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  • Rickli, Natalie Simone (svp/udc, ZH) NR/CN

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In der Herbstsession 2020 beendete der Nationalrat die Diskussionen um die Überbrückungshilfe für Parlamentarierinnen und Parlamentarier, indem er mit 106 zu 81 Stimmen (2 Enthaltungen) beschloss, nicht auf das Geschäft einzutreten. Damit folgte die grosse Kammer ihrer SPK-NR, die zuvor mit 13 zu 11 Stimmen Nicht-Eintreten empfohlen hatte. Ursprünglich hatte die Kommission entsprechend der ursprünglichen Forderung einer parlamentarischen Initiative Rickli (svp, ZH) vorgesehen, diese finanzielle Hilfe für ehemalige Parlamentsmitglieder gänzlich abzuschaffen. Nachdem der Nationalrat die Vorlage abgeschwächt hatte – neu sollten nur noch abgewählte, nicht aber freiwillig zurücktretende Parlamentsmitglieder von einer finanziellen Überbrückung profitieren –, war der Ständerat in der Sommersession 2020 gar nicht erst auf die Vorlage eingetreten.
Es sei eine lange Geschichte, die sich im Kreis drehe, fasste Kommissionssprecher Matthias Jauslin (fdp, AG) zusammen. Eine Minderheit kritisiere dabei – «vielleicht auch zurecht» –, wie der Ständerat mit der Vorlage umgehe: «Wenn dem Ständerat etwas nicht passt, wird es vom Tisch gewischt». Allerdings sei damit zu rechnen, dass die kleine Kammer auch ein zweites Mal nicht eintreten werde, selbst wenn sich der Nationalrat nun mit der Vorlage beschäftigen würde, mahnte Jauslin. Es gelte deshalb, der Sache ein Ende zu bereiten. Für besagte Minderheit wiederholte Gregor Rutz (svp, ZH) noch einmal die bereits bekannten Argumente: Ratsmitglieder, die neben der Arbeitslosenversicherung als Milizparlamentarierinnen und -parlamentarier nach einem geplanten Rücktritt auch noch Einkommen erzielten, sollten nicht in den Genuss staatlich finanzierter Überbrückungshilfe kommen. Der Ständerat brauche ab und zu ein paar Monate mehr; auch er werde aber die Wichtigkeit der Angelegenheit noch erkennen. Die rhetorische Frage von Ada Marra (sp, VD), ob es niemand seltsam finde, dass die Kommissionsminderheit von einem Fraktionsmitglied jener Partei angeführt werde, die nichts dagegen einzuwenden habe, dass Christoph Blocher, AHV-Bezüger und reich, ebenfalls eine Art von Überbrückungshilfe beanspruche, blieb unbeantwortet – die Vaudoise spielte auf die Forderung des alt-Bundesrats an, sein Ruhegehalt nachträglich beziehen zu können. In der Folge warb Marianne Streiff-Feller (evp, BE) im Namen der Mitte-Fraktion für die 2019 gefundene Kompromisslösung und entsprechend für Eintreten und Kurt Fluri (fdp, SO) gab bekannt, dass die FDP-Fraktion auch aus finanziellen Überlegungen für Nicht-Eintreten stimmen werde: Auch mit der abgeschwächten Lösung würden nur unwesentliche Einsparungen der pro Jahr im Schnitt rund CHF 100'000 betragenden Überbrückungshilfen gemacht. Entsprechend stammten die Stimmen, die das Geschäft – erfolglos – gerne noch einmal an die kleine Kammer geschickt hätten, aus der geschlossen stimmenden SVP-Fraktion, aus der Mitte-Fraktion (28 befürwortende, 1 Gegenstimme) und aus der FDP-Fraktion (4 abweichende, befürwortende Stimmen).

Überbrückungshilfe für Parlamentarierinnen und Parlamentarier (Pa. Iv. 16.460)

Die Bekämpfung der Motion von Martina Munz (sp, SH), mit der die Schaffhauser Sozialdemokratin geschlechtergerechte Namen für Fachkommissionen gefordert hätte, führte Mitte Juni 2020 zur Abschreibung der Motion, weil sie während zweier Jahre nicht behandelt worden war. Der Bundesrat hätte den Vorstoss eigentlich zur Annahme empfohlen – eine Qualifikation, die normalerweise zu einer stillschweigenden Annahme in den Räten führt. Da das Begehren aber bekämpft worden war, hätte eigentlich eine Diskussion darüber stattfinden müssen. Dies geschah aber auch deshalb nicht, weil Natalie Rickli (svp, ZH), die die Motion ursprünglich bekämpft hatte, in der Zwischenzeit aus dem Rat ausgeschieden war, aber Christian Wasserfallen (fdp, BE) und Verena Herzog (svp, TG) die Bekämpfung übernommen hatten.

Geschlechtergerechte Namen für Fachkommissionen (Mo. 18.3119)

Die ständerätliche Skepsis gegenüber der Abschaffung der Überbrückungshilfe für Parlamentarierinnen und Parlamentarier, die sich bereits im Hin und Her beim Folgegeben der parlamentarischen Initiative von Natalie Rickli (svp, ZH) bemerkbar gemacht hatte, zeigte sich auch bei der ständerätlichen Beratung der vom Nationalrat in der Wintersession 2019 abgeänderten Vorlage der SPK-NR. Auf Empfehlung ihrer SPK-SR entschied die kleine Kammer, nicht auf den Entwurf einzutreten.
Thomas Hefti (fdp, GL) führte in der Debatte in der ständerätlichen Sommersession 2020 die wichtigsten Gründe für die Empfehlung seiner Kommission aus. Die Inanspruchnahme von Überbrückungshilfen müsse mit Einreichung eines Auszugs des Steuerausweises beantragt werden. Das mache man nicht einfach so, sondern nur dann, wenn man die finanzielle Hilfe wirklich brauche. Es gebe – das könne er auch als Mitglied der Verwaltungsdelegation bestätigen – keinen Missbrauch. Das von den Befürworterinnen und Befürwortern der Abschaffung ins Feld geführte Argument, dass auch abgewählte Parlamentarierinnen und Parlamentarier einfach stempeln und Arbeitslosengelder beziehen könnten, wie jede Person, die arbeitslos werde, hinke, weil Parlamentsmitglieder ja eben keine Angestellten mit Arbeitsvertrag seien. Er kenne Kollegen, die nach einer Nichtwiederwahl auch in ein finanzielles Loch gefallen seien. Für sie bestehe heute die Überbrückungshilfe. Zwischen 2004 und 2019 seien total CHF 950'000 an 28 Personen ausbezahlt worden, also nicht einmal CHF 100'000 pro Jahr. Thomas Minder (parteilos, SH), der die Minderheitsposition vertrat, hob einen in seinen Augen «gravierenden Mangel» der Überbrückungshilfe hervor: Überbrückungshilfe erhalte auch, wer eigentlich über Vermögen verfüge. Die Vermögensseite werde – anders etwa als bei der Gewährung von Sozialhilfe bei Bürgerinnen und Bürger – nicht überprüft, was eine klare Besserstellung von Ratsmitgliedern gegenüber Bürgerinnen und Bürgern bedeute. Im Gegensatz zur Arbeitswelt, wo man aufgrund von Wirtschaftskrisen unverschuldet arbeitslos werde, sei ein Ratsmitglied zudem selber für seine Nichtwiederwahl verantwortlich. Geld zu erhalten für eine Nichtwiederwahl sei «demokratisch betrachtet falsch»; man wisse, dass Wahlen auch immer die Gefahr beinhalteten, nicht bestätigt zu werden und man müsste sich entsprechend auch finanziell darauf vorbereiten. Stossend sei zudem, dass auch freiwillig aus dem Rat ausscheidende Parlamentarierinnen und Parlamentarier Überbrückungshilfe beantragen könnten. Wer dies tue, wisse man freilich nicht, da die Namen der Bezügerinnen und Bezüger nicht bekannt gemacht würden. Minder machte sich zudem für den Entscheid des Nationalrats stark, der die Überbrückungshilfe ja nicht gänzlich abschaffen, sondern wenigstens von zwei Jahren auf sechs Monate beschränken wollte. Hefti ergriff noch einmal das Wort, um richtigzustellen, dass auch die Vermögenssituation betrachtet würde. Zudem handle es sich «in aller Regel» um Parlamentsmitglieder, die nicht wiedergewählt wurden. Dies lasse sich daraus schliessen, dass die Hilfe jeweils in den Jahren nach eidgenössischen Wahlen gesprochen worden sei. Die Ständerätinnen und Ständeräte liessen sich von diesen Argumenten überzeugen und stimmten mit 31 zu 6 Stimmen (3 Enthaltungen) gegen Eintreten, womit das Geschäft zurück an den Nationalrat ging.

Überbrückungshilfe für Parlamentarierinnen und Parlamentarier (Pa. Iv. 16.460)

Nachdem der Bundesrat in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 20. November 2019 explizit auf eine Stellungnahme verzichtet hatte – es sei, auch wenn damit finanzielle Folgen verknüpft seien, Sache des Parlaments, Regelungen für Entschädigungen und berufliche Vorsorge seiner Mitglieder zu finden –, kam die von der SPK-NR ausgearbeitete und auf eine parlamentarische Initiative Rickli (svp, ZH) zurückgehende Abschaffung der Überbrückungshilfe für Parlamentarierinnen und Parlamentarier zur Beratung in die grosse Kammer. Eine links-grüne Kommissionsminderheit beantragte Nichteintreten. Die gänzliche Abschaffung sei unverhältnismässig, begründete Minderheitssprecher Angelo Barrile (sp, ZH) den Antrag. Es könne sein, dass man nicht wiedergewählt werde, das habe sich «gerade jetzt – nach dem Wahlsonntag» wieder gezeigt. Und in diesem Fall, der einer Entlassung von einem Moment auf den anderen gleichkomme, könne es sein, dass man auf finanzielle Hilfe angewiesen sei. Das Anliegen der Minderheit wurde allerdings relativ knapp mit 98 zu 84 Stimmen abgelehnt. Zu den geschlossen stimmenden SP-, GLP- und GP-Fraktionen gesellten sich 5 Stimmen aus der neu geschaffenen Mitte-Fraktion (CVP-EVP-BDP). In der Folge wurde über einen Minderheitsantrag Streiff-Feller (evp, BE) debattiert, der anstelle einer gänzlichen Abschaffung eine Kompromisslösung vorschlug. Die Bezugsdauer solle analog zu einer ungerechtfertigten fristlosen Kündigung auf sechs Monate beschränkt werden, sofern ein Ratsmitglied noch nicht 65 Jahre alt ist und keine Arbeitslosengelder beziehe. Mit 107 zu 77 Stimmen nahm der Nationalrat diesen Minderheitsantrag an – nachdem Kommissionssprecher Matthias Jauslin (fdp, AG) die Parlamentsmitglieder explizit darauf aufmerksam gemacht hatte, dass sie ein Anrecht auf Arbeitslosengelder hätten. Gegen den Antrag votierten die geschlossenen Fraktionen der FDP-Liberalen und der SVP. In der Gesamtabstimmung wurde das Geschäft mit 104 zu 80 Stimmen angenommen und an den Ständerat überwiesen. Die Opposition kam erneut von den SP-, GLP- und GP-Fraktionen, die lieber gar keine Änderung gehabt hätten.

Überbrückungshilfe für Parlamentarierinnen und Parlamentarier (Pa. Iv. 16.460)

Mitte Oktober legte die SPK-NR ihren Entwurf zu einer Teilrevision des Parlamentsressourcengesetzes (PRG) vor. Konkret soll die Überbrückungshilfe für Parlamentarierinnen und Parlamentarier abgeschafft werden. Die 2003 eingeführte Regelung hatte zum Ziel, die finanziellen Nachteile zu kompensieren, die mit dem Parlamentsmandat beziehungsweise der dadurch allenfalls verursachten Reduktion der beruflichen Tätigkeit einhergehen. Die maximal während zweier Jahre ausbezahlte und einer einfachen AHV-Rente entsprechende Überbrückungshilfe war für mögliche Härtefälle eingeführt worden. Mit ihrer parlamentarischen Initiative, der nach einigem Hin und Her Folge gegeben wurde, hatte Natalie Rickli (svp, ZH) die Aufhebung dieser Überbrückungshilfe gefordert und entsprechend wurde in der Revision die Streichung von Artikel 8a PRG vorgeschlagen. Allerdings machte sich eine Minderheit der SPK-NR für eine Verschärfung statt einer Streichung des Artikels stark. So sollen nicht alle ausscheidenden Ratsmitglieder, sondern nur jene, die ihre Wiederwahl verpassen, finanzielle Unterstützung erhalten, da diese ihren beruflichen Wiedereinstieg nicht im Voraus planen könnten. Da die Nicht-Wiederwahl einer ungerechtfertigten fristlosen Kündigung entspreche, soll die Überbrückungshilfe – analog zur im OR geregelten Kündigung – maximal sechs Monate betragen.

Überbrückungshilfe für Parlamentarierinnen und Parlamentarier (Pa. Iv. 16.460)

In der Sommersession 2019 wurden die voraussichtlich letzten Wechsel der 50. Legislatur im Nationalrat vorgenommen. Für lediglich noch zwei Sessionen wurden zwei neue Zürcher SVP-Mitglieder vereidigt: Therese Schläpfer (svp, ZH) und Martin Haab (svp, ZH). Sie erbten die Sitze von zwei Winterthurer Schwergewichten der Volkspartei. Natalie Rickli (svp, ZH) hatte seit 2007 und Jürg Stahl (svp, ZH) gar seit 1999 in der Volkskammer gesessen. Während Rickli im Frühling 2019 in den Zürcher Regierungsrat gewählt worden war und deshalb ihr Nationalratsamt niederlegte, wollte Stahl, der 2017 als Nationalratspräsident geamtet hatte, der «nächsten Generation» Platz machen. Allerdings war Stahls Nachfolgerin Therese Schläpfer, 2019 frisch in den Kantonsrat gewählte Gemeindepräsidentin aus Hagenbuch, bereits 60 Jahre alt. Der für Rickli nachrutschende Landwirt Martin Haab (Jahrgang 1962) sass seit 2011 im Kantonsparlament von Zürich. Auch wenn die Zeit in Bern bis zu den Wahlen für Haab und Schläpfer nur noch kurz ist, dürfte das Etikett «Bisherige» bei den Nationalratswahlen im Herbst 2019 ihre (Wieder-)Wahlchancen erhöhen.

Insgesamt kam es in der 50 Legislatur zu 28 Mutationen – 26 im Nationalrat und zwei im Ständerat. In der SP-Fraktion kam es zu 9 Wechseln: 21 Prozent der 2015 in den Nationalrat gewählten Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wurden damit in der 50. Legislatur ersetzt. Die CVP wies hier eine Quote von 20 Prozent auf (6 Wechsel). Mit drei Wechseln war die Wechselquote bei den Grünen am höchsten (25%). Einen Wechsel gab es in der BDP-Fraktion (14%). Mit fünf respektive zwei Wechseln wiesen die FDP (6%) und die SVP (7%) eher geringe Fluktuationsraten auf. Gar keine Mutationen gab es bei der GLP-Fraktion.

Mutationen 2019
Dossier: Mutationen im nationalen Parlament

Martina Munz (sp, SH) stiess sich am Begriff Expertenkommission und forderte mit einer Motion geschlechtergerechte Namen für Fachkommissionen. In der Tat könnten – so der Bundesrat in seiner Antwort – «zusammengesetzte Wörter [...], deren erstes Glied eine Personenbezeichnung ist, manchmal als nicht geschlechtergerecht empfunden [...] werden». Es entspreche dem Sprachgesetz und den Empfehlungen des Bundes, dass dies vermieden werden soll. Auch wenn es momentan lediglich vier ausserparlamentarische Kommissionen gebe, die den Titel «Expertenkommission» trügen, empfehle der Bundesrat die Motion zur Annahme und werde die vier erwähnten Gremien anregen, bei nächster Gelegenheit den Namen zu ändern, etwa in den von der Motionärin vorgeschlagenen Begriff «Fachkommission». Die zweite Forderung, nämlich für eine ausgewogene Vertretung der Geschlechter innerhalb dieser Kommissionen zu sorgen, erachtete die Regierung als bereits erfüllt, da entsprechende Massnahmen schon seit einiger Zeit ergriffen worden seien und auch Früchte trugen.
Normalerweise wird eine vom Bundesrat zur Annahme beantragte Motion stillschweigend angenommen. Dies war allerdings hier nicht der Fall, weil der Vorstoss von Natalie Rickli (svp, ZH) bekämpft wurde. Eine Diskussion über das Anliegen muss nun also noch stattfinden.

Geschlechtergerechte Namen für Fachkommissionen (Mo. 18.3119)

Mitte April 2018 entschloss sich die SPK-SR auf ihren ursprünglichen Beschluss zurückzukommen und der parlamentarischen Initiative Rickli (svp, ZH), mit der die Abschaffung der Überbrückungshilfe für Parlamentarierinnen und Parlamentarier gefordert wird, nun doch Folge zu leisten – nachdem sie dies vor Jahresfrist noch abgelehnt hatte. Das Zeichen der Mehrheit des Nationalrats, die dem Vorstoss in der Frühlingsession Folge gegeben hatte, wurde von einer knappen 6 zu 4 Mehrheit der Kommission so gedeutet, dass die Arbeitslosenentschädigung in der Regel reiche und eine Überbrückungshilfe in der Tat nicht nötig sei. Allerdings behielt sich die SPK-SR vor, bei der Ausarbeitung der Gesetzesänderung nicht auf eine Abschaffung der Überbrückungshilfe zu fokussieren, sondern lediglich eine Verschärfung der Bestimmungen für den Erhalt dieser Entschädigung ins Auge zu fassen. Damit ist die SPK-NR wieder am Ball, um eine entsprechende Vorlage auszuarbeiten.

Überbrückungshilfe für Parlamentarierinnen und Parlamentarier (Pa. Iv. 16.460)

Weil die SPK-SR im Gegensatz zu ihrer Schwesterkommission gegen Folge geben war, kam die parlamentarische Initiative Rickli (svp, ZH) zur Vorprüfung in die grosse Kammer. Das Anliegen fordert die Abschaffung der Überbrückungshilfe für Parlamentarierinnen und Parlamentarier. Diese können zum Beispiel in Folge einer Abwahl und im Falle von Berufslosigkeit nicht nur Arbeitslosenunterstützung, sondern auch während maximal zwei Jahren eine Überbrückungshilfe von rund CHF 2'300 pro Monat anfordern. Dies sei – so die Initiantin – stossend, weil man in einem Milizparlament einen Job habe und sich daher auch beim RAV melden könne, weshalb es keine Überbrückungshilfe brauche, auf die man auch in Anbetracht der immer höheren Entschädigungen für Parlamentarierinnen und Parlamentarier gut verzichten könne. Natalie Rickli rechnete vor, dass zwischen der Einführung der Massnahme im Jahr 2003 und dem Jahr 2015 rund CHF 820'000 an Steuergeldern für die Überbrückungshilfe ausbezahlt worden seien. Aktuell seien CHF 94'000 (2016) bzw. CHF 70'000 (2017) aufgewendet worden.
Angelo Barrile (sp, ZH) übernahm die Vertretung der Minderheitenposition und argumentierte, dass es sich hier nicht um einen Bonus handle, sondern um eine echte Nothilfe und lediglich als eine Alternative oder eine Ergänzung zum Arbeitslosengeld zu verstehen sei. Es sei zu bedenken, dass immer mehr Parlamentarierinnen und Parlamentarier neben ihrem politischen Mandat keinen Hauptberuf mehr ausübten, angestellt seien, Familie hätten und kein Verwaltungsratsmandat beanspruchten, aus dem sie «einfach so mal schnell mehrere Hunderttausend Franken jährlich beziehen» könnten. Für diese sei die Überbrückungshilfe nachgerade notwendig. Matthias Jauslin (fdp, AG) versuchte als Sprecher der Kommissionsmehrheit das Argument beliebt zu machen, dass die Arbeitslosenhilfe in der Tat genüge und man nicht eine zusätzliche, den Steuerzahler belastende Nothilfe in Anspruch nehmen müsse. Man solle doch mit der Annahme der Initiative auch gegenüber dem Ständerat ein Zeichen setzen. Dies tat der Nationalrat in der Folge auch und gab dem Vorstoss Rickli mit 115 zu 66 Stimmen bei 2 Enthaltungen Folge.

Überbrückungshilfe für Parlamentarierinnen und Parlamentarier (Pa. Iv. 16.460)

In der Wintersession stand die Sammelvorlage für die sechs parlamentarischen Initiativen zu verschiedenen Änderungen des Parlamentsrechts im Nationalrat auf dem Sessionsprogramm. Die verschiedenen Vorstösse und eine Reihe von weiteren Anliegen der beiden SPK verlangten Änderungen im Parlamentsgesetz, in der Parlamentsverwaltungsverordnung und im Geschäftsreglement des Nationalrats. Hauptsächlich ging es um drei bedeutende Aspekte, nämlich die Erweiterung der Offenlegungspflichten der Ratsmitglieder (Block 1), die Ermöglichung einer Veröffentlichung von Kommissionsunterlagen (Block 2) und die Regelung der Zugänglichkeit von Kommissionsprotokollen für alle Ratsmitglieder und deren persönliche Mitarbeiter (Block 3).

Eintreten war umstritten. Barbara Steinemann (svp, ZH) gab zu Protokoll, dass die SVP keinen generellen Handlungsbedarf sehe. Zudem sei das Problem einer Sammelvorlage, dass man auch zu schlechten Punkten ja oder aber zu guten Punkten nein sagen müsse. Es würden zahlreiche, nicht miteinander vereinbare Punkte vermischt, mit denen aber weder die Effizienz gesteigert noch Kosten eingespart würden, weshalb gar nicht auf die Vorlage eingetreten werden solle. Auch die BDP-Fraktion hatte Nichteintreten beschlossen. Bernhard Guhl (bdp, AG) führte aus, dass es sich hier um eine Wohlstandvorlage handle. Kein einziger der verschiedenen Aspekte sei wirklich nötig für den Ratsbetrieb. Auch die BDP hätte es, wie die SVP, begrüsst, wenn die einzeln Folge gegebenen Vorstösse auch einzeln beraten worden wären. Keine der restlichen Fraktionen war zwar vollumfänglich zufrieden mit der Sammelvorlage – Balthasar Glättli (gp, ZH) sprach von einem Birchermüesli –, man wolle aber die einzelnen Punkte in der Detaildiskussion klären. Mit Nichteintreten sei hingegen nichts gewonnen – so der Tenor. Die grosse Kammer beschloss dann relativ knapp mit 94 zu 80 Stimmen bei 3 Enthaltungen, auf die Vorlagen einzutreten.

Im Block 1 wurde um die Offenlegungspflichten gestritten. Der Kommissionsvorschlag sah vor, dass jedes Ratsmitglied bei Amtsantritt und auf Jahresbeginn Angaben zur beruflichen Tätigkeit und – falls relevant – Angaben zum Arbeitgeber machen muss. Nicht weniger als sechs Minderheitsanträge lagen vor, die ein Festhalten an der bisherigen Regelung (lediglich Angabe beruflicher Tätigkeit; Minderheit Pfister), eine Nennung der ehrenamtlichen Tätigkeiten (Minderheit Jauslin) und der Einkünfte daraus (Minderheit Wermuth), die Eintragung in ein öffentliches Register (Minderheit Wermuth) oder die Offenlegung während Rats- (Minderheit Barrile) und Kommissionsdebatten (Minderheit Glättli) forderten. Zu einem teilweise recht gehässigen Austausch gab zudem ein Antrag von Angelo Barrile (sp, ZH) Anlass, der verlangt hätte, dass von Krankenkassen angestellte oder bezahlte Ratsmitglieder nicht in Kommissionen sitzen dürfen, die für die Gesetzgebung im Bereich der Krankenversicherung zuständig sind. Letztlich hatte mit Ausnahme des Antrags Pfister keiner der verschiedenen Anträge eine Chance. Somit blieb bezüglich der Offenlegungspflichten alles beim Alten.

Ein eigentliches Sammelsurium unterschiedlicher Änderungen umfasste Block 2. Umstritten war hier insbesondere der Vorschlag der SPK, Kommissionsunterlagen veröffentlichen zu dürfen, die keine schützenswerten Interessen beinhalten. Auch hier obsiegte letztlich aber der Status Quo, wie er erneut von einer Minderheit Pfister gefordert wurde. Gerhard Pfister (cvp, ZG) warnte davor, damit einer Untergrabung des Kommissionsgeheimnisses Vorschub zu leisten.
Die Kommissionsprotokolle, die mit einem Antrag Rickli hätten veröffentlicht werden können, bleiben auch in Zukunft geheim. Natalie Rickli (svp, ZH) hatte in ihrem Antrag geltend gemacht, dass durch Indiskretion immer wieder Informationen aus den Kommissionssitzungen an die Öffentlichkeit gelangten. Es sei stossend, dass es sich dabei jeweils nur um „einen Teil der Wahrheit” handle, wohingegen Protokolle den ganzen Verlauf einer Sitzung aufzeigen könnten.
Unbestritten waren im Block 2 die Zuständigkeitserklärung der Redaktionskommission für die Berichtigung von Erlassen, die nicht der Schlussabstimmung unterstehen, das Verbot eines Rückkommensantrags, der nicht in unmittelbarem Anschluss an die Abstimmung gestellt wird und einige Präzisierungen zu Dringlichkeitsklausel, Abstimmungsverfahren, Fristen bei Volksinitiativen und Anforderungen an die Botschaften zu Erlassentwürfen. Darüber hinaus soll gesetzlich festgehalten werden, dass Schlussabstimmungen in beiden Räten gleichzeitig stattfinden müssen.
Kein Gehör fand die SPK mit ihrem Vorschlag, auf eine Schlussabstimmung bei Volksinitiativen zu verzichten. Rechtlich bindend und als Stimmempfehlung sei – entgegen der Usanz des Bundesrates beim Verfassen der Abstimmungsempfehlungen – die Abstimmung über die Abstimmungsempfehlung zu betrachten; eine Schlussabstimmung sei bei obligatorischem Eintreten und ohne Gesamtabstimmung eigentlich nicht angebracht. Ein von der Ratsmehrheit unterstützter Antrag Schilliger, der einen Antrag des Bundesrates aufnahm, erachtete diese Änderung als unnötig.
Zu reden gab auch der Vorschlag einer Kommissionsminderheit Rutz, die durchsetzen wollte, dass Sitzungsgelder neu halbtägig ausbezahlt werden sollen. Die vor allem aus Angehörigen der SVP-Fraktion bestehende Minderheit monierte, dass jemand ein Taggeld von CHF 440 erhalte, wenn sie oder er lediglich für eine Stunde eine parlamentarische Initiative in einer Kommission erläutern müsse, was unverhältnismässig sei. Die Mehrheit des Nationalrates folgte allerdings der Argumentation der Kommissionsmehrheit, dass diese Idee mit hohem bürokratischen Aufwand verbunden sei. Das Anliegen zur Neuregelung der Übernachtungsentschädigung wurde zwar in der Debatte um die Taggelder ebenfalls angesprochen, diese parlamentarische Initiative wurde aber nicht in die Sammelvorlage aufgenommen.
Erfolgreich war die SPK mit ihrem Anliegen zu den Auslandreisen: Neu müssen Ratsmitglieder Reisen ins Ausland in einem öffentlichen Register aufführen. Nicht offen gelegt werden müssen dabei Reisen, die auf Einladung von Interessengruppen durchgeführt werden – ein Antrag einer links-grünen Kommissionsminderheit hatte hier keine Chance.
Zur Diskussion standen schliesslich zwei Änderungen der Sitzungszeiten. Sowohl die Streichung des Freitags der letzten Sessionswoche, wie sie von einer Kommissionsminderheit gefordert worden wäre, als auch der Beginn der Sitzungszeiten um 8.15 Uhr statt um 8.00 Uhr fanden bei der Mehrheit des Nationalrats kein Gehör. Die grosse Kammer folgte dem Argument der Kommissionsmehrheit, dass der Freitag in Anbetracht der dichten Sessionsprogramme nötig sei. Um die Effizienz zu steigern, soll der letzte Sitzungstag allerdings nicht wie bisher bereits um 11.00 fertig sein, was von der Minderheit insbesondere als ineffizient moniert worden war, sondern bis 13.00 dauern. Das Argument der besseren Zugverbindungen sowie der Umstand, dass auch der Ständerat um 8.15 die Sitzungen beginne, verfingen hingegen nicht. Die Mehrheit des Rates sträubte sich gegen die entsprechende viertelstündige Verschiebung der Sitzung nach hinten.

Block 3, mit dem der Zugang von Kommissionsprotokollen für Parlamentsmitglieder hätte geregelt werden sollen, wurde in Anbetracht der ablehnenden Haltung des Parlaments gegenüber einer grösseren Transparenz der Kommissionsarbeit zur Überarbeitung an die SPK-NR zurückgewiesen, die Blöcke 1 und 2 wurden zur Beratung an den Ständerat übergeben.

Änderungen des Parlamentsrechts (Sammelvorlage; Pa. Iv. 16.457)
Dossier: Parlamentarische Initiativen für verschiedene Änderungen des Parlamentsrechts

Ende November 2017 löste ein Artikel in der Zeitung Le Temps über Yannick Buttet (cvp, VS) eine Debatte aus, mit der die aktuellen Diskussionen um #metoo – ein Kürzel, das im Rahmen der Anklage gegen den US-amerikanischen Filmproduzenten Harvey Weinstein aufgekommen war und auf sexuelle Belästigung und sexuelle Übergriffe aufmerksam machen will – auch in Bundesbern virulent wurden und die letztlich zur Demission des Walliser Nationalrats führten.

Le Temps berichtete, dass gegen Buttet eine Klage wegen Stalking eingereicht worden sei. Er habe eine Frau, mit der er eine aussereheliche Beziehung gehabt habe, seit dem Ende dieser Beziehung über ein Jahr lang mit Sprachnachrichten und Telefonanrufen eingedeckt. Als er sie an ihrem Wohnort aufgesucht habe, habe die Frau die Polizei gerufen, die Buttet im Garten der ehemaligen Geliebten verhaftet habe.
Buttet bestritt die Vorwürfe nicht. Eine Ehekrise habe sein Verhalten beeinflusst und er entschuldige sich bei all jenen, «que j’ai pu blesser involontairement» (Le Temps). Anlass zu den Diskussionen gaben allerdings weniger das Privatleben von Buttet und der Stalking-Vorwurf – auch wenn zahlreiche Medien dem als wertkonservativ bezeichneten CVP-Vizepräsidenten, der sich für ein traditionelles Familienbild einsetze, Heuchelei vorwarfen («Ausgerechnet der Saubermann» titelte etwa der Tages-Anzeiger). Eine Debatte lösten vielmehr die von Le Temps in Bundesbern eingeholten Reaktionen verschiedener Politikerinnen und Journalistinnen auf die Affäre Buttet aus: Buttet habe «des pulsions sexuelles incontrôlées»; wenn er trinke, ändere sich seine Persönlichkeit: «Il se comporte mal et il a des gestes déplacés»; «il va trop loin et il ne connaît plus de limites», gaben die befragten Frauen zu Protokoll. Gar von «dérapages choquants» war die Rede. «Si tu couches, je vote pour ta motion» sei einer Parlamentarierin angeboten worden. Die Interviewten wollten allerdings anonym bleiben. Sie müssten um ihre Karriere fürchten, wenn sie sich öffentlich äussern würden. In der Folge nahm die Deutschschweizer Presse den Fall auf und weitete ihn aus. Anscheinend wisse nicht nur Buttet nicht, wo die Grenzen seien. Mehrere Parlamentarierinnen kamen zu Wort und berichteten über «unangebrachte Gesten, die sie wirklich darüber nachdenken lassen, wohin sie gehen oder ob sie es noch wagen, mit gewissen Personen den Lift zu nehmen» (Céline Amaudruz; svp, GE), über «sexistische Sprüche» (Yvonne Feri; sp, AG) oder gar Vergewaltigungsdrohungen in Kommissionssitzungen (Maria Roth-Bernasconi; sp, GE). Viele Parlamentarierinnen erhielten Bemerkungen zu ihrer Kleidung, ihrem Make-Up, ihren Beinen, ihren Brüsten; viele wüssten nicht, wie sie reagieren sollten, würden resignieren und versuchten, damit zu leben.
Maya Graf (gp, BL) forderte als Präsidentin des Frauendachverbandes Alliance F eine Meldestelle für Parlamentsmitglieder, bei der sexuelle Belästigung gemeldet werden könne. Sexismus gehöre leider immer noch zur Tagesordnung; das sei im Parlament nicht anders. Freilich gab es auch Stimmen, die ein Sexismus-Problem im Bundeshaus als «Blödsinn» bezeichneten (Verena Herzog; svp, TG) und keinen Handlungsbedarf sahen. Um gewählte Nationalrätin zu sein, müsse man stark und durchsetzungsfähig sein und könne sich wohl zur Wehr setzen, befand Andrea Gmür (cvp, LU). Natalie Rickli (svp, ZH) warnte davor, nun gleich alle Männer im Bundeshaus unter Generalverdacht zu stellen. Auch Kathrin Bertschy (glp, BE) betonte im Tages-Anzeiger, dass sich die grosse Mehrheit der männlichen Kollegen auch bei informelleren Anlässen, in denen Alkohol fliesse, «normal und anständig» verhalten würde. Wie überall gebe es aber auch hier «ein paar Typen, die enthemmter sind und die Grenzen nicht kennen.»

Wie ambivalent die Debatte um #metoo ist und wie schwierig es eben ist, sich zu wehren, zeigten die Auseinandersetzungen um die Anschuldigungen von Céline Amaudruz zu den unangebrachten Gesten und ihren Bedenken, mit gewissen Personen den Lift zu benutzen. Nachdem der Sonntags-Blick kolportiert hatte, dass ihre Andeutung wohl Buttet gegolten haben müsse – der Walliser soll sie beim Apéro nach der Wahl von Ignazio Cassis in stark angetrunkenem Zustand belästigt haben –, wurde die Genferin laut Medien in ihrer Fraktion von Adrian Amstutz (svp, BE) heftig kritisiert. Sie schade der Partei und allen Parlamentariern, wenn sie Äusserungen mache ohne konkret zu werden und Namen zu nennen. Laut Sonntags-Blick habe die Genferin darauf unter Tränen das Fraktionszimmer verlassen. In seinem Editorial in der Weltwoche doppelte Roger Köppel (svp, ZH) nach: Das Klima im Bundeshaus sei «sexismusfeindlich», Männer stünden unter Generalverdacht. Und weiter: «Eine Politikerin, die ich noch nie ohne kurzen Rock oder hautenge Bluse gesehen habe, beschwert sich, sie würde mit gewissen Herren niemals in den Lift steigen.» Das Problem sei, so die Tribune de Genève, dass Frauen von Opfern zu Täterinnen gemacht würden – auch im Bundeshaus. Die «manipulierende Wirkung der medialen Öffentlichkeit» – so die Wochen-Zeitung – sei vor allem für Frauen verheerend, denen, wenn sie eine Anschuldigung vorbrächten, eine mediale Hetzjagd und die Ausleuchtung ihres Privatlebens drohe: «Kann eine Situation juristisch nicht eindeutig geklärt werden, bleibt die Geschichte vor allem an der Frau kleben. Sie kriegt den Schlampenstempel aufgedrückt.»

Buttet wurde kurz nach Bekanntwerden der Anschuldigungen von seinem Amt als CVP-Vizepräsident suspendiert. Einen Rücktritt als Nationalrat schloss Buttet vorerst allerdings aus, auch wenn sich gar CVP-Bundesrätin Doris Leuthard in die Debatte einbrachte. Falls die Vorwürfe korrekt seien, habe Herr Buttet ein Problem, sagte die Magistratin bei einem TV-Interview: «Alle diese Herren, die sich nicht zu benehmen wissen, nerven mich [...]. In der Politik ist das inakzeptabel», wurde das Interview bei RTS im Blick zitiert. Rund fünf Tage nach Bekanntwerden des Stalking-Vorwurfs liess sich Buttet krank schreiben. Er wolle eine Kur beginnen, um sein Alkoholproblem in den Griff zu kriegen, liess er über seinen Anwalt verkünden. Damit vermied er eine geplante Anhörung durch die Parteileitung. CVP-Präsident Gerhard Pfister (cvp, ZG) nahm in der Folge vor der Presse Stellung. Buttets Verhalten sei in der Tat inakzeptabel, aber auch für ihn gelte die Unschuldsvermutung.
Freilich wurden nicht nur die Rücktrittsforderungen, sondern auch die Forderungen nach einem Parteiausschluss lauter. Insbesondere nachdem in Le Temps sechs weitere Frauen zu Wort gekommen waren, die detailliert sexuelle Belästigungen von Buttet beschrieben, und nachdem bekannt wurde, dass die Walliser Staatsanwaltschaft ein Verfahren wegen Nötigung eingeleitet hatte. Ohne mit seiner Partei das Gespräch gesucht zu haben, zog Buttet wohl auch deshalb die Reissleine und gab am Sonntag, 18. Dezember 2017 seine Demission als Nationalrat bekannt. Er erklärte via Communiqué, im Interesse der CVP und seiner Familie zurückzutreten. Er wolle sein Umfeld schützen und die notwendige Ruhe für den Heilungsprozess von seiner Alkoholabhängigkeit schaffen. Für Buttet, der Gemeindepräsident von Collombey-Muraz (VS) blieb, rutschte Benjamin Roduit (cvp, VS) in den Nationalrat nach.

Eine rasche Reaktion auf die Debatten zeigten die beiden Ratspräsidien. Karin Keller-Sutter (fdp, SG) und Dominique de Buman (cvp, FR) fassten eine «Lex Buttet» (Blick) ins Auge. Sexuelle Belästigung müsse verurteilt werden und gegen sie sei «mit aller Entschiedenheit» vorzugehen, so die Ständeratspräsidentin und der Nationalratspräsident in einem gemeinsamen Communiqué. Mitte Dezember legte die Verwaltungsdelegation in Absprache mit den Rats- und den Fraktionspräsidien dann ein Dokument vor, in dem den Parlamentsmitgliedern geraten wurde, sich bei sexueller Belästigung künftig an die Fraktionsspitzen oder eine externe Beratungsstelle zu wenden. Das Dokument hielt zudem den Unterschied zwischen einem Flirt und sexueller Belästigung fest, wie er auch im Ratgeber für Arbeitnehmende des Bundes vermerkt ist: Ein Flirt sei «aufbauend», «von beiden Seiten erwünscht» und löse «Freude aus», während sexuelle Belästigung «erniedrigend», «von einer Person nicht erwünscht» sei und «Ärger» auslöse. Mit diesem Dokument drifte die Debatte ins Lächerliche ab, bedauerte Natalie Rickli, als «fausse bonne idée» bezeichnete Doris Fiala (fdp, ZH) das Unterfangen laut Tages-Anzeiger. Leider mache man nur noch Witze, wenn man «wie Schulbuben» behandelt werde, obwohl es bei Stalking und sexuellen Belästigungen um wichtige Themen ginge. Géraldine Savary (sp, VD) befand es hingegen für nützlich, in Erinnerung zu rufen, «was normal sein sollte, es aber offenbar nicht für alle ist». Es sei gut darüber zu reden, weil das vor allem den Frauen helfe, sich bewusst zu werden, dass man Grenzen setzen dürfe und müsse, gab sie dem Tages-Anzeiger zu Protokoll.

Einige Medien reflektierten ihre eigene Rolle in der Affäre: Buttets Karriere ende, bevor erwiesen sei, ob und was er sich zuschulden habe kommen lassen – so etwa die Basler Zeitung. Die Unschuldsvermutung habe keinen Wert mehr und in den letzten drei Wochen habe eine «veritable Hetzjagd» mit zahlreichen anonymen Beschuldigungen stattgefunden. Nur eine Frau habe aber genug Rückgrat gehabt, Buttet anzuzeigen, seine ehemalige Geliebte. Die «tolérance zéro» sei zur Norm im Parlament geworden, urteilte die Tribune de Genève und stellte einen Vergleich mit dem Rücktritt von Jonas Fricker (gp, AG), dem Wirbel um ein aussereheliches Kind von Christophe Darbellay (VS, cvp) und der Affäre um Geri Müller (gp, AG) her. Jemand mache einen Fehler, es komme zu einem Mediengewitter und zu grossem politischen Druck, dem nur noch durch einen Rücktritt begegnet werden könne. Man müsse sich fragen, ob die immer schneller agierenden Medien Meinungen abbildeten oder selber formten. Sie hätten auf jeden Fall die Macht, zu definieren, was moralisch vertretbar sei. Die Vermischung von privatem und öffentlichem Leben nehme zu. Man müsse freilich unterscheiden zwischen moralischen und strafrechtlichen Verfehlungen – so die Tribune de Genève.

Mitte August 2018 wurde bekannt, dass Buttet wegen Nötigung und unrechtmässiger Aneignung zu einer Geldstrafe auf Bewährung verurteilt worden war. Er selber bezeichnete die damals publik gewordene Verhaftung laut der NZZ als Resultat einer politischen Verschwörung. Er überlege sich, im Herbst 2019 für den Ständerat zu kandidieren.

Affäre Buttet

Seit 2003 können Parlamentarierinnen und Parlamentarier beim Ausscheiden aus den Räten eine so genannte Überbrückungshilfe beantragen. Maximal zwei Jahre lang wird eine Entschädigung ausbezahlt, wenn das ehemalige Ratsmitglied keinen Beruf (mehr) findet, der mit einem gleichwertigen Einkommen entlohnt wird. Mit einer parlamentarischen Initiative verlangt Natalie Rickli (svp, ZH) die Abschaffung der Überbrückungshilfe für Parlamentarierinnen und Parlamentarier. In ihrer Argumentation rechnet sie vor, dass seit 2004 insgesamt CHF 820'000 an 22 ehemalige Ratsmitglieder ausbezahlt worden seien. Stossend sei, dass auch Parlamentarierinnen und Parlamentarier wie „normale“ Arbeitnehmende Arbeitslosenentschädigung fordern könnten und mit der Überbrückungshilfe besser gestellt seien. Leider entwickle sich das Milizparlament schleichend zu einem Berufsparlament. Ein Ratsmitglied müsse aber nach wie vor in der Lage sein, bei einer Abwahl den ehemaligen Beruf wieder aufzunehmen – und zwar ohne Überbrückungshilfe.
Die SPK-NR nahm diese Argumentation auf und gab der Initiative der SVP-Politikerin mit 17 zu 7 Stimmen Folge. Nicht einverstanden war allerdings die SPK-SR, die dem Anliegen knapp mit 7 zu 6 Stimmen eine Absage erteilte. In begründeten Einzelfällen sei eine solche bescheidene Hilfe zu gewähren. Darüber hinaus würden keine Mehrkosten anfallen, da diese Hilfe ja nicht zusätzlich, sondern anstelle von Arbeitslosenentschädigungen ausbezahlt werde.

Überbrückungshilfe für Parlamentarierinnen und Parlamentarier (Pa. Iv. 16.460)

Der im Berichtsjahr angekündigte Rücktritt von Peter Spuhler (svp, TG) und der längere gesundheitsbedingte Ausfall von Natalie Rickli (svp, ZH) lösten eine Debatte über die Grenzen des Milizsystems aus. Spuhler kündigte an, aufgrund seiner hauptberuflichen Belastung keine Zeit mehr für die nationale Politik zu haben und Rickli musste sich aufgrund eines Burnouts behandeln lassen. Auf der einen Seite wurde moniert, dass aufgrund des hohen Zeitaufwands und der hohen Entschädigung für nationale Mandate das Milizsystem sowieso ein Mythos sei. Auf der anderen Seite wurde argumentiert, dass das halbprofessionelle Parlament zur Schweiz gehöre und wesentlich effizienter sei als ein Berufsparlament. Darüber hinaus seien Milizparlamentarier unabhängiger von Partei- und Verbandsinteressen.

Grenzen des Milizsystems
Dossier: Milizparlament in der Krise?

Die Annahme der Minarettinitiative 2009 hat im Berichtsjahr eine Debatte über Umfragen im Vorfeld von Abstimmungen ausgelöst. Die Resultate der Umfragen, welche die GfS im Auftrag der SRG durchgeführt hatte, wichen ungewöhnlich stark vom Abstimmungsresultat ab. Dies verursachte auch in den Räten einigen Wirbel. Noch Ende 2009 reichte Mörgeli (svp, ZH) eine parlamentarische Initiative ein, die für Radio und Fernsehen ein Verbot von Meinungsumfragen zu Wahlen und Abstimmungen forderte. Die Staatspolitische Kommission (SPK-NR) lehnte diese Initiative mit 13 zu 9 Stimmen bei vier Enthaltungen ab, reichte aber ihrerseits eine Motion ein, mit welcher die Rahmenbedingungen für die Publikation von Meinungsumfragen vor Wahlen und Abstimmungen geregelt werden sollen (10.3642). Beide Vorlagen werden von den Räten erst 2011 behandelt. (Siehe auch die Interpellation Rickli (svp, ZH) (10.5180)).Nachdem die SRG drei Studien in Auftrag gegeben hatte, welche die Diskrepanzen zwischen Umfrage- und Abstimmungsresultat insbesondere auf soziale Erwünschtheit (falsche Antworten aus Angst vor sozialer Ablehnung bei korrekter Antwort) zurückführten und aufzeigten, dass Umfragen keinen signifikanten Einfluss auf den Abstimmungsentscheid haben, glätteten sich die Wogen ein wenig. Nach einmaligem Unterbruch gab die SRG beim GfS für die Abstimmungen vom 26. September wieder Umfragen in Auftrag. Freilich hatte die Nicht-Veröffentlichung der Umfrageresultate für die Abstimmungen vom 7. März von links bis rechts für Unmut gesorgt. Die SRG hatte nämlich für diesen Urnengang nicht ganz auf Umfragen verzichtet. Die Ergebnisse der GfS-Umfragen, die ja letztlich von den Gebührenzahlern finanziert wurde, wurden jedoch nicht veröffentlicht und auch den Parteien nicht zur Verfügung gestellt. Die SRG verteidigte sich mit dem Argument, dass die Umfrage gebraucht werde, um die Probleme bei der Minarettinitiative zu untersuchen.

Verbot von Meinungsumfragen (09.524)