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In seiner Ende Oktober dem Parlament zugeleiteten Botschaft nahm der Bundesrat die verlangte Präzisierung der Aufgaben der Staatssekretäre vor. Dabei legte er fest, dass diese auch Führungsaufgaben bei der Verwaltung der Departemente oder bei der Leitung einzelner Bundesämter übernehmen sollen. Er beharrte aber darauf, ihre Wahl in vollständig eigener Kompetenz vornehmen zu dürfen; als Hauptargument gegen eine parlamentarische Bestätigung führte er die Gefahr einer Verpolitisierung von Personalentscheiden an. Für die später zu verwirklichende grundlegendere Regierungsreform folgte der Bundesrat den Empfehlungen der Arbeitsgruppe Eichenberger, und schloss sowohl den Wechsel zu einem präsidialen System als auch zu einem parlamentarischen Konkurrenzsystem aus. Von den ursprünglich diskutierten Modellen verbleiben – zumindest für den Bundesrat – noch deren zwei in der Wahl: die Erhöhung der Zahl der Bundesräte und die Bildung einer zweistufigen Exekutive mit einem Regierungskollegium und Fachministern.

Regierungsreform '93 (BRG 93.075)
Dossier: 9 statt 7 Bundesratsmitglieder?

Die Renovationsarbeiten am Nationalratssaal boten den äusseren Anlass, die ordentliche Herbstsession zum erstenmal seit 1848 nicht in der Bundesstadt abzuhalten. Bereits früher (1991) hatte der Genfer Ziegler (sp) erfolglos gefordert, mit der Durchführung von Parlamentssitzungen ausserhalb von Bern die Ideen des Föderalismus und des nationalen Zusammenhalts zu stärken. Die Majorisierung der französischsprachigen Schweiz in der EWR-Abstimmung hatte nun die Freisinnigen Fischer (AG), Früh (AR) und Tschopp (GE) veranlasst, eine Verlegung ins Internationale Kongresszentrum in Genf anzuregen. Gegen den Antrag seines Büros, welches sich aus Kostengründen gegen diese Dislozierung des Parlaments und seines Mitarbeiterstabes wandte, stimmte das Plenum dem Vorschlag zu. Im Ständerat brauchte es den Stichentscheid des Präsidenten Piller (sp, FR), um diesen Beschluss zu bestätigen. Die vom 20. September bis zum 8. Oktober in Genf durchgeführte Herbstsession war in ein umfangreiches Rahmenprogramm eingebettet und wurde allgemein als Erfolg gewertet. Ziegler reichte nach der Genfer Session einen neuen Vorstoss für die Abhaltung einer Session pro Jahr ausserhalb von Bern ein (93.3484).

Herbstsession 1993 in Genf
Dossier: Parlamentssessionen „extra muros“

Die Ersatzwahl löste auch eine Reihe von parlamentarischen Initiativen zum Prozedere der Bundesratswahl aus. So verlangten Robert (gp, BE) und Hämmerle (sp, GR) die Volkswahl mit einer Quotenregelung für die Sprachregionen und — zumindest Hämmerle — auch für die Geschlechter. Diese Quoten möchte auch Gross (sp, ZH) einführen. Er will die Wahl jedoch weiterhin der Bundesversammlung überlassen, schlug aber die Einführung des Proporzsystems vor.

Pa.Iv. Robert zur Volkswahl des Bundesrates (Pa.Iv. 93.412)
Dossier: Bestrebungen für Frauenquoten in politischen Ämtern, Kommissionen und der Verwaltung
Dossier: Vorschläge für eine Volkswahl des Bundesrates

Im schweizerischen politischen System mit seiner Mischung aus direktdemokratischen und föderalistischen Elementen besteht die Möglichkeit, dass bei Volksabstimmungen Volks- und Ständemehr differieren. Um dieses Risiko zu verringern, und um zudem den Machtzuwachs zu korrigieren, der sich im Laufe der Zeit zugunsten von kleinen Kantonen mit geringem Bevölkerungswachstum ergeben hat, schlug Leni Robert (gp, BE) mit einer parlamentarischen Initiative vor, dass ein Volksmehr nur durch ein qualifiziertes Ständemehr von 15,5 Kantonen zu Fall gebracht werden kann. Die Mehrheit der Staatspolitischen Kommission des Nationalrats lehnte diesen Vorstoss ab, da er dem in der Bundesverfassung von 1848 garantierten föderalistischen Prinzip widerspreche. Zudem besteht nach Meinung der Kommission auch kein Handlungsbedarf, sind doch bisher derartige divergierende Mehrheiten erst sechsmal vorgekommen (zuletzt 1983 beim Energieartikel). Der Nationalrat beschloss mit 99:52 Stimmen, der Initiative keine Folge zu geben.

Parlamentarische Initiative Robert Ständemehr
Dossier: Parlamentarische Vorstösse zur Änderung der Politischen Rechte 1990-2000

Mit dieser Revision des Beamtengesetzes soll auch die 1990 vom Parlament verlangte Flexibilisierung der Anstellungsverhältnisse bei Kaderstellen ermöglicht und die Grundlage für die Einführung einer Leistungskomponente bei Lohnerhöhungen geschaffen werden. Das wichtigste Element bei der Flexibilisierung besteht in der Ersetzung der vierjährigen Amtsdauer für die zur Zeit knapp 500 Kaderstellen der Überklasse (inkl. PTT und SBB) durch ein kündbares öffentlichrechtliches Anstellungsverhältnis. Allzuweit soll diese Flexibilisierung allerdings nach dem Willen des Bundesrates nicht gehen. Die durch eine Abgangsentschädigung im Umfang von maximal zwei Jahreslöhnen versüsste Auflösung des Dienstverhältnisses ist nur für politisch und strategisch wichtige Kaderposten vorgesehen. Bei allen übrigen soll ein Anspruch auf eine Weiterbeschäftigung in anderer Funktion bestehen, wobei noch zwei Jahre lang der bisherige Lohn ausbezahlt wird.

Revision des Beamtengesetzes 1993

Die Forderung nach einer Geschlechterquote für politische Institutionen erhielt nach der Nichtwahl von Christiane Brunner in den Bundesrat neuen Auftrieb. Namentlich von grünen Parlamentarierinnen wurden die Vorarbeiten für die Lancierung eines neuen Volksbegehrens vorangetrieben. Im September begann die Unterschriftensammlung für die Initiative "Für eine gerechte Vertretung der Frauen in den Bundesbehörden (Initiative 3. März)". Sie verlangt generell eine "angemessene" Vertretung der Frauen in den Institutionen und Verwaltungen auf Bundesebene. Im einzelnen wird festgehalten, dass der Bundesrat mindestens drei Frauen zählen muss, dass bei den Nationalratswahlen in keinem Wahlkreis (d.h. Kanton) die Differenz zwischen der Zahl der männlichen und der weiblichen Abgeordneten mehr als eins betragen darf, und dass die Vollkantone je eine Frau und einen Mann in den Ständerat zu delegieren haben. Im Gegensatz zur ersten, nicht zustandegekommenen Initiative "Nationalrat 2000" wird die konkrete Ausgestaltung der Wahlprozeduren dem Gesetzgeber überlassen. (Zu den parlamentarischen Vorstössen aus dem Vorjahr siehe hier.)

Initiative "für eine gerechte Vertretung der Frauen in den Bundesbehörden (Initiative 3. März; Quoteninitiative; BRG 97.031)
Dossier: Bestrebungen für Frauenquoten in politischen Ämtern, Kommissionen und der Verwaltung
Dossier: Frauenanteil im Parlament
Dossier: Frauenanteil im Bundesrat
Dossier: Frauenanteil in Verwaltung und Justiz

Am 1. September veröffentlichte der Bundesrat die Botschaft für eine Teilrevision des aus dem Jahre 1976 stammenden Gesetzes über die politischen Rechte. Die Regierung stützte sich bei dieser Reform weitgehend auf Vorschläge, welche das Parlament in den letzten Jahren als Motionen oder Postulate überwiesen hatte. Grundlegende Änderungen werden jedoch keine angestrebt. Es ist insbesondere vorgesehen, gewissen Vollzugsschwierigkeiten zu begegnen, welche bei den Nationalratswahlen vor allem in den grossen Kantonen Bern und Zürich infolge der wachsenden Zahl von Listen und Kandidierenden aufgetreten waren. Engpässe wurden dabei bei der effizienten Ermittlung der Resultate ausgemacht. Probleme ergaben sich aber auch wegen der Verpflichtung der Behörden, sämtliche Listen zu drucken und zu verteilen. Der Bundesrat schlug deshalb vor, die Einreichung von sogenannten Juxlisten, welche zum vorneherein keine Wahlchancen haben, zu erschweren. Dazu soll die für die Anmeldung einer Liste erforderliche Zahl der Unterzeichner nach Kantonen abgestuft und für die grössten sechs von heute 50 auf maximal 200 erhöht werden. Zudem sollen die Verantwortlichen für Listen, welche nur eine sehr geringe Stimmenzahl erzielt haben, an den Druckkosten beteiligt werden. Unterlistenverbindungen möchte der Bundesrat in Zukunft verbieten, obwohl die Reaktion auf diesen Vorschlag in der Vernehmlassung mehrheitlich negativ ausgefallen war.

Um auf unnötige Wahlgänge zu verzichten, sollen in Kantonen mit nur einem Mandat die Nationalratswahlen auch still durchgeführt werden können. Die briefliche Stimmabgabe soll, wie sie in vielen Kantonen bereits praktiziert wird, voraussetzungslos möglich werden. Weil die grosse Flut von Listen und Kandidaturen es der Bundeskanzlei immer schwieriger machen, das Ergebnis der Nationalratswahlen vom zweitletzten Oktobersonntag bis zum Beginn der ordentlichen Wintersession Anfangs Dezember zu erwahren, möchte der Bundesrat zudem die Legislatureröffnungssession auf den Januar verschieben.

Auch im Bereich der direktdemokratischen Instrumente werden einige Änderungen vorgeschlagen. So sollen Volksinitiativen schneller behandelt werden. Während bisher dem Bundesrat und dem Parlament bei ausformulierten Begehren vier Jahre bis zum Beschluss über die Empfehlung zustanden, sollen sie neu spätestens drei Jahre nach ihrer Einreichung zur Volksabstimmung kommen. Bei Referenden schlägt der Bundesrat eine Verlängerung der Frist für das Sammeln von Unterschriften von 90 auf 100 Tage vor, will aber die Möglichkeit einer nachträglichen Beglaubigung der Unterschriften abschaffen.

Auf andere, ebenfalls vom Parlament angeregte Neuerungen, wie zum Beispiel die Offenlegungspflicht für die Finanzierung von Wahlkampagnen, die Entrichtung von Beiträgen an die Parteien für Kampagnekosten oder die Reglemetierung von Meinungsumfragen im Vorfeld von Wahlen und Abstimmungen, verzichtete der Bundesrat in seiner Botschaft.

Teiländerung des Bundesgesetzes über die politischen Rechte (93.066)
Dossier: Parlamentarische Vorstösse zur Änderung der Politischen Rechte 1990-2000

Im Juni gab der Bundesrat seinen Vorentwurf für eine "Regierungsreform 93" in eine kurze Vernehmlassung. Dieser als Sofortmassnahme konzipierte Vorschlag kann über eine Gesetzesrevision verwirklicht werden; die eine Verfassungsrevision voraussetzenden Vorschläge der Arbeitsgruppe Eichenberger möchte der Bundesrat erst zu einem späteren Zeitpunkt angehen. Die Reform sieht vor, dass jeder Departementsvorsteher zu seiner Entlastung einen bis drei Staatssekretäre einstellen kann, wobei er flexibel über deren Einsatz entscheiden darf. Die Wahl soll allerdings durch den Gesamtbundesrat erfolgen. Da diese Staatssekretäre mit beratender Stimme an Bundesratssitzungen teilnehmen können, dürften sie auch im Verkehr mit dem Ausland und mit dem Parlament als Regierungsvertreter anerkannt werden. In der als Konferenz durchgeführten Vernehmlassung gaben die Bundesratsparteien ihr grundsätzliches Einverständnis zu den zusätzlichen Staatssekretären, regten jedoch eine präzisere Definition ihrer Funktion an. Die drei bürgerlichen Parteien verlangten zudem wenigstens eine Bestätigung ihrer Wahl durch das Parlament, um ihr politisches Gewicht, namentlich auch im Verkehr mit dem Ausland, zu vergrössern.

Regierungsreform '93 (BRG 93.075)
Dossier: 9 statt 7 Bundesratsmitglieder?

Das Parlament hatte 1989 mit der Überweisung einer Motion der PUK-EJPD die Trennung der bis jetzt in der Funktion des Bundesanwalts vereinigten Aufgaben des öffentlichen Anklägers und des Leiters der Ermittlungen der gerichtlichen Polizei verlangt. Um dieses Ziel zu verwirklichen, schlug der Bundesrat nun eine Änderung des Gesetzes über die Bundesrechtspflege vor. Er beantragte dabei, die gerichtliche und die präventive (politische) Polizei vollständig der Bundespolizei zuzuordnen und die Bundesanwaltschaft zu einer kleinen, vom Parlament gewählten und vom Bundesrat unabhängigen Anklagebehörde des Bundes umzugestalten. Im Dezember wählte der Bundesrat Carla del Ponte als Nachfolgerin für den auf Ende Jahr zurücktretenden Willy Padrutt zur neuen Bundesanwältin. Die Tessinerin hatte sich als kantonale Staatsanwältin einen ausgezeichneten Ruf als mutige Kämpferin gegen das internationale organisierte Verbrechen geschaffen.

Bundesanwalts Carla del Ponte

Nach der 1990 erfolgten Ablehnung der Revision der Bundesrechtspflege durch das Volk und der 1992 in Kraft getretenen kleinen Reform, welche auf die umstrittenen Punkte verzichtete, unternahm der Bundesrat einen neuen Anlauf. Das EJPD setzte eine Expertenkommission für die Vorbereitung einer umfassenden Revision ein. Diese soll unter anderem auch die Opportunität der Bildung von speziellen Kammern (z.B. für Steuerfragen) und der Einführung einer Verfassungsgerichtsbarkeit überprüfen.

Bericht der Expertenkommission für die Vorbereitung einer umfassenden Revision

Der Nationalrat lehnte auf Antrag einer Mehrheit seiner Staatspolitischen Kommission auch die beiden parlamentarischen Initiativen Rychen und Seiler [92.411] (beide svp, BE) für eine Erhöhung der Unterschriftenzahl bei Referenden resp. Volksinitiativen ab. Hauptargument für die Initianten, die auch von den Mehrheiten der Fraktionen der FDP, der CVP und der SVP unterstützt wurden, war die Tatsache, dass seit der Einführung dieser Instrumente der geforderte Anteil der Unterzeichnenden am Total der Stimmberechtigten von 4,6% auf 1,1% (Referendum) resp. von 7,7 % auf 2,2% (Initiative) abgesunken ist.

Erhöhung der Unterschriftenzahl bei Referenden resp. Volksinitiativen

In einer Abstimmung unter Namensaufruf lehnte es der Nationalrat ab, der in eine Petition umgewandelten nicht zustandegekommenen Volksinitiative für eine geschlechtsparitätische Besetzung des Nationalrats ("Nationalrat 2000") Folge zu geben. Im Zusammenhang mit der Ersatzwahl in den Bundesrat reichte Nationalrätin Bär (gp, BE) auch eine parlamentarische Initiative [93.406] ein, welche für beide Geschlechter eine "angemessene Vertretung im Bundesrat" fordert.

In einer Abstimmung unter Namensaufruf lehnte es der Nationalrat ab, der in eine Petition umgewandelten nicht zustandegekommenen Volksinitiative für eine geschlechtsparitätische Besetzung des Nationalrats ("Nationalrat 2000") Folge zu geben

Der Ständerat nahm als Erstrat vom Leitbild für die Arbeit der neu geschaffenen Delegationen der Geschäftsprüfungskommissionen in zustimmendem Sinne Kenntnis.

Der Ständerat nahm als Erstrat vom Leitbild für die Arbeit der neu geschaffenen Delegationen der Geschäftsprüfungskommissionen in zustimmendem Sinne Kenntnis [46]

Nach dem Nationalrat stimmte auch der Ständerat einer Motion Schmid (gp, TG) zu, die eine Erhöhung der Vorsorgeentschädigung für Parlamentarier verlangt. Damit soll ein Manko bei der beruflichen Vorsorge ausgeglichen werden, das den Mandatsinhabern aus dem teilweisen Verzicht auf ihre ordentliche Erwerbsarbeit entsteht.

Ehröhung der Pensionskassenbeiträge der Parlamentarier
Dossier: Vorstösse zu Reformen des Parlamentsgeseztes 1992-2000

Im Kanton Bern hiess das Volk in einer Variantenabstimmung zur neuen Kantonsverfassung die Einführung des Konstruktiven Referendums gut. In Zukunft werden damit Referendumskomitees nicht bloss eine Volksabstimmung über einen Parlamentsbeschluss verlangen, sondern diesem auch einen konkreten Gegenvorschlag gegenüberstellen können.

Einführung des Konstruktiven Referendums im Kanton Bern 1993

Für eine offenere Informationspolitik der Bundesverwaltung setzte sich Nationalrat Hess (cvp, ZG) ein. Mit einer Motion verlangte er die Ersetzung des heute geltenden Vertraulichkeitsprinzips durch den Grundsatz Öffentlichkeit mit Geheimnisvorbehalt, wie ihn Schweden, Frankreich, die Niederlande, die USA, Kanada, Australien und — mit der neuen Verfassung — auch der Kanton Bern kennen. Nachdem Arnold Koller angekündigt hatte, dass der Bundesrat noch in dieser Legislatur über ein Modell für eine verbesserte Transparenz über Verwaltungsvorgänge entscheiden werde, wandelte der Rat den Vorstoss in eine Postulat um.

Motion für die Einführung des Öffentlichkeitsprinzips mit Geheimhaltungsvorbehalt (91.3303)
Dossier: Öffentlichkeitsprinzip in der Bundesverwaltung

In seiner Antwort auf ein Postulat Caccia (cvp, TI) versicherte der Bundesrat, dass er die Weiterführung der politischen Statistik durch das Bundesamt für Statistik für notwendig erachte.

In seiner Antwort auf ein Postulat Caccia (cvp, TI) versicherte der Bundesrat, dass er die Weiterführung der politischen Statistik durch das Bundesamt für Statistik für notwendig erachte [51]

Der Nationalrat hatte im Vorjahr in erster Lesung die Einrichtung eines elektronischen Abstimmungssystems abgelehnt. Die Kommission legte zuhanden der zweiten Lesung einige Abänderungsanträge vor. So schlug sie ein technisches Verfahren vor, das sicherstellen soll, dass nicht auch für abwesende Banknachbaren und -nachbarinnen gestimmt werden kann. Sie beantragte zudem eine Erweiterung der Anwendung: Das neue System soll in der Regel für alle Abstimmungen verwendet werden. Da das bisherige Aufstehen entfällt, soll das Votum der einzelnen Abgeordneten auf einer Anzeigetafel sichtbar sein. Dabei werden sämtliche Abstimmungsergebnisse gespeichert; Namenslisten mit dem individuellen Verhalten sollen dann veröffentlicht werden, wenn dies 30 Ratsmitglieder verlangen, sowie bei Gesamt- und Schlussabstimmungen und bei Beschlüssen über die Dringlichkeitsklausel.

Einführung des elektronischen Abstimmungssystems im Nationalrat
Dossier: Vorstösse zu Reformen des Parlamentsgeseztes 1992-2000

Eine wesentlich weniger weit gehende Aufwertung des Instruments der Standesinitiative beantragte die Staatspolitische Kommission des Ständerats. Dieses seit 1848 den Kantonen zustehende Vorschlagsrecht zuhanden des Parlaments hatte sich in den letzten Jahren zwar wachsender Beliebtheit erfreut, war aber vom Parlament ähnlich stiefmütterlich wie Petitionen behandelt worden. Dies hing auch damit zusammen, dass die Prozedur der parlamentarischen Behandlung nicht sehr präzis definiert war. Die Kommission schlug nun vor, die Standesinitiativen gleich zu behandeln wie parlamentarische Initiativen, mit der Ausnahme, dass die Vorprüfung, also der Entscheid, ob ihnen Folge zu leisten sei, von beiden Kammern durchgeführt werden muss. Im positiven Fall wird eine Kommission des einen Rates mit der Ausarbeitung einer Vorlage beauftragt. Nachdem auch der Bundesrat keine Einwände erhoben hatte, akzeptierten beide Ratskammern diese Neuerung oppositionslos, wobei zu Jahresende noch eine kleine Differenz bestehen blieb: der Nationalrat sprach sich für eine obligatorische, der Ständerat für eine bloss fakultative Anhörung des initiierenden Kantons aus.

Pa.Iv. 93.430: Aufwertung des Instruments der Standesinitiative

Die Staatspolitische Kommission des Nationalrats veröffentlichte ihren Bericht zur parlamentarischen Initiative Zwingli (fdp, SG) für ein Verbot von rückwirkenden Bestimmungen in Volksinitiativen. Die Kommissionsmehrheit beantragte, durch eine Revision von Art. 121 BV derartige Bestimmungen zu verbieten, da diese rechtsgültige Entscheide annullierten und damit die Rechtssicherheit gefährdeten. Eine praktisch gleich starke Minderheit sprach sich für die Beibehaltung der bisherigen liberalen Praxis aus. Ein Grund, weshalb Volksinitiativen in letzter Zeit oft mit Rückwirkungsklauseln versehen waren, bestand darin, dass sich nach Ansicht der Initianten die Behandlung ihres Begehrens ungebührlich verzögert hat. In der Kommission war der Antrag unbestritten, dass die maximale Behandlungsfrist für Volksinitiativen nicht mehr bis zum Abschluss der parlamentarischen Behandlung, sondern bis zur Volksabstimmung vier Jahre betragen soll. Der Bundesrat stellte sich in seiner Stellungnahme in bezug auf die Rückwirkung hinter den Nichteintretensantrag der Minderheit und schlug zudem vor, die Behandlungsfristen nicht auf Verfassungsstufe sondern im Rahmen der Revision des Gesetzes über die politischen Rechte zu regeln.

Pa. Iv Zwingli, Verbot von Rückwirkeklausel in Initiativen

Im Nationalrat plädierten die Fraktionen der SP, der Grünen, von LdU/EVP und der SD/Lega sowie auch Bundeskanzler Couchepin im Namen des Bundesrates für Nichteintreten, blieben aber mit 95:69 Stimmen in der Minderheit. In der Detailberatung stimmte der Rat dem Verbot der Rückwirkungsklauseln zu. In bezug auf die maximale Behandlungsfrist für Initiativen beschränkte er sich darauf, in die Verfassung nur das Prinzip aufzunehmen, die Bestimmung dieser Frist jedoch dem Ausführungsgesetz zu überlassen.

Pa. Iv Zwingli, Verbot von Rückwirkeklausel in Initiativen

Konkrete politische Gründe für die Nichtwahl Brunners liessen sich eigentlich kaum ausmachen. Sie hatte zwar seinerzeit der GSoA-Initiative für eine Abschaffung der Armee zugestimmt, das traf aber auch auf Dreifuss zu. Sowohl bürgerliche als auch linke Kommentatoren ordneten sie — wie auch Matthey und die schliesslich gewählte Dreifuss — dem gemässigt-reformistischen Flügel innerhalb der SP zu. Dass es auch nicht um die Frage ging, ob der Bundesrat ein reines Männergremium bleiben soll, zeigte die Wahl von Ruth Dreifuss. Ausschlaggebend dürfte wohl gewesen sein, dass die jugendlich und spontan wirkende Brunner dem Rollenverständnis einer Mehrzahl der Parlamentarier nicht entsprach. Darüber hinaus zeigte der Wahlvorgang aber auch auf, dass sowohl der SP als auch den drei bürgerlichen Regierungsparteien zumindest momentan ausserordentlich viel an der Beibehaltung der sogenannten Zauberformel für die Regierungszusammensetzung gelegen war.

Bundesratsersatzwahl 1993

Ständerat Cottier (cvp, FR) und Nationalrat Engler (cvp, Al) [93.3169] reichten identische Motionen ein, in denen sie namentlich auch institutionelle Änderungen beim Gesetzgebungsprozess fordern. So soll beim Kantonsreferendum die heute erforderliche Anzahl von acht beteiligten Kantonen gesenkt werden, damit beispielsweise die sechs mehrheitlich französischsprachigen Kantone eine Volksabstimmung verlangen können; zusätzlich möchten die Motionäre auch ein ähnlich ausgestaltetes Initiativrecht einführen. Vorgeschlagen wird in den Motionen auch ein Behördenreferendum, das einer qualifizierten parlamentarischen Minderheit erlauben würde, die Durchführung einer Volksabstimmung zu einem Parlamentsbeschluss zu verlangen. Schliesslich sollen bei den Parlamentsverhandlungen die Anliegen der Sprachminderheiten besser berücksichtigt werden. Deren Vertretern würde das Recht auf ein suspensives Veto eingeräumt, welches ein zusätzliches Differenzbereinigungsverfahren zur Folge hätte.

(Mo. 93.3175) Erneuerung des Föderalismus

Die Staatspolitische Kommission des Nationalrats möchte die aus dem letzten Jahrhundert stammende Verfassungsbestimmung streichen, wonach in den Nationalrat nur Personen "weltlichen Standes" (d.h. keine Pfarrer u.ä.) wählbar sind. Sie beschloss einstimmig, einer parlamentarischen Initiative Sieber (evp, ZH), der nach seiner 1991 erfolgten Wahl auf die Ausübung seines Amtes als Pfarrer hatte verzichten müssen, Folge zu geben.

Pa. Iv. Sieber zur Wählbarkeit von Pfarrern
Dossier: Vorstösse zu Reformen des Parlamentsgeseztes 1992-2000

Der Nationalrat übernahm auch die Argumentation seiner Staatsrechtlichen Kommission, wonach es sich bei der Bestimmung von Art. 75 BV, dass für den Nationalrat nur Personen "weltlichen Standes", d.h. keine Geistlichen wählbar sind, um ein sinnentleertes Relikt aus dem letzten Jahrhundert handle. Er stimmte oppositionslos dem Antrag zu, der im Vorjahr eingereichten parlamentarischen Initiative Sieber (evp, ZH) Folge zu geben und damit die Kommission zu beauftragen, eine Vorlage zur Streichung dieses Passus auszuarbeiten.

Pa. Iv. Sieber zur Wählbarkeit von Pfarrern
Dossier: Vorstösse zu Reformen des Parlamentsgeseztes 1992-2000