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Ohne weitere Diskussion nahm der Nationalrat in der Frühjahrssession Kenntnis vom Jahresbericht 2020 der GPK und GPDel. Die drei Sprecher und die Sprecherin für die Kommission fassten kurz die wichtigsten Punkte des Berichts zusammen. Erich von Siebenthal (svp, BE) berichtete zudem, dass die GPK, die GPDel und die verschiedenen Subkommissionen 2020 insgesamt 116 Sitzungen durchgeführt hätten. Yvonne Feri (sp. AG) bedankte sich bei den anwesenden Nationalrätinnen und Nationalräten dafür, «dass Sie bereits da sind, obwohl der GPK-Jahresbericht traktandiert ist. Das interessiert ja leider nicht so viele»; dies sei schade, weil der Bericht viele interessante Punkte beinhalte. Wie seine Vorrednerin und sein Vorredner bedankte sich auch Thomas de Courten (svp, BL) für die Arbeit der Sekretariate. Alfred Heer (svp, ZH) schliesslich, der als Präsident der GPDel das Wort ergriff, lobte die Zusammenarbeit mit allen Mitgliedern beider GPK. Es handle sich um ein «sehr gutes Team aus Nationalrat und Ständerat».
Die Sprechenden ebendieser ständerätlichen Kommissionen informierten ein paar Tage später die kleine Kammer über die wichtigsten Punkte des Jahresberichts. Maya Graf (gp, BL) erinnerte an die Bedeutung der Oberaufsicht – «gerade in der aktuellen Covid-19-Krise». Daniel Fässler (mitte, AI) hob hervor, dass die GPK beider Kammern auf ebendiese Covid-19-Krise bzw. deren Bewältigung in Zukunft ein besonderes Augenmerk legen würden. Auch Marco Chiesa (svp, TI) und Philippe Bauer (fdp, NE) beantragten Kenntnisnahme des Berichts, nachdem sie auch die zentralen Punkte aus ihren Subkommissionen wiederholt hatten. Ohne Diskussion folgte auch die kleine Kammer einstimmig diesem Antrag.

Jahresbericht 2020 der GPK und der GPDel
Dossier: Jahresberichte der GPK und der GPDel

Die Geschäftsprüfungskommissionen beider Räte (GPK-NR und GPK-SR) üben die parlamentarische Oberaufsicht über den Bundesrat, die Bundesverwaltung und die Bundesgerichte aus. Über die Aktivitäten (Inspektionen, Evaluationen, Prüfung von Geschäftsberichten, Behandeln von Aufsichtseingaben) des ablaufenden Jahres berichteten die GPK sowie die GPDel im Jahresbericht 2020. Seit 2017 verfolgen die GPK die Massnahmen im Rahmen der Hochseeschifffahrts-Bürgschaften, die dem Bund hohe Verluste beschert hatte. Auch das elektronische Patientendossier bzw. die Verzögerungen bei dessen Einführung stand im Fokus der Aufsichtsbehörden. Nicht nur aufgrund der Covid-19-Krise beschäftigten sich die GPK mit dem Problem des Impfstoffmangels. Insbesondere bei Säuglingsimpfstoffen bestehe die Gefahr von problematischen Lieferengpässen. Der Frage nach der Transparenz von Gesetzesrevisionen gingen die Kommissionen am Beispiel der Transplantationsverordnung nach. Geschlossen wurde hingegen das Dossier zur Vergabepraxis im BAG, die aufgrund eines Auftrags an die «Schweizerische Koordinations- und Fachstelle Sucht» in die Kritik geraten war. Keine Massnahmen ergriff die GPK nach ihrer Anhörung des Swiss Investment Fund for Emerging Marklets (SIFEM) im Juni, eine sich im Besitz des Bundes befindende Aktiengesellschaft, die die Entwicklungsfinanzierung des Bundes regelt. Auch der Dienststellenbesuch beim Institut für geistiges Eigentum verlief zur Zufriedenheit der Aufsichtskommissionen. Die 2018 aufgedeckten Schwächen der Strategie des Integrated Border Managements (IBM), mit dem die Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen gegen grenzüberschreitende Kriminalität koordiniert werden soll, seien laut Bericht mit der neu entwickelten Strategie behoben worden und auch das Thema «Internationale Rechtshilfe» konnte vorläufig abgeschlossen werden – hier waren 2017 knappe Ressourcen im Direktionsbereich als Problem ausgemacht worden. Die Massnahmen des SEM gegen Gewalt gegen Frauen in Bundesasylzentren wurden von den GPK als genügend eingestuft. Man werde deren Umsetzung zu gegebener Zeit überprüfen. Auch die 2019 von der GPK geforderten Massnahmen, welche die BK gegen «Fehler in Abstimmungsbüchlein» unternommen hätten, wurden im Bericht begrüsst.
2020 nahmen sich die GPK zudem dem Problem von Sponsoringaktivitäten durch die öffentliche Verwaltung an. Insbesondere im VBS sollen Leitlinien für aktives Sponsoring (Verwaltungseinheiten als Sponsor) wie für passives Sponsoring (Verwaltungseinheit ist Sponsoringnehmer) erarbeitet werden. Im Bericht Erwähnung fanden auch die internen Probleme am Bundesstrafgericht bzw. der Bericht der bundesgerichtlichen Aufsichtskommission über diese Probleme. Die GPK will die Vorkommnisse weiterverfolgen. Damit einher geht auch die nach wie vor sehr schleppenden Planung und der Aufbau einer Berufungskammer am Gericht in Bellinzona und die Frage, wie der weiterhin bestehende Handlungsbedarf nach dem Scheitern der Bundesgerichtsgesetzesrevision rasch befriedigt werden könnte. Im Fokus standen auch 2020 weiterhin die Cybersicherheit bzw. die Organisation des nationalen Zentrums für Cybersicherheit (NCSC) sowie die Gefahreneinschätzung belasteter Standorte (Mitholz). Drei Arbeitsbereiche der GPK betrafen Verkehr und Infrastruktur: Abgeschlossen wurde das Dossier zur Frage der Zustelltarife für abonnierte Zeitungen und Zeitschriften, über die sich die Post und mehrere Verlegerverbände streiten und für die das BAKOM eine Lösung finden sollte. Eine Begleitung durch die GPK benötigt hingegen weiterhin das nach wie vor nicht gelöste Problem der Doppelstockzüge der SBB von Bombardier sowie die Störungen im Swisscom-Netz. Nach wie vor auf dem Radar der GPK bleiben auch die «Postauto-Affäre» und das Aufsichtsverhältnis zwischen der AB-BA und der Bundesanwaltschaft.
Ein eigenes Berichtskapitel war der «Inspektion Covid-19-Pandemie» gewidmet. Die GPK hatten im Mai 2020 beschlossen, die Massnahmen des Bundesrats zur Bewältigung der Pandemie zu untersuchen. Im Fokus standen die Organisation des EDI und des BAG bei der Krisenbewältigung; konkret die Zusammenarbeit mit den Kantonen, die internationale Zusammenarbeit, die wissenschaftlichen Informationsgrundlagen des BAG, das Management des medizinischen Materials, die Angemessenheit des Epidemiengesetzes und die Massnahmen im Bereich der Sozialversicherungen. Aber auch die Covid-19-bedingten Massnahmen im öffentlichen Verkehr und den bundesnahen Unternehmen und deren Auswirkungen auf das Bundespersonal und auf den Grenzverkehr wurden genauer untersucht. Auch für die Organisation der Covid-19-Kredite und der Kurzarbeitsentschädigung, für die Zweckmässigkeit der wirtschaftlichen Landesversorgung oder für die Informationsbeschaffung durch das EDA-Aussennetz wurden Untersuchungen eingeleitet. Die Mobilmachung der Armee, die Rolle der Armeeapotheke, die Grenzschliessungen und die Rechtmässigkeit der Anwendung von Notrecht wurden von der GPK ebenso als untersuchungswürdig erachtet wie das Krisenmanagement des Bundesrats. Die Covid-Krise dürfte also durch die GPK in ziemlich umfassender Weise aufgearbeitet werden. Erste Berichte seien für 2021 zu erwarten.

Im Bericht wurden auch die Tätigkeiten der GPDel aufgeführt, welche die Oberaufsicht der Bundesaktivitäten im Bereich «Nachrichtendienst» inne hat. Im Fokus standen hier insbesondere die Crypto-AG, aber auch verschiedene Steuerungsinstrumente. Im Berichtsanhang wurden zudem die Aktivitäten der PVK, dem «Evaluationsdienst der Bundesversammlung» aufgeführt. 2020 wurden Evaluationen zum Expertenbeizug in der Bundesverwaltung (Kurzevaluation mit der Nachkontrolle einer 2007 veröffentlichten Evaluation) sowie zur Geschäftsverteilung bei den eidgenössischen Gerichten verfasst, die nun bei den GPK diskutiert werden. Noch laufend waren Evaluationen zum Controlling von Offset-Geschäften (Kompensationsgeschäfte bei Rüstungsgütern; z.B. beim Kauf neuer Kampfflugzeuge), zum Grundwasserschutz in der Schweiz und zur Mitwirkung des Parlaments im Bereich von Soft-Law.

Jahresbericht 2020 der GPK und der GPDel
Dossier: Jahresberichte der GPK und der GPDel

War Lobbying im Vorjahr medial noch stark beachtet worden, war es im ersten Covid-19-Pandemiejahr 2020 kaum noch Thema in der Presse. Einige Druckerschwärze verursachte Anfang Jahr zwar noch die parlamentarische Initiative von Beat Rieder (mitte, VS; Pa.Iv. 19.414), mit der geregelt werden sollte, dass bezahlte Mandate nicht ausgeübt werden dürfen, wenn sie die parlamentarische Arbeit in einer Kommission tangieren. Nicht weniger als «das Ende des Milizsystems» erwartete etwa der Tages-Anzeiger, sollte dieser Vorstoss Erfolg haben. Le Temps zeigte in einer Studie auf, dass bezahlte Mandate im Gesundheitswesen insbesondere in der SGK-NR und der SGK-SR sehr verbreitet sind.
Dass die Idee des Milizparlaments aber eher nicht mehr der Realität entspricht, zeigte eine in der NZZ Ende Februar zitierte Studie der Universität Lausanne, die im nationalen Parlament rund 23 bis 36 Prozent «Politikprofis» ausmachte, also Parlamentsmitglieder, die neben dem Parlamentsmandat keinen klassischen Beruf ausüben. Praktisch niemand sei im Privatsektor angestellt und übe eine berufliche Tätigkeit aus, die keinen direkten Zusammenhang zur Politik aufweise, berichtete die Zeitung.
Kritik an der Schweizer Politikfinanzierung äusserte Transparency International, obwohl die Schweiz im Anfang Jahr veröffentlichten Korruptionsranking auf Platz 4 lag. Es fehle nach wie vor an Transparenz in der Politikfinanzierung, weshalb die Schweiz lediglich 85 von 100 möglichen Punkten erhalten habe. Freilich hatte das Parlament in der Zwischenzeit die Beratungen zum Gegenvorschlag zur Transparenzinitiative aufgenommen.
Für Kopfschütteln sorgte schliesslich zu Beginn der Covid-Pandemie der Entscheid des Parlaments, dass aufgrund der strengen Kontaktmassnahmen zwar Lobbyistinnen und Lobbyisten mit Badge noch ins Bundeshaus durften, nicht aber Medienschaffende, die über keine feste Akkreditierung verfügten. «Dass es lieber die Presse ausschliesst statt die Lobbys, sagt einiges über die Abhängigkeit des Parlaments aus», kritisierte etwa die WoZ.

Lobbying 2020
Dossier: Lobbyismus im Bundeshaus

Auch 2017 trafen sich die Präsidentinnen und Präsidenten der Bundesratsparteien und deren Fraktionen viermal im Rahmen der von-Wattenwyl-Gespräche mit den Bundesrätinnen und Bundesräten, um strategische Gespräche zu führen.
Die Einschätzung der aktuellen aussen- und sicherheitspolitischen Lage war Hauptdiskussionspunkt Anfang Februar. Übereinstimmung bestand bei allen Akteurinnen und Akteuren darin, dass die Schweiz ihre Interessen auch zu Zeiten von Cyberkriminalität, Terrorismus und Falschinformationen wahren müsse. Über die Bedeutung der anstehenden Abstimmung zur Unternehmenssteuerreform III herrschte jedoch keine Einigkeit.
Mitte Mai stand der Brexit im Fokus der Gespräche, wobei auch die Fortschritte beim Rahmenabkommen mit der EU diskutiert wurden. Hierbei betonten die Parteien, dass nicht nur die Aussen-, sondern auch die Innenpolitik beachtet werden müsse.
Die Gesundheits- und erneut die Europapolitik waren die Traktanden für die Gespräche Anfang September. Ein gut zugängliches und tragbares Gesundheitswesen stelle innerhalb der Legislaturziele 2015-2019 ein Hauptziel des Bundesrates dar, wie dies in der Strategie Gesundheit 2020 dargelegt werde. Betreffend Informationen zu den Verhandlungen mit der EU über die institutionellen Fragen vertröstete der Bundesrat die Parteien auf den Herbst; geplant sei aber ein Treffen von Doris Leuthard mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.
Nicht wie im Vorjahr festgelegt an der dritten Sitzung, dafür bei den Gesprächen Mitte November, die als Klausur organisiert wurden, nahm der Bundesrat in corpore teil. Hauptgegenstand war freilich, wie im Vorjahr vereinbart, die Präsentation der Jahresziele 2018. Darüber hinaus äusserte die Regierung ihre Sorge zur Gewaltenteilung zwischen Exekutive und Legislative, die sie momentan durch das diskutierte Verordnungsveto in Gefahr sehe. Bezüglich der EU erklärte Neo-Aussenminister Ignazio Cassis, dass man im Rahmen eines weiteren Treffens mit Juncker im November die nächsten Schritte in den verschiedenen Bereichen der Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und der EU definieren wolle.

Von-Wattenwyl-Gespräche seit 2013

Seit der sogenannten «Kasachstan-Affäre» waren einige Monate vergangen und im Parlament schien das Thema Lobbying im Jahr 2017 – mit Ausnahme einer parlamentarischen Initiative Berberat (sp, NE) mit der Forderung nach transparenterem Lobbying, die von den Räten wie eine heisse Kartoffel hin- und hergeschoben wurde – an Priorität verloren zu haben. Dies sah in der gesellschaftlichen Debatte allerdings etwas anders aus.

Im Frühling sorgte eine Idee von Pierre-Yves Maillard (VD, sp) und Mauro Poggia (GE, mcg) für Schlagzeilen. Die beiden Regierungs- und ehemaligen Nationalräte wollten mit einer Volksinitiative dafür sorgen, dass Parlamentsmitglieder nicht mehr im Verwaltungsrat einer Krankenkasse sitzen oder anderweitig mit einer solchen verbunden sein dürfen. Damit sollten die steigenden Krankenkassenprämien gebremst werden. Die Idee stiess bei betroffenen Parlamentsmitgliedern auf Gegenwehr: Konrad Graber (cvp, LU), Verwaltungsrat der CSS, und Heinz Brand (svp, GR), Präsident des Krankenkassen-Dachverbandes Santésuisse, hielten die Idee für nicht zielführend. Es handle sich um eine «Verunglimpfung der Krankenkassen», gaben sie der Luzerner Zeitung zu Protokoll. Die Unterschriftensammlung für das Begehren wurde im Oktober 2017 gestartet.

Mitte März legte die Staatengruppe gegen die Korruption (Greco), bei der die Schweiz seit 2006 Mitglied ist, einen Bericht vor, der mehrere Schwachstellen im Schweizer Lobbyismussystem aufzeigte und Empfehlungen abgab. Unter anderem sollten Parlamentsmitglieder verpflichtet werden, bei Ratsverhandlungen Interessenkonflikte aktiv offenzulegen. Das Register der Interessenbindungen reiche nicht aus. Zudem müssten finanzielle Interessen von Parlamentarierinnen und Parlamentariern transparent gemacht werden. Dies ist in der Schweiz nach wie vor freiwillig. Die Organisation Lobbywatch veröffentlichte eine Liste, mit der aufgezeigt wurde, dass lediglich 37 Parlamentsmitglieder die Einkünfte aus ihren Mandaten vollständig deklarierten.

Eine Analyse von Forschern der Universitäten Lausanne und Genf um André Mach wurde Mitte Mai von der Sonntags-Zeitung breit aufgemacht. Erstens zeigten die Daten, dass sich die relevanten Interessenbindungen von Parlamentsmitgliedern zwischen 1992 und 2015 mehr als verdoppelt hatten, zwischen 2007 – seit dann müssen auf der Basis des 2002 revidierten Parlamentsgesetzes alle Interessenbindungen obligatorisch angegeben werden – und 2015 haben sie um 20 Prozent zugenommen. Für die Analyse gilt eine Verbindung dann als relevant, wenn ein Mandat einem Sachgebiet zugeordnet werden kann, zu dem das Parlamentsmitglied einen Bezug hat, etwa weil es in einer entsprechenden Kommission sitzt. Zugenommen haben laut der Studie insbesondere Verbindungen zu Interessenverbänden, welche die Parlamentarierinnen und Parlamentarier für Sitzungen, die laut Sonntags-Zeitung auch in Sitzungszimmern im Bundeshaus selber stattfanden, mit «vielen Tausend Franken pro Jahr» entschädigten – der Sonntags-Blick sprach von CHF 20'000 für vier Sitzungen, die Parlamentsmitglieder etwa von der Groupe Mutuel erhalten haben sollen. Der Austausch von Expertenwissen sei zwar für Milizparlamentarier wichtig, allerdings sei nicht klar, weshalb dies entlohnt werden müsse, fragte die Sonntags-Zeitung rhetorisch. Die Zunahme der Bindungen könne freilich durchaus auch als Zeichen für mehr Transparenz gelesen werden, befanden die Forscher. Früher habe Interessenvertretung eher informell und im vorparlamentarischen Prozess stattgefunden. Heute sei die Einflussnahme während des parlamentarischen Prozesses wohl auch aufgrund des grösseren Parteienwettbewerbs wichtiger und werde hier auch etwas transparenter.
Eine Analyse der NZZ, die auf den gleichen Daten des «Observatoriums der Schweizer Eliten (Obelis)» beruhte, brachte ein weiteres Argument für ein zunehmend professionalisiertes Lobbying ins Spiel. Die Zeitung zeigte auf, dass sich die Wirtschaft in den letzten 60 Jahren stark von der Politik entflechtet habe. Vor 60 Jahren habe jedes vierte Parlamentsmitglied ein Spitzenamt in der Wirtschaft belegt, was heute nicht mehr so sei. Die Überlegung liegt nahe, dass das damalige unmittelbare Lobbying durch eine stärker mittelbares und organisierteres abgelöst wurde.

Auf Antrag von Thomas Minder (parteilos, SH) wurde in der Sommersession 2017 von den Parlamentsdiensten eine «Lobbyistenzählung» durchgeführt, wie dies der «Blick» betitelte. Zugang zum Parlament erhält, wer einen der beiden Dauerzutrittsausweise (Badges) besitzt, die jedes Parlamentsmitglied vergeben darf, oder wer einen Tagesausweis erhält, der ebenfalls von Parlamentsmitgliedern ausgestellt werden kann. Während der 11 Tage der Sommersession wurden 127 Lobbyierende mit Dauerzutritt und 386 mit Tagesausweis gezählt. Während die einen die Zahl als «an der oberen Grenze» beurteilten (Pirmin Bischof; cvp, SZ), fanden Lobbyistenkreise die rund 50 Personen pro Tag angemessen (z.B. Andreas Hugi; CEO eines Beratungsbüros). Zu reden gab aber die hohe Zahl an Tageskarten. Damit würden die Transparenzregeln unterlaufen, befürchtete Didier Berberat in der Zeitung Le Temps.

Dass Interessengruppen gezielt auf Kommissionsmitglieder zugehen, zeigte eine Mitte Juli 2017 veröffentlichte Untersuchung des Sonntags-Blick zur Gesundheitspolitik. Allerdings – so das Sonntagsblatt – seien es nicht so sehr die Krankenkassen, sondern die Ärzte, Spitäler und Patientenorganisationen sowie die Pharmaindustrie, die viele Mandate vergeben hätten. «Die Genossen mit den Ärzten, die Liberalen mit der Pharma, die CVP mit allen» fasste der Sonntagsblick den Befund zusammen, «wer mit wem im Krankenbett» stecke.

Lobbying aus gesellschaftlicher Perspektive (2017)
Dossier: Lobbyismus im Bundeshaus