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Mitte März 2023 legte der Bundesrat den Bericht zum Postulat von Andri Silberschmidt (fdp, ZH) vor, in dem die Ausübung des Stimmrechts aus dem Ausland untersucht wurde. Gemäss Postulat war zu prüfen, wie der Versand des Stimmmaterials an Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer funktioniert und ob die Stimmabgabe vereinfacht werden könnte. Rund 214'000 Schweizerinnen und Schweizer, die im Ausland ihren Wohnsitz haben, waren 2022 in einem Stimmregister eingetragen und entsprechend stimmberechtigt. Der postalische Weg der Stimmabgabe verhindert – abhängig etwa von der Leistung der Postsysteme im Ausland – ab und zu die rechtzeitige Abgabe der Stimme, was laut Bericht immer wieder vor allem zu Interpellationen führe.
Die Resultate des Berichts basierten unter anderem auf einer Befragung der im Ausland wohnhaften Stimmberechtigten aus fünf Kantonen (AG, FR, GE, LU, TI). Diese habe gezeigt, dass «die Stimmunterlagen bei einer überwiegenden Mehrheit» der Befragten rechtzeitig einträfen. In Europa wohnhafte Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer erhielten das Stimmmaterial häufig gar noch vor den in der Schweiz wohnhaften Stimmberechtigten. Einzig in weiter entfernten Ländern (Australien, Neuseeland, Philippinen, Südafrika und Uruguay) komme es zu «Unzulänglichkeiten bei der Zustellung der Unterlagen». Die getesteten Optionen für eine Beschleunigung des Versands (z.B. Vorverlegung des Versands, Kurierdienste, Versand an Adresse in der Schweiz, Stimmabgabe durch Stellvertretung, E-Versand) seien weniger vielversprechend als E-Voting, das auch deshalb weiterverfolgt werden solle, so der Bericht.

Stärkung der Partizipation von Auslandschweizern und Auslandschweizerinnen (Po. 20.4348)

Jahresrückblick 2022: Institutionen und Volksrechte

Spätestens seit dem Rücktritt von Ueli Maurer als Bundesrat Ende September dominierte die Suche nach seiner Nachfolgerin oder seinem Nachfolger den Themenbereich «Institutionen und Volksrechte» (vgl. Abbildung 1 der APS-Zeitungsanalyse). Mit dem Rücktritt von Simonetta Sommaruga Ende November standen im Dezember 2022 gleich zwei Bundesratsersatzwahlen an. Maurer hatte seinen Rücktritt mit dem Wunsch begründet, noch einmal etwas Neues machen zu wollen, und Simonetta Sommaruga hatte sich entschieden, in Folge eines Schlaganfalles ihres Mannes ihr Leben neu auszurichten. Wie bei Bundesratsersatzwahlen üblich, überboten sich die Medien mit Spekulationen, Expertisen, Interpretationen und Prognosen. Bei der SVP galt die Kandidatur von Hans-Ueli Vogt (svp, ZH), der sich 2021 aus der Politik zurückgezogen hatte, als Überraschung. Dennoch zog ihn die SVP-Fraktion anderen Kandidatinnen und Kandidaten vor und nominierte ihn neben dem Favoriten Albert Rösti (svp, BE) als offiziellen Kandidaten. Bei der SP sorgte der sehr rasch nach der Rücktrittsrede von Simonetta Sommaruga verkündete Entscheid der Parteileitung, mit einem reinen Frauenticket antreten zu wollen, für Diskussionen. Die medialen Wogen gingen hoch, als Daniel Jositsch (ZH) dies als «Diskriminierung» bezeichnete und seine eigene Bundesratskandidatur verkündete. Die SP-Fraktion entschied sich in der Folge mit Elisabeth Baume-Schneider (sp, JU) und Eva Herzog (sp, BS) für zwei Kandidatinnen. Zum Nachfolger von Ueli Maurer wurde bereits im 1. Wahlgang Albert Rösti mit 131 von 243 gültigen Stimmen gewählt. Hans-Ueli Vogt hatte 98 Stimmen erhalten (Diverse: 14). Für die SP zog Elisabeth Baume-Schneider neu in die Regierung ein. Sie setzte sich im dritten Wahlgang mit 123 von 245 gültigen Stimmen gegen Eva Herzog mit 116 Stimmen durch. Daniel Jositsch hatte in allen drei Wahlgängen jeweils Stimmen erhalten – deren 6 noch im letzten Umgang. Die Wahl der ersten Bundesrätin aus dem Kanton Jura wurde von zahlreichen Beobachterinnen und Beobachtern nicht nur als Überraschung gewertet, sondern gar als Gefahr für das «Gleichgewicht» der Landesregierung kommentiert (Tages-Anzeiger). Die rurale Schweiz sei nun in der Exekutive übervertreten, wurde in zahlreichen Medien kritisiert.

Der Bundesrat stand aber nicht nur bei den Wahlen im Zentrum des Interesses. Diskutiert wurde auch über Vor- und Nachteile einer Erhöhung der Zahl der Regierungsmitglieder, wie sie eine parlamentarische Initiative Pa.Iv. 19.503 forderte – es war bereits der sechste entsprechende Vorstoss in den letzten 30 Jahren. Die Begründungen hinter den jeweiligen Anläufen variieren zwar über die Zeit – der neueste Vorstoss wollte «die Konkordanz stärken», also mehr Spielraum für parteipolitische aber auch für gendergerechte Vertretung schaffen – die Projekte nahmen bisher aber stets denselben Verlauf: Auch in diesem Jahr bevorzugte das Parlament den Status quo.
Verbessert werden sollte hingegen die Krisenorganisation des Bundesrates. Dazu überwiesen beide Kammern gleichlautende Motionen und Postulate der GPK beider Räte, die Rechtsgrundlagen für einen Fach-Krisenstab sowie eine Gesamtbilanz der Krisenorganisation des Bundes anhand der Lehren aus der Corona-Pandemie verlangten.

Auch das Parlament sollte als Lehre aus der Pandemie krisenresistenter gemacht werden. Aus verschiedenen, von Parlamentsmitgliedern eingereichten Ideen hatte die SPK-NR eine einzige Vorlage geschnürt, die 2022 von den Räten behandelt wurde. Dabei sollten aber weder der Bundesrat in seiner Macht beschränkt, noch neue Instrumente für das Parlament geschaffen werden – wie ursprünglich gefordert worden war. Vielmehr sah der Entwurf Möglichkeiten für virtuelle Sitzungsteilnahme im Falle physischer Verhinderung aufgrund höherer Gewalt und die Verpflichtung des Bundesrates zu schnelleren Stellungnahmen bei gleichlautenden dringlichen Kommissionsmotionen vor. Umstritten blieb die Frage, ob es statt der heutigen Verwaltungsdelegation neu eine ständige Verwaltungskommission braucht. Der Nationalrat setzte sich für eine solche ein, der Ständerat lehnte sie ab – eine Differenz, die ins Jahr 2023 mitgenommen wird.
Nicht nur die Verwaltungskommission, auch die Schaffung einer ausserordentlichen Aufsichtsdelegation war umstritten. Die vom Nationalrat jeweils mit grosser Mehrheit unterstützte Idee, dass es neben der PUK und den Aufsichtskommissionen ein mit starken Informationsrechten ausgerüstetes Gremium geben soll, das als problematisch beurteilte Vorkommnisse in der Verwaltung rasch untersuchen könnte, war beim Ständerat stets auf Unwille gestossen. Auch nach einer Einigungskonferenz konnten sich die Räte nicht auf eine Lösung verständigen, woraufhin der Ständerat das Anliegen versenkte, zumal er die bestehenden Instrumente und Akteure als genügend stark erachtete.

Seit vielen Jahren Zankapfel zwischen den Räten ist die Frage nach der Höhe der Löhne in der Bundesverwaltung. In diesem Jahr beendete der Ständerat eine beinahe sechsjährige Diskussion dazu, indem er auf eine entsprechende Vorlage der SPK-SR auch in der zweiten Runde nicht eintrat, obwohl der Nationalrat deutlich für eine Obergrenze von CHF 1 Mio. votiert hatte. Die SPK-NR sorgte in der Folge mit einer neuerlichen parlamentarischen Initiative für ein Verbot von «goldenen Fallschirmen» für Bundeskader dafür, dass diese Auseinandersetzung weitergehen wird.

In schöner Regelmässigkeit wird im Parlament auch die Einführung einer Verfassungsgerichtsbarkeit diskutiert. Zwei entsprechende Motionen wurden in diesem Jahr von der Mehrheit des Ständerats abgelehnt, da das aktuelle System, in welchem die Letztentscheidung dem direktdemokratischen Element und nicht der Judikative überlassen wird, so gut austariert sei, dass ein Verfassungsgericht nicht nötig sei. Freilich ist sich das Parlament der Bedeutung der obersten Bundesgerichte durchaus bewusst. Ein Problem stellt dort seit einiger Zeit vor allem die chronische Überlastung aufgrund der hohen Fallzahlen dar. Daher werde gemäss Justizministerin Karin Keller-Sutter mittelfristig eine Modernisierung des Bundesgerichtsgesetzes geprüft, kurzfristig sei eine Entlastung aber nur durch eine Erhöhung der Zahl der ordentlichen Richterinnen und Richter zu erreichen. Eine entsprechende parlamentarische Initiative der RK-NR hiessen beide Kammern gut, allerdings jeweils gegen die geschlossen stimmende SVP-Fraktion, die in der Erhöhung lediglich «Flickwerk» sah.

Die mittels direktdemokratischer Abstimmungen verhandelte Schweizer Politik zeigte sich 2022 einigermassen reformresistent. Nachdem im Februar gleich beide zur Abstimmung stehenden fakultativen Referenden (Gesetz über die Stempelabgaben und Medienpaket) erfolgreich waren, wurde in den Medien gar spekuliert, ob die Bundespolitik sich nun vermehrt auf Blockaden einstellen müsse. Allerdings passierten dann im Mai und im September 4 von 5 mittels Referenden angegriffenen Bundesbeschlüsse die Hürde der Volksabstimmung (Filmgesetz, Organspende, Frontex, AHV21). Einzig die Revision des Verrechnungssteuergesetzes wurde im September an der Urne ausgebremst. 2022 war zudem die insgesamt 25. Volksinitiative erfolgreich: Volk und Stände hiessen die Initiative «Kinder und Jugendliche ohne Tabakwerbung» gut. Die beiden anderen Volksbegehren (Massentierhaltungsinitiative, Initiative für ein Verbot von Tier- und Menschenversuchen) wurden hingegen abgelehnt.

Dass in der Schweizer Politik manchmal nur ganz kleine Schritte möglich sind, zeigen die erfolglosen Bemühungen, den Umfang an Stimm- und Wahlberechtigten zu erhöhen. Der Nationalrat lehnte zwei Vorstösse ab, mit denen das Stimmrecht auf Personen ohne Schweizer Pass hätte ausgeweitet werden sollen. Auch die Wahrscheinlichkeit, dass das Stimmrechtsalter in naher Zukunft auf 16 gesenkt werden wird, hat sich im Jahr 2022 eher verringert: Zwar wies eine knappe Mehrheit des Nationalrats den Abschreibungsantrag für eine parlamentarische Initiative, welche eine Senkung des Alters für das aktive Stimmrecht verlangt und welcher 2021 beide Kammern Folge gegeben hatten, ab und wies sie an die SPK-NR zurück, damit diese eine Vorlage ausarbeitet. In zwei Kantonen wurde die Senkung des Stimmrechtsalters im Jahr 2022 an der Urne aber deutlich verworfen: in Zürich im Mai mit 64.8 Prozent Nein-Stimmenanteil, in Bern im September mit 67.2 Prozent Nein-Stimmenanteil.

Allerdings fielen 2022 auch Entscheide, aufgrund derer sich das halbdirektdemokratische System der Schweiz weiterentwickeln wird. Zu denken ist dabei einerseits an Vorstösse, mit denen Menschen mit Behinderungen stärker in den politischen Prozess eingebunden werden sollen – 2022 nahmen etwa beide Kammern eine Motion an, mit der Einrichtungen geschaffen werden, die helfen, das Stimmgeheimnis für Menschen mit Sehbehinderung zu gewährleisten. Zudem gaben National- und Ständerat einer parlamentarischen Initiative für die Barrierefreiheit des Live-Streams der Parlamentsdebatten Folge, damit auch hörgeschädigte Menschen diesen folgen können. Andererseits verabschiedete der Bundesrat die Verordnung zu den künftigen Transparenzbestimmungen bei Wahlen und Abstimmungen. Ob und wie die erstmals für die eidgenössischen Wahlen 2023 bzw. für das Finanzjahr 2023 vorzulegenden Kampagnen- und Parteibudgets die politischen Debatten beeinflussen werden, wird sich weisen.

Jahresrückblick 2021: Institutionen und Volksrechte
Dossier: Jahresrückblick 2022

Der Bundesrat hatte Ende Juni 2019 beschlossen, auf die geplante Teilrevision des Bundesgesetzes über die politischen Rechte, mit der E-Voting als regulärer dritter Kanal für die Stimmabgabe (neben Urnengang und brieflicher Stimmabgabe) hätte eingeführt werden sollen, zu verzichten. Grund dafür waren neben den sehr dispersen Antworten in der Vernehmlassung auch die im gleichen Jahr entdeckten gravierenden Sicherheitsmängel im einzigen verbliebenen E-Voting-System der Post gewesen. Der damalige Marschhalt wurde vom Bundesrat als Chance für eine Neuausrichtung des Versuchsbetriebs von E-Voting wahrgenommen, die von der Bundeskanzlei gemeinsam mit den Kantonen konzipiert werden sollte. Dieser Prozess sollte sich an vier Zielen orientieren: an der Weiterentwicklung der Systeme, an der Garantie einer wirksameren Aufsicht, an der Stärkung von Transparenz und Vertrauen sowie an einer stärkeren Zusammenarbeit mit der Wissenschaft.
Ende November 2020 lag der Schlussbericht dieses Neuausrichtungsprozesses vor. Die darin erarbeiteten Grundlagen für die Neuausrichtung waren mittels Dialogen mit Wissenschafterinnen und Wissenschaftern geschaffen worden. Dabei erwiesen sich die Sicherheit eines Systems sowie eine mandatierte und öffentliche Prüfung dieser Systeme auf der Basis transparenter und offengelegter Quellcodes als zentrale Forderungen, aus denen im Bericht in der Folge ein Katalog mit 27 kurz-, mittel- und langfristigen Massnahmen hergeleitet wurde. Insbesondere sollen die neu entstehenden E-Voting-Systeme laufend verbessert und ihre Sicherheit und Akzeptanz auch mittels eines Einbezugs wissenschaftlicher Expertise sowie der Öffentlichkeit – etwa in Form eines «Bug-Bounty-Programms», mit dem Hackerinnen und Hackern eine Belohnung versprochen wird, wenn sie Systemmängel entdecken und melden – kontinuierlich verstärkt werden. Die verschiedenen Massnahmen sollen von Bund und Kantonen laufend überprüft und angepasst werden. In einem ersten Schritt sollen Rechtsgrundlagen geschaffen werden, damit die neuerlichen Versuche mit E-Voting in den dafür bereiten Kantonen möglichst bald wieder aufgenommen werden können.
Am 18. Dezember 2020 nahm der Bundesrat vom Bericht Kenntnis und beauftragte die Bundeskanzlei, die für die Umsetzung der vorgeschlagenen Massnahmen nötigen Anpassungen der Rechtsgrundlagen (Verordnung über die politischen Rechte (VPR) sowie Verordnung der Bundeskanzlei über die elektronische Stimmabgabe (VEleS)) in eine Vernehmlassungsvorlage zu giessen.

Neuausrichtung des Versuchsbetriebs von E-Voting
Dossier: Vote électronique

Damit die Absicht des Bundesrats, E-Voting in den ordentlichen Betrieb zu überführen, umgesetzt werden konnte, musste das Bundesgesetz über die politischen Rechte angepasst werden. Die Teilrevision wurde Ende 2018 in die Vernehmlassung gegeben und soll auch «Gelegenheit für eine politische Debatte auf eidgenössischer Ebene zum Thema E-Voting» bieten, so der Bericht weiter.
Eine Gruppe aus wissenschaftlichen Expertinnen und Experten sei zum Schluss gelangt, dass der elektronische Kanal sicher und vertrauenswürdig angeboten werden könne, so die Einleitung des erläuternden Berichts dazu. Die Revision sah vor, dass die individuelle digitale Stimmabgabe neu mittels eines durch den Bund zertifizierten elektronischen Systems erfolgen können solle. Angestrebt wird dabei eine barrierefreie Stimmabgabe. Geregelt werden in dem Gesetz auch die Anforderungen an dieses System selber: Dessen Quellcode muss offengelegt werden und transparent sein, damit er verifizierbar ist, aber trotzdem das Stimmgeheimnis gewahrt bleibt; der Bund zertifiziert das System und die Kantone müssen laufend Risikoeinschätzungen durchführen. In einem im Vergleich zum aktuellen Versuchsbetrieb einfacheren Verfahren soll der Bund die Bewilligung erteilen, wenn ein Kanton E-Voting einführen will – die Kantone blieben jedoch frei, E-Voting einzuführen oder nicht. Jene Kantone, die E-Voting als ordentlichen Stimmkanal einführten, könnten Anmeldungen von Stimmbürgerinnen und Stimmbürger vorsehen, die an einer digitalen Stimmabgabe interessiert sind, und diesen dann die notwendigen Unterlagen zustellen – idealerweise ebenfalls elektronisch.

Mitte Juni 2019 lagen die Antworten der Vernehmlassung vor – in der Tat war die Vorlage zuvor ziemlich heftig debattiert worden. In den Medien war bereits Anfang Mai berichtet worden, dass die Vorlage auf breite Kritik gestossen und insbesondere die Sicherheit als noch ungenügend beurteilt worden sei. Der Ergebnisbericht der Bundeskanzlei ging neben den Antworten auch auf die «Ereignisse während des Vernehmlassungsverfahrens» ein, welche die Antworten wohl mitentscheidend beeinflusst hatten: In einem Intrusionstest war gezeigt worden, dass das E-Voting-System der Post, das neben dem System des Kantons Genf angewendet wurde, gravierende Sicherheitsmängel aufwies.
Zwar sprach sich eine grosse Mehrheit der 52 von insgesamt 64 Stellungnehmenden ganz grundsätzlich für digitales Abstimmen und Wählen aus, weil E-Voting insbesondere auch Auslandschweizerinnen und Auslandschweizern sowie Menschen mit Behinderungen zugute kommen kann. Die Vorlage selber fand aber nur eine knappe Unterstützung bei 37 Antwortenden. Darunter fanden sich 19 Kantone, die KdK, der Städteverband, der Gemeindeverband, Behindertenverbände, die Auslandschweizerorganisation und die Post, aber keine der 10 antwortenden Parteien. Immerhin E-Voting-freundlich zeigten sich unter diesen die BDP, die CVP, die EVP, die FDP, die GLP, die GP und die SP. Sie bemängelten aber, wie auch die Kantone Genf, St. Gallen, Solothurn und Wallis und etwa Economiesuisse unter den Organisationen, dass der Zeitpunkt einer Umsetzung in Anbetracht der aktuellen Entwicklungen sehr schlecht gewählt sei. Es sei besser, den Versuchsbetrieb weiterzuführen. Angeregt wurde zudem, dass ein E-Voting-System in staatlicher Hand liegen müsse, etwa vom Kanton Genf, der GP, der SP und der EVP.
Die 12 Antworten, die sich nicht nur gegen die Vorlage, sondern ganz grundsätzlich gegen eine Einführung von E-Voting aussprachen, stammten von den Kantonen Nidwalden, Schwyz und Waadt, von der SVP, der AL Bern und der Piratenpartei sowie verschiedenen IT-Organisationen, etwa auch dem Komitee der Initiative «für ein E-Voting-Moratorium». Diese Stellungnehmenden zeigten sich sehr skeptisch dazu, dass E-Voting jemals die notwendige Sicherheit aufweisen könnte, mit der das zentrale Vertrauen in die direkte Demokratie nicht gefährdet werde. Darüber hinaus kritisierten sie, dass E-Voting-Systeme, also «hoheitliche Zuständigkeiten», von Dritten angeboten werden dürfen. Falls dies so bleibe, müsse mindestens die momentan fehlende Konkurrenzsituation von privaten Systemanbietenden geändert werden, weil Monopole zulasten der Sicherheit gingen. Es bestehe kein Handlungsbedarf, fand gar die SVP und der Nutzen sei in Anbetracht des hohen Sicherheitsrisikos viel zu gering. Es sei besser, die briefliche Stimmabgabe punktuell zu verbessern – etwa im Hinblick auf mögliche Erleichterungen für Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer, so die SVP.

Obwohl seit 2004 in insgesamt 15 Kantonen mehr als 300 Tests erfolgreich durchgeführt worden seien, sei der Bundesrat auch aufgrund der kritischen Antworten aus der Vernehmlassung und angesichts der «Entwicklungen der vergangenen Monate» zum Schluss gekommen, «auf die Überführung der elektronischen Stimmabgabe in den ordentlichen Betrieb zu verzichten», erklärte er in einer Medienmitteilung im darauffolgenden Juni 2019. Vielmehr habe er die Bundeskanzlei beauftragt, ein Konzept für eine Neuausrichtung des Versuchsbetriebs zu erstellen. Dieser «Marschhalt» wurde in den Medien virulent diskutiert, aber überwiegend begrüsst.

Bundesrat will flächendeckendes E-Voting
Dossier: Vote électronique

Das angenommene Postulat Tuena (svp, ZH) hatte vom Bundesrat Überlegungen verlangt, wie bei obligatorischen Referenden Minderheitsmeinungen in den Abstimmungserläuterungen besser berücksichtigt werden könnten. Der Mitte Juni 2019 veröffentlichte Bericht ging zwei Fragen nach, nämlich was genau dargestellt werden soll und wer für diese Darstellung zuständig sein soll. Die Antworten auf diese beiden Fragen mündeten in zwei Varianten: Die Variante «Status quo plus» sieht vor, dass der Bundesrat selber die Minderheitsposition deutlicher zum Ausdruck bringt, indem er sich am Wortlaut der Debatte im Parlament orientiert. Die Variante «Einbezug Parlament» sieht ein parlamentarisches Gremium vor, welches die Minderheitenposition zusammenfasst und dem Bundesrat für die Abstimmungserläuterungen einen Text vorlegt. Während sich die erste Variante ohne gesetzliche Anpassung und mit vorhandenen Ressourcen und Expertise in der Bundeskanzlei umsetzen lasse und auch keine Anpassung von Fristen nötig mache, sei die zweite Variante gemäss dem Bericht aufwändiger und mit zahlreichen zu klärenden Fragen behaftet: Wie wäre das Gremium zusammengesetzt, was geschieht bei Uneinigkeit zwischen den Kammern, welche Ressourcen hätte das Parlament für die Erstellung des Textes?
Der Bericht schliesst mit dem Fazit, dass sich der Bundesrat an der Variante «Status quo plus» orientieren werde und die nötigen Schritte dazu einleite. Dies bedeute aber nicht, dass zu einem späteren Zeitpunkt nicht auch das Parlament stärker einbezogen werden könne. Es sei aber Sache der Bundesversammlung diesbezüglich aktiv zu werden.

Minderheitsmeinung in den Abstimmungserläuterungen (Po. 17.3230)
Dossier: Abstimmungserläuterungen des Bundesrats

Die Beantwortung der beiden abgelehnten Motionen 12.3050 und 12.3374 für ein Verbot von Listenverbindungen wurde vom Bundesrat zum Anlass genommen, einen Bericht über die Vor- und Nachteile der verschiedenen auch in den Kantonen benutzten Wahlsysteme zu erstellen. Der Bericht kam zum Schluss, dass es ein gerechtes Wahlsystem nicht gebe und deshalb am breit akzeptierten Zuteilungsverfahren (Hagenbach-Bischoff-Modell) mit der Möglichkeit von Listenverbindungen festzuhalten sei. Derweil ist aufgrund eines bundesgerichtlichen Urteils zur Kantonsverfassung des Kantons Schwyz im Berichtsjahr in zahlreichen Kantonen eine virulente Diskussion um die kantonalen Wahlverfahren entbrannt.

Bericht über Wahlsysteme (2013)
Listenverbindungen und Zuteilungsverfahen – Reformvorschläge für eidgenössische Wahlen

Im Schnitt hatten bei den nationalen Parlamentswahlen im Herbst 2011 rund 1,3% der Stimmenden oder 33'191 Personen ungültig gewählt. Auffallend waren dabei die kantonalen Unterschiede: während der Anteil ungültig Stimmender im Kanton Schwyz 3,9% betrug, lag er im Kanton Zürich, wo die Falschstimmen allerdings anders gezählt werden als im Rest der Schweiz, bei 0,1%. Stossend sind insbesondere die unterschiedlichen kantonalen Regelungen für die nationalen Wahlen. Die Bundesgesetzgebung, die fünf Ungültigkeitsgründe kennt (kein Name eines Kandidaten des entsprechenden Wahlkreises, nicht amtliche Stimmzettel, anders als handschriftlich ausgefüllte bzw. geänderte Stimmzettel, Stimmzettel mit ehrverletzenden Äusserungen oder offensichtlichen Kennzeichnungen) wird von zahlreichen Kantonsklauseln föderal sehr unterschiedlich ergänzt. Lediglich die Hälfte der Stände folgte dem Aufruf des Bundes für eine Auswertung dieser Unterschiede. Der Bericht des Bundesrates zu diesen Unterschieden wurde in der Folge unter Verschluss gehalten.

Ungültige Stimmen bei den Parlamentswahlen 2011

Der Bundesrat veröffentlichte einen «Bericht über die Pilotprojekte zum Vote électronique», von welchem der Nationalrat Kenntnis nahm. Der Bundesrat beurteilte darin die Pilotversuche positiv, äusserte sich aber sonst eher skeptisch, insbesondere gegenüber der Behauptung, dass damit die Stimmbeteiligung verbessert werden könnte. Am sinnvollsten scheint ihm die Einführung des elektronischen Abstimmens für Auslandschweizer. Im Inland sollen mittelfristig (bis 2011) jedoch höchsten 10% der Stimmberechtigten Zugang zu dieser Form der Stimmabgabe erhalten.

Bericht über die Pilotprojekte zum Vote électronique
Dossier: Vote électronique

Im Februar legte der Bundesrat einen Bericht über die elektronische Ausübung der politischen Rechte (via Internet) vor. Er stellte darin fest, dass die Einführung dieser neuen Form der Stimmabgabe resp. des Wählens und des Unterzeichnens von Referenden und Initiativen die politische Beteiligung attraktiver machen könnte. Er wies aber auch auf Risiken dieser neuen Technologie hin. Damit meinte er nicht nur Missbräuche durch unberechtigte Manipulationen der Programme, sondern auch Gefahren in Bezug auf eine sorgfältige Meinungsbildung. Es ist nach Ansicht des Bundesrates deshalb falsch, die Einführung der elektronischen Stimmabgabe lediglich als unproblematische technische Erweiterung des bisherigen Systems zu betrachten. Vielmehr bedürfe sie einer Einbettung in ein umfassendes Konzept und sei zudem wegen ihrer Komplexität etappenweise vorzunehmen. Als ersten vorbereitenden Schritt schlug der Bundesrat die Harmonisierung der kommunalen Stimmregister resp. die Schaffung eines nationalen Registers vor. Mit der Teilrevision des Gesetzes über die politischen Rechte wurde der Rahmen für die Durchführung kantonaler Pilotversuche bereits geschaffen. Die Einführung des Abstimmens via Internet war vom Parlament mit mehreren Vorstössen gefordert worden. Das Parlament nahm den Bericht zur Kenntnis.

Bericht über die Chancen, Risiken und Machbarkeit elektronischer Ausübung politischer Rechte