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Einen neuen Anlauf zur Einführung der Verfassungsgerichtsbarkeit forderten zwei gleichlautende Motionen von Stefan Engler (mitte, GR; Mo. 21.3689) und von Mathias Zopfi (gp, GL; Mo. 21.3690). Seit der letzten diesbezüglichen Diskussion seien mittlerweile zehn Jahre vergangen. In der Zwischenzeit habe es verschiedene Beispiele gegeben, aufgrund derer die Frage nach einer Stärkung des Rechtsstaates durch Einführung einer richterlichen Kontrolle von Bundesgesetzen neu diskutiert werden müsse, so die identische Begründung beider Vorstösse. Zudem würde der Föderalismus gestärkt, wenn auch die Kantone ein Gericht anrufen könnten, das prüfe, ob die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen Bund und Kantonen verfassungskonform sei.
In seinen identischen Stellungnahmen verwies der Bundesrat auf die bisher gescheiterten Versuche, ein Bundesverfassungsgericht einzuführen (Pa.Iv. Müller-Hemmi und Pa.Iv. Studer; Mo. Caroni). Die Bestrebungen seien damals «nicht zuletzt am klaren Widerstand des Ständerats» gescheitert. Der Bundesrat sehe überdies keine Notwendigkeit für neuerliche Diskussionen und beantrage deshalb die Ablehnung beider Motionen. Dies sah die kleine Kammer, die beide Motionen gleichzeitig behandelte, hingegen leicht anders. Sie hiess einen Ordnungsantrag von Hans Stöckli (sp, BE) gut, der die beiden Motionen der SPK-SR zur Vorprüfung zuweisen wollte. Sie solle die Veränderung der Praxis beleuchten und insbesondere auch die Frage einer Verfassungsgerichtsbarkeit bei Notrechtskompetenzen wie im Falle der Covid-19-Pandemie betrachten.

Ein neuer Anlauf zur Einführung der Verfassungsgerichtsbarkeit (Mo. 21.3689 und Mo. 21.3690)
Dossier: Verfassungsgerichtsbarkeit

In der Herbstsession hiessen sowohl der Nationalrat als auch der Ständerat gleichlautende Motionen der RK-SR (Mo. 21.3970) und der RK-NR (Mo. 21.3972) für eine Reform der Bundesanwaltschaft und ihrer Aufsicht gut. Damit soll der Bundesrat, der das Anliegen ebenfalls unterstützte, auf der Basis des Schlussberichts der beiden GPK zum «Aufsichtsverhältnis zwischen der Bundesanwaltschaft und ihrer Aufsichtsbehörde», den Erfahrungen der GK im Rahmen der Vorkommnisse in der Bundesanwaltschaft sowie den bereits getätigten Arbeiten im Rahmen des Postulats von Daniel Jositsch (sp, ZH) neue Rechtsgrundlagen vorlegen.
Im Ständerat legte Andrea Caroni (fdp, AR) für die Kommission dar, dass man hier Handlungsbedarf sehe. Man sei übereingekommen, hier keine parlamentarische Initiative, sondern eine Motion einzureichen, weil «dieses hochkomplexe Thema unsere Kommission beim Gesetzgebungsprozess an die Grenzen bringen würde». Fast einig seien sich die Kommissionsmitglieder zudem gewesen, dass man beim bestehenden System bleiben wolle – die GPK hatte in ihrem Bericht vom «Status Quo plus» geschrieben. Die Bundesanwaltschaft solle also weiterhin vom Parlament und nicht wieder von der Exekutive bestimmt werden. Auch das Bundesstrafgericht als weitere Bundesstrafbehörde solle nicht in die Reform mit einbezogen werden. Eine von Carlo Sommaruga (sp, GE) diesbezüglich angeregte klarere Trennung von Berufungs- und Strafkammer werde deshalb hier nicht weiterverfolgt. Die entsprechende parlamentarische Initiative sei zugunsten der vorliegenden Motion zurückgezogen worden. Hans Stöckli (sp, BE) bekräftigte im Namen der GPK, dass die Stossrichtung der Motion den Überlegungen des GPK-Berichts entspreche. Er sei froh, dass beide Vorstösse in den Kammern behandelt würden, damit man «innerhalb eines überschaubaren Zeitrahmens eine Verbesserung der Situation herbei[...]führen» könne. Ohne Diskussion nahm die kleine Kammer die Motion einstimmig an.

Mehr zu reden gab es einige Tage später im Nationalrat. Dafür sorgte nicht zuletzt eine Kommissionsminderheit aus SVP-Fraktionsangehörigen, die die Motion zur Ablehnung empfahl. Pirmin Schwander (svp, SZ) führte deren Argumente für eine «Status Quo ante»-Lösung aus: Die SVP wolle eine «richtige» Reform und keine «Minireform», welche die Probleme nicht löse, sondern nur vertusche. Der «grösste Justizskandal seit 1848» – Schwander spielte damit auf die Verjährung des Fifa-Falls an und erwähnte im gleichen Atemzug die Absetzung des ausserordentlichen Staatsanwalts Stefan Keller sowie die Vorkommnisse am Bundesstrafgericht – könne mit dem jetzigen System nicht gelöst werden. Die SVP sei aber durchaus auch offen für andere Reformen als die Rückkehr zum alten System – entsprechende Vorschläge hatte die Partei bereits in der abgelehnten parlamentarischen Initiative 19.479 vorgebracht. Sie biete aber nicht Hand für eine «Scheinlösung», so Schwander. Justizministerin Karin Keller-Sutter schloss die Debatte mit dem Hinweis, dass die Kantone signalisiert hätten, dass sie zwar Korrekturbedarf sähen, aber am bestehenden System festhalten wollten. Ausser der geschlossen stimmenden SVP-Fraktion stimmten alle Fraktionen für die Überweisung des Auftrags an den Bundesrat. Durch die Annahme der Motion (mit 128 zu 45 Stimmen) galt auch die konnexe Motion der ständerätlichen Kommission als überwiesen.

Reform der Bundesanwaltschaft und ihrer Aufsicht (Mo. 21.3972 und Mo. 21.3970)
Dossier: Reformen der Bundesanwaltschaft
Dossier: Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA)

Während der Nationalrat seine Motion zur Erhöhung der Gerichtsgebühren (Mo. 17.3353) bereits im März 2019 im Zusammenhang mit der Behandlung der Revision des Bundesgerichtsgesetzes abgeschrieben hatte, stimmte der Ständerat dem bundesrätlichen Antrag auf Abschreibung der gleichlautenden Motion (Mo. 17.3354), die er wie die grosse Kammer Ende 2017 angenommen hatte, in der Sommersession 2021 zu. In der Begründung für die Abschreibung versprach der Bundesrat, die Forderung im Rahmen des Berichtes zum Postulat von Andrea Caroni (fdp, AR; Po. 20.4399) für ein modernes Bundesgerichtsgesetz zu berücksichtigen.

Gerichtsgebühren (Mo. 17.3353 und Mo. 17.3354)
Dossier: Revision des Bundesgerichtsgesetzes

In der Sommersession 2021 schrieb auch der Ständerat die Motion für Dissenting Opinions ab, nachdem der Nationalrat dies bereits in der Frühjahrssession 2019 im Rahmen des Nichteintretens auf die Revision des Bundesgerichtsgesetzes getan hatte. Die Frage, ob Richterinnen und Richter, die mit einem Mehrheitsbeschluss bei einem Gerichtsurteil nicht einverstanden sind, ihre abweichende Meinung schriftlich bekunden dürfen – so die Forderung des abgeschriebenen Vorstosses der RK-NR –, wird aber im Rahmen eines Postulats von Andrea Caroni (fdp, AR), das in einem Bericht Möglichkeiten für eine Modernisierung des Bundesgerichtsgesetzes verlangt, vom Bundesrat wieder aufgegriffen werden.

Dissenting Opinions (Mo. 14.3667)
Dossier: Revision des Bundesgerichtsgesetzes

Weil der Ständerat Mitte Juni 2020 die gleichlautende Motion 19.4391 seiner eigenen RK-SR annahm, galt auch die Motion der RK-NR für die Änderung der Unvereinbarkeitsbestimmungen am Bundesstrafgericht als angenommen. Der Bundesrat wird entsprechend eine Gesetzesrevision vorlegen müssen, mit der geregelt wird, dass für nebenamtliche Richterinnen und Richter lediglich für das Bundesstrafgericht ein Verbot berufsmässiger Vertretung Dritter besteht.

Änderung der Unvereinbarkeitsbestimmungen am Bundesstrafgericht (Mo. 19.4377)

Die beiden Rechtskommissionen (RK-NR und RK-SR) hatten im November 2019 je eine gleichlautende Kommissionsmotion eingereicht, mit der die Unvereinbarkeitsbestimmungen am Bundesstrafgericht neu geregelt werden sollen. Der Nationalrat hatte die Motion seiner Kommission (Mo. 19.4377) bereits in der Wintersession 2019 angenommen, der Ständerat folgte mit der Annahme der Motion der RK-SR im Juni 2020. Kommissionssprecher Beat Rieder (cvp, VS) führte aus, dass die Bestimmungen gelockert werden sollen, um die Suche nach geeigneten nebenamtlichen Richterinnen und Richtern am Bundesstrafgericht zu erleichtern. Für dieses Amt, das ein Arbeitspensum von 10 bis 20 Prozent umfasse, würden sich kaum Kandidierende melden, da die bisherigen Unvereinbarkeitsregelungen das Verbot einer berufsmässigen Vertretung Dritter vor sämtlichen Gerichten vorsehen und somit für viele potentielle Amtsträgerinnen und Amtsträger zu starke berufliche Einschränkungen bedeuteten. Die ursprüngliche Idee war, dass alle Mitglieder des Bundesstrafgerichts vollständig von forensischer Anwaltstätigkeit ausgeschlossen werden, um Risiken von Interessenkonflikten von Beginn weg zu vermeiden. Neu soll ein solches Verbot für nebenamtliche Strafrichterinnen und Strafrichter nur noch vor Bundesgericht gelten. Justizministerin Karin Keller-Sutter warnte zwar, dass es mit der Umsetzung der Motion allenfalls zu Zweifelsfällen bezüglich Ausstandspflicht kommen könne. Da die Änderung aber nur für nebenamtliche Mitglieder des Bundesstrafgerichts gelte, empfehle der Bundesrat die Annahme der Motion trotzdem. Dieser Empfehlung folgte der Ständerat stillschweigend und hiess damit gleichzeitig auch die Kommissionsmotion des Nationalrats gut.

Unvereinbarkeitsbestimmungen am Bundesstrafgericht (Mo. 19.4391)

Im Spätherbst 2019 reichten die RK-NR (Mo. 19.4377) bzw. die RK-SR (Mo. 19.4391) zwei gleichlautende Motionen ein, mit denen eine Änderung der Unvereinbarkeitsbestimmungen am Bundesstrafgericht gefordert wurde. Die bisherige Unvereinbarkeitsregelung sieht vor, dass nebenamtliche Richterinnen und Richter am BStGer Dritte an keinem anderen Gericht vertreten dürfen. Die beiden RK sahen diese Regelung als zu streng an und wollten diese Regel nur noch für das Strafgericht selber anwenden. Damit erhofften sich die beiden Kommissionen auch, dass mehr Bewerbungen von Kandidierenden für nebenamtliche Gerichtsposten eingehen, die mit einer Einschränkung der bestehenden Regeln weiterhin als Anwältinnen oder Anwälte tätig sein könnten.
Der Bundesrat beantragte ohne inhaltliche Stellungnahme die Annahme der Motion und im Nationalrat wurde der Vorstoss denn auch stillschweigend angenommen.

Änderung der Unvereinbarkeitsbestimmungen am Bundesstrafgericht (Mo. 19.4377)

Nur knapp, mit 89 zu 82 Stimmen (4 Enthaltungen), lehnte der Nationalrat die Motion von Lukas Reimann (svp, SG) ab, mit der Interessenbindungen in der Judikative offengelegt werden sollten. Man habe in diesem Rat zwar über Interessenbindungen in der Exekutive diskutiert (Mo. 17.4127; Po. 17.3423) und in der Regel stünden ja die Lobbyingtätigkeiten in der Legislative im Fokus. Wo aber niemand hinschaue, seien die Tätigkeiten der Judikative, führte der Motionär bei der Ratsdebatte in der Sommersession 2019 aus. In Zeiten, in denen das Bundesgericht Volksentscheide für ungültig und Verordnungen für illegal erkläre, müssten auch die Interessenbindungen der Richterinnen und Richter transparent gemacht werden. Er sei selber lange genug in der GK gesessen, um sagen zu können, dass Richterwahlen hochpolitisch seien.
Justizministerin Karin Keller-Sutter gab zu bedenken, dass Richterinnen und Richter per Verfassung zu Unabhängigkeit verpflichtet seien und aussergerichtliche Tätigkeiten, mit welchen diese Unabhängigkeit beeinträchtigt werden könnte, verboten seien. Bei Befangenheit müsse in den Ausstand getreten werden. Diese strengen Regeln würden ein Register mit Interessenbindungen eigentlich obsolet machen, so die Bundesrätin weiter. Freilich gab sie am Ende ihrer Stellungnahme zu bedenken, dass Wertfreiheit wohl nicht möglich sei, dass jeder Mensch in diesem Sinne Interessen vertrete, die auch durch Erziehung, Umwelt oder Erfahrungen entstanden seien.
Geschlossen gegen den Vorstoss stimmten die Fraktionen von SP, GLP, FDP und BDP. Die Ja-Stimmen stammten von Mehrheiten der GP, der SVP und der CVP.

Interessenbindungen in der Judikative
Dossier: Unabhängigkeit der Judikative

Die RK-SR hatte sich einstimmig für die Annahme der Motion ihrer Schwesterkommission (RK-NR) für eine Revision des Bundesgerichtsgesetzes ausgesprochen. Zwar hatte die Kommission zur Kenntnis genommen, dass der Bundesrat bereits daran war, eine entsprechende Vorlage auszuarbeiten. Um die Kommission des Nationalrates aber nicht zu desavouieren und um die Dringlichkeit des Anliegens zu unterstreichen, hatte sie ihrem Rat die Annahme der Vorlage empfohlen. Man habe hier – wie Robert Cramer (gp, GE) erklärte – also eigentlich nichts anderes gemacht, als den Bundesrat zu bitten, dass er das Recht des Parlaments auf Legiferieren berücksichtige, was dieser natürlich auch machen werde. Die Motion wurde vom Ständerat in der Frühjahrssession 2018 entsprechend diskussionslos – auch Bundesrätin Sommaruga verzichtete auf das Wort – angenommen.

Revision des Bundesgerichtsgesetzes (Mo. 17.3357)
Dossier: Revision des Bundesgerichtsgesetzes

Zwei gleichlautende Motionen der jeweiligen GPK von Stände- (Mo. 17.3354) und Nationalrat (Mo. 17.3353) fordern den Bundesrat auf, die Obergrenzen für Gerichtsgebühren für das Bundesgericht (BGer) und das Bundesverwaltungsgericht (BVGer) gesetzlich neu zu regeln. Dabei stand eine Flexibilisierung nach oben oder eine Festlegung von höheren Obergrenzen, insbesondere bei komplexen Verfahren mit hohen Streitwerten, zur Debatte. Die heutigen Obergrenzen von CHF 200'000 beim BGer und von CHF 50'000 beim BVGer würden von den Gerichtsverantwortlichen bei Streitwerten in Milliardenhöhe als zu niedrig erachtet. Die Motionen hielten aber ausdrücklich fest, dass nicht die Gerichtsgebühren generell angehoben werden sollen. Komplexe Verfahren mit hohen Streitwerten seien nach wie vor eher die Ausnahme. Der allgemeine Zugang zu den Gerichten solle nicht erschwert werden. Der Bundesrat beantragte die Annahme der Motionen. Weder im Ständerat noch im Nationalrat bestand Anlass zu Diskussionen und beide Motionen wurden entsprechend stillschweigend überwiesen.

Gerichtsgebühren (Mo. 17.3353 und Mo. 17.3354)
Dossier: Revision des Bundesgerichtsgesetzes

Mit ihrer Motion für eine Revision des Bundesgerichtsgesetzes rannte die RK-NR beim Bundesrat offene Türen ein. Die Motion verlangt vom Bundesrat einen Vorschlag für eine Gesetzesänderung, in der die „Falschbelastung“ des Bundesgerichtes angegangen wird. Mit anderen Worten solle das BGer von unbedeutenden Fällen entlastet werden, in denen kaum zur Verbesserung des Rechtsschutzes beigetragen werde.
Hauptgrund des Bundesrates, die Annahme der Motion zu empfehlen, war der Umstand, dass er bereits an der Umsetzung einer solchen Revision arbeitete. In der Tat war das im Jahr 2007 in Kraft getretene Bundesgerichtsgesetz aufgrund eines Postulats evaluiert worden. Der Evaluationsbericht aus dem Jahre 2013 hatte eine Optimierung des Gesetzes empfohlen, worauf der Bundesrat einen Vorentwurf ausgearbeitet hatte, der zwischen 2015 und 2016 in die Vernehmlassung gegangen war.
In der Ratsdebatte wies Bundesrätin Sommaruga darauf hin, dass die Regierung von den Ergebnissen der Anhörung erst kürzlich Kenntnis genommen und – wie sie das immer tue – nun das zuständige Departement beauftragt habe, eine Botschaft auszuarbeiten. Eine Minderheit der RK-NR hatte sich am Umstand gestossen, dass mit dieser Kommissionsmotion der übliche Weg verlassen werde. Man könne den Bundesrat nicht zwingen, eine Revision anzugehen, ohne dass er vorher die Resultate der Vernehmlassung abwarte. In der Tat war ein Grund für die Einreichung der Motion gewesen, dass das Verfahren zu lange dauere und man das Bundesgericht rascher entlasten wolle. Da jedoch in der Zwischenzeit die Ergebnisse der Vernehmlassung vorlagen, zog die Minderheit ihren Antrag zur Ablehnung der Motion zurück und der Vorstoss wurde stillschweigend an die kleine Kammer weitergeleitet.

Revision des Bundesgerichtsgesetzes (Mo. 17.3357)
Dossier: Revision des Bundesgerichtsgesetzes

Die 2013 von beiden Räten angenommene Motion Ribaux (fdp, NE), die verlangt, dass die Ahndung der Fälschung von Autobahnvignetten vom Bundesgericht auf die kantonalen Gerichte übertragen wird, wurde aufgrund der Behandlung des neuen Ordnungsbussengesetzes (OBG) abgeschrieben.

Fälschung von Autobahnvignetten (Mo. 13.3063)

Unter Dissenting Opinions werden in der Rechtslehre von der Mehrheit abweichende Meinungen eines oder mehrerer Richter bei einer Mehrheitsentscheidung verstanden. Es ist durchaus umstritten, ob ein Gerichtsmitglied bekannt geben darf, dass es nicht die gleiche Meinung wie seine Kolleginnen und Kollegen vertritt. Als Vorteil einer solchen Bekanntgabe wird die höhere Transparenz eines Urteils betrachtet. Zudem können Rechtsuchende anhand von Dissenting Opinions abschätzen, ob sich vielleicht in Bälde eine Praxisänderung abzeichnet. Schliesslich kann die Qualität der Rechtsprechung gesteigert werden, wenn auch abweichende Meinungen erläutert werden dürfen. Freilich werden auch Nachteile mit Dissenting Opinions verknüpft: eine mögliche Unterwanderung der Autorität der Justiz, die Gefährdung der Unabhängigkeit einzelner Richterinnen und Richter, weil aufgrund von abweichenden Meinungen ein Profil erstellt werden kann, oder auch der höhere administrative Aufwand, da Dissenting Opinions schriftlich begründet werden müssten.
In den Augen einer Mehrheit der RK-NR würden die Vorteile überwiegen, was sie dazu veranlasste, eine Motion einzureichen, mit der das Bundesgerichtsgesetz neu auch abweichende Meinungen zulassen soll. Bisher ist dies lediglich bei öffentlichen Urteilsberatungen und mündlich möglich, die freilich lediglich rund 1% aller gerichtlichen Beratungen ausmachen. Mit der Motion soll es Richterinnen und Richtern, die bei einem öffentlichen Urteil der Minderheit angehören, ermöglicht werden, dem schriftlichen Urteil eine schriftliche Dissenting Opinion beizufügen. Damit beschränkt sich die Motion also auf sehr wenige Fälle. Die Idee für die Motion war im Rahmen der Diskussion um eine mögliche Live-Übertragung von öffentlichen Urteilsberatungen des Bundesgerichtes aufgekommen. In beiden Kammern wurden die Vorteile höher gewichtet als die Nachteile. Während im Nationalrat vor allem die SVP und die BDP erfolglos opponierten, gab es auch im Ständerat einige Dissenting Opinions, die Motion passierte aber auch die kleine Kammer mit 26 zu 12 Stimmen deutlich.

Dissenting Opinions (Mo. 14.3667)
Dossier: Revision des Bundesgerichtsgesetzes

War 2014 ein Vorstoss für mehr Transparenz von Gerichtsverfahren im Nationalrat noch abgelehnt worden, verwahrte sich die grosse Kammer in der Sondersession im Mai auch gegen ein Verbot für die Benutzung von Kommunikationsmitteln während Gerichtsverhandlungen. Die Motion Ribaux (fdp, NE), aufgrund dessen Wahl in den Neuenburger Staatsrat in der Zwischenzeit übernommen von Olivier Feller (fdp, VD), wollte verhindern, dass mittels SMS oder Twitter in Echtzeit Informationen aus dem Gerichtssaal verbreitet werden, womit die Wahrheitsfindung beeinträchtigt würde, weil noch anzuhörende Zeugen durch solche Informationen allenfalls beeinflusst werden könnten. Die grosse Kammer folgte den Erwägungen des Bundesrates, der eine solche Massnahme als nicht angezeigt beurteilte, weil die meisten Beweise bereits im Vorverfahren erhoben würden und die Information auch ohne Kommunikationsmittel beispielsweise in Verhandlungspausen geschehen könnte: Mit 131 zu 50 Stimmen bei 5 Enthaltungen wurde die Motion abgelehnt.

Transparenz von Gerichtsverfahren
Dossier: Revision der Strafprozessordnung (Umsetzung der Mo. 14.3383)
Dossier: Revision der Zivilprozessordnung (2018–)

Eine von Andrea Caroni (fdp, AR) eingereichte Motion mit dem Ziel, die Bundesanwaltschaft zu entlasten, fand im Nationalrat keine Gnade. Caroni monierte, dass die Bundesanwaltschaft bei der ihr von Rechts wegen zustehenden Verfolgung von Sprengstoffdelikten mit zu vielen Bagatellfällen beschäftigt sei. So müssten nicht nur schwere Anschläge verfolgt werden, sondern auch die Zerstörung von Robidog-Behältern oder ähnlichen mit pyrotechnischen Materialien beschädigten Einrichtungen. Die grosse Kammer folgte der Argumentation des Bundesrates, der geltend machte, dass die Bundesanwaltschaft Bagatellfälle bereits an die Kantone delegieren könne und die Praxistauglichkeit der Strafprozessordnung schon anderweitig überprüft werde. Die Motion wurde ohne Diskussion abgelehnt.

Bagatellfällen

Die 2013 vom Ständerat überwiesene Motion Martin Schmid (fdp, GR), die eine Live-Stream-Übertragung öffentlicher Urteilsberatungen des Bundesgerichtes verlangt hätte, wurde in der Frühlingssession von der grossen Kammer abgelehnt. Die Kommission für Rechtsfragen, deren Mehrheit die Motion auch entsprechend der Empfehlung des Bundesrates ablehnte, machte geltend, dass die Transparenz, die mit dem Vorstoss gefordert werde, bereits ausreichend vorhanden sei. Grundsatzentscheide würden digital veröffentlicht und alle Urteile könnten im Internet abgerufen werden. Eine systematische Internetübertragung von sehr komplexen Sachverhalten würde eher zu Problemen führen. Der Mediatisierungsdruck könnte etwa auch die Unabhängigkeit des Gerichtes gefährden. Zudem würden lediglich ein Prozent aller Urteile überhaupt öffentlich diskutiert. Die Minderheit, angeführt von Daniel Jositsch (sp, ZH) versuchte vergeblich geltend zu machen, dass das Interesse und das Vertrauen in die Justiz durch die wenigen Live-Auftritte der Bundesrichter erhöht werden könnte. Der Nationalrat versenkte die Motion mit 130 zu 38 Stimmen bei 6 Enthaltungen.

Transparenz von Gerichtsverfahren
Dossier: Revision der Strafprozessordnung (Umsetzung der Mo. 14.3383)
Dossier: Revision der Zivilprozessordnung (2018–)

Beide Räte überwiesen diskussionslos eine auch vom Bundesrat unterstützte Motion Ribaux (fdp, NE), die eine Revision des Artikels 23 der Schweizerischen Strafprozessordnung (StPo) verlangt, damit die Fälschung von Autobahnvignetten nicht mehr von der Bundesanwaltschaft, sondern von den kantonalen Gerichten geahndet werden muss. Tatsächlich sieht Art. 23 StPo vor, dass die Fälschung von Urkunden des Bundes der Bundesgerichtsbarkeit unterstehe. Darunter fällt auch die Autobahnvignette, was allerdings bei etwa 900 Fälschungsfällen pro Jahr mit einer sehr starken Belastung der Bundesanwaltschaft einhergeht.

Fälschung von Autobahnvignetten (Mo. 13.3063)

Die Transparenz von Gerichtsverfahren war im Berichtjahr Gegenstand von Diskussionen. Im Ständerat löste eine Motion Martin Schmid (fdp, GR) eine Debatte aus. Der Vorstoss fordert eine Live-Stream-Direktübertragung von öffentlichen Urteilsberatungen des Bundesgerichtes analog zu den Parlamentsdebatten. Der Motionär machte geltend, dass die bundesgerichtliche Entscheidfindung nur einem kleinen Kreis Interessierter vor Ort zugänglich sei. Dies sei unbefriedigend, da eine vollständige Nachvollziehbarkeit der Urteile mit Hilfe einer nachträglichen Konsultation der kürzeren schriftlichen Veröffentlichung, die zudem Minderheitsmeinungen in der Regel nicht beinhalte, nicht möglich sei. Dies führe zu Kritik und schliesslich zu Misstrauen in die Gerichte. In seiner Stellungnahme amtierte der Bundesrat als Sprachrohr der Bundesrichter, die einer Übertragung von öffentlichen Beratungen überaus skeptisch gegenüberstanden. Das geltende Prozessrecht garantiere bereits Öffentlichkeit und eine Direktübertragung könne die Transparenz kaum steigern. Die kleine Kammer schenkte diesen Bedenken allerdings kein Gehör und überwies die Motion mit 34 zu 6 Stimmen an den Nationalrat, der sie im Berichtjahr noch nicht behandelte. Auch eine Motion Ribaux (fdp, NE), die das Verbot von SMS und Tweets aus Gerichtssälen vorsieht, stand zur Behandlung im Plenum noch an.

Transparenz von Gerichtsverfahren
Dossier: Revision der Strafprozessordnung (Umsetzung der Mo. 14.3383)
Dossier: Revision der Zivilprozessordnung (2018–)

In der Frühjahrssession nahm auch der Ständerat die Motion Vogler (csp, OW) an. Da die grosse Kammer den Vorstoss für ein Anwaltsgesetz bereits im Vorjahr gutgeheissen hatte, wurde der Bundesrat mit Beschluss der kleinen Kammer aufgefordert, das Bundesgesetz über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte (BGFA) so zu revidieren, dass es alle, insbesondere auch die beratend tätigen Anwältinnen und Anwälte erfasst und die Zulassung zum Anwaltsberuf sowie die Organisationsmöglichkeiten von Anwaltskanzleien kantonal einheitlich regelt.

Motion für ein Anwaltsgesetz (12.3372)
Dossier: Umfassendes Anwaltsgesetz

Ein eigentliches Anwaltsgesetz forderte eine Motion Vogler (csp, OW). Das bestehende Bundesgesetz über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte (BGFA) erfasse den Anwaltsberuf nicht in seiner Gesamtheit und decke die Lücken nicht, die aufgrund zunehmender Mobilität der Anwaltschaft und der Revision der Zivil- und Strafprozessordnung entstehen. Vor allem beratend tätige Anwältinnen und Anwälte unterstünden dem BGFA nicht. Auch die Zulassung zum Anwaltsberuf sowie die Organisationsmöglichkeiten von Anwaltskanzleien müssten kantonal einheitlich geregelt werden. In der Herbstsession sagte der Nationalrat ja zu diesem Vorstoss. Das auch vom Bundesrat empfohlene Anliegen wurde im Berichtsjahr in der kleinen Kammer allerdings noch nicht behandelt.

Motion für ein Anwaltsgesetz (12.3372)
Dossier: Umfassendes Anwaltsgesetz

Den 2010 aufgrund des Unmutes über die vorgeschlagene Einstellung von drei Ausländern als Staatsanwälte eingereichten Vorstössen zur Einführung der Bedingung der Schweizer Staatsbürgerschaft für die Besetzung von Kaderstellen in der Bundesanwaltschaft wurden unterschiedliche Schicksale zuteil. Die Diskussion zur Motion Fiala (fdp, ZH) (10.3966) wurde verschoben und die Motion Baumann (svp, TG) wurde diskussionslos abgelehnt.

Bedingung der Schweizer Staatsbürgerschaft für die Besetzung von Kaderstellen in der Bundesanwaltschaft

Der Nachfolger von Bundesanwalt Roschacher, Erwin Beyeler geriet mit dem Fall Holenweger in die Kritik. Darüber hinaus sorgte auch sein Vorschlag, drei Ausländer zu Staatsanwälten zu befördern, für Unmut. Doris Fiala (fdp, ZH) reichte in der Folge eine in den bürgerlichen Parteien breit abgestützte Motion ein, die verlangt, dass Kaderstellen in der Bundesanwaltschaft nur von Personen mit Schweizer Bürgerrecht besetzt werden (10.3966). Noch weiter geht eine Motion Baumann (svp, TG), die verlangt, dass sämtliche Träger hoheitlicher Gewalt Schweizer sein müssen. Beide Vorstösse wurden im Berichtsjahr noch nicht behandelt. Noch im Sommer hatte das Parlament mit dem Strafbehördenorganisationsgesetz bestimmt, dass der Schweizer Pass lediglich für den Bundesanwalt und seine Stellvertreter Bedingung ist. Das neue Bundesgesetz über die Organisation der Strafbehörden sieht zudem vor, dass nicht mehr der Bundesrat, sondern der Bundesanwalt selber für Beförderungen und Einstellungen zuständig ist.

Die Kritik am Bundesanwalt ist auch deshalb brisant, weil befürchtet wird, dass die neu verfügte Wahl des Bundesanwalts durch das Parlament stark politisch werde. Darüber hinaus hat die Wahl auf die neue Legislatur hin zu erfolgen, also voraussichtlich in den der Wahl von National- und Ständerat vorausgehenden Wochen.

Bedingung der Schweizer Staatsbürgerschaft für die Besetzung von Kaderstellen in der Bundesanwaltschaft

Der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts, die Herausgabe der Kundendossiers an die USA im Fall UBS sei rechtswidrig gewesen, warf noch einmal hohe Wellen. Als stossend wurde empfunden, dass das Bundesverwaltungsgericht als erstes mit dem Fall befasstes Gremium im Amtshilfeentscheid im Fall UBS Letztentscheidungsbefugnis und das Parlament so zu Gesetzesanpassungen gezwungen hatte. Eine Motion Janiak (sp, BL) wollte sich diesem Problem annehmen. Der Vorstoss sah vor, dass in wichtigen Fällen das Bundesgericht auch im Bereich des öffentlichen Rechts als Zweitinstanz anrufbar sein solle. Unterstützt vom Bundesrat, nahm der Ständerat die Motion an. Auf Antrag seiner Rechtskommission lehnte der Nationalrat den Vorstoss jedoch ab und zwar mit der Begründung, dass zuerst die Evaluation des Bundesgerichtsgesetzes abgewartet werden soll. Zudem wurde befürchtet, dass das bereits stark überlastete Bundesgericht durch weitergezogene öffentlich-rechtliche Fälle noch stärker in Beschlag genommen würde.

Bundesgericht als Zweitinstanz im Bereich des öffentlichen Rechts (10.3054)

Nach siebenjähriger Untersuchung schloss die Bundesanwaltschaft die Ermittlungsakte gegen den Bankier Oskar Holenweger und klagte ihn wegen Geldwäscherei an. Der Fall hatte sich zu einem eigentlichen „Politkrimi“ entwickelt, in dem der Rücktritt von Valentin Roschacher und die mutmasslich damit verbundene Abwahl von Bundesrat Blocher die Höhepunkte darstellten. Der mit diesem Fall beklagte Vertrauens- und Glaubwürdigkeitsverlust löste im Parlament Vorstösse und Interpellationen vor allem seitens der SVP aus, die sich nach dem Fall Roschacher eingehend mit der Institution Bundesanwaltschaft auseinandergesetzt hatte (z.B. die Frage Schlüer (svp, ZH) (10.5200). Allerdings scheiterte die Motion der SVP-Fraktion, die ein Verfahren wegen Amtsgeheimnisverletzung einleiten wollte, im Nationalrat relativ deutlich.

Justizaffäre Holenweger

Der Ständerat nahm in der Sommersession des Berichtsjahrs die 2009 vom Nationalrat überwiesene Motion seiner Rechtskommission für die Regelung des anwaltlichen Berufsgeheimnisses an. Ziel ist die gleiche Reglementierung des Schutzes anwaltlicher Dokumente in allen Verfahrensgesetzen wie in der Zivil- und Strafprozessordnung.

Bundesgesetz über die Anpassung von verfahrensrechtlichen Bestimmungen zum anwaltlichen Berufsgeheimnis