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Das in der NZZ prominent platzierte, aber auch von anderen Medien aufgenommene Parlamentarierrating 2018, das von der Forschungsstelle Sotomo aufgrund des Abstimmungsverhaltens im National- und Ständerat berechnet wird, zeigte seit der letzten Ausgabe 2017 nur wenig Veränderungen hinsichtlich Positionierung der Parteien. Noch immer war eine deutliche Trennung der einzelnen Fraktionen im Nationalrat zu beobachten, mit Ausnahme der SP und der Grünen sowie der CVP und der BDP, bei denen sich die Positionierungen einzelner Parlamentarierinnen und Parlamentarier auf einer Skala von -10 (ganz links) und +10 (ganz rechts) teilweise überlappten. Die Extrempole des Nationalrats wurden von Fraktionsmitgliedern der SP- bzw. der SVP eingenommen: Silvia Schenker (sp, BS; -10.0) sowie Luzi Stamm (svp, AG; 10.0) und Toni Brunner (svp, SG; 10.0) besetzten die Skalengrenzen. Das Spektrum der SP-Fraktion reichte von dieser Extremposition bis -8.5. Dieser «rechte Flügel» der Sozialdemokraten wurde vom neu in den Nationalrat nachgerückten Adrian Wüthrich (sp, BE) besetzt. Die Spannweite der Grünen reichte von -9.5 (Regula Rytz; gp, BE) bis -8.6 (Bastien Girod; gp, ZH). Im Schnitt waren die Mitglieder der SP-Fraktion erneut etwas linker positioniert als jene der GP-Fraktion. Das war zwischen 1995 und 2011 umgekehrt. Zwischen dem links-grünen Pol und der Mitte tat sich eine ziemliche Lücke auf. Die beiden der CVP-Fraktion angehörenden EVP-Mitglieder Marianne Streiff-Feller (evp, BE) und Niklaus Gugger (evp, ZH), der Ende 2017 in den Nationalrat nachgerutscht war, waren mit ihren Werten von -4.1 bzw. -3.7 zwar deutlich am linken Fraktionsrand angesiedelt, damit aber noch immer mehr als vier Skalenpunkte von SP und GP entfernt positioniert. Immer noch links der Mitte reihte sich anschliessend die GLP-Fraktion ein, die sich erneut als sehr homogen präsentierte (-3.3 bis -3.0). Die CVP- und die BDP-Fraktion überlappten sich ebenfalls. Bei beiden kam dabei der rechte Rand genau bei der Position 0 zu liegen; bei der BDP wurde dieser von Hans Grunder (bdp, BE) und bei der CVP von Daniel Fässler (cvp, AI), Gerhard Pfister (cvp, ZG) und Fabio Regazzi (cvp, TI) besetzt. Den linken Rand besetzten bei der CVP Kathy Riklin (cvp, ZH: -1.5) und bei der BDP Rosmarie Quadranti (bdp, ZH: -1.9). Auch auf der rechten Ratsseite klaffte eine Lücke. Der Abstand zwischen der FDP, deren Spektrum sich zwischen 1.0 (Christa Markwalder; fdp, BE) und 3.4 (Walter Müller; fdp, SG) aufspannte und der SVP, deren linker Pol bei 7.4 zu liegen kam (Jean-Pierre Grin, svp, VD) betrug ebenfalls 4 Skalenpunkte.

In der NZZ wurden auch die Positionen einzelner Parlamentsmitglieder diskutiert, die sich über die Jahre stark verändert hatten. So hatte etwa Thomas Müller (svp, SG) laut der Auswertung einen Sprung auf der Skala von 1.5 nach 9.5. gemacht. Müller war 2006 als CVP-Politiker gewählt worden und hatte 2011 in die SVP gewechselt, wo er dann mit den Jahren einen eigentlichen Rechtsrutsch vollzog. Die Gegenrichtung hatte Gerhard Pfister eingenommen, der von einer rechten Position (4.0) genau in die Mitte (0) gerückt war. Dies sei erst nach seiner Übernahme des CVP-Präsidiums passiert, was belege, so die NZZ, dass Pfister die CVP nicht nach rechts gezogen, sondern den rechten Flügel in die Partei integriert habe.

Im Ständerat waren die Lücken zwischen den Fraktionen geringer. Zwischen dem am weitesten «rechts» stehenden SP-Ständerat Daniel Jositsch (sp, ZH: -5.6) und der am weitesten «links» positionierten CVP-Ständerätin Anne Seydoux-Christe (JU) lagen knapp 2 Skalenpunkte. Mit Raphaël Comte (fdp, NE) fand sich gar ein FDP-Ständerat an dieser Position (-3.8). Allerdings war Comte damit relativ weit von seiner restlichen Ständeratsfraktion entfernt, bei der Philipp Müller (fdp, AG) bei 3.6 den rechten Rand einnahm. Auch hier war der Skalenabstand zur SVP, deren Spektrum sich zwischen den beiden Schwyzer Ständeräten, Alex Kuprecht (6.9) und Peter Föhn (10.0) erstreckte, mit 3.3 Punkten kleiner als im Nationalrat.

Nationalratsrating

Nachdem die SPK-SR bereits 2015 und 2017 Widerspruch gegen die Vorlage erhoben hatte, legte sie Mitte Oktober 2018 doch noch einen Entwurf zur Umsetzung der parlamentarischen Initiative Berberat (sp, NE) für ein transparentes Lobbying vor. Andrea Caroni (fdp, AR), der als Sprecher für die Kommission amtete, wies darauf hin, dass die ursprüngliche Idee, den sogenannten «Badge-Basar» abzuschaffen und mehr Transparenz über den Zutritt zum Bundeshaus zu schaffen, nicht umfassend umgesetzt worden sei. Allerdings würden drei wichtige Änderungen vorgeschlagen: Lobbyistinnen und Lobbyisten müssen neu angeben, was für einen Auftrag sie verfolgen und wer ihr Auftraggeber ist; Tagesgäste müssen in Begleitung des sie einladenden Ratsmitglieds sein und Altparlamentarierinnen und Altparlamentarier dürfen ihren Badge behalten, müssen sich aber – falls sie zu Lobbyzwecken im Bundeshaus sind – ebenfalls den Offenlegungspflichten unterwerfen. Diese drei Punkte seien in der Kommission und auch in der Vernehmlassung wenig umstritten gewesen, erklärte Caroni. Zu mehr Diskussion Anlass gegeben habe die Grundsatzfrage, ob das bestehende System, bei dem jedes Parlamentsmitglied zwei Badges vergeben kann, beibehalten (Vorschlag der Kommissionsmehrheit), leicht reformiert – zusätzlich zu den persönlichen Badges sollen Parlamentsbadges für Agenturlobbyisten vergeben werden (Vorschlag der Minderheit Comte) – oder ganz abgeschafft werden soll (Vorschlag der Minderheit Bruderer Wyss).
Eintreten wurde ohne Gegenvorschlag beschlossen und die Debatte drehte sich in der Folge primär um die Art des Systemwechsels. Als Vorteil des bisherigen Systems wurde die einfache und unbürokratische Handhabe genannt, Nachteil sei aber die starke institutionelle Verbandelung zwischen Lobbyorganisationen und Parlament, was Korruptionsvorwürfen Vorschub leisten könne. Raphaël Comte (fdp, NE) legte in der Verteidigung seines Antrags dar, dass die institutionalisierte Vergabe von Badges an eingeschriebene Agenturlobbyisten zu mehr Transparenz führe, weil der Zugang erstens von der Verwaltungsdelegation gewährt werden müsse und zweitens nur an die wenigen professionellen Lobbyisten vergeben würde, bei denen mit dem herkömmlichen System eben nicht klar sei, wann sie genau für welchen Auftraggeber oder welche Auftraggeberin tätig seien. Pascale Bruderer Wyss (sp, AG) machte sich für ihren Antrag stark, indem sie argumentierte, dass die bisherige enge Verbandelung zwischen Parlamentsmitgliedern und Lobbyierenden nie wirklich zu Transparenz führen könne. Wer im Bundeshaus Interessen vertreten wolle – dies sei legitim und wichtig – solle Zugang erhalten; dies dürfe aber eben nicht vom Goodwill eines Parlamentsmitglieds abhängen, sondern müsse transparent, offen und für alle gleich geregelt werden. Nachdem sich Peter Föhn (svp, SZ) und Philipp Müller (fdp, AG) für die Mehrheit eingesetzt hatten mit dem Hinweis, dass die beiden Minderheitsanträge viel zu viel Aufwand für letztlich zu wenig Ertrag brächten, fielen in den Variantenabstimmungen beide Minderheitsanträge durch, einmal mit 22 zu 15 Stimmen (Minderheit I) und einmal mit 23 zu 14 Stimmen (Minderheit II). Die Gesamtabstimmung passierte der Entwurf, der anschliessend an den Nationalrat ging, mit 24 zu 14 Stimmen.

Transparentes Lobbying (Pa. Iv. 15.438)
Dossier: Lobbyismus im Bundeshaus

Das Büro-NR hiess die vom Büro-SR angebrachte Modifizierung der Motion Frehner (svp, BS) für einen digitalen Ratsbetriebs mit 9 zu 3 Stimmen bei 1 Enthaltung gut und empfahl entsprechend die Annahme des veränderten Vorstosses. Die von der Motion verlangte Umsetzungsfrist sei in der Tat nicht realistisch und der lange Weg zum papierlosen Ratsbetrieb müsse besser schrittweise gegangen werden. Der Auftrag an die Verwaltungsdelegation sei deshalb zielführend.
Dies sah eine Minderheit des Büros allerdings anders: Wie Thomas Aeschi (svp, ZG) für ebendiese Minderheit im Rat argumentierte, sei das Problem, dass die Verwaltungsdelegation immer mehr Kompetenzen erhalte. Dies sei auch deshalb stossend, weil nicht immer alle Fraktionen in diesem Gremium vertreten seien. Die Parlamentarische Informatik-Testgruppe (PIT) würde sich hier besser eignen. Damit aber nicht der Eindruck entstehe, er sei gegen den papierlosen Ratsbetrieb, ziehe er den Minderheitsantrag zurück. Der Sprecher des Büros, Balthasar Glättli (gp, ZH), wies darauf hin, dass die Verwaltungsdelegation wohl auch die PIT beiziehen werde. Mit der Annahme der Motion könne die Digitalisierung des Ratsbetriebs vorangetrieben werden. Dies sah auch die Ratsmehrheit so, die die modifizierte Motion mit 130 zu 44 Stimmen bei 6 Enthaltungen annahm. 43 der ablehnenden Stimmen stammten aus der SVP-Fraktion, begleitet von Albert Vitali (fdp, LU) von der FDP-Fraktion.

Digitaler Ratsbetrieb

Die Büros der beiden Kammern spielen eine wichtige Rolle, wenn es um das Agenda-Setting geht: Sie bestimmen das Sessionsprogramm und sind neben der Wahl der einzelnen Kommissionspräsidien auch für die Zuweisung der verschiedenen Geschäfte an die unterschiedlichen Kommissionen verantwortlich. Anders als die Sachbereichs- und Spezialkommissionen sind die Büros nicht repräsentativ, also nicht gemäss Fraktionsstärke zusammengesetzt, sondern setzen sich aus Funktionsträgerinnen und -trägern zusammen. Konkret bilden jeweils der Präsident oder die Präsidentin eines Rats, die ersten und zweiten Vizepräsidentinnen oder -präsidenten, vier Stimmenzählende und alle Fraktionspräsidentinnen und -präsidenten das Büro. 2018 setzte sich das Büro-NR also aus je drei Mitgliedern der SVP-, der SP- und der FDP-Fraktion, zwei der CVP-Fraktion und je einem aus der Grünen-, der GLP- und der BDP-Fraktion zusammen.
Diese Zusammensetzung des Büros-NR zu ändern, war nun Ziel einer parlamentarischen Initiative von Thomas Aeschi (svp, ZG). Der Zuger begründete seinen Vorstoss damit, dass sich das Büro nicht nur um organisatorische Belange kümmere, sondern legislativ zu wirken beginne. Er verwies auf eine parlamentarische Initiative des Büros-NR selber, mit der verschiedene Vorstösse für eine Neuregelung der Bezüge der Parlamentarierinnen und Parlamentarier zusammengefasst werden sollten. Nachdem diese Büro-Initiative von der Schwesterkommission abgelehnt worden war, hatte das Büro-NR sein eigenes Anliegen zurückgezogen.

Das Büro-NR beschäftigte sich Anfang November 2018 mit dem Anliegen und beantragte mit 10 zu 3 Stimmen der Initiative keine Folge zu geben – einzig die drei Mitglieder der SVP-Fraktion stellten den Antrag auf Folgegeben. Die Mehrheit betrachtete den Vorstoss laut Kommissionsbericht als «unnötig und untauglich». Zwar schwanke der Anteil der Fraktionen aufgrund der unterschiedlichen und sich verändernden Zusammensetzung, dies sei aber bisher nie ein Problem gewesen und habe eine adäquate Arbeitsweise erlaubt. Die Forderung nach einer repräsentativen Zusammensetzung – so die Erwägungen des Büros weiter – sei zudem nur umsetzbar, wenn die Anzahl Mitglieder des Büros erhöht werden würde. Dies würde aber die Arbeit des Gremiums erschweren, weil Diskussionen unnötig verlängert würden. Der Vorstoss gelangte in der Folge in die grosse Kammer.

Zusammensetzung des Büros

Das Büro-NR hatte bei seiner Zustimmung zur Idee eines papierlosen und digitalen Ratsbetriebs, wie er mittels einer Motion von Sebastian Frehner (svp, BS) gefordert wird, darauf hingewiesen, dass es dafür wohl keine Erlassänderung brauche, sondern der Verwaltungsdelegation ein Mandat erteilt werden könne, mit dem die Mittel für den digitalen Ratsbetrieb prioritär gesprochen werden könnten. Diese Idee nahm das Büro-SR auf und änderte die Motion entsprechend ab: Die Verwaltungsdelegation soll den Parlamentsdiensten einen Auftrag erteilen, worauf diese einen Umsetzungsplan mit Fristen und Kosten vorlegen sollen. In seinem Bericht präsentierte das Büro-SR zudem die Auswertung eines Versuchs im Ständerat, mit dem Beschlussgrundlagen für Ratsgeschäfte (Fahnen, Kommissionsberichte- und anträge) in einem PDF-Dokument zusammengestellt wurden. Auch wenn die Mehrheit der 20 antwortenden Ständeratsmitglieder – deren 32 hatten am Versuch teilgenommen – diesen als nützlich bezeichnete und ihm mehrheitlich gute Noten gab – immerhin waren auch neun Ständerätinnen und -räte der Meinung, dass Papier nicht ersetzt werden könne –, habe der Versuch gezeigt, dass es für die unterschiedlichen Arbeitsweisen nicht genüge, lediglich Dokumente digitalisiert abzugeben. Für einen wirklich digitalisierten Ratsbetrieb brauche es grundlegende Änderungen, die in der vom Motionär verlangten Frist nicht umsetzbar seien. Die neue Formulierung der Motion erlaube eine schrittweise Anpassung, die zumindest im Moment keine Kosten verursache und keine Erlassänderungen nötig mache. Der Ständerat überwies die so veränderte und vom Büro-SR einstimmig zur Annahme empfohlene Motion stillschweigend zurück an den Nationalrat.

Digitaler Ratsbetrieb

Das Bundesgesetz über die Bundesversammlung sieht vor, dass eine Motion oder ein Postulat abgeschrieben wird, wenn der Vorstoss zwei Jahren nach Einreichung noch nicht traktandiert wurde oder wenn die Urheberin oder der Urheber aus dem Rat ausscheidet, ohne dass ein anderes Ratsmitglied den Vorstoss übernimmt. Eine Zusammenstellung der Bundeskanzlei für die Jahre 2006 bis 2016 zeigt, dass dies für rund 27 Prozent (zwei Jahre) bzw. 4 Prozent (ausgeschieden) aller Motionen und 21 Prozent (zwei Jahre) bzw. 3 Prozent (ausgeschieden) aller Postulate der Fall war. Diese doch recht hohe Quote, aber auch der Umstand, dass die meisten Vorstösse erst nach rund einem Jahr nach ihrer Einreichung behandelt werden, veranlassten Bernhard Guhl (bdp, AG) zu einer parlamentarischen Initiative, mit der er eine Behandlung von Vorstössen innert nützlicher Frist verlangte. Als mögliche Umsetzung schlug der Aargauer vor, die Anzahl Vorstösse pro Ratsmitglied zu beschränken oder aber während den Beratungen mehr Zeit für Vorstösse einzuplanen.
Die SPK-NR, die sich mit beiden Vorschlägen auseinandersetzte, beantragte schliesslich mit 16 zu 8 Stimmen der Initiative keine Folge zu geben. Mehr Zeit für Vorstösse zu reservieren sei unrealistisch und nicht notwendig. Mit der Parlamentsreform 2008 habe man genügend Möglichkeiten geschaffen, dass wirklich wichtige Vorstösse privilegiert behandelt werden. Mit der Idee von Vorstosskontingenten habe sich die SPK-NR ebenfalls schon befasst. Man sei aber zum Schluss gekommen, dass Vorstösse zur Repräsentationsfunktion gehörten und es in der Eigenverantwortung jedes Parlamentsmitglieds liege, das Vorstossrecht nicht zu exzessiv zu nutzen. Die Kommissionsminderheit wünschte sich einen neuen Anlauf für kreative Lösungen für das von der parlamentarischen Initiative erfasste Problem. Man könne sich auch vorstellen, Sondersessionen zur Behandlung von Vorstössen zu nutzen. Der Nationalrat sah allerdings keinen Diskussionsbedarf. Der Antrag der Mehrheit wurde mit 132 zu 58 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) angenommen und die Initiative folglich versenkt.

Vorstösse

In der Sommersession 2018 schritten die Räte zur Differenzbereinigung bei der Sammelvorlage zu den verschiedenen Änderungen des Parlamentsrechts. Zu reden gab dabei die vom Ständerat angepasste Regelung zur Offenlegung von bezahlten oder ehrenamtlichen Mandaten. Die SPK-NR schlug vor, hier einen Richtwert einzusetzen, um unterscheiden zu können, ob ein Mandat ehrenamtlich oder bezahlt ist: Nichtberufliche Mandate, für die pro Jahr inklusive Spesen nicht mehr als CHF 12'000 ausbezahlt werden, gälten als ehrenamtlich. Es gehe aber nicht darum, so Kommissionssprecher Matthias Jauslin (fdp, AG), dass man die konkret erhaltenen Beträge ausweisen müsse, sondern nur darum, anzugeben, ob man ehrenamtliche oder bezahlte Mandate habe. Dies ging freilich einer Minderheit Rutz (svp, ZH) zu weit. Gregor Rutz warnte, dass dies das Einlasstor für Forderungen nach völliger Transparenz aller Entschädigungen sei, die man als Parlamentsmitglied erhalte. Der Minderheitsantrag auf Streichung des gesamten Passus – inklusive der Deklarationspflicht zur Unterscheidung des ehrenamtlichen vom bezahlten Engagement – wurde in der Folge äusserst knapp mit 93 zu 92 Stimmen angenommen.
Hinsichtlich des Obligatoriums für Abstimmungen zu Einigungsanträgen entschied sich die grosse Kammer diskussionslos für Festhalten. Der Ständerat hatte die Forderung für ein solches Obligatorium abgelehnt. Für Diskussionen sorgte sodann die ständerätliche Idee, den Bundesrat zu verpflichten, bei jeder Gesetzesvorlage zu überlegen, ob das Gesetz zeitlich befristet werden könnte. Diese auf eine parlamentarische Initiative Vogt (svp, ZH; Pa.Iv. 16.437) zurückgehende Forderung wurde von einer Minderheit Barrile (sp, ZH) bekämpft und auch vom Bundesrat – vertreten durch Bundeskanzler Walter Thurnherr – als aufwändig und nicht sehr zielführend zur Ablehnung empfohlen. Mit 145 zu 42 Stimmen folgte der Nationalrat aber seiner Kommissionsmehrheit. Dies tat er auch bezüglich des Antrags der Streichung der vom Ständerat eingefügten Forderung, bei Erlassentwürfen die Folgen für Auslandschweizerinnen und -schweizer abzuschätzen. Mit 144 zu 39 Stimmen wurde ein Minderheitsantrag Moret (fdp, VD) abgelehnt, der den ständerätlichen Vorschlag aufnehmen wollte.
Die Verordnung wurde vom Nationalrat entsprechend den Änderungen des Ständerats gutgeheissen.
Die grosse Kammer hatte anschliessend auch noch über ihr Geschäftsreglement zu beraten. In einer zweiten Lesung gab vor allem die Frage der Sitzungszeiten zu diskutieren. Ein Minderheitsantrag Barrile (sp, ZH), die Ratssitzungen nicht um 8.00 Uhr, sondern um 8.15 Uhr zu beginnen, scheiterte aber auch in der zweiten Lesung ebenso wie ein Minderheitsantrag der SVP, aus Kostengründen ganz auf den Freitag in der letzten Sessionswoche zu verzichten.

Während die Verordnung und das Geschäftsreglement somit bereit waren für die Schlussabstimmungen, musste das Gesetz noch einmal zurück in den Ständerat, der in den drei verbleibenden gewichtigen Fragen auf Festhalten entschied. Die kleine Kammer pochte also darauf, dass Parlamentsmitglieder ausweisen müssen, ob sie ehrenamtliche oder entgeltliche Mandate ausüben, lehnte eine obligatorische Abstimmung bei Einigungsanträgen nach wie vor ab und wollte eine Abschätzung der Folgen von Erlassentwürfen auf Schweizerinnen und Schweizer, die im Ausland leben.

Die Differenzen wurden dann schliesslich in der gleichen Session ausgeräumt. Während der Nationalrat bei den Fragen nach mehr Transparenz beim Ausweisen der Mandate sowie bei der Folgeabschätzung für Auslandschweizerinnen und -schweizer einlenkte, gab der Ständerat bei der Frage nach namentlichen Abstimmungen bei Einigungsanträgen nach.

Bei den Schlussabstimmungen stiessen Gesetz und Verordnung in beiden Kammern auf Opposition von rechts. Mit 124 zu 86 Stimmen bei 6 Enthaltungen (Gesetz) bzw. 126 zu 70 Stimmen bei 2 Enthaltungen (Verordnung) passierten die Änderungen die grosse Kammer aber doch deutlich. Und auch in der kleinen Kammer waren die Mehrheiten klar: 36 zu 8 Stimmen, bzw. 37 zu 7 Stimmen und eine Enthaltung. Die Änderungen des Geschäftsreglements des Nationalrats wurden von diesem mit 196 zu 1 Stimme (bei 1 Enthaltung) angenommen.

Änderungen des Parlamentsrechts (Sammelvorlage; Pa. Iv. 16.457)
Dossier: Parlamentarische Initiativen für verschiedene Änderungen des Parlamentsrechts

Fast drei Jahre nach der Überweisung der Motionen der beiden GPK (GPK-SR: Mo. 15.3006; GPK-NR: Mo. 15.3005) die eine bessere Protokollführung im Bundesrat verlangten, beantragte Letzterer die Abschreibung der beiden Vorstösse. Er erachte sie als erfüllt, weil er in einer Anpassung der Organisationsverordnung für den Bundesrat einen Passus eingebaut habe, der es ihm erlaube, Tonaufnahmen oder die Erstellung eines Wortprotokolls durch die Vizekanzlerin oder den Vizekanzler anzuordnen. Dies schien den beiden Räten in der Tat zu genügen, hiessen sie doch durch Annahme des Berichts des Bundesrats über Motionen und Postulate der gesetzgebenden Räte im Jahre 2017 den bundesrätlichen Antrag gut.

Protokollführung im Bundesrat

Es sei ihr klar, dass das Parlament nicht gerne bei sich selber spare und dass sie sich mit ihrem Vorstoss im Nationalrat wohl nicht viele Freunde mache. Sie plädiere aber für die Anliegen der Steuerzahlenden, die Repräsentantinnen und Repräsentanten nicht nach Bern wählten, damit sich diese auf ihre Kosten bereicherten, versuchte Andrea Geissbühler (svp, BE) ihre parlamentarische Initiative zu verteidigen.
Konkret hatte die Bernerin eine Reduktion der Entschädigung für das Vorstellen einer parlamentarischen Initiative gefordert. In der Tat schien sich die Zahl der «Freundinnen» und «Freunde» des Vorstosses in der grossen Kammer in Grenzen zu halten und sich auf die SVP-Fraktion zu beschränken: 129 Nationalrätinnen und Nationalräte folgten ihrer Kommission (SPK-NR) und versenkten damit den Vorstoss. Unterstützung fand das Anliegen bei 55 Mitgliedern der SVP- und 2 Mitgliedern der FDP-Fraktion (4 Enthaltungen).

Entschädigung für das Vorstellen von parlamentarischen Initiativen (Pa.Iv. 17.436)
Dossier: Entschädigung von Parlamentsmitgliedern

Man sei bereits daran, eine Vorlage auszuarbeiten, die eine ähnliche Stossrichtung verfolge wie die Motion Estermann (svp, LU), mit welcher die Einschränkung von Lobbyismus im Bundeshaus gefordert wird, gab das Büro-NR als Begründung für seine Ablehnung zum Vorstoss der Luzerner Nationalrätin zu bedenken. Auf der Basis der parlamentarischen Initiativen Berberat (sp, NE; Pa.Iv. 15.438) und Caroni (fdp, AR; Pa.Iv. 15.433) arbeite das Büro-NR eine Vorlage aus, die 2018 dem Rat vorgelegt werden soll und mit der das Anliegen Estermann – die Beschränkung der dauerhaften Zutrittsrechte über eine Parlamentarierin oder einen Parlamentarier auf einen persönlichen Mitarbeitenden oder ein Familienmitglied – ebenfalls behandelt werde. Statt eine Motion zu überweisen, scheine es dem Büro zweckmässiger, das Anliegen im Rahmen dieser Vorlage zu besprechen.
Der Bundesrat hatte sich noch nicht zur Motion geäussert, die Argumentation des Büros schien im Rat aber zu verfangen. Lediglich zwölf Stimmen – zehn aus der SVP- und zwei aus der FDP-Fraktion – sprachen sich für Annahme der Motion aus. Dagegen hielten 172 Nein-Stimmen.

Beschränkung der Zutrittsrechte

Beide GPKs hatten zwar der parlamentarischen Initiative Joder (svp, BE) «Stärkung der Geschäftsprüfungskommissionen» bereits Anfang 2016 Folge gegeben, die nationalrätliche Kommission habe aber, weil sie derart stark mit Kontrollen ausgelastet gewesen sei, noch keine Zeit gefunden, einen Vorschlag für die Anpassung der Rechtsgrundlagen auszuarbeiten. Mit ebendiesen Grundlagen soll ihre eigene Oberaufsicht wirkungsvoller, schneller und effizienter werden. Den einstimmigen Antrag der Kommission auf eine Verlängerung der Behandlungsfrist um zwei Jahre bis zur Frühjahrssession 2020 hiess der Nationalrat in der Frühjahrssession 2018 gut.

Stärkung der Geschäftsprüfungskommissionen (Pa.Iv. 15.451)

Die Fläche des Bundesplatzes müsste mit Bäumen bepflanzt werden, um den Bedarf des Parlaments an Papier für ein Jahr zu decken. Zehn Millionen Blatt Papier seien 2016 laut Ratsbüro für Parlament und Parlamentsdienste gebraucht worden, was Kosten von CHF 5'000 pro Ratsmitglied entspreche. Damit müsse Schluss sein, forderte Sebastian Frehner (svp, BS) in seiner Motion für einen digitalen Ratsbetrieb. Das Parlament müsse bis Ende 2019 papierlos werden. Die Digitalisierung sei so weit fortgeschritten, dass dies möglich sei; einzig das Extranet müsse noch benutzerfreundlicher werden.
Das Büro-NR empfahl in seiner Stellungnahme die Motion zur Annahme. Nicht nur aus Gründen der Nachhaltigkeit, sondern auch um die Arbeit der Parlamentarierinnen und Parlamentarier zu erleichtern, unterstütze es das Anliegen. Es verwies zudem auf das Büro-SR, das bereits beschlossen hatte, die Unterlagen für die Frühjahrssession 2018 versuchsweise elektronisch zu verteilen. Mit der Annahme der Motion würde der Nationalrat entsprechend signalisieren, dass er dazu auch bereit wäre. Dieses Signal wurde durch die stillschweigende Annahme der Motion schliesslich auch erteilt.

Digitaler Ratsbetrieb

Es seien eineinhalb Jahre vergangen, in denen sich die SPK-NR mit zahlreichen Vorstössen zum Einkommen der Parlamentarierinnen und Parlamentarier habe befassen müssen. Die Beratungen dazu hätten gezeigt, dass eine Überprüfung von Einkommen und Spesen der Mitglieder der Bundesversammlung nicht angemessen sei. Die Bedürfnisse der einzelnen Ratsmitglieder seien derart verschieden, dass allgemeine Regelungen nicht angebracht seien. Dies gelte auch für die Idee eines Pauschalbetrags für persönliche Mitarbeitende, wie man in der Zwischenzeit festgestellt habe. Aus diesem Grund habe die Kommission ihre Meinung geändert und empfehle nun die entsprechende parlamentarische Initiative von Matthias Aebischer (sp, BE) zur Ablehnung.
Der Sozialdemokrat machte sich im Rat noch einmal stark für sein Anliegen. Die parlamentarische Arbeit würde an Qualität gewinnen und die Ratsmitglieder hätten vielleicht auch einmal ein wenig Zeit und Musse, um neue Visionen zu entwickeln, wenn ein maximal zu 80 Prozent angestellter persönlicher Mitarbeiter oder eine persönliche Mitarbeiterin zur Verfügung stünde. Da diese Personen von der Bundesadministration angestellt würden, führe dies auch zu keiner Mehrbelastung. Die Idee sei übrigens nicht neu, sondern bereits 1991 diskutiert worden – so Aebischer. Matthias Jauslin (fdp, AG) betonte hingegen die Position der SPK-NR: Die aktuelle Regelung erlaube wesentlich mehr Flexibilität. Dieses Argument und der Hinweis, dass der Vorschlag nicht nur mehr Kosten verursache, sondern auch zu einer weiteren Professionalisierung des Milizparlaments führen würde, wie Jean-Luc Addor (svp, VS) betonte, schienen dann letztlich in der grossen Kammer zu verfangen: 123 bürgerliche Stimmen aus der SVP-, der CVP-, der FDP- und der BDP-Fraktion reichten locker aus, um die parlamentarische Initiative gegen die 61 vor allem links-grünen und grünliberalen Stimmen zu versenken.

Persönliche Mitarbeitende (Pa.Iv. 15.445)
Dossier: Vereinbarkeit der Parlamentsarbeit mit Familie und Beruf

Die parlamentarische Initiative Minder (parteilos, SH) zur Veröffentlichung nicht-vertraulicher Kommissionsunterlagen war im September 2016 von der SPK-NR in eine Sammelvorlage mit anderen parlamentarischen Initiativen aufgenommen worden. Unmittelbar nachdem der Ständerat als Zweitrat in der Frühjahrssession 2018 über eben diese Sammelvorlage beraten hatte, schrieb er den Vorstoss Minder ab. Die Entscheidung, ob Kommissionsunterlagen künftig veröffentlicht werden oder nicht, steht allerdings noch aus, da sich die beiden Kammern hier noch nicht einig waren.

Veröffentlichung nicht-vertraulicher Kommissionsunterlagen (Pa.Iv. 15.444)
Dossier: Parlamentarische Initiativen für verschiedene Änderungen des Parlamentsrechts

Die Sammelvorlage zu den Änderungen des Parlamentsrechts gelangte in der Frühjahrssession 2018 in den Ständerat. Der Vorlage sei vorgeworfen worden, sie sei nicht notwendig oder zu vielfältig – leitete Andrea Caroni (fdp, AR) als Sprecher der SPK-SR sein Votum für Eintreten ein. Es sei aber gerade ein bewusster Entscheid der beiden Staatspolitischen Kommissionen gewesen, zahlreiche «kleine, aber feine» Vorstösse gemeinsam umzusetzen. Nichteintreten auf die Vorlage bedeute, dass rund ein Dutzend einst angenommener Anliegen nicht umgesetzt würden. Die Kommission empfehle deshalb mit 11 zu 2 Stimmen auf die von der SPK-NR ausgearbeitete Vorlage einzutreten. Die kleine Kammer folgte dieser Empfehlung diskussionslos.
In der Folge schuf der Ständerat einige Differenzen zum Nationalrat. Zuerst führten die Kantonsvertreterinnen und -vertreter den von der grossen Kammer gestrichenen und auf eine parlamentarische Initiative Streiff-Feller (evp, BE; Pa.Iv. 14.472) zurückgehenden Passus der SPK-NR wieder ein, der verlangte, dass arbeitnehmende Ratsmitglieder bei Amtsantritt ihre Funktion und ihren Arbeitgeber angeben. Bei Einsitz in Führungs- und Aufsichtsgremien oder bei Beratungs- und Expertentätigkeiten soll ein Ratsmitglied zudem angeben müssen, ob die Tätigkeit bezahlt oder ehrenamtlich ausgeführt wird. Auch bei der Möglichkeit, in begründeten Fällen Kommissionsunterlagen veröffentlichen zu können, beschloss der Ständerat entgegen der Entscheidung des Nationalrats, der diesen Abschnitt streichen wollte, dem ursprünglichen Entwurf zu folgen. Bereits in der SPK-SR umstritten und mit einem Minderheitsantrag Cramer (gp, GE) bekämpft wurde der Vorschlag, dass über Anträge von Einigungskonferenzen obligatorisch abgestimmt werden soll. Dies war bis anhin nur der Fall, wenn Gegenanträge gestellt wurden. Robert Cramer fand im Rat Gehör mit seinem Argument, dass diese Änderung weder nötig noch kohärent mit dem System sei. Anträge von Einigungskonferenzen seien nicht mit (obligatorischen) Schlussabstimmungen gleichzusetzen, weil sie ja eben nicht am Ende stünden. Mit 33 zu 12 Stimmen folgte die kleine Kammer dem Genfer Grünen. Ein Minderheitsantrag lag auch beim nächsten Element der Vorlage vor, nämlich der Frage, ob Schlussabstimmungen der beiden Räte gleichzeitig, also am gleichen Tag stattfinden müssten oder nicht. Für die Kommission führte Andrea Caroni aus, dass bis 1991 Gleichzeitigkeit gesetzlich geregelt gewesen sei. Diese Regel sei aber bei einer Revision «unbemerkt» aus dem Gesetz «gefallen». Die langjährige Praxis, Schlussabstimmungen gleichzeitig durchzuführen, habe sich aber trotzdem gehalten. Eine knappe Kommissionsmehrheit wollte diese Praxis analog zum Vorschlag der SPK-NR beibehalten. Eine Minderheit Minder (parteilos, SH) schlug hingegen vor, dass die Schlussabstimmungen nicht am gleichen Tag, sondern in der gleichen Session stattzufinden hätten. Thomas Minder begründete sein Anliegen mit Kosteneinsparungen. Meistens müssten die Mitglieder des Ständerats extra am Freitag der letzten Sessionswoche nach Bern fahren, nur um gleichzeitig mit dem Nationalrat Schlussabstimmungen durchführen zu können. Damit würden Übernachtungsentschädigungen und Essensspesen von rund CHF 137'000 pro Jahr für einen «alten Zopf» ausgegeben. Wohl auch, weil sowohl das Büro-SR als auch die Redaktionskommission (REDK) argumentierten, dass es für die Funktion des Parlaments wichtig sei, dass beide Räte am letzten Tag anwesend seien, unterlag die Minderheit mit 6 zu 37 Stimmen. Mehr Erfolg hatte eine Minderheit Engler (cvp, GR), die – unterstützt von 29 gegen 13 Stimmen – festschreiben wollte, dass der Bundesrat bei einer Botschaft zu einem neuen Gesetz eine Aussage darüber machen müsse, ob dieses Gesetz befristet werden könne. Darüber hinaus soll eine noch nicht behandelte Motion Lombardi (cvp, TI; Mo. 17.3961) umgesetzt werden, gemäss der bei Erlassentwürfen auch die Folgen für Auslandschweizerinnen und -schweizer abgeschätzt werden sollten. Mit 41 zu 0 Stimmen (bei einer Enthaltung) wurde die so veränderte Gesetzesvorlage in der Gesamtabstimmung angenommen.
Auch die Verordnung, die anschliessend beraten wurde, passierte die Gesamtabstimmung einstimmig (43 zu 0 Stimmen bei einer Enthaltung). Neben einer redaktionellen Änderung gab hier die Idee der SPK-SR zu reden, mit der das in der Verordnung neu geplante Register mit Angaben zu den Auslandreisen aller Parlamentsmitglieder noch hätte verschärft werden sollen. Der Vorschlag von Roland Eberle (svp, TG), die nationalrätliche Fassung beizubehalten – und somit die «Selbstkasteiung» einzuschränken –, wurde mit 36 zu 6 Stimmen (2 Enthaltungen) gutgeheissen.

Änderungen des Parlamentsrechts (Sammelvorlage; Pa. Iv. 16.457)
Dossier: Parlamentarische Initiativen für verschiedene Änderungen des Parlamentsrechts

Weil mit der Sammelvorlage für verschiedene Änderungen des Parlamentsrechts auch das Anliegen der parlamentarischen Initiative Caroni (fdp, AR) aufgenommen worden war, beantragte die SPK-SR deren Abschreibung. Mit einer parlamentarischen Initiative werde grundsätzlich die Ausarbeitung eines Erlasses vorgeschlagen, was mit der Sammelvorlage auch tatsächlich geschehen sei, argumentierte die Kommission in ihrem Bericht. Weil auch der Berichterstatter der Kommission, nämlich der Urheber der Initiative selber, keine Bedenken äusserte, wurde der Vorstoss von der kleinen Kammer abgeschrieben.

Subsidiaritätsprinzip (Pa.Iv. 16.446)
Dossier: Parlamentarische Initiativen für verschiedene Änderungen des Parlamentsrechts

Ranglisten haben etwas Eingängiges: Mit ihrer Hilfe lassen sich vermeintliche Unterschiede fest- und darstellen. So versuchen öfters auch die Medien Parlamentarierinnen und Parlamentarier einzuordnen und zu vergleichen. 2017 präsentierte die Sonntagszeitung ein Parlamentarierrating, mit welchem der Einfluss aller Parlamentsmitglieder gemessen werden sollte, und die NZZ wartete mit ihrem jährlichen Links-Rechts-Rating auf.
Der Einfluss wurde in der Sonntagszeitung anhand der Kommissionszugehörigkeit, der in den Räten vorgebrachten Voten, der Anzahl erfolgreicher politischer Vorstösse, der Ämter im Rat und in der Partei, der Medienpräsenz und dem ausserparlamentarischen Beziehungsnetz gemessen. Zwar wies die Zeitung nicht aus, wie sie diese Elemente miteinander verknüpfte und gewichtete, die Rangliste diente ihr aber als Grundlage für immerhin drei ganze Zeitungsseiten. Laut den Berechnungen war SP-Parteipräsident Christian Levrat (FR) in den Jahren 2015–2017 der einflussreichste Parlamentarier, gefolgt von Pirmin Bischof (svp, SO) und Gerhard Pfister (cvp, ZG). Die «Flop 15» – so die Sonntagszeitung – wurden angeführt von Géraldine Marchand-Balet (cvp, VS), Hermann Hess (fdp, TG) und David Zuberbühler (svp, AR). Die Rangierungen verleiteten die Zeitung zu weiteren Analysen: So sei der Einfluss der SVP und der FDP, gemessen am Anteil Fraktionsangehöriger unter den Top 50, verglichen mit dem Rating 2014 gestiegen und der Einfluss des Kantons Zürich gesunken. Mit einem Vergleich der Rangliste hinsichtlich Medienpräsenz und dem Gesamtrang konnte die Zeitung zudem «die grössten Blender» ausmachen. Zwar häufig in den Medien, aber sonst nur wenig einflussreich waren laut dieser Berechnung etwa Tim Guldimann (sp, ZH), Andreas Glarner (svp, AG) oder Benoît Genecand (fdp, GE). Einzelne Regionalzeitungen diskutierten in der Folge «ihre» kantonalen Vertreterinnen und Vertreter. Solche Ratings seien nicht entscheidend, aber es fühle sich immer gut an, wenn man vorne sei, beurteilte Christian Levrat die Auswertung.

Wichtigste Erkenntnis der von der NZZ präsentierten Links-Rechts-Positionierung, die seit 1999 jährlich auf der Basis von in den Räten durchgeführten Abstimmungen von der Forschungsstelle Sotomo durchgeführt wird – auch in der NZZ wurde die Methode zur Messung von Links und Rechts lediglich sehr kryptisch mit den Begriffen «D-Nominate» und «Alpha-Nominate» angedeutet und dem Hinweis versehen, dass diese Methode für den amerikanischen Kongress entwickelt worden seien und die ideologische Position der Abgeordneten messe –, war die zunehmende Fraktionsdisziplin. Der Druck, auf Fraktionslinie zu stimmen, habe dazu geführt, dass es kaum noch Überlappungen in der ideologischen Positionierung zwischen den einzelnen Parteien gebe. Vor allem die CVP – sie variiert auf der Gesamtskala von -10 (links) bis +10 (rechts) zwischen 0.2 (Gerhard Pfister) und -1.7 (Barbara Schmid-Federer, ZH) – sei wesentlich geschlossener als früher, als sie noch Fraktionsmitglieder gehabt habe, die sich am rechten Rand bei der Position von (linken) FDP- und SVP-Mitgliedern befunden und am linken Rand die «rechten Ausläufer der SP» berührt hätten. Die FDP-Mitglieder, die Positionen zwischen 0.3 (Christa Markwalder, BE) und 2.4 (Bruno Pezzatti, ZG) einnahmen, sowie die SVP-Mitglieder (Jean-Pierre Grin, VD: 6.1 bis Erich Hess, BE: 10.0) lagen ziemlich weit auseinander. Der Median des gesamten Nationalrats verlief genau zwischen der CVP und der FDP. Auf der Ratslinken gab es mehr ideologische Gemeinsamkeiten: Zwar war die SP insgesamt etwas linker als die Grünen – die Werte variierten bei den Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten zwischen -8.2 (Chantal Galladé, ZH) und -9.9 (Silvia Schenker, BS) und bei den Grünen zwischen -9.4 (Lisa Mazzone, GE) und -7.8 (Bastien Girod, ZH) –, aber die Durchmischung war wesentlich stärker als im Block der Bürgerlichen. Die grösste Geschlossenheit wies die GLP auf, bei der sich Kathrin Bertschy (BE) und Tiana Angelina Moser (ZH) mit einem Wert von -3.0 ideologisch nur marginal von Martin Bäumle (ZH, -2.7) entfernt positionierten. Die BDP wies mehr Varianz auf: Sowohl Rosmarie Quadranti (ZH, -1.6) als auch Hans Grunder (BE, -0.2) fanden sich ideologisch leicht links der Mitte. Interessant war, dass sich die Kleinstparteien am Rand ihrer Fraktionen ansiedelten. Sowohl die Lega und das MCG bei der SVP-Fraktion, als auch die EVP bei der CVP-Fraktion wiesen im Rating ideologische Differenzen zu ihrer Fraktion auf.
Im Ständerat waren zwar die verschiedenen Parteien ebenfalls voneinander getrennt, es kam aber zwischen CVP und FDP zu Überlappungen und die Gesamtvarianz der Positionen in der kleinen Kammer war geringer. Sie reichte von Liliane Maury Pasquier (sp, GE; -8.3) bis Peter Föhn (svp, SZ; 9.8), wobei sich Letzterer am rechten Rand ziemlich alleine auf weiter Flur befand, gefolgt von Werner Hösli (svp, GL; 7.6). Bei der FDP gesellten sich Fabio Abate (TI, -0.2) und vor allem Raphaël Comte (NE; -1.6) zum Lager der CVP, das von -2.4 (Anne Seydoux-Christe, JU) bis 0 (Isidor Baumann, UR) reichte. Am rechten Rand der FDP politisierte Philipp Müller (AG, 3.4) und lag damit nahe bei Thomas Minder (SH, 4.8), der als Parteiloser der SVP-Fraktion angehört. Von der SP sassen mit Pascale Bruderer (AG, -5.2) , Claude Janiak (BL, -5.5), Hans Stöckli (BE, -5.6) und Daniel Jositsch (ZH, -5.6) vier im Vergleich zum Nationalrat ziemlich gemässigte Genossinnen und Genossen in der kleinen Kammer.

Nationalratsrating

In der Wintersession stand die Sammelvorlage für die sechs parlamentarischen Initiativen zu verschiedenen Änderungen des Parlamentsrechts im Nationalrat auf dem Sessionsprogramm. Die verschiedenen Vorstösse und eine Reihe von weiteren Anliegen der beiden SPK verlangten Änderungen im Parlamentsgesetz, in der Parlamentsverwaltungsverordnung und im Geschäftsreglement des Nationalrats. Hauptsächlich ging es um drei bedeutende Aspekte, nämlich die Erweiterung der Offenlegungspflichten der Ratsmitglieder (Block 1), die Ermöglichung einer Veröffentlichung von Kommissionsunterlagen (Block 2) und die Regelung der Zugänglichkeit von Kommissionsprotokollen für alle Ratsmitglieder und deren persönliche Mitarbeiter (Block 3).

Eintreten war umstritten. Barbara Steinemann (svp, ZH) gab zu Protokoll, dass die SVP keinen generellen Handlungsbedarf sehe. Zudem sei das Problem einer Sammelvorlage, dass man auch zu schlechten Punkten ja oder aber zu guten Punkten nein sagen müsse. Es würden zahlreiche, nicht miteinander vereinbare Punkte vermischt, mit denen aber weder die Effizienz gesteigert noch Kosten eingespart würden, weshalb gar nicht auf die Vorlage eingetreten werden solle. Auch die BDP-Fraktion hatte Nichteintreten beschlossen. Bernhard Guhl (bdp, AG) führte aus, dass es sich hier um eine Wohlstandvorlage handle. Kein einziger der verschiedenen Aspekte sei wirklich nötig für den Ratsbetrieb. Auch die BDP hätte es, wie die SVP, begrüsst, wenn die einzeln Folge gegebenen Vorstösse auch einzeln beraten worden wären. Keine der restlichen Fraktionen war zwar vollumfänglich zufrieden mit der Sammelvorlage – Balthasar Glättli (gp, ZH) sprach von einem Birchermüesli –, man wolle aber die einzelnen Punkte in der Detaildiskussion klären. Mit Nichteintreten sei hingegen nichts gewonnen – so der Tenor. Die grosse Kammer beschloss dann relativ knapp mit 94 zu 80 Stimmen bei 3 Enthaltungen, auf die Vorlagen einzutreten.

Im Block 1 wurde um die Offenlegungspflichten gestritten. Der Kommissionsvorschlag sah vor, dass jedes Ratsmitglied bei Amtsantritt und auf Jahresbeginn Angaben zur beruflichen Tätigkeit und – falls relevant – Angaben zum Arbeitgeber machen muss. Nicht weniger als sechs Minderheitsanträge lagen vor, die ein Festhalten an der bisherigen Regelung (lediglich Angabe beruflicher Tätigkeit; Minderheit Pfister), eine Nennung der ehrenamtlichen Tätigkeiten (Minderheit Jauslin) und der Einkünfte daraus (Minderheit Wermuth), die Eintragung in ein öffentliches Register (Minderheit Wermuth) oder die Offenlegung während Rats- (Minderheit Barrile) und Kommissionsdebatten (Minderheit Glättli) forderten. Zu einem teilweise recht gehässigen Austausch gab zudem ein Antrag von Angelo Barrile (sp, ZH) Anlass, der verlangt hätte, dass von Krankenkassen angestellte oder bezahlte Ratsmitglieder nicht in Kommissionen sitzen dürfen, die für die Gesetzgebung im Bereich der Krankenversicherung zuständig sind. Letztlich hatte mit Ausnahme des Antrags Pfister keiner der verschiedenen Anträge eine Chance. Somit blieb bezüglich der Offenlegungspflichten alles beim Alten.

Ein eigentliches Sammelsurium unterschiedlicher Änderungen umfasste Block 2. Umstritten war hier insbesondere der Vorschlag der SPK, Kommissionsunterlagen veröffentlichen zu dürfen, die keine schützenswerten Interessen beinhalten. Auch hier obsiegte letztlich aber der Status Quo, wie er erneut von einer Minderheit Pfister gefordert wurde. Gerhard Pfister (cvp, ZG) warnte davor, damit einer Untergrabung des Kommissionsgeheimnisses Vorschub zu leisten.
Die Kommissionsprotokolle, die mit einem Antrag Rickli hätten veröffentlicht werden können, bleiben auch in Zukunft geheim. Natalie Rickli (svp, ZH) hatte in ihrem Antrag geltend gemacht, dass durch Indiskretion immer wieder Informationen aus den Kommissionssitzungen an die Öffentlichkeit gelangten. Es sei stossend, dass es sich dabei jeweils nur um „einen Teil der Wahrheit” handle, wohingegen Protokolle den ganzen Verlauf einer Sitzung aufzeigen könnten.
Unbestritten waren im Block 2 die Zuständigkeitserklärung der Redaktionskommission für die Berichtigung von Erlassen, die nicht der Schlussabstimmung unterstehen, das Verbot eines Rückkommensantrags, der nicht in unmittelbarem Anschluss an die Abstimmung gestellt wird und einige Präzisierungen zu Dringlichkeitsklausel, Abstimmungsverfahren, Fristen bei Volksinitiativen und Anforderungen an die Botschaften zu Erlassentwürfen. Darüber hinaus soll gesetzlich festgehalten werden, dass Schlussabstimmungen in beiden Räten gleichzeitig stattfinden müssen.
Kein Gehör fand die SPK mit ihrem Vorschlag, auf eine Schlussabstimmung bei Volksinitiativen zu verzichten. Rechtlich bindend und als Stimmempfehlung sei – entgegen der Usanz des Bundesrates beim Verfassen der Abstimmungsempfehlungen – die Abstimmung über die Abstimmungsempfehlung zu betrachten; eine Schlussabstimmung sei bei obligatorischem Eintreten und ohne Gesamtabstimmung eigentlich nicht angebracht. Ein von der Ratsmehrheit unterstützter Antrag Schilliger, der einen Antrag des Bundesrates aufnahm, erachtete diese Änderung als unnötig.
Zu reden gab auch der Vorschlag einer Kommissionsminderheit Rutz, die durchsetzen wollte, dass Sitzungsgelder neu halbtägig ausbezahlt werden sollen. Die vor allem aus Angehörigen der SVP-Fraktion bestehende Minderheit monierte, dass jemand ein Taggeld von CHF 440 erhalte, wenn sie oder er lediglich für eine Stunde eine parlamentarische Initiative in einer Kommission erläutern müsse, was unverhältnismässig sei. Die Mehrheit des Nationalrates folgte allerdings der Argumentation der Kommissionsmehrheit, dass diese Idee mit hohem bürokratischen Aufwand verbunden sei. Das Anliegen zur Neuregelung der Übernachtungsentschädigung wurde zwar in der Debatte um die Taggelder ebenfalls angesprochen, diese parlamentarische Initiative wurde aber nicht in die Sammelvorlage aufgenommen.
Erfolgreich war die SPK mit ihrem Anliegen zu den Auslandreisen: Neu müssen Ratsmitglieder Reisen ins Ausland in einem öffentlichen Register aufführen. Nicht offen gelegt werden müssen dabei Reisen, die auf Einladung von Interessengruppen durchgeführt werden – ein Antrag einer links-grünen Kommissionsminderheit hatte hier keine Chance.
Zur Diskussion standen schliesslich zwei Änderungen der Sitzungszeiten. Sowohl die Streichung des Freitags der letzten Sessionswoche, wie sie von einer Kommissionsminderheit gefordert worden wäre, als auch der Beginn der Sitzungszeiten um 8.15 Uhr statt um 8.00 Uhr fanden bei der Mehrheit des Nationalrats kein Gehör. Die grosse Kammer folgte dem Argument der Kommissionsmehrheit, dass der Freitag in Anbetracht der dichten Sessionsprogramme nötig sei. Um die Effizienz zu steigern, soll der letzte Sitzungstag allerdings nicht wie bisher bereits um 11.00 fertig sein, was von der Minderheit insbesondere als ineffizient moniert worden war, sondern bis 13.00 dauern. Das Argument der besseren Zugverbindungen sowie der Umstand, dass auch der Ständerat um 8.15 die Sitzungen beginne, verfingen hingegen nicht. Die Mehrheit des Rates sträubte sich gegen die entsprechende viertelstündige Verschiebung der Sitzung nach hinten.

Block 3, mit dem der Zugang von Kommissionsprotokollen für Parlamentsmitglieder hätte geregelt werden sollen, wurde in Anbetracht der ablehnenden Haltung des Parlaments gegenüber einer grösseren Transparenz der Kommissionsarbeit zur Überarbeitung an die SPK-NR zurückgewiesen, die Blöcke 1 und 2 wurden zur Beratung an den Ständerat übergeben.

Änderungen des Parlamentsrechts (Sammelvorlage; Pa. Iv. 16.457)
Dossier: Parlamentarische Initiativen für verschiedene Änderungen des Parlamentsrechts

Sondersessionen, die Anfang der 1990er Jahre eingeführt wurden, dienen insbesondere dem Nationalrat dazu, nicht erledigte Geschäfte abzuarbeiten. «Frühlingsputz» nannte dies die Basler Zeitung. Der dreitägige «Säuberungs-Event», so die BaZ weiter, sei aber ein «kafkaeskes Ungetüm», das – rechne man die Taggelder, Essens- und Übernachtungsentschädigungen zusammen – nicht nur rund CHF 150'000 pro Tag koste, sondern zwar Papierberge abbaue, aber gleichzeitig auch immer wieder neue schaffe, weil auch während Sondersessionen Vorstösse eingereicht werden dürften.
In den Medien gelobt wurde hingegen der Entscheid der Büros beider Räte, in Absprache mit den Kommissionssekretariaten für 2018 keine Sondersession einzuberufen. Die Geschäftslast mache dies nicht nötig, informierte der Informationschef des Bundesparlaments, Mark Stucki. Damit spare das Parlament wohl rund eine halbe Million Franken, lobte die Aargauer Zeitung.

Kosten von Sondersessionen (Pa. Iv. 19.437)

Zwar wurde das Postulat von Cédric Wermuth (sp, AG) letztlich mit 125 zu 58 Stimmen recht deutlich abgelehnt, es erlaubte jedoch eine interessante Auseinandersetzung zur Debattenkultur im Nationalrat. In der Tat forderte der SP-Nationalrat das Büro-NR auf, in einem Bericht aufzuzeigen, wie „echte” Debatten in der grossen Kammer ermöglicht werden könnten. Er sei sich bewusst, dass es sich beim Schweizer Parlament um ein Arbeitsparlament handle – im Gegensatz etwa zum britischen Parlament, in welchem als Redeparlament politische Fragen im Plenum diskutiert werden, werden diese in einem Arbeitsparlament in Kommissionen debattiert und die Reden im Plenum erfüllen eher eine Informationsfunktion – nichts desto trotz müsse die Debattenkultur neu gepflegt werden. Wermuth monierte nicht nur, dass Nicht-Kommissionsmitglieder kaum ihre Meinung kundtun könnten und somit eine starke Abhängigkeit von den Spezialistinnen und Spezialisten in den Kommissionen entstehe, sondern dass die Kommissionssprecherinnen und -sprecher häufig lediglich schriftlich verfasste Statements vorläsen. Die von den Besucherinnen und Besuchern des Nationalratssaals immer wieder monierte Unruhe beruhe nicht zuletzt auch auf dieser schwachen Redekultur. Im Gegensatz dazu würden Debatten der Kategorie 1 zu einem eigentlichen Schaulaufen verkommen – Wermuth verwies auf die 70 Wortmeldungen bei der Debatte um die No-Billag-Initiative –, bei dem zwar zahlreiche Argumente vorgeführt würden, aber kaum diskutiert würde. Die Debatten sind in Kategorien eingeteilt. Kategorie 1 – die so genannte freie Debatte, der jeweils auch die Botschaften des Bundesrates zu Volksinitiativen zugeordnet werden – erlaubt eine freie Wortmeldung aller Parlamentsmitglieder. In den restlichen vier Kategorien (2: Organisierte Debatte, 3a: Fraktionsdebatte, 3b: verkürzte Fraktionsdebatte, 4: Kurzdebatte; 5: schriftliches Verfahren) sind neben den Kommissionssprecherinnen und -sprechern nur die Vertreterinnen und Vertreter des Bundesrats, die Antragsstellerinnen und Antragssteller von Minder- und Mehrheitsvorschlägen, je nachdem die Urheberinnen und Urheber von Vorstössen und die Fraktionssprecherinnen und -sprecher redeberechtigt. Zusätzliche Wortmeldungen müssen schriftlich eingereicht werden. Zudem wird mit den Kategorien auch die Redezeit geregelt. Wermuth schlug in seinem Postulat unter anderem vor, die Möglichkeiten für die so genannte Zwischenfrage auszubauen: Nach dem Votum einer Rednerin oder eines Redners dürfen alle Ratsmitglieder zu bestimmten Punkten eine präzise und kurze Frage stellen – ohne jedoch selber inhaltliche Ausführungen anzubringen. Eine weitere Möglichkeit für eine lebendigere Diskussionskultur wäre laut Wermuth die Einschränkung der Berichterstattung, die jeweils von zwei Kommissionsmitgliedern mit unterschiedlicher Muttersprache vorgetragen wird. Zudem müsse die Ungleichbehandlung der kleineren Fraktionen und der Kommissionsmitglieder von weniger bedeutenden Kommissionen überdacht werden.
Das Büro-NR hiess zwar die Idee einer lebendigeren Debatte grundsätzlich gut, wies aber darauf hin, dass schriftliche Voten und Notizen aufgrund der teilweise komplizierten Geschäfte kaum vermeidbar und zudem abhängig von den Fähigkeiten einer Votantin oder eines Votanten seien. Die Kommissionssprecherinnen und Kommissionssprecher seien zudem verpflichtet, gut und umfassend zu informieren. Man wolle hier deshalb keine Vorschriften machen. Beim Ausbau der Zwischenfrage und der Einschränkung der Berichterstattung befürchtet das Büro eine einseitige Konzentration auf die deutsche Muttersprache, was die Gefahr der Diskriminierung der anderen Sprachen mit sich brächte. Das Postulat sei auch deshalb abzulehnen, weil man vielmehr an die Eigenverantwortung der Parlamentarierinnen und Parlamentarier appellieren wolle.
In der Debatte wünschte sich Wermuth weniger Technokratie und mehr inhaltliche Auseinandersetzung und Peter Keller (svp, NW) bezeichnete – nota bene mittels Zwischenfrage – die Zwischenfrage als „unwürdige[n] Kastrationsvorgang der parlamentarischen Möglichkeiten und Debattenkultur”. Der Sprecher des Büros, Adrian Amstutz (svp, BE), wies darauf hin, dass auch er gerne „vom Leder ziehen” würde, als Sprecher des Büros aber eben richtigerweise nicht dürfe, sondern die Aufgabe habe, sachlich und faktentreu zu informieren. Der französischsprachige Sprecher des Büros, Dominque de Buman (cvp, FR), verwies seinerseits auf die Geschichte des Parlaments und zitierte Benjamin Constant, der die schlechte Debattenkultur in Parlamenten bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts moniert habe. Das Parlamentsreglement von 1850 habe gar ein Verbot des Vorlesens schriftlich verfasster Reden vorgesehen. Mittlerweile sei man aber im 21. Jahrhundert und die Komplexität der Geschäfte würde andere Rede- und Stilmittel bedingen. Ausser bei der CVP- und der GLP-Fraktion vermochte das Anliegen Wermuths in allen Fraktionen einige Sympathien zu wecken.

Debattenkultur im Nationalrat

Die deutliche nationalrätliche Unterstützung der parlamentarischen Initiative Geissbühler (svp, BE), die auch im Ständerat sämtliche Abstimmungen veröffentlicht haben will, scheint der letzte Tropfen gewesen zu sein, um den Stein definitiv zu höhlen. In der Tat zeigte sich die SPK-SR überzeugt, dass nun der Moment für volle Transparenz auch im Ständerat gekommen sei. Allerdings lehnte die Kommission die parlamentarische Initiative Geissbühler ab, weil es sich hier um eine Angelegenheit des Ständerats handle und man deshalb selber tätig werden wolle. Mit der erneuten Ablehnung wurde die Ausarbeitung eines Vorschlags zur Änderung des ständerätlichen Geschäftsreglements versprochen. In der Herbstsession lehnte die kleine Kammer die parlamentarische Initiative ab.

Abstimmungen im Ständerat veröffentlichen (Pa. Iv. 15.436)
Dossier: Öffentliche Abstimmungen im Ständerat

In der Herbstsession 2017 wehrte sich die kleine Kammer ein weiteres Mal gegen die Einführung von Namenslisten bei allen Abstimmungen. Die SPK-SR hatte sich dem Druck des Nationalrats gebeugt und eine Vorlage ausgearbeitet, mit der mehr Transparenz für die Wählerinnen und Wähler geschaffen werden sollte – wie sich die Kommissionssprecherin Pascale Bruderer (sp, AG) ausdrückte. Seit 2014 würden auch in der kleinen Kammer alle Abstimmungen erfasst, aber nicht alle veröffentlicht, nämlich lediglich die Gesamt- und die Schlussabstimmungen, sowie Abstimmungen mit qualifiziertem Mehr und solche, bei denen mindestens zehn Ratsmitglieder dies verlangten. Die Veröffentlichung aller Abstimmungen sei keine Kostenfrage. Da das Abstimmungsverhalten via Livestream sowieso eruierbar sei, sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Resultate nicht gänzlich veröffentlicht würden. Zudem, so die Aargauerin weiter, habe die bisherige Erfahrung gezeigt, dass sich die Debattenkultur in der kleinen Kammer nicht verändert habe – eine Befürchtung, die immer wieder gegen die Einführung einer elektronischen Abstimmungsanlage in der „chambre de reflexion“ vorgebracht worden war. Das Büro-SR, vertreten durch Karin Keller-Sutter (fdp, SG), lehnte die parlamentarische Initiative allerdings einstimmig ab. Die bisherige Regelung habe sich bewährt, Transparenz sei bereits gegeben und man wolle mit einer vollständigen Veröffentlichung eben eine „Vermessung der Ratsmitglieder durch Politbeobachter und -beobachterinnen“ verhindern. Diese Masse seien zu oberflächlich und könnten das differenzierte Abstimmungsverhalten nicht nachzeichnen. Nach lediglich drei Jahren könne man auch noch nicht sagen, ob sich an der Debattenkultur etwas geändert habe oder nicht. Thomas Minder (parteilos, SH) machte geltend, dass die Vermessung bereits heute stattfinde und zwar entweder mittels der wenig aussagekräftigen Schluss- und Gesamtabstimmungen oder aber mittels des gesamten Datensatzes über alle Abstimmungen, der zu Forschungszwecken abgegeben werde. Diese Vermessung sei aber richtig und wichtig, damit die Wählerinnen und Wähler nachschauen könnten, wie ihre Ständevertreterinnen und -vertreter abstimmen. In der weiteren Debatte hielten sich die Vertreter der ständerätlichen Kultur und die Modernisierer in etwa die Waage. Zur Abstimmung stand schliesslich die Frage, ob auf die Vorlage der SPK-SR eingetreten werden soll. Mit 27 zu 17 Stimmen und einer Enthaltung entschied sich der Rat dagegen, womit das Thema wieder eine Weile vom Tisch sein dürfte. In den Medien wurde der Entscheid mit Unverständnis aufgenommen. Der Ständerat bleibe eine Dunkelkammer. Im Tagesanzeiger wurde das Stimmverhalten der Rätinnen und Räte demonstrativ aufgrund des Livestreams abgebildet. Es zeigten sich dabei keine deutlichen Parteilinien. Aus allen Fraktionen gab es sowohl Befürworterinnen und Befürworter als auch Gegnerinnen und Gegner der Neuerung.

Namenslisten bei allen Abstimmungen im Ständerat (Pa. Iv. 17.432)
Dossier: Öffentliche Abstimmungen im Ständerat

In der Herbstession 2017 versenkte der Ständerat die parlamentarische Initiative Leutenegger Oberholzer (sp, BL) zur steuerlichen Belastung von Parlamentsentschädigungen endgültig. Die knappe Mehrheit der SPK-SR von 6 zu 4 Stimmen (2 Enthaltungen) widerspiegelte sich in der ständerätlichen Debatte. Kommissionssprecher Philipp Müller (fdp, AG) machte geltend, dass Spesenentschädigungen auch in der Privatwirtschaft nicht versteuert werden müssten; von einer Besserstellung der Parlamentarierinnen und Parlamentarier gegenüber Bürgerinnen und Bürgern könne entsprechend keine Rede sein. Anderer Meinung war Raphaël Comte (fdp, NE), der als Vertreter der Kommissionsminderheit die Studie der Universität Genf zum Einkommen der Mandatsträgerinnen und Mandatsträger im Schweizer Parlament anführte. Parlamentsmitglieder erhalten CHF 33'000, die für Materialspesen und die Anstellung von Assistentinnen und Assistenten verwendet werden können – oder nicht. In letzterem Fall handle es sich aber – so der Neuenburger FDP-Ständerat – eben nicht um Spesen, sondern um ein zusätzliches und eigentlich zu versteuerndes Einkommen. In der Debatte wurde aber auch vor einem bürokratischen Aufwand gewarnt, falls alle Ausgaben nach Spesen und Einkommen getrennt werden müssten. Es sei einfacher, die CHF 33'000 als Gesamtpaket und als Sachausgaben, ergo Pauschalspesen, zu betrachten. Die knappen Verhältnisse in der Kommission und die ausgeglichene Debatte spiegelte sich dann freilich nicht in der Abstimmung wieder. Mit 35 zu 9 Stimmen (ohne Enthaltung) sprach sich der Rat gegen Folgegeben aus.

Spesenentschädigungen

Stellt ein Parlamentsmitglied eine eigene parlamentarische Initiative vor der zuständigen Kommission vor, erhält es dafür ein Taggeld und Essensspesen als Entschädigung. Dies sei nicht nachvollziehbar, begründete Andrea Geissbühler (svp, BE) ihren Vorstoss, der eine Anpassung dieser Entschädigung verlangt. Das Vorstellen einer parlamentarischen Initiative dauere in der Regel nicht viel länger als eine Dreiviertelstunde und ein Taggeld sei dafür eine viel zu hohe Entlohnung. Nicht einverstanden mit dieser Begründung zeigte sich die SPK-NR. Mit 15 zu 8 Stimmen entschied sie sich, die parlamentarische Initiative Geissbühler zur Ablehnung zu empfehlen, da sie eine Entwertung der parlamentarischen Arbeit zur Folge hätte. Mit der Entschädigung werde ja nicht nur die Präsentation vor der Kommission, sondern auch deren Vorbereitung entlohnt.

Entschädigung für das Vorstellen von parlamentarischen Initiativen (Pa.Iv. 17.436)
Dossier: Entschädigung von Parlamentsmitgliedern

Beide Staatspolitischen Kommissionen (SPK-SR und SPK-NR) gaben einer parlamentarischen Initiative Caroni Folge, die verlangt, dass der Bundesrat in seinen Botschaften die Achtung des Subsidiaritätsprinzips prüft. Diesem Prinzip, das besagt, dass auf nationaler Ebene nur Aufgaben übernommen werden, die von den Kantonen nicht erledigt werden können oder die eine zentralisierte Regelung erfordern, werde zu wenig Beachtung geschenkt, so Andrea Caroni (fdp, AR). Wenn die Regierung verpflichtet würde, in ihren Botschaften auszuführen, ob und wie dieses wichtige Element des Föderalismus beeinträchtigt wird, hätte das Parlament bessere Entscheidgrundlagen.
In ihrer Medienmitteilung wies die SPK-SR darauf hin, dass mit der Umsetzung dieser Idee auch ein Beitrag zur Deregulierung geleistet würde. Sie schlug zudem vor, die parlamentarische Initiative in die Sammelvorlage zu den Änderungen des Parlamentsrechts aufzunehmen.

Subsidiaritätsprinzip (Pa.Iv. 16.446)
Dossier: Parlamentarische Initiativen für verschiedene Änderungen des Parlamentsrechts