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Dem Bestreben von Nationalrätin Greta Gysin (gp, TI), die französische und italienische Terminologie von Artikel 113 StGB (Totschlag) anzupassen, setzte der Ständerat in der Wintersession 2022 ein Ende. Ziffer 1 der entsprechenden Motion verlangte, auf den Ausdruck «leidenschaftlich» – in der französischen Fassung wird der Totschlag als «meurtre passionnel» und in der italienischen Fassung als «omicidio passionale» bezeichnet – im Randtitel zum Straftatbestand zu verzichten. Die Bezeichnung sei veraltet und wecke bei juristischen Laien falsche Assoziationen, argumentierte Ständerätin Lisa Mazzone (gp, GE), die mit ihrer Minderheit beantragte, dieses Anliegen anzunehmen. Die vorberatende RK-SR habe zwei Linguisten angehört, die bestätigt hätten, dass der Ausdruck «passion» im heutigen Sprachgebrauch nicht mehr als heftige Gefühlsregung im Allgemeinen, sondern spezifisch als (Liebes-)Leidenschaft – und der «crime passionnel» demnach als Eifersuchtsverbrechen – verstanden werde. Das sei problematisch, weil entsprechende Schlagzeilen dann in der Gesellschaft den falschen Eindruck erweckten, dass ein Verbrechen aus Eifersucht zu einer Strafminderung führe. Die Kommissionsmehrheit stellte sich dagegen auf den Standpunkt, dass der Vorstoss abzulehnen sei, weil es sich um «ein gut etabliertes juristisch-technisches Vokabular» handle, das in der Rechtsanwendung zu keinerlei Problemen führe, wie sie im Bericht schrieb. Mit 25 zu 14 Stimmen bei einer Enthaltung lehnte die Kantonskammer folglich Ziffer 1 ab, wobei sich im Abstimmungsresultat eher ein Links-rechts- als ein Röstigraben abzeichnete. Ziffer 2 der Motion mit der Variante, Artikel 113 StGB ganz abzuschaffen, fand indessen auch bei der Kommissionsminderheit keine Unterstützung und wurde im Rat stillschweigend abgelehnt.

Totschlag. Anpassung des Schweizerischen Strafgesetzbuchs (Mo. 20.3500)

Die WBK-SR forderte den Bundesrat mit einer Motion auf, ein Rahmengesetz für die Sekundärnutzung von Daten zu schaffen. «Von Wert sind Daten, wenn sie aus ihren Silos befreit, geteilt, zusammengeführt und für neue (sekundäre) Zwecke genutzt werden», so die Kommission in der Begründung des Vorstosses. Daten seien eine «wichtige Basis für wirtschaftlichen Erfolg und Fortschritt, gesellschaftliche Wohlfahrt und staatliches Handeln» und die Datennutzung somit «eine Schlüsselkompetenz in Wirtschaft, Verwaltung, Wissenschaft und Bildung». Handlungsbedarf für eine bessere Datennutzung sah die Kommission im Verkehrs-, Gesundheits-, Energie-, Forschungs-, Bildungs-, Agrar-, Umwelt- und Tourismusbereich sowie bei den kritischen Infrastrukturen. Um eine wertschöpfende Sekundärnutzung von Daten zu ermöglichen und zu fördern, brauche es aber vertrauenswürdige Rahmenbedingungen. Der Bundesrat anerkannte in seiner Stellungnahme das Potenzial der Sekundärnutzung, wies aber auf die Einschränkungen der Datennutzung gemäss Datenschutzgesetz hin. Dennoch erklärte er sich bereit zu prüfen, wo eine Sekundärnutzung relevant und verhältnismässig sein könnte und welche Infrastrukturen und Rahmenbedingungen dafür notwendig wären. Auf Antrag des Bundesrates nahm der Ständerat die Motion in der Wintersession 2022 stillschweigend an.

Rahmengesetz für die Sekundärnutzung von Daten (Mo. 22.3890)

Mit 145 zu 33 Stimmen bei 2 Enthaltungen überwies der Nationalrat in der Wintersession 2022 die Motion der RK-SR für einen verbesserten Nationalen Aktionsplan gegen Menschenhandel. Eine Minderheit Addor (svp, VS) hatte die Ablehnung der Motion beantragt, weil sich die vorberatende RK-NR dagegen ausgesprochen hatte, die Motion dahingehend auszuweiten, dass sich der neue NAP zusätzlich auch der illegalen Schleusung von Migrantinnen und Migranten widmen sollte. Wie Bundesrätin Karin Keller-Sutter erklärte, sei der neue NAP zwischenzeitlich fertig erarbeitet und vom EJPD, der KKJPD und der SODK genehmigt worden. Er befinde sich bei Bund, Kantonen und Gemeinden bereits in Umsetzung, woran auch eine Ablehnung der Motion nichts mehr ändern würde.

Verbesserter Nationaler Aktionsplan gegen Menschenhandel (Mo. 22.3369)

Mit 30 zu 8 Stimmen nahm der Ständerat in der Herbstsession 2022 eine Motion Sommaruga (sp, GE) an, die verlangte, das Verbrechen der Aggression ins Schweizer Recht zu übernehmen. Seit der Anpassung des Römer Statuts auf der Revisionskonferenz in Kampala 2010, die auch von der Schweiz ratifiziert wurde, verfügt der Internationale Strafgerichtshof über die Zuständigkeit für die Verfolgung von Verbrechen der Aggression. Im Gegensatz zu den anderen im Römer Statut definierten Verbrechen – es sind dies Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen – gebe es in der Schweiz aber nach wie vor keine innerstaatliche Zuständigkeit zur Verfolgung von Personen, die ein Aggressionsverbrechen verantworten, erklärte der Motionär. Aufgrund des Erfordernisses der doppelten Strafbarkeit könne die Schweiz heute anderen Staaten in Bezug auf das Aggressionsverbrechen auch keine Strafrechtshilfe leisten, ergänzte Justizministerin Karin Keller-Sutter. Der Bundesrat war der Ansicht, dass die Schweiz mit der Umsetzung des Anliegens dazu beitragen könne, das Gewaltverbot im Völkerrecht durchzusetzen, weshalb er die Motion befürwortete. SVP-Ständerat und -Parteipräsident Marco Chiesa (TI) beantragte die Motion hingegen zur Ablehnung und warnte davor, sich von der Aktualität des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine zu überstürztem Handeln verleiten zu lassen. Weiter argumentierte er, der IStGH sei aufgrund der Natur eines Angriffsverbrechens besser in der Lage, dieses zu beurteilen, als Schweizer Gerichte. Abgelehnt wurde der Vorstoss von den Mitgliedern der SVP-Fraktion sowie Mitte-Vertreter Othmar Reichmuth (SZ).

Kampf gegen die Straffreiheit. Übernahme des Verbrechens der Aggression gemäss Römer Statut in das Schweizer Recht (Mo. 22.3362)

Mit der stillschweigenden Annahme einer Motion Caroni (fdp, AR) richtete der Ständerat in der Herbstsession 2022 den Auftrag an den Bundesrat, die rechtlichen Grundlagen für ein zeitgemässes Abstammungsrecht zu entwerfen. Wie der Motionär forderte, sollte sich die Regierung dabei an ihrem Bericht zum Reformbedarf im Abstammungsrecht, insbesondere an den darin enthaltenen Schlussfolgerungen, orientieren. Der Bundesrat hatte die Motion zur Annahme beantragt. Als nächstes wird der Nationalrat als Zweitrat über den Vorstoss befinden.

Zeitgemässes Abstammungsrecht (Mo. 22.3235)

Nachdem die eidgenössischen Räte im Rahmen der ZPO-Revision die Regel für die Fristenberechnung im Zivilprozess geändert hatten – bei am Samstag zugestellten A-Post-Briefen beginnt die Frist neu erst am darauffolgenden Montag zu laufen –, zog der Bundesrat seinen Ablehnungsantrag zur Motion der RK-NR für eine Harmonisierung der Fristenberechnung zurück. Der Nationalrat hatte der Motion bereits im Sommer 2022 zugestimmt. In der Herbstsession tat es ihm der Ständerat stillschweigend gleich. Es mache keinen Sinn, dass im Zivilprozess eine andere Regel gelte als im übrigen Recht, waren sich der Bundesrat, die RK-SR und das Ständeratsplenum einig. Der Bundesrat wurde damit angehalten, die neue Regel auch in die anderen betreffenden Gesetze zu übernehmen.

Harmonisierung der Fristenberechnung (Mo. 22.3381)

Für Personen, die eine terroristische Straftat begangen haben, sollen ähnliche Auflagen für eine Haftentlassung gelten wie für extrem gefährliche Sexual- und Gewaltstraftäter, forderte FDP-Nationalrätin Jacqueline de Quattro (VD) mit einer im November 2020 eingereichten Motion. Vor Entlassung einer Person aus der Untersuchungshaft oder dem Strafvollzug sowie für den Urlaub bei therapeutischen Massnahmen werde deren Gefährlichkeit nämlich nicht unabhängig und nicht in jedem Fall geprüft. Im Gegensatz dazu seien für die Entlassung aus der lebenslänglichen Verwahrung Gutachten von mindestens zwei unabhängigen Sachverständigen erforderlich. Für Personen, die mutmasslich eine terroristische Bedrohung darstellen, forderte sie deshalb die Erstellung zweier unabhängiger psychiatrischer Gutachten sowie von Berichten durch die Sicherheitsbehörden (Polizei, Staatsanwaltschaft, Nachrichtendienst), um die terroristische Bedrohung besser beurteilen zu können. In der Begründung ihres Vorstosses verwies die Motionärin unter anderem auf den Messerangriff von Morges, wo der mutmassliche Täter wenige Monate zuvor aufgrund eines positiven psychiatrischen Gutachtens aus dem Gefängnis entlassen worden sei.
Der Bundesrat beantragte die Ablehnung der Motion. Die geltenden Bestimmungen für die Untersuchungs- und Sicherheitshaft verlangten die Abklärung, ob eine Person eine ernsthafte Gefahr für die Sicherheit anderer darstelle, und bei schweren Gewalttaten müsse die Rückfallgefahr zwingend nach wissenschaftlichen Kriterien beurteilt werden. Ein allfälliger terroristischer Beweggrund werde davon bereits erfasst, argumentierte die Regierung in ihrer Stellungnahme. Für Fälle, in denen die Täterinnen und Täter die Gefährlichkeitsvoraussetzungen für eine Verwahrung nicht erfüllten, habe er im Zuge der Umsetzung einer Motion der RK-NR (Mo. 16.3002) Verbesserungspotenzial festgestellt und entsprechende Vorschläge in die Vernehmlassung gegeben, so der Bundesrat weiter. So schlage er unter anderem Überwachungs- und Betreuungsmassnahmen nach Beendigung des Strafvollzugs vor. Zudem ermöglichten es die neuen Präventivmassnahmen für terroristische Gefährderinnen und Gefährder den Behörden, potenziell gefährliche Personen gezielt zu überwachen. Angesichts all dieser bereits bestehenden Instrumente gewährleisteten die geforderten zusätzlichen Gutachten nicht mehr Sicherheit und schüfen eine kaum erklärbare Unterscheidung zwischen Personen mit und ohne terroristischem Hintergrund, schloss die Regierung.
In der Herbstsession 2022 nahm der Nationalrat den Vorstoss mit 100 zu 78 Stimmen bei 3 Enthaltungen dennoch an. Dabei setzte sich die bürgerliche Mehrheit gegen den Widerstand von SP, GP und GLP durch.

Die terroristische Bedrohung, die von einer Person ausgeht, vor deren Freilassung besser beurteilen (Mo. 20.4358)

Der Ständerat nahm in der Sommersession 2022 stillschweigend eine Motion seiner Rechtskommission an, die einen verbesserten Nationalen Aktionsplan gegen Menschenhandel forderte. Die Evaluation des zweiten Aktionsplans 2017–2020 habe noch einigen Handlungsbedarf aufgezeigt, weshalb ein weiterer, dritter NAP vonnöten sei, erklärte Kommissionssprecher Matthias Michel (fdp, ZG). Der Bundesrat beantragte den Vorstoss zur Annahme. Die Motion renne offene Türen ein, so EJPD-Vorsteherin Karin Keller-Sutter, da ihr Departement bereits Ende 2021 mit der Erarbeitung eines neuen Aktionsplans begonnen habe.

Verbesserter Nationaler Aktionsplan gegen Menschenhandel (Mo. 22.3369)

Auf Antrag seiner Rechtskommission lehnte der Ständerat in der Sommersession 2022 die Motion Müller (cvp, LU) mit dem Ziel, den Autoritätsverlust von Staatsangestellten zu bekämpfen, stillschweigend ab. Nach eingehender Prüfung durch die Subkommission habe man darauf verzichtet, das Anliegen in die Strafrahmenharmonisierung aufzunehmen, weshalb es als erledigt zu betrachten sei, argumentierte die RK-SR in ihrem Bericht.

Kampf gegen den Autoritätsverlust von Staatsangestellten (Mo. 16.3707)
Dossier: Vorstösse betreffend Gewalt gegen Behörden und Beamte
Dossier: Harmonisierung der Strafrahmen (Besonderer Teil des Strafgesetzbuches)

In der Sommersession 2022 folgte der Ständerat dem Nationalrat und nahm sechs gleichlautende Motionen für eine «vertrauenswürdige staatliche E-ID» an. Gerhard Andrey (gp, FR; Mo. 21.3124), Franz Grüter (svp, LU; Mo. 21.3125), Min Li Marti (sp, ZH; Mo. 21.3126), Jörg Mäder (glp, ZH; Mo. 21.3127), Simon Stadler (mitte, UR; Mo. 21.3128) sowie die FDP-Liberale-Fraktion (Mo. 21.3129) argumentierten übereinstimmend, dass die Volksabstimmung vom 7. März 2021 über die E-ID den Bedarf an einer staatlichen Lösung aufgezeigt habe. Auch die einstimmige RK-SR und der Bundesrat empfahlen die Motionen zur Annahme. Karin Keller-Sutter verwies überdies auf die schnelle Wiederaufnahme des Themas durch das EJPD nach dem Volks-Nein und stellte in Aussicht, dass noch im Sommer 2022 die Vernehmlassung zu einem neuen E-ID-Gesetz eröffnet werde. Ebenso sprach sich SGV-Präsident Hannes Germann (svp, SH) für eine staatliche Lösung aus, da es diese in Zusammenarbeit mit den Kantonen und Gemeinden ermögliche, die wichtigsten Behördendienstleistungen rund um die Uhr digital anzubieten. Medial äusserte sich beispielsweise auch Patrick Stähli, Präsident des Vereins Digitale Gesellschaft Schweiz, positiv und betonte, die Schweiz dürfe in diesem Bereich nicht abgehängt werden. Die Motionen wurden daraufhin stillschweigend überwiesen.

Vertrauenswürdige, staatliche E-ID (Mo. 21.3124, 21.3125, 21.3126, 21.3127, 21.3128 und 21.3129)
Dossier: Elektronische Identität

In seinem Bericht zu den parlamentarischen Vorstössen im Jahre 2021 beantragte der Bundesrat die Abschreibung der Motion Lustenberger (cvp, LU) «für eine stärkere Berücksichtigung der nationalen Rechtsordnungen am EGMR». Er betrachte die Motion als erfüllt, da sich die Schweiz in hängigen Verfahren vor dem EGMR, wo angezeigt, auf das Subsidiaritätsprinzip berufe und jeweils auf den Entscheidungsspielraum der nationalen Behörden und Gerichte verweise, so der Bundesrat in seiner Begründung. Zudem arbeite die Schweiz in den Gremien des Europarats auf eine Stärkung des Subsidiaritätsprinzips hin.
Die eidgenössischen Räte folgten diesem Antrag in der Sommersession 2022 und schrieben die Motion stillschweigend ab.

Für eine stärkere Berücksichtigung der nationalen Rechtsordnungen am EGMR (Mo. 15.3335)

Im Rahmen der Revision der Zivilprozessordnung beschäftigte sich die RK-NR unter anderem mit verschiedenen Lösungsansätzen zur Problematik, wie die Fristen bei Eingaben an die Gerichte berechnet werden können. Diese Diskussion habe die Frage aufgeworfen, ob es nicht möglich und sinnvoll wäre, die Fristenberechnung über die verschiedenen Gesetze und Rechtsbereiche hinweg zu vereinheitlichen – davon betroffen wären neben der Zivilprozessordnung etwa die Strafprozessordnung, das Bundesgerichtsgesetz, das Verwaltungsverfahrensgesetz, das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts und das Obligationenrecht. So schilderte Kommissionssprecher Beat Flach (glp, AG) den Ursprung der Kommissionsmotion für eine Harmonisierung der Fristenberechnung, die der Nationalrat in der Sommersession 2022 behandelte. Obwohl der Bundesrat das Vorgehen aus verschiedenen Gründen als wenig sinnvoll erachtete – unter anderem zweifelte er daran, dass eine allgemeingültige Lösung für alle Rechtsgebiete sachgerecht wäre – und die Ablehnung der Motion beantragte, nahm die grosse Kammer den Vorstoss einstimmig bei einer Enthaltung an. Bundesrätin Karin Keller-Sutter hatte für diesen Fall angekündigt, im Zweitrat die Umwandlung in ein Postulat zu beantragen.

Harmonisierung der Fristenberechnung (Mo. 22.3381)

Weil der Bund die verdeckte Ermittlung per Anfang 2021 an die Kantone abgebe, müsse fortan eine nationale Strategie sicherstellen, dass die Verfolgung von Pädokriminellen im Internet nicht an den Kantonsgrenzen und kantonalen Rechtsunterschieden scheitere, forderte Nationalrätin Yvonne Feri (sp, AG) mit einer im Herbst 2020 eingereichten Motion. Der Bundesrat lehnte es ab, eine nationale Strategie zur Bekämpfung der Cyber-Pädokriminalität zu schaffen, da die Kantone für die Strafverfolgung von Pädokriminalität zuständig seien. Das Fedpol habe auf der Grundlage einer Vereinbarung mit den Kantonen zwischenzeitlich bestimmte Aufgaben in diesem Bereich übernommen, weil in den Kantonen die rechtlichen Grundlagen für die verdeckte Fahndung gefehlt hätten. Dies habe sich inzwischen aufgrund gesetzlicher Anpassungen in den Kantonen geändert und die KKJPD habe die entsprechende Vereinbarung auf Ende 2020 gekündigt, erläuterte der Bundesrat in seiner Stellungnahme. Dennoch nahm der Nationalrat die Motion in der Sommersession 2022 mit 114 zu 69 Stimmen bei 2 Enthaltungen an. Es brauche eine gesamtschweizerische Strategie, die über die polizeiliche Koordination hinausreiche und das Zusammenspiel von Prävention, Meldemöglichkeiten, Opferhilfe und Strafverfolgung in den Blick nehme, argumentierte die Motionärin im Ratsplenum.

Nationale Strategie zur Bekämpfung der Cyber-Pädokriminalität (Mo. 20.4084)

Nach dem Ständerat nahm auch der Nationalrat in der Sommersession 2022 die Motion von Ständerat Thomas Minder (parteilos, SH) an, mit der Namensänderungen für Personen mit Landesverweis verunmöglicht werden sollen. Mit 107 zu 59 Stimmen folgte er der Empfehlung des Bundesrates und einer Mehrheit der RK-NR. Ähnlich wie der Motionär wies die Rechtskommission darauf hin, dass mit einem Verbot der Namensänderung für des Landes verwiesene Personen verhindert werden könne, dass diese mit neu angenommener Identität eine Gefährdung darstellten. Zudem sei laut Kommissionssprecher Philipp Matthias Bregy (mitte, VS) auch klar, dass bei einem rechtskräftigen Landesverweis der Schutz der Bevölkerung über den individuellen Interessen eines Verurteilten stehe. Minderheitssprecher Christian Dandrès (sp, GE) warf Minder hingegen Effekthascherei aufgrund der medialen Berichterstattung rund um den Dschihadisten Osama M. vor und betonte, dass die Namensänderung von ausgewiesenen Personen in speziellen Fällen, beispielsweise zur Resozialisierung oder Integration nach abgelaufenem Landesverweis, gerechtfertigt sein könne. Bundesrätin Karin Keller-Sutter verneinte jedoch im Namen des Bundesrates, dass es bei Personen, die das Land verlassen müssen, um Integration gehen könne, und unterstützte das Anliegen der Motion.

Keine Namensänderung für Personen mit Landesverweis (Mo. 21.4183)

Mittels einer Motion forderte Nationalrätin Yvonne Feri (sp, AG), dass alle Formen der sexuellen Belästigung von Kindern – insbesondere auch schriftlich und im Internet – vom Strafgesetz erfasst werden. Wenn das Opfer unter 16 Jahre alt ist, soll die Tat zudem neu von Amtes wegen und nicht mehr nur auf Antrag verfolgt werden. Bundesrätin Karin Keller-Sutter wies darauf hin, dass eine Revision des entsprechenden Artikels 198 StGB mit der Revision des Sexualstrafrechts im Parlament hängig sei und bat um Ablehnung der Motion. Mit einer knappen Mehrheit aus Mitgliedern der SP-, Mitte- und Grünen-Fraktion von 93 zu 89 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) nahm der Nationalrat die Motion im März 2022 dennoch an.

Zwingend nötige Anpassung des Straftatbestands der sexuellen Belästigung von Kindern (Mo. 20.3690)

Der Bundesrat soll klar festlegen, nach welchen Kriterien NGOs im In- und Ausland von der Schweiz finanziert werden, und diesbezüglich wirksame Kontrollvorschriften erlassen, so die Forderung einer Motion Matter (glp, GE). Ziel des Motionärs war es, dass NGOs, die sich an Hassreden und insbesondere an Gewaltaufrufen gegen andere Glaubensrichtungen beteiligen, nicht länger Schweizer Unterstützungsbeiträge erhalten. Er verlangte zudem ausdrücklich, dass die geforderten Rechtsgrundlagen auch eine Bestimmung zum Antisemitismus enthalten, die sich auf die Definition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) stützt. In der Begründung des Vorstosses führte er an, dass «gewisse von der Schweiz unterstützte NGOs in Verbindung mit der Volksfront zur Befreiung Palästinas» stünden, die auf der EU-Liste der an Terrorhandlungen beteiligten Vereinigungen und Körperschaften figuriere und deren Tätigkeiten unter der Definition der IHRA als antisemitisch eingestuft würden. Der Bundesrat beantragte die Ablehnung der Motion, da er die bestehenden Regelungen für die Kooperation mit NGOs als ausreichend ansah. Er verwies in seiner Stellungnahme insbesondere auf den Bericht über die Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen in Partnerländern der internationalen Zusammenarbeit, den er Anfang 2020 in Erfüllung einer Motion Imark (svp, SO; Mo. 16.3289) sowie eines Postulats Bigler (fdp, ZH; Po. 18.3820) veröffentlicht hatte. Mit der Frage der Verwendung der Antisemitismus-Definition der IHRA beschäftige er sich ausserdem im Zuge der Beantwortung eines Postulats Rechsteiner (sp, SG; Po. 19.3942). «Il faut faire plus, faire mieux», appellierte der Motionär in der Frühjahrssession 2022 an das Nationalratsplenum und erreichte damit eine knappe Mehrheit: Die Volkskammer nahm die Motion mit 92 zu 84 Stimmen bei 9 Enthaltungen an.

Massnahmen gegen Hass oder Gewalt verherrlichende Reden bei NGO, die von der Schweiz unterstützt werden (Mo. 20.4559)
Dossier: NGOs und der israelisch-palästinensische Konflikt

In der Frühjahrssession 2022 sprach sich der Ständerat als Zweitrat gegen eine Motion Frei (glp, ZH) für qualitative Standards bei Gutachten im Kindes- und Erwachsenenschutzrecht aus. Die RK-SR hatte einstimmig die Ablehnung der Motion beantragt. Wie bereits der Bundesrat war sie der Ansicht, dass das gesetzliche Festschreiben von qualitativen Standards nicht zwangsläufig zu einer Verbesserung der Gutachten im Kindes- und Erwachsenenschutzrecht führen würde.

Qualitative Standards bei Gutachten im Kindes- und Erwachsenenschutzrecht (Mo. 19.3219)

In der Frühjahrssession 2022 befasste sich der Ständerat als Zweitrat mit der Schaffung einer digitalen Alternative zur eigenhändigen Vertragsunterzeichnung. Nachdem sich der Nationalrat noch für diese Motion von Daniela Schneeberger (fdp, BL) ausgesprochen hatte, beantragte die RK-SR die Ablehnung der Motion. Andrea Caroni (fdp, AR) gab als Kommissionssprecher an, dass die Möglichkeit der digitalen Vertragsunterzeichnung für die meisten Bereiche bereits bestehe und dass in den restlichen Bereichen Abklärungen des Bundesrats liefen. Der Ständerat lehnte die Motion stillschweigend ab.

Digitale Vertragsabschlüsse breit ermöglichen. Schaffung einer digitalen Alternative zur eigenhändigen Vertragsunterzeichnung (Mo. 19.3565)

Mit 112 zu 79 Stimmen bei einer Enthaltung nahm der Nationalrat in der Frühjahrssession 2022 eine Motion Gysin (gp, TI) an, die eine Anpassung der französischen und italienischen Terminologie von Artikel 113 StGB (Totschlag) forderte. Die Motionärin schlug vor, entweder auf den ihrer Meinung nach irreführenden Ausdruck «leidenschaftlich» («passionnel» bzw. «passionale») zu verzichten oder den betreffenden Artikel gänzlich aufzuheben. Die aktuelle Formulierung erwecke missverständlicherweise den Eindruck, die «Tötung aus Leidenschaft», wie der Totschlag aus dem Französischen und Italienischen übersetzt werden könnte, habe etwas mit Ehrenmord oder Beziehungsdelikten zu tun. Gysin gab zu bedenken, die medienwirksame Verwendung des Begriffs könne dazu führen, dass dem Opfer von der Gesellschaft eine Mitschuld zugeschoben und die Täterin oder der Täter von der Verantwortung für die Tat freigesprochen werde. Im Grunde genommen sei der Straftatbestand des Totschlags als Sonderfall der vorsätzlichen Tötung redundant und könnte auch gänzlich gestrichen werden, so die Tessinerin in ihrer Begründung weiter. Der Bundesrat argumentierte dagegen, durch eine Änderung im StGB könne die missbräuchliche Verwendung der Ausdrücke «meurtre passionnel» bzw. «omicidio passionale» in der Umgangssprache nicht verhindert werden. Überdies beschränke die geltende Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe für Totschlag den Ermessensspielraum des Gerichts, innerhalb dessen es die mildernden Umstände – heftige Gemütsbewegung oder grosse seelische Belastung –, die den Totschlag definieren, berücksichtigen kann. Würde der Artikel gestrichen, fiele die Mindeststrafe für Totschlag dahin. Bundesrätin Karin Keller-Sutter wies im Ratsplenum darauf hin, dass das Thema von der RK-NR im Zuge der Harmonisierung der Strafrahmen geprüft und ein entsprechender Antrag aufgrund der Auswirkungen, die die Änderung nach sich ziehen würde, abgelehnt worden sei. Ausser der geschlossen stimmenden SVP-Fraktion, der grossen Mehrheit der FDP-Fraktion und einer Enthaltung sprachen sich die Mitglieder der Volkskammer dennoch für den Vorstoss aus.

Totschlag. Anpassung des Schweizerischen Strafgesetzbuchs (Mo. 20.3500)

Nachdem sich der Nationalrat schon bei der Revision der Strafprozessordnung vergeblich dafür eingesetzt hatte, die Justice restaurative in den schweizerischen Strafprozess zu integrieren, hiess er die Motion der RK-SR, die ebendies forderte, wenig überraschend gut. Als Zweitrat überwies er den Vorstoss in der Frühjahrssession 2022 mit 120 zu 52 Stimmen an den Bundesrat. Im Gegensatz zur StPO-Debatte, wo sie sich mehrheitlich skeptisch gezeigt hatte, stimmte hier auch die Mitte-Fraktion geschlossen zu. Dagegen votierten die geschlossene SVP-Fraktion und die Waadtländer FDP-Vertreterin Jacqueline de Quattro (fdp, VD).

Justice restaurative (Mo. 21.4336)
Dossier: Revision der Strafprozessordnung (Umsetzung der Mo. 14.3383)

«Ausbeuterische Arbeitsverhältnisse sind in einigen Branchen zur geduldeten und lukrativen Realität geworden», konstatierte Nationalrätin Marianne Streiff-Feller (evp, BE). Sie begründete damit ihre im Sommer 2020 eingereichte Motion zur Ergänzung des Strafgesetzbuchs um einen Tatbestand der Arbeitsausbeutung. Viele Ausbeutungssituationen würden von den geltenden rechtlichen Instrumenten nicht erfasst, argumentierte sie, da etwa der Tatbestand des Menschenhandels nicht greife, wenn Menschen aus wirtschaftlicher Not heraus «freiwillig» – und nicht weil sie dazu gezwungen werden – unter prekären Arbeitsbedingungen arbeiteten. Nach Ansicht des Bundesrates erfasse das geltende Strafrecht die Arbeitsausbeutung jedoch hinreichend, weshalb er die Ablehnung der Motion beantragte. So könnten neben dem Menschenhandel je nach Fall auch die Straftatbestände der Körperverletzung, der Gefährdung des Lebens, der Drohung, der Nötigung oder Freiheitsberaubung, des Betrugs und des Wuchers sowie Schutzbestimmungen für Arbeitnehmende aus dem Arbeitsgesetz und dem Entsendegesetz anwendbar sein, erläuterte Bundesrätin Karin Keller-Sutter in der Frühjahrssession 2022 im Nationalratsplenum. Sie wies weiter darauf hin, dass der Nachfolge-NAP nach der Auswertung des zweiten Nationalen Aktionsplans gegen Menschenhandel einen Fokus auf die Ausbeutung der Arbeitskraft legen werde. Mit 101 zu 80 Stimmen bei 8 Enthaltungen nahm der Erstrat die Motion gegen die Opposition aus den Fraktionen der SVP- und der FDP-Fraktion an.

Arbeitsausbeutung als Straftatbestand (Mo. 20.3630)

Der Abbruch der Verhandlungen über das Rahmenabkommen mit der EU veranlasste Nationalrat Thomas Burgherr (svp, AG) zur Einreichung einer Motion, derzufolge der Bundesrat die möglichen Standortvorteile eines unabhängigen Schweizer Rechtssystems aufzeigen soll. Der Motionär bezog sich auf die entsprechende Medienmitteilung des EDA vom 26. Mai 2021, in der die Regierung ankündigte, bestehende Differenzen zwischen dem schweizerischen und dem EU-Recht analysieren und gegebenenfalls eigenständige Anpassungen im nationalen Recht prüfen zu wollen, um die bilateralen Beziehungen nach dem Verhandlungsabbruch zu stabilisieren. Mit seiner Motion forderte Burgherr vom Bundesrat, bestimmte Aspekte in diese Analyse einzubeziehen. So soll überprüft werden, ob die bestehenden Rechtsdifferenzen zur EU zu tieferen Regulierungskosten in der Schweiz führen, ob sie Vorteile für die global und die auf den Binnenmarkt ausgerichtete Schweizer Wirtschaft bringen und ob sie Schweizer Interessen in anderen Politikbereichen dienen. Wichtig war dem Motionär dabei, dass die Sozialpartner und die Kantone in die Analyse miteinbezogen werden.
Der Bundesrat beantragte die Annahme der Motion. Die Anliegen des Vorstosses liessen sich laut Bundesrätin Karin Keller-Sutter mit den Arbeiten zu einem bereits überwiesenen Postulat der Mitte-Fraktion (Po. 21.3498) verbinden.
Im Nationalrat wurde die Motion indessen von Sibel Arslan (basta, BS) bekämpft. Sie argumentierte, dass die Motion die bilateralen Beziehungen torpediere, nicht stabilisiere. Weiter sei die Motion redundant, da der Bundesrat die rechtlichen Differenzen zwischen Schweizer und EU-Recht bereits überprüfe. Hinter Arslan stellten sich einstimmig die Fraktionen der SP, der Grünen und der Grünliberalen, was jedoch nicht für eine Ratsmehrheit ausreichte. Die grosse Kammer nahm die Motion in der Frühjahrssession 2022 mit 110 zu 82 Stimmen an.

Standortvorteil eines unabhängigen Schweizer Rechts (Mo. 21.3884)

Mittels Motion verlangte Ständerat Thomas Minder (parteilos, SH), dass Namensänderungen für Personen mit Landesverweis verunmöglicht werden sollen. Die Möglichkeit zur Namensänderung werde von verurteilten Straftäterinnen und Straftätern genutzt, um sich wieder eine «reine Weste» zu geben. Bei Personen mit Landesverweis sei das Argument, die Namensänderung sei notwendig, um die Resozialisierung in der Gesellschaft zu ermöglichen, allerdings nicht anwendbar. Sie müssten die Schweiz ohnehin verlassen, weshalb in solchen Fällen das öffentliche Sicherheitsinteresse höher zu gewichten sei als das individuelle Interesse der verurteilten Person, begründete der Motionär sein Anliegen. Der Bundesrat zeigte sich in seiner Stellungnahme bereit, das Anliegen «unter dem Vorbehalt der Wahrung der Grundrechte der betroffenen Person» umzusetzen, und beantragte die Motion zur Annahme.
Im Ständerat wurde der Vorstoss in der Wintersession 2021 vor allem vor dem Hintergrund diskutiert, dass die Schaffhauser Behörden dem verurteilten und mit Landesverweis belegten Dschihadisten Osama M. eine Namensänderung bewilligt hatten, wie Motionär Minder schilderte. Sein Schaffhauser Ratskollege Hannes Germann (svp, SH) erklärte weiter, dass es so «einem Mann mit äusserst grossem Gefährdungspotenzial [...] beinahe gelungen [wäre], eine neue Identität zu bekommen», da er «im Strafregister [fast] irgendwo zwischen Stuhl und Bank verschwunden» wäre. Der Staat müsse künftig vermeiden, dass es zu einem solchen «Fast-Super-GAU» kommen könne, appellierte er an die anwesende Bundesrätin Karin Keller-Sutter.
Die Grüne Ständerätin Lisa Mazzone (gp, GE) beantragte die Ablehnung der Motion. Sie warnte davor, aufgrund eines Einzelfalls zu legiferieren, und betonte, dass sie nicht einsehe, weshalb in dieser Frage zwischen Verurteilten mit und ohne Landesverweis unterschieden werden sollte; eine solche Ungleichbehandlung sei nicht gerechtfertigt und verletze den Verfassungsgrundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz. Wenn es tatsächlich ein Problem sei, dass ein Strafregistereintrag «bei einem Namenswechsel einfach verschwinden kann», dann sei das nicht nur bei Personen mit Landesverweis ein Problem, pflichtete Mathias Zopfi (gp, GL) seiner Fraktionskollegin bei.
Bundesrätin Karin Keller-Sutter bekräftigte den Willen des Bundesrates, die geforderte Anpassung vorzunehmen, unter dem Aspekt der öffentlichen Sicherheit: «Wenn jemand unter einer neu angenommenen Identität eine Gefährdung darstellt, dann ist das eine Gefährdung zu viel.» Mit 28 zu 13 Stimmen bei 2 Enthaltungen nahm die Ständekammer die Motion an.

Keine Namensänderung für Personen mit Landesverweis (Mo. 21.4183)

Nachdem der Nationalrat im März 2021 als Erstrat im Zuge der StPO-Revision das Konzept der «justice restaurative» in die Strafprozessordnung aufgenommen hatte, sprach sich die RK-SR im Oktober gegen die Einführung der sogenannten Wiedergutmachungsjustiz im Strafverfahren aus. Sie verschloss sich der Idee der «justice restaurative» nicht grundsätzlich, war aber der Ansicht, dass einer so tiefgreifenden Änderung umfangreichere Abklärungen und eine Vernehmlassung vorausgehen müssten. Sie entschied sich daher einstimmig, eine Motion einzureichen, mit dem Auftrag, die «justice restaurative» in die Strafprozessordnung zu integrieren.
Bundesrätin Karin Keller-Sutter erklärte sich mit dem Anliegen, eine Konsultation über die Frage der Wiedergutmachungsjustiz durchzuführen, einverstanden, erachtete die Motion jedoch als den falschen Weg. Der Bundesrat wolle zuerst die Abklärungen im Rahmen des überwiesenen Postulats Mazzone (Po. 18.4063) zu Ende bringen, bevor er einen definitiven Auftrag zur Einführung der «justice restaurative» für angebracht halte, begründete sie den Antrag auf Ablehnung der Motion. Der Ständerat stimmte dem Vorstoss seiner Rechtskommission in der Wintersession 2021 dennoch mit 27 zu 13 Stimmen bei einer Enthaltung zu.

Justice restaurative (Mo. 21.4336)
Dossier: Revision der Strafprozessordnung (Umsetzung der Mo. 14.3383)

Im März 2021 forderte der SP-Ständerat Paul Rechsteiner (SG) mittels Motion das Schweizer Bürgerrecht für Menschen, die in der Schweiz geboren wurden (Ius Soli). Die Schweiz mit ihrer langen demokratischen Tradition sei gegenwärtig nur eine «Dreivierteldemokratie», da jede vierte Person, welche in der Schweiz lebe, nicht über das Schweizer Bürgerrecht verfüge. Darunter befänden sich auch viele, welche seit ihrer Geburt in der Schweiz lebten, hier aufgewachsen seien und das Land als ihre Heimat betrachteten. Bis zum Erhalt des Bürgerrechts stünden diesen voll integrierten Personen faktisch viele Hürden im Weg: So etwa Wohnortswechsel oder eine Sozialhilfeabhängigkeit der Eltern, aber auch das komplexe dreistufige Einbürgerungsverfahren auf den föderalen Ebenen der Schweiz. Wer hier geboren worden und aufgewachsen sei, müsse unbedingt als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft anerkannt werden und automatisch das Bürgerrecht erhalten, fasste der Motionär sein Anliegen im Ratsplenum in der Wintersession 2021 zusammen. Der Ständerat behandelte die Motion dabei zusammen mit einer Motion Mazzone (gp, GE; Mo. 21.3112), die ebenfalls eine Erleichterung der Einbürgerung von Ausländerinnen und Ausländern zweiter Generation verlangte. Anders erachtete Ratskollegin Heidi Z'graggen (mitte, UR) die Sachlage: Beim schweizerischen Bürgerrecht handle es sich um eine historische Tradition, welche sehr stark in den föderalen Ebenen des Landes verankert sei. Die Einführung des aus den angelsächsischen historischen Einwanderungsstaaten stammenden Ius Soli würde deshalb eine «fundamentale Abkehr von der historischen Tradition des schweizerischen Bürgerrechts» bedeuten. Nicht zuletzt öffne eine solche Änderung des Bürgerrechtsprinzips das Tor zur Umgehung von Migrationsbestimmungen, da eine Staatsbürgerschaft der Kinder ein «sehr starkes Argument für ein Aufenthaltsrecht der Eltern» darstelle. An der Diskussion im Plenum beteiligte sich auch Marco Chiesa (svp, TI), der die Einbürgerung nicht als ersten Schritt des Integrationsprozesses, sondern als Abschluss davon verstand. Der Ständerat lehnte die Motion in der Folge mit 29 zu 13 Stimmen ab.

Bürgerrecht für Menschen, die in der Schweiz geboren wurden (Ius Soli; Mo. 21.3111)