Detailberatung wandte sich die grosse Kammer in einem ersten Block den Änderungen im Nachrichtendienstgesetz zu und erörterte die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Bundesrat eine Organisation, die die innere oder äussere Sicherheit der Schweiz bedroht, verbieten können soll. Eine Minderheit Addor (svp, VS) blieb mit der Forderung, dass der Bundesrat dies im Sinne von mehr Sicherheit und Souveränität allein entscheiden können müsse, erfolglos. Die Mehrheit blieb beim Entwurf des Bundesrates, demgemäss sich ein Verbot auf einen Verbots- oder Sanktionsbeschluss der UNO gegen die fragliche Gruppierung stützen muss. Diese Bedingung sei wichtig für die Neutralität der Schweiz, erläuterte Bundesrätin Karin Keller-Sutter, weil sonst andere Staaten die Schweiz politisch oder diplomatisch unter Druck setzen könnten, eine bestimmte Organisation zu verbieten.
Im zweiten Block widmete sich der Nationalrat den Anpassungen im Strafrecht. Der mit sechs Minderheitsanträgen meistdiskutierte Artikel 260ter StGB definiert den Tatbestand der Beteiligung an und Unterstützung einer kriminellen bzw. terroristischen Organisation und legt das einschlägige Strafmass fest. Die Kommissionsmehrheit wich mit ihrem Vorschlag insofern von der ständerätlichen Fassung ab, als sie humanitäre Dienste einer unparteiischen humanitären Organisation wie dem IKRK explizit von der Strafbarkeit ausschliessen wollte. Dieser Vorschlag setzte sich deutlich gegen alle Minderheitsanträge durch, sowohl jene, die diese Ausnahmebestimmung für humanitäre Organisationen einerseits als überflüssig oder andererseits mit der Nennung des IKRK als zu eng gefasst in Frage stellten, als auch jene, die den Strafrahmen insgesamt verkleinern, den Kampf für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit nicht als Terrorismus klassifizieren, die zusätzliche Bestrafung für weitere im Rahmen einer Organisation begangene Straftaten explizit machen oder die Definition terroristischer Organisationen ganz streichen wollten. Der zweite grosse Streitpunkt der Vorlage lag im neuen Art. 260sexies StGB, der die Anwerbung und Ausbildung sowie das Reisen im Hinblick auf eine terroristische Straftat unter Strafe stellt. Eine Minderheit Seiler Graf (sp, ZH) wollte den ganzen Artikel streichen, weil sie diese Vorverlagerung der Strafbarkeit als rechtsstaatlich problematisch ansah. Man befinde sich hier «definitiv im Gesinnungsstrafrecht», urteilte die Antragstellerin. Terroristen liessen sich kaum durch eine Strafandrohung abschrecken; Prävention und Ursachenbekämpfung – etwa gestützt auf den Nationalen Aktionsplan zur Verhinderung und Bekämpfung von Radikalisierung und gewalttätigem Extremismus – wären an dieser Stelle zielführender als repressive Massnahmen, schloss sie. Im Gegensatz dazu bezeichnete Justizministerin Keller-Sutter den umstrittenen Artikel als «de[n] zentrale[n] Pfeiler des Europaratsübereinkommens» und dessen Streichung als «empfindlich[e] Schwächung des Strafrechts». Gegen die bis auf eine Ausnahme (Philipp-Matthias Bregy, cvp/VS) geschlossen stimmenden Fraktionen der bürgerlichen Parteien sowie der Grünliberalen blieb das links-grüne Lager schliesslich chancenlos.
Der dritte und letzte Block betraf die Änderungen im Rechtshilfegesetz. Auch hier folgte der Nationalrat in allen Punkten seiner Kommissionsmehrheit und lehnte drei Minderheitsanträge Roth (sp, SO) hochkant ab, die internationale Rechtshilfe bei Steuerhinterziehung zulassen, die Voraussetzungen für die vorzeitige Übermittlung von Informationen und Beweismitteln an ausländische Ermittlungsbehörden (sog. dynamische Rechtshilfe) erhöhen und grenzüberschreitende Ermittlungsgruppen der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft unterstellen wollten. Bei den Bedingungen für die dynamische Rechtshilfe kehrte der Nationalrat diskussionslos zu den lockereren Voraussetzungen des Bundesrats zurück, anstatt sich der vom Ständerat beschlossenen Verschärfung anzuschliessen.
In der Gesamtabstimmung nahm die grosse Kammer die gegenüber dem Ständerat in zwei Punkten veränderte Vorlage mit 127 zu 54 Stimmen bei 13 Enthaltungen an. Die Fraktionen der SP und der Grünen machten damit ihre bereits in der Eintretensdebatte geäusserte Drohung wahr, dem Entwurf ihre Zustimmung zu verweigern, sollten die Tatbestände des Anwerbens, Ausbildens und Reisens im Hinblick auf einen Terrorakt im Strafgesetzbuch festgeschrieben werden. Stillschweigend schrieb der Nationalrat zudem die beiden Motionen 14.4187 für die Ratifizierung des Europaratseinkommens zur Terrorismusverhütung und 15.3008 für wirksamere Strafbestimmungen zur Verfolgung der organisierten Kriminalität ab.

Terrorismus und organisierte Kriminalität: Übereinkommen des Europarates und Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums (BRG 18.071)
Dossier: Strategie der Schweiz zur Terrorismusbekämpfung
Dossier: Internationale polizeiliche Zusammenarbeit
Dossier: Übereinkommen des Europarates zur Verhütung des Terrorismus / Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen organisierte Kriminalität

Das Übereinkommen des Europarats über einen ganzheitlichen Ansatz für Sicherheit, Schutz und Dienstleistungen bei Fussballspielen und anderen Sportveranstaltungen ist die vollständig überarbeitete Weiterentwicklung des «Europäischen Übereinkommens über Gewalttätigkeiten und Ausschreitungen von Zuschauern bei Sportanlässen, insbesondere bei Fussballspielen» von 1985, dem die Schweiz 1990 beigetreten war. Zusätzlich zu den Sicherheits- und Schutzmassnahmen des alten Vertrags enthält das neue Abkommen einen präventiven Dienstleistungsansatz: Friedliche Fans, Anwohnerinnen und Anwohner sowie Passantinnen und Passanten sollen von den Sicherheits- und Schutzmassnahmen so wenig wie möglich betroffen sein. Zentral dafür ist die umfassende Zusammenarbeit zwischen Behörden, Sportorganisationen, Fanorganisationen und Transportunternehmen. Der Bundesrat bezeichnete das Übereinkommen in seiner Botschaft, mit der er es dem Parlament zur Genehmigung vorlegte, als wichtigen Schritt zur Aktualisierung und Vereinheitlichung der nationalen Regeln unter Berücksichtigung von internationaler Good Practice. Eine Anpassung des schweizerischen Rechts sei nicht vonnöten, um den Erfordernissen des Vertrags nachzukommen.
Mit Ausnahme der SVP, die einen Nichteintretensantrag stellte, sprachen sich im Nationalrat alle Fraktionen für die Ratifizierung des Abkommens aus. Es sei für die Schweiz mit keinerlei Kosten verbunden, verbessere die internationale Zusammenarbeit und könne bestenfalls sogar verhindern, dass ausländische Hooligans an Sportveranstaltungen in der Schweiz teilnehmen, wenn die übrigen Vertragsstaaten von der Möglichkeit Gebrauch machen, Hooligans ihrerseits mit Ausreisesperren zu belegen, so der Grundtenor der Wortmeldungen. Die SVP stand mit ihrer Forderung, diesem «Stück Papier, das unter dem Strich nichts bringt», wie Fraktionssprecher Mauro Tuena (svp, ZH) das Übereinkommen bezeichnete, «eine Abfuhr zu erteilen», auf verlorenem Posten. Mit 125 zu 56 Stimmen und 3 Enthaltungen – alle Gegenstimmen und Enthaltungen aus der SVP-Fraktion – stimmte die grosse Kammer in der Frühjahrssession 2019 dem Abkommen zu.

Sicherheit, Schutz und Dienstleistungen bei Fussballspielen und anderen Sportveranstaltungen. Übereinkommen des Europarats

Beim Bundesgesetz über den Schutz gewaltbetroffener Personen waren zu Beginn der Wintersession 2018 noch zwei Differenzen ausstehend. Die Möglichkeit, dass die Gerichtskosten der unterliegenden Partei auferlegt werden können, wurde sowohl von der RK-SR als auch vom Ständerat begrüsst. Die vom Nationalrat ergänzte Übergangsbestimmung jedoch, die eine Evaluation des Gesetzes nach vier Jahren vorsieht, strich der Ständerat wieder mit der Begründung, sie sei ineffektiv und überflüssig. Bundesrätin Simonetta Sommaruga betonte hier zuhanden des Protokolls, dass der Bundesrat zu gegebener Zeit eine Evaluation der neuen Regelungen plane, vier Jahre dafür allerdings eine zu kurze Zeitspanne seien.
Die Mehrheit der RK-NR beantragte ihrem Rat daraufhin, dem Ständerat zu folgen und auf die zusätzliche Übergangsbestimmung zu verzichten. Die Wirksamkeitsüberprüfung von Gesetzesänderungen sei eine grundsätzliche Aufgabe der Regierung und des Parlaments; Letzteres könne eine Evaluation jederzeit anstossen, wenn der Bundesrat nicht von sich aus tätig werde. Zudem schreibe die Übergangsbestimmung vor, dass die Ergebnisse der Evaluation vier Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes vorliegen müssten; in einem solch kurzen Zeitraum sei eine seriöse Datengrundlage aber noch gar nicht verfügbar. Justizministerin Sommaruga versicherte auch im Nationalrat, dass es eine Evaluation geben werde. Eine Minderheit wollte an der Evaluation nach vier Jahren festhalten, blieb im Nationalrat letztlich jedoch chancenlos. Mit 122 zu 64 Stimmen hiess die grosse Kammer das Bundesgesetz über den Schutz gewaltbetroffener Personen ohne die umstrittene Übergangsbestimmung gut. In der Schlussabstimmung sprach sich der Nationalrat schliesslich mit 195 zu 2 Stimmen für das Gesetz aus; der Ständerat nahm es einstimmig an.

Bundesgesetz über den Schutz gewaltbetroffener Personen (BRG 17.062)
Dossier: Verbesserung des Schutzes für Stalking-Opfer

Der Bericht «Modernisierung des Familienrechts» in Erfüllung eines Postulats Fehr (sp, ZH; Po. 12.3607) sowie mehrere Bundesgerichtsentscheide aus jüngerer Vergangenheit wiesen darauf hin, dass das schweizerische Abstammungsrecht nicht mehr zeitgemäss sei. Zu diesem Schluss kam die RK-SR und reichte im August 2018 ein Postulat ein, das den Bundesrat auffordert, einen Bericht über den Reformbedarf im Abstammungsrecht zu erstellen und allenfalls Empfehlungen für eine kohärente Gesetzesrevision darzulegen. Das geltende fortpflanzungsmedizinische Verbot der Ei- und Embryonenspende sowie der Leihmutterschaft soll dabei nicht infrage gestellt, die Tatsache, dass in der Schweiz verbotene Reproduktionsmethoden zunehmend im Ausland in Anspruch genommen werden, aber auch nicht ausser Acht gelassen werden. Der Bundesrat unterstützte das Anliegen. Bundesrätin Simonetta Sommaruga sagte vor dem Ständeratsplenum im Dezember 2018, die Schweiz täte gut daran, sich dieser Fragen anzunehmen, wie es Frankreich und Deutschland bereits getan hätten. Der Ständerat überwies das Postulat stillschweigend an den Bundesrat.

Überprüfung des Abstammungsrechts (Po. 18.3714)

In der Herbstsession 2018 beschäftigte sich der Ständerat als Zweitrat mit der ersten Etappe der DSG-Revision, welche nur die Schengen-relevanten Bestimmungen des Gesetzgebungsprojektes umfasste. Die Schweiz hätte ihr Datenschutzrecht eigentlich bis zum 1. August 2018 an die EU-Richtlinie 2016/680 betreffend den Datenschutz in Strafsachen anpassen müssen, war damit im September also schon leicht im Verzug. Obwohl sich Kommissionssprecherin Pascale Bruderer Wyss (sp, AG) nicht sonderlich begeistert von der Etappierung der Vorlage zeigte – der Schengen-relevante Teil sei nicht der einzige, der zügig abgeschlossen werden sollte, denn die übrigen Bestimmungen seien zwar nicht für das Fortbestehen der Schengen-Assoziierung, aber sehr wohl für den Angemessenheitsbeschluss relevant und somit nicht weniger wichtig –, appellierte sie an den Rat, das Beste daraus zu machen und den eingeschlagenen Weg möglichst rasch weiterzugehen.
Nachdem die kleine Kammer ohne Gegenantrag auf die Vorlage eingetreten war, wurde auch hier, wie zuvor im Nationalrat, die Diskussion geführt, ob die gewerkschaftlichen Ansichten in der Definition der besonders schützenswerten Personendaten explizit aufgeführt werden müssten oder ob man diese streichen könne, da sie von den politischen und weltanschaulichen Ansichten erfasst würden. Wie der Nationalrat sprach sich auch der Ständerat mehrheitlich für die Streichung der gewerkschaftlichen Ansichten aus, obwohl, wie von Bundesrätin Sommaruga und Minderheitsvertreter Stöckli (sp, BE) angemerkt, dieser Antrag gar nie begründet worden sei. Materiell änderte sich damit nichts im Vergleich zum geltenden Recht, weshalb sowohl die Justizministerin als auch der Minderheitsvertreter letztlich vergebens die Notwendigkeit dieser Anpassung – notabene in einem ohnehin befristeten Gesetz – angezweifelt hatten. Als zweite Änderung und damit neue Differenz zum Nationalrat verbot der Ständerat dem EDÖB grundsätzlich die Ausübung jeglicher Nebentätigkeiten, unabhängig davon, ob diese vergütet werden oder nicht. Abweichend vom Grundsatz soll der Bundesrat eine solche jedoch gestatten können, wenn der EDÖB dadurch nicht in der Ausübung seiner Tätigkeit, seiner Unabhängigkeit und seinem Ansehen beeinträchtigt wird. Diese Absicht hatte bereits der Bundesrat in seinem Entwurf gezeigt, der Ständerat habe jetzt aber die «richtige Perspektive» und die «richtige Formulierung» gefunden, so Bundesrätin Sommaruga. Einstimmig verabschiedete die kleine Kammer das Schengen-Datenschutzgesetz mit dieser einen verbleibenden Differenz. Ebenfalls einstimmig genehmigte sie auch den Notenaustausch zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der EU-Richtlinie 2016/680 zum Datenschutz in Strafsachen.
Der Nationalrat räumte die Differenz daraufhin oppositionslos aus und nahm das Schengen-Datenschutzgesetz in der Schlussabstimmung mit 182 zu 11 Stimmen an. Der Genehmigung des Notenaustausches stimmte er mit 139 zu 45 Stimmen zu; dagegen opponierte ein Grossteil der SVP-Fraktion. Im Ständerat passierten beide Entwürfe die Schlussabstimmung einstimmig.

Revision des Datenschutzgesetzes (BRG 17.059)
Dossier: 2. Revision des Bundesgesetzes über den Datenschutz (DSG)

Wie schon die Eintretensdebatte im Frühjahr 2018 begann auch die Differenzbereinigung zur Umsetzung der EU-Waffenrichtlinie im Herbst desselben Jahres im Nationalrat mit einem Versuch, das Geschäft bis auf Weiteres zu sistieren. Mittels Ordnungsantrag wollte SVP-Nationalrat und ProTell-Interimspräsident Jean-Luc Addor (svp, VS) das Geschäft vom Sessionsprogramm streichen. Damit wolle er verhindern, dass die Schweiz ihr Waffenrecht aufgrund juristischer Verpflichtungen anpasse, die sich womöglich mit einem Entscheid des EuGH über die nach wie vor hängige Klage der Tschechischen Republik gegen die Rechtmässigkeit der Richtlinie in Luft auflösen könnten. Ausserhalb der SVP-Fraktion fand sein Antrag jedoch nur marginale Unterstützung, weshalb er mit 59 zu 118 Stimmen Schiffbruch erlitt.
Die drei grossen, inhaltlichen Differenzen räumte der Nationalrat allesamt aus, indem er sich hinter den Kompromissvorschlag des Ständerates stellte. Dabei handelte es sich erstens um die vom Ständerat eingefügte Regelung von Erwerb und Besitz grosser Magazine, die von der Volkskammer mit 101 zu 84 Stimmen bestätigt wurde. Eine Minderheit Salzmann (svp, BE) hatte am eigenen Beschluss festhalten und auf eine solche Regelung verzichten wollen. Zweitens hiess der Nationalrat mit 99 zu 85 Stimmen die Pflicht zur Markierung aller wesentlichen Waffenbestandteile gut. Auch hier konnte sich die Kommissionsmehrheit gegen dieselbe Minderheit Salzmann durchsetzen, die am nationalrätlichen Beschluss festhalten wollte, wonach bei zusammengesetzten Waffen eine Markierung genügte. Drittens bewahrte der Nationalrat mit 100 zu 84 Stimmen den Ermessensspielraum der Kantone bei Ausnahmebewilligungen für verbotene Waffen. Als Erstrat war er hier noch mehrheitlich der Ansicht gewesen, dass die Kantone Ausnahmebewilligungen erteilen müssten, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, und nicht nur erteilen können sollten. An der Muss-Formulierung festhalten wollte jetzt noch die Minderheit Salzmann, während sich die Mehrheit dem Ständerat anschloss und die ursprüngliche Kann-Formulierung beibehielt. Ein Minderheitsantrag Müller (fdp, SG), der bei beschlagnahmten, nicht fristgemäss gemeldeten, verbotenen Waffen eine kurze Nachmeldefrist gewähren wollte, wurde mit 104 zu 85 Stimmen ebenso abgelehnt. Die Kommissionsmehrheit und auch Bundesrätin Simonetta Sommaruga vertraten die Ansicht, eine zusätzliche Nachmeldefrist sei nicht nötig, da man in einem solchen Fall ohnehin drei Monate Zeit habe, nachträglich eine Ausnahmebewilligung zu beantragen. Mit zwei kleinen, neu geschaffenen Differenzen formeller Natur ging die Vorlage zurück an den Ständerat, der beide stillschweigend bereinigte. In der Schlussabstimmung nahm der Ständerat das geänderte Waffengesetz mit 34 zu 6 Stimmen bei 5 Enthaltungen an; der Nationalrat stimmte dem Gesetz mit 120 zu 69 Stimmen bei 4 Enthaltungen zu. Bis zuletzt leistete die SVP-Fraktion geschlossen Widerstand, konnte aber insgesamt nur drei Stimmen aus dem bürgerlichen Lager dazugewinnen; einige Vertreterinnen und Vertreter der CVP und der FDP enthielten sich der Stimme.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

Im Rahmen einer breiten gesellschaftlichen Debatte, ob die Schweiz die verschärfte EU-Waffenrichtlinie übernehmen soll, reichte Werner Salzmann (svp, BE), Präsident der Berner SVP-Sektion und des Berner Schiesssportverbandes, im März 2017 eine Motion mit dem Titel «Der Bundesrat darf die Verschärfung des EU-Waffenrechts nicht unterzeichnen!» ein. Die Verschärfung des Waffenrechts schiesse völlig über das eigentliche Ziel der Verhinderung von Terroranschlägen hinaus und führe zu «einer Kriminalisierung aller Schützen, Jäger, Sammler und Waffenerwerber», lautete die Begründung des Motionärs zum geforderten Übernahmeverbot der neuen EU-Richtlinie. Dies bestärkte er gegenüber der Tageszeitung Blick mit dem Argument, dass sich Terroristen und Terroristinnen nicht an bürokratische Auflagen hielten und die Verschärfung des Waffenrechts somit keine zusätzliche Sicherheit biete.
Behandelt wurde das Geschäft im Nationalrat erst in der Herbstsession 2018 – laut Bundesrätin Simonetta Sommaruga «einfach definitiv zu spät», da die Umsetzungsgesetzgebung zum EU-Waffenrecht bereits beraten worden war. Der Bundesrat hatte zuvor in seiner Stellungnahme festgehalten, dass die Nichtübernahme der Neuerungen im EU-Waffenrecht die Teilnahme der Schweiz am Schengen- und Dublin-Abkommen aufs Spiel setzen könne und hatte deshalb die Ablehnung beantragt. Dieser Empfehlung folgend lehnte der Nationalrat den Vorstoss ab.

Der Bundesrat darf die Verschärfung des EU-Waffenrechts nicht unterzeichnen (Mo. 17.3152)

Mittels Motion brachte Nationalrätin Doris Fiala (fdp, ZH) die Forderung vor, dass Vereine mit internationalen Geldflüssen neu zwingend ins Handelsregister einzutragen seien. Gemäss geltendem Recht sind Vereine, die keine wirtschaftlichen Ziele verfolgen, nicht zur Eintragung im Handelsregister verpflichtet – darunter fallen insbesondere auch Vereine religiösen Zwecks. Mehr Transparenz im Sinne der GAFI-Empfehlung Nummer 8 («Organismes à but non lucratif»), die unter anderem die Eintragungs-, Buchführungs- und Rechnungslegungspflicht auch für Vereine, zumindest für jene mit internationalen Geldflüssen – gegebenenfalls ab einer bestimmten Höhe –, beinhaltete, sei ein wichtiger Baustein im Kampf gegen Geldwäscherei und letztlich auch gegen Terrorismusfinanzierung, so die Motionärin in der Begründung des Vorstosses. Bundesrätin Simonetta Sommaruga wies derweil auf das gute Zeugnis hin, das die GAFI der Schweiz in ihrem vierten Länderbericht ausgestellt habe, und betonte, es befinde sich eine Vorlage zur Umsetzung der letzten GAFI-Empfehlungen in der Vernehmlassung. Diese sehe unter anderem eine Eintragungspflicht ins Handelsregister für Vereine mit erhöhtem Risiko der Terrorismusfinanzierung vor. Die Forderung der Motionärin, die Eintragungspflicht an den internationalen Geldflüssen festzumachen, tangiere indessen auch viele Freiwilligenorganisationen wie Sportvereine, Missionsvereine oder Kinderhilfswerke, was die Motion impraktikabel mache. Dennoch stimmte der Nationalrat der Motion in der Herbstsession 2018 mit 112 zu 63 Stimmen bei 9 Enthaltungen zu.

Vereine mit internationalen Geldflüssen sind neu zwingend ins Handelsregister einzutragen (Mo. 16.4130)

Das in Art. 3 EMRK formulierte und auch in Art. 25 Abs. 3 BV verankerte Rückschiebeverbot verbietet es absolut, eine Person in einen Staat auszuschaffen, in dem ihr Folter oder eine andere Art grausamer oder unmenschlicher Behandlung oder Bestrafung droht. CVP-Nationalrat Fabio Regazzi (cvp, TI) forderte mit seiner Motion «Ausweisung von Terroristinnen und Terroristen in ihre Herkunftsländer, unabhängig davon, ob sie als sicher gelten oder nicht», die innere Sicherheit der Schweiz solle im Falle von Flüchtlingen, die mit terroristischen Aktivitäten in Verbindung gebracht werden und damit eine Gefahr für die Sicherheit der Schweiz darstellen, Vorrang haben. Erreichen wollte er dies durch die vorrangige Anwendung von Art. 33 Abs. 2 des internationalen Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, demzufolge sich ein Flüchtling nicht auf das Ausweisungsverbot berufen könne, «wenn erhebliche Gründe dafür vorliegen, dass er als eine Gefahr für die Sicherheit des Aufenthaltsstaates angesehen werden muss oder wenn er eine Bedrohung für die Gemeinschaft dieses Landes bedeutet, weil er wegen eines besonders schweren Verbrechens oder Vergehens rechtskräftig verurteilt worden ist.» Das Ausweisungsverbot an der vom Motionär genannten Stelle in der Flüchtlingskonvention ist jedoch weiter gefasst ist als das Non-Refoulement-Prinzip des zwingenden Völkerrechts und verbietet eine Rückschiebung nicht nur bei drohender Folter oder Todesstrafe, sondern auch bei Gefährdung des Lebens oder der Freiheit des Flüchtlings «wegen seiner Rasse, Religion, Staatszugehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Anschauungen» (Art. 33 Abs. 1 FK). Ergo kann das Ausweisungsverbot der Flüchtlingskonvention bei Gefährdung der öffentlichen Sicherheit eingeschränkt werden; für das Rückschiebeverbot des zwingenden Völkerrechts gilt dies jedoch nicht, das Non-Refoulement-Prinzip gilt absolut.
Obwohl Justizministerin Simonetta Sommaruga vor dem Nationalratsplenum klarstellte, dass es erstens nicht nur ausländische Dschihadisten gebe und zweitens die Schweiz bereits heute Rückführungen in «unsichere Staaten» vornehme, da die Unsicherheit in einem Land kein Hinderungsgrund für eine Rückführung sei, sondern nur eine Verletzung des Rückschiebeverbots im individuellen Fall, nahm der Nationalrat die Motion im Herbst 2018 mit 102 zu 73 Stimmen bei 3 Enthaltungen an. Auch die Begründung, der Bundesrat habe hier gar keinen Handlungsspielraum – man könne das zwingende Rückschiebeverbot nicht einfach ignorieren, weil man der Flüchtlingskonvention Vorrang vor der Bundesverfassung gewähre – sowie die Versicherung, man sei auch vonseiten des Bundesrats durchaus um Massnahmen zur Terrorismusbekämpfung bemüht – so zeige dies beispielsweise die in der Vernehmlassung gut angekommene Ausweitung des präventiv-polizeilichen Instrumentariums –, stiess mehrheitlich auf taube Ohren. Während die SVP-Fraktion geschlossen für den Vorstoss votierte, stimmten die Grüne, die SP- und die GLP-Fraktion geschlossen dagegen. Die bürgerlichen Parteien zeigten sich gespalten, wobei sich die Fraktionen der FDP und der CVP mehrheitlich dafür und jene der BDP mehrheitlich dagegen aussprachen.

Ausweisung von Terroristinnen und Terroristen in ihre Herkunftsländer, unabhängig davon, ob sie als sicher gelten oder nicht (Mo. 16.3982)

Das Konkordat über private Sicherheitsdienstleistungen (KÜPS) müsse wohl als gescheitert betrachtet werden, nachdem die Kantone Bern, Obwalden, Schwyz, Zug und Zürich definitiv gegen ihren Beitritt entschieden hätten, so die Einschätzung der Zürcher SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf, mit der sie ihre im September 2016 eingereichte Motion für eine schweizweite Regelung privater Sicherheitsdienstleistungen begründete. Der Bundesrat anerkannte in seiner Stellungnahme vom Februar 2017 die uneinheitliche Rechtslage, erachtete es aber als verfrüht, jetzt schon auf Bundesebene gesetzgeberisch tätig zu werden. Vielmehr wollte er sowohl der KKJPD Zeit geben, sich mit einem kurz zuvor publizierten Gutachten der Weko auseinanderzusetzen, das die unterschiedlichen Bewilligungsvoraussetzungen für Sicherheitsunternehmen aus dem Blickwinkel des Binnenmarktgesetzes betrachtet, als auch erneut mit den Kantonen über das weitere Vorgehen in Dialog treten.
Vor dem Nationalratsplenum in der Herbstsession 2018 erklärte Bundesrätin Simonetta Sommaruga jedoch, nach dem definitiven Scheitern des KÜPS im April 2017 habe der Bundesrat seine Meinung geändert. Da die Kantone es nicht geschafft hätten, ihr selbstgesetztes Ziel zu erreichen, unterstütze der Bundesrat mittlerweile eine nationale Regelung und damit das Anliegen der Motion. Angesichts der Tatsache, dass private Sicherheitsfirmen mit einem Gesamtumsatz von über einer Milliarde Franken pro Jahr grossen Raum einnähmen und sich gleichzeitig in einem sensiblen Bereich am Rande des staatlichen Gewaltmonopols bewegten, tue eine Regulierung Not. Dem Antrag auf Annahme des Vorstosses fügte sie das Versprechen bei, die Regelungen gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit den Kantonen zu erarbeiten. Der Nationalrat nahm die Motion schliesslich stillschweigend an.

Private Sicherheitsdienstleistungen endlich schweizweit regeln (Mo. 16.3723)

In der Herbstsession 2018 befasste sich der Nationalrat mit dem Bundesgesetz über den Schutz gewaltbetroffener Personen, wo die Debatte jedoch deutlich weniger harmonisch verlief als im Erstrat. In der Eintretensdebatte versuchte die SVP-Fraktion, indem verschiedene ihrer Exponenten sechsmal dieselbe Zwischenfrage stellten, das Problem der häuslichen Gewalt zu einem Ausländerproblem zu stilisieren und Bundesrätin Simonetta Sommaruga zu einer bestätigenden Aussage zu drängen. Darauf liess sich die Justizministerin jedoch nicht ein und erntete Beifall für ihre Replik: «[W]enn Sie das Problem unbedingt bezeichnen wollen, dann ist es ein Männerproblem». Als diesbezüglich niemand mehr das Wort ergriff, wurde Eintreten ohne Gegenantrag beschlossen.
Die Detailberatung im Nationalrat konzentrierte sich auf drei Punkte: die Weiterbildungsverpflichtung für die Kantone, die Gerichtskosten und die Möglichkeit zur Sistierung des Verfahrens. Einzig bei den Gerichtskosten schuf die grosse Kammer eine Differenz, indem sie der Mehrheit ihrer Rechtskommission folgte und beschloss, dass die Gerichtskosten der unterliegenden Partei auferlegt werden können, wenn diese zu einem Kontakt- oder Rayonverbot oder zu einer elektronischen Überwachungsmassnahme verurteilt wird. Der Entwurf des Bundesrates, dem der Ständerat hier gefolgt war, hatte keine Möglichkeit für eine Überwälzung der Gerichtskosten vorgesehen. In den anderen beiden Punkten schloss sich der Nationalrat dem Beschluss des Ständerates an. Die Kantone sollen, anders als vom Bundesrat ursprünglich angedacht, nicht im Zivilgesetzbuch ausdrücklich dazu verpflichtet werden, für die Weiterbildung von Personen zu sorgen, die im Rahmen ihrer Tätigkeit bei Gerichten oder Kriseninterventionsstellen mit Gewaltschutzfällen zu tun haben. Wie schon der Ständerat war auch die Volkskammer der Ansicht, dass ein solcher Eingriff in die kantonale Souveränität unnötig sei, da die Kantone selber ein Interesse daran hätten, über gut geschultes Personal zu verfügen. Was die Möglichkeit zur Sistierung des Verfahrens betrifft, wurden drei Minderheitsanträge Rickli (svp, ZH) abgelehnt, deren zwei darauf zielten, die Möglichkeit zur Sistierung ganz abzuschaffen und einer die Sistierung nur bei ausgeschlossener Wiederholungsgefahr zulassen wollte. Da man einen Rückfall aber nie mit Sicherheit ausschliessen könne, laufe diese Formulierung auf dasselbe hinaus, argumentierten die Mehrheitsbefürworter, die es als wichtig erachteten, dass dem Opfer nicht jegliche Handlungsmöglichkeit genommen werde. Der Nationalrat blieb deshalb bei der Formulierung des Bundesrates, die auch vom Ständerat gutgeheissen worden war, dass die Staatsanwaltschaft oder die Gerichte ein Verfahren sistieren können, wenn das Opfer darum ersucht und die Sistierung geeignet erscheint, die Situation des Opfers zu stabilisieren oder zu verbessern. Zwei Einzelanträge Feri (sp, AG) und Regazzi (cvp, TI), welche zusätzlich die Berücksichtigung des Wohles allfällig betroffener Kinder verlangten, blieben ebenso chancenlos, da dies sowieso zur Beurteilung der Situation des Opfers gehöre. Die vom Ständerat vorgenommene Anpassung, dass die Kosten einer Überwachungsmassnahme der überwachten Partei auferlegt werden können, hiess die grosse Kammer diskussionslos und stillschweigend gut. Am Schluss ergänzte der Nationalrat auf Antrag seiner Kommission noch eine Bestimmung, dass der Bundesrat die Zweckmässigkeit und Wirksamkeit der beschlossenen Änderungen und Massnahmen überprüfen und dem Parlament darüber spätestens vier Jahre nach Inkrafttreten Bericht erstatten und gegebenenfalls Verbesserungen vorschlagen muss. In der Gesamtabstimmung nahmen 122 Nationalrätinnen und Nationalräte die Vorlage an, während sie die 62 Vertreterinnen und Vertreter der SVP-Fraktion geschlossen ablehnten.

Bundesgesetz über den Schutz gewaltbetroffener Personen (BRG 17.062)
Dossier: Verbesserung des Schutzes für Stalking-Opfer

Die Schweiz dürfe nicht zu einem Rückzugsort für Terroristen werden, befand die SVP-Fraktion im Herbst 2016, als sie eine Motion zum Umgang mit staatsgefährdenden Personen einreichte. Sie forderte damit die Schaffung von Rechtsgrundlagen, um Personen, die zu Terrorismus aufrufen, anleiten oder ermuntern bzw. terroristische Aktivitäten ankünden, finanzieren, begünstigen oder zu deren Unterstützung aufrufen – aber keine Straftat begangen haben – durch unverzügliche Inhaftierung oder Ausschaffung an ihrem Tun zu hindern.
Der Bundesrat beantragte den Vorstoss zur Ablehnung, aber nicht, wie Justizministerin Simonetta Sommaruga vor dem Nationalratsplenum erläuterte, weil er das Anliegen grundsätzlich ablehnte, sondern weil er die Motion «in wesentlichen Teilen» schon als erfüllt ansah. Einerseits bestünden bereits Straftatbestände, die auch terroristische Akte einschlössen, sowie die Haftgründe der Wiederholungs- und Ausführungsgefahr. Andererseits seien mit der Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität sowie dem Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Terrorismusbekämpfung zwei Vorlagen zum Umgang mit sogenannten terroristischen Gefährdern in Arbeit. Auch wenn darin keine Präventivhaft vorgesehen sei – es gehe ja schliesslich um Menschen, die keine Straftat verübt haben, erinnerte die Bundesrätin –, eigneten sich die vorgeschlagenen Instrumente, um Gefährderinnen und Gefährder zu überwachen und Material für ein allfälliges Strafverfahren zu sammeln. Dies genügte dem Nationalrat aber offenbar nicht; er nahm die Motion im Herbst 2018 mit 113 zu 64 Stimmen an.

Umgang mit staatsgefährdenden Personen (Mo. 16.3673)

Mit der Überweisung eines Postulats Ruiz (sp, VD) verlangte der Nationalrat vom Bundesrat einen Bericht, der die Folgen der Einführung einer dritten Geschlechtsidentität für die schweizerische Rechtsordnung und für das elektronische Personenstandsregister «Infostar» aufzeigt. Darüber hinaus soll der Bericht auch die Konsequenzen prüfen, die ein vollständiger Verzicht auf die Geschlechtsangabe im Personenstandsregister sowie ein vorübergehender Aufschub des Eintrags bei Neugeborenen, deren Geschlecht nicht eindeutig festgestellt werden kann, nach sich ziehen würden. Neben der Eruierung der notwendigen Änderungen an Rechtstexten und Registern sollen auch die zu erwartenden Kosten und der benötigte Zeitaufwand für die Umstellung beziffert werden. Der Vorstoss war wie das ähnliche Postulat Arslan (basta, BS; 17.4121) von SVP-Nationalrat Yves Nidegger erfolglos bekämpft worden. Mit 105 zu 79 Stimmen bei 5 Enthaltungen nahm die grosse Kammer den Vorstoss im Herbst 2018 an und folgte damit auch dem Antrag des Bundesrats. «Es lohnt sich, diese Fragen anzuschauen», hatte Justizministerin Simonetta Sommaruga ihre Ausführungen im Rat geschlossen.

Einführung einer dritten Geschlechtsidentität. Folgen für die Rechtsordnung und für Infostar (Po. 17.4185)

Nachdem der Nationalrat in der Sommersession 2018 die vom Bundesrat vorgeschlagene Änderung des Waffengesetzes zur Umsetzung der EU-Waffenrichtlinie (2017/853) in einigen Punkten abgeschwächt und damit gemäss Bundesrätin Simonetta Sommaruga «nicht mehr richtlinienkonform» entschieden hatte, kam das Geschäft zur Vorberatung in die SiK-SR. Deren Sprecher Josef Dittli (fdp, UR) erklärte im Herbst 2018 vor dem Ständeratsplenum, sie habe erneut die KKJPD, die KKPKS sowie den Schweizer Schiesssportverband (SSV) zum laufenden Gesetzgebungsprojekt angehört und in ihrer Beratung schliesslich einen Kompromiss zwischen den Ansprüchen von Schengen/Dublin und jenen der Schützen gesucht, der die Spielräume der EU-Richtlinie ausnutze, aber nicht gegen sie verstosse.
Der Ständerat trat ohne Gegenantrag auf die Vorlage ein. Als ersten Teil der eingangs beschriebenen Kompromisslösung beantragte die SiK-SR ihrem Rat einstimmig, wie vom Nationalrat beschlossen die Ordonnanzwaffen, die von Armeeangehörigen am Ende des Dienstes direkt aus den Beständen der Militärverwaltung zu Eigentum übernommen werden, nicht als verbotene Waffen zu kategorisieren. Mit 29 zu 15 Stimmen schloss sich der Ständerat in dieser Frage dem Nationalrat an.
In anderen Punkten ortete die SiK-SR jedoch Korrekturbedarf am Beschluss des Nationalrates, um den Anforderungen der EU-Richtlinie zu entsprechen, so etwa betreffend die Regelung des Erwerbs und Besitzes von Ladevorrichtungen mit hoher Kapazität. Der Nationalrat hatte hier grossen administrativen Aufwand und keinen Nutzen gesehen und schliesslich ganz auf eine Regelung verzichtet. Laut Kommissionssprecher Dittli schreibt die EU-Richtlinie jedoch vor, dass grosse Magazine nur von Personen erworben werden dürfen, die auch die dazugehörigen Waffen erwerben dürfen. Der Beschluss des Nationalrates sei somit nicht richtlinienkonform und müsse korrigiert werden. Die SiK-SR schlug ihrem Rat hierzu vor, die grossen Magazine im Gesetz nicht wie Munition zu regeln – das hatte der Bundesrat ursprünglich vorgesehen, jedoch war die damit zusammenhängende Buchführungspflicht für die Händler im Nationalrat kritisiert worden. Stattdessen wollte sie ein eigenes Kapitel über den Erwerb und Besitz von Ladevorrichtungen mit hoher Kapazität einfügen, in dem festgehalten wird, dass solche nur von Personen erworben werden dürfen, die zum Erwerb der entsprechenden Waffe berechtigt sind sowie dass zu deren Besitz berechtigt ist, wer sie rechtmässig erworben hat. Bei diesem Vorschlag entfiele die Buchführungspflicht und grosse Magazine könnten unbürokratisch nach Vorlage der Ausnahmebewilligung oder des Waffenerwerbsscheins erworben werden. Nachdem sich auch Justizministerin Sommaruga mit dieser Regelung einverstanden erklärt hatte, nahm sie der Ständerat stillschweigend an. Ebenfalls als nicht richtlinienkonform hatte die SiK-SR den Entscheid des Nationalrates gegen die Markierung von wesentlichen Waffenbestandteilen bewertet. Dieser hatte auch hier unnötigen administrativen Aufwand gesehen und deshalb beim geltenden Recht bleiben wollen, wonach bei zusammengebauten Feuerwaffen die Markierung eines wesentlichen Bestandteils genügt. Die EU-Richtlinie verlange jedoch bei einem Neuerwerb die Markierung aller wesentlichen Waffenbestandteile, begründete Dittli den Antrag der Kommission, hier dem Bundesrat zu folgen, was der Ständerat schliesslich auch tat.
Keine Frage der Konformität mit der EU-Richtlinie war jene, ob den Kantonen bei der Erteilung von Ausnahmebewilligungen an Sportschützen mittels einer Kann-Formulierung ein gewisser Ermessensspielraum im Sinne des Föderalismus zugestanden werden soll oder ob mit einer Muss-Formulierung schweizweit für alle Sportschützen die gleichen Bedingungen festgehalten werden sollen, wie es der Nationalrat beschlossen hatte. Mit 24 zu 21 Stimmen nahm die kleine Kammer einen diesbezüglichen Einzelantrag Engler (cvp, GR) an und folgte dem Nationalrat; damit müssen die Kantone allen Sportschützen eine Ausnahmebewilligung erteilen, die nachweisen, dass sie Mitglied in einem Schiessverein sind oder sonst regelmässig schiessen, und dürfen keine zusätzlichen Anforderungen stellen. Ebenfalls einverstanden zeigte sich der Ständerat damit, dass dieser Nachweis einmal nach fünf und ein weiteres Mal nach zehn Jahren erbracht werden muss. Bei der allgemeinen Bestimmung für Ausnahmebewilligungen – nicht jener speziell für Sportschützen – hingegen, schwenkte die Ständekammer auf die bundesrätliche Kann-Formulierung zurück, um über das Waffengesetz hinausgehende kantonale Vorschriften nicht zu verunmöglichen.
Mit einer letzten Änderung kam der Ständerat noch einmal den Schützen entgegen, indem er die Bestätigungspflicht für vor dem Inkrafttreten des Waffengesetzes erworbene, neu verbotene Waffen in eine einfache Meldepflicht umwandelte. Ein Einzelantrag Hösli (svp, GL), der komplett auf eine Meldung oder Bestätigung verzichten und stattdessen das Prinzip der Besitzstandswahrung festschreiben wollte, blieb mit 10 zu 31 Stimmen bei 2 Enthaltungen chancenlos. In der Gesamtabstimmung nahm der Ständerat den Gesetzesentwurf mit 34 zu 6 Stimmen bei 5 Enthaltungen an und gab ihn zurück an den Nationalrat zur Differenzbereinigung.
War es nach der Debatte im Erstrat ProTell gewesen, die mit dem Referendum drohte, war es nach der Beratung im Ständerat die AUNS, die ankündigte, sie werde das Referendum unterstützen oder wenn nötig selbst ergreifen – es gehe um «die Selbstbestimmung der unabhängigen Schweiz», so der Wortlaut in der entsprechenden Mitteilung. Während sich die SVP als «Unterstützerin im Hintergrund» am Referendum beteiligen wolle, hätten indes der SSV und die Schweizerische Offiziersgesellschaft (SOG) diesbezüglich noch keinen Entscheid gefällt.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

Darüber, dass das mittlerweile in die Jahre gekommene Schweizer Datenschutzrecht revidiert werden muss, bestand in der Sommersession 2018 im Nationalrat Einigkeit, jedoch nicht unbedingt darüber, wie diese Revision vonstattengehen soll. Die SPK-NR hatte die Vorlage des Bundesrates zweigeteilt, sodass in einem ersten Schritt alle Bestimmungen zur Umsetzung der Schengen-relevanten EU-Richtlinie 2016/680 «zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung» möglichst zeitnah verabschiedet werden können, bevor in der zweiten Etappe die Revision des Datenschutzgesetzes (DSG) unter Einbezug der EU-Datenschutz-Grundverordnung und der revidierten Datenschutzkonvention des Europarates ohne Zeitdruck angegangen werden kann. Nicht einverstanden mit diesem Plan wollte Cédric Wermuth (sp, AG) das Geschäft mittels Minderheitsantrag an die Kommission zurückweisen, damit diese die Teilung rückgängig mache und die Vorlage integral berate. Er hielt es für ineffizient, dass sich das Parlament innert kurzer Zeit zweimal mit dem Datenschutzrecht befassen müsste. Bevor darüber abgestimmt werden konnte, zog Wermuth seinen Antrag jedoch mit der Begründung zurück, zum jetzigen Zeitpunkt könne die Rückweisung nicht mehr zu einer Beschleunigung des Verfahrens führen; es sei nun vielmehr schneller, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen und das Geschäft in der kommenden Herbstsession dem Ständerat zu unterbreiten. Somit trat die grosse Kammer ohne Gegenantrag auf die Vorlage ein und genehmigte deren Teilung. Damit wurden die für die Schengen-Zusammenarbeit im Strafrechtsbereich relevanten Bestimmungen in das neue Schengen-Datenschutzgesetz (SDSG) ausgelagert, das als Anhang des bestehenden DSG konzipiert ist. Das SDSG wird nach der Totalrevision des DSG hinfällig werden und war in seinem Inhalt im Nationalrat unbestritten. Im Zuge eines einzigen Minderheitsantrags befasste er sich mit der Frage, ob gewerkschaftliche Ansichten ausdrücklich in der Definition von besonders schützenswerten Daten natürlicher Personen erwähnt werden sollen oder ob diese automatisch unter den besonderen Schutz der politischen und weltanschaulichen Ansichten fallen, wie die Kommissionsmehrheit argumentierte. Bundesrätin Simonetta Sommaruga stellte fest, dass es keine materielle Differenz zwischen den beiden Vorschlägen gebe. Die Minderheit wollte im Einklang an die Formulierung im bestehenden DSG sowie in der EU-Richtlinie die gewerkschaftlichen Ansichten explizit beibehalten, doch der Nationalrat folgte in diesem Streitpunkt der Kommissionsmehrheit. In der Gesamtabstimmung nahm die grosse Kammer die Änderungen der ersten Etappe der Revision des Datenschutzgesetzes mit 174 zu 5 Stimmen bei 2 Enthaltungen an. Mit ebenso grosser Mehrheit (170 zu 5 Stimmen bei 2 Enthaltungen) stimmte sie der Genehmigung des Notenaustauschs zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der EU-Richtlinie zu.

Revision des Datenschutzgesetzes (BRG 17.059)
Dossier: 2. Revision des Bundesgesetzes über den Datenschutz (DSG)

Zwei Änderungen nur brachte die RK-SR am Entwurf des Bundesrates für das Bundesgesetz über den Schutz gewaltbetroffener Personen an, die der Ständerat in der Sommersession 2018 beide stillschweigend guthiess. Die erste Abweichung betraf die schon in der Vernehmlassung umstrittene Bestimmung, dass die Kantone für die nötige Weiterbildung der Personen sorgen müssen, die – beispielsweise im Rahmen einer Tätigkeit bei der Kriseninterventionsstelle oder bei Gerichten – mit Gewaltschutzfällen zu tun haben. Eine solche administrative Vorschrift habe im Zivilgesetzbuch nichts verloren und tangiere überdies die Autonomie der Kantone, rechtfertigte Kommissionssprecher Robert Cramer (gp, GE) deren Streichung. Bundesrätin Simonetta Sommaruga hielt diese Streichung für vertretbar, zumal die Kantone angesichts der Folgekosten von häuslicher Gewalt selber ein Interesse an geschulten Fachpersonen haben sollten. Als Zweites hatte sich die Kommission Gedanken über die Kostenfolgen von den im Gesetz vorgesehenen elektronischen Überwachungsmassnahmen für häusliche Gewalt oder Stalking ausübende Personen gemacht. Gerade wenn die verursachende Person vermögend sei, sei nicht einzusehen, weshalb die Allgemeinheit die Kosten für eine solche Massnahme tragen müsse. Die Kommission ergänzte das Gesetz dahingehend, dass diese Kosten – nicht aber die Verfahrenskosten – der überwachten Partei auferlegt werden können, betonte aber, diese Regelung solle nicht dazu führen, dass bei Fällen von häuslicher Gewalt das gemeinsame Familienbudget belastet werde, da so letztlich auch das Opfer dafür bezahle. Auch hiermit zeigte sich Justizministerin Sommaruga einverstanden; auf dieser Grundlage könne der Zweitrat weiterarbeiten. Einstimmig verabschiedete der Ständerat das leicht angepasste Gesetz zuhanden des Nationalrates.

Bundesgesetz über den Schutz gewaltbetroffener Personen (BRG 17.062)
Dossier: Verbesserung des Schutzes für Stalking-Opfer

In der Sommersession 2018 befasste sich der Nationalrat als Erstrat mit der Übernahme der geänderten EU-Waffenrichtlinie (2017/853) als Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Wie umstritten diese Vorlage war, zeigte sich schon in der langen, ausführlichen Eintretensdebatte, an deren Ende die grosse Kammer über einen Nichteintretens-, einen Sistierungs- und einen Rückweisungsantrag – alle von derselben SVP-Minderheit gestellt – zu befinden hatte. Nationalrat Beat Arnold (svp, UR) begründete als Minderheitssprecher die Anträge: Mit einer Sistierung der Beratungen, bis der EuGH über die Klage der Tschechischen Republik bezüglich der Rechtmässigkeit der EU-Waffenrichtlinie als sicherheitspolitisches Instrument befunden haben wird, soll verhindert werden, dass sich die Schweiz mit der Umsetzung einer gar nicht legitimen Richtlinie beschäftige. Nichteintreten sei angezeigt, weil die im Gesetzesentwurf enthaltenen Verschärfungen für die Terrorbekämpfung nichts nützten und stattdessen «der breiten Entwaffnung der Bevölkerung dienen» sowie von «gravierenden Versäumnissen in der Schengen-Sicherheitspolitik» ablenken sollten. Das Schweizer Waffengesetz enthalte bereits «alle notwendigen und sinnvollen Vorschriften zur Terrorbekämpfung», weshalb es nicht revidiert werden müsse. Mit dem Rückweisungsantrag wollte die Minderheit Arnold den Bundesrat beauftragen, alle über die EU-Waffenrichtlinie hinausgehenden Einschränkungen sowie alle Regulierungen, die die Schweizer Waffentradition in irgendeiner Weise beeinträchtigen, aus dem Entwurf zu entfernen. FDP-Fraktionssprecherin Corina Eichenberger-Walther (fdp, AG) entgegnete, die FDP-Fraktion werde einstimmig auf die Vorlage eintreten, da sowohl die Rückweisung als auch die Sistierung die fristgemässe Umsetzung der Vorgaben – die Schweiz hat dazu bis am 31. Mai 2019 Zeit – torpedierten und somit ein unnötiges Risiko für die Weiterführung der Abkommen von Schengen und Dublin eingegangen würde. Zwar sei es bedauerlich, dass die Änderung des Waffengesetzes die Sicherheit in der Schweiz nur marginal erhöhe, allerdings bringe die Assoziierung an Schengen/Dublin für die Schweiz einen grossen Sicherheitsgewinn, weshalb diese Abkommen nicht gefährdet werden dürften. Denselben Tenor liess auch die CVP-Fraktion hören: Man sei nicht bereit – wie es Fraktionssprecher Nicolo Paganini (cvp, SG) ausdrückte – «das Schengen-Abkommen für ein an einem untauglichen Ort statuiertes Souveränitätsexempel auf den Opferaltar zu legen.» Ebenso betonten die Vertreterinnen und Vertreter der GLP-, SP- und BDP-Fraktionen die Bedeutung von Schengen/Dublin für die Schweiz. Auch die Grüne Fraktion erklärte, auf die Vorlage eintreten zu wollen, betonte aber gleichzeitig, der Entwurf gehe zu wenig weit, um die Sicherheit der Schweizer Bevölkerung tatsächlich zu verbessern. Nach einem langen Schlagabtausch und vielen Fragen an Bundesrätin Simonetta Sommaruga trat der Nationalrat schliesslich auf die Vorlage ein und lehnte die Minderheitsanträge auf Sistierung, Nichteintreten und Rückweisung mit grosser Mehrheit ab. Eintreten mit allen verfügbaren Mitteln verhindern wollte die geschlossene SVP-Fraktion mit sehr vereinzelter Unterstützung aus den Fraktionen der CVP und der FDP, blieb damit aber letztlich erfolglos.
Die Detailberatung zum Geschäft fand in drei getrennten Blöcken statt, wovon sich der erste mit den Begriffen, dem Erwerb und Besitz von Waffen und wesentlichen Waffenbestandteilen, dem Erwerb von Munition und Munitionsbestandteilen, der Waffenherstellung, der Buchführung und dem Aufbewahren von Waffen beschäftigte. Im zweiten Block standen die Verbote im Zusammenhang mit Waffen, Waffenbestandteilen und Waffenzubehör, die Ausnahmebewilligungen sowie die Übergangsbestimmungen im Zentrum, bevor im dritten Block über die administrativen Sanktionen und die Datenbearbeitung debattiert wurde. Insgesamt hatte die grosse Kammer über 33 Minderheits- und einige Einzelanträge zu befinden, wovon jedoch nur zwei im Rat eine Mehrheit fanden. Durch die Annahme dieser beiden SVP-Minderheitsanträge im ersten Block hielt der Nationalrat erstens am geltenden Recht fest, dass bei zusammengebauten Waffen die Markierung eines wesentlichen Bestandteils genügt; der Bundesrat hatte diesen Satz aufheben und die Markierungspflicht damit auf alle wesentlichen Waffenbestandteile ausdehnen wollen, wie es die EU-Richtlinie verlangt. Zweitens verzichtete die Volkskammer darauf, den Erwerb und Besitz von grossen Magazinen zu regeln. Der Bundesrat hatte für die sogenannten Ladevorrichtungen mit hoher Kapazität dieselben Regeln wie für Munition vorgesehen, womit diese insbesondere auch der Buchführungspflicht für Händler unterlägen, was der Nationalrat nicht goutierte. Ein Verbot erachtete er auch nicht als sinnvoll, weil Magazine im Internet beschafft werden könnten und das Verbot somit nicht kontrollierbar wäre.
Im zweiten Block nahm der Nationalrat drei grössere Änderungen am Gesetzesentwurf vor, allesamt so wie sie die Kommissionsmehrheit vorgeschlagen hatte. So stimmte die grosse Kammer mit deutlicher Mehrheit dem Konzept ihrer Kommission zu, das die direkt von der Armee übernommene Ordonnanzwaffe trotz ihrer Eigenschaft als zum Halbautomat umgebaute automatische Waffe gar nicht erst zu den verbotenen Waffen zählt. Der Bundesrat hatte angedacht, diese zwar zu den verbotenen Waffen zu zählen, deren Eigentümer aber von der Pflicht zur Mitgliedschaft in einem Schützenverein oder zum regelmässigen Schiessen auszunehmen. Da im Endeffekt beide Regelungen zur selben Anwendung führten, ging es hierbei nicht um eine materielle Änderung, sondern vielmehr darum, das Schweizer Sturmgewehr nicht als «verboten» zu bezeichnen. Des Weiteren sprach der Nationalrat den Kantonen die Entscheidkompetenz in Bezug auf Ausnahmebewilligungen für verbotene Waffen ab. In der Version des Nationalrates schreibt das Waffengesetz neu vor, dass Ausnahmebewilligungen grundsätzlich immer erteilt werden, wenn die im Gesetz bestimmten Bedingungen erfüllt sind; der Bundesrat hatte gewollt, dass die Kantone wie bisher zusätzliche, eigene Erfordernisse verlangen können. Die dritte Änderung in diesem Bereich betraf den Nachweis über die Mitgliedschaft in einem Schiessverein oder das regelmässige Nutzen der Waffe zum sportlichen Schiessen als Voraussetzung für den Erhalt einer Ausnahmebewilligung. Während der Bundesrat vorgesehen hatte, dass dieser Nachweis gleich sowie nach fünf und nach zehn Jahren erneut erbracht werden muss, beschloss der Nationalrat, dass das erste Mal nach fünf und noch einmal nach zehn Jahren genügt.
Im dritten Block betreffend die administrativen Sanktionen und die Datenbearbeitung nahm die Volkskammer keine Änderungen gegenüber dem Entwurf des Bundesrates vor. Ebenfalls in diesem letzten Block behandelte der Nationalrat den Bundesbeschluss über die Genehmigung und die Umsetzung des Notenaustauschs zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der EU-Waffenrichtlinie – zuvor war ausschliesslich über die konkrete Umsetzung der Vorgaben im Schweizer Waffengesetz debattiert worden. Hierbei kam es noch einmal zu einer Grundsatzabstimmung: Eine Minderheit Arnold hatte beantragt, in den Bundesbeschluss einen Absatz einzufügen, dass der Bundesrat der EU mitteile, dass das aktuelle Schweizer Waffengesetz alle notwendigen Vorschriften zur Terrorbekämpfung enthalte und folglich Art. 2 des Beschlusses, der die Annahme der Änderung des Waffengesetzes festschreibt, zu streichen. Mit 124 gegen 67 Stimmen (die geschlossene SVP-Fraktion und zwei Abweichler aus den Reihen der FDP) sprach sich der Nationalrat jedoch für die Genehmigung des Notenaustausches aus, wie ihn der Bundesrat vorgesehen hatte.
In der Gesamtabstimmung nahm die grosse Kammer die Vorlage mit 114 zu 67 Stimmen bei 8 Enthaltungen an. Die Presse resümierte, die Debatte habe sich über weite Strecken nur um die «rote Linie» gedreht, die Frage, wie weit man gehen könne, ohne mit der EU auf Konfrontationskurs zu gehen. Richtig begeistert von der Vorlage schien niemand zu sein: Die Linke brachte keinen einzigen ihrer Verschärfungsvorschläge durch und monierte, das Gesetz bringe keine Verbesserung im Hinblick auf die Prävention von Suiziden und häuslicher Gewalt. Sie begrüsste einzig die Nachregistrierung aller halbautomatischen Waffen. Die SVP schien zu versuchen, die Gelegenheit zu nutzen, das ihr ohnehin unliebsame Schengen-Abkommen loszuwerden und versuchte mit allen Mitteln, dem Entwurf des Bundesrates die Zähne zu ziehen, was ihr mit vereinzelter Unterstützung aus dem bürgerlichen Lager in zwei Punkten schliesslich auch gelang: Dort, wo die Minderheitsanträge angenommen wurden, ist das Gesetz mutmasslich nicht mehr mit den EU-Vorgaben kompatibel. Der SVP und ProTell ging jedoch schon die Version des Nationalrates zu weit: Erfolge im Ständerat keine Korrektur, werde man das Referendum ergreifen, drohte ProTell zum wiederholten Male in einer Mitteilung. Zuvor wolle man jedoch «sämtliche Hebel in Bewegung setzen, insbesondere via die interparlamentarische Gruppe für ein liberales Waffenrecht, um die Ständeräte zu überzeugen, dieses unfaire Gesetz abzulehnen.» Im bürgerlichen Lager ausserhalb der SVP wurde die Gesetzesanpassung am ehesten als notwendiges Übel betrachtet, das an sich zwar nicht viel bringt, mit dem man aber den Fortbestand der Schengen-Assoziierung sichern kann.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

In der Differenzbereinigung zum Bundesgesetz über das internationale Privatrecht beschäftigte sich der Ständerat in der Frühjahrssession 2018 einmal mehr mit den Normen zu Konkurs und Nachlassvertrag. Zum besseren Schutz des Schweizer Gläubigers gegenüber Handlungen des ausländischen Schuldners hatte der Nationalrat den Beginn der Verdachtsfrist, innerhalb derer eine paulianische Anfechtungsklage – mit welcher vom Schuldner vor Konkurseröffnung an Dritte übertragenes Vermögen ins Vollstreckungssubstrat zurückgeführt werden kann – erhoben werden kann, an die Konkurseröffnung geknüpft. Die Stossrichtung werde von der Verwaltung unterstützt, erläuterte Kommissionssprecher Fabio Abate (fdp, TI), aber der vom Nationalrat eingeführte Mechanismus führe zum Problem, dass praktisch keine zeitliche Grenze mehr bestehe, bis wann Konkursverwalter oder Gläubiger auf Anfechtung klagen können. Die Verwaltung habe deshalb eine verbesserte Lösung vorgeschlagen, bei der die Verdachtsfrist am Zeitpunkt der ausländischen Konkurseröffnung anknüpfe, die Verjährungsfrist aber während des Anerkennungsverfahrens stillstehe. Der Ständerat stimmte dieser Änderung stillschweigend zu. In Bezug auf die paulianische Anfechtung aus dem Ausland gegen eine zivilrechtlich rechtsgültige Sachverfügung in einer nunmehr in der Schweiz gelegenen Sache hatte der Ständerat als Erstrat eine neue Bestimmung eingefügt, welche sicherstellen sollte, dass der Grundsatz des Gutglaubensschutzes nach Schweizer Recht auch in ausländischen Entscheidungen beachtet werden muss. Diese war vom Zweitrat dann jedoch wieder gestrichen worden. Die Mehrheit der RK-SR beantragte ihrem Rat nun, sich dem Nationalrat anzuschliessen und auf die Bestimmung zu verzichten, da man damit, so Bundesrätin Simonetta Sommaruga, „dogmatisch und inhaltlich absolutes Neuland betreten“ würde. Eine Minderheit wollte festhalten, doch eine Überprüfung des ausländischen Entscheids in der Sache sei nicht nur international verpönt, sondern widerspreche auch dem IPRG selbst, erläuterte die Justizministerin weiter. Ausserdem stelle der Ordre-public-Vorbehalt sicher, dass die Schweiz keine ausländischen Entscheide anwenden müsse, die dem schweizerischen Rechtsempfinden diametral zuwiderliefen. Mit 23 zu 17 Stimmen folgte die Ständekammer schliesslich dem Antrag ihrer Kommissionsmehrheit und schloss sich dem Nationalrat an. Mit einer verbleibenden Differenz übergab sie das Geschäft wieder dem Nationalrat.
Die grosse Kammer stimmte der vom Ständerat beschlossenen Lösung für das Problem bei der Frist bei Anfechtungsklagen noch in derselben Session stillschweigend zu. In der Schlussabstimmung nahm der Nationalrat das revidierte Gesetz einstimmig und der Ständerat mit 36 zu 6 Stimmen an.

Bundesgesetz über das internationale Privatrecht. 11. Kapitel: Konkurs und Nachlassvertrag (BRG 17.038)

Nach der einstimmigen Annahme im Nationalrat kam die Motion Dobler (fdp, SG), welche eine zentrale Anlauf- und Koordinationsstelle zur Bekämpfung der organisierten und international tätigen Computerkriminalität forderte, im Frühjahr 2018 zur Behandlung in den Ständerat. Die Bekämpfung der immer grösser werdenden Herausforderung der digitalen Kriminalität verlange eine stärkere Zentralisierung und Koordinierung bei der Beweiserhebung und -sicherung, begründete die RK-SR ihren einstimmigen Antrag auf Annahme. Wie Justizministerin Simonetta Sommaruga im Rat zustimmend anfügte, betreffe eine solche Anlauf- und Koordinationsstelle sowohl den Bund als auch die Kantone. Aus diesem Grund sei es sinnvoll, diese Zusammenarbeit gesetzlich zu verankern. Im Rahmen des Bundesgesetzes über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus (PMT), welches bereits in Vernehmlassung sei, sei eine gesetzliche Grundlage für die Bekämpfung der digitalen Kriminalität zudem vorgesehen. Diese Stossrichtung werde durch die Motion Dobler bestärkt; aus diesem Grund beantrage auch der Bundesrat deren Annahme. Der Ständerat folgte diesen Empfehlungen und nahm die Motion stillschweigend an.

Zentrale Anlauf- und Koordinationsstelle zur Bekämpfung der organisierten und international tätigen Computerkriminalität (Mo. 17.3497)
Dossier: PMT und damit umgesetzte Vorstösse

Im Frühjahr 2018 setzte der Nationalrat die parlamentarische Beratung der Revision des Verjährungsrechts fort, in der es, nachdem beide Räte die Vorlage je einmal behandelt hatten, noch vier Differenzen zu bereinigen gab. Der wichtigste Streitpunkt betraf die Länge der absoluten Verjährungsfrist bei Personenschäden. Die Mehrheit der nationalrätlichen Rechtskommission beantragte, sie bei zwanzig Jahren festzusetzen – wie es der Nationalrat auch schon als Erstrat beschlossen hatte, bevor der Ständerat als Zweitrat entschieden hatte, sie bei den heute geltenden zehn Jahren zu belassen. Die zwanzigjährige Frist sollte einerseits einen Kompromiss zwischen der ständerätlichen Lösung und dem ursprünglichen Vorschlag des Bundesrates darstellen, welcher dreissig Jahre vorgesehen hatte. Andererseits berichtete Kommissionssprecher Corrado Pardini (sp, BE) auch von den durchgeführten Anhörungen mit der Stiftung Entschädigungsfonds für Asbestopfer, wo die Frist von zwanzig Jahren ebenfalls als Bestandteil des Kompromisspakets ausgehandelt und akzeptiert worden sei. «All diejenigen, die diesen Kompromiss torpedieren, torpedieren gleichzeitig auch – das war für die Kommission entscheidend bei ihrer Entscheidfindung – die unbürokratische Lösungsfindung des Runden Tisches und somit auch des Fonds, der den Asbestopfern die Entschädigungen ausbezahlen soll», strich er die Bedeutung der Vorlage heraus. Neben der Forderung nach Rechtssicherheit aus den Wirtschaftskreisen, die den Fonds zur unbürokratischen Hilfe speisen, drängte auch ein Entscheid des EGMR aus dem Jahr 2014 auf die Verlängerung der Verjährungsfrist. Dieser hatte im Fall eines Schweizer Asbestopfers entschieden, dass die zehnjährige Verjährungsfrist zu kurz sei, um den von Spätschäden betroffenen Opfern das Recht auf Zugang zu einem Gericht zu gewährleisten. Dies bedeute wiederum, dass mit dem Status quo von zehn Jahren auch die Rechtssicherheit nicht garantiert sei, da allfällige Klagen am EGMR gutgeheissen würden, ergänzte BDP-Fraktionssprecher Bernhard Guhl (bdp, AG). Auch Bundesrätin Sommaruga sprach sich für die Kompromisslösung aus, jedoch nicht ohne zu betonen, dass der Bundesrat nach wie vor eine dreissigjährige Frist bevorzugte. Im internationalen Vergleich bleibe man auch mit zwanzig Jahren noch unter den allgemeinen Standards. Dennoch sei selbst eine minimale Verbesserung im Vergleich zur heutigen Situation viel wert. Demgegenüber beantragte eine Kommissionsminderheit um Yves Nidegger (svp, GE), bei der heute geltenden, zehnjährigen Frist zu bleiben und sich dem ständerätlichen Beschluss anzuschliessen. Auch eine zwanzigjährige Verjährungsfrist löse die gegenwärtigen und vor allem die zukünftigen Probleme nicht, beispielsweise hinsichtlich Spätfolgen von Medikamenten, Nanotechnologie oder nichtionisierender Strahlung, wie SVP-Fraktionssprecher Pirmin Schwander (svp, SZ) ausführte. Das Parlament solle sich nicht von der Wirtschaft erpressen lassen und nicht akzeptieren, dass erst Geld in den Fonds einbezahlt werde, wenn die Vorlage in deren Sinne angenommen worden sei. Mit 102 zu 90 Stimmen stimmte der Nationalrat schliesslich dem Mehrheitsantrag und damit der Verlängerung der absoluten Verjährungsfrist bei Personenschäden auf zwanzig Jahre zu. Dagegen votierten die geschlossene SVP-Fraktion sowie die Mehrheit der FDP-Fraktion; alle anderen Fraktionen sprachen sich geschlossen für die Änderung aus. Die übrigen Differenzen betreffend den Stillstand der Verjährung während des Prozesses sowie die Übergangsbestimmungen, insbesondere die Streichung der vom Ständerat eingefügten Rückwirkungsklausel zugunsten der Rechtssicherheit, wurden diskussionslos angenommen.

Revision des Verjährungsrechts (BRG 13.100)
Dossier: Revision des Verjährungsrechts 2013–2018

In der Frühjahrssession 2018 hiess auch der Nationalrat die Motion Jositsch (sp, ZH) zum Schutz religiöser Gemeinschaften vor terroristischer und extremistischer Gewalt diskussionslos gut. Im Namen der RK-NR unterstrichen Erich von Siebenthal (svp, BE) und Lisa Mazzone (gp, GE) die hohe Bedeutung der Zusammenarbeit von Bund, Kantonen und Gemeinden sowie der Polizei, um diese Lücken im verfassungsmässigen Bevölkerungsschutz zu füllen. Seit 2017 setze sich eine Arbeitsgruppe mit der Ausarbeitung eines Konzeptes zur Unterstützung von besonders gefährdeten Minderheiten auseinander und prüfe Möglichkeiten zur Ergänzung des geltenden Rechts, um die Bundeskompetenzen zu erweitern, so Justizministerin Sommaruga. Aufgrund der kantonalen Polizeikompetenz liege die Verantwortung zur Umsetzung solcher Schutzmassnahmen jedoch vorwiegend bei den Kantonen. So sei die Absprache zwischen Bund und Kantonen unabdingbar.

Schutz religiöser Gemeinschaften vor terroristischer und extremistischer Gewalt (Mo. 16.3945)

Die Differenzbereinigung im Gesetzgebungsprojekt zur Umsetzung der Pädophilen-Initiative wurde zu Beginn der Frühjahrssession 2018 vom Ständerat in Angriff genommen. Als Erstes widmete sich die Kantonskammer der Frage, wo die Altersgrenze bei Anlasstaten liegen sollte, damit sie zu einem zwingenden, lebenslangen Verbot von Tätigkeiten mit Minderjährigen führen. Die vorberatende RK-SR wollte mehrheitlich am eigenen Beschluss festhalten und die Altersgrenze bei 16 Jahren ansetzen. Somit würden nur an Kindern unter 16 Jahren begangene Anlasstaten automatisch zu einem lebenslangen Tätigkeitsverbot im Kontakt mit Minderjährigen führen. Demgegenüber würden Anlasstaten an über 16-jährigen, besonders schutzbedürftigen Jugendlichen in ein Tätigkeitsverbot im Kontakt mit besonders schutzbedürftigen Erwachsenen münden. Wer sich an über 16-Jährigen vergehe, sei nicht unbedingt pädophil und dem müsse daher auch nicht zwingend verboten werden, Tätigkeiten mit Kontakt zu Minderjährigen auszuüben. Durch diese Regelung sollte die Verhältnismässigkeit besser gewahrt werden als durch die vom Nationalrat festgelegte Altersgrenze bei 18 Jahren. Sich dem nationalrätlichen Beschluss anzuschliessen, dies beantragte indes eine Minderheit Engler (cvp, GR). Es mache keinen Sinn, dass für die Opfer von Anlasstaten eine andere Alterslimite gelte als für den Personenkreis, den das Tätigkeitsverbot schützen soll. Mit einem äusserst knappen Entscheid von 22 zu 21 Stimmen bei einer Enthaltung folgte der Ständerat der Minderheit und schloss sich damit dem Beschluss des Nationalrates an, der im Übrigen auch dem Vorschlag des Bundesrates entsprach.

Der zweite Diskussionspunkt in der kleinen Kammer war der Katalog von Anlasstaten, die automatisch ein lebenslanges Tätigkeitsverbot nach sich ziehen sollen. Der Nationalrat hatte hier die Straftatbestände der sexuellen Belästigung, des Exhibitionismus sowie der Pornografie zum Eigenkonsum wieder eingefügt, nachdem sie der Ständerat anfänglich aus dem bundesrätlichen Entwurf gestrichen hatte. Die Kommissionsmehrheit beantragte ihrem Rat nun, an seinem Beschluss festzuhalten und die Delikte wieder aus dem Katalog zu streichen, da „blosse“ Übertretungen und Antragsdelikte keine Grundlage für ein zwingendes, lebenslanges Tätigkeitsverbot sein sollten. Dieselbe Minderheit Engler wollte hingegen auch hier dem Nationalrat folgen und den Deliktkatalog wie vom Bundesrat vorgeschlagen belassen. Um das Hauptanliegen der Kommissionsmehrheit, die Verhältnismässigkeit, müsse man nicht an dieser Stelle besorgt sein – dafür gebe es die Ausnahmebestimmung. Die kleine Kammer hiess auch hier den Minderheitsantrag mit knapper Mehrheit gut und beseitigte damit diese Differenz.

Drittens befasste sich der Ständerat nochmals mit der Spezialausnahme für Fälle der Jugendliebe, die er ursprünglich eingefügt hatte und die der Nationalrat gutgeheissen hatte. Die Kommissionsmehrheit beantragte ihrem Rat jetzt aber, die Spezialausnahme zu streichen, da sie Abgrenzungsschwierigkeiten zur allgemeinen Härtefallklausel befürchtete, welche vom Nationalrat ebenfalls bestätigt worden war. Diese decke auch Fälle der Jugendliebe ab, weshalb keine Notwendigkeit für die Spezialausnahme mehr bestehe, unterstützte Bundesrätin Simonetta Sommaruga den Antrag der Kommissionsmehrheit. Eine Minderheit Vonlanthen (cvp, FR) legte hingegen Wert darauf, die Jugendliebe ausdrücklich im Gesetz erwähnt zu wissen, und beantragte die Beibehaltung der entsprechenden Bestimmung. Mit 39 zu 4 Stimmen folgte der Ständerat deutlich dem Mehrheitsantrag und strich die Spezialausnahme wieder aus dem Gesetzestext. Zum Schluss hiess die Ständekammer noch die durch die vorhergehenden Entscheidungen notwendig gewordenen Änderungen im Bundesgesetz über das Strafregister-Informationssystem VOSTRA gut. Mit zwei verbleibenden Differenzen ging die Vorlage damit wieder an den Nationalrat.

Umsetzung der Pädophilen-Initiative (16.048)
Dossier: Pädophilen-Initiative

Bevor die SiK-NR einen Entscheid zur parlamentarischen Initiative der FDP-Fraktion mit der Forderung nach der Schaffung einer Terrorismusstrafnorm fällte, liess sie sich von Bundesrätin Simonetta Sommaruga und von NDB-Direktor Markus Seiler über die laufenden Arbeiten von Bund und Kantonen in der Terrorismusbekämpfung informieren. Sie nahm zudem Kenntnis vom dritten TETRA-Bericht, vom Stand der Arbeiten zum Nationalen Aktionsplan zur Verhinderung und Bekämpfung von Radikalisierung und gewalttätigem Extremismus sowie von der Vernehmlassung zur Umsetzung des Übereinkommens des Europarates über die Terrorismusbekämpfung und des entsprechenden Zusatzprotokolls. Dennoch erachtete die Kommissionsmehrheit den Handlungsbedarf im Sinne der parlamentarischen Initiative weiterhin als unbestritten. Gerade vor dem Hintergrund der jüngsten terroristischen Anschläge müsse der Druck auf den Bundesrat aufrechterhalten werden, argumentierte die Kommissionsmehrheit, weshalb sie den Vorstoss im Oktober 2017 zur Annahme beantragte. Für die Kommissionsminderheit überwog jedoch die Gefahr von Koordinationsproblemen und Doppelspurigkeiten mit der Vorlage des Bundesrates zur Umsetzung des Terrorismus-Abkommens. Sie war der Ansicht, das Ziel der parlamentarischen Initiative könne schneller und besser durch Einbringung in die bundesrätliche Vorlage erreicht werden, weswegen sie für die Ablehnung der Initiative plädierte. Der Nationalrat folgte in der Frühjahrssession 2018 schliesslich seiner Kommissionsmehrheit und gab der parlamentarischen Initiative mit 126 zu 53 Stimmen Folge.

Pa.Iv. FDP-Fraktion: Schaffung einer Strafbestimmung zur Terrorismusbekämpfung