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Die rapide Verschlechterung der Bundesfinanzen veranlasste allerdings das Parlament in der Dezembersession zu einer Meinungsänderung. Beide Räte überwiesen gegen den Widerstand der Linken je eine Motion ihrer Finanzkommissionen, welche den Bundesrat auffordert, eine Vorlage auszuarbeiten, die es ermöglicht, in Perioden mit wirtschaftlicher Rezession und defizitären Bundesfinanzen auf den vollständigen Ausgleich der Teuerung zu verzichten. Dabei ist die Motion des Nationalrats etwas zurückhaltender formuliert, indem sie dem Bundesrat die Möglichkeit einräumt, auch die Komponente des sozialen Ausgleichs zu berücksichtigen.

Die rapide Verschlechterung der Bundesfinanzen veranlasste allerdings das Parlament in der Dezembersession zu einer Meinungsänderung

Die Kommission des Ständerates kam Ende Jahr in ihrem Zwischenbericht zu den Vorschlägen der Arbeitsgruppe für die Regierungsreform zu einem ähnlichen Schluss wie der Bundesrat. Zuerst hatte sie zwar auch noch eine eingehende Prüfung des Konkurrenzsystems angeregt, schliesslich wurde aber von der Kommissionsmehrheit dasjenige Modell am positivsten eingeschätzt, bei dem jeder Bundesrat durch zusätzliche Verwaltungsdirektoren oder Staatssekretäre bei der Departementsführung entlastet würde. Eine Minderheit der Kommission würde allerdings eine Erhöhung der Zahl der Bundesräte bevorzugen.

Parlamentarische Vorstösse Rhinow von 1991 für eine Regierungsreform (Pa.Iv. 90.231)

Die Auseinandersetzungen über den EWR belebten nicht nur die Diskussion über das Regierungssystem, sondern gaben auch neuen Ideen bei der Ausgestaltung der Volksrechte Auftrieb. Angesichts der Tatsache, dass die Schweiz im Rahmen des EWR zukünftig hätte EG-Recht fristgerecht übernehmen müssen, schlugen die SP und später auch die Staatspolitische Kommission des Nationalrats (SPK-NR) die Einführung des konstruktiven Referendums vor. Dieses neue Volksrecht würde es den Gegnern eines Behördenentscheides erlauben, diesen weiterhin mit einem Referendum zu bekämpfen, gleichzeitig aber einen eigenen, allerdings ebenfalls mit dem EG-Recht verträglichen Gegenvorschlag einzubringen. Nach Ansicht der Kommission hätte damit die Schweiz den EWR-Verpflichtungen in bezug auf rasche Gesetzesanpassungen genügen können, ohne die Volksrechte abbauen zu müssen. Da der Nationalrat der Meinung war, dass die EWR-Vorlage nicht auch noch mit der Schaffung von neuen Volksrechten belastet werden sollte, zog die Kommission ihren Vorschlag zwecks weiterer interner Beratung zurück. Die Idee des konstruktiven Referendums ist nicht allein auf Bundesebene im Gespräch. Anlässlich der Totalrevision der bernischen Verfassung beantragte die Verfassungskommission die Einführung dieses neuen, hier Volksvorschlag genannten Instruments. Der Grosse Rat lehnte dies zwar knapp ab, beschloss aber, den endgültigen Entscheid darüber dem Volk als Variantenabstimmung im Rahmen des Entscheids über die neue Verfassung zu überlassen.

Einführung des Konstruktiven Referendums im Kanton Bern 1993

Der Bundesrat beschloss an einer Klausurtagung im Juni, dass er eine grundlegende Regierungsreform nicht mehr in diesem Jahrhundert verwirklichen möchte. Als ohne Verfassungsänderung durchführbare Sofortmassnahme schlug er vor, die Regierung durch zwei bis maximal vier zusätzliche Staatssekretäre je Departement zu entlasten. Diese würden im Rahmen eines flexibel gestalteten Pflichtenheftes sowohl im Inland (Verwaltungsleitung, Beziehungen zum Parlament) als auch im Ausland zum Einsatz kommen. An einer weiteren Klausurtagung im November konkretisierte der Bundesrat seine Vorstellungen. Demnach sollte jeder Bundesrat freie Hand bei der Ausgestaltung der Führungsstrukturen seines Departements erhalten. Die Staatssekretäre (die auch einen anderen Titel, wie z.B. Vizebundesrat tragen könnten) würden den departementalen Führungsgremien angehören, den Departementschef vor der Öffentlichkeit, vor parlamentarischen Kommissionen und zum Teil auch vor dem Parlament vertreten. Da sie in bestimmten Fällen – allerdings ohne Stimmrecht – an Bundesratssitzungen teilnehmen könnten, dürften sie im Ausland als Kabinettsmitglieder akzeptiert werden.

Regierung durch zwei bis maximal vier zusätzliche Staatssekretäre je Departement zu entlasten

Nachdem der Nationalrat im Vorjahr das Projekt eines elektronischen Abstimmungssystems primär aus Kostengründen zur Uberarbeitung an sein Büro zurückgewiesen hatte, präsentierte dieses eine zweite, billigere Version. Gleichzeitig lockerte es auch die im ersten Anlauf als zu restriktiv kritisierten Bestimmungen über den Einsatz des Systems. Die individuelle Stimmabgabe sollte nun nicht mehr bloss auf Verlangen von 30 Ratsmitgliedern (analog zur heutigen Abstimmung unter Namensaufruf) registriert und publiziert werden, sondern auch bei Gesamtabstimmungen, Schlussabstimmungen und Abstimmungen über die Dringlichkeitsklausel. Obwohl die neue Anlage nur noch Investitionskosten von rund 0,5 Mio Fr. verursachen sollte, begründeten die Fraktionen der CVP und der SD/Lega ihren knapp abgelehnten Nichteintretensantrag vor allem mit finanzpolitischen Argumenten. In der Detailberatung unterlagen Anträge von Vollmer (sp, BE) und Poncet (lp, GE) für eine Ausweitung der Fälle, bei welchen die individuelle Stimmabgabe registriert und dokumentiert wird. Aber auch diese zweite Version eines elektronischen Abstimmungssystems, das der Öffentlichkeit mehr Transparenz über das Verhalten seiner Abgeordneten hätte liefern sollen, erlitt Schiffbruch. Sie wurde in der abschliessenden Gesamtabstimmung mit 62 zu 54 Stimmen abgelehnt. Wenn die Parlamentarier schon nicht elektronisch abstimmen wollen, so möchten sie doch in Zukunft häufiger an Abstimmungen teilnehmen: Der Nationalrat überwies ein Postulat Reimann (svp, AG), welches technische Vorkehrungen (Funkrufsystem o.ä.) fordert, um nicht im Saal anwesende Mitglieder auf kommende Abstimmungen hinzuweisen.

Einführung des elektronischen Abstimmungssystems im Nationalrat
Dossier: Vorstösse zu Reformen des Parlamentsgeseztes 1992-2000

Das Abstimmungsresultat vom 27. September fiel deutlich aus: Zwar stimmte das Volk der Revision des Geschäftsverkehrsgesetzes zu, die beiden Vorlagen, welche die Arbeitssituation der Parlamentarier verbessert, die Bundesfinanzen aber zusätzlich belastet hätten, wurden jedoch klar abgelehnt. Dabei war das Ergebnis bei der Entschädigungserhöhung für die Nationalräte noch etwas deutlicher als bei den Mitteln für die Einstellung von Assistenten.

Infrastrukturgesetz.
Abstimmung vom 27. September 1992

Beteiligung: 45,6%
Nein: 1 339 597 (69,4%)
Ja: 590 484 (30.6%)

Parolen:
-Nein: SVP (5*), AP.
- Ja: FDP (8*), SP, CVP (6*), GP, LP, SD (1*), LdU (1*), EVP, PdA, EDU, SGB, CNG.



Revision Entschädigungsgesetz.
Abstimmung vom 27. September 1992

Beteiligung: 45,6%
Nein: 1 424 954 (72,4%)
Ja: 542 768 (27,6%)

Parolen:
-Nein: SVP (6*), AP.
- Ja: FDP (4*), SP, CVP (3*), GP, LP, SD (1*), LdU (1*), EVP, PdA, EDU, SGB, CNG.



Revision Geschäftsverkehrsgesetz.
Abstimmung vom 27. September 1992

Beteiligung: 45,4%
Ja: 1097185 (58,0%)
Nein: 794132 (42,0%)
Parolen:
- Ja: FDP (2*), SP, CVP (1*), GP, LP, SD (1*), LdU, EVP, PdA, EDU, SGB, CNG.
- Nein: SVP (9*), AP.

*In Klammern Anzahl der abweichenden Kantonalsektionen

Die nach dem Urnengang durchgeführte Umfrage ergab, dass die Verbesserung der materiellen Stellung der Nationalräte von allen Bevölkerungsgruppen abgelehnt worden war; am deutlichsten von den Landwirten und den beruflich wenig Qualifizierten, am knappsten von den Hochschulabsolventen und den Personen in leitender Funktion. Wie die Parteiparolen erwarten liessen, fiel die Ablehnung bei den Sympathisanten der GP und der SP weniger deutlich aus als bei den Anhängern weiter rechts stehender Parteien; Zustimmung fand die Reform aber auch bei diesen nicht. Die Gegnerschaft war zudem weniger ausgeprägt in der französischsprachigen Schweiz. Diese grössere Wertschätzung der parlamentarischen Arbeit in der Westschweiz könnte damit erklärt werden, dass in dieser Region auch auf kommunaler Ebene Parlamente und nicht Gemeindeversammlungen die Regel sind. Bei der Befragung nach den Entscheidmotiven zeigte sich, dass die Kritik fast ausschliesslich gegen die Erhöhung der Entschädigungen und die damit verbundenen Kosten gerichtet war; das Festhalten an der Idee eines Milizparlaments spielte hingegen eine weniger grosse Rolle.

Referenda gegen Parlamentsreform 1992 (90.228/90.229)
Dossier: Parlamentsreform 1992

Unter den mehr als 140 National- und Ständeräten, welche sich zum befürwortenden Komitee zusammenfanden, waren ausser der AP sämtliche Fraktionen vertreten. Im gegnerischen "Abstimmungskomitee gegen die verdeckte Einführung des Berufsparlaments" machten neben zwölf aktiven Nationalräten aus SVP (u.a. Blocher, ZH), AP und FDP (Stucky, ZG) auch einige ehemalige Bundesparlamentarier mit. Von den Parteien sprachen sich nur gerade die AP und die SVP (ohne einige ihrer wichtigeren Kantonalparteien, welche die Ja-Parole ausgaben) gegen die Parlamentsreform aus.

Referenda gegen Parlamentsreform 1992 (90.228/90.229)
Dossier: Parlamentsreform 1992

Wie zuvor eine verwaltungsinterne Arbeitsgruppe befasste sich nun auch eine parlamentarische Kommission mit der Gleichstellung der Geschlechter in der Gesetzessprache. Gemäss ihrem Bericht sollen bei der Redaktion von Texten der Bundesversammlung die Empfehlungen der Verwaltungsgruppe zum Zuge kommen (allerdings ausdrücklich ohne Verwendung von Grossbuchstaben im Wortinneren). Um die Einheitlichkeit von Gesetzestexten zu gewährleisten, sollen diese Neuerungen freilich bloss bei neuen Gesetzen oder bei Totalrevisionen, nicht aber bei Teilrevisionen bereits bestehender Gesetze zur Anwendung gelangen. Den Widerständen französisch- und italienischsprachiger Parlamentarier wurde insofern Rechnung getragen, als es in Texten in diesen beiden Amtssprachen auch zulässig ist, weiterhin ausschliesslich die männliche Form zu verwenden. Der Nationalrat nahm, gegen einen Antrag Maspoli (lega, TI), mit 65 zu 37 Stimmen vom Bericht in zustimmendem Sinne Kenntnis; der Ständerat folgte ihm ohne Gegenstimmen.

Verwendung männlicher Sprachformen

Um für die neuen Anforderungen gewappnet zu sein, welche an die parlamentarische Oberaufsicht der Verwaltung gestellt werden, haben sich die Geschäftsprüfungskommissionen der beiden Räte ein neues Leitbild gegeben.

Um für die neuen Anforderungen gewappnet zu sein, welche an die parlamentarische Oberaufsicht der Verwaltung gestellt werden, haben sich die Geschäftsprüfungskommissionen der beiden Räte ein neues Leitbild gegeben [36]

Anlässlich der Beratung der Legislaturplanung schätzte der Nationalrat eine organisatorische Reform der Bundesrechtspflege als nicht überaus dringlich ein und überwies deshalb eine Richtlinienmotion des Ständerats, welche ein solches Vorhaben noch für die laufende Legislatur verlangt hatte, bloss in Postulatsform.

Richtlininenmotion zur Aufnahme der Revision der Bundesrechtspflege in die Legislaturplanung (92.037)
Dossier: Legislaturplanung 1991–1995 (BRG 92.037)

Die Referenden gegen die beiden vom Parlament im Vorjahr beschlossenen Gesetzesrevisionen (Geschäftsverkehrsgesetz bzw. Entschädigungsgesetz) sowie gegen das neue Infrastrukturgesetz kamen mit je ca. 55'000 gültigen Unterschriften zustande. Obwohl sich das Referendum gegen alle drei Vorlagen richtete, konzentrierten die Gegner ihre Propaganda vor allem auf die Erhöhung der Parlamentarierentschädigungen und am Rande auch noch auf die mit dem Infrastrukturgesetz geschaffene Möglichkeit, persönliche Mitarbeiter einzustellen. In ihrer Propaganda erwähnten sie hingegen nicht, weshalb sie auch die Revision des Geschäftsverkehrsgesetzes ablehnten, welche als wichtigste Neuerung dem Parlament mehr Mitsprache bei der Gestaltung der Aussenpolitik bringt (die im Parlament umstrittene Verlagerung der Kommissionsarbeit auf ständige Ausschüsse war im Geschäftsreglement der Räte geregelt worden und unterstand damit dem Referendum nicht).

Referenda gegen Parlamentsreform 1992 (90.228/90.229)
Dossier: Parlamentsreform 1992

Nachdem bereits das Vorgehen bei der Beschaffung beanstandet worden war, wurde nun auch heftige Kritik an den Leistungen des Informatiksystems für die Parlamentarier geübt. Gegen den dafür verantwortlichen stellvertretenden Generalsekretär der Bundesversammlung wurde eine Disziplinaruntersuchung eingeleitet.

Kritik an den Leistungen des Informatiksystems für die Parlamentarier

Mehr zu reden als in früheren Jahren gab im Nationalrat der Antrag des Bundesrates, ihn für die Periode 1993-1996 zu ermächtigen, die Löhne des Bundespersonals an die Teuerung anzupassen. Er hatte vorgeschlagen, wie bisher den Anspruch des Personals auf die Erhaltung der Kaufkraft anzuerkennen und dazu einen vom Bundesrat jährlich festzulegenden Teuerungsausgleich auszurichten. Die Auto-Partei blieb zwar mit ihrem Nichteintretensantrag isoliert; in der Detailberatung schlug jedoch die von der FDP, der SVP und der LP unterstützte Kommissionsminderheit vor, den Bundesrat zur Ausrichtung eines Teuerungsausgleichs zu ermächtigen, ohne aber einen expliziten Anspruch des Personals zu statuieren. Dieser Antrag unterlag freilich ebenso wie der Versuch, den Bundesrat zu verpflichten, bei der Festlegung der Höhe dieses Teuerungsausgleichs neben den Lebenshaltungskosten noch weitere Faktoren wie die Lage der Wirtschaft und der Bundesfinanzen zu berücksichtigen. Auch im Ständerat konnte sich ein analoger Antrag nicht durchsetzen.

Botschaft zum Teuerungsausgleich 1992-1996

Der Nationalrat nahm eine parlamentarische Initiative Bonny (fdp, BE) an, welche den Rechtsschutz für Personen, welche von Ermittlungen durch parlamentarische Untersuchungskommissionen in ihren Interessen unmittelbar betroffen sind, präziser formulieren will.

Pa. IV Bonny zum Rechtsschutz für von PUK-Verfahren betroffene Personen

Im Rahmen der Parlamentsreform hatte das Parlament im Vorjahr einen Ausbau der italienischen Übersetzungsdienste der Parlamentsdienste beschlossen, um den italienischsprachigen Abgeordneten vermehrt die Gesetzgebungsarbeit (v.a. in den Kommissionen) in ihrer Sprache zu ermöglichen. Die im Vorjahr vorn Nationalrat mit Vorbehalten erfolgte Überweisung einer Motion Cavadini (fdp, TI) für eine Ubersetzung aller für die Parlamentarier relevanten Texte wurde im Ständerat jedoch nicht bestätigt. Als praktikablere Lösung beschloss er, und nach ihm auch der Nationalrat, dass die Verwaltungskommission der Parlamentsdienste nach Anhörung der italienischsprachigen Parlamentarier entscheiden soll welche Unterlagen zu übersetzen seien.

Ausbau der italienischen Übersetzungsdienste

Die in den letzten Jahren einige Male festgestellte Praxis, dass Personen für das Sammeln von Unterschriften für Initiativen und Referenden entschädigt worden sind oder dass – wie z.B. bei den Referenden gegen die Parlamentsreform – gleich Werbeagenturen mit der Unterschriftensammlung beauftragt wurden, veranlasste Ständerat Petitpierre (fdp, GE) zur Einreichung einer Motion. Er forderte darin, dass wie in Österreich Volksbegehren nur noch in bestimmten Büros (z.B. Gemeindeverwaltung) unterzeichnet werden dürfen. Nachdem Bundeskanzler Couchepin auf den für 1993 angekündigten Entwurf für die Revision des Gesetzes über die politischen Rechte verwiesen hatte, wandelte der Rat den Vorstoss in ein Postulat um.

Motion Petitpierre zur Unterschriftensammlung
Dossier: Parlamentarische Vorstösse zur Änderung der Politischen Rechte 1990-2000

Die im Vorjahr in Schwung gekommene Diskussion über die Zulässigkeit von Rückwirkungsklauseln in Volksinitiativen wurde im Berichtsjahr aus aktuellem Anlass weitergeführt. Zuerst hatte das Parlament zur Volksinitiative «40 Waffenplätze sind genug» Stellung zu nehmen. Dieses Begehren wurde primär zur Verhinderung des 1989 von der Bundesversammlung beschlossenen Waffenplatzes Neuchlen (SG) eingereicht und ist deshalb mit einer Rückwirkungsklausel ausgestattet. Noch während dieser Auseinandersetzung reichten Armeegegner eine Volksinitiative ein, welche den Parlamentsbeschluss für den Kauf von F/A-18-Kampfflugzeugen ebenfalls mit einer rückwirkenden Bestimmung zu Fall bringen'will. Einige bürgerliche Parlamentarier – unter ihnen der Berner Ständerat Zimmerli (svp) – sprachen sich ,für eine Ungültigkeitserklärung der Waffenplatzinitiative aus, da mit ihr im nachhinein ein gemäss Verfassung dem Parlament zustehender Entscheid korrigiert werden soll und damit die Volksinitiative den Charakter eines nicht vorgesehenen Referendums erhalte.

Gültigkeit der Waffenplatzinititative
Dossier: Waffenplatz Neuchlen-Anschwilen (SG)

Der Ständerat überwies die von der Volkskammer im Vorjahr gutgeheissene Motion für die Schaffung eines verbesserten Personalmanagementssystems ebenfalls. Mit diesem System soll die Information über Personalbewegungen verbessert und der Vollzug der Stellenplafonierung wirksamer gestaltet werden.

Stellenplafonierung

Sowohl Vollmer (sp, BE) als auch Jaeger (ldu, SG) hatten im Vorjahr parlamentarische Initiativen für die Einführung eines parlamentarischen Regierungssystems eingereicht; ersterer im Sinne einer Anregung, letzterer als Forderung. Beide gaben sich überzeugt, dass ein solches System, bei dem die grossen Parteien um die Ubernahme der Regierungsverantwortung konkurrieren, grössere Effizienz aufweist und auch für die Bürgerinnen und Bürger attraktiver ist als das herkömmliche Konkordanzsystem mit der Regierungsbeteiligung aller bedeutenden Parteien. Kernpunkt eines solchen Systems wäre das Recht des Parlaments, den Bundesrat während einer Legislatur abzuberufen (Misstrauensvotum). Jaeger und Vollmer glauben, dass ein solches Konkurrenzsystem auch bei Beibehaltung der Volksrechte funktionieren könnte. Damit widersprachen sie der Meinung der meisten Politikwissenschafter, welche argumentieren, dass bei einem Konkurrenzsystem die Volksrechte beschnitten werden müssen, weil sonst die Oppositionsparteien mit Referenden die Regierungspolitik blockieren könnten. Die beiden Initianten fanden nur gerade bei der LdU/EVP-Fraktion Unterstützung. Trotzdem möchte der Nationalrat die Möglichkeit eines Systemwechsels nicht ganz aus den Augen verlieren. Er bekräftigte seine bereits bei der Behandlung der Vorstösse Rhinow/Petitpierre geäusserte Meinung, dass im Rahmen der Reform des Regierungssystems die Einführung eines parlamentarischen Systems als gleichwertige Variante geprüft werden müsse und überwies ein entsprechendes Postulat seiner Kommission. Damit stellte er sich gegen den Bundesrat, welcher Ende 1991, bei seinem Kommentar zum Zwischenbericht der von ihm eingesetzten Arbeitsgruppe, den Experten empfohlen hatte, sich mit einem derartigen Modell nicht prioritär zu befassen.

Vorstösse zur Einführung eines parlamentarischen Regierungssystems

Ein Vorschlag, wie vermieden werden könnte, dass vom Parlament beschlossene grosse Rüstungsgeschäfte und Bauprojekte mit rückwirkenden Volksinitiativen bekämpft werden, kam vom Staatsrechtler Kölz und wurde auf politischer Ebene von Nationalrat Rechsteiner (sp, SG) in Form einer parlamentarischen Initiative aufgenommen. Diese verlangt, dass die Bundesversammlung auch Verwaltungsakte von ausserordentlicher Tragweite in der Form eines allgemeinverbindlichen – und damit dem fakultativen Referendum unterstellten – Bundesbeschlusses fassen kann. Gemäss Kölz hatte die anlässlich der Verfassungstotalrevision von 1874 eingeführte Rechtsform des allgemeinverbindlichen Bundesbeschlusses ursprünglich die Bedeutung eines Verwaltungsreferendums für wichtige Entscheide. Sie war dann aber 1962 im Rahmen einer Revision des Geschäftsverkehrsgesetzes restriktiver gefasst worden, indem ihre Anwendung auf zeitlich befristete gesetzgeberische Entscheide beschränkt wurde.

Pa. Iv. Rechsteiner Referendum bei Verwaltungsakten
Dossier: Parlamentarische Vorstösse zur Änderung der Politischen Rechte 1990-2000

Auch wenn das Parlament diese aktuellen sicherheitspolitischen Streitfragen nicht zum Anlass für eine Praxisänderung nehmen wollte, wird das Thema im Gespräch bleiben. Die Staatspolitische Kommission des Nationalrats beschloss mit knappem Mehr, die im Vorjahr überwiesene parlamentarische Initiative Zwingli (fdp, SG) weiter zu behandeln und abzuklären, welche neuen Bestimmungen geschaffen werden müssten, um Rückwirkungsklauseln in Volksinitiativen in Zukunft zu verbieten.

Pa. Iv Zwingli, Verbot von Rückwirkeklausel in Initiativen

Die für die Parlamentsreform zuständige Kommission des Nationalrats verfolgte ihre Idee weiter, die im Bundeshaus herrschende Platzknappheit durch einen Erweiterungsbau zu beheben. Zu Jahresbeginn beschloss sie, dem Parlament einen Kredit von 3 Mio Fr. für die Ausarbeitung eines Vorprojekts zu beantragen. Angesichts der aus städtebaulichen und finanziellen Gründen von den Fraktionen der Grünen und der FDP angemeldeten Rückweisungsanträge verzichtete sie dann darauf und nahm sich vor, zuerst eine detaillierte Abklärung des Raumbedarfs vorzunehmen.

Bundeshaus zusätzliche Raumkapazitäten

Die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats befasste sich mit der Vertretung der Sprachgruppen in der allgemeinen Bundesverwaltung (d.h. ohne PTT, SBB und Regiebetriebe). Sie kam dabei zum Schluss, dass sich trotz der 1983 vom Bundesrat erlassenen entsprechenden Weisungen die Anteile der Sprachminderheiten nicht erhöht haben. Zwar nahm zwischen 1982 und 1990 der Anteil der Französischsprachigen leicht von 15,1% auf 15,7% zu, der Anteil der Italienischsprachigen bildete sich jedoch von 5,0% auf 4,8% zurück und der Anteil der Romanischsprachigen blieb bei 0,6%. 1980 hatten die Anteile dieser Sprachgruppen an der schweizerischen bzw. der gesamten Bevölkerung 20,1%/4,0%/0,9 % bzw. 18,4%19,8%/0,8% betragen. Als Massnahmen zur Veränderung dieses Zustandes empfahl die GPK dem Bundesrat namentlich die Ernennung von nichtdeutschsprachigen Personalchefs und einen Ausbau der Übersetzungsdienste, um zu gewährleisten, dass alle Beschäftigten Texte in ihrer Muttersprache verfassen können.

Vertretung der Sprachgruppen in der allgemeinen Bundesverwaltung

Der Nationalrat befasste sich mit einer im Vorjahr vom Ständerat überwiesenen und auch von einer Mehrheit seiner vorberatenden Kommission unterstützten Motion Rüesch (fdp, SG). Diese hatte vom Bundesrat verlangt, die Bestimmungen der Pensionskasse des Bundes in dem Sinne zu ändern, dass die hohen Einkaufssummen für Kaderpersonal, welches von der Privatwirtschaft zum Bund wechseln möchte, nicht zu einem Hinderungsgrund für eine Anstellung werden. Bundesrat Stich verwies auf die wachsende Bedeutung der Freizügigkeitsabkommen und bekämpfte zusammen mit Eggenberger (sp, BE) diesen Vorstoss, welcher seiner Meinung nach im Endeffekt zu einer generellen Übernahme der Einkaufskosten durch den Bund führen würde. Der Rat folgte dieser Argumentation und überwies die Motion lediglich in Postulatsform.

Motion Pensionskasse des Bundes

Der Grüne Rebeaud (GE) nahm ebenfalls die Praktiken beim Referendum gegen die Parlamentsreform zum Anlass, um mit einer vom Nationalrat noch nicht behandelten parlamentarischen Initiative ein Verbot für bezahlte Unterschriftensammler und für den Massenversand von Unterschriftenbogen zu verlangen. Zwei parlamentarische Initiativen, welche eine Anpassung der für Referendum (Rychen, svp, BE) resp. Volksinitiative (Seiler, svp, BE) benötigten Unterschriftenzahl an die stark gestiegene Zahl der Stimmberechtigten verlangten, fanden in der Staatspolitischen Kommission des Nationalrats keine Unterstützung.

Verbot für bezahlte Unterschriftensammler