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  • Parmelin, Guy (svp/udc) BR VBS / CF DDPS

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Die Doppelvakanz bei den Bundesratsersatzwahlen 2018 liess auch Spekulationen um eine neue Verteilung der Departemente ins Kraut schiessen. «Bundesratskrimi, zweiter Teil», wurden die Diskussionen um eine mögliche sogenannte grosse Rochade etwa in der Aargauer Zeitung betitelt. «Der wirkliche Krimi folgt erst», stimmte auch die NZZ in die Spektakularisierung der Departementsverteilung ein. Vor acht Jahren kam es letztmals dazu, dass gleich vier Departemente nach einer Bundesratsersatzwahl die Chefinnen und Chefs wechselten. Aufgrund der Rücktritte von Doris Leuthard und Johann Schneider-Ammann wurden aktuell das UVEK und das WBF frei. Spekuliert wurde, ob Alain Berset das EDI abgeben wolle. Es wurde ihm in den Medien nachgesagt, dass er schon bei den Ersatzwahlen 2017 gerne ins EDA gewechselt wäre, ihm das damals, kurz vor der Abstimmung über die Reform der Altersvorsorge 2020, aber als Fahnenflucht ausgelegt worden wäre. Dieses Mal, und vor allem nach der Niederlage der Reform an der Urne, würde ein Wechsel mehr Sinn machen – so die Medien. Allerdings würde es dem amtierenden Aussenminister Ignazio Cassis, der als Bersets Nachfolger beim EDI gehandelt wurde, wohl als Schwäche ausgelegt, wenn er das EDA bereits nach einem Jahr und einem schwierigen Start vor allem im Europa-Dossier schon wieder abgeben würde. Alain Berset wurden in den Medien deshalb auch Präferenzen für das EFD nachgesagt. Dieses wurde allerdings seit den Gesamterneuerungswahlen 2015 von Ueli Maurer geführt, der damals vom VBS als erster SVP-Magistrat ins EFD gewechselt war und sich mit den Finanzen sehr wohl zu fühlen schien. Das EFD würde also wohl nur frei, wenn Ueli Maurer zurücktreten würde, war man sich in der Presse einig. Die Frage war, ob sich Alain Berset auch für das WBF oder das UVEK würde erwärmen können. Letzteres schien Simonetta Sommaruga zu reizen. Sie war bei der erwähnten letzten grossen Rochade und ihrer Wahl 2010 wohl eher gegen ihren Willen dem EJPD zugeteilt worden. Als ehemalige Konsumentenschützerin würde sie aber eher ins WBF passen, wobei die bürgerlichen Parteien aber wohl keine Genossin im Wirtschaftsdepartement wollten – so die Medien damals und heute. Sie habe wohl eher ein Auge auf das UVEK geworfen, was wohl auch ganz nach dem Geschmack der SP wäre, urteilte etwa die Aargauer Zeitung. Nach zwei Legislaturen sei der Zeitpunkt für einen Wechsel ideal, befand die Basler Zeitung. Ein offenes Geheimnis war, dass Guy Parmelin nach drei Jahren das VBS abgeben wollte, in dem er einige Male «kläglich aufgelaufen» sei (Aargauer Zeitung). Im WBF oder seinem erklärten Wunschdepartement, dem EDI, würde er sich wohler fühlen, so die Medien, obwohl ihm das «Verlassen einer Baustelle», wie sich Isidor Baumann (cvp, UR) zu Wort meldete, wohl übel genommen würde. Er solle zuerst Nägel mit Köpfen machen, wurde auch im St. Galler Tagblatt gefordert. Würde Parmelins Wechselgelüsten nachgegeben, würde dies wohl aber auch bedeuten, dass zum ersten Mal eine Frau – die neu gewählten Karin Keller-Sutter oder Viola Amherd – Chefin des VBS werden würde. Der «Blick» forderte, dass Karin Keller-Sutter im VBS aufräumen solle. Da es der Wirtschaft gut gehe, spiele es keine Rolle, wer gerade Wirtschaftsminister sei. Parmelin könne sich als Winzer im WBF mit den Bauern herumschlagen. Die Ausgangslage berge auf jeden Fall Konfliktpotenzial, prognostizierte die Aargauer Zeitung.

In der Tat dauerte der «valse à plusieurs temps», wie der Quotidien Jurassien die Verhandlungen um die Besetzung der Departemente nannte, ungewöhnlich lange. Die Leitung der Diskussionen um die Departementsverteilung oblag dem amtierenden Bundespräsidenten Alain Berset. Er sprach nach der ersten Bundesratssitzung, nach der in der Regel die Verteilung bereits bekannt gegeben wird, von einer «ersten Diskussion», die in der darauffolgenden Woche weitergeführt werde. Berset wolle wohl den Fehler von 2010 nicht wiederholen, wo die Departementsverteilung zu einem grossen Krach auch zwischen den Parteien geführt hatte. Zwar kann das Bundesratskollegium per Mehrheitsentscheid beschliessen, wer welchem Departement vorstehen soll, dies wollte Berset aber augenscheinlich vermeiden. Der Noch-Nichtentscheid liess die Medien spekulieren, dass wohl mehrere Bundesratsmitglieder auf das gleiche Departement (WBF) schielten und «niemand scharf auf das VBS» sei, so die Aargauer Zeitung. Der Blick wusste von einem «überraschend heftigen Streit» in dieser ersten Sitzung zu berichten, weil die beiden Neuen selbstbewusst ihre Ansprüche angemeldet hätten. Übers Wochenende wurden die Spekulationen weiter angeheizt: Die SVP liess laut Tages-Anzeiger verlauten, dass nach 23 Jahren, in der das VBS ununterbrochen von der SVP geführt worden sei, eine andere Partei an der Reihe sei. Die FDP argumentierte, dass sie schon das wenig einflussreiche EDA habe und nicht auch noch das VBS haben wolle – so der Tages-Anzeiger weiter. Zudem prognostizierte er, dass das «SVP-/FDP-Powerplay» dazu führen dürfte, dass Viola Amherd wohl ins unbeliebte VBS versetzt würde.

Am Montag gab der Bundesrat dann eine grosse Rochade bekannt. Simonetta Sommaruga wechselte ins UVEK und Guy Parmelin ins WBF. Karin Keller-Sutter übernahm das EJPD und Viola Amherd wurde «erste Frau an der VBS-Spitze» (NZZ). Nach acht Jahren im EJPD sei der richtige Zeitpunkt gekommen, in einem anderen Bereich noch einmal etwas zu bewegen, begründete Simonetta Sommaruga ihren Wechsel. Das VBS gehöre nicht einer einzigen Partei, gab Guy Parmelin den Medien bekannt, er sei zudem nicht der erste Bundesrat, der vor Vollendung des vierten Amtsjahres sein Amt wechsle. Über die Verteilung des VBS und des EJPD wurde laut Bundesratssprecher im Gremium abgestimmt, da beide Neo-Bundesrätinnen das Justiz- und Polizeidepartement präferiert hätten.

In den Medien wurde die Rochade als «misslungener Neustart» (NZZ) beurteilt und als «schwarzer Tag für die Mitte». Die SP und die SVP verfügten nun über Schlüsseldepartemente, während FDP und CVP mit dem VBS und dem EJPD Vorlieb nehmen müssten – so etwa das St. Galler Tagblatt. Es sei ein «merkwürdiger Bundesrat» (Aargauer Zeitung) und eine Rochade, die nicht überzeuge (Tages-Anzeiger), da zwar Konkordanz gepredigt werde, aber schon beim ersten wichtigen Entscheid keine konsensuale Lösung gefunden worden sei. Kritisiert wurde insbesondere Guy Parmelin, der «einer der Hauptverursacher der Missstimmung» sei (Blick) und dem «Fahnenflucht» (Tages-Anzeiger) vorgeworfen wurde. Dass ein SVP-Mann mit den Gewerkschaften einen Kompromiss bei den flankierenden Massnahmen suche, werde wohl schwierig – so die Aargauer Zeitung. Auch der Konflikt zwischen Agrar- und Exportwirtschaft, zwischen Protektionismus und Freihandel, der das WBF präge, werde wohl kaum von einem «ehemaligen Weinbauern» (NZZ) gelöst werden können. In der FDP war der Unmut gross, dass man das wichtige Wirtschaftsdepartement an die SVP abgeben musste. Allerdings wurde auch die erste Verteidigungsministerin gefeiert. Es sei eine Chance dafür, dass das VBS nun im 21. Jahrhundert ankomme, gab etwa CVP-Parteipräsident Gerhard Pfister (cvp, ZG) den Medien zu Protokoll. Überdies werde die Departementsverteilung wohl überschätzt: «Wer welches Departement führt, interessiert nebst den Politikern nur die Journalisten».

Bundesratsersatzwahlen 2018 – Nachfolge Johann Schneider-Ammann und Doris Leuthard
Dossier: Bundesratswahlen seit 2008

Anfang Mai 2016 brachten Recherchen der Zeitung „Blick“ den amtsjüngsten Bundesrat, Guy Parmelin, in die Bredouille. Der im Dezember in die Landesregierung gewählte Waadtländer soll sich mittels Mitberichtsverfahren im Rahmen des Bundesgesetzes über die Besteuerung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke für ein Steuerprivileg eingesetzt haben, das vorsieht, dass Landwirte auf den Gewinn von verkauftem Bauland keine Steuern bezahlen müssen. Laut „Blick“ soll Parmelin gefordert haben, dass dieses Privileg auch rückwirkend gelten soll und, dass es in der Botschaft noch prominenter dargestellt werde. Problematisch an dieser Forderung sei – so die Boulevardzeitung –, dass der Bundesrat selber davon profitiere: Bis zu seinem Amtsantritt war Parmelin Miteigentümer eines Grundstückes, das er seinem Bruder überschrieben hatte. Da dieses zwar landwirtschaftlich genutzt werde, sich aber in der Bauzone befinde, könnte es mit hohem Gewinn verkauft werden; „Blick“ schätzte den Wert auf rund CHF 1 Mio. Am Verkaufserlös müsste der SVP-Bundesrat trotz Abtretung an den Bruder noch 25 Jahre beteiligt werden. Dies wäre eigentlich Grund genug, um in den Ausstand zu treten. Dies müssen Regierungsmitglieder gemäss Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz dann tun, wenn sie an einem Geschäft ein unmittelbares persönliches Interesse haben.
Zwar ging Parmelin sofort in die Offensive und betonte an einer Pressekonferenz nur einen Tag nach den Enthüllungen der Boulevardzeitung, dass sein Bruder das Grundstück nicht verkaufen werde. Er habe sich bereits als Nationalrat für das Steuerprivileg eingesetzt, weil der Kanton Waadt stark betroffen sei – ein persönliches Interesse liege aber nicht vor. Die politischen Reaktionen waren gemässigt. Von einem "politischen Fehler" (TG) oder einem "Tritt in den politischen Fettnapf" (AZ) war zwar die Rede, von einem Skandal sprach ausser dem Blick aber kaum jemand.
Für Parmelin selber war die Angelegenheit mit dem Gang vor die Presse allerdings noch nicht abgeschlossen. Er musste vor den GPK der beiden Räte Red und Antwort stehen und gab dort zu Protokoll, dass sein Entscheid, nicht in den Ausstand zu treten, juristisch vertretbar, politisch aber fehlerhaft gewesen sei. Auch Bundespräsident Johann Schneider-Ammann wurde von den GPK eingeladen. Er wolle nicht von einem Vergehen sprechen, versprach aber, dass er die Fragen der Kommissionen zum Umgang des Bundesrats mit den geltenden Ausstandsregeln im Kollegium diskutieren werde.
Schliesslich beliess es die Regierung bei einer Rüge: Parmelin hätte seine Interessenbindungen offenlegen müssen, damit der Bundesrat über einen Ausstand hätte entscheiden können. Man nehme aber zur Kenntnis, dass sich das jüngste Bundesratsmitglied der Offenlegungspflicht nicht bewusst gewesen sei. In seiner Mitteilung machte das Kollegium als Antwort auf die Fragen der GPK auch deutlich, dass eine Ausstandspflicht nur bei unmittelbarem persönlichen Interesse bestehe. Wenn es lediglich einen Anschein einer Befangenheit gebe, könne nicht erwartet werden, dass man bei normalen Bundesratsgeschäften in den Ausstand trete. Dies dürfe auch im Interesse der Funktionsfähigkeit nur in Ausnahmefällen vorkommen. Die GPK gaben sich Tags darauf mit dieser Antwort zufrieden, wiesen aber darauf hin, dass die Regeln kritischer und strikter angewendet werden sollten.
Interessant war die Affäre, weil die Deutschschweizer Medien anders berichteten als die Medien in der Romandie. Letztere beschrieben den Waadtländer Magistraten eher als Opfer einer Deutschschweizer Intrige, während Erstere den politischen Fehler Parmelins mit einigen heiklen Entscheiden in Verbindung brachten, die er in seinen ersten 100 Tagen im VBS geleistet habe.

Parmelin und Ausstandsregelung

Verschiedene Studien zeigten auf, dass das Vertrauen in den Bundesrat 2014/2015 neue Höchstwerte erreichte. Eine Auswertung aller VOX-Analysen, also der Nachbefragungen nach Abstimmungen, zeigte für 2014 den höchsten Wert seit 15 Jahren. Im Schnitt vertrauten laut GfS 61% der Befragten der Landesregierung, was auch auf die ausserordentliche Stabilität und Kollegialität des Gremiums zurückgeführt wurde. So liess sich aus der Auswertung etwa auch lesen, dass zwischen 2003 und 2007 das Vertrauen eher gering war. Verletzungen des Kollegialitätsprinzips und Reibereien im Kollegium zur Zeit von Christoph Blocher im Bundesrat seien mitursächlich dafür gewesen, so der Studienleiter Claude Longchamp. Le Temps schrieb über diese Zeit von einer „Cohésion perdu”.
Auch die jährliche ETH-Befragung zeigte neue Höchstwerte im Vertrauen in die Regierung, was den Blick zur Aussage verleitete, wir hätten die „beste Regierung aller Zeiten”. Dass die Regierung „das Volk spüre” zeige auch der Umstand, dass die meisten Abstimmungen im Sinne der Regierung ausfielen – so die Boulevardzeitung weiter. Kritik erhielt der Bundesrat allerdings von der NZZ: Das geeinte Auftreten vermöge das Fehlen einer strategischen Voraussicht nur bedingt zu kaschieren. Diskutiert wurde, ob die Kollegialität mit der Wahl eines zweiten SVP-Bundesrates, Guy Parmelin Ende 2015, anhalten werde. Während auf der einen Seite eine grössere Anpassung und Druck auf Didier Burkhalter, der jetzt zwischen den Fronten stehe, vermutet wurden, gab Doris Leuthard zu Protokoll, dass es weiterhin sehr kollegial zu und her gehe.

Bundesratskollegium