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Bundeshausbesucherinnen und -besucher bräuchten in der Wintersession 2019 Geduld, berichtete der Tages-Anzeiger Mitte Dezember. Verschärfte Zutrittskontrollen würden dazu führen, dass vor allem Gruppen, die eine Führung durch das Bundeshaus gebucht hätten, «bis zu 90 Minuten in der Kälte anstehen» müssten. Die verschärfte Identitätskontrolle, die Begrenzung der Grösse der Gepäckstücke und das Verbot des Mitbringens von Flüssigkeiten seien aufgrund von Erfahrungen in der Herbstsession eingeführt worden, gaben die Parlamentsdienste bekannt, die sich mit einer Häufung von Reklamationen konfrontiert sahen.
In der Tat hatten zwei Vorfälle das zuvor revidierte Sicherheitsdispositiv im Bundeshaus in Frage gestellt. So hatten es Klimaaktivistinnen und Klimaaktivisten geschafft, während Beratungen im Nationalrat auf der Zuschauertribüne ein grosses Transparent zu enthüllen. Zudem war bekannt geworden, dass ein «wegen Terror-Propaganda verurteilter» Iraker (Aargauer-Zeitung) unter falschem Namen und als angeblicher Journalist an einer Konferenz der SP teilgenommen habe, die diese im September im Bundeshaus organisiert hatte. Die Lockerungen der Massnahmen, mit denen auf systematische Ausweiskontrollen und Gepäckdurchsuchungen verzichtet worden war, seien wohl ursächlich für die beiden Pannen, mutmasste die Sonntags-Zeitung. Eine Ausweiskontrolle hätte den falschen Journalisten wohl entlarvt und eine Gepäckkontrolle, nicht nur in Form eines Metalldetektors, wäre wohl auf die verschiedenen Teile aufmerksam geworden, in die das Transparent zerlegt worden war. Die Sicherheitsmassnahmen im Bundeshaus wurden in der Folge auch auf Anraten der Bundespolizei (Fedpol) wieder verstärkt.

Sicherheit im Bundeshaus

Da die Idee einer Revision des Wahlverfahrens für den Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) in die Totalrevision des Bundesgesetzes über den Datenschutz aufgenommen worden war – konkret soll der EDÖB durch die Vereinigte Bundesversammlung gewählt werden –, beantragte die SPK-NR die Abschreibung der parlamentarischen Initiative Leutenegger Oberholzer (sp, BL), die in der Zwischenzeit von Cédric Wermuth (sp, AG) übernommen worden war. Obwohl die Kommission die Beratung der Gesetzesrevision ursprünglich erst für die Herbstsession 2019 vorgesehen hatte, hiess die grosse Kammer die Abschreibung bereits am letzten Tag der Sommersession 2019 stillschweigend gut.

Wahlverfahren für den EDÖB

Nachdem sich die SPK-NR dagegen ausgesprochen hatte, der parlamentarischen Initiative von Cédric Wermuth (sp, AG) für mehr Klarheit bei Volksabstimmungen Folge zu geben, wäre eigentlich der Nationalrat in der Sommersession 2019 mit der Vorprüfung der Initiative an der Reihe gewesen. Dazu kam es allerdings nicht, weil der Aargauer Volksvertreter seinen Vorstoss zurückzog.

Mehr Klarheit bei Volksabstimmungen

Mehr Klarheit bei Volksabstimmungen, die bei einer Annahme internationales Recht brechen würden, erhoffte sich Cédric Wermuth (sp, AG) dank seiner parlamentarischen Initiative. Viele Volksbegehren seien – bewusst oder unbewusst – hinsichtlich ihrer Umsetzung unpräzise formuliert; insbesondere bleibe häufig unklar, was geschehen soll, wenn ein angenommenes Begehren gegen Völkerrecht oder internationale Vereinbarungen verstosse. Der Aargauer Sozialdemokrat schlug mit seinem Begehren deshalb vor, dass derart unklare Volksinitiativen im Falle einer Annahme erst umgesetzt würden, wenn die entsprechenden internationalen Vereinbarungen gekündigt sind. Bedingung dafür sei aber, dass die Initiantinnen und Initianten neben ihrem Begehren auch explizit die Kündigung der entsprechenden Verträge forderten. In den Fällen, in denen eine Kündigung im Initiativtext unerwähnt bliebe, gar nicht möglich sei oder sogar zwingendes Völkerrecht gebrochen werden müsste, seien die Begehren lediglich teilweise im Rahmen bestehenden internationalen Rechts umzusetzen.
Die SPK-NR sprach sich mit 16 zu 7 Stimmen gegen Folgegeben aus. Es sei den Initiativkomitees nicht zuzumuten, abzuschätzen, welche internationalen Verträge mit einem Begehren tangiert würden. Dies sei nicht immer eine rein juristische Frage, sondern häufig auch eine politische. Es müsse möglich bleiben, Verträge nach Annahme von Volksinitiativen neu zu verhandeln, ohne dass vorher klar gewesen sei, dass dies nötig sein könnte. Eine Kommissionsminderheit betonte allerdings, dass Klarheit für die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger geschaffen werden müsse, wofür das Begehren einen guten Vorschlag darstelle.

Mehr Klarheit bei Volksabstimmungen

Weil sowohl die SPK-NR (im Oktober 2016) als auch die SPK-SR (im Januar 2017) der parlamentarischen Initiative Graf-Litscher (sp, TG) für eine Gebührenregelung des Öffentlichkeitsprinzips Folge gegeben hatten, wäre es an der SPK-NR gewesen, eine entsprechende Vorlage auszuarbeiten. Allerdings hatte die Kommission im März 2017 entschieden, zuvor die angekündigte Ausarbeitung einer Teilrevision des Öffentlichkeitsgesetzes durch das EJPD abzuwarten. Das Anliegen der parlamentarischen Initiative, für den Zugang zu öffentlichen Dokumenten nur in begründeten Ausnahmefällen Gebühren zu erheben, hätte in diese Revision einfliessen sollen. Das EJPD wollte jedoch seinerseits verschiedene Entwicklungen abwarten, bis es eine kohärente Vorlage erarbeiten könne. Ein Entscheid des Bundesrats über das weitere Vorgehen sei erst im Frühjahr 2019 zu erwarten. Aus diesem Grund beantragte die SPK-NR eine Fristverlängerung für die Ausarbeitung einer Vorlage. Man wolle nach dem Entscheid des Bundesrates befinden, ob es zielführender sei, die gesetzlichen Änderungen selber auszuarbeiten.
In der Frühjahrssession 2019 gab der Nationalrat grünes Licht für die Verlängerung der Frist bis zum Frühling 2021.

Öffentlichkeitsprinzip (Pa.Iv. 16.432)
Dossier: Öffentlichkeitsprinzip in der Bundesverwaltung

Neben den in den letzten Jahren virulenter werdenden Diskussionen über E-Voting gingen andere Möglichkeiten der Digitalisierung (direkt-)demokratischer Prozesse etwas unter. Dabei hatte der Bundesrat bereits 2009 beschlossen, neben dem elektronischen Wählen und Abstimmen auch die Möglichkeit der digitalen Unterschriftensammlung vorantreiben zu wollen. Das sogenannte E-Collecting wurde damals als dritte Phase des Projektes «Vote électronique» angekündigt, die in Angriff genommen werde, wenn E-Voting umgesetzt sei.
Seit damals hat sich in der Tat einiges getan. So kamen verschiedentlich innert kürzester Zeit via Facebook zahlreiche Unterschriften zusammen, etwa für eine Petition zur Senkung der Billag-Gebühren oder für eine (gescheiterte) Volksinitiative für Tempo 140 auf Autobahnen. Das Scheitern der Letzteren zeigte freilich, dass ein Like auf Facebook nicht automatisch eine Unterschrift unter ein Initiativbegehren bedeutet. Gültig ist eine Unterschrift nämlich bisher nur in ihrer analogen Form und nur, wenn Name und Vorname handschriftlich angebracht wurden. Online verbreitete Unterschriftenbögen müssen also ausgedruckt, ausgefüllt, unterschrieben und an die Initianten gesandt werden.

Die eigentliche Idee von E-Collecting würde hingegen eine elektronische Unterschrift erlauben. Der bundesrätliche Plan ist, dass alle kantonalen und kommunalen Stimmregister harmonisiert werden und jede Bürgerin und jeder Bürger eine eindeutige Online-Identität erhält, auf deren Grundlage sie auch Initiativen unterschreiben könnten.
Diese Idee weckte Ängste und Hoffnungen, die in den Medien reflektiert wurden. Insbesondere wurde befürchtet, dass das Unterzeichnen von Anliegen viel einfacher werde, was zu einer Flut von Initiativen führen würde. Die Möglichkeit für digitales Unterschreiben – so wurde gemutmasst – werde die Erhöhung der Unterschriftenhürden oder neue Institutionen wie etwa die Volksmotion nach sich ziehen. Mit Letzterer würde eine bestimmte Zahl von Unterschriften das Parlament dazu zwingen, ein Volksanliegen wie eine parlamentarische Motion zu behandeln. Befürchtet wurde zudem, dass Parteien überflüssig würden, wenn kleine Gruppen mittels sozialer Medien rasch und effektiv mobilisieren und Unterschriften sammeln könnten.
Es gab allerdings auch zahlreiche Befürworterinnen und Befürworter des digitalen Unterzeichnens von Volksbegehren, die die Bedenken dämpfen wollten. Die Zahl an Initiativen würde sich auch mit Online-Unterschriften selber regulieren, da auch hier an der Urne nur Projekte angenommen würden, die auch wirklich Mehrheiten finden würden. Zudem gehe das Sammeln auf der Strasse häufig mit unreflektiertem Unterschreiben einher. Bei E-Collecting gäbe es hingegen zahlreiche Möglichkeiten, sich vor einer Unterschrift zu informieren. Es müsse sich erst weisen, ob Online-Sammlungen einfacher seien als etwa Massenversände, bei denen beispielsweise grosse Parteien oder Organisationen ihren Mitgliedern per Post Unterschriftenbögen zusenden. Dort sei der Rücklauf jeweils nicht sehr hoch und es zeige sich immer wieder, dass ein Gespräch besser funktioniere als eine anonyme Abfertigung im Massenversand. Nicht zuletzt könne Digitalisierung aber die Teilhabe am politischen Prozess verstärken und Parteien würden die Möglichkeiten der Digitalisierung für sich zu nutzen lernen.

2016 startete mit «WeCollect» eine Plattform, die sich das vermeintlich einfachere digitale Prozedere zunutze machte. Wer ein Anliegen unterstützen will, trägt sich online ein und erhält eine Mail mit einem Antwortbogen als PDF, der bereits vorfrankiert ist. Dieser muss ausgedruckt, unterschrieben und per Post zurückgesendet werden. Daniel Graf, der Betreiber der Plattform, kündigte an, mit der Plattform parteipolitisch neutral sein zu wollen. Komitees könnten sich bewerben und die Community werde dann entscheiden, ob ein Anliegen unterstützt werde. Diese Community bestehe aus «linksliberalen und weltoffenen» Personen, die sich für die Plattform registrierten und ihrerseits dann ein Potenzial für Unterschriften bildeten; innerhalb von rund zwei Jahren gehörten bereits 50'000 Personen dazu. Innert wenigen Tagen und relativ billig könnten auf WeCollect die nötigen Unterschriften zusammenkommen, betonte Graf. Würden bei herkömmlichen Unterschriftensammlungen die Kosten pro Unterschrift auf zwei bis drei Franken geschätzt, könne bei WeCollect mit weniger als CHF 1 pro Unterschrift gerechnet werden. Dies sei auch deshalb möglich, weil neben der Unterschrift auf seiner Plattform auch gespendet werden könne, so Graf. Damit könnten der Einrichtungsaufwand auf seiner Plattform und eventuell gar die Portokosten finanziert werden. Die ersten Anliegen, für die der Service von WeCollect in Anspruch genommen wurden, waren die Transparenzinitiative der SP und die Initiative für einen Vaterschaftsurlaub.
Die Plattform wurde allerdings auch kritisiert. Dass Graf alleine entscheide, wer seine Dienste nutzen dürfe, sei problematisch. Nachdem die CVP mit ihrer Gesundheitskosten-Initiative und ein rechtes Komitee mit dem Begehren «Zuerst Arbeit für Inländer» bei Graf abgeblitzt waren, wurden bürgerliche Stimmen laut, die eine problematische Machtballung ausmachten. Neben der ideologischen Ausrichtung wurden zudem Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes laut.

E-Collecting
Dossier: Vote électronique

Bei den Schlussabstimmungen der beiden Räte zeigte sich wenig überraschend das gleiche Bild wie bei den jeweiligen Debatten. Der Ständerat hiess den Bundesbeschluss über die Volksinitiative «Schweizer Recht statt fremde Richter (Selbstbestimmungsinitiative)» mit der Empfehlung zur Ablehnung des Volksbegehrens mit 38 zu 6 Stimmen ohne Enthaltungen gut. Die sechs Stimmen stammten von den fünf SVP-Ständeräten sowie von Thomas Minder (parteilos, SH). Und auch im Nationalrat lehnte die geschlossene SVP-Fraktion den Bundesbeschluss ab, kam aber mit 68 zu 129 Stimmen (keine Enthaltungen) nicht dagegen an.

Volksinitiative «Schweizer Recht statt fremde Richter (Selbstbestimmungsinitiative)» (BRG 17.046)

Da Initiativen der Beratungskategorie der sogenannten «freien Debatte» zugeordnet werden, haben grundsätzlich alle Parlamentsmitglieder das Recht auf Wortmeldung. In den anderen, seit 1990 geltenden Beratungskategorien äussern sich in der Regel – neben den Vertreterinnen und Vertretern des Bundesrates – lediglich Kommissionssprecherinnen und -sprecher, Antragstellerinnen und Antragsteller von Vorstössen oder Minderheitsanträgen und allenfalls Fraktionssprecherinnen und -sprecher. Schon früher uferte die freie Debatte bei Volksinitiativen gerne auch in einem ziemlichen Redemarathon aus, so etwa bei der «No-Billag»-Initiative. Immer häufiger wird in solchen Debatten zudem auch das Recht genutzt, Zwischenfragen zu stellen. So war es auch wenig verwunderlich, dass im Nationalrat nicht weniger als 83 Ratsmitglieder einen Antrag gestellt hatten, um in einem Votum die eigene Position zur Volksinitiative «Schweizer Recht statt fremde Richter (Selbstbestimmungsinitiative)» verdeutlichen zu können. Aufgrund der grossen Zahl an Rednerinnen und Rednern, aber eben auch aufgrund der zahlreichen vor allem von SVP-Vertreterinnen und -vertretern gestellten Zwischenfragen dauerte die Debatte schliesslich insgesamt über neun Stunden – auf drei verschiedenen Sessionstage verteilt.

In der Tat stellten die Fraktionsmitglieder der SVP den Hauptharst der Rednerinnen und Redner, nämlich deren 42; von der SP-Fraktion meldeten sich 17 Mitglieder zu Wort, von der FDP deren acht, von der CVP sieben, von den Grünen vier und von GLP und BDP je zwei. Nicht weniger als 82 der 102 Zwischenfragen stammten zudem von der Volkspartei (FDP: 9; SP: 7; BDP: 2; CVP: 1; GP: 1), wobei die SVP-Fraktionsvertreterinnen und -vertreter sich häufig auch innerhalb der Fraktion selber befragten, was Roger Nordmann (sp, VD) zur Zwischenfrage veranlasste, ob es sich hier nicht eher um die «Selbstbefragungs-Initiative» handle. Den von verschiedenen Ratsmitgliedern geäusserte Verdacht, dass die Volkspartei versuche, die Ratsabstimmung über die Initiative so zu verzögern, dass das Begehren nicht bereits im November 2018, sondern im Wahljahr 2019 an die Urne gelangt – Beat Jans (sp, BS) sprach von «Filibustern» und Nadine Masshardt (sp, BE) staunte darüber, dass die SVP so viele Fragen zur eigenen Initiative habe – konnte die SVP nicht ganz ausräumen. Freilich können Zwischenfragen nur gestellt werden, wenn der Ratspräsident oder die Ratspräsidentin – aktuell Dominique de Buman (cvp, FR) – unmittelbar nach einem Votum die Rednerin oder den Redner fragt, ob diese oder dieser die Zwischenfrage zulasse. Wird diese Frage verneint, darf die Zwischenfrage nicht gestellt werden. Die meisten Votantinnen und Votanten – mit Ausnahme der SVP-Abgeordneten – liessen denn die Zwischenfragen gar nicht zu. Weil einige darob erzürnte SVP-Zwischenfragerinnen und -frager ihre Frage trotzdem in den Saal riefen, musste de Buman einige Ermahnungen aussprechen.

Der Verdacht, dass es der SVP mit ihrer Redner- und Zwischenfragestrategie in der Tat nicht nur um einen Kampf gegen die «Diskussionsverweigerung [...] der Demokratieabschaffer in diesem Saal» ging, wie sich etwa Roger Köppel (svp, ZH) echauffierte, sondern um eine Verschleppungstaktik, «damit das Geschäft erst im Wahljahr vors Volk kommt», wie Roger Nordmann vermutete, wurde durch einen von Fraktionssprecher Thomas Aeschi (svp, ZG) vorgebrachten Ordnungsantrag weiter erhärtet. Die SVP wehrte sich nämlich dagegen, dass für den dritten Debattenteil eine Nachtsitzung anberaumt wurde, was in der Regel nur bei hoher Geschäftslast oder dringlichen Geschäften erfolge. Mit ihrem Ordnungsantrag wollte die SVP ihr Begehren zu den normalen Sitzungszeiten weiter beraten, was wohl eine Verschiebung in die Herbstsession bedeutet hätte. Die Sprecherin des Büros, Marina Carobbio Guscetti (sp, TI) wies darauf hin, dass mit der überdurchschnittlichen Zahl an Rednerinnen und Rednern das Kriterium der hohen Geschäftslast sehr wohl erfüllt sei. Der Ordnungsantrag wurde dann mit 121 zu 67 Stimmen abgelehnt. Die 67 Stimmen stammten allesamt aus den Reihen der Volkspartei.
Auch der am dritten Verhandlungstag gestellte Antrag der SVP, die Anwesenden zu zählen, um das nötige Quorum nachzuprüfen, verhalf nicht wirklich zu einer Beschleunigung der Debatte. Freilich verliessen zahlreiche Parlamentarierinnen und Parlamentarier nach dem Drücken des blauen Knopfes – der der Anwesenheitskontrolle dient – den Nationalratssaal wieder, was Toni Brunner (svp, SG) derart erzürnte, dass er als Antwort auf eine entsprechende Zwischenfrage von Thomas Aeschi von einem «Kindergarten» sprach und seine Tirade gegen die nicht anwesenden Ratskolleginnen und -kollegen vom Nationalratspräsidenten erst durch Abschalten des Mikrofons unterbrochen wurde.

Nebst all diesem Geplänkel wurden freilich auch Argumente ausgetauscht. In der Tat dienen die freie Debatte wie auch die Zwischenfragen ja durchaus auch dazu, den Bürgerinnen und Bürgern zu zeigen, welche Begründungen für den Bezug der verschiedenen Fronten geltend gemacht werden. Die ab und zu ziemlich emotional, ja gar gehässig geführte Debatte – der Sonntags-Blick sprach von einer von der SVP geplanten und zelebrierten Entgleisung, der Tages-Anzeiger von einem eigentlichen Politikspektakel und die Aargauer Zeitung warf der SVP vor, statt einer inhaltlichen Debatte auf Klamauk zu setzen – liess in der Tat deutliche Positionsbezüge erkennen. Während alle Mitglieder der SVP-Fraktion das Begehren vehement verteidigten, lehnten alle anderen Fraktionen die Initiative einhellig ab.

Die Kommissionssprecherin Valérie Piller Carrard (sp, FR) und der Kommissionssprecher Kurt Fluri (fdp, SO) berichteten, dass alle von der SPK-NR angehörten Wirtschaftsvertreterinnen und -vertreter sowie sämtliche Rechtsexperten die Initiative ablehnten. Es werde befürchtet, dass das Begehren dem Wirtschaftsstandort Schweiz schade und in juristischer Hinsicht mehr Probleme schaffe als löse. In der Kommission sei zudem die Gefahr einer Kündigung wichtiger Menschenrechtsabkommen, ja gar der Europäischen Menschenrechtskonvention, diskutiert worden. Klar sei einzig, dass bei einem Konflikt zwischen Völker- und Landesrecht bestehende Verträge neu verhandelt oder gekündigt werden müssten. Wer allerdings in welchem Verfahren feststelle oder entscheide, wann ein Normenkonflikt bestehe und wann nicht bzw. wann dieser Konflikt genügend gravierend sei, bleibe völlig unklar. Dies würde bei Annahme des Volksbegehrens eine grosse Rechtsunsicherheit schaffen. Die Kommission empfehle deshalb mit 16 zu 9 respektive 14 zu 11 Stimmen, die Initiative abzulehnen und nicht auf den Gegenvorschlag einzutreten. Letzterer war von Gerhard Pfister (cvp, ZG) eingebracht worden und entsprach im Grossen und Ganzen dem schon im Ständerat gescheiterten Vorschlag von Andrea Caroni (fdp, AR). Pfister zog seinen Antrag gleich zu Beginn der nationalrätlichen Debatte zurück, weil die Initianten keinerlei Bereitschaft zeigen würden, auf seinen Vorschlag für eine alternative Lösung überhaupt einsteigen zu wollen.

Die Befürworterinnen und Befürworter der Initiative begründeten ihr Anliegen mit vier Hauptargumenten: (I) Die Initiative wolle Rechtssicherheit schaffen, indem die Hierarchie von Völker- und Landesrecht geklärt werde. Dies sei auch angesichts einer immer stärkeren Einmischung rechtlicher Normen in die Politik (sogenannte Justizialisierung) von Nöten. (II) Damit werde zudem die (direkte) Demokratie gestärkt und die Abhängigkeit vom Ausland gemindert. (III) Häufig wurde argumentiert, dass mit der Initiative nur ein Zustand wiederhergestellt werde, wie er fünf Jahre zuvor schon geherrscht habe. Damit wurde auf ein Bundesgerichtsurteil vom 12. Oktober 2012 rekurriert, mit welchem die Schubert-Praxis faktisch ausser Kraft gesetzt und wodurch festgelegt worden sei, dass internationales Recht generell nationalem Recht vorgezogen werden müsse. Konkret hatte das Bundesgericht in einem Fall die Menschenrechtskonvention der Regelung der Ausschaffungsinitiative vorgezogen. Damit sei die direkte Demokratie gleichsam ausgehebelt worden, so die SVP. Kein anderer Staat gebe aber internationalem Recht Vorrang vor Landesrecht. (IV) Gewarnt wurde in diesem Zusammenhang auch vor der Einmischung der EU, die mit dem viel diskutierten Rahmenabkommen und dem Vorrang von internationalem Recht faktisch zum «obersten Souverän der Schweizerischen Eidgenossenschaft» werde – so etwa Hans-Ueli Vogt (svp, ZH). Die Schweiz werde zu einer Marionette und Volksentscheide verkämen zu einer Art Umfrageergebnis, was letztlich nur noch eine Scheinselbstbestimmung sei, erklärte Thomas Aeschi. Andreas Glarner (svp, AG) verklebte sich den Mund mit blauen Klebestreifen, um zu demonstrieren, dass man sich den Mund verbieten lasse. Roger Köppel warnte gar von einer «kalten Entmachtung des Volkes» und Magdalena Martullo-Blocher (svp, GR) stellte die Anschuldigung in den Raum, dass die «sogenannten Volksvertreter im Saal», denen man im Gegensatz zum Volk nicht vertrauen könne, dem süssen Gift der Macht verfallen seien, die Souveränität des Volkes an sich rissen und ins Ausland verkauften. Dies sei der Untergang der Schweiz.

Die Gegnerinnen und Gegner des Begehrens betonten neben den bereits von der Kommission vorgebrachten Argumenten auch den nötigen Spielraum, den Gerichte im Einzelfall bräuchten, der aber mit einer Annahme der Initiative stark eingeschränkt würde. Zahlreiche Plädoyers machten sich zudem für die Menschenrechte stark, die mit der Annahme einer Initiative gefährdet wären, weil die Kündigung der Menschenrechtskonvention durch die Schweiz einen fatalen Vorbildcharakter hätte. Balthasar Glättli (gp, ZH) sprach etwa von einer «Antimenschenrechts-Initiative». Das Volksbegehren stelle die Werte der Schweiz – laut Nadine Masshardt (sp, BE) «Verlässlichkeit, Stabilität und Menschenrechte» – fundamental infrage. Die kleine Schweiz sei auf Vertragssicherheit und auf Völkerrecht angewiesen, damit sie nicht dem Recht des Stärkeren ausgesetzt sei. Aber wer – so fragte sich Matthias Jauslin (fdp, AG) – gehe mit einem unverlässlichen Partner noch einen Vertrag ein? Völkerrechtliche Verträge würden von der Schweiz freiwillig eingegangen, weil sie von grossem Nutzen seien, betonte Ruth Humbel (cvp, AG). Die Stimmbevölkerung werde nicht durch Völkerrecht entmachtet, weil wichtige Verträge ja immer direktdemokratisch legitimiert seien, gab Eric Nussbaumer (sp, BL) zu bedenken.

Das Schlussvotum gehörte Justizministerin Simonetta Sommaruga. Sie führte aus, dass sich Souveränität und globale Vernetzung nicht widersprechen, weil die Schweiz souverän bestimme, mit wem sie internationale Verträge abschliesse. Wie diese Verträge abzuschliessen seien und dass man sie einzuhalten habe, stehe eigentlich in der von Volk und Ständen abgesegneten Bundesverfassung. Ebenfalls festgehalten sei, dass es den Gerichten zu überlassen sei, bei Normenkonflikten flexibel und pragmatisch zu entscheiden. Mit der Selbstbestimmungsinitiative würde dies allerdings auf den Kopf gestellt. Das Begehren fordere nicht nur, dass Völkerrecht nicht mehr zählen solle, sondern dass die Gerichte im Konfliktfall rechtswidrige Entscheide fällen müssten. Die Neuaushandlung von Verträgen würde damit zu einer Obligation und bleibe nicht Option. Die Initiative, weil sie nur Schwarz und Weiss kenne, zwänge die Schweiz in ein Korsett. Nicht nur die eigene Handlungsfähigkeit würde eingeschränkt, sondern auch die Zuverlässigkeit der Schweiz als Vertragspartnerin werde aufs Spiel gesetzt. Zudem sei die Initiative nicht genügend deutlich bei der Definition von «Widerspruch». Wann ein Konflikt zwischen Völkerrecht und Landesrecht bestehe, wie gross dieser sein müsse und wer dies entscheide, bleibe unklar. Die Justizministerin versuchte auch die Meinung zu entkräften, dass das Bundesgericht seit 2012 auf die Schubert-Praxis verzichtet habe; es sei im Gegenteil in mehreren Fällen Bezug genommen worden auf diese Praxis. Die Schweiz sei erfolgreich, weil sie beweglich und pragmatisch immer wieder neue Antworten auf neue Herausforderungen gefunden habe. Die im Gegenteil dazu starre und dogmatische Initiative werde vom Bundesrat deshalb zur Ablehnung empfohlen.

Wie aufgrund der Debatte nicht anders zu erwarten war, stimmten die 67 anwesenden Mitglieder der SVP-Fraktion – einzig Ulrich Giezendanner (svp, AG) war abwesend – für und die restlichen 127 bei der Abstimmung anwesenden Nationalrätinnen und Nationalräte gegen Annahme der Initiative.

Volksinitiative «Schweizer Recht statt fremde Richter (Selbstbestimmungsinitiative)» (BRG 17.046)

In der Frühjahrssession 2018 behandelte der Ständerat die Volksinitiative «Schweizer Recht statt fremde Richter (Selbstbestimmungsinitiative)». Die Debatte wurde vom Schweizer Fernsehen direkt übertragen. Robert Cramer (gp, GE), Sprecher der RK-SR, erörterte zunächst die ablehnende Position der Kommission, die sich unter anderem auch auf die Anhörung verschiedener Rechtsprofessorinnen und Rechtsprofessoren stütze, welche einhellig der Meinung seien, dass die Initiative mehr Probleme verursache, als sie löst. Die momentane Situation lasse den obersten Gerichten den nötigen Spielraum für eine Abwägung zwischen Völkerrecht und Landesrecht. Es sei in den Augen der Experten nicht angebracht, die beiden Normen gegeneinander auszuspielen, da internationales Recht, das in der Schweiz angewendet werde, genauso legitim und demokratisch abgestützt sei wie das Landesrecht selbst. Cramer erklärte, dass die Kommission auch verschiedene Akteure aus der Wirtschaft angehört habe, wobei die Stellungnahmen auch hier einhellig gegen die Initiative ausgefallen seien. Die Kommission sei auch deshalb mit 12 zu 1 Stimmen zum Schluss gekommen, dem Rat die Ablehnung der Initiative zu empfehlen. Allerdings gebe es zwei Minderheitenanträge: Zum einen lege Andrea Caroni (fdp, AR) – unterstützt von vier Kommissionsmitgliedern – einen Gegenvorschlag vor, zum anderen empfehle Thomas Minder (parteilos, SH) die Initiative zur Annahme.

Andrea Caroni betonte in seinem Votum für seinen Gegenvorschlag, dass die Schweizer Rechtsordnung bei Konfliktfragen unterschiedlicher Normstufen sehr klar sei, mit Ausnahme eben des Verhältnisses zwischen Landes- und Völkerrecht. Dort herrsche «Improvisation» oder «Durchwursteln» vor, wobei in der Regel die Bundesgerichte «mit der Wurst betraut» seien. Dies sei aber «institutionell falsch» und es brauche deshalb eine klare Regelung. Eine solche müsse im Normalfall – hier wich der Gegenvorschlag deutlich von der Initiative ab – dem Völkerrecht den Vorrang geben, da man hier im Sinne von «Pacta sunt servanda» gegebene Versprechen einzuhalten habe. In begründeten Ausnahmefällen solle allerdings die Möglichkeit bestehen, durch ausdrücklichen und expliziten Beschluss durch den Verfassungs- oder Gesetzgeber vom Vorrang des Völkerrechts abzuweichen. Caroni exemplifizierte seine Idee an der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative, die ja nicht explizit eine Änderung von Völkerrecht vorgesehen habe. Wäre sein Vorschlag damals schon umgesetzt gewesen, dann hätte in der Initiative entweder explizit erwähnt werden müssen, dass ein internationaler Vertrag – konkret das Personenfreizügigkeitsabkommen – gekündigt werden solle, oder die Nichterwähnung hätte bedeutet, dass die Initianten das Völkerrecht implizit akzeptierten und bei der Umsetzung darauf Rücksicht genommen werden müsse. Caroni führte weiter aus, dass er seinen Vorschlag nicht aus taktischen Überlegungen einreiche, weil er Angst vor einer Annahme der Initiative an der Urne habe. Es gehe ihm vielmehr um das inhaltliche Anliegen, das er mit den Initianten teile: Die konkrete Regelung des Verhältnisses zwischen Landes- und Völkerrecht. Allerdings schlug er selber vor, auf den Gegenvorschlag zu verzichten – und diesen vorerst zu schubladisieren –, wenn die Initianten ihr Begehren nicht zu dessen Gunsten zurückziehen würden. Die Materie sei für sich genommen schon komplex genug. Wenn gleich zwei Vorlagen an die Urne kämen, sei dies dem Verständnis des Themas wohl eher abträglich.

Thomas Minder zählte in der Verteidigung seines Minderheitenantrags zur Annahme der Volksinitiative eine Reihe von aktuellen Vorstössen auf, in denen das Parlament Beschlüsse fasse, die im Widerspruch zu bestehendem internationalen Recht stünden: So verstosse etwa die Motion Grin (svp, VD), welche die Ausklammerung von Palmöl beim Freihandelsabkommen mit Malaysia verlange und soeben vom Nationalrat angenommen worden sei, gegen EFTA-Recht. Ebenso stünde eine Annahme der Fair-Food-Initiative im Widerspruch zu zahlreichen völkerrechtlichen Verträgen. Es gebe aber auch andere Beispiele, wo Vertragspartner der Schweiz Verträge nicht gänzlich einhielten. So habe etwa die EU bei Horizon 2020 oder Erasmus plus völkerrechtliche Verpflichtungen verletzt. Niemand habe damals nach einer Kündigung der Bilateralen Verträge gerufen, sondern man habe die Kröte geschluckt. Bei den über 5'000 völkerrechtlichen Verträgen, welche die Schweiz abgeschlossen habe – in ihrem Schlussvotum sprach Bundesrätin Simonetta Sommaruga von rund 4'000 Verträgen – bestünden zahlreiche potenzielle Normenkonflikte. Und hier setze die Initiative an, indem sie klar festlege, dass bei Normenkonflikten die Verfassung vorzugehen habe.

In der Folge äusserten sich 17 Ständerätinnen und -räte zur Vorlage, wobei sich die Argumente mehr oder weniger wiederholten: Die Initiative sei konfus und widersprüchlich; der SVP wurde vorgeworfen sich damit nicht gegen fremde Richter, sondern gegen das eigene Bundesgericht zu wenden. Betont wurde zudem die Gefährdung schweizerischer Wirtschaftsinteressen. Die Verlässlichkeit der Schweiz würde bei einer Annahme des Begehrens auf dem Spiel stehen. Völkerrecht helfe zudem insbesondere Kleinstaaten, die ohne rechtliche Absicherung dem Recht des Stärkeren ausgesetzt wären.

Die Ständeräte der SVP sprachen sich für eine Annahme der Initiative aus, weil laut Werner Hösli (svp, GL) die «Macht des Volkes» geschützt werden müsse; gemäss Peter Föhn (svp, SZ) der zunehmenden Aushöhlung der Bundesverfassung durch internationale Bestimmungen Einhalt geboten werden müsse; oder der Politikverdrossenheit begegnet werden müsse, die – so Alex Kuprecht (svp, SZ) – auch deshalb wachse, weil «die Menschen das Gefühl haben [...], dass die da oben in Bern sowieso machen, was sie wollen» – etwa bei der Umsetzung angenommener Volksinitiativen. Gefordert sei deshalb ein «bisschen mehr 'Switzerland first'».

Der Ständerat war sich also mehrheitlich einig darin, dass die Initiative abzulehnen sei. Weniger einig waren sich die Kantonsvertreterinnen und -vertreter hingegen darüber, ob die Normenkonflikte, die sich langfristig wohl noch häufen werden, gesondert geregelt werden müssten, oder ob die so genannte Schubert-Praxis genüge. Zur Frage stand folglich, ob man es wie bis anhin dem Bundesgericht überlassen wolle, zu regeln, wann Landesrecht ausnahmsweise Völkerrecht vorgehen solle. Nicht wenige Voten plädierten für den Gegenvorschlag Caroni. Letztlich setzte sich allerdings die Überzeugung durch, dass auch der Gegenvorschlag eine «fausse bonne idée» sei, wie sich Didier Berberat (sp, NE) ausdrückte.

In ihrem Schlussvotum wollte Justizministerin Simonetta Sommaruga klarstellen, dass es «grundfalsch» sei, das Völkerrecht mit Unterdrückung und Fremdbestimmung in Verbindung zu bringen. Sie wies auf verschiedene Geschäfte hin, mit denen die Problematik der Beziehung internationaler Verträge und innerstaatlichen Rechts angegangen werde – so etwa eine Erweiterung des obligatorischen Staatsvertragsreferendums oder die Anpassung der Symmetrie bei der Kündigung von Staatsverträgen. Die Bundesrätin hielt zudem Gericht über das Parlament: Man habe in der Debatte einige Male gehört, dass der Volkswille nicht richtig umgesetzt werde, diese Kritik richte sich aber eigentlich an die Volks- und Kantonsvertretung. Das Parlament habe ja bereits die Möglichkeit, im Einzelfall zu entscheiden, dass Landesrecht gegenüber internationalem Recht der Vorrang gegeben werden solle. Und wenn es dies nicht tue, dann habe es sicherlich gute Gründe dafür. Der Bundesrat empfehle die Initiative insbesondere deshalb zur Ablehnung, weil sie starre Regeln fordere und so die zahlreichen, heute bestehenden Möglichkeiten für pragmatische Einzelfalllösungen beschneide. Das Begehren verspreche zwar Klarheit im Verhältnis zwischen Landesrecht und internationalem Recht, schaffe aber grundsätzlich das Gegenteil, nämlich Rechtsunsicherheit. Dies wäre freilich – so die Magistratin abschliessend – auch beim diskutierten Gegenvorschlag der Fall.

Nach rund vierstündiger Debatte schritt die kleine Kammer zur Abstimmung. Das Stimmverhältnis von 27 zu 15 Stimmen für Nichteintreten auf den Gegenvorschlag Caroni widerspiegelte den doch recht grossen Wunsch nach Klärung, während die Initiative mit 36 zu 6 Stimmen letztlich recht deutlich zur Ablehnung empfohlen wurde.

Volksinitiative «Schweizer Recht statt fremde Richter (Selbstbestimmungsinitiative)» (BRG 17.046)

Anfang Juli 2017 legte der Bundesrat die Botschaft zur Volksinitiative «Schweizer Recht statt fremde Richter (Selbstbestimmungsinitiative)» vor. Die Regierung empfahl das Begehren ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung. Als Hauptargumente führte sie die Gefahr negativer aussenpolitischer sowie aussenwirtschaftlicher Auswirkungen an. Sich über bestehende internationale Verträge hinwegzusetzen, entspreche nicht der Rechtskultur der Schweiz und untergrabe die Rechts- und Planungssicherheit. Zudem weise die Volksinitiative innere Widersprüche auf. Es sei bereits heute klar, dass die Bundesverfassung oberste Rechtsquelle ist. Der Gegensatz zwischen Landesrecht und Völkerrecht sei konstruiert: «Völkerrechtliche Verpflichtungen einzugehen, bedeutet keine Einschränkung, sondern Ausübung der nationalen Souveränität». Zwar gäbe es gemäss dem Bundesrat durchaus Spannungen zwischen Völker- und Landesrecht, insbesondere bei der Umsetzung von völkerrechtswidrigen Volksinitiativen, diese seien aber eher als Chance anzusehen, weil pragmatische und breit abgestützte Lösungsfindungen möglich seien, was mit der von der Initiative vorgeschlagenen starren Hierarchie hingegen verbaut würde. Die «in der Selbstbestimmungsinitiative enthaltene Ermächtigung zum Vertragsbruch» hätte nachteilige Auswirkungen für Wirtschaft und Aussenpolitik. Gerade der Kleinstaat Schweiz sei angewiesen auf völkerrechtliche Verträge, um nicht dem Recht des Stärkeren ausgeliefert zu sein. Nur wenn man sich selber an Verträge halte, könne man auch Zuverlässigkeit von anderen Vertragspartnern erwarten. Anstelle der versprochenen Klärung des Verhältnisses von Landesrecht und Völkerrecht würde man sich bei einer Annahme eher eine Erschwerung aufhalsen. Zudem würde die direkte Demokratie bei wichtigen Fragen damit nicht gestärkt, sondern geschwächt, weil man letztlich den Gerichten die Deutungshoheit überlassen müsste.
Vor der Presse wandte sich Justizministerin Simonetta Sommaruga mit deutlichen Worten gegen die Initiative. Sie warf den Initianten laut der Tribune de Genève vor, im Text vor allem hinsichtlich der Anwendung – wann genau herrscht ein Konflikt zwischen Landes- und Völkerrecht und wer entscheidet, ob ein Vertrag allenfalls gekündigt werden müsste – willentlich unpräzise geblieben zu sein, um die Verantwortung nicht übernehmen zu müssen («Les initiants sont restés volontairement flous pour ne pas assumer leurs responsabilités»). Während die SVP sich ob dem Entscheid des Bundesrates erbost zeigte, – Hans-Ueli Vogt (svp, ZH) gab seine Enttäuschung zu Protokoll, dass der Bundesrat nicht einsehen wolle, dass das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht problematisch sei und deshalb eine Lösung gefunden werden müsse – begrüssten Parteien, Wirtschaftsverbände und verschiedene Interessenorganisationen den Entscheid.

Volksinitiative «Schweizer Recht statt fremde Richter (Selbstbestimmungsinitiative)» (BRG 17.046)

Das Wahlverfahren für den Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) hatte bei der Wahl von Adrian Lobsiger im Jahr 2016 viel zu reden gegeben. In den Medien war dem Bundesrat, dem die Wahl des EDÖB obliegt, vorgeworfen worden, mit einem ehemaligen Bundesbeamten – Lobsiger war lange Zeit Chef des Fedpol gewesen – keine guten Voraussetzungen für die nötige Unabhängigkeit geschaffen zu haben. Auch im Parlament wurde nicht goutiert, dass sich die Regierung vor der Wahl, die von der Vereinigten Bundesversammlung lediglich noch bestätigt werden kann, nicht mit dem Parlament ausgetauscht hatte. Der Unmut manifestierte sich schliesslich in einer parlamentarischen Initiative Leutenegger Oberholzer (sp, BL). Die Baselbieter Sozialdemokratin bemängelte, dass das Parlament mit der einfachen Genehmigung der Wahl keinen Einfluss auf die Auswahl und die Beurteilung der Eignung von EDÖB-Kandidierenden habe. Zwar finde eine formelle Nachprüfung durch die GK statt, dies könne aber kein Ersatz sein für ein stimmiges Ausschreibe- und Auswahlverfahren. Das ganze Wahl- und Auswahlverfahren sei deshalb integral dem Parlament bzw. der vorgelagerten Gerichtskommission beider Räte zu übertragen.
Anfang 2017 gab die SPK-NR der Initiative mit 13 zu 6 Stimmen bei drei Enthaltungen Folge. Es sei in der Tat stossend, dass das Parlament vor ein "fait accompli" gestellt werde. Ende März folgte auch die Schwesterkommission: Mit 9 zu 3 Stimmen stimmte die SPK-SR dem Vorschlag ebenfalls zu. Das heutige Verfahren befriedige in der Tat nicht. Die SPK-NR wird in der Folge einen Entwurf ausarbeiten.

Wahlverfahren für den EDÖB

Seit dem 1. Juli 2006 ist das Bundesgesetz über das Öffentlichkeitsprinzip in Kraft. Mit diesem Prinzip wird Verwaltungstransparenz angestrebt: Alle Verwaltungsdokumente sollen grundsätzlich allen interessierten Personen offengelegt werden. Das Parlament hatte allerdings einige Ausnahmeregelungen von diesem Prinzip eingeführt. Eine Folge davon ist, dass unterschiedliche Verwaltungseinheiten sehr hohe Gebühren für die Herausgabe von Dokumenten verlangen. Mit einer parlamentarischen Initiative wollte Edith Graf-Litscher (sp, TG) dem einen Riegel schieben. Sie wies zwar in ihrer Begründung darauf hin, dass in den allermeisten Fällen keine Gebühren verlangt würden: 97% der beim EDÖB gemeldeten Gesuche seien gratis erledigt worden. Allerdings seien die restlichen 3% mit teilweise exorbitant hohen Gebühren versehen worden. Sie nannte das Beispiel der Akten im Zusammenhang mit der Duro-Beschaffung, für deren Einsicht vom Bundesamt für Rüstung eine Gebühr von CHF 7'900 erhoben worden sei oder die CHF 16'500, die einer Lärmschutzvereinigung für die Einsicht in einen 90-seitigen Bericht in Rechnung gestellt worden wären. Dies erwecke den Anschein, dass einzelne Verwaltungsstellen hohe Hürden aufstellten. Weil dies dem Öffentlichkeitsprinzip diametral entgegen stehe, sei eine gesetzliche Grundlage für grundsätzlich vollständige Gebührenfreiheit zu schaffen.
Mit 17 zu 4 Stimmen sprach sich die SPK-NR für Folge geben aus. Gleichzeitig müsse auch das Verfahren präzisiert werden. Die ständerätliche Schwesterkommission stiess sich ebenfalls an der uneinheitlichen Erhebung von Gebühren, die aufgrund ihrer abschreckenden Wirkung dem Öffentlichkeitsprinzip zuwiderlaufe, und sprach sich Anfang 2017 einstimmig für das Anliegen aus.

Öffentlichkeitsprinzip (Pa.Iv. 16.432)
Dossier: Öffentlichkeitsprinzip in der Bundesverwaltung

Am 12. August 2016 reichte die SVP die nötige Anzahl Unterschriften für ihre Volksinitiative «Schweizer Recht statt fremde Richter (Selbstbestimmungsinitiative)» bei der Bundeskanzlei ein – diese beglaubigte ein paar Wochen später 116'428 Unterschriften – und nutzte die Übergabe der Unterschriftenbogen zugleich für einen erneuten Medienauftritt. Weil das Parlament, die Regierung, die Verwaltung und die Justiz «in unheimlichem Zusammenspiel» (zitiert aus der NZZ) das Volk als obersten Gesetzgeber entmachte, müsse die direkte Demokratie gestärkt werden. Die Umsetzung von Initiativen – die SVP verwies auf ihre eigene Ausschaffungsinitiative, auf die Masseneinwanderungsinitiative und die Verwahrungsinitiative – werde mit Verweis auf internationales Recht immer häufiger verhindert, obwohl Volk und Stände den Begehren zugestimmt hätten, so die Initianten. Der direkten Demokratie werde also nur wieder Gehör verschafft, wenn im Falle eines Widerspruchs zwischen Bundesverfassung und völkerrechtlichen Bestimmungen Erstere den Vorrang erhalte, indem Letztere entweder angepasst oder gekündigt würden. Massgeblich sollten zudem nur noch jene völkerrechtlichen Verträge sein, die direktdemokratisch legitimiert, also dem fakultativen Referendum unterstanden hätten.

Gegen das Volksbegehren hatte sich schon früh Widerstand geregt. Bereits im Juni 2016 hatte die Organisation «Schutzfaktor M» zu einer Medienveranstaltung eingeladen, an der vor der Selbstbestimmungsinitiative gewarnt worden war. Die Möglichkeit, Staatsverträge durch Volksinitiativen ausser Kraft zu setzen, komme einer Verabsolutierung der Demokratie gleich, was gefährlich sei, gab etwa Heinrich Koller, der ehemalige Direktor des Bundesamtes für Justiz, zu Protokoll. Alt-Bundesrichter Niccolò Raselli (sp) warnte vor einer «Anti-Menschenrechts-Initiative», da die Gefahr einer Kündigung der Europäischen Menschenrechtskonvention bestehe. Hans-Ueli Vogt (svp, ZH) – der mittlerweile in den Nationalrat gewählte Kopf hinter der Initiative – wehrte sich gegen den Vorwurf, dass die SVP gegen die Menschenrechte sei; sie stosse sich lediglich an den immer häufiger auftretenden Eingriffen des Menschenrechtsgerichtshofes in Strassburg in das Schweizer Recht.

Volksinitiative «Schweizer Recht statt fremde Richter (Selbstbestimmungsinitiative)» (BRG 17.046)

Mittels parlamentarischer Initiative forderte Ida Glanzmann (cvp, LU) gesetzliche Strukturen für die Einrichtung eines Staatssekretariats für innere Sicherheit. Den momentanen Bedrohungen in Form von Cyberkriminalität, organisiertem Verbrechen und insbesondere von terroristischen Anschlägen solle mit allen verfügbaren Ressourcen begegnet werden. Dafür brauche es aber bessere Strukturen, in denen alle operativen und administrativen Kräfte zusammengefasst würden. Einem Staatssekretariat für innere Sicherheit, das dem EJPD angehängt würde, würden etwa die Behörden für Strafverfolgung, die Sicherheitsorgane und die Nachrichtendienste angehören.
Die Kommission empfahl mit 20 zu 4 Stimmen, der Initiative keine Folge zu geben. Hauptargument der SiK-NR gegen die Idee war der Hinweis auf die Gefahr, dass das gut austarierte föderal organisierte Sicherheitssystem ausgehebelt würde, was entgegen der Forderung gar mehr Unsicherheit schaffen würde. Es sei angezeigter, auf aktuelle Bedrohungen spezifische Taskforces einzusetzen, was etwa mit der Taskforce Tetra im Bereich der Bekämpfung von Terrorismus bereits geschehen sei. Staatssekretariate seien eher Instrumente, die den Bundesrat in seiner Repräsentationsfunktion entlasten würden. Auch wenn sich eine kleine Minderheit mit Verweis auf die Sicherheitsbedürfnisse in der Bevölkerung und die Möglichkeit, einen nationalen Ansprechpartner im föderalen System einzurichten, der auch Doppelspurigkeiten verhindern würde, für das Vorhaben aussprach, zog die Initiantin im März 2016 ihr Anliegen zurück.

Staatssekretariat für innere Sicherheit

Das Prozedere für die Wahl des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) sieht vor, dass die Vereinigte Bundesversammlung den Wahlvorschlag des Bundesrates bestätigen muss. Eine Kommission hat die Wahl des EDÖB durch den Bundesrat zu begutachten und der Bundesversammlung den von der Regierung gewählten Kandidaten zur Annahme oder zur Ablehnung zu empfehlen. Da der amtierende EDÖB Hanspeter Thür auf eine weitere Amtsperiode verzichtete, hatte der Bundesrat Ende 2015 Adrian Lobsiger, bis dato stellvertretender Direktor des Bundesamtes für Polizei, in dieses Amt gewählt.
Mit der Begutachtung wurde die GK betraut. In ihrem Bericht kritisierte die GK das Verfahren und die Kompetenzverteilung. Sie äusserte zudem Bedauern, dass vor der Wahl Lobsigers kein Austausch zwischen dem Bundesrat und dem Parlament stattgefunden habe. Das Wahlverfahren selber wurde – aufgrund von Gesprächen mit dem Bundeskanzler Walter Thurnherr sowie der Leiterin der Sektion Personal und Ressourcen Prisca Leu – als korrekt beurteilt. Es sei aus dem Dossier nicht ersichtlich, dass bestimmte Kandidatinnen oder Kandidaten oder bestimmte Bewerberkategorien bevorzugt behandelt worden seien. Bei Gesprächen mit den GPK und den GPDel seien ebenfalls keine Einwände zur Wahl Lobsigers vorgebracht worden. Schliesslich habe auch eine Anhörung des Kandidaten selber auf keine mangelnde Einigung hingewiesen. Mit 10 Stimmen bei sechs Enthaltungen – vermutlich ein stiller Protest gegen das Verfahren und die in den Medien vorgebrachten Bedenken gegen Lobsiger – beantragte die GK deshalb, die Wahl Adrian Lobsigers durch den Bundesrat zu bestätigen.
In den Medien war die Wahl Lobsigers auf Skepsis gestossen. Als Fedpol-Chef sei er treibende Kraft für das präventive Sammeln von Daten gewesen und es sei zudem fraglich, ob er als ehemaliger Bundesbeamter die nötige Unabhängigkeit haben könne. Der Rollenwechsel und seine Verwaltungsnähe waren aber dann für die Bundesversammlung kein Hinderungsgrund, Lobsiger zu bestätigen. In der Frühjahressession folgte sie dem Antrag der GK. Bei der geheimen Wahl, in der ein einfaches Mehr genügt und die leeren Stimmen mitgezählt werden, waren 139 Stimmen für eine Bestätigung der Wahl des Bundesrats und 54 Stimmen dagegen. Fünf Wahlzettel blieben leer. Damit galt Adrian Lobsiger für die 50. Legislaturperiode als EDÖB bestätigt.

Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragter - Bestätigung

Noch Ende 2014 hatte das Büro des Nationalrats (Büro-NR) einen Bericht und einen Verordnungsentwurf zu seiner eigenen, im Sommer 2014 von beiden Kammern Folge gegebenen, parlamentarischen Initiative vorgelegt. Die darin festgehaltene Regelung der Zuständigkeit bei der personenbezogenen Auswertung von Randdaten – Daten, mit denen sich die Nutzung elektronischer Infrastruktur hinsichtlich Absender und Empfänger, Zeitpunkt und Dauer der Nutzung nachzeichnen lässt – stiess in beiden Kammern auf einstimmige und diskussionslose Zustimmung. Ziel ist insbesondere, dem Missbrauch von solchen namentlichen Daten vorzubeugen, aber auch zu bestimmen, unter welchen Umständen und von wem solche Daten aus strafrechtlichen Gründen zur Verfügung gestellt und ausgewertet werden sollen. Mit 191 zu 0 bzw. 45 zu 0 Stimmen wurde die Verordnung in beiden Kammern auch in den Schlussabstimmungen oppositionslos angenommen.

Aufzeichnung und Auswertung elektronischer Zugriffsprotokolle der Ratsmitglieder

Schon seit geraumer Zeit schlug sich die SVP mit dem Gedanken herum, eine Initiative zu lancieren, mit der das Verhältnis zwischen Landesrecht und Völkerrecht definiert werden soll. Bereits 2013 hatte Parteipräsident Toni Brunner (svp, SG) moniert, dass sich das Bundesgericht immer stärker von internationaler Rechtsprechung beeinflussen lasse. Ein Positionspapier, in dem die schleichende Entmündigung des Schweizer Volkes kritisiert worden war, hatte in der Folge parteiintern als Grundlage für die Ausarbeitung einer Volksinitiative gedient, die Mitte August 2014 mit einer Medienkonferenz angekündigt und deren Lancierung Ende Oktober 2014 an der Delegiertenversammlung beschlossen worden war. Hans-Ueli Vogt (ZH, svp), Kantonsrat aus Zürich und Vater des Initiativtextes, bemängelte insbesondere, dass das Völkerrecht die Umsetzung angenommener Volksinitiativen erschwere.
Zu Beginn des Wahljahres, am 10. März 2015, wurde die Unterschriftensammlung für die Volksinitiative «Schweizer Recht statt fremde Richter (Selbstbestimmungsinitiative)» schliesslich mit viel Aufhebens gestartet: Mit Hilfe eines SVP-«Extrablatts», das eine Auflage von rund 4.2 Mio. Exemplaren hatte, wurde das Begehren von der Volkspartei lanciert.
Die Regelung des Verhältnisses zwischen Völker- und Landesrecht war zwar auch im Parlament aufgrund einiger Vorstösse diskutiert worden, mit ihrer Idee, das Landesrecht über das Völkerrecht zu stellen und im Falle eines Normenkonflikts internationale Verträge neu zu verhandeln oder zu kündigen und damit notfalls gar die Kündigung der Europäischen Menschenrechtskonvention in Kauf nehmen zu wollen, stand die SVP in der Parteienlandschaft allerdings ziemlich alleine auf weiter Flur.

Volksinitiative «Schweizer Recht statt fremde Richter (Selbstbestimmungsinitiative)» (BRG 17.046)

Das Büro NR reichte im März 2014 eine parlamentarische Initiative ein, mit der die Aufzeichnung und die Auswertung der elektronischen Zugriffsprotokolle der Ratsmitglieder geregelt werden sollen. Die Thematik hätte bereits mit der mittlerweile zurückgezogenen parlamentarischen Initiative für die Erweiterung der Zugriffsrechte geregelt werden sollen. Mit dem neuen Vorstoss ging es nun lediglich noch darum, zu definieren, wie mit so genannten Randdaten verfahren werden darf. Hierbei handelt es sich um Daten, die bei der Nutzung elektronischer Infrastruktur entstehen und die über Nutzerin oder Nutzer, Dauer und Pfade von Kommunikation, nicht aber über den Inhalt von Vorstössen Auskunft geben. Beide Büros beschlossen noch im Jahr 2014 Folge geben.

Aufzeichnung und Auswertung elektronischer Zugriffsprotokolle der Ratsmitglieder

Das Postulat der FDP, mit dem Grundlagen für ein klareres Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht geschaffen werden sollen, wurde im Nationalrat in der Frühjahrssession stillschweigend angenommen. Es verlangt eine Prüfung der Idee eines obligatorischen Referendums für völkerrechtliche Verträge mit verfassungsmässigem Charakter und der Idee einer Hierarchie völkerrechtlicher Normen nach demokratischer Legitimation: Verträge (und Verfassungsartikel) mit obligatorischem Referendum würden gegenüber Verträgen (bzw. Gesetzen) mit fakultativen bzw. keinem Referendum höher gewichtet. Mit dem obligatorischen Referendum würde also ein Parallelismus geschaffen und Konfliktfälle zwischen Normen des Landesrechts und des Völkerrechts könnten entsprechend der Normstufe besser gelöst werden. Der Bundesrat war bereit, den Auftrag anzunehmen, und verwies in seiner Antwort auf seine Botschaft zur Volksinitiative „Staatsverträge vors Volk“, wo er einen vom Parlament allerdings abgelehnten Gegenvorschlag unterbreitet hatte, der das obligatorische Referendum für verfassungsändernde völkerrechtliche Verträge vorgesehen hätte.

Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht (Po. 13.3805)
Dossier: Ungültigkeitsgründe von Volksinitiativen
Dossier: Obligatorisches Referendum für völkerrechtliche Verträge mit Verfassungscharakter

Noch Ende 2011 waren zwei Motionen diskutiert worden, die auf Massnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Volksinitiativen mit den Grundrechten abzielten. Auf der Basis des bundesrätlichen Zusatzberichts zum Verhältnis von Völkerrecht und Volksinitiativen verlangte die Motion der staatspolitischen Kommission des Ständerates einen Katalog von rechtlichen Grundlagen für die nichtbindende materielle Vorprüfung eines Initiativtextes vor der Sammlung der Unterschriften (11.3751). Beide Kammern hatten diesen Vorstoss angenommen, die nationalrätliche SPK verlangte aber in einer von der grossen Kammer ebenfalls 2011 noch angenommenen zweiten Motion zusätzlich Vorschläge für eine Erweiterung des Katalogs der Gründe für die Ungültigkeitserklärung einer Volksinitiative (z.B. ein Gebot der Beachtung der Grundrechte oder der Menschenrechtskonvention in der Verfassung). In der Frühjahrssession war dieser zweite Punkt Gegenstand recht ausführlicher Diskussionen im Ständerat über die Bedeutung der direkten Demokratie gegenüber zentraler Grund- und Menschenrechte. Schliesslich stimmte der Rat mit Stichentscheid des Präsidenten für Annahme der auch vom Bundesrat unterstützten Motion.

Vorstösse zur materiellen Vorprüfung von Volksinitiativen
Dossier: Ungültigkeitsgründe von Volksinitiativen

Die Räte hatten derweil über Vorstösse zu befinden, die in ähnliche Richtungen zielten. Die parlamentarische Initiative Moret (fdp, VD) hätte die Gültigkeitsprüfung einer Initiative einer richterlichen Instanz im Sinne eines Verfassungsgerichts unterstellen wollen (Pa.Iv. 09.521). Mit dem Argument, dass diese Prüfung erst nach der Sammlung der Unterschriften zur Anwendung käme, wurde der Vorstoss in der Sondersession im April vom Nationalrat verworfen. In der gleichen Debatte wurde in der grossen Kammer ein Postulat der SPK-NR (Po. 10.3885) überwiesen, das den Bundesrat beauftragte, mögliche Verfahren für eine Gültigkeitsprüfung vor der Unterschriftensammlung aufzuzeigen. Trotz des Hinweises von Bundesrätin Sommaruga, dass der Bundesrat diesem Anliegen bereits im Zusatzbericht nachgekommen sei, wurde der Vorstoss angenommen. Im Herbst lehnte der Ständerat die parlamentarische Initiative Vischer (gp, ZH) ab, die ein Volksbegehren auch dann für ungültig erklären lassen wollte, wenn es gegen den Grundrechtsschutz und Verfahrensgarantien des Völkerrechts verstösst (z.B. Menschenrechtskonvention). Der im Vorjahr vom Nationalrat noch überwiesene Vorstoss wurde in der kleinen Kammer als zu weit gehend beurteilt (Pa.Iv. 07.477). Dafür überwies der Ständerat in der gleichen Sitzung eine Motion seiner SPK-SR, mit welcher der Bundesrat beauftragt wird, auf der Basis des Zusatzberichtes eine Vorlage zu erarbeiten, in der die rechtlichen Grundlagen für die nichtbindende materielle Vorprüfung des Initiativtextes vor der Sammlung der Unterschriften erarbeitet werden (Mo. 11.3468). Die gleichlautende Motion der staatspolitischen Kommission des Nationalrates (SPK-NR) wurde dann in der Wintersession auch von der Volksvertretung überwiesen. Allerdings nahm die nationalrätliche Kommission auch den zweiten Punkt des Zusatzberichtes des Bundesrats auf und verlangte Vorschläge für eine Erweiterung des Katalogs der Gründe für die Ungültigkeit einer Volksinitiative (Mo. 11.3468).

Vorstösse zur materiellen Vorprüfung von Volksinitiativen
Dossier: Ungültigkeitsgründe von Volksinitiativen

Die Staatspolitische Kommission des Nationalrats reichte 2009 eine parlamentarische Initiative ein, die eine bessere und schnellere Information des Parlaments bei Notverordnungen verlangt. So soll die Geltungsdauer für dringliche Verordnungen zur Wahrung der Landesinteressen im Ausland befristet werden. Für Verfügungen zur Wahrung der Interessen der Schweiz sowie zur Wahrung der inneren und äusseren Sicherheit müsste das zuständige parlamentarische Organ konsultiert und informiert werden. Dringliche Finanzbeschlüsse würden die Zustimmung der Finanzdelegation bedingen und bei Bedarf in einer ausserordentlichen Session verhandelt werden können. Die SPK reagierte mit diesem Vorstoss auf den Bericht der Geschäftsprüfungskommission zum Fall Tinner sowie auf die Swissair- und die UBS-Krisen. In allen drei Fällen wurde der Bundesrat kritisiert, das Parlament umgangen zu haben. In der Beratung schloss sich der Nationalrat einem Minderheitsantrag Fluri (fdp, SO) an, der zusätzlich vorsieht, dass Notverordnungen zur Wahrung der inneren und äusseren Sicherheit nur in Kraft bleiben, wenn der Bundesrat dem Parlament innert sechs Monaten einen Gesetzesentwurf unterbreitet oder eine Parlamentsverordnung gefasst wird. Die Kommissionsmehrheit hatte lediglich einen Gesetzesentwurf vorgesehen und der Bundesrat hatte eine Frist von einem Jahr für einen Gesetzesentwurf beantragt. Der Ständerat folgte zuerst dem Antrag des Bundesrats, schwenkte aber im zweiten Durchgang auf die Linie des Nationalrats ein. Differenzen zwischen den Räten gab es zudem in Bezug auf die Konsultationspflicht. Der Nationalrat forderte, dass der Bundesrat spätestens 48 Stunden vor dem Erlass notrechtlicher Verfügungen das zuständige parlamentarische Organ zu konsultieren hätte. Der Ständerat begnügte sich mit der vom Bundesrat präferierten Informationspflicht spätestens 24 Stunden nach dem Beschluss. Der Nationalrat schloss sich in der zweiten Beratung dem Ständerat an. Nicht umstritten war die Forderung, dringliche Ausgaben der Zustimmung der Finanzdelegation zu unterstellen. Beschlossen wurde zudem, dass ein Viertel der Mitglieder eines Rats innerhalb einer Woche - statt wie vom Bundesrat vorgesehen von fünf Wochen - eine ausserordentliche Session zu dringlichen Ausgabebeschlüssen über CHF 500 Mio. beantragen kann. Keine Chance hatte ein Antrag einer links-grünen Minderheit im Nationalrat, solche Beschlüsse immer von der Zustimmung der Bundesversammlung abhängig zu machen. In der Schlussabstimmung wurde das Gesetz schliesslich von beiden Kammern einstimmig bzw. mit einer Gegenstimme angenommen.

Bessere Informierung des Parlaments bei Notverordnungen (09.402)

Während auf der einen Seite eine Debatte um die Vereinbarkeit von Initiativen und übergeordnetem Recht geführt wurde, strebte die SVP auf der anderen Seite gleich mit drei Vorstössen Regelungen an, mit denen sich die Vereinbarkeitsfrage gar nicht mehr stellen würde. In einer ersten parlamentarischen Initiative forderte die SVP-Fraktion, jüngeren Bundesgesetzen gegenüber älteren Staatsverträgen Vorrang einzuräumen. Bei Widersprüchen zwischen Landesrecht und Völkerrecht müsste zwingend ersteres angewendet werden. Eine zweite parlamentarische Initiative der SVP-Fraktion wollte in der Verfassung festschreiben, was ‚zwingendes Völkerrecht‘ bedeutet, aufgrund dessen eine Initiative bei widersprechender Forderung ungültig würde (09.466). Die SVP schlug einen solchen Katalog gleich selber vor, der ius cogens umfasste (Verbot des Angriffskriegs, Verbot der Folter, Verbot des Völkermords und Verbot der Sklaverei) und also wesentlich weniger weit gespannt wurde, als etwa die UNO-Menschenrechtscharta. Beide parlamentarischen Initiativen hatten im Nationalrat keine Chance. Die grosse Kammer überwies allerdings ein Postulat der SVP-Fraktion, das den Bundesrat beauftragt, einen Wechsel vom Monismus zum Dualismus zu prüfen (09.3676). Bei einem Staatsvertrag soll jeweils abgeklärt werden, inwieweit dieser und die auf ihm basierende Rechtsprechung Vorrang gegenüber dem Landesrecht haben soll. Mit dem Prinzip des Dualismus wird anerkannt, dass Völkerrecht und Landesrecht unterschiedliche Rechtsordnungen darstellen. Neues Völkerrecht muss hier zuerst in Landesrecht umgewandelt bzw. in die Normenhierarchie eines Staates eingeordnet werden. Beim Monismus wird hingegen von einer Einheit der Rechtsordnung ausgegangen und internationale Normen ergänzend zum Landesrecht ohne vorgängige Umsetzung in dasselbe angewendet.

Landesrecht vor Völkerrecht? (Pa.Iv. 09.414)
Dossier: Ungültigkeitsgründe von Volksinitiativen

Der Nationalrat überwies ein auch vom Bundesrat nicht bekämpftes Postulat Vaudroz (fdp, VD) für die Zusammenlegung aller Dienststellen, welche sich mit der inneren Sicherheit befassen sowie der Zollbehörden und des Grenzwachtkorps im VBS. Mit dieser Schaffung eines „Sicherheitsdepartementes“ sollen die staatlichen Abwehrmassnahmen gegen das internationale Verbrechen und gegen den Terrorismus verbessert werden.

Postulat zur Schaffung eines Sicherheitsdepartementes (02.3742)